porationsstraßen in der Finanzperiode 1889/91 Berathung ge⸗ pflogen. In der Begründung dieser Exigenz ist ausgeführt, daß, wie in anderen deutschen Staaten, so auch in Württem⸗ berg, gegenüber der außergewöhnlichen Steigerung der Lasten der Kommunalverbände, das Bedürsniß einer finanziellen Erleichterung dieser Verbände hervorgetreten sei. Die Regierung schlägt nun vor, da der gegenwärtige ver⸗ hältnißmäßig günstige Stand des Staatshaushalts es möglich mache, den Korporationen für jedes der Etatsjahre 1889/90 und 1890/91 einen Staatsbeitrag von 1 Million Mark zu den Kosten der jenem obliegenden Unter⸗ haltung der Straßen, insbesondere der Nachbarschaftsstraßen, zu gewähren. Die Gesammtlänge der letzteren betrage 15 817 km, deren jährlicher Unterhaltungsaufwand sei auf 2 614 000 ℳ zu berechnen. Der Kommissionsantrag geht dahin, den exigirten Betrag für Staatsbeiträge zur Unter⸗ haltung der Korporationsstraßen und Etterstaatsstraßen zu enehmigen und die Voraussetzung auszusprechen, daß bei erwendung der bewilligten Mittel nach den von der Kom⸗ mission aufgestellten Grundsätzen verfahren werde. Diese gehen im Wesentlichen dahin, daß die Korporationen die thatsächlichen Aufwendungen in der Finanzperiode zu liquidiren haben, und daß dem Ministerium zusteht, zunächst den 11 größeren Städten des Landes ihren Antheil an dem Staatsbeitrage FI“ sodann den Rest des Staatsbeitrags unter die ü rigen Kor⸗ porationen nach Verhöltniß ihres Aufwands zu vertheilen. Ferner geht der Kommissionsantrag dahin, die Regierung zu ersuchen, den Entwurf eines neuen Straßengesetzes in thun⸗ lichster Bälde ausarbeiten und den Landständen zugehen zu lassen. — Freiherr von Wöllwarth beantragt: nicht die künftigen in 1889/91 gemachten Aufwendungen, sondern die in der Zeit von 1885/88 gemachten als Maßstab für die Vertheilung der Staatsbeiträge gelten zu lassen. — Probst ist gegen die Exigenz wegen des Standpunkts, den er zur Staatsschuld einnehme. Bei über 9 Millionen Mark Ueberschüssen und der Höhe der Staatsschuld sollte mehr zu deren Tilgung verwendet werden. Die verlangten Aufwendungen für Straßen seien nicht so dringend. — Der Staats⸗Minister des Innern, von Schmid, wendet sich Begen die Ausführungen Probst's. Derselbe würde doch woh nicht bestreiten wollen, daß eine Nothlage der Gemeinden vorliege. Insbesondere bei den Wahlen sei diese Nothlage zum prägnantesten Aus⸗ druck gekommen, und werde wohl keiner der Abgeordneten⸗ kandidaten damals gewesen sein, der nicht ausdrück⸗ lich die Erleichterung der Gemeinden auf sein Wahl⸗ programm geschrieben habe. Wenn nun die Regierung dem Bedürfniß mit einer Vorlage entgegenkomme, wenn sie dem Nothruf sich füge, könne doch der Vorredner nicht sagen, es ist kein dringendes Bedürfniß dafür da. Die Korporations⸗ umlagen seien seit 1843 von 3 Millionen Mark auf 14,3 Millionen Mark gestiegen und ruhen, da 303 Gemeinden keine Umlagen haben, auf den Schultern der übrigen 1600 Gemeinden. Der größte Theil dieser Umlagen sei nöthig zur Bestreitung der Schul⸗, Armen⸗ und Straßenlasten. Was die Staatsschuld betrifft, so bemerkt der Staats⸗Minister, daß solche aus 44 Millionen allgemeiner Staats⸗ schuld und gegen 400 Millionen Eisenbahnschuld bestehe. um Bau der Eisenbahnen habe die gegenwärtige Generation 00 Millionen und in den letzten 10 Jahren 17 Millionen zur Verzinsung der Eisenbahnschuld aufgebracht. Es sei daher nicht zu viel verlangt, wenn künftigen Generationen auch ihr Theil zum Mittragen dieser Last anheimgegeben werde. Die Frage sei die: Behandeln wir nach Maßgabe unserer Verhältnisse, unseres Kredits, unseres Bedürfnisses, unserer Finanzen unfere Schulden, thun wir so viel, als von uns gefordert werden kann? Hierauf habe kürzlich der Herr Finanz⸗Minister die entscheidende Antwort gegeben. Er erinnere endlich auch an den Zusammenhang unseres Landes mit dem Deutschen Reich als Glied des⸗ selben. Wenn wir in normalen, friedlich geordneten Zeiten uns befinden, dann genirt uns diese Staatsschuld wenig, so⸗ fern wir nur eine regelmäßige Amortisation vollziehen. Das beweist der Kredit des württembergischen Staats, der Cours⸗ stand seiner Obligationen. Wenn aber große oder gar inter⸗ nationale Komplikationen eintreten, dann hängt der Kredit des württembergischen Staats nicht mehr mit seiner eigenen Umangeagrung zusammen, sondern mit den Geschicken des Deutschen Reichs, und dann wird es von keinem Einfluß sein, ob eine Million oder zwei in dieser Etatsperiode mehr ab⸗ bezahlt werden oder nicht. — Aldinger und Zipperlen bringen die Aufhebung des Pflastergeldes, namentlich in Stuttgart, in — Dr. Göz verwahrt sich dagegen, daß die Be⸗ denken, die er bei der Generaldebatte gegen diese Vorlage er⸗ hoben habe, im Widerspruch stehen mit dem Wahlaufruf der deutschen Partei. Dieser Wahlaufruf he lhhe eine dauernde Entlastung der Gemeinden, eine dauernde Betheiligung des Staats an den Lasten der Gemeinden. Mit solchen Gra⸗ tialien, wie sie die Vorlage geben wolle, würde der Bettel im Verkehr mit den Behörden legalisirt, die Autonomie der Gemeinden untergraben, das Selbständigkeitsgefühl der Gemeinden erstickt. Nach den Aufklärungen des Staats⸗Ministers des Innern, wonach der Staat in dauernder Weise an den Straßenunterhaltungskosten der Gemeinden theilnehmen wolle und die Erlassung eines Straßengesetzes in Aussicht gestellt sei, erscheine die Frage