„welche besser die Verhältnisse der verschiedenen Beamten⸗ klassen zu übersehen vermöge. — Minister⸗Präsident Dr. Freiherr von Mittnacht dankte zunächst der Finanz⸗Kommission für ihre wohlwollende, von höheren Gesichtspunkten ge⸗ tragene Aufnahme der Vorlage, dem Berichterstatter der⸗ selben noch besonders für die warmen und gerechten Worte der Anerkennung für den württembergischen Beamtenstand. Die Regierung unternehme mit der Vorlage die Abtragung einer alten, tief empfundenen Schuld; dem Beamtenstand ge⸗ reiche es zur hohen Ehre, daß er ruhig und geduldig die. Stunde abgewartet habe, in welcher mit einiger Aussicht auf Erfolg mit einer allgemeinen Maßnahme vorgegangen werden konnte, daß derselbe zugewartet habe, ohne in seinen Leistungen, seiner Berufstreue, seiner Integrität und Ehrenhaftigkeit auch im geringsten nachzulassen, während ein ansehnlicher Theil unserer Beamten, mehr als in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, von materiellen Sorgen bedrängt war. Mit Genug⸗ thuung konstatirte der Minister⸗Präsident, daß die innere Güte und Gerechtigkeit der Sache sich augenscheinlich bewähre, der Maßnahme in allen Parteien des Hauses Freunde erstanden, Meinungsverschiedenheiten doch nur in Absicht auf das Maß und die Vertheilungsweise vorlägen und prinzipielle Gegner jeder Aufbesserung der Beamten⸗ gehalte kaum mehr zu bekämpfen seien; sodann verglich er die Gehalte von Männern aus dem Erwerbsleben mit den Gehalten höherer Beamten. Nachdem der Minister⸗Präsident noch den Antrag Sachs bekämpft hatte, appellirte er an die politische Einsicht, das Gerechtigkeits⸗ und Billigkeitsgefühl, den Patriotismus der Kammermitglieder und bat sie, gern und mit offener Hand zu thun, was sie kaum ablehner können. — Der Abg. Sachs reduzirte seinen Antrag auf eine allgemeine Gehaltsaufbesserung (ohne Wohnungsgeldzuschuß) von 10 Proz⸗ auf 9 Proz. Durch die Wohnungsgeldzuschüsse werde es schwer sein, tüchtige Bezirksbeamte davon abzuhalten, sich nach den Stellen in den größeren Städten zu drängen. De Abgeordnete sprach für Einführung des Dienstalter⸗Vorrückungs⸗ systems. — Abg. Haußmann sprach sich gegen die Vorlage aus. Die ganze Zeitlage, die wirthschaftliche Lage insbesondere, der Nothstand der Gemeinden verbiete ihm, der Aufbesserung zuzu⸗ stimmen. Die Staats⸗Minister der Justiz, Dr. von Faber, der Finanzen, Dr. von Renner, und des Innern, von Schmid, widerlegten die von Haußmann und andern Abgeord⸗ neten vorgebrachten Einwendungen; der Staats Minister des Innern wies insbesondere darauf hin, daß das deutsche Volk für Getränke und Taback jedes Jahr 1500 — 1600 Mill. Mark verausgabe, wovon auf Württemberg 60—70 Mill. fallen. Ein Volk, das hierzu im Stande sei, sei auch in der Lage, sein Militär zu erhalten und seine Civilstaa sdiener so zu be⸗ solden, wie sie es mit Recht fordern können. — Abg. Haffner beantragte eine 5 proz. allgemeine Gehaltsaufbesserung und an Wohnungsgeldzuschuß zu bewilligen 9 Prozent in Klasse I. (Stuttgart), 7 Prozent in Klasse II. und 6 Prozent in Klasse III. — Bei der Abstimmung wurde der Antrag Sachs: 9 Prozent allgemeine Gehaltsaufbesserung, ohne Wohnungs⸗ geldzuschüsse mit 78 gegen 8 Stimmen abgelehnt, der Antrag Haffner aber mit 67 gegen 20 Stimmen angenommen.
