sich der Stuttgarter Gemeinderath dagegen ausgesprochen habe, während zulschwestern an den katholischen Volks⸗ schulen gestattet seien. Redner fragt an, welche Gründe öobwalten, daß den Schulschwestern die betreffende Erlaubniß verweigert werde. — Der Staats⸗Minister des Kirchen⸗ und Schul⸗ vesens Dr. von Sarwey erwidert, daß der Verwaltungsrath des Instituts die gestellte Bitte um Berufung von Lehrfrauen wieder zuruückgenommen hat, und daß das Ministerium daher nicht in der Lage war, über diese Bitte eine Entscheidung zu treffen. — In Kap. 84 „Aufwand für die evangelischen Volksschulen“ werden erstmals die Mittel gefordert zur alljährlichen Ver⸗ anstaltung eines sechswöchigen pädagogischen und schul⸗ technischen Lehrkursus 12 Kandidaten der Theologie an einem der Schullehrerseminare; ferner für Taggelder fuür Pfarrvikare, um für dieselben sodann den Besuch der 22——— in welchen der Konferenzdirektor mit den sämmtlichen ständigen und unständigen Lehrern des Bezirks viermal im Jahr zu pädagogischen und didaktischen Berathungen und Uebungen zusammentritt und die jeweils in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückten Fragen der Schultechnik und überhaupt des ganzen Schullebens be⸗ sprochen und durch praktische Demonstrationen veranschaulicht werden, obligatorisch machen zu können. — Schnaidt tadelt die Stellung der Lehrer unter die Aufsicht der Geistlichkeit. Das Streben der Lehrer unter fachmäßige Aufsicht gestellt zu werden, sei ein berechtigtes. Diesem Streben ständen aber die neuen Exigenzen entgegen; dieselben seien übrigens ein Zugeständniß, daß die seitherige Einrichtung sich nicht bewährt habe. Ein sechswöchiger Besuch eines Schullehrerseminars wuürde die mangelnde Fachkenntiß nicht ersetzen, sondern nur den heuchlerischen Schein von hervorrufen. Man solle das Beispiel von Baden, Hessen und Sachsen nachahmen, und die Schulaufsicht solchen Lehrern übertragen, welche durch eine gut bestandene Prüfung nachweisen, daß sie zur Schul⸗ aufsicht geeignet seien. — Gröber bringt das Züchtigungs⸗ recht der Lehrer zur Sprache. Durch Urtheil des Reichsgerichts vom 29. September 1881 sei ausgesprochen, daß es kriminell strafbar sei, wenn die Züchtigung in wissentlicher Ueber⸗ schreitung der Züchtigungsbefugniß vorgenommen wurde und eine Störung des körperlichen Wohlbefindens zur Folge hatte. Dusrch die hierdurch eingeführte en. Praxis sei die Sache in ein für die Lehrer sehr gefährliches Stadium getreten. Dieses Urtheil stehe einer strengen Schulzucht entgegen. Wenn Kinder vor Gericht Zeugniß gegen ihren Lehrer wegen Hand⸗ lungen abgeben müssen, die alltäglich sind, werde die Autorität des Lehrers aufs tiefste geschädigt. Die Fälle seien in der Regel solche Bagatellen, daß der strafkammerliche Apparat dazu außer Verhältniß stehe; solche Dinge müßten disziplinarisch gerügt, nicht gerichtlich verfolgt werden. Er bitte den Herrn Kultus⸗Minister, nach dem Vorgang des preußischen Kultus⸗Ministeriums alle Detail⸗ bestimmungen über die Grenzen des Züchtigungsrechts auf⸗ zuheben. — Prälat Dr. von Merz wendet sich gegen Schnaidt. Das mwürttembergische Schulwesen habe unter der geistlichen Aufsicht keinen Srhaden erlitten; ebensowenig habe dieser Zustand den Lehrern zum Nachtheil gereicht. Er weise die Be⸗ hauptung zurück, als handle es sich hier um Befriedigung von Herrschaftsgelüsten der Geistlichkeit; nicht herrschen wollten die Zeistlichen, sondern dienen, mitdienen an dem großen Werke der Volkserziehung. — Nußbaumer ist mit den Aeußerungen Gröber's einverstanden. Was die Aufsichtsfrage betreffe, so unterstütze er die Bitte an die Regierung, fachmännische Kräfte mehr als binher zur Beaufsichtigung der Volksschule herbeizuziehen. Die Schullehrerkonferenzen baben seines Erachtens keinen großen Werth. — Haußmann steht bezüglich der Frage des geistlichen Aufsichtsrechts prinzipiel auf der Seite Schnardt’s. Der neuen Epvrigenz des Etats trete er entgegen; die Reform würde dadurch noch weiter hinausgeschoben. Mit den 2700 ℳ könnten die Geist⸗ lichen doch nicht auf einmal zu Fachmännern herangebildet werden. Durch die Konferenzkosten würden die Gemeinden jährlich mit 270 000 ℳ belastet; das seien die Konferenzen nicht werth; die Belehrung sei immer dieselbe und drehe sich stets um die⸗ selben Punkte herum. Was das Züchtigungsrecht betreffe, so elle er sich nicht auf Seiten der Lehrer. Die Reichsgerichts⸗ raxis sei die richtige, nur eine wissentliche Ueberschreitung des Züchtigungsrechts sei unter Strafe gestellt. Wer hier dawiderhandle, werde billigerweise dafür zur Verantwor⸗ tung gezogen. — Staats⸗Minister Dr. von Sarwey 8 sich zunächst über die Frage des Züchtigungsrechts der Lehrer. Das Reichsgericht sei davon ausgegangen, daß jede Bestimmung über die Grenzen des Züchtigungsrechts den Lehrer verpflichte, i derselben sich zu halten, und daß die Nichteinhaltung di Bestimmungen, weil das Züch⸗ Ktigungsrecht dem Lehrer nur innerhalb der gegebenen Grenzen zustehe, eine Ueberschreitung im Sinne des Strasgesetzbuchs sei. Zufolge einer Kommunikation mit dem Justiz⸗Ministerium seien die Staatsanwälte und Gerichte darauf hingewiesen worden, daß die Kultministerial⸗Verfügung von 1880 nur eine Instruktion, ein Rath an die Lehrer sei, vom Standpunkt der Aufsichtsbehörde, die bezeichneten Grenzen einzuhalten, nicht aber die Absicht habe, prinzipiell dem Züchtigungsrecht des Lehrers n Schranken zu ziehen. Nachdem dieser
Schritt einige Zeit Erfolg zu haben schien, habe sich neuer⸗ dings bei den Gerichten die Auffassung wieder mehr Bahn Feriocen. daß jede Nichteinhaltung der im Normativ gegebenen Schranken des Züchtigungsrechts dann, wenn auch nur die
geringste Körperverletzung ꝛc. damit verbunden ist, eine straf⸗ are Ueberschreitung des Züchtigungsrechts sei. Durch eine
Fufhehung der bestehenden Verfügung würden wohl die Folgen, welche an das reichsgerichtliche Urtheil durch die Gerichtspraxis geknüpft werden, vermieden, andererseits aobber auch jede Disziplinarbeschränkung des Züchtigungsrechts der Lehrer beseitigt. Zwischen diese Alternative gestellt, spreche er sich dafür gus, zunächst zu beobachten, welche Wirkung die Maßregel der Aufhebung des Normativs in Preußen hat. In der württembergischen Verfügung liege 90 wieder ein Schutz des Schul s, insofern der⸗ selbe gegen strafrechtliche Verantwortung gedeckt ist, so lange er sich innerhalb der Bestimmungen ü⸗
dgs Züchtigungsrecht gehalten hat. Bescglich der Frage der Schulaufsicht müsse er sich auf zwei Bemerkungen be⸗ schränken; einmal daß die Frage von der Schulaufsicht durch die e weit über sich selbst hinausführe zu der Frage, gob 58 essionsschule oder Einheusschule; er glaube nicht, daß
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es jetzt nothwendig sei, eine so weit gehende Frage zu erörtern. Sodann sicce ür die Nothwendigkeit, den Geistlichen die
Schulaufsicht zu belassen, schon der Umstand, daß die Mehr⸗ zahl unserer Polksschulen einklassige seien. Wer sollte über diese die Aufsicht führen, denn daß eine Aufsicht und zwar eine lokale nothwendig sei, werde wohl Niemand bestreiten. Da bleibe nur
der Geistliche oder der Ortsvorsteher. Er bezweifle, daß die Lehrer die Aufsicht durch die Ortsvorsteher wünschen, ebenso daß die Letzteren es gern fähen, wenn sie die Schulaussicht bekämen. Wenn aber den Geistlichen die Schulaufsicht zu belassen sei, so sei es wünschenswerth und nothwendig, daß sie sich auch möglichst viele Kenntnisse im Volksschulwesen aneignen, daher sich die Begründung der Exigenz ganz von selbst ergebe. — Ueber den Antrag Schnaidt 8 Ablehnung der Mehr⸗ exigenzen, der Aufsicht über die Volksschullehrer und wegen der “ wird in der nächsten Sitzung abgestimmt werden.
— Aus Nizza, vom 9. Mai, meldet „W. T. B.“: Der König und die Königin von Württemberg sind heute, Vormittags 10 Uhr, nach Ventimiglia abgereist, von wo sich Ihre Majestäten mittels Sonderzuges nach Stutt⸗ gart begeben.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 10. Mai. (W. T. B.) Prinz Alfred, Sohn des Herzogs von Edinburg, ist mit seinen Schwestern gestern Abend aus England hier ein⸗ getroffen.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 8. Mai. (Lds.⸗Ztg. f. Els.⸗Lothr.) Die Bezirksvertretung des Bezirks Lothringen ist zu einem außerordentlichen Bezirkstage be⸗ rufen worden, welcher am 27. Mai eröffnet und spätestens am 29. Mai geschlos en werden wird.
Metz, 9. Mai. (W. T. B.) Der Statthalter, Fürst Hohenlohe, ist heute Mittag in Begleitung des Staats⸗ sekretärs und der Unter⸗Staatssekretäre sowie nahezu sämmtlicher Mitglieder des Landesausschusses miltels Extrazuges hier eingetroffen. Am Bahnhofe waren zum Empfange der Gouverneur, die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden und der Gemeinderath anwesend. Die Stadt war festlich mit Flaggen geschmückt. Nach der Begrüßung erfolgte die Fahrt nach der Kathedrale, welche unter Führung des Dom⸗Baumeisters Tornow eingehend besichtigt wurde. Sodann wurde im Stadthause ein von der Stadt dargebotenes Frühstück eingenommen, an welchem 130 Personen theilnahmen. Während desselben brachte der Statthalter den ersten Toast auf Se. Majestät den Kaiser aus, unter veseedegen Regierung er zum ersten Male die Stadt Metz besuche. er Toast wurde von der Versammlung enthusiastisch auf⸗ genommen und sodann stehend die Nationalhymne gesungen. Darauf ergriff der Bürgermeister Halm das Wort, dankte für die Ehre des der Stadt abgestatteten Besuchs und brachte ein Hoch auf den Statt⸗ halter und den Landesausschuß aus. Der Statthalter erwiderte mit einem Hoch auf die Stadt Metz. Der Präsident des Landesausschusses, Schlumberger, toastete auf den Bürgermeister und den Gemeinderath. Der Gouverneur, General der Infanterie von Oppeln⸗Bronikowski, brachte ein Hoch auf Elsaß⸗Lethringen aus, das mit so viel theuerem Blut gewonnen und für immer wieder mit Deutsch⸗
land vereinigt sei.
— 9. Mai. (W. T. B.) Zu dem Fonds für das dem Kaiser Wilhelm I. in Metz zu errichtende Denkmal wurden von dem Statthalter, Fürsten Hohenlohe, 10 000 ℳ
bewilligt
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Mai. (W. T. B.) Der neu ernannte amerikanische Gesandte, Oberst Grant, ist heute früh hier ven
Pest, 9. Mai. (W. T. B.) Das Unterhaus hat heute den Gesetzentwurf, betreffend den Dispositions⸗ fonds, genehmigt. Bei der Debatte darüber machte der Abg. Pazmandy der Regierung zum Vorwurf, daß Ungarn in der Pariser Ausstellung einen kleinen und unansehnlichen Raum einnehme. Der Minister⸗Präsident von Tisza erwiderte darauf, daß die Regierung, da sie sich offiziell nicht an der Pariser Ausstellung betheiligt habe, dabei auch keinen weiteren Einfluß habe ausüben können. Wenn in Frankreich das russische Getreide dem ungarischen vorgezogen werde, so sei dies die Folge der allgemeinen Lage und nicht seiner vorjährigen Aeußerungen. Er könne ver⸗ sichern, daß französisches Kapital heute in ebensolchem Maße Placirung in Ungarn suche wie vordem.
Großbritannien und Irland. London, 9. Mai. (A. C.) Der Prinz von Wales enthüllte gestern Nach⸗ mittag in der Londoner Universität in Burlington⸗ gardens, in Gegenwart einer ebenso zahlreichen wie eleganten Versammlung, ein Standbild der Königin, welches zum Andenken an das Regierungsjubiläum der Monarchin sowie an das Jubiläum der Universität im Jahre 1887 errichtet worden ist. Die Statue ist aus weißem Marmor von dem Bildhauer Boehm gefertigt und stellt die Königin in der Krönungsrobe und mit der Krone auf dem Haupte dar, während sie die Gründungs⸗ urkunde der Universität in der rechten Hand hält. Die Figur steht auf einem Sockel aus grauem Granit und hat in einer Nische auf der großen Freitreppe des Universitätsgebäudes einen passenden Platz gefunden.
Der Herzog von Edinburg ist in rascher Wieder⸗ genesung begriffen von dem Tropenfieber, welches er sich in Malta zuzog, und im Stande, täglich einen Spaziergang in den Anlagen von Clarence House zu machen. Zur Kräftigung seiner Gefundheit wird sich der Herzog zu Ende dieses Monats nach dem Festlande oder nach der Südküste Englands
en.
— 9. Mai. (W. T B.) Das Oberhaus lehnte 25 mit 147 gegen 120 Stimmen in zweiter Lesung die
ill ab, wonach die Ehe eines Wittwers mit der Schwester seiner verstorbenen Frau als legal ange⸗ sehen werden soll.
In der heutigen Unterhaussitzung erwiderte der Unter⸗Staatssekretäar Fergusson auf eine bezügliche An⸗ frage: die egyptische Regierung könne ohne Zustimmung der Mächte keine Anleihe zur Tilgung der privile⸗
irten Schuld machen; bis jetzt habe dieselbe den Mächten eeine Vorschläge über die angeregte Anleihe und ihre Stellung hinsichtlich der anderen Obligationen gemacht.
nkreich. Paris, 9. Mai. (W. T. B.) Der Präsillht Carnot empfing heute Morgen den Herzog von Aumale, der ihn pegen des glücklichen Ausgangs des Perrin'schen Attentats beglückwünschte. Zu dem von dem Präsidenten Carnot aus Anlaß der Ausstellung gegebenen Diner waren 180 Personen geladen.
Der Gouverneur der französischen Niederlassungen in ndien, Piquet, ist an Stelle Richaud's zum General⸗ ouverneur von Indochina ernannt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser hat dem japanischen Prinzen Arisugawa den Alexander⸗Newski⸗Orden ver⸗ liehen. Der Prinz ist gestern Abend nach Moskau abgereist.
Italien. Rom, 9. Mai. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer wurde heute der Antrag Mussi's und anderer Mitglieder der äußersten Linken: die Einleitung einer parlamentarischen Enquste über die Ver⸗ waltung des Kriegs⸗Ministeriums in Erwägung zu nehmen, auf den Antrag des Kriegs⸗Ministers und des Minister⸗Präsidenten Crispi in namentlicher Abstimmung mit 278 gegen 33 Stimmen abgelehnt.
Griechenland. Athen, 9. Mai. (W. T. T.) Die Königliche Familie ist heute Morgen von Syra zurück⸗ gekehrt; der Kronprinz ist nach Homburg abgereist.
Rumänien. Bukarest, 9. Mai. (W. T. B.) Der „Agence Roumaine“ zufolge ist das hier und auswärts ver⸗ breitete Gerücht von der Einstellung der Befestigungs⸗ arbeiten darauf zurückzuführen, daß die Arbeiten einige Tage aufgeschoben worden sind, bis auch der Senat die weiteren, von der Kammer bereits bewilligten Kredite votirt hat. — Das Gerücht, der Metropolit und Primas von Rumänien, Joseph, wolle in Folge eines Zwischenfalls mit dem Unterrichts⸗Minister zurücktreten, wird von der „Agence Roumaine“ für unrichtig erklärt mit dem Hinzufügen: es seien lediglich Gesundheitsrücksichten, aus welchen der Metropolit sich zurückzuziehen wünsche.
— 10. Mai. (W. T. B.) Anläßlich der Inspizirung des 3. Regiments, welchem der Thronfolger angehört, hielt der König heute eine Ansprache, worin er seine Be⸗ friedigung darüber ausdrückte, daß der Thronfolger in diesem Regiment in das rumänische Militärwesen eingeführt werde. Der König sprach ferner seine Ueberzeugung aus, daß sich das Regiment dieser Auszeichnung würdig zeigen werde.
Bulgarien. Sofia, 9. Mai. (W. T. B.) Morgen früh werden sich die Minister und eine Anzahl eingeladener Per⸗ sonen mittelst Extrazuges nach Namboli und von dort nach Burgas begeben, um dem Beginn der Arbeiten an der Eisenbahn Burgas — Nambolii beizuwohnen. Prinz Ferdinand wird übermorgen dorthin abreisen. — In dem Prozeß gegen die Räuber, welche im vergangenen Jahre in der Nähe von Bellova ihr Unwesen trieben, wurden 5 Angeklagte zum Tode verurtheilt und 14 freigesprochen.
Afrika. Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Zanzibar, vom 9. Mai, meldet: Hauptmann Wiß⸗ mann griff gestern mit seiner Streitmacht Bushiri's Lager bei Bagamoyo an, das von 600 Mann vertheidigt wurde. Nach scharfem Kampf wurde das Lager völlig zer⸗ stört. Bushiri verlor 80 Todte und 20 Gefangene; auf Seiten Wißmann'’s sind etwa 40 Schwarze getödtet, mehrere weiße Offiziere und Mannschaften leicht verwundet. Bushiri entkam; wie verlautet, hätte derselbe das Lager vor dem Angriff verlassen.
Ein weiteres Telegramm des „W. T. B.“ aus Zanzibar vom 9. Mai, berichtet: Hauptmann Wißmann hat gestern mit 700 Schwarzen, Ir. von 200 Marine⸗Mannschaften, das befestigte Lager Buschiri's gestürmt. Buschiri selbst ist entkommen; seine Truppe von 600 Mann ist versprengt, 80 getödtet, 20 gefangen. Lieutenant z. S. Schelle Schwalbe⸗) und Matrose Foelle („Leipzig“) sind gefallen. Von der Wißmann⸗ schen Truppe sind Feldwebel Peter und 40 Schwarze todt, Hauptmann Richelmann, Proviantmeister Illich und Stabsarzt
schmelzkopf leicht verwundet.
Zeitungsstimmen.
In einem Artikel des „Düsseldorfer Anzeiger“, überschrieben: „Nach den Reichstagsferien“, heißt es:
Wir haben es schon zu wiederholten Malen erlebt, daß eine größere welche den Gang der Arbeiten unterbricht, sich für ein Gesetzgebungswerk recht wohlthätig erweist. Dem Bannkreis der Fraktion entrückt, den praktischen Erfordernissen des Lebens un⸗ mittelbar gegenübergestellt, gewinnt der Abgeordnete aus der Berührung mit der heimathlichen Erde und den heimathlichen Ver⸗ hältnissen nicht nur neue geistige und körperliche Lebens⸗ kraft, sondern auch die Unbefangenheit seines Urtheils, wird der Fesseln ledig, welche eine mehrmonatliche par⸗ lamentarische Arbeit ihr unwillkürlich auflegt. Hoffen wir, daß diese Erfahrung früherer Sessionen sich auch an der großen, noch zu lösenden Aufgabe der jetzigen Session: der Alters⸗ und Invaliditätsversiche⸗ rung bewähre, auf deren Gelingen nicht nur die hunderttausend Menschen warten, für welche die Altersrente sofort in Geltung und Wirksamkeit treten würde, sondern die auch unstreitig zum Segen ausschlagen wird für etwa 12 Millionen Arbeiter nebst ihren An⸗ gehörigen, wie auch für die ganze gesellschaftliche und staatliche Ordnung.
Wohl kann man aus den Reihen der „freisinnigen“ Gegner hören bald, daß das Gesetz nichts weiter als eine neue Art der Armenpflege, bald, daß es zu sozialistisch sei, zwei Auffassungen, welche einander ausschließen. Zu diesen Fses haben sich andere gesellt, melche befürchten, daß die Landwirthschaft, namentlich der östlichen Provinzen, die damit verbundenen Lasten nicht tragen könne, und es ist ihnen gelungen, auf landwirthschaftlichen Versammlungen Reso⸗ lutionen in diesem Sinne herbeizuführen. Aber diesen Reso⸗ lutionen stehben andere gegenüber, welche sich — wie die der pommerschen ökonomischen Gesellschaft — bereit er⸗ klären, die durch das Gesetz der Landwirthschaft auf⸗ erlegten Laten übernehmen zu wollen. Die beiderseitigen afafiun⸗ en innerhalb der konservativen Partei sind in der Presse vom 11 „0. Mirbach und dem Grafen Udo zu Stolberg⸗Wernigerode verfochten worden, wobei der Letztere die beachtenswerthe Erklärung abgab, af, wenn das Gesetz der Landwirtbschaft Lasten auferlege, es die Pflicht eines konservativen Großgrundbesitzers sei, hierin mit dem Beispiel patriotischer Opferwilligkeit voranzugehen. Die deutsche Landwirthschaft weiß, daß unsere Regierung, deren Bestreben seit 10 Jabren uner⸗ müdlich guf die Verbesserung der landwirthschaftlichen Veghältnisse gerichtet ist, den Grundbesitzern, den kleinen wie den großen, nicht Opfer ansinnt, welche das landwirthschaftliche Gewerbe irgend erheblich erschweren gder gar lähmen könnten, denn die Landnirthschaft ist in Krieg und Frieden der Träger unseres deutschen Staattlehens. Das Gesetz würde weder bei dem Kaiser, der das baldige Zustandekommen desselben auf das lebhafteste wünscht, noch bei den Räthen der Krone, die ja zum Theil selbst Grundbesitzer sind und die Verhältnisse aus persönlicher Kenntniß und Erfahrung zu beurtheilen pexmögen, ein so warmes Interesse gefunden haben, wenn damit eine irgend gexecht⸗ fertigte Befürchtung der dauernden Schädigung landwirihschaftlicher Interessen verbunden wäre. Eine Erleichterung und Besserung der allgemeinen Lebensverhältnisse der breiten Volksschichten
kann ja nur wohlthätig auf die Landwirthschaft zurückwirken, welcher jede Steigerung der nationalen Konsumkraft zweifel⸗ los zu Gute kommt Aber auch andere Befürchtungen, wie binsichtlich des Verhältnisses des Gutsherrn zu seinen Arbeitern, scheinen zum Mindesten erheblich übertrieben, denn es bleibt dem Gutsherrn, auch wenn die Alters⸗ und Invalidenrente dem Arbeiter das Nothdürftigste gewährt, doch noch ein weites Gebiet offen, auf welchem er die persönlichen Beziehungen seiner Arbeiter zu ihm zu festigen vermag. 1
Deutschland ist mit der sozialpolitischen Gesetzgebung bahnbrechend orangegangen, kein fremdes Gesetz konnte unsern Gesetzentwürfen als Beispiel dienen, die andern Nationen blicken auf uns, um von unserer Erfahrung zu lernen. Es konnte keine des deutschen Namens würdigere Friedensarbeit geben, als diejenige, welche durch die Botschaft von 1881 inaugurirt wurde und nun durch die Altetsbersicherum eine wesentliche Erweiterung erhalten soll. Die Nation ist berechtigt, zu erwarten, daß der Reichstag seine ganze Kraft für die Vorlage einsetzen und sie in den kommenden Wochen so zum Abschluß bringen werde, wie es unserm Ansehen vor den Völkern der Erde und den der Erfüllung harrenden Etwartungen unseres eigenen Volkes entspricht.
— Zu den Arbeitseinstellungen im rheinisch westfälischen Kohlenrevier bemerkt die „Kölnische Zeitung“
„Es ist sehr begreiflich, wenn die Arbeiter von dem jetzigen guten Geschäftsgange der Kohlenbergwerke Nutzen ziehen wollen. Die Fchen werden ihnen auch zweifelsohne Zugeständnisse machen.
rößtentheils hatten sie das schon vorher gethan, und gerade im Bochumer Bezirk war das geschehen, während in anderen Bezirken, wo heute noch kein Ausstand stattfand, die Löhne zum Theil auf dem früheren niedrigen Stand geblieben waren. Daß ein eetenpaget in der theueren Gegend hier auch als Arbeiter 3 bis
ℳ täglich zum Unterhalt 1; braucht, bedarf freilich keines Be⸗ weises; doch muß andererseits berücksichtigt werden, daß die ver⸗ heiratheten seßhaften Arbeiter in den Zechenhäusern billig wohnen und mit ihren Familien etwas Landwirthschaft betreiben können. Schließlich dark man, um die sittliche Bedeutung der Bewegung richtig zu würdigen, nicht übersehen, daß die Bergleute sich, Angesichts der maßlosen Preistreiberei der Berg⸗ werkspapiere an den Börsen und Angesichts der von den Börsen⸗ spielern in Aussicht gestellten hohen Erträgnisse der Bergwerke für das laufende und die folgenden Jahre, des Gefühls schwer erwehren können, daß die Loose zwischen ihnen und den jetzigen Eigenthümern der Bergwerke doch zu ungleich vertheilt seien. Im Uebrigen herrscht allgemein die Meinung, daß die Fechen die gestellten Forderungen wohl erfüllt hätten, wenigstens der
ehrzahl nach und soweit sie sich auf die Erhöhung der Löhne be⸗ ziehen, wenn sie ordnungsmäßig gestellt worden wären. Weitergehende Forderungen, namentlich Anrechnung weiter unterirdischer Wege bis ee . Anlieferung des Grubenholzes dahin, werden verschieden eurtheilt.
Statistische Nachrichten.
Die Ausfuhr von Eisen und Eisenwaaren betrug nach den Zusammenstellungen im Märzheft der „Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ in dem Zeitraum vom 1. Januar bis Ende März des Jahres
1889 1888
Tonnen zu 100 kg netto 63 977 48 682 204 188 178 104
268 165 226 786. 26 806
Bruch⸗, Roh⸗ und Luppeneisen, Ingots ꝛc. Eisenwaaren ausschließlich der Maschinen
zusammen
Eingeführt wurden dagegen:
Bruch⸗, Roh⸗ und Luppeneisen, Ingots ꝛc. Eisenwaaren ausschließlich der Maschinen 10 943 10 158 zusammen 8 43 407 36 964.
Bei der Ausfuhr und Einfuhr von Eisen und Eisen⸗ waaren hat demnach im Vergleich zum korrespondirenden Zeitraum des Vorjahres eine Zunahme von 41 379 t bezw. 6443 t stattgefunden. Die Einfuhr speziell von Roheisen ist von 36 664 t auf 50 876 t, die Ausfuhr von 25 019 t auf 29 761 t gestiegen. An dieser Einfuhr ist Großbritannien mit 27 497 t, Schweden mit 744 t und Oesterreich⸗Ungarn mit 215 t betheiligt. Außerdem gingen von den deuischen Zollausschlüssen 494 t, von Belgien und den Nieder⸗ landen 765 t, von sonstigen Ländern 45 t ein. Bei der Ausfuhr von Eisenwaaren zeigen einige Artikel eine mehr oder minder erhebliche Zunahme, andere eine belangreiche Abnahme. Zu den ersteren gehören: Fck⸗ und Winkeleisen (+ 1626 t), Eisenbahnlaschen, Unterlagsplatten und Schwellen (+ 1834 t), Eisenbahnschienen (+ 7160 t), schmied⸗ bares Eisen in Stäben (+ 15 292 t), rohe, auch abgeschliffene Platten aus schmiedbarem Eisen, sowie Eisenblech (+ 1955 t), Eisendraht (+ 305 t), Federn, Achsen, Radeisen, Radkränze, Räder ꝛc. zu Eisenbahnwagen (+ 2370 t), gewalzte und gezogene Röhren (+ 475 t), Drahtstifte (+ 1959 t) und feine Eisenwaaren (+ 585 t); zu den letzteren dagegen: Radkranz⸗ und Pflagschaareneisen (— 2925 t), ganz
robe Eisengußwaaren und grobe Eisenwaaren (— 4275 t), eiserne rücken und Brückenbestandtheile (— 333 t). Insbesondere von Eisenbahnschienen wurden im freien Verkehr 25 348 t, außerdem im Veredlungsverkehr 1813 t ausgeführt, gegen 18 188 t bezw. 1313 t im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. — Bei der Ein⸗ und Aus⸗ fuhr von Lokomotiven, Lokomobilen und Maschinen ohne Unterschied ist eine wesentliche Zu⸗ oder Abnahme nicht bemerkbar; erstere betrug nämlich 9086 t gegen 9091 t, letztere 18 354 t gegen 18 428 t im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Im einzelnen ist bei der Aus⸗ fuhr von Loksmotiven und Lokomobilen ein Ausfall von 1400 t be⸗ merkbar, der jedoch seine Ausgleichung durch eine Zunahme der Näh⸗ maschinenausfuhr um 335 t und eine Zunahme der Ausfuhr anderer Maschinen um 991 t findet. — Was die Ein⸗ und Ausfuhr von Eisenerzen anlangt, so ist erstere von 254 684 t auf 255 436 t, letztere von 498 523 t auf 536 042 t gestiegen. „— Den im „Centralbl. d. Unterrichts⸗Verwaltung“ veröffent⸗ lichten Nachrichten über die im Jahre 1888 abgehaltenen vier⸗ wöchentlichen Turnkurse für im Amt stehende Volks⸗ schullehrer zufolge nahmen an denselben im Ganzen 93 Lehrer Theil, und zwar in den einzelnen Provinzen: Brandenburg (Seminar zu Köpenick) 23, Pommern (Pyritz) 22, Schleswig⸗Holstein (Sege⸗ berg) 23, Hessen⸗Nassau (Usingen) 25. Im Alter von unter 25 Jahren standen 17, im Alter von uͤber 50 Jahren 2 (in Segeberg), von 45 bis 50 Jahren 4, von 40 bis 45 Jahren 8. Von den 93 Theil⸗ nehmern hatten bisher noch keinen Turnunterricht erhalten 9 (8 in Pyritz, 1 in Usingen). An dem Kursus nahmen Theil 13 mit sehr gutem, 51 mit gutem und 29 mit genügendem Erfolg.
— Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 28. April bis inkl. 4. Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 440 Eheschließungen, 937 Lebendgeborene, 34 Todtgeborene, 610 Sterbefälle.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Strafrecht und Strafprozeß. Eine Sammlung der wichtigsten, das Strafrecht und das Strafverfahren betreffenden Ge⸗ setze. Zum Handgebrauch für den preußischen Praktiker erläutert und hergusgegeben von A. Dalcke, Ober⸗Staatsanwalt. Vierte ver⸗ mehrte und verbesserte Auflage. Berlin, Verlag von H. W. Müller (gebunden 7 ℳ). — Je mehr die reichsgerichtliche Judikatur, deren Ver⸗ werthung in dem Kommentar unerläßlich ist, anschwillt und je ciößen die Zahl der Gesetze wird, welche dem Kriminalisten in der täglichen Prefls unenthehrlich sind, um so schwie iger wird bei jeder neuen
uflage dieses Buches die Lösung der Arseabe, den Inhalt desselben den Anforderungen des Praktikers entsprechend zu vervollständigen, ohne die Grenzen eines beqauemen Handbuches zu überschreiten. Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, sind in der gegenwärtigen Auflage die
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Strafbestimmungen des Impfgesetzes und des Patentgesetzes, sowie das Gesetz, betr. den Spielkartenstempel, und einzelne Stücke des Anhangs (die Vorschriften über die Zustellungen und die Auf⸗ stellung der Forstdiebstahlsverzeichnisfe) nicht wieder zum Abdruck ge⸗ bracht worden, weil diese Bestimmungen verhältnißmäßig wenig zur Anwendung gelangen und bezw. ihre Bedeutung für den pls tiker keine besonders erhebliche ist. Der hierdurch gewonnene Raum ist in erster Linie dem Kommentar zu Gute gekommen, welcher bezüglich aller Gesetze vervollständigt und erheblich erweitert worden ist; so⸗ dann aber haben auch noch das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 das Gesetz, bett. den Verkehr mit blei⸗ und zinkhaltigen Gegenständen, vom 25. Juni 1887, das Gesetz, betr. die Verwendung gesundheits⸗ schädlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln u, s. w., vom 5. Juli 1887, sowie das Gesetz, betr. den Schutz von Vögeln, vom 22. März 1888 Platz finden köoönnen. An die Stelle der Ver⸗ ordnung vom 5. Juli 1847 ist das Gesetz, betr. das Spiel in 2 heingen Lotterien, vom 29. Juli 1885 getreten. Auf die Her⸗ stellung eines korrekten Gesetzestextes ist wiederum besonders geachtet worden, und so wird das Buch auch in seiner neuen Gestalt den Kriminalisten und Vertheidigern sowie den Polizeibehörden, Amts⸗ anwälten und Amtsvorstehern treffliche Dienste leisten.
— Der Vogtländische Alterthumsforschende Verein zu Hohenleuben und der Geschichts, und Alterthums⸗ forschende Verein zu Schleiz haben ihren, zu einer Publikation verbunden erscheinenden, Jahresbericht für 1887 und 1888 versandt. Derselbe wurde im Auftrage des Vorstandes von dem Pfarrer M. Dietrich in Hohenleuben herausgegeben und entyält eine ausführliche Geschichte der alten Stadt Weida, von dem dortigen Superinten⸗ denten Walther, mit besonderer Berücksichtigung der alten Kirchen und Klöster der Stadt und Umgebung. Der Arbeit sind eine Licht⸗ drucktafel mit der Ansicht des alten Weyda, eine Tafel mit Kirchen⸗ Grundrissen und Details, sowie mehrere Abbildungen im Text beigegeben. Dann folgen der 58. und 59. Jahresbericht des Vereins zu Hohenseuben nebst Verzeichniß der in den Monatsversammlungen gehalteneun, von regem, lokalwissenschaftlichem Forschungseifer zeugenden Vorträge, Mittheilungen über Personal⸗Veränderungen in der Mitgliedschaft, Fn.sg der Sammlung und der Bibliothek ꝛc. Dem dann folgenden Verzeichniß der Mitglieder des Vogtländischen Alterthumsforschenden Vereins zu Hohenleuben stehen als hohe Be⸗ förderer voran: der regierende Fürst Reuß j. L. und der regierende Großherzog von Mecklenburg⸗Schwerin; Vorfitzender ist der Amts⸗ richter Wehrde in Hohenleuben, Stellvertreter .rdann Prof. Dr. Liebe in Gera, Schriftführer Pastor Dietrich in Hohenleuben. Auch der sich anschließende 10. und 11. Jahresbericht des Geschichts⸗ und Alterthumsforschenden Vereins zu Schleiz, erstattet von dessen Schrift⸗ führer Dr. Berthold Schmidt, bekundet die Regsamkeit, welche diese Gesellschaft unter dem Vorsitz des Landraths Dr. Alberti im Inter⸗ esse der Aufhellung der örtlichen Geschichte entfaltet hat.
— „Aus der Männerwelt“. Von Arne Garborg. Aus der „Landsmaal“, dem norwegischen Volksdialekt, übertragen von Ernst Brausewetter. Einzige autorisirte deutsche Ausgabe. Budapest, Ver⸗ lag von G. Grimm. — P⸗ Erzählung schließt sich an ein von dem⸗ selben Verfasser bereits früher veröffentlichtes Werk „Bauernstudenten“ an, in welchem verselbe uns ein Sittenbild aus der norwegischen Hauptstadt bietet. Wer das letztgenannte Buch gelesen hat, wird sich eines gewissen unbehaglichen Eindrucks nicht haben erwehren können, denn die in ihm gebotenen Schilderungen sind zum Theil doch allzu trostloser Natur, um erquicklich wirken zu können. Oft erscheinen dieselben so kraß, daß man den Verfasser der Uebertreibung bezichtigen möchte, doch bestätigt ein anderer nordischer Schriftsteller, Nordensvan in der „Letterstedtske Tidsskrift“, daß Garborg durchaus nur das wiedergiebt, was er der Wirklichkeit abgelauscht hat. Das uns vor⸗ liegende Werk: „Aus der Männerwelt“, in welchem uns der ehemalige Bauernstudent Daniel Braut als Ehemann wieder begegnet, giebt eine wenn möglich noch realistischere Schilderung der sozialen Verhältnisse in Christiania. Es sind eigenthümliche Gestalten, mit denen er uns hier bekannt macht, und man darf wohl annehmen, daß dieselben, selbst wenn sie dem wirklichen Leben entnommen sind, doch zu den außer⸗ gewöhnlichen Erscheinungen gehören. Die Anschauungen, welche diese „Männer“ über das soziale Leben haben, besonders über die Ehe, eine der wichtigsten Grundlagen, auf denen sich der christliche Staat aufbaut, entsprechen doch wohl kaum den in der guten Christianenser Gesellschaft landläufigen Begriffen von Sitte und Anstand. Es sind zum Theil sittlich verkommene Gesellen, die hier ihre Ansichten zum Besten geben, und die freie Liebe, welche von einigen von ihnen ge⸗ predigt und auch ausgeübt wird, mag dem Grad sittlicher Bildung, den sie einnehmen, wohl entsprechen; derselbe ist aber ein recht niedriger. Die Lebensanschauung, welcher alle hier erwähnten Personen huldigen, ist eine pessimistische und entspricht durchaus derjenigen, welcher wir bei Zola begegnen. Dieser scheint in allen Dingen das Vorbild für Garborg zu sein; auch bei ihm dies Behagen an der Thätigkeit eines Anatomen, der erbarmungslos sein Werkzeug ansetzt und nicht eher ruht, als bis er Alles bloßgelegt hat. Auch hier sehen wir die abschreckendste Nüchternheit in der Erzählung, das ängstliche Ver⸗ meiden alles dessen, was etwas sonniges Licht in diesen grauen un⸗ erfreulichen Nebel werfen könnte. Als Kunstwerk an und für sich be⸗ trachtet, nimmt das Garborg'’sche Buch einen außerordentlich niedrigen Standpunkt ein; die Kunstform des Romans ist verschmäht worden, sei es absichtlich, weil dem Verfasser daran lag, nur photographisch wiederzugeben, was er durch sein noch dazu recht trübes Glas erblickte, sei es aus Unvermögen; es sind lose an einander gehängte natura⸗ üs Skizzirungen, an denen nur sehr wenige Leser Gefallen finden werden.
„— Die am 11. Mai erscheinende Nr. 2393 der „Illustrirten Zeitung“ (Leipzig, J. J. Weber) enthält u. a. folgende Abbil⸗ dungen: Das Denkmal Walther’'s von der Vogelweide für Bozen. Nach dem Entwurf von Heinrich Natter. — Hermann Gruson. (Zu seinem 50 jährigen Berufsjubiläum.) — Der Tramwaykutscher⸗ Strike in Wien: Attaque der Dragoner auf die Ruhestörer vor dem Rothen Hof in Favoriten am 22. April. — Die 200 jährige Jubel⸗ feier der Brandenburgischen Dragoner in Schwedt am 24. April: Kaiser Wilhelm II. an der Spitze des Regiments beim Einzug in Schwedt. — Ansicht von Marienbad. (Zweiseitig.) — Die für die ostafrikanische Expedition des Hauptmanns Wißmann angeworbenen Truppen im Lager bei Aden. — Auszahlung des Soldes an die für die ostafrikanische Expedition des Hauptmanns Wißmann angeworbenen Truppen im Lager bei Aden. — Wilhelm Ernst Tempel, † am 16. März. — Geheimnißvoller Auftrag. Nach einem Gemälde von F. Stuck. — Ansichten aus China, 6 Abbildungen. Aus Ferdinand Hirt's Geographischen Bildertafeln.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
Belgien.
Amtlicher Mittheilung zufolge ist die Ein⸗ und Durchfuhr von Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen aus Deutschland und Luxemburg nach Belgien vom 8. Mai d. J. ab verboten worden. Ausgenommen von dem Verbot sind Schafe, welche über Bleyberg nach Antwerpen gesandt, dort geschlachtet und demnächst ausgeführe
Gewerbe und Handel.
Wie das „Deutsche Handelsarchiv“ (Maiheft) erfährt, sei die Lage der Farmer in den Staaten Ohio, Michi⸗ gan, Indiana, Kentucky und West⸗Virginia im vergangenen Jahre eine sehr ungünstige gewesen. In Folge der immer drückender werdenden Konkurrenz der Farmer der Nordwest⸗Staaten werde die Bewirthschaftung mit jedem Jahre unlohnender, und viele Farmer seien so verschuldet, daß sie nur für ihre Gläubiger arbeiten müssen. An Arbeitern sei durchaus kein Mangel, und in der Industrie habe sogar nur ein Drittel der angebotenen Arbeitskräfte für acht Monate im Jahre Beschäftigung finden können. Viele der aus Deutschland eingewanderten Arbeiter sollen sich daher vergeblich nach einem Ver⸗ dienst umgesehen haben und Mangels eines solchen in die größte
Noth gerathen set. — Die Einfuhr nach den genannten Staaten ansangend, so sollen namentlich deutsche Lederwaaren, Taschenmesser, Näh⸗ und Stecknadeln, Spielwaaren u. a. einer starken Nachfrage begegnen, auch ließen sich nach der Ansicht von Sachverständigen große Mengen deutscher Gold⸗, Silber⸗, Juwelier⸗ und Bronzewaaren daselbst umsetzen, wenn die deutschen Exporteure und Fabrikanten mit den dortigen Märkten unmittelbare Fühlung nehmen, die An⸗ forderungen derselben genau studiren und mit Umgehun der New⸗ Yorker Einfuhrhäuser direkt dotthin liefern wollten. — Einer Mit⸗ theilung aus Serajewo zufolge habe die deutsche Industrie wenig Aussicht, in Bosnien und der degggatne erheblichen Absatz für neue Artikel zu gewinnen, vielmehr werde sie sich darauf beschränken müssen, ihre jetzigen Handelsbeziehungen zu befestigen. Aber auch dies werde nicht leicht sein, da Oesterreich auf allen Gebieten der Eaure die größten Anstrengungen mache, jede fremde Kon⸗ zurrenz aus dem Felde zu schlagen. Als förderlich könnte es sich vielleicht erweisen, wenn daselbst, verbunden mit einer Agentur, ein Lager errichtet würde, welches Modelle, Muster und Zeichnungen aller dort verwendbaren deutschen Industrie⸗ und Gewerbe⸗ erzeugnisse enthielte. Für die Ausfuhr aus Bosnien und der Her⸗ zegowina komme vor Allem die Pflaume in Betracht, deren Anbau und Ausfuhr seit der Okkupation enorme Fortschritte gemacht haben. Die Hauptproduktionsgebiete sind, wie berichtet wird, die nördlichen, am Savefluß gelegenen Distrikte Bosniens, besonders die Possavina, der Nordosten des Landes zwischen Save und Drina; der größte Export⸗ platz dalelbst sei Brcka, wo in jedem Herbste eine Art Pflaumenmesse stattfinde und von wo die Hälfte des ganzen Exports abgehen soll; fernere Ausfuhrplätze von Bedeutung seien Samac, Brood und Bosnisch Gradisca. Die jährliche Pflaumenproduktion werde im Durchschnitt der letzten Jahre auf 400 000, der Export auf über 300 000 Doppelcentner geschätzt. Hälfte nach Deutschland gehen.
Von letzteren soll ungefähr die Das Pflaumengeschäft soll sich für
Verkäufer und Käufer im Jahre 1888 so vortheilhaft erwiesen haben,
daß mit ziemlicher Sicherheit auf einen weiteren Aufschwung gerechnet und allen Interessenten in Deutschland nur rege Antheilnahme an dem Geschaͤft empfohlen werden könne. Demselben sei besonders
anzurathen, die Kosten des Zwischenhandels in Pest zu sparen und den Einkauf sowie das Dörren der Frucht selbst oder durch zuverlässige
eigene Agenten zu besorgen. — Aus Mexiko verlautet, daß Berg⸗
werks⸗Maschinen, besonders für die in englischen Händen befindlichen Gruben und Amalgamirwerke, zwar fast ausnahmslos aus England
bezogen werden, zum Versuch gebrachte Stampfmühlen und Dampf⸗ kessel deutscher Provenienz indessen bereits die Aufmerksamkeit erregt haben. Bei dem Aufschwung, welchen die Bergbau⸗Industrie in der ganzen Republik zu nehmen verspreche, sei deshalb den deutschen Fabrikanten nicht genug zu empfehlen, Mexiko ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken und das ihnen sich darbietende, nicht unbedeutende Absatz⸗ gebiet so viel wie möglich auszunutzen.
— Die belgische Regierung hat in Abänderung des unter dem 17. v. M. erlassenen Verboks der Ein⸗ und Durchfuhr von Schafen aus Deutschland und Luxemburg (verol. Nr. 209 vom 5. d. M.) durch Verordnung vom 2 d. M. die Ein⸗ und Durchfuhr von Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen aus Deutsch⸗
land und dem Großherzogthum Luxemburg nach Belgien
vom 8. d M. an bis auf Weiteres verboten. Ausgenommen hiervon ist die Durchfuhr von Schafen, welche mit der Eisenbahn ohne Umladung über Bleyberg nach Antwerpen befördert und dort nach einer auf Kosten der Interessenten vorzunehmenden Untersuchun Wiederausfuhr geschlachtet werden. Die Ein⸗ und Durchfuhr von frischem Hammel⸗ und Schweinefleisch zur See und
über die belgische Landgrenze im Osten zwischen Gemmenich und
Athus wird von den Zollbehörden einer Kontrole über die Herkunft der Sendungen unterworfen.
— Der Geschäftsbericht der Preußischen Feuer⸗Versiche⸗
behufs
rungs⸗Aktien⸗Gesellschaft weist auf die wefentliche Erhöhung der Prämien⸗Einnahme hin, welche trotz einer beträchtlichen Steige⸗
rung der Brandschäden es ermöglicht, wieder eine Dividende von 6 %
zu vertheilen, nach dem dem Reservefonds der statutenmäßige, auf 5000 ℳ . Das direkte Geschäft der Gesellschaft erwies sich im vergangenen Jahre als sehr günstig, in⸗
abgerundete Anth eil zugewiesen worden ist.
sofern trotz gesteigerter Prämieneinnahme die Schäden um ca. 45 000 ℳ
gegen das Vorjahr zurückblieben. Dagegen brachte das indirekte Ge⸗ schäft zum ersten Mal, seitdem dasselbe schaft betrieben wird, einen Verlust, durch den Brand der Städte Schweden veranlaßt worden ist. lief sich im Jahre 1888 auf 843 348 964 ℳ, die Prämien⸗Einnahme auf 1 861 745 ℳ, die Prämien⸗Reserve wurde von 508 284 ℳ auf 554 033 ℳ erhöht. — Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 13. Mai 1889 im „Berliner Hof“ statt. — Ueber den Arbeiterausstand 8 0 8 lenrevier liegen folgende neueren Telegramme des „W. Bevor: „Efssen a. R., 9 Mai. (W. T. B.) Die fäsische Ztg.“ meldet: Die Krupp'sche Gußstahlfabrik hat sich durch feste, in Oberschlesien und England abgeschlossene Verträge auf
uj welcher Sundsvall und
zwei Monate hinaus für ihren Kohlenbedarf vollständig gedeckt. Die Arbeitseinstellung hat auch im Essener Bezirk begonnen.
Heute legten die Bergleute auf den Zechen „Eiberg“ und „Ein⸗
tracht“, sowie auf „Tiefbau“ in Steele und Schacht 3 der Zeche
„Zollverein“ bei Caternberg die Arbeit nieder. Der Regierungs⸗ Präfident von Berlepsch aus Däffeldorf ist anwesend. Militär wird vorläufig nicht Auf der Zeche „Matthias Stinner“ bei sämmtliche AÄrbeiter wieder angefahren. —
Carnap sind
von der Gesell-⸗ hauptsächlich
Umea in Die Total⸗Versicherungssumme be-
in dem westfälischen
„Rheinisch⸗West⸗
heute hier requirirt werden.
Nachdem sich
die Dortmunder, Wittener, Bochumer Bergreviere und ein Theil des
Essener Reviers dem Strike der Bergarbeiter angeschlossen haben. beläuft sich die Gesammtzahl der Strikenden auf 70 000 Mann mit
einer Tagesförderung von 71 000 t. Die Schalker Hochöfen und mehrere Eisenwerke bei Dortmund liegen still.
Bochum, 9. Mai. In einer heute Abend hier abgehaltenen,
von gegen 5000 Bergleuten besuchten Versammlung wurde einstimmig beschlossen, an den bekannten Forderungen der Lohnerhöhung und Beschränkung der Dauer der Arbeinsschicht unabänderlich fest⸗ zuhalten. — 10. Mai. stoß zwischen dem Militär und einem angesammelten Volks⸗ haufen, wobei ersteres von der Waffe Gebrauch machte. Zwei Personen wurden getödtet, mehrere verwundet.
Dortmund, 10. Mat. Wie die „Tremonia“ meldet, hat heute
Morgen auch auf der Zeche „Schleswig“ bei Brackel (Kreis
Dortmund) ein Zusammenstoß zwischen einem Militär⸗Kom⸗
mando und Bergleuten stattgefunden, weil letztere der Aufforde-
rung, auseinander zu gehen, keine Folge leisteten. 3 Arbeiter seien getödtet, mehrere verwundet. ssen a. R., 10. Mai. Der „Rheinisch⸗Westfälischen Ztg.“ zufolge fanden gestern Abend in Dortmund und Bochum große Ansammlungen von Menschen statt, welche das Militär mehrfach verhöhnten und bedrohten. In Dortmund zerstreute sich die Menge schließlich des Ober⸗Bürgermeisters Schmieding, der zum ruhigen Auseinander⸗ gehen aufforderte. In Bochum griff die Menge das Militär auch thätlich an, worauf das letztere von der Schußwaffe Gebrauch machte. Zwei Bergleute wurden getödtet, mehrete verwundet. Auf der Dortmund benachharten Zeche „Schlezmwig” fanden ebenfalls Ausschreitungen statt, die das Militär — Einschreiten veranlaßten. Auch bhier wurden mehrere ersonen gelegenen Zechen sind 14 im Im Essener Revier ist Alles ruhig; die meisten Zechen arbeiten., nur auf Zeche „Königin Elisabeth“ ist die Belegschaft heute nicht angefahren. Gelsenkirchen, 10. Mai. In dem hiesigen Bergrevier sind e üemn der Strikenden nicht vorgekommen, Alles ist ruhig.
Gestern Abend kam es zu einem Zusammen-
um 11 Uhr in Folge des Erscheinens
etödtet und verwundet. — Von 19 im Dortmunder Revier