nunmehr in Gegsereg Lichte. Was die Verhältnisse der größeren Städte betreffe, so bemerke er, daß Stuttgart einen Straßen⸗Etat von 950 000 ℳ habe. Aus dem Pflaster⸗ eld ziehe Stuttgart eine Einnahme von 25000 ℳ Ein⸗ ach streichen könne man diese Einrichtung nicht; es werde eine Ablösung stattzufinden 8 Der Staats⸗ Minister des Innern erwidert, daß es sich nicht um eine Art von Gratialsystem handle; Staat und Ge⸗ meinde stehen bezüglich ihrer Aufgaben in einer solchen organischen Verbindung, daß dieser Gedanke keinen berechtigten Raum habe. Er habe von Anfang an betont, daß es sich bei der Vorlage nicht um eine einmalige Gabe an die Gemeinden handle, sondern daß diese Beiträge auch für die Zukunft ge⸗ leistet werden sollen, soweit es die Finanzlage des Staats zulasse. Auch aus der Königlichen Thronrede gehe dies hervor. Es sei ihm erwünscht, in den Kommissionsanträgen gewisse Direktiven zu erhalten; es sei eine ungleich richtigere Stellung für den verantwortlichen Minister, wenn objektive Grundsätze für die Vertheilung bestehen. Was die Beseitigung des Pflaster⸗ geldes in Stuttgart betreffe, so werde nichts Anderes übrig bleiben, als der Weg der Ablösung. Als Ablösungpflichtiger werde eben der Staat wisttigten 88ba — Bei der Abstim⸗
mung wurde der Kommissionsantrag mit der vom Freiherrn
von Wöllwarth beantragten Aenderung mit großer Mehrheit angenommen. 8 1“
11u1“]
Coburg, 1. Juni. (Goth. Ztg.) Freitag Nachmittag aus troffen, wohin der Herzog⸗
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Ihre Hoheit die Herzogin ist a dizza in Schloß Callenberg einget! liche Hof an demselben Tage übergesiedelt war.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Juni. (Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bl.) ürstin hat sich auf einige adekur nach dem Taunus begeben.
Sondershausen, oheit die regierende rauch einer
Wochen zum Geb
(W. T. B.) heutigen Berathung des äußerste Linke in irksamkeit des Minister⸗
beantragte die Ablehnung des welcher den Minister⸗Präsidenten Ordnung gerufen. stürmischem Beifall der der Linken die Vorwürfe der
daß er in den wirth⸗ ch nichts gebessert habe. der Minister⸗Präsident:
möglich geschaffen 1 1 der Modalitäten und des Zeit⸗
wietracht unter den fried⸗ ndes stiften könnte. cht zu einer Zeit zur Lösung welche die herr⸗
Niederlage dieser Prinzipien Tisza berief sich schließlich auf heit des Landes: er erwarte, das Thätigkeit werde dieselbe recht⸗ Vaterlande und der Nation. lcher die Aufgabe, die er die schwierigste und
Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 3. Juni. m Unterhause kritisirte bei der Finanzgesetzes für 1889 die abfälliger Weise die 15 jährig Präsidenten von Tisza und Budgets. Der Abg. Karolyi, einen Verräther nannte, wurde zur Minister⸗Präsident wies unte Rechten sowie häufigem Widerspruch Oppositionspartei zurück, namentlich, schaftlichen Verhältnissen zu Oest Betreffs der Civilehe erklärte dieselbe werde sobald als er wünsche bei der Wah punktes Alles zu vermeiden, was lich lebenden Konfessionen des La haupt dürften große Prinzipien ni gebracht werden, in welcher die schende Strömung kenne, die
befürchten müßte. das Urtheil der großen Mehr künftige Urtheil über seine
fertigen als eine solche, welche dem zum Wohle gereicht habe, und in we in der letzten Zeit zu erfüllen gehabt, — kummervollste gewesen, nämlich den Parlamentarismus gegen die innere Gährung zu schützen. 8
(W. T. B.) Bei dem gestrigen Banket der liberalen Partei zu Ehren des Minister⸗Präsidenten Gegenstand Der Präsident der Partei, Baron Podma⸗ die Abgg. Jokay und Csernatony, sowie Dedovics, Namens der kroatischen Abgeordneten, welcher in seinem Trinkspru daß diejenigen sich täuschten, zu gelangen, Destruktive Tendenzen,
Regierung,
— 4. Juni.
begeisterter Ovationen
toasteten auf Tisza, ch auf die liberale Partei erklärte, welche glaubten, selbst zur Macht entfernt haben. welche unter dem Deckmantel des Radikalismus die Reaktion einschmuggeln möchten, um später mit der Reaktion im Interesse des Radikalismus und der Störung der Ordnung sich zu verbinden, würden, so lange die liberale Partei bestehe, nie zur Macht gelangen.
(W. T. B.) Das Unterhaus nahm mit überwiegender Majorität das Budgetgesetz an.
sobald sie
Großbritannien und Irland. London, 3. Juni. In der heutigen Sitzung des Oberhauses er⸗ lärte Lord Knutsford die Regierung habe den Rücktritt von Sir Hercules Robinson angenommen. der Lösung der in Süd⸗Afrika aufgetauchten wünsche die Regierung die Aufrechterhaltung der von gesicherten herzlichen Beziehungen mit Süd⸗Afrika und dem Orange⸗Freistaat.
Das Unterhaus beschloß die erste Lesung von vier Regierungsbills, die Irrigation gewisser Distrikte land aus Staatsmitteln bis zur Höhe von 400 000 Der Staatssekretär für Irland, Balfour, beantragte die erste Lesung einer Bill zur Anlage von Eisenbahnen in Irland, 600 000 Pfd. Davon sollen jährlich 20 000 Pfd. Sterl. verausgabt werden, doch müssen die betreffenden kosten garantiren.
Bezüglich
Pfd. Sterl. betreffend. für deren Regierung ausgesetzt Lokalitäten die Betriebs⸗ Die erste Lesung dieser Bill wurde hierauf einstimmig angenommen. — Sodann nahm das Unterhaus die zweite Lesung der Bill, betreffend die Errichtung eines Ackerbau⸗Ministeriums, an. soll ähnlich derjenigen des Handels⸗Ministeriums sein. Der Vorsitzende wird verantwortlicher Minister im Parlament.
Frankreich. Paris, 3. Juni. heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erwiderte auf eine Anfrage des Deputirten Dreyfuß, betreffend den den serbischen Eisenbahnen, der Minister des Auswärtigen, Spuller, zösische Gesandte intervenirt
Die Organisation desselben
(W. T. B.) In der
Zwischenfall daß der fran⸗ Patrimonio, halbamtlich vornherein 5 auch wirksam Die serbische Regierung habe jedoch die Verwaltung der Eisenbahnen am Sonnabend übernommen. Gesandte in Paris habe ihm heute Morgen erklärt, daß seine Regierung sich gegenüber Thatsachen befunden habe, welche als Zuwiderhandlungen gegen das Eisenbahngesetz angesehen Wenn indessen derarti vorgekommen seien, so hätte die Eisen benachrichtigt
Postwege;
und man Vermittelung
Der serbische
werden müßten. e Zuwiderhandlungen
ahngesellschaft davon
Mittheilungen ebenso sehe rung solchen Berichten entgegen. serbische Gesandte wohl dieselbe die Verwaltung der Eisenbahnen nunmehr selbst übernommen habe, doch die Absicht hege, die Interessen der französischen Gesellschaft zu berücksichtigen. Man könne nur von dieser Erklärung Akt nehmen und die weiteren Folgen abwarten. Die Angelegenheit befinde sich diplomatischer Erörterung. Nachdem Drey uß noch die Frage einer sorgfältigen und energischen Behandlung Seitens der Regierung empfohlen, war die Anfrage erledigt.
W. T. B.) Der Präsident Carnot traf heute Vormittag hier ein und wurde am Bahnhofe von dem Marine⸗Minister Admiral Krantz, dem Commandeur des Nordseegeschwaders, Admiral Boissondy, sowie den Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörden empfangen. Der englische Konsul gab im Namen des Konsular⸗Corps der Hoffnung Ausdruck, daß der neue Hafen von Calais die Beziehungen zwischen Frankreich und dem Auslande erleichtern werde. gegebenen Banket
Angelegenheit französische Regie⸗ Im Uebrigen habe der Regierung,
etzt auf dem Wege
Calais, 3. J
ihm zu Ehren Rede sagte der Präsident Carnot, nachdem er die Vorzüglichkeit der Hafenarbeiten die Republik habe das Recht, auf Die Unglückspropheten,
gehaltenen
hervorgehoben
welche die republikanische Regierung anklagten, das Vermögen des Staates verschleudert zu haben, würden nicht verhindern daß der Hafen von Calais eins der Kleinode unseres maritimen Besitzthums sein werde.
talien. Rom, 3. Juni. (W. T. B.) Der König wird sich morgen nach Neapel begeben. — Der Minister⸗ Präsident Crispi hat der Kammer die auf die Angelegen⸗ heit des Konsuls von Triest bezüglichen Aktenstüͤcke unterbreitet. — In der gestrigen Sitzung der General— Budgetkommission erklärten 17 Mitglieder, darunter auch Luzzatti, anläßlich des am Sonnabend stattgefundenen Zwischenfalls ihren Austritt. Die Kommission beschloß daß der Berichterstatter des Arbeitsbudgets der Kammer bis zur Erledigung des Arbeitsbudgets zur Disposition bleiben solle. Der Beschluß wird heute der Kammer zur Kenntnißnahme unterbreitet werden.
— 3. Juni. (W. T. B.) Der Präsident theilte der Deputirtenkammer heute die von 17 Mitgliedern der Budgetkommission gegebene Demission mit. Nach längerer Debatte, an welcher sich auch der Minister⸗Präsident Crispi betheiligte, wurde die Demission angenommen und auf Antrag Crispi's beschlossen, am Mittwoch die Ergän⸗ zungswahlen vorzunehmen.
Belgien. Brüssel, 3. Juni. (W. T. B.) Bei der heute stattgehabten Ersatzwahl zur Repräsentanten⸗ kammer an Stelle eines verstorbenen, der katholischen Partei angehörenden Deputirten erhielt von den drei zur Wahl ge⸗ stellten Kandidaten — Debecker (Katholik), Janson (Pro⸗ gressist) und Graux (gemäßigter Liberaler) — keiner die erforderliche Majorität. Es hat zwischen Debecker und Janson eine Stichwahl tant ufinden.
— 3. Juni. (W. T. B.) Die definitiven Zahlen der bei der heutigen Wahl abgegebenen Stimmen sind fol⸗ gende: Es erhielten Debecker (Katholik) 6410, Janson (Pro⸗ gressist) 4818 und Graux (gemäßigter Liberaler) 4201. Nach Verkündigung des Wahlergebnisses in der „Liberalen Vereinigung“ (Progressisien) begab sich Janson in das Lokal der „Liberalen Liga“ (gemäßigte Liberale), auf deren Kandidaten die wenigsten Stimmen gefallen waren. Grauvx forderte selbst unter dem Beifall seiner Freunde auf, bei der Stichwahl ihre Stimmen auf Janson zu ver⸗ einigen, um den katholischen Kandidaten zu besiegen. Janson gab sodann der Hoffnung Ausdruck, daß diese Abstimmung zum Ausgangspunkt einer Einigung der beiden liberalen Frak⸗ tionen auf ein gemeinsames Programm werden möge.
Rumänien. Bukarest, 3. Juni. (W. T. B.) Die Kammer hat das gegen den Minister der Finanzen, Ver⸗ nescu, beantragte Tadelsvotum mit 77 gegen 65 Stimmen verworfen.
Serbien. Belgrad, 3. Juni. (W. T. B.) Die „Pol. Corresp.“ veröffentlicht ein Lirkular des Ministers des Aeußern, Gruics, vom 1. d. M., in welchem den Vertretern von Serbien im Auslande mitgetheilt wird, daß in Folge der vom Ministerrath gefaßten und vom Bauten⸗Minister angeordneten allgemeinen Untersuchung bezüg⸗ lich der serbischen Bahnen letztere mit dem 2. d. M. in Staatsbetrieb übernommen worden sind; ferner ein zweites Cirkular des Ministers vom 2. d. M., worin derselbe er⸗ klärt, daß durch die Aufhebung des Betriebsvertrages die vom Staate beim Bahnbau übernommenen Verbindlich⸗ keiten in keiner Weise geschmälert würden. — In dem amtlichen Motivenbericht konstatirt der Kom⸗ munikations⸗Minister zahlreiche Veragsbrüche von Seiten der französischen Gesellschaft und eine lange Reihe die Interessen des Publikums und die öffentliche Sicherheit gefährdender Unregelmäßig⸗ keiten und Mißbräuche. — Die Uebergabe der Kanzleien und Archive sowie des rollenden und sonstigen Materials an die von der Regierung eingesetzte Kom⸗ mission fand gestern und heute in der vollsten Ordnung statt, — Die Lösung des Vertrages berühre selbstverständlich in keiner Weise die von der Regierung kontrahirte Eisenbahn⸗An⸗ leihe. Die Regierung hoffe in Zukunft die von ihr übernommenen Verpflichtungen leichter erfüllen zu können, da der staatliche Betrieb dem Staatsschatz beträchtlich zu Statten kommen werde. — Die „Politische Correspondenz“ meldet weiter, daß König Milan heute oder morgen in Konstantinopel. e vessen und sich dann, nach einem mehrtägigen Aufenthalt in Belgrad, nach Paris begeben werde.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 31. Mai. Der neu ernannte spanische Gesandteam hiesigen Königlichen Hofe, Diosdado y Castillo, überreichte vorgestern dem König seine Kreditive. — Der Staatsrath und Chef des Justiz⸗Departements, Oerbom, ist gestern, 53 Jahre alt, gestorben. Die Leitung des Justiz⸗Departements ist dem Staatsrath Akerhielm übertragen worden. — Der Dozent an der Universität Upsala, E. W. Sahlin, hat von dem Kultus⸗Departement den Auftrag erhalten, bei Unterrichtsanstalten in Deutschland die theoretische Pädagogik sowie die praktische Ausbildung der ihr Prüfungs⸗ jahr absolvirenden Schulamts⸗Kandidaten eingehend zu stu⸗ diren. — Das von der Regierung niedergesetzte Zoll⸗ Comité 1c- alle Fabrikanten⸗ und Handwerker⸗ vereine, Gewerbetreibende u. s. w., welche Anträge be⸗ züglich der Bestimmungen des Zolltarifs zu stellen haben, deren Geltung nach Ablauf der jetzt bestehenden Handels⸗ traktate gewünscht wird, durch Cirkular aufgefordert, solche Anträge unter Anführung der hauptsächlichsten Gründe vor dem 15. September dem Comité zuzustellen.
Zeitungsstimmen.
In derẽ „Gothaischen Zeitung“ lesen wir:
Mit der Beendigung des Kampfes der Meinungen über die gesetzgeberische Ausgestaltung der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung, welche mit der Annahme der Gesetzvorlage durch den Reichstag als erfolgt gelten darf, ist die Arbeit an der Sache keineswegs zu Ende. geführt, im Gegentheil, diese Arbeit wird nunmehr von wesentlich weiteren Kreifen getragen werden müssen, als es bisher der Fall war⸗ wo nur die an der Gesetzgebung betheiligten Faktoren und die dieselbe vorbereitenden Instanzen in Frage kamen. 8
In seinen an die Verlesung der die Reichstagstession schließenden Kaiserlichen Botschaft anknüpfenden Worten hat der Hr. Staats⸗ sekretär von Boetticher rühmend der lebhaften und opferfreudigen Theilnahme der Mitglieder des Reichstages zur Förderung diesen Gesetzgebungswerkes gedacht, welches, so viel auch um seine Gestaltung gestritten worden, dennoch in seinen für die Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen gerichteten Zielen die Zustimmung der Ver⸗ treter der Nation in seltenem Grade gefunden habe. 8
Wer an die erste Lesung der Vorlage zurückdenkt, wird finden, daß deren Ziel von keiner Seite verworfen wurde. Die Sozialreform hat zu käcßs Sympathien in den weitesten Kreisen der Bevölkerung cfunden, als daß selbst Diejenigen, welche von vornherein aus den 8 dieser Stelle bereits erörterten Motiven zur Ablehnung der Vor⸗ lage entschlossen waren, sich gegen deren Ziele hätten erklären sollen.
Der angestrengten Arbeit im Plenum und in der Kommission, einer Arbeit, an welcher die Vertreter der verbündeten Regierungen nicht den kleinsten Antheil trugen, ist es zu danken gewesen, daß trotz Uler jener Bedenken, welche den zur Erreichung des gebilligten Zieles vorgeschlagenen Maßnahmen entgegengestellt worden, eine Fassung ge⸗ funden wurde, welche, den berechtigten Bedenken Rechnung tragend, erhoffen läßt, daß sie geeignet sein wird, das gesetzgeberische Ziel zu dhe geten es aber jetzt gelten wird, der Arbeit der Organisation näher zu treten, wenn die Vertretungen der kommunalen Verbände, die Vorstände und Organe der zu errichtenden Versicherungsanstalten, nicht zum mindesten aber die in die Ehrenämter der Organisation be⸗ rufenen Arbeitgeber und Versicherten eine umfangreiche und mühevolle Thätigkeit zu entwickeln haben werden, damit die gewollte und beschlossene Sozialfürsorge wirksam werden kann, so durfte allerdings Hr. von Boetticher sich darauf berufen, wie die fast einstimmige Zustim⸗ mung der Vertreter der Nation zu den Zielen des Gesetzes eine Ge⸗ währ dafür biete, daß die noch ungehobenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzes bei der Durchführung desselben zurück⸗ treten, und daß alle hierbei betheiligten Volkskreise gern und ver⸗ ständnißvoll dazu mitwirken werden, daß der angestrebte Erfolg in möglichst weitem Umfange erreicht werde.
Die nun beginnende Arbeit ist eine andere als die hinter uns liegende. Bisher galt es, auf einem ganz neuen, von keiner Nation bisher gesetzgeberisch betretenen Gebiet Mittel und Wege durch theoretische Erörterung zu finden, welche den angestrebten Zweck zu erreichen gestatten würden. Nunmehr wird es gelten, die gesetzlich festgestellten Mittel und Wege ins praktische Leben einzuführen, wofür vor allem erforderlich sein wird, daß alle betheiligten Kreise sich rück⸗ haltlos auf den Boden der in dem Gesetze gegebenen Thatsachen stelen, von den noch verbliebenen Differenzpunkten zunächst obsehen und bona fide die gegebenen Bestimmungen ausführen.
Wenn Hr. von Boetticher beauftragt war, dem Reichstage für seine Mitarbeit den warmen Dank des Kaisers und die volle An⸗ erkennung der verbündeten Regierungen für treue und mühevolle Mit⸗ wirkung bei der Herstellung des vaterländischen Werks auszusprechen, so wird der Dank und die Anerkennung von diesen hohen Stellen wie nicht minder vom deurschen Volk denen sicher sein, welche den nun beginnenden, umfangreicheren und oft gewiß schwierigeren Theil der Arbeit an dieser Sozialfürsorge für die Arbeiter zu leisten haben werden.
— Unter der Ueberschrift „Eine Lehre aus den letzten Arbeiterausständen“ schreibt die „Leipziger Zeitung“:
So verschiedenartig die Folgerungen sind, welche die Presse je nach dem Parteistandpunkt aus dem in Deutschland nun beendigten Ausstande der Bergarbeiter herleitet — eine Wahrnehmung drängt sich mit aller Entschiedenheit auf: Ueberall da, wo staatliche Be⸗ hörden vermittelnd eingeschritten sind, ist der Ausstand am schnellsten und für beide Theile am befriedigendsten verlaufen; überall da, wo diese Vermittelung fehlte, ist er dagegen nur langsam, nur nach völliger Entkräftung des schwächeren Theils, und nicht ohne den Stachel gegen⸗ seitiger Verbitterung zurückzulassen, zu Ende gegangen.
Alle Zeichen sprachen zu Anfang der Bewegung für den umge⸗ kehrten Verlauf. Die ruhige, besonnene Art, wie die rheinisch⸗ westfälischen Arbeiter ihre Forderungen formulirten, der Ausdruck höchsten Vertrauens, das sie dem Träger der Krone entgegenbrachten, hatte ihnen überall Sympathien erworben. Umgekehrt überschritten die Forderungen, mit denen unsere erzgebirgischen Arbeiter zu Anfang der Bewegung hervortraten, und nicht minder die Sprache, in welche sie dieselben einkleideten, so sehr alles verständige Maß, daß die Theilnahme, auf welche jedes berechtigte Streben der Arbeiter nach Verbesserung ihrer Lage bei der Bevölkerung rechnen darf, dadurch wesentlich beeinträchtigt wurde.
Aber schon nach wenigen Tagen war die Sachlage die entgegen⸗ gesetzte. Während die rheinischen Behörden in auffallender Passivität verharrten und die Parteien sich lediglich selbst überließen, über⸗ nahmen die sächsischen Behörden von Anbeginn die Vermittelung; daß sie dieselbe mit ebenso viel Takt wie Wohlwollen, mit strengster Unparteilichkeit geführt, wird ihnen allseitig bezeugt. Die Folge war, daß in Rheinland⸗Westfalen, wo die Verhandlung durch das Wort des Kaisers so glücklich angebahnt war, sich Mißverständnisse, deren Aufklärung und Beseitigung einem unbetheiligten Dritten nicht schwer gewesen wäre, auf Mißverständnisse thürmten und die Lage sich immer bedrohlicher gestaltete, während in Sachsen unter der vermittelnden Thätigkeit der Behörden Maß und Besonnenheit auch bei den Arbeitern in kurzer Zeit das Uebergewicht gewannen und die Verhandlungen in wenigen Tagen zu einem Ergebniß gediehen, das allen billigen Wünschen der Arbeiter wie der Lage des Industrie⸗ zweiges und der Arbeitgeber gerecht ward. Von einer Mißstimmung, wie 8 dort unter der Asche noch fortglimmt, ist hier nichts zu hören gewesen
Wir meinen, die Lehre des von den sächsischen Behörden ge⸗ gebenen Beispiels sollte der Arbeiterbewegung auch in anderen Theilen des Reichs und auf anderen Arbeitsgebieten nicht verloren sein. Denn offenbar ist es nichts Zufälliges, kein Einfall des Augenblicks, sondern ein fruchtbarer, aus der Geschichte der deutschen Arbeiter⸗ bewegung heraus geborener und, wie uns scheint, in hohem Grade entwickelungsfähiger Gedanke, der dem Vorgehen der sächsischen Be⸗ hörden zu Grunde liegt. Nach wie por müssen die Freunde be⸗ rufsgenossenschaftlicher Entwickelung ja wünschen, daß die großen Organisationen, die sich schon jetzt auf die Gemeinschaftlichkeit des Berufs gründen, die Fachvereine auf der Seite der Arbeiter, die Kar⸗ telle, Berufsgenossenschaften und Innungen auf der Seite der Arbeit⸗ geber, statt sich zu bekämpfen, auf Grund der Berufsgemeinschaft zu einer Organisation gelangen, die, wenn auch nicht zur Verschmelzung, so doch zur Möglichkeit der gegenseitigen Verständigung von Fall zu Fall führt. Zur Zeit sind wir aber von dieser Lösung der Frage weiter denn je entfernt. Wie wir noch Anfangs April dieses Jahres in einem Artikel über Schiedsämter ausgeführt haben, zeigt der gegenwärtige Gang unserer berufsgenossenschaftlichen Entwickelung eher alles Andere, als die Neizung, das vermittelnde Organ, das überall gesucht und immer dringenderes Bedürfniß wird, aus sich selbst heraus zu entwickeln. Aus freien Stücken, und ohne jeden Druck von oben haben dagegen die sächsischen Bergarbeiter die Vermittelung der Behörde angenommen und erbeten. Aus den Bedürfnissen der Praxis heraus scheint daher auch hier die Lösung, die zur Zeit die allein mögliche ist, sich anzubahnen: die Vermittelung durch staatliche Organe. Allen Einzelinteressen in gleicher Weise übergeordnet und mit wohlmeinender Fürsorge sie Alle umfassend, ist ja der Staat zu dieser natürlichen Ver⸗ mittlerrolle von Haus aus bestimmt. Nur die Lehre vom freien Spiel der Kräfte, die Jahrzehnte hindurch die Köpfe auch in Deutschland ver⸗ wirrt hat und jetzt an ihren eigenen Konsequenzen bankerott wird, konnte ihm dieses sein natürliches Recht bestreiten. Will man jetzt nicht in den ent⸗ gegengesetzten Fehler verfallen, dem Staat Alles, auch die Regelung der Arbeitsbedingungen, zu überweisen, so bleibt als einzig gangbarer Mittelweg zur Zeit nur die staatliche Vermittelung übrig, der sich die sächsischen Behörden bei dieser jüngsten Arbeiterbewegung unter⸗ zogen, unserem Königlichen Herrn zum Dank und der Sache zum
gen. Ob es künftig einmal möglich sein wird, ihnen für diese Vermittelungsthätigkeit Organe zur Seite zu stellen, die verfassungs⸗ mäßig aus den Vertretungskörpern der Berufsgenossen hervorgehen, muß die Zukunft lehren; zur Zeit ist dafür, wie gezeigt, nur wenig Aussicht vorhanden.
— Der Londoner „Standard“ sagt:
Die 72 Gleichgültigkeit, mit welcher in ganz Deutschland das „Schimpfen der französischen Presse über den angeblichen gemeinschaftlichen Besuch der Monarchen in Straßburg aufgefaßt
worden, ist der einfache Ausdruck der Ueberzeugung, daß kein Franzose, welcher über auswärtige Politik schreibt, dies „unparteiisch thun kann. In Deutschland hat man sich allmählich daran ge⸗ wöhnt, derartige Schimpfereien gegen Kaiser Wilhelm und König Humbert anzusehen als etwas, was alle Tage passiren kann — als einfaches Wüthen und CToben, hinter dem aber nichts steckt; in Folge dessen haben die jüngsten Aus⸗ fälle . Zeitungen keinen Eindruck hier hervorgebracht. Des Fürsten Bismarck Erklärung in seiner großen Rede vom 11. Januar 1887, daß „Deutschland unter keiner Bedingung Frankreich angreifen wird“, ist sozusagen in succum et sanguinem der Deutschen über⸗ gegangen. Derartige Angriffe, wie sie in den letzten Tagen erfolgten, lassen, wie oben bemerkt. keinen weiteren Eindruck zurück; sie müssen aber selbstverständlich die innere Entfremdung der beiden Nationen vergrößern, zumal sie das letzte Mal in der Form roher Beleidigung des Gastes auf deutschem Boden aufgetreten sind. Sollte Frankreich jemals Deutschland angreifen, so dürften seine fort⸗ dauernden Provokationen bei der Schlußrechnung nicht vergessen wer⸗ den, sondern schwer ins Gewicht fallen. Wenn übrigens die Absicht eines gemeinschaftlichen Besuchs in Straßburg je bestanden hätte, so würde dieselbe sicher ausgeführt worden sein, trotz aller ausländischen Schimpfereien.
Statistische Nachrichten.
Das katholische Volksschulwesen Schlesiens wird nach dem am Schlusse des Jahres 1888 erschienenen Schematismus in 74 Schulinspektionsbezirken durch 53 weltliche und 21 geistliche Schulinspektoren verwaltet. Dieselben beaufsichtigen insgesammt 1938 Schulen mit 4612 Lehrern und 386 138 Schülern und Schülerinnen; auf einen Aufsichtskreis kommen also durchschnittlich 26 Schulen mit 62 Lehrern und 5218 Schulkindern, auf eine Schule 2,4 Lehrkräfte und auf eine Lehrkraft 84 Schüler. Die größte Schüler⸗ zahl hat der Aufsichtskreis Kattowitz aufzuweisen, nämlich 19 870, die kleinste der Inspektionsbezirk Schönau mit 480. Die größte Ausdehnung hat der katholische Schulinspektionsbezirk Oberlausitz; derselbe umfaßt die fünf Kreise Görlitz Stadt, Görlitz Land, Lauban, Rothenburg und Hoyerswerda. Der Stadtkreis Breslau hat die geringste räumliche Ausdehnung, zählt aber 248 Lehrer und 14 714 Schüler und Schüle⸗ rinnen. Der Lehrer von “ bei Neurode unterrichtet 242 Kinder; der katholische Lehrer von Karlsmarkt bei Brieg hat nur 15 und der von Schiffershau bei Hirschberg gar nur 7 Schüler in seiner Schule. Die allgemeinen Verhältnisse in den einzelnen Regierungsbezirken weichen nicht unbeträchtlich von einander ab. Der Regierungsbezirk Breslau umfaßt 26 Schulaufsichtsbezirke mit 18 welt⸗ lichen und 8 geistlichen Schulinspektoren; in den 642 katholischen Schulen unterrichten 1340 Lehrer 104 877 Schulkinder. Es entfallen demnach auf eine Lehrkraft durchschnittlich 78 Schüler (gegen 87 im Jahre 1882). Im Regierungsbezirk Liegnitz befinden sich 14 Kreis⸗Schulinspektions⸗ bezirke, davon werden 13 von katholischen Geistlichen verwaltet. In den 227 Schulen dieses Bezirks werden 23 698 Kinder von 387 Leh⸗ rern unterrichtet, sodaß auf jeden Lehrer 61 Schüler und Schüle⸗ rinnen entfallen (gegen 63 im Jahre 1882) Die 34 Aufsichts⸗ bezirke des Regierungsbezirks Oppeln werden sämmtlich von welt⸗ lichen Kreis⸗Schulinspektoren verwaltet. In 1069 Schulen werden 237 563 Kinder von 2885 Lehrern unterrichtet, so daß auf eine Lehr⸗ kraft 89 Zöglinge kommen (gegen mehr als 100 im Jahre 1882). Unter jenen Schulen sind etwa 20 Simultanschulen, an denen außer den katholischen auch etwa 50 evangelische und 10 jüdische Lehrer unterrichten.
— Die Nr. 438 (Mai 1889) der „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landes⸗ statistik“ hat folgenden Inhalt: In entgeltlicher Pflege befindlich gewesene Kinder unter sechs Jahren im Großherzogthum Hessen 1888. — Wasserstände des Rheins am Pegel zu Mainz 1888. — Schüler⸗ zahl in den Lehrer⸗Präparanden⸗Anstalten 1888/89. — Zur Erhebung überwiesene direkte Steuern 1887/88. — Güterverkehr in den Rhein⸗ häfen bei Mainz, Worms u. Bingen 1888. — Betrieb der Main⸗ Neckar⸗Bahn, Hess. Ludwigs⸗Bahn, Oberhessischen Staatsbahnen und Nebenbahn Eberstadt⸗Pfungstadt Februar und März 1889. — Meteorol. Beobachtungen zu Darmstadt, April 1889. — Meteorol. Beerachtungen zu Schweinsberg,, April 1889. — Meteorol. Beobachtungen zu Kassel, April 1889. — Vergl. meteorol. Be⸗ obachtungen, März 1839. — Preise der gewöhnlichen Verbrauchs⸗ hegchstaltde. März 1889. — Sterblichkeitsverhältnisse, April 1889. — Anzeige.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Ueber japanische Malereien bringt H. E. von Berlepsch in Heft 16 des IV. Jahrganges der „Kunst für Alle“ (München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Ferd. Bruck⸗ mann) einen Aufsatz, welchem eine Reihe von Reproduktionen japa⸗ nischer Kunstwerke beigegeben ist. Bei der Beliebtheit, welcher sich die japanische Kunst in Europa zu erfreuen hat, wird dieser Aufsatz allen Denen willkommen sein, welche über die Natur der japanischen Malerei und die sie ausübenden Künstler Näheres wissen wollen. Die hier reproduzirten Bilder entstammen der reichen Sammlung des Dr. Edmund Naumann zu München, welcher im Königlichen Glaspalast daselbst s. Zt. eine Ausstellung japanischer Bilder inscenirte. Ueber eine Skizzen⸗ und Studienausstellung in der Kunsthalle zu Düsseldorf berichtet E. Daelen. Ueber die vier dem Heft auf ganzen Seiten beigegebenen Vollbilder bietet der Heraus⸗ geber Dr. Pecht die nöthigsten Aufklärungen. Es ist dies das Bild „Viaticum“ des genialen Malers Ludwig Passini, dessen Kompositions⸗ talent sich in diesem Gemälde wieder einmal von der besten Seite zeigt. Das zweite Bild ist Ch. Reinhart's „In Erwartung“. Eine naturalistisch gemalte „Vision des heiligen Bernhard“ von W. Bernatzik ist die dritte Reproduktion, während die vierte uns einen Andreas Achenbach von bekannter Vortrefflichkeit zeigt. An sonstigen Illustrationen bringt das vorliegende 16. Heft noch „Ein Frühlings⸗ lied“ von Henry Jochmus und ein Medaillon von Karl Blücher: „Es ist vollbracht“. Den Beschluß der interessanten Nummer machen die üblichen Personal⸗ und Ateliernotizen, die Mittheilungen über Preisausschreiben und die vermischten Nachrichten.
— Leitfaden für den Unterricht in der russischen Sprache an den Königlichen Kriegsschulen. Auf Ver⸗ anlassung der Königlichen General⸗Inspektion des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗Wesens verfaßt. Berlin SW., C. S. Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung (Kochstr. 68 — 70). Pr. 1 ℳ 50 ₰. — In diesem Leitfaden ist der Lehrstoff zur Erlernung der russischen Sprache in stufenweiser Entwickelung auf 23 Wochen vertheilt und in der Wahl aller Beispiele zugleich vornehmlich auf die Aneignung des militärischen Wortschatzes Rücksicht genommen worden. Voraus⸗ gesetzt, daß der Unterricht von einem Lehrer oder doch von einem in der Sprache bereits ausgebildeten Kameraden geleitet wird, erleichtert daher dieser praktische Lehrgang dem Offizier die Erlernung der russischen Sprache in günstigster Weise. 1
— Des Reichs⸗Kommissars, Hauptmanns Hermann Wiß⸗ mann, Reisewerk: „Unter deutscher Flagge quer durch Afrika von West nach Ost“, das im Dezember v. J. in erster Auflage im Verlage von Walther u. Apolant in Berlin W. (Mark⸗ grafenstraße 60) erschien, hat einen außerordentlichen Erfolg gehabt, da es jetzt bereits in vierter Auflage vorliegt. Das Werk zeichnet sich durch die Frische und Ursprünglichkeit der Schilderungen sowie durch hübsche Ausstattung aus. Die Illustrationen sind von der Hand des Malers Hellgrewe, die klar und übersichtlich ausgeführten Karten von Dr. Richard Kiepert gezeichnet. Wißmann’s Fahrt war bekanntlich überhaupt die erste vollständige Durchquerung Afrikas von West nach Ost, und sie gewinnt um so mehr Interesse, als sie ihr Ende auf dem Gebiet der Ostafrikanischen Gesellschaft fand, auf dem Wißmann kürzlich den Sieg von Bagamoyo erfocht. Um das Wiß⸗
mann'sche Werk weitesten Kreisen zugänglich zu machen, veranstalte die Verlagshandlung soeben eine Lieferungsausgabe (12 Liefe⸗ rungen zu je 1 ℳ) und versendet auf Wunsch eine Probelieferung kostenfrei.
— Der Hypnotismus. Von Dr. med Albert Moll Verlag von Fischer's med. Buchhandlung, H. Kornfeld, Berlin NW. Charitéstr 6. Gr. 80. 279 Seiten. 4.50 ℳ — Kein wissenschaft⸗ liches Problem beschäftigt zur Zeit die Aerzte und das gebildete Publikum so lebhaft wie der Hypnotismus. Von Medizinern und JFuristen, von Physiologen und Psychologen wird an der Erforschung seines räthselhaften Erscheinungsgebletes gearbeitet, und eine Fülle von Aufsätzen in Zeitschriften und Tagesblättern, von größeren und kleineren Werken, zeugt für die Theil⸗ nahme, die diesem Gegenstand aller Orten gewidmet wird. Trotzdem fehlte es bis jetzt an einem Werk, welches in erschöpfender Weise die neuesten Errungenschaften schildert, und in dieser Beziehun darf das nun vorliegende Buch als eine werthvolle Bereicherung de Literatur bezeichnet werden. Der Autor, dem das Verdienst gebührt, die ärztlichen Kreise Deutschlands zuerst auf die moderne Schule hin⸗ gewiesen zu haben, theilt in demselben das Ergebniß mehrjährige Erfahrungen mit; er vermeidet in den von seigen Vorgängern began⸗ genen 1 der Einseitigkeit zu verfallen und schenkt der Fachliteratur aller Länder und Schulen in vollem Maße, wenngleich mit sorgfältiger Auswahl, Berücksichtigung. Ausführliche Verzeichnisse erleichtern die Be⸗ nützung des für jeden Gebildeten interessanten Buchs. Die Beziehungen des Hypnotismus zu den verschiedensten Wissenschaften und seine Be⸗ deutung für das Leben überhaupt verleihen der Darstellung ein all⸗ gemeines Interesse. Besonders zeichnet sich das Werk dadurch aus, daß es in Anknüpfung an die in Deutschland bisher gänzlich unbe⸗ kannten Untersuchungen englischer Gelehrten eine Erklärung für viele Erscheinungen der Hypnose enthält, die die Probleme des Hypnotis⸗ mus in einer ganz neuen Beleuchtung erscheinen läßt.
— Biographisches Lexikon der hervorragenden Aerzte aller Zeiten und Völker, unter Spezialredaktion von Dr. E. Gurlt, Professor der Chirurgie an der Universität Berlin, herausgegeben von Dr. August Hirsch, Professor der Medizin zu Berlin. Vollständig in 6 Bänden. Wien und Leipzig, 1884—1888; Urban u. Schwarzenberg. — Das Werk liegt nunmehr in 6 stattlichen Bänden abgeschlossen vor. Unter den 14 415 Namen, welche das Lexikon enthält, finden wir, wie in einem deutschen Werke nicht anders zu erwarten, die deutschen oder in deutscher Sprache schreibenden Aerzte am stärksten ver⸗ treten. Mit Einschluß der Deutsch⸗Oesterreicher, deutschen Schweizerrund Russen sind 5045 deutsche medizinische Schriftsteller aufgenommen, welchen der Zahl nach Franzosen, Briten, Italiener, Nord⸗Amerikaner und hierauf in absteigender Progression die übrigen Nationalitäten folgen. Da jene medizinisch⸗biographischen Werke, welche bisher als die vollständigsten galten, die siebenbändige „Biographie médicale“ und das vierbändige „Dictionnaire historique“ nur 5423 beziehungs⸗ weise 2133 Namen enthalten, so kann das vorliegende Werk mit etssch Material als vollständigste Sammlung dieser Art betrachtet werden.
Gewerbe und Handel.
Berlin, 2. Juni. Wollbericht des „Centralbl. f. d. Textil⸗Ind.“ Das Kontraktgeschäft ist in den letzten Tagen in manchen Gegenden recht lebhaft gewesen, und nur dort, wo die Besitzer ihre Forderungen zu hoch spannten, waren Abschlüsse unmöglich. Die Nachfrage nach dem Artikel ist eine außerordentlich intensive geworden, und wenn auch vor den Märkten das Geschäft regelmäßig einen lehafteren Charakter annimmt, so ist doch bemerkenswerth, daß die gegen das Vorjahr wesentlich erhöhten Preise schlank bewilligt werden und das Vertrauen auf einen günstigen Verlauf der Wollmärkte allenthalben getheilt wird. Auch für die zukünftige Gestaltung des Geschäfts hegt man günstige Erwartungen und zögert nicht, die unter Opfern in den letzten Monaten verkauften Wollen zu weit höheren Preisen von den Besitzern zurückzukaufen.
— In der außerordentlichen Generalversammlung des Aktien⸗ Bauvereins Passage wurde zunächst der Wortlaut der Anträge über die Vereinigung der Aktiengesellschaft „Passage⸗Panopticum“ mit dem „Aktien⸗Bauverein Passage“ durch Erhöhung des Grundkapitals der letzteren Gesellschaft, sowie die neue Fassung der §§. 6, 7, 20, 28, 32 und 35 der Sta⸗ tuten vorgelesen, sodann Seitens der Direktion Bericht über die Lage beider Gesellschaften erstattet. Nach längerer Diskussion wurde die beantragte Vereinigung beider Gesellschaften, sowie die Er⸗ höhung des Aktienkapitals durch Ausgabe von 400 Stück neuer Aktien à 1500 ℳ, welche als Austausch gegen die Aktien des Passage⸗ Panoptikum dienen sollen, einstimmig beschlossen und die durch die Fusion bedingten Statutenänderungen genehmigt.
Wien, 3. Juni (W. T. B.) Ausweis der Karl⸗Ludwigs⸗ bahn (gesammtes Netz) vom 21. bis 31. Mai: 275 613 Fl., Mehr⸗ einnahme 25 814 Fl., die Einnahmen des alten Netzes betrugen in derselben Zeit 205 680 Fl., Mehreinnahme 19 393 Fl.
Kladno, 3. Juni. (W. T. B.) Wegen Massen⸗ ausschreitungen der Frauen und der strikenden Berg⸗ arbeiter auf dem Wernzelschacht der Prager Eisenindustrie⸗Gesellschaft mußte von hier eine Militärverstärkung requirirt werden.
Kladno, 4. Juni. (W. T. B.) Auf allen Schächten der Prager Eisenindustrie⸗Gesellschaft sind die Arbeiter wieder angefahren. Im Nürschauer Becken stehen nur noch die Belegschaften der Schächte Bohemia und Mariastheni aus. Der Strike scheint somit beendigt zu sein.
Glasgow, 3. Juni. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 9000 gegen 7000 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
Bradford, 3. Juni. (W. T. B.) Wolle ruhiger. englische feine Kreuzzuchten und Merino thätig, Garne fest, Stoffe ruhiger.
Bern, 3. Juni. (W. T. B.) Heute sind hier die Prälimi⸗ narien für die Fusion der Suisse Oceidentale und Sim⸗ plon⸗Bahn mit der Jura⸗Bern⸗Bahn festgesetzt worden. Dieselben haben den Durchstich des Simplon zum Zweck, zu welchem die Internationale Bank in Berlin und die Bank für Handel und Industrie in Darmstadt im Verein mit anderen Banken die nöthigen Geldmittel beschaffen werden.
New⸗York, 3. Juni. (W. T. B.) Visible Supply an Weizen 20 206 000 Busbels, do. an Mais 11 608 000 Bushels.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die mittels des Reichs⸗Postdampfers „Habsburg“ be⸗ förderte Post aus Australien (Abgang aus Sydney am 27. April) ist, wie „W. T. B.“ meldet, in Brindisi eingetroffen und gelangt für Berlin voraussichtlich am 6. Juni Vormittags zur Ausgabe.
— Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin S. (Branden⸗ burgstr. 64) erschien soeben die Sommerausgabe von „Kieß⸗ ling's Berliner Verkehr“ (136 Seiten in Westentaschen⸗Format,
r. 30 ₰) mit den Sommer⸗Fahrplänen sämmtlicher Berliner Fisenbahnen, der elektrischen Bahn, sämmtlicher Pferdebahnen, Omnibus und Dampfschiffe (Berliner, Potsdamer, Spandauer und Rüderesdorfer), Droschkentarif und Stundenplan sämmtlicher Sehens⸗ würdigkeiten Berlins. Die praktische und gewissenhafte Bearbeitung ichern dem Werkchen die dauernde Gunst aller Kreise der Berliner
evölkerung. — Als Supplement dazu erschien in demselben Format „Kießling's Taschenplan von Berlin“ mit dem Situations⸗ plan der Stadt⸗ und Ringbahn, sämmtlicher Pferdebahnlinien (in Fth und Straßenverzeichniß nebst Angabe der Postbezirke. (Pr. Koblenz, 4. Juni. (W. T. B.) Das hiesige Königliche Eisenbahn⸗Betriebsamt macht bekannt: In Folge eine 8 wolkenbruchartigen Gewitterregens ist die Strecke Bonn — Meckenheim seit gestern Nachmittag auf mehrere Tage unfahrbar geworden. Zwischen Meckenheim und Euskirchen ver⸗ kehren die fahrplanmäßigen Züge. Der Verkehr zwischen Bonn und Meckenheim wird über Kalscheuren geleitet.