Baden. Karlsruhe, 12. Juni. (Karlsr. Ztg.). Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ herzogin empfingen gestern den Besuch des Großfürsten Michael von Rußland und begrüßten Abends, in Be⸗ gleitung der Erbgroßherzoglichen Herrschaften, die Groß⸗ herzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗Schwerin, Höchst⸗ welche, von Baden⸗Baden kommend, den hiesigen Bahn⸗ hof auf der Rückreise nach Schwerin passirte. Heute Vor⸗ mittag trafen Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Sachsen⸗Altenburg, auf der Heimreise begriffen, im Hauptbahnhofe hier ein und wurden von dem Großherzog und der Großherzogin, sowie dem Erbgroßherzog und der Erbgroßherzogin begrüßt.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 13. Juni. (Meckl. Nachr.). Fhre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗ Mutter ist heute Vormittag hier wieder eingetroffen und hat im Greenhouse Wohnung genommen. Se. Königliche Hoheit der Großherzog war zum Empfang auf dem Bahn⸗ hofe anwesend.
Mecklenburg⸗Strelitz. Neustrelitz, 11. Juni.
(Meckl. Nachr.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin trafen heute von London hier
wieder ein.
Anhalt. Ballenstedt, 12. Juni. (Anh. St.⸗A.) Ueber das Befinden Ihrer Hoheit der Herzogin ist heute folgendes Bulletin ausgegeben worde:—
Ihre Hoheit die Frau Herzogin ist in der vorigen Woche an Diphtheritis erkrankt, die Anfangs in geringem Grade auftrat, später aber, von Sonntag Abend an, sich verschlimmerte und in der Nacht von Montag auf Dienstag ihren Höhepunkt erreicht hatte. Gegen⸗ wärtig ist ein vollständiger Rückgang des diphtherischen Prozesses ein⸗ getreten und da⸗ Befinden der hohen Kranken in fortschreitender Besserung begriffen.
Eib 6 2 Uenstedt, 12. Juni 1889. 9 Hofrath Professor Dr. Oertel. Dr. Haring.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Juni. (Wien. Abdp.) Die Neuwahlen in eine Reihe von Landtagen werden am 25. d. M. ihren Anfang nehmen, an welchem Tage die Vertreter für die Gruppe der Landgemeinden in Görz und Istrien gewählt werden sollen. In Böhmen, Galizien, Tirol und Dalmatien finden die Wahlen erst im Juli statt.
est, 12. Juni. (Prag. Ztg.) Das Oberhaus er⸗ ledign unverändert das n., 8 und den Gesetzentwurf, betreffend die Reform der Finanzverwaltung. Im Laufe der Debatte interpellirte Hunfal die Regierung, ob sie Kenntnißs davon habe, daß in Rumänien in den Schulen eine Landkarte ausgegeben wird, in welcher fast die Hälfte Ungarns als zu Rumänien gehörig er⸗ scheint. Der Unterrichts⸗Minister Graf Csaky erwiderte, die Beantwortung der Interpellation stehe zwar dem Minister⸗ Präsidenten zu, er könne jedoch schon jetzt das Haus be⸗ ruhigen, die Regierung werde die Angelegenheit untersuchen und entsprechende Modalitäten einer Lösung finden.
Großbritannien und Irland. London, 11. Juni. (Köln. Ztg.) Große Befriedigung erregt die Meldung, daß der älteste Sohn des Prinzen von Wales den nächsten Winter in Indien zubringen wird. Seine Reise hat weniger eine politische als eine erziehliche Bedeutung. Der Prinz at zwar mit seinem Bruder an Bord der „Bacchante“ die Celt umkreist, aber mit der indischen Bevölkerung, über welche
er einst als Herrscher regieren wird, hat er bis jetzt keine nähere Berührung gehabt.
Frankreich. Paris, 13. Juni. (W. T. B.) Heute Vormittag fand ein Ministerrath statt, in welchem die Panamafrage berathen wurde. Voraussichtlich dürfte der Kammer in allernächster Zeit eine auf diese Frage bezügliche Vorlage zugehen. — Der Minister des Innern, Constans, verließ noch vor Schluß des Ministerraths das Elysée, um eine Deputation der Pariser Kutscher zu empfangen, welche mit Arbeitseinstellung drohen. 8
Laguerre, Laisant und Déroulsde reisen morgen Abend nach London, werden am Sonnabend zurückkehren und am Sonntag in Lisieux (Calvados) eine Versammlung
abhalten.
— 14. Juni. (W. T. B.) Bei einem gestern dem Kommissariat der Ausstellung von den Vertretern der auswärtigen Aussteller gegebenen Banket hielt der Minister⸗Präsident Tirard in Erwiderung eines Toastes des Generals Franklin eine Rede, in welcher er die Anwesenden aufforderte, ihren Landsleuten die Versicherung zu ertheilen, daß die Regierung der Republik, soweit sie ihrer Würde und Ehre dabei nichts vergebe, aufrichtigst wünsche, mit der ganzen Welt in gutem Einvernehmen zu leben.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. Juni. (W. T. B.) Die Herzogin von Edinburg ist heute in Peterhof eingetroffen.
Italien. Neapel, 13. Juni. (W. T. B.) Der König und der Kronprinz besuchten heute die Stadttheile, in denen die Assanirungsarbeiten begonnen, und wurden von der Bevölkerung und den Arbeitern enthusiastisch begrüßt.
Niederlande. Amsterdam, 13. Juni. (W. T. B.) Dem „Handelsblad“ zufolge wird der Schah von Persien am Sonntag Abend hier eintreffen; er wird in den Nieder⸗ landen nur inkognito reisen. Der Schah 29 von dem König der Niederlande einen eigenhändigen Brief erhalten, in welchem derselbe sein Bedauern darüber ausdrückt, daß er wegen seines Gesundheitszustandes den Schah nicht persönlich zu empfangen vermag. Daraufhin ließ der Schah den Wunsch ausdrücken, von jeder offiziellen Feierlichkeit während seines Aufenthalts in den Niederlanden Abstand zu nehmen.
Türkei. Konstantinopel, 13. Juni. (W. T. B.) Die legislative, Sektion des Staatsraths hat den Gesetzentwurf genehmigt, nach welchem die Auswande⸗ rung aller Kunstgewerbe⸗Arbeiter, welche türkische Unterthanen sind, ohne vorherige Ermächtigung der Pforte verboten wird. Der Gesetzentwurf ist dem Ministerrath unterbreitet worden. 1
— 14. Juni. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ hat die Pforte die Militärbehörden Syriens angewiesen, mit möglichster Beschleunigung 5 oder 6 Bataillone nach Kreta zu entsenden.
Rumänien. Bukarest, 14. Juni. (W. T. B.) Nach Mittheilungen hiesiger Blätter werden sich der König, die
Königin und der Thronfolger am 16. Juni ins Aus⸗ land begeben.
Montenegro. Cettinje, 14. Juni. (W. T. B.) Der Fürst Nikita ist mit dem Erbprinzen, den Prin⸗ zessinnen⸗Töchtern und dem Fürsten Karageorgievie gestern Nachmittag auf der Nacht „Greif“ in Cattaro angekommen und sogleich nach hier weitergereist, wo derselbe, von der Be⸗ völkerung lebhaft begrüßt, Abends eintraf.
Zeitungsstimmen. Das große Werk der Invaliditäts⸗ und Alters⸗
versicherung, welches der Deutsche Reichstag zum Abschluß
gebracht hat, findet auch in anderen Staaten Verständniß. So äußert sich z. B. das ungarische Blatt „Egyetertes“ in seiner Nummer vom 21. Mai: . 8
.. . Die Vorlage über die Invaliditäts⸗ und Altersversorgung ist ein ungemein kühner Schritt auf dem Gebiet der sozialen Gesetz⸗ gebung, der bisher weder in einem absoluten, noch in einem freien Staat unternommen worden ist ꝛc. Sämmtliche Parteien stehen hier einem ganz neuen Problem gegenüber, und bei Allen muß das Gefühl vorherrschen, daß die sich widerstreitenden Ansichten eine von jeder Parteiauffassung freie Ueberlegung erfordern ꝛc. Das Urtheil der öffentlichen Meinung wird dahin lauten, daß in der Hauptsache Fürst Bismarck im Recht sei, und daß das Gesetz eine seiner größten staatsmännischen Thaten bilde. So kühn auch die in der Vorlage enthaltene Initiative auf dem Gebiet der sozialen Gesetzgebung ist, so wird gerade diese Kühnheit für das schaffende Genie des Fürsten Bismarck der folgenden Generation einen noch glänzenderen Beweis liefern, als die glücklich geführten Kriege und die Gründung des Deutschen Reichs. Fürst Bismarck ist Derjenige, der den Muth hat, als der Erste den Kampf mit dem die ganze moderne Gesellschaft bedrohenden Minotauros aufzunehmen, vor welchem sich alle großen und berühmten Staatsmänner des Jahr⸗ hunderts furchtsam zurückzogen. .. . ꝛc.“
— Ueber die Steigerung des Absatzes vater⸗ ländischer Erzeugnisse im Auslande schreibt der „Hamburger Correspondent“:
„Nachdem die Vereinigung der beiden großen deutschen Hafenplätze an der Nordsee, Hamburgs und Bremens, mit dem deutschen Zoll⸗ gebiet zur Thatsache geworden ist, erscheint dieser Zeitpunkt beson⸗ ders geeignet, um auf die Erfolge derjenigen Bestrebungen einen Rück⸗ blick zu werfen, welche der Erweiterung des Absatzes deutscher Er⸗ zeugnisse im Auslande bis dahin gewidmet wurden. Daß jene Bestrebungen trotz der eigenartigen Stellung, welche die beiden größten Exporthäfen Deutschlands dem vaterländischen Außenhandel gegenüber einnahmen, recht erfreuliche Ergebnisse gezeitigt haben, ist bekannt. Könnten die zahlreichen Berichte der englischen und französischen Konsuln im Auslande, welche über die Benachtheiligung des Handels ihrer Heimath⸗ länder durch den deutschen Mitbewerb hiäff Klage führen, auch schon genügen, um jene Thatsache zu erhärten, so hat es doch ein Artikel der Zeitschrift des preußischen statistischen Bureaus, welcher die Ueberschrift „Deutschlands Wettkampf mit England und Frank⸗ reich auf dem Weltmarkte“ trägt, noch unternommen, auf Geund der deutschen wie fremdländischen handelsstatistischen Angaben das Ergebniß der Bemühungen des heimischen Gewerbefleißes, einen erweiterten Absatz im Auslande zu erringen, insbesondere den beiden stärksten Mitbewerbern Deutschlands, England und Frank⸗ reich, gegenüber, noch näher zu untersuchen und festzustellen, im Anschluß daran aber die Aeußerungen der wichtigsten deutschen Han⸗ delskammern und kaufmännischen Korporationen über den Ausfuhr⸗ handel Deutschlands im Jahre 1887 mit einzelnen Rückblicken auf die Entwickelung desselben in den früheren Jahren zusammenzufassen. Der interessante Aufsatz, welcher in eise nach einander den Ausfuhrhandel nach den einzelnen Ländern Europas und außer⸗ europäischen Staaten beleuchtet, gelangt zu dem Ergebniß, daß der
deutsche Ausfuhrhandel seit 1880 auf allen Märkten, namentli
außereuropäischen, im Wettbewerb meist recht ügihg. Ergebnisse erzielt hat, daß dies allerdings aber nur mit Aufbietung aller Kräfte und mit vnzetann Seitens der Reichsregierung erreicht werden konnte. Sei das bisher Erreichte auch erst als der bescheidene Anfang einer Betheiligung Deutschlands am Welthandel anzusehen, so seien doch die bezüglichen Bestrebungen in einer so viel versprechen⸗ den Weise eingeleitet worden, daß sie, unverdrossen und planmäßig weiter gepflegt, für die Zukunft zu den besten Erwartungen berech⸗ tigten. Man dürfe um so mehr an dieser Hoffnung festhalten, als auch die Handelskammern und kaufmännischen Korporationen jetzt eifrig bemüht seien, jenen Bestrebungen nach Kräften förderlich zu sein. Gingen die Ansichten über die Mittel und Wege, dies zu erreichen, auch mitunter noch auseinander, so seien doch Alle von dem einen Gedanken beseelt, durch die Ausdehnung des deutschen Handels den Interessen der nationalen Arbeit zu dienen.“
— Zu den Naturalisationen im nördlichen Schleswig bemerkt die „Nord⸗Ostsee⸗Zeitung“:
„Seit einiger Zeit macht sich in den deutschgesinnten Kreisen der Bevölkerung des nördlichen Schleswig eine gewisse Unruhe, ja sogar Unzufriedenheit über die von den Behörden genehmigten zahlreichen Naturalisationsgesuche von solchen früheren Optanten bemerkbar, welche in Nordschleswig mit Grundbesitz angesessen sind und daselbst ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Aenderung der früheren Praxis hinsichtlich der Behandlung derartiger Naturalisations⸗ gesuche ist allerdings augenscheinlich eingetreten. Während in früheren Jahren die Anträge der Optanten grund⸗ sätzlich zurückgewiesen und nur ganz ausnahmsweise dann genehmigt wurden, wenn bestimmte Thatsachen die Annahme recht⸗ sertigten, daß der Gesuchsteller mit der neuen Ordnung des Staats⸗ wesens sich auch innerlich befreundet habe und die Pflichten unserer Staatsangehörigen in loyaler Weise erfüllen werde, scheint in neuerer Zeit den Entscheidungen umgekehrt der Gedanke zu Grunde zu liegen, daß den Anträgen der Optanten um Gewährung des Staatsbürger⸗ rechts in der Regel entgegen zu kommen und nur in dem Fall nicht zu entsprechen sei, wenn der Antragsteller durch sein bisheriges Ver⸗ halten zu erkennen gegeben hat, daß er sich einer feindlichen und agitatorischen Thätigkeit gegen unser Staatswesen auch in der Folge nicht fern halten werde. In Folge dieser veränderten Behandlung haben sich neuerdings die Naturalisationen ehemaliger Optanten im nördlichen Schleswig erheblich vermehrt, und es ist erklärlich, daß die deutschgesinnten Bewohner dem Anwachsen ihrer Gegner bei den poli⸗ tischen, kommunalen und kirchlichen Wahlen mit getheilten Empfin⸗ dungen gegenüberstehen. Indeß giebt der veränderte Standpunkt der Behörden, wie wir meinen, keinen Grund ab, mit weniger Ruhe, Zuversicht und Vertrauen wie bisher der Entwickelung der politischen Verhältnisse in Nordschleswig entgegenzusehen EFiine ruhige und vorurtheilslose Behandlung der Stellungnahme der Regierung wird unseres Erachtens anerkennen müssen, was unsere Freunde und Stammesgenossen in Nordschleswig im Un⸗ muth über augenblicklich vielleicht hervortretende Inkonvenienzen verkennen und unterschätzen, daß die Haltung der Regierung gegenüber den Naturalisationsgesuchen der Optanten die wohlerwogene Maß⸗ nahme einer weiterschauenden Politik ist, welche aus höheren Rücksichten über vorübergehende Unbequemlichkeiten hinwegsehen darf und muß. Der gegenwärtige Standpunkt der Behörden ist in der That eben nur die weitere Konsequenz der verschiedenen eingreifenden Maß⸗ nahmen, welche im Laufe des letzten Jahrzehnts im Interesse einer allmählichen Ausgleichung der in Nordschleswig leider noch bestehen⸗ den politischen bezw. nationalen Gegensätze von der Staatsregierung getroffen worden sind.
... Eine ruhige, sachliche Beurtheilung der Verhältnisse wird zugeben müssen, daß es ein völlig unnatürlicher und auf die Dauer unhaltbarer Zustand ist, wenn ein nicht unbedeutender Theil des Grundbesitzes in Nordschleswig sich in den Händen von Personen be⸗ findet, welche dem preußischen Staatsverbande nicht angehören und ihm gleichgültig oder selbst feindlich gegenüberstehen. Die Beseitigung eines solchen abnormen Zustandes ist dringend wünschenswerth und hierzu erscheint die Naturalisation der betreffenden Personen alzs ein geeignetes Mittel. Wir verhehlen uns dabei durchaus nicht, daß ein Theil der Optanten bei ihren Anträgen um Verleihung der preußischen Staatsangehörigkeit in erster Linie von der Absicht ge⸗ leitet sein mag, sich auf diese Weise der Unsicherheit hinsichtlich der Dauer ihres Aufenthaltes im Inlande zu entziehen. Durch den Erwerb der preußischen Staatsangehörigkeit sind sie vor der Aus⸗ weisung aus dem Staatsgebiete geschützt. Andererseits ist aber nicht zu übersehen, und darauf möchten wir das Hauptgewicht legen, daß die Optanten mit dem Erwerbe des Staatsbürgerrechts auch alle Pflichten des preußischen Staatsbürgers über⸗ nehmen. Es kann nicht ausbleiben, daß mit der längerer Ausübung der Rechte und Pflichten des preußischen Staatsangehörigen allmählich das Bewußtsein der Zugehörigkeit zu unserem Staat, das Verständniß für die Wohlthaten, welche derselbe allen seinen An⸗ gehörigen gleichmäßig darbietet, kurz die innerliche Befreundung mit dem neuen Vaterlande immer breiteren Boden gewinnen und festere Wurzeln schlagen wird. Von diesem Gesichtspunkte aus scheint uns die Genehmigung der Naturalisationsgesuche früherer Optanten be⸗ urtheilt werden zu müssen.“
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 24. — Inhalt: Verfügungen: vom 28. Mai 1889. Neue Ausgabe des Abschnitts IX der Allgemeinen Dienstanweisung. — Vom 6. Juni 1889. Post⸗ verbindungen nach Norderney — Vom 6. Juni 1889. Postanweisungs⸗ verkehr mit Japan und Egypten. — Vom 7. Juni 1889. Post⸗ verbindung mit Helgoland.
Hag sien, Pe ge agen des Kaiserlichen Gesundheil?⸗ amt s. Nr. 24. — Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. — Cholera in Ost⸗Indien. — Gelbfieber in Brasilien. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Wuthkrankheit im Seine⸗Departement — Infektionskrankheiten in Moeckau. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln ꝛc. — Thierseuchen in der Schweiz, März und April. — Veterinärpolizeiliche Maßregeln. — Medizinal⸗Gesetzgebung w. (Preußen.) Unterbringung Geisteskranker. — (Württemberg) Ent⸗ schädigung für getödtete oder gefallene Thiere. — (Oesterreich. Bukowina) Sanitätsdienst in den Gemeinden. — (Hongkong.) Oeffentliche Gesundheitspflege. (Fortsetzung) — Rechtsprechung (Reichsgericht.) Verkauf nachgemachten Cognacs. — Vermischtes Verein deutscher Mineralwasser⸗Fabrikanten. — Geschenkliste.
Statistische Nachrichten.
Die Apotheken im Deutschen Reich. (Schluß aus
Nr. 137.) — Durchschnittlich kam im Deutschen Reich nach dem Zaͤhluna
ergebniß vom 1. April 1887 (gegen 1876) 1 Apotheke auf 10012 dehb gengz er in den kleinen Gemeinden 1 auf 11 322, (11 9n0 Bewohner, in den mittelgroßen Gemeinden 1 auf 6306 (7030) Be⸗ wohner, in den großen Gemeinden 1 auf 9757 (7030) Zewohna. Die wenigsten Apotheken im Verhältniß zur gesammten 18 wohnerzahl des Landes hatten die östlichen Provinzen Preußen (auf 10 000 Einwohner Apotheken: Brandenburg 0,85, 1 mern 0,76, Westpreußen 0,74, Berlin 0,72, Posen 8 Uh Schlesien 0,66, Ostpreußen 0,64), das Königreich Sachsen (0,82) Se Reuß ä. L. (0,72). Während aber im Königreich Sachsen die ai, völkerung aller Gemeinden spärlich mit Apotheken versehen ist (fla Gemeinden 0,69, mittelgroße 1,19, große 0,84), gilt dies in den böftle t Provinzen Preußens nur von den kleinen Gemeinden (Branden 8 Posen 0,58, P 0,57, Westpreußen 0,54, Ostpreußen
0,51,
. Petr K. Rosegge.
b Illustrationen
Schlesien 0,50); die
und Westpreußens, Posens, Pommerns verhältnißmäßig viele Apotheken, z. B. weit mehr als diejenigen der Rheinprovinz und der Provinz Sachsen. In den mittelgroßen Gemeinden der östlichen preußischen Provinzen kamen Apotheken auf 10 000 Einwohner in: Westpreußen 1,92, Ost⸗ preußen 1,75, Posen 1,68, Pommern 1 44, Schlesien 1,39, Branden⸗ burg 1,31, dagegen in Sachsen 1,37, Westfalen 1,35, Rheinprovinz 1,23; in den großen Gemeinden der östlichen Provinzen Preußens: in Westpreußen 1,24, Ostpreußen 1,08, Posen 1,05, Pommern 1,03, Brandenburg 0,92, Schlesien 0,84, dagegen Rheinprovinz 1,00, Han⸗ nover 0,87, Sachsen 0,84, Schleswig⸗Holstein 0,79, Berlin 0,72. — Was im Uebrigen das Verhältniß der kleinen Gemeinden zu den größeren betrifft, so sind erstere im südwestlichen und südlichen Deutsch⸗ land vor Allem in Elsaß⸗Lothringen, demnächst in Bayern, Württem⸗ bera Baden und Hessen auffällig ärmer an Apotheken als die bevölkerteren Städte. Umgekehrt waren die kleinen Gemeinden reicher an Apotheken in Sachsen⸗Weimar, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen⸗Coburg⸗Gotha, Lübeck und Hamburg. Innerhalb des König⸗ reichs Preußen trat letzteres Verhältniß in der Provinz Hannover zu Tage. Keine einzige Apotheke enthalten drei Bezirksämter des König⸗ reichs Bayern, nämlich Landshut, Straubing und Kempten, da jedoch je eine unmittelbare Stadt (gleichen Namens) mitten in diesen Be⸗ zirken liegt, deren Apotheken auch die Umgegend mit Arzneimitteln versorgen, so macht sich dieser Mangel nicht sehr fühlbar. Von allen Gemeinden des Deutschen Reichs hatten, soweit die Angaben reichen, einige bayerische unmittelbare Städte die meisten Apotheken, und zwar Günzburg (4,86 auf 10 000 Einwohner), Dinkelsbühl (4,47), Rothenburg a. T. (4,39), Traunstein (4,07), Landsberg (3,90); dann solgen außerhalb Bayerns: Jever (3,85), Bückeburg (3,84) u. a. Städte. Auch die mittelgroßen Städte Elsaß⸗Lothringens waren sehr reich an Apotheken. Von den großen Städten des Reichs zeichneten sich am Zählungstage durch die meisten Apotheken (1 auf weniger als 5000 Einwohner) aus: Metz, Colmar, Straßburg, Mül⸗ hausen i. E. und Hanau, wogegen verhältnißmäßig die wenigsten (1 auf mehr als 13 500 Einwohner) sich in Braunschweig, Magde⸗ burg, Berlin, Breslau und Halle befanden. — Der durchschnittliche Umfang des Absatzgebietes der Apotheken ergiebt sich aus folgenden Zahlen über die Vertheilung des Flächenraums der Staaten und kleinen Gemeinden auf dieselben. Es entfielen auf eine Apotheke in Hamburg 7 qkm des ganzen Staats und 59 qkm. der kleinen Gemeinden, in Schwarzburg⸗Rudolstadt 63 bezw. 72 qkm, in Schwarzburg⸗Sondershausen 62 bezw. 86 qkm, in Reuß j. L. 69 bezw. 92 qkm, in Sachsen⸗Coburg⸗Gotha 75 bezw. 98 qkm, in Lippe 76 bezw. 101 qkm, in Waldeck 102 bezw. 102 qkm, in Württemberg 74 bezw. 105 qkm, in Baden 78 bezw. 107 qkm, in Hessen 71 bezw. 108 qkm, in Braunschweig 86 bezw. 112 qkm, in Schaumburg 68 bezw. 113 qkm, in Sachsen⸗Weimar 88 bezw. 116 qkm, in Sachsen 57 bezw. 120 qkm, in Bremen 17 bezw. 128 qkm, in Sachsen⸗Meiningen 85 bezw. 130 qkm, in Anhalt 73 bezw. 130 qkm, in Sachsen⸗Altenburg 83 bezw. 132 qkm, in Elsaß⸗Lothringen 66 bezw. 137 qkm, in Lübeck 37 bezw. 149 qkm, in Oldenburg 137 bezw. 149 qkm, in Bayern 121 bezw. 177 qkm, in Preußen 138 bezw. 234 qkm, in Mecklenburg⸗Schwerin 196 bezw. 289 qkm, in Reuß ä L. 79 bezw. 316 qkm, in Mecklenburg⸗Strelitz 209 bezw. 325 qkm. Für das ganze Deutsche Reich ergaben sich als entsprechende Ziffern 116 bezw. 190 qkm; dasselbe steht also in der obigen Reihe zwischen Bayern und Preußen. In den einzelnen Provinzen Preußens kamen auf 1 Apotheke: in Hohenzollern 104 qkm des ganzen Landes und ebensoviel Fläche der kleinen Gemeinden, in Hessen⸗Nassau 76 qkm der ganzen Provinz und 105 qkm der kleinen Gemeinden, in Westfalen 81 bezw. 129 qkm, in der Rheinprovinz 66 bezw. 151 qkm, in Hannover 130 bezw. 166 qkm, in Sachsen 116 bezw. 190 qkm, in Schlesien 148 bezw. 263 qkm, in Schleswig⸗Holstein 168 bezw. 273 qkm, in Posen 241 bezw. 341 qkm, in Brandenburg 200 bezw. 359 km, in Westpreußen 245 bezw. 425 qkm, in Ostpreußen 296 bezw. 435 qkm, in Pommern 262 bezw. 486 qkm. Am weitesten auseinander lagen hiernach durchschnittlich die Apotheken in den beiden Groß⸗ herzogthümern Mecklenburg und in den östlichen Provinzen Preußens. Für Pommern, welches die letzte Stelle in der Reihe einnimmt, würde sich für eine Apotheke kleiner Gemeinden als Absatz⸗ gebiet eine Kreisfläche von etwa 25 km Durchmesser ergeben. Andererseits lagen die Apotheken kleiner Gemeinden in Württemberg, Baden, Hessen, dem Königreich Sachsen, sowie in den preußischen Provinzen Hessen⸗Nassau und Westfalen sehr nahe bei einander; hier kam eine Apotheke auf nur 105 bis 120 qkm, d. h. auf eine Kreis⸗ fläche von ungefähr 12 bis 12,5 km Durchmesser.
“ Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Von der „Kunst für Alle“ (MünNchen, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrich Bruckmann, herausgegeben von Fr. Pecht) liegt uns das 18. Heft vor. Dasselbe beschäftigt sich in seinem textlichen Theil mit dem Maler und Zeichner Hermann Vogel (Plauen), welchen der Herausgeber der „Kunst für Alle“ als einen echten Nachfolger Ludwig Richter's bezeichnet. Um dem kunst⸗ liebenden Publikum nähere Mittheilungen über den talentvollen Künstler zu geben, wird uns hier eine Autobiographie des⸗ selben geboten. In den Text gedruckt findet sich eine ganze Reihe von Bildern, die von ihm herrühren und beredte Proben seines Talents sind. Ueber Ausstellungen in Rom berichtet sodann Dr. Hans Barth in einem „Römerbrief“, während Otto Donner von Richter Mittheilungen über Bilder⸗Erwerbungen des Goethehauses in Frankfurt am Main macht. E. Daelen giebt eine Beschreibung des neuen Ausstellungslokals in Düsseldorf. Der Herausgeber bietet den Lesern die stets willkommenen Aufklärungen über die üblichen vier Vollbilder, mit denen jedes Heft der „Kunst für Alle“ geschmückt ist. Das erste ist ein hübsches Blatt von Hermann Vogel, betitelt „Madonna im Walde“, ein sinniges Bild, das uns die heilige Mutter und ihr Kind in anderer als der üblichen Weise zeigt. Von Defregger's bekannten tiroler Bauernbildern sehen wir diesmal das beliebte: „Zur G'sundheit“ hier reproduzirt, während das dritte Bild uns die
großen und
Ost⸗- und enthalten
prächtige Gegend von Meran zeigt. Das vierte Bild ist ein Gabriel
Max und zwar sein Bild: „Bei der Wahrsagerin“. Es zeigt die
bekannte Max'sche Manier, welche das Mystische pflegt und selbst da, wo der behandelte Stoff dies nicht unumgänglich fordert, doch immer gewisse Absonderlichkeiten mit sich bringt, die gleich auf den ersten Bllick verrathen, mit welchem Maler man es hier zu thun hat. An
onstigen Illustrationen bringt das Heft noch eine „Gemüsehändlerