Ppolizeibehörden beauftragt werden, allen einzelnen Blattern⸗Erkrankungen, dann außerdem von sonstigen ansteckenden Krankheiten, sobald diese epidemisch auftreten, der betreffenden Militärbehörde (Bezirkskommando, an Garnisonsorten Kommandantur) Mittheilung zu machen.
Ferner haben die Distrikts⸗Polizeibehörden in kleineren Gar⸗
nisonsorten, abgesehen von den Blatternfällen, auch von son⸗ stigen zu ihrer Kenntniß kommenden Einzelfällen ansteckender Erkrankungen der Königlichen Kommandantur des Garnison⸗ orts dann Mittheilung zu machen, wenn nach den ob⸗
waltenden Umständen für die Königliche Militärverwaltung ein besonderes Interesse besteht, hiervon Kenntniß zu erhalten. Ueber die Voraussetzungen, unter welchen die letzterwähnten Mittheilungen veranlaßt sind, haben sich die betreffenden Distrikts⸗Polizeibehörden mit dem Königlichen Bezirksarzt und der Königlichen Militärbehörde ins Benehmen zu setzen.
Sachsen. Dresden, 1. Juni. Das „Dresdner Journal“ schreibt: „Se. Majestät der König haben mit Ge⸗ nugthuung von der baldigen Beendigung der im König⸗ reich Sachsen vorgekommenen Arbeitseinstellungen der Bergarbeiter Kenntniß genommen und den Herrn Staats⸗ Minister des Innern beauftragt, allen denjenigen Beamten, welche zu dieser Beilegung der Streitigkeiten beigetragen haben, insbesondere den Vorständen der Kreishauptmann⸗ Fbfun und der Amtshauptmannschaften die Allerhöchste Be⸗ friedigung zu erkennen zu geben.“
Württemberg. Stuttgart, 1. Juni. (W. T. B.) Der König und die Königin eröffneten heute mit großem Ge⸗ folge die anläßlich des Regierungsjubiläums statt⸗ findende Graphische Ausstellung. — Die Kammer der Abgeordneten genehmigte die Vorlage, betreffend die Aufbesserung der Gehalte der Staatsbeamten, Gieistlichen und Schullehrer, mit 72 gegen 14 Stimmen.
Baden. Karlsruhe, 1. Juni. (Karlsr. Ztg.) Heute Vormittag, um 11 ¾ Uhr, traf Se. Hoheit der Erbprinz von Anhalt hier ein, wurde im Namen Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs am Bahnhof von dem Oberst⸗ Stallmeister von Holzing begrüßt und nach dem Schlosse geleitet, wo Höchstderselbe sogleich von Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin empfangen wurde und danach Wohnung im Schlosse bezog. Der Großherzog besuchte den Erbprinzen nach Beendigung eines längeren Empfanges.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 1. Juni. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiser⸗ liche Hoheit die Großherzogin sind auf der Rück⸗ reise von Cannes in Interlaken eingetroffen. — Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin Marie und Ihre Hoheit die Herzogin Elisabeth ind gestern Abend von ihrer Reise nach dem Süden hierher zurückgekehrt und haben sich sogleich weiter zu längerem Aufenthalt nach Raben⸗Steinfeld begeben. — Heute findet im hiesigen Wahlkreise die Stichwahl zwischen dem Ministerial⸗Rath von Blücher (kons.) und dem Senator Brunnengräber (lib.) statt.
Reuß ä. L. Greiz, 1. Juni. (+). Heute Nachmittag hat sich Ihre Durchlaucht die Fürstin mit dem Erbprinzen und den Prinzessinnen Töchtern zu Wagen zu einem längeren Aufenthalt nach Schloß Burgk an der Saale be⸗
eben. Se. Durchlaucht der Fürst gedenkt im Laufe nächster oche ebendahin auf einige Wochen überzusiedeln.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 31. Mai. (Pr.) Der Termin für die Einberufung der Delegationen ist nunmehr definitiv festgesetzt. Dieselben werden am 22. Juni zusammentreten.
Pest, 31. Mai. (Wien. Ztg.) Das Unterhaus ge⸗ nehmigte heute nach kurzer Debatte die Schlußrechnungen für das Jahr 1887 und ertheilte mit überwiegender Majo⸗ rität das Absolutorium. Die Berathung der Phylloxera⸗ Konvention wurde auf morgen vertagt, da der Fach⸗ Minister nicht anwesend war.
Großbritannien und Irland. London, 2. Juni. (W. T. B.) Die internationale Kommission zur Berathung der Zuckerprämien hielt gestern ihre letzte Sitzung; die Delegirten Oesterreichs, Belgiens, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, der Niederlande, Spaniens und Rußlands unterzeichneten den Bericht, welcher demnächst den Regierungen der Signatarmächte unterbreitet werden soll. In demselben wird namentlich auf die Gesetzentwürfe hingewiesen, die zur Ausführung der Konvention dienen sollen. Am Schluß der Sitzung sprach Graf Kuefstein dem Präsidenten der Kom⸗ mission, Worms, für die Leitung der Berathungen seinen Dank aus und gab nochmals dem Wunsch der Signatar⸗ bnch Ausdruck, die Zuckerprämien mittels der Konvention zu eseitigen.
Frankreich. Paris, 1. Juni. (W. T. B.) Der Präsident Carnot traf heute in Lens ein und wurde aufs Wärmste mit den Rufen: „Es lebe Carnot! Es lebe die Re⸗ publik!“ begrüßt. 20 000 Bergleute zogen an Carnot vorüber. Auf die Ansprache des Vorsitzenden des Comités der Kohlengrubenarbeiter wies der Präsident Carnot auf die Entwickelung der Kohlengruben in dem Departement Pas de Calais und dem Departement du Nord hin und betonte, daß die Regierung bemüht sei, für billige Transportmittel
Sorge zu tragen.
— 2. Juni. (W. T. B.) Der Präsident Carnot setzte gestern seine Reise fort und besuchte Abends die Orte Bethune und Bruay. In Bruagy wohnte derselbe einem ihm zu Ehren veranstalteten Bankett bei und hob dabei das Gedeihen des nördlichen Frankreichs, ebenso die wunderbare Wiederaufrichtung in den 18 Jahren des Friedens, der Ordnung und der Freiheit hervor. Beim Verlassen des Banketts wurde Carnot von Fackeln tragenden Bergleuten nach seiner Wohnung geleitet. — Bei einem hhute Abend in St. Omer veranstalteten Bankett hielt der
räsident Carnot eine Rede, in welcher er seiner Genug⸗ thuung über den ihm während seiner Reise bereiteten Empfang Ausdruck gab und einen Toast auf die Eintracht und den Frieden im Innern wie nach außen hin ausbrachte.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. Juni. (W. T. B.) Der österreichischꝛungarische Botschafter Graf Wolkenstein⸗Trostburg ist heute auf seinem Posten hier wieder eingetroffen.
Italien. Rom „ 1. Juni. (W. T. B.) Der König ist mit dem Kronprinzen heute Mittag um 1 Uhr 7 Mi⸗ nuten hier eingetroffen und am Bahnhof von dem Minister⸗Prä⸗ sidenten Crispi, den übrigen Ministern, den Präsidenten und vielen Mitgliedern des Senats und der Depu⸗ tirtenkammer, dem Präfekten, dem Maire, den Mitgliedern des Munizipalraths und den Spitzen der Behörden, sowie einer großen Menschenmenge empfangen worden. Vor dem Bahnhof hatten zahlreiche Vereine mit ihren Fahnen Aufstellung ge⸗ nommen. Die Volksmenge vor dem Bahnhof begrüßte den König mit enthusiastischen Kundgebungen und begleitete den Wagen bis zum Quirinal, wo der König und der Kronprinz sich wiederholt auf dem Balkon zeigternn.
Die Deputirtenkammer beschloß in ihrer heutigen Sitzung auf Antrag Baccarini's, die Abgeordneten von Rom zur G der Enthüllung des Giordano Bruno⸗ Denkmals am 9. Juni zu entsenden, nachdem der Minister⸗ Präsident Crispi erklärt hatte, daß sich die Regierung von der Feier fern halte, weil es sich um keine offizielle Ceremonie handle.
Der Papst spendete der Propaganda 1 Million Lire zu Missionszwecken.
— 2. Juni. (W. T. B.) In der gestrigen Abend⸗ sitzung berieth die Deputirtenkammer das Budget des Arbeits⸗Ministeriums und beschloß, entgegen dem ein⸗ stimmigen Vorschlage der Budgetkommission, den für das Finanzjahr 1889/90 für Eisenbahnbauten beanspruchten Betrag um 20 Millionen zu kürzen. Der Arbeits⸗Minister Finali hatte diese Kürzung verlangt und der Tresor⸗Minister Giolitti dieselbe befürwortet.
Die Stadt ist anläßlich des heutigen nationalen “ reich beflaggt; König Humbert hielt eine Revue über die Garnison ab, wobei der kurz vorher zum Major ernannte Kronprinz sein Bataillon komman⸗ dirte. Der König wurde von der ungeheuren Menschenmenge lebhaft begrüßt; auch vor dem Quirinal fanden Ovationen statt; zwei Mal erschien der König auf dem Balkon. Die Königin weilt zur Zeit noch in Neapel.
Spanien. Madrid, 2. Juni. (W. T. B.) Durch ein heute veröffentlichtes Dekret der 1““ wird die Hegen Session der Cortes geschlossen. Die neue Session beginnt am 14. Juni. Dem Vern -hmen nach würde dieselbe nur kurz sein und voraussichtlich bis in die ersten Tage des Juli dauern. Es sollen vornehmlich die Militärvorlagen und das Budget berathen werden; dagegen dürfte man von der Berathung der Vorlage über das allgemeine Stimmrecht absehen.
Schweiz. Bern, 1. Juni. (W. T. B.) Der Bundesrath hat beschlossen, daß vom 3. d. M. an das Recht zur Einfuhr auch desjenigen Branntweins, welcher denaturirt werden soll, ausschließlich der Eid⸗
genössischen Alkohol⸗Verwaltung zustehen soll.
Griechenland. Athen, 2. Juni. (W. T. T.) Der König und die 2 haben sich gestern mit der Prin⸗ zessin Alexandra naSPatras eingeschifft. Bei der Ab⸗ fahrt waren die Minister Akas diplomatische Corps, die Spitzen der Behörden und eine; zoße (Anzahl anderer Personen an⸗ wesend, welche sich auf vdas Wärmste von der scheidenden Prinzessin verabschiedeten.
Rumänien. Bukarest, 2. Juni. (W. T. B.) Der Senat genehmigte heute die Verlängerung des Handels⸗ abkommens mit Frankreich bis zum Ende dieses Jahres und bewilligte einen Kredit von 700 000 Fr. zur Regelung des Rückkaufsgeschäfts der Czernowitz⸗Jassyer Eisenbahn. — Der russische Gesandte Hitrowo über⸗ reichte dem König ein Schreiben des Kaisers Alexan⸗ der, in welchem der Kaiser von der Anerkennung des Prinzen Ferdinand als Thronfolger von Ru⸗ mänien Akt nimmt.
Serbien. Belgrad, 1. Juni. (W. T. B.) Laut amtlicher Feststellung sind während der jüngsten Excesse 1 Offizier und 19 Gendarmen theils verwundet, theils verletzt worden. Von den Tumultuanten und Fortschrittlern ist einer, Mikowic, getödtet, einer durch einen Revolverschuß verwundet und 12 sind außerdem verletzt. — Die Regentschaft hat einen Ukas unterfertigt, durch welchen der zwischen Serbien und der Betriebsgesellschaft der serbischen Bahnen bestandene Vertrag gelöst wird. Der Betrieb geht von morgen ab an die Staatsverwaltung über. Diese Maßregel erfolgte auf Grund der Berichte der Kommission, welche Mißbräuche und Unregelmäßigkeiten in der Bahnverwal⸗ tung konstatirte. — Der Gerichtshof erster Instanz bestätigte die Entscheidung des Untersuchungsrichters betreffs der Ver⸗ hängung der Untersuchungshaft über Garaschanin. Da die diesbezügliche Entscheidung des Gerichts verfassungs⸗ mäßig vollstreckbar ist, so verbleibt Garaschanin in Unter⸗ suchungshaft.
— 3. Juni. (W. T. B.) Das „Amtsblatt“ veröffentlicht den Ukas, betreffend die Auflösung des Eisenbahn⸗ betriebsvertrages. Hiernach übernimmt der Staat sämmtliche bisher von der Gesellschaft exploitirte Bahn⸗ linien sowie auch das Inventarium. Die Minister für Bauten und Finanzen sind ermächtigt, mit den Vertretern der Gesellschaft behufs Liquidirung der Rech⸗ nungen sowie der Entschädigung für das Inventarium Ver⸗ handlungen anzubahnen. Das Archiv und die Dokumente gehen in das Regierungsgebäude über. Sämmtliche Beamte, mit Ausnahme des höheren Personals im Direktorium, ver⸗ bleiben bis auf Weiteres im Amt.
Süd⸗Amerika. Brasilien. Rio de Janeiro, 1. Juni. (W. T. B.) Das gesammte Ministerium hat heute seine Demission gegeben.
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8 Zeitungsstimmen.
111“X“ 1““ 1 Die „Kölnische Zeitung“ schreibt:
Jede Lohnbewegung ist das Zeichen einer Krankheit, welche mit Sorgfalt geprüft und behandelt werden muß, um sie gründlich heilen zu können. Leider hat das an einer Stelle bewirkte Heilverfahren zur Folge, daß an anderer Stelle der Wahn erweckt oder die Vorstellung geheuchelt wird, unter ungesunden Verhältnissen ein trauriges Leben führen zu müssen. Dies ist die schlimmste, gefährlichste Krank⸗ heit, gegen welche frühzeitig mit aller Energie angekämpft werden muß. Als vor einigen Jahrzehnten die Bergleute in verschiedenen Bezirken die Arbeit einstellten, weil die Grubenverwaltungen die beantragte Lohnerhöhung abgelehnt hatten,
nahm ein großer Theil der Bevölkerung entschieden Partei für die
Bergleute, weil dieselben bei harter, den Körper frühzeitig auf⸗ reibender Arbeit einen für die dringendsten Bedürfnisse kaum aug⸗ reichenden Lohn erhielten. Endlich fand eine Aufbesserung des Lohnes statt, und dies gab anderen Arbeiterklassen, in welchen kein allgemeiner Nothstand herrschte, den Anlaß, ebenfalls die Arbeit einzustellen um einen höheren Lohn zu erzwingen. Die Lohnsteigerungen in allen Berufszweigen hatten eine allgemeine Preissteigerung zur Folge, welche die Bergleute, die Weber u. s. w. wieder in die alte Noth versetzte. Und dieser Noth gegenüber verlangen Brauer⸗ burschen, Klempner⸗, Buchbinder⸗, Ofensetzergehülfen schon für die 18 jährigen Gesellen, welche wohl ein Gesellenstück machen konnten aber von den Meistern noch viel zu lernen haben, um ein Geschäft gut leiten zu können, wöchentlich 5 ℳ und darüber mehr, als sie thatsächlich und zugestandenermaßen zu ihrem Lebensunterhalt brauchen Dementsprechend muß ein älterer, in allen seinen Berufsarbeiten geübter, keiner Unterweisung mehr bedürftiger und selten oder nie ein Stück verderbender Geselle wöchentlich gegen 20 ℳ übrig baben Sollten solche Forderungen Erfüllung finden, so würden die Preise für Miethe, Kleidung, Nahrung, für juristische, für kirchliche Hand⸗ lungen ꝛc. eine entsprechende Steigerung erfahren müssen und auch der Steuerbetrag müßte steigen, denn die Verwaltung des Staats und der Städte würde schon durch Erhöhung der Beamten⸗ gehälter eine wesentlich kostspieligere. Dem Arbeiter, Gehülfen würde die Lohnerhöhung also wenig oder nichts nützen, wenn sie in der Allgemeinbeit, wie erstrebt wird, durchgeführt werden sollte denn es würde der höhern Einnahmesumme eine größere Ausgabe gegenüberstehen, wie dies in England und Amerika der Fall ist Das Geld würde an Werth verlieren, der Nationalreichthum eine große Einbuße erleiden und Deutschland wäre nicht mehr fähig mit dem Auslande den Wettkampf so erfolgreich zu bestehen, wie es jetzt der Fall ist. Schon aus diesem Grunde ist dringend er⸗ forderlich, die Lohnbewegung einzudämmen und auf Ziele hinzuleiten welche vom Gerechtigkeitsgefühl vorgeschrieben werden. Die Ele⸗ mente, welche jetzt die Lohnbewegung leiten, haben bewiesen, daß ihnen die Einsicht und der gute Wille fehlt, diese Aufgabe lösen zu helfen, und so muß die Lösung anderen Kräften übertragen werden vielleicht einem aus Vertretern sämmtlicher Gewerkschaften zusammen⸗ gesetzten Volksrath, nach dessen Entscheidung sich die einzelnen Ge⸗ werkschaften zu richten hätten. Es ist nicht zu leugnen, daß immer ganze Gruppen von Arbeitgebern ihren Arbeitern gegenüber nicht gerecht geworden sind und dadurch die Sozialdemokratie mit ihren anarchistischen Elementen herangezogen haben, und hier dem Uebel an die Wurzel zu gehen, müßte eine Sorge der einzusetzenden Körperschaft sein, um den Sozialdemokraten den Boden für ihre Aufwiegelungen zu entziehen. Bis zu welchem Grade die Krankheit schon ausgeartet ist, zeigt das Bestreben der Gehülfen, den Arbeits⸗ nachweis ganz in ihre Hände zu bekommen und die Meister zu ver⸗ pflichten, jeden überwiesenen Gesellen, auch wenn er sich als nicht brauchbar erweist, zu behalten und ihm wöchentlich 5 ℳ mehr Lohn zu zahlen, als er nöthig hat. Wie die Werkstattsordnung sein, ob einmal in dringenden Fällen mehr als neun oder zehn Stunden, ob am Sonntag gearbeitet werden soll und zu welchem Preise, das wollen die Gesellen bestimmen, und der Meister, welcher das Risiko fur die Gesellenarbeit zu tragen hat, soll in seiner Werkstatt nicht mehr die erforderlichen Anordnungen treffen können.
— Die „Weser⸗Zeitung“ schreibt:
Fürst Bismarck hat neulich im Reichstage die verschiedenen Parteigruppen, welche ihm Widerstand leisten, nach ihren (vermeint⸗ lichen oder wirklichen) Motiven charakterisirt und bei der Gelegenheit den Führern der Sozialdemokratie auf den Kopf zugesagt, daß sie nur auf den günstigen Augenblick warteten, um den offenen Aufruhr gegen Kaiser und Reich zu proklamiren. Er verglich sie mit den Franzosen, die auch losschlagen würden, sobald sie die Stärkeren zu sein glaubten. Diese Anschuldigung ist vom Standpunkte der parlamentarischen Ordnung aus angefochten worden; insofern sozialdemokratische Reichstags⸗Abgeordnete unter die erhobene Anklage fielen, durfte die Anklage nicht so, nicht ohne Einschränkung, erhoben werden. Das ist richtig, aber es kommt nicht viel darauf an. Es handelt sich nicht darum, ob der ausgesprochene Inhalt par⸗ lamentarisch korrekt, sondern ob er an sich begründet war. Die Sozialdemokraten selbst haben, soviel wir sehen, nicht sehr ernstlich dagegen protestirt, und wenn sie es gethan hätten, so zweifeln wir, ob sie viel Glauben gefunden häütten. Wer nicht absichtlich die Augen schließt, muß einsehen, daß eine Partei, deren Programm ohne Gewalt und Blutver⸗ gießen gar nicht verwirklicht werden kann, nothwendiger Weise auf den Augenblick spekuliren muß, wo sie Aussicht hat, mit den Waffen in der Hand ihren Willen durchzusetzen. Wenn sie das leugnet, so gesteht sie ein, daß sie eine absurde Partei ist, die ihre Kräfte an eine unmögliche Aufgabe setzt, die einen Berg durch Mittel der Ueberredung nivelliren will. Höchstens könnte sie an eine friedliche Lösung nach Jahrhunderten denken, aber damit würde sie auf die Massen jeden Einfluß verlieren. Die friedliche Lösung, von der bisweilen die Parteiführer reden, ist nichts als ein Vorwand, be⸗ stimmt, furchisamere Genossen zu beschwichtigen oder unbe⸗ quemen Argumenten auszuweichen, genau so, wie es nur ein Vor⸗ wand ist, wenn Franzosen ab und an Straßburg und Metz von der Gerechtigkeit eines aufgeklärten Zeitalters zurückzuempfangen hoffen. Abe derartigen Redensarten wandern in die Rumpelkammer an dem Tage, wo die Allianz mit Rußland fertig sein wird, und alle Phrasen der Sozialdemokraten von Innehaltung der gesetzlichen Schranken würden zum Kinderspott werden an dem Tage, wo das Gesetz auf⸗ hörte, der stärkere Theil zu sein.
— Unter der Ueberschrift: „Die Unterstützung von Sonderinteressen der Industrie“ sagt die „Deutsche volks⸗ wirthschaftliche Correspondenz“:
Es giebt öffentliche Blätter in Deutschland, welche sich auf wirthschaftlichem Gebiete von gewissen nebligen Vorstellungen absolut nicht trennen können; letztere sind bei ihnen zur fixen Idee geworden und stellen sich gewöhnlich da ein, wo die Logik zu Ende geht. Eine Seitens einer gewissen Presse öfters wiederholte Behauptung dieser Art bildet die angebliche „regierungsseitige Unterstützung von Sonder⸗ interessen der Industrie“. Wohl selten ist gegen die Regierung eine Beschuldigung leichtfertiger formulirt worden als diese, weshalb man sie eigentlich als das leicht hingeworfene Produkt eines überreizten Gehirns abthun könnte; allein wir sind derselben neuerdings öfter begegnet auf Seiten oppositioneller Blätter, von denen sie gewisser⸗ maßen als Verzierung inhaltsleerer Artikel verwendet wird; es mag ihr heute daher einmal etwas näher getreten werden.
Es ist während der letzten langen Reichstagssession sehr viel von der Industrie gesprochen worden, aber selbst die eifrigsten Gegner der Regierung haben nicht gewagt, ihr vorzuwerfen, daß sie Sonderinter⸗ essen der Industrie fördere. Der Reichstag übt bekanntlich eine sehr scharfe Kontrole über alle Handlungen der Regierung, hat dieselbe aber gleichwohl in keinem einzigen Fall zu überführen vermocht, als ob sie in gesetzesverletzender Weise irgend einen großen Stand im Staat zum Nachtheil der anderen Stände ungebührlich bevorzugt hätte. So schwer es einem Reichstags⸗Abgeordneten gewesen wäre, die Regierung einer Verletzung ihrer Pflichten zu überführen, so leicht ist es freilich, außerhalb des Reichstages gegen die Regierung mit der Feder zu agitiren und zu behaupten, die Industrie habe ohnehin vom Reichstage schon mehr erlangt, als man ihr hätte geben sollen, die⸗ selbe werde nun auch von der Regierung noch besonders begünstigt. Einen Beweis bleibt man hierfür selbstverständlich gänzlich schuldig, weil das Gegentheil wahr ist.
Eine etwas genauere Kenntniß der Vorgänge auf dem Gebiete der Industrie seit dem Jahre 1879 würde obige Vorwürfe schon an sich nicht haben aufkommen lassen können. Der im genannten Jahre aufgestellte und unter dem Kreuzfeuer des Reichstages zu Stande ge⸗ kommene Zolltarif hatte manche Mängel, welche erst nach und nach zu beseitigen gelungen ist; obwohl auch heute noch manches in diesem Tarife im Interesse unserer Industrie verbesserungsbedürftig erscheint,
sucht man von gewisser Seite der Regierung dennoch die Hände zu
, b ne Rücksicht auf die großen Beeinträchtigungen, welche den liden oh der Industrie Deutschlands in Folge der fortgesetzten Aen⸗ 8 der Zolltarife unserer Nachbarländer zugefügt werden; von s Zumuthungen, welche man in sozialpolitischer Beziehung an die⸗ felbe stellt, ganz zu schweigen. 1
Da man in Deutschland im Grvenfaßh zu vielen anderen Ländern immer noch großentheils unter der Herrschaft der längst verblaßten Sdee steht, als ob der Vortritt in wirthschaftlichen Dingen nicht der Industrie, sondern dem Handel gebühre, so muß man aus diesem Grunde viele sich in einer mittelmäßigen Presse breit machenden Trug⸗ schlüsse entschuldigen, die man sonst versucht sein könnte, auf Rech⸗ ung einer in der gegenwärtigen sogenannten aufgeklärten Zeit neradezu verblüffenden Ignoranz zu stellen. Man glaubt in gewissen
Kreisen bei uns heute noch, daß vor Allem der Handel blühen müsse, auf daß zuvörderst der Kaufmann verdiene. Es imponirt ihnen, daß z. B. für 1000 Ctr Waare, die, aus dem Auslande kommend, beim Kaufmann abgeladen wird, dem Staat eine schöne Frachteinnahme erwächst und daß für die dabei beschäftigten Arbeiter Verdienst entsteht. Aber darum, daß diese Waare aus der Tasche der Nation bezahlt wird, bekümmert man sich wenig, man sagt, das sei Sache der Weltwirthschaft und diese würde Alles schon ausgleichen! — Allein, daß diese 1000 Ctr. Waare, wenn sie aus den Werkstätten der heimischen Industrie hervorgegangen wäre, Hunderten, vielleicht Tausenden von Arbeitern Beschäftigung und Unterhalt ver⸗ schafft, dem Staat eine vielleicht fünffach größere Frachteinnahme gebracht hätte, insofern Rohmaterialien, Brennstoffe u. s. w. herbei⸗ geschafft worden wären, sowie daß dem obigen Kaufmann gleichwohl der nämliche Nutzen, die nämliche Arbeit gesichert worden wäre, und das Geld für die Erzeugnisse der heimischen Industrie dann im Lande verbliebe und der Blüthe von Handel und Verkehr Vorschub leisten würde, das begreifen diese engherzigen Geister nicht. Schlägt die Regierung etwas vor, wodurch die nationale Arbeit gefördert, Ver⸗ dienst ins Land gebracht, der Wohlstand der Nation erhöht werden soll, so beschuldigt man sie eben der „Begünstigung der Sonder⸗ interessen der Industrie“. Es ist oftmals nicht, als ob wir in der Epoche des wirthschaftlichen Aufschwunges lebten, sondern in einer solchen der abnehmenden Intelligenz und der Zunahme eines gewissen⸗ losen Egoismus. Diesem Zerrbilde leistet unsere Oppositionspresse jeden möglichen Vorschub.
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Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 23. — Inhalt: Handels⸗ und Gewerbewesen: Bekanntmachung der Phvysikalisch⸗Tech⸗ nischen Reichsanstalt über die Prüfung elektrischer Meßgeräthe. — Abänderung des Verzeichnisses der im Reichsgebiet regelmäßigen Unter⸗ suchungen unterliegenden und den Anforderungen der Reblaus⸗Kon⸗ vention entsprechend erklärten Gartenbau⸗ ꝛc. Anlagen. — Kolonial⸗ wesen: Ermächtigung zur Vornahme von Civilstands⸗Akten im deut⸗ schen Schutzgebiet der Marschall⸗Inseln. — Konsulatwesen; Ermäch⸗ tigungungen zur Vornahme von Civilstands⸗Akten. — Exequatur⸗ Ertheilung. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 23. — Inhalt: Verfügungen: vom 26. Mai 1889. Wegfall der Angabe des Nach⸗ nahmebetrages auf den Postbeklebezetteln. — Hierzu: Tarif für Telegramme. 1889. Nr. 3. (Für den billigsten und gebräuchlichsten Weg berechnet.) Abgeschlossen den 1. Juni 1889.
Kunst, Wissenschaft und Literatur
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Die militärischen Pflichten und Rechte der Offi⸗ ziere des Beurlaubtenstandes. Ein Rathgeber nach den neuesten Dienstvorschriften, von König, Second⸗Lieutenant im Schle⸗ sischen Füsilier⸗Regiment Nr. 38 und Bezirks⸗Adjutant. Berlin SW., E. S. Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung (Kochstraße 68 — 70). Pr. 1 ℳ — Die militärischen Pflichten und Rechte, welche die Offiziere des Beurlaubtenstandes wahrzunehmen haben, können denselben nicht so geläufig sein, wie den Offizieren des stehenden Heeres. Plötzlich und nur zeitweilig, wie sie an dieselben herantreten, dazu der mannigfachsten Art, bedürfen sie einer von kundiger Hand aus den neuesten Dienstvorschriften geschöpften Uebersicht und Erläu⸗ terung, welche in obigem Schriftchen geboten wird.
— Gicht und Rheumatismus. Von Dr. Arnold Pagen⸗ stecher, K. Sanitäts⸗Rath und prakt. Arzt zu Wiesbaden. Mit 12 in den Text gedruckten Abbildungen. Dritte umgearbeitete Auflage. Verlag von J. J. Weber in Leipzig Pr. 1 ℳ 50 ₰. — Der Ver⸗ fasser hat die Resultate seiner auf langjähriger Thätigkeit in einem von Gichtischen und Rheumatischen viel besuchten Badeorte beruhenden Erfahrungen in knappem Rahmen und al gemein verständlicher Form dargeboten. Der Laie findet daher in diesem Buch eine Reihe von Anhalts⸗ punkten, welche ihm die Erkenntniß von qualvollen und gefürchteten Zu⸗ ständen erleichtern und ihm die Mittel an die Hand geben, dieselben zu verhindern oder zu bekämpfen, also eine wirksame Brücke zwischen Arzt und Publikum bilden. Das elegant ausgestattete Werkchen, welches als 10. Band den vortrefflichen „Illustrirten Gesundheitsbüchern“ eingereiht ist, giebt dem Leser ein anschauliches Bild über Formen, Ursachen, Wesen, Verhütung und Behandlung der Gicht, sowie Ent⸗ stehungsweise, Wesen, Verlauf, Vorbeugung und Heilverfahren der rheumatischen Krankheiten im Allgemeinen, sowie der rheumatischen Erkrankungen im Besonderen (Gelenkrheumatismus, Muskelrheuma⸗ tismus, rheumatische Neuralgie. Gelenkentzündung u. s. w.). Schon der Umstand, daß das Buch in kurzer Zeit zum dritten Mal erscheint, ist Beweis genug für seine Brauchbarkeit.
— Diesterweg's Populäre Himmelskunde und mathematische Geographie. Elfte Auflage. Neu bearbeitet von Dr. M. Wilhelm Meyer, Direktor der Gesellschaft „Urania“, unter Mitwirkung von Professor B. Schwalbe, Direktor des Dorotheenstädtischen Real⸗Gymnasiums zu Berlin. Mit vielen in den Text gedruckten Abbildungen, Vollbildern und Sternkarten. Vollständig in 10 Lieferungen zu je 60 ₰. Verlag von Emil Gold⸗ schmidt in Berlin. — Das oben genannte Diesterweg'sche Buch unter⸗ scheidet sich bereits in der alten Bearbeitung dadurch ganz wesentlich von allen übrigen populären Astronomien, daß es nicht nur beschreibt, sondern beweist, darstellt, nach pädagogischen Prinzipien entwickelt, sodaß aus dem Anschauen der Erscheinungen und Bewegungen am Himmel sich in logischem Aufbau ein verständliches Bild des Weltalls entfaltet. In dieser eigenartigen Darstellungsweise liegt der Hauptwerth der Diesterreg'schen Himmelskunde. Das Werk ist ein Lehrbuch nicht nür für den Schuͤler, sondern auch für den Lehrer, und nicht nur der Astronomie, sondern aller anderen Lehrzweige, nicht nur ein Schul⸗ buch allein, sondern zugleich ein Umriß der beschreibenden Himmels⸗ kunde für wißbegierige Laien jeden Alters. Was die neue Be⸗ arbeitung im Speziellen betrifft, so haben es sich die Herausgeber zur Aufgabe gemacht, nach Kräften in den Charakter des Autors einzudringen und keinen einzigen Zug desselben in seinem Werke zu verwischen, trotzdem die großartigen Fortschritte der Himmelswissenschaft eine so gründliche Ueberarbeitung nöthig machten, daß wohl kaum, mit Ausnahme der Einleitung, welche se Herausgeber ganz unverändert lassen zu müssen glaubten, ein Absatz der ffüheren Auflage ohne Aenderung in die neue Ausgabe hinüber⸗ genommen ist. Um das Buch auch äußerlich auf die Höhe der gegen⸗ wärtigen Zeit zu bringen und ganz besonders auch den beschreibenden Theil möglichst reizvoll und anziehend zu gestalten, sind dem Buch außer den in den Text gedruckten zahlreichen Abbildungen eine nicht unbeträchtliche Zahl von Beilagen, theils wissenschaftlichen, theils mehr malerischen Charakters beigegeben, welche durch die modernen
ittel der Vervielfältigungskunst in möglichst eindrucksvoller Weise ausgeführt wurden. Die Namen der beiden Bearbeiter verbürgen im Uebrigen völlig die Vortrefflichkeit der neuen Ausgabe, von der soeben die erste Lieferung erschien und durch alle Buchhandlungen zu beziehen ist.
— Von der „Karte von Central⸗Europa zur Ueber⸗
sicht der Eisenbahnen, einschließlich der projektirten Linien, der
Gewässer und hauptsächlichen Straßen“, nach amtlichen Quellen bearbeitet von W. Liebenow, Geheimen Rechnungs⸗Rath im Königlich preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Berlin 1889; Verlag, Stich und Druck des Berliner Lithographischen Instituts; Maßstab 1:1 250 000), ist soeben die einundzwanzigste bedeutend erweiterte Auflage erschienen. Außer den Eisenbahnen des Deutschen Reichs finden sich auf dieser sorgfältig gezeichneten und zuverlässigen Karte jetzt angegeben diejenigen von Oesterreich⸗Ungarn, den Niederlanden, von Luxemburg, der Schweiz, von Belgien und Frankreich. In kleinerem Rahmen ist beigegeben das Ruhr⸗Kohlenrevier im Maßstabe von 1: 300 000, das oberschlesische Berg⸗ und Hüttenrevier in dem⸗ selben Maßstabe, ferner das europäische Rußland im Maßstabe von 1:1 500 000, sodann von großen Hauptstädten Berlin, Paris und London mit ihrer Umgebung. Die Karte dürfte in der gegenwärtigen Reisezeit ganz besonders wllkommen sein.
— Das Aprilheft der von Karl Emil Franzos herausgegebenen „Deutschen Dichtung“ (Dresden, Verlag von L. Ehlermann) trägt als bildlichen Schmuck an der Spitze das Porträt des ge⸗ feierten plattdeutschen Dichters Klaus Groth, welcher kürzlich, am 24. April, seinen siebenzigsten Geburtstag feierte. Eine Charakteristik desselben giebt Alfred Biese in einem kleinen, liebevoll gehaltenen Aufsatz. Ein Autograph des Dichters ein plattdeutscher Spruch, ist gleichfalls beigegeben. Ferner ein Gedicht von ihm: „Düstern⸗ brook“. Auch Ernst Schulze, der Dichter der „bezauberten Rose“, dessen hundertjähriger Geburtstag kürzlich gefeiert wurde, wird hier nochmals, nachdem bereits früher in der vorliegenden Zeitschrift von ihm die Rede war, einer Betrachtung unterzogen, welche sich auf ungedruckte Quellen stützt. An weiterem Inhalt bringt das Heft die Fortsetzung der Novelle „Die Einwilligung“ von J. Dery, sodann ein einaktiges Lustspiel von Ludwig Fulda. Adolf Friedrich Graf von Schack ist mit einem Cyklus Gedichte, betitelt „Mysterien der Seele“ vertreten. An sonstigen Beiträgen finden sich vor: Rudolf Hamerling: „Meine Lehrer.“ — Hermann Lingg: „Süden.“ — Detlef Freiherr von Liliencron: „Schmetterlinge.“ — Karl Gottfried Ritter von Leitner: „Der Delinquent.“ — Otto Roquette und Gustav Falke: „Sprüche.“ — P. A. Willatzen: Uebersetzung des Gedichts „Herr Olof“, nach dem Schwedischen des C. D. af Wirsén. — E. Reichel: „Nachtidyll.“ — C. Hecker: „Frühlingstrost.“ — Adolf Wilbrandt: „Im Bett.“ — A. Klie: „Die Näherin.“ — R. Rübsaamen: „Sehnsucht.“ Den Beschluß machen literarische Notizen. — Das Abonnement auf die „Deutsche Dichtung“ beträgt pro Quartal (3 Hefte) 4 ℳ 1
— Die Nr. 21 Jahrgangs 1889 von „Schorer's Familien⸗ blatt“ (red. von Dr. Franz Hirsch, Berlin) hat folgenden Inhalt: Zur Geschichte der Dampfschiffe. — Hofluft. Roman von Nataly von Eschstruth. (20. Fortsetzung.) — Mein Hauptbuch. Von Adolf Brennecke. — Die erste Bowle. Gedicht von Franz Hirsch. Mit 2 Originalzeichnungen von A. Zick. — Zwei Mütter. Ein Lebensbild von Marie Martens. — Eine wehmüthige Betrachtung. Von Nataly von Eschstruth. Mit Bildniß und Autograph. — Zur Frage der Sonntagsruhe. Stimmen aus unserem Leserkreise. — Bei⸗ lagen: Plauderecke. — Kunstblätter: Maiblumen. Originalzeichnung von P. F. Messerschmitt. — Blick in die Tief⸗ n Gemälde von C. von Bergen.
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Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen
Ruß land. Zufolge Anordnung des General⸗Gouverneurs zu Odessa vom 27. AÄpril 1889 werden die Provenienzen aus sämmtlichen Häfen Brasiliens in Odessa einer Beobachtungsquarantäne unterzogen
Gewerbe und Hande
Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im Mai 1889 1 631 920 800 ℳ abgerechnet worden gegen 1 668 274 000 ℳ im April d. J. und 1 191 287 300 ℳ im Mai 1888.
— In der gewerblichen Thätigkeit des Regierungsbezirks Koblenz sind im ersten Quartal 1889 bemerkenswerthe Aenderungen nicht eingetreten. Dieselbe hat sich vielmehr in dem der Jahreszeit entsprechenden Geleise im Allgemeinen fortbewegt. Die Lage des Eisensteinbergbaues kann zur Zeit als eine befriedigende bezeichnet werden. Die im vorigen Jahre eingetretene bessere Konjunktur auf dem gesammten Gebiet der Eisenindustrie hat sich bisher als nach⸗ haltig gezeigt, und es ist somit begründete Aussicht vorhanden, daß sie vorerst auch noch weiter anhalten wird. Der große Aufschwung der gesammten gewerblichen Thätigkeit, welcher in neuerer Zeit besonders in Deutschland hervorgetreten ist, kommt der Eisenindustrie sehr zu Statten. Die Hüttenindustrie hat von dem allgemeinen wirthschaftlichen Aufschwung bis jetzt hauptsächlich den Vortheil ge⸗ habt, daß sie flott beschäftigt ist. Ihre Rentabilität ist seither noch nicht in dem entsprechenden Maße gestiegen, was hauptsächlich dadurch veranlaßt wurde, daß mit den Eisensteinen auch gleichzeitig der Koks bedeutend im Preise in die Höhe gegangen ist. Im Weinhandel zeigte das Geschäft im Inlande und auch die Ausfuhr, besonders nach den Vereinigten Staaten, erfreuliches Leben und die Nachfrage nach älteren besseren Weinen hob sich; der Mangel an Vorräthen guter, billiger Weine macht sich nach den 2 Fehljahren sehr bemerkbar, und ein er⸗ giebiger Herbst, der von Natur reife Weine brächte, wäre für den Handel sehr nöthig. 1““ “
Berlin, 1. Juni. Wochenbericht für Stärke, Stärke⸗ fabrikate und Hülsenfrüchte von Max Sabersky. Ia. Kar⸗ toffelmehl 22 ¾ — 23 ¼ ℳ, Ia. Kartoffelstärke 22 ½ — 23 ℳ, IIa. Kar⸗ toffelmehl und Stärke 21 — 22 ℳ, feuchte Kartoffelstärke loco und Parität Berlin 10,50 ℳ, gelber Syrup 25 ½ — 26 ℳ, Capillair⸗ Export 27 ½ — 28 ℳ, Capillair Syrup 26 ½ — 27 ½ ℳ, Kartoffel⸗ zucker Capillair 26 — 26 ½ ℳ, do. gelber 25 ½ ℳ, Rum⸗Couleur 37 — 40 ℳ, Bier⸗Couleur 37 — 40 ℳ, Derxtrin, gelb und weiß, la. 34 — 35 ℳ, do. sekunda 31 ½ — 32 ½ ℳ, Weizen⸗ stärke (kleinst.) 34 — 35 ℳ, Weizenstärke (großstück.) 36 — 37 ℳ, Hallesche und Schlesische 37 — 39 ℳ, Schabe⸗Stärke 33 — 34 ℳ, Mais⸗ Stärke 30 — 33 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 45 ½ — 47 ℳ, do. (Stücken) 43 — 44 ℳ, Victoria⸗Erbsen 15 — 18 ½˖ ℳ, Kocherbsen 15 — 20 ℳ, grüne Erbsen 18 — 20 ℳ, Futtererbsen 15 — 15 ½ ℳ, Leinsaat 21 ½ — 23 ℳ, Linsen, große 38 — 48 ℳ, do. mittel 26 — 38 ℳ, do. kleine 16 — 26 ℳ, gelber Senf 16 — 21 ℳ, Kümmel 44 — 48 ℳ, Mais loco 12 — 12 ½ ℳ, Buch⸗ weizen 13 ½ — 15 ℳ, inländische weiße Bohnen 21 — 23 ℳ, breite Flachbohnen 23 — 28 ℳ, ungarische Bohnen 21 — 22 ℳ, galizische und russische Bohnen 18 — 20 ℳ, Hanfkörner 16 — 18 ℳ, Leinkuchen 15 — 16 ½ ℳ, Weizenschale 10 — 10 ½ ℳ, Roggenkleie 10 — 10 ½ ℳ, Raps⸗ kuchen 14 ½ — 15 ℳ, Mohn weißer 36 — 40 ℳ, do. blauer 34 — 38 ℳ, Hirse, weiße 18 — 21 ℳ Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg. 1
— Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: Für den Betrieb der Hohöfen und somit in der Roheisenerzeugung ist der Arbeiterausstand glücklicherweise ohne störende Einwirkungen verlaufen, wenn auch in der Beschaffung des Brennmaterials man aushülfsweise sich örtlich mit anderen Kohlensorten behufs der Koksbereitung behelfen mußte und dadurch auch Mehrausgaben in den Kauf zu nehmen gezwungen war. Um künftigen Vorkommnissen vorzubeugen, ist man auf einigen Werken dazu geschritten, gewisse Vorräthe in Koks einzulagern. Die Abfuhr von Roh⸗ eisen zu den Verbrauchsstätten war eine ungestörte und verfolgen dem⸗ Emaß die Preise für Roheisen eine feste Richtung. — Auf den Eisengießereien war, wenngleich nicht in gleichmäßiger Verthei⸗ lung, volle Thätigkeit vorhanden, zumal in den leistungsfähigeren Betrieben. Dieser Zweig der Eisenindustrie konnte bei den gegen⸗ wärtigen Preisen noch nicht durchgängig zu einer gedeihlichen Ent⸗ wickelung gelangen. Andere verwandte Zweige haben bessere Erfolge zu verzeichnen. — Den Eisen⸗ und Stahlwalzwerken ist aus dem Ausstande der Kohlenbergleute nur vorübergehend eine Beschrän⸗ kung erwachsen, indem nur einzelne Puddelöfen Behufs Erzeugung
von Halbfabrikaten außer Betrieb kamen; die Fülle der vertrags⸗
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mäßigen Verbindlichkeiten erforderte die angespannte Thätigkeit aller Werksabtheilungen. Nebst Trägern und Profileisen fuͤr Bau⸗ theile, deren Erzeugung zum Theil nicht zu den innerhalb des Kartells stehenden Artikeln gehört und daher auch nicht den Preis⸗ bestimmungen desselben untersteht, waren Rund⸗ und Quadrateisen starken Kalibers in ansehnlichen Posten angefordert; für schwere Eisenbleche, dann für Oberbaumaterialien in Stahl waren laufende Bestellungen abzuarbeiten. Die Preise sind unverändert. — Auf dem Metallmarkt stiegen durch wiederholte Entnahmen von Zink und Blei die Ablieferungen in erheblichem Maße, sodaß die tonangebenden Zinkmarken ihre Preise aufrecht erhielten und theilweise Mehrpreise erzielten. Auch an Ganzerzeugnissen kamen ansehnliche Mengen zur Verladung. W. H. Ta. Zink 36,50 ℳ, Hohenlohe 35,00 ℳ, Ia. Block⸗
blei 26,00 — 26,50 ℳ
Kassel, 1. Puni. Serienziehung der Kurhessischen 40⸗Thaler⸗Loose. 106 116 213 30° 433 461 483 510 577 641 690 723 758 808 819 982 1018 1024 1088 1095 1107 1115 1367 1390 1411 1473 1582 1591 1729 1753 1790 1846 1942 1944 2023 2033 2125 2201 2214 2240 2337 2344 2351 2617 2629 2688 2691 2710 2720 2783 2915 2931 2934 2968 3041 3126 3212 3301 3316 3451 3461 3722 3774 3843 3905 4016 4021 4030 4107 4179 4204 4223 4226 4231 4233 4316 4499 4528 4756 4883 5166 5267 5305 5334 5383 5421 5431 5439 5450 5482 5533 5556 5611 5616 5624 5634 5639 5687 5777 5969 5972 6019 6084 6107 6119 6176 6187 6292 6307 6322 6329 6363 6488 6497 6531 6577 6612 6617 6625 6675 6705.
Karlsruhe, 1. Juni. Gewinnziehung der Badischen 100⸗Thaler⸗Loose. 120 000 ℳ auf Nr. 72352. 24 000 ℳ auf Nr. 35064, 12 000 ℳ auf Nr. 16087, 4800 ℳ auf Nr. 74257, je 2400 ℳ auf Nr. 35090 39113, je 600 ℳ auf Nr. 15489 24907 1“ 51853 59809 75506 75531 81588 93595 96437 108300 119 .
Hamburg, 1. Juni. Serienziehung der Köln⸗Mindener Loose. 1375 1402 1947 3388.
Wien, 1. Juni. Serienziehung der 1864er Loose. 507 795 899 991 1376 1459 1535 1589 1666 1689 1951 2153 2202 2373 2846 3314 3415 3517 3569 3611 3768. Haupttreffer Nr. 47 Ser. 848, 20 000 Fl. Nr. 75 Ser. 2046, 10 000 Fl. Nr. 64 Ser. 65. je 5000 Fl. Nr. 90 Ser. 3071, Nr. 74 Ser. 3895.
Wien, 1. Juni. (W. T. B.) Der heutige Tag verlief im Kladnoer Strikegebiet ganz ruhig. Die gestern vom Statt⸗ halter empfangene Arbeiterdeputation hat für morgen die Wieder⸗ aufnahme der Arbeit zugesagt.
London, 3. Juni. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 25. bis zum 31. Mai: englischer Weizen 3627, fremder 53 787, englische Gerste 833, fremde 13 771, englische Malzgerste 18 563 fremde —, englischer Hafer 105, fremder 61 931 Qrts Englisches Mehl 16 764, fremdes 46 785 Sack und 202 Faß. (Glasgow, 1. Junt. (W. . B.) e Roheisen in den Stores belaufen sich auf 1 028 493 Tons gegen 988 100 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 82 gegen 87 im vorigen Jahre.
Bern, 1. Juni. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Aktionäre der Jura⸗Bern⸗Eisenbahn genehmigte die Jahres⸗ rechnung für 1888 und beschloß die Auszahlung einer Dividende
von 4 %. Washington, 1. Juni. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat Mai um 8 702 877 sich ult. Mai
Doll. abgenommen; im Staatsschatz befanden (New⸗York. Hdls.⸗Ztg.) Ueberblicken
629 169 888 Doll. New⸗York, 24. Mai. wir die finanzielle Lage der Vereinigten Staaten, so ist zu konsta⸗ tiren, daß dieselbe, soweit wenigstens das legitime Geschäft in Betracht kommt, im Augenblick eine im großen Ganzen recht günstige ist. Die Anforderungen, welche das legitime Frühjahrsgeschäft an den Geldmarkt gestellt, sind ohne irgend welche Störung für denselben vorübergegangen; dasselbe war der Fall mit den Avpril⸗ und Mai⸗Liquidationen, und die augenblickliche Geldeirkulation in der Union ist eine größere und besser vertheilte als jemals zuvor. Bis zu der Zeit, wo das Kerbstgeschäft wieder in seine Rechte tritt und die Manipulirung der Ernten in größerem Maße vor sich geht, ist aller Voraussicht nach die Gefahr einer Geld⸗ knappheit ausgeschlossen, und selbst die Thatsache, daß Gold während der letzten Zeit in größeren Beträgen außer Landes gegangen ist und vielleicht noch weiter, und zwar in ansehnlichen Quantitäten, exportirt werden dürfte, hat das Vertrauen des Publikums die augenblickliche Situation, immer soweit das legitime Geschäft in Betracht kommt, nicht erschüttert; die Geschäftswelt sieht vielmehr, den an uns sowohl vom hiesigen Platze als auch aus den großen Handels⸗ und Distributions⸗Centren des Inlandes gelangten Berichten zufolge, in dieser Hinsicht der Zukunft mit Vertrauen entgegen. — Etwas Anderes ist es allerdings, ob nicht die spekulative Seite des Geschäfts hier und da zu Bedenken Anlaß giebt. Die Geldeirkulation in der Union ist, wie bereits erwähnt, augenblicklich eine außergewöhnlich große; die Ernte⸗Aus⸗ sichten sind sehr vielversprechend, und auch die Situation in unserem Eisenbahawesen hat sich insofern gebessert, als die Transportraten auf einer stabileren Basis ruhen, lauter Momente, die selbstverständlich die Spekulation, bei Beurtheilung der Geschäftslage, nicht außer Acht läßt. Zu vergessen ist ferner nicht, daß auch in Europa Geld ungemein flüssig ist, daß man uns wirklich gute Sekuritäten gern abnimmt, daß also die Spekulation, wenn sie wirklich Ausschreitungen beabsichtigt, sozusagen Entschuldigungsgründe genug hat. — Der Geldmarkt ist auch in dieser Berichtswoche sehr flüssig geblieben. Ohne daß das Geschäft ein besonders aktives gewesen wäre, haben sich die Noti⸗ rungen am Wechselmarkt recht stetig behauptet. Die Ansicht, daß der Goldexport in diesem Monate ein ziemlich bedeutender werden würde, bewahrheitet sich; in dieser Woche hat wiederum ein recht ansehnlicher Goldexvort stattgefunden. Insgesammt wurden für morgen hier abgehende Dampfer zur Verschiffung nach Europa 3 600 000 Doll. Gold angemeldet. Der heutige Betrag bringt den diesjährigen Goldexport des hiesigen Hafens auf 13 359 000 Doll. New⸗York, 1. Juni (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 10 029 763 Dollars, gegen 7 030 012 Doll. in der Vorwoche; davon für Stoffe 2 171 984 Doll., gegen 1 327 886 Doll. in der Vorwoche. 84
Verkehrs⸗Anstalten.
Wiederholt haben wir auf den erstaunlichen Aufschwung des Fernsprechers in Deutschland hingewiesen. Ganz Frankreich besitzt noch nicht so viele Fernsprech⸗Theilnehmer als Berlin allein. In Frankreich (Paris, Bordeaux, Havre, Lille, Marseille, Lyon, Nantes, Amiens, Nizza, Nancy u. s. w.) zusammen 10 757 Theil⸗ nehmer, in Berlin allein 11000; in Deutschland 33 000. Bekanntlich hatten in Frankreich zuerst Privatgesellschaften das Fern⸗ sprechwesen in die Hand genommen, in Deutschland von Anfang an die Reichsverwaltung. In Paris zahlt man jährlich 600 Fr. = 480 ℳ für den Anschluß, in Berlin 150 ℳ Diese Zahlen bedürfen keiner weiteren Erläuterung. In England liegen die Verhältnisse nicht viel anders als in Frankreich, aus denselben Gründen.
Danzig, 2. Juni. (W. T. B.) Das hiesige Betriebsamt macht bekannt: Die Strecke Horn —Groß⸗Gemmern. ist seit heute Nachmittag wieder betriebsfähig. 3
Hamburg, 1. Juni. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Nachmittag auf der Elbe angekommen. 1
— 1. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gothia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesell⸗ schaft ist, von Hamburg kommend, heute Morgen in Balti⸗ more eingetroffen. 8 8
— 2. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer „Saxonia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesell
schaft hat, von Westindien kommend, heute Lizard passirt, und die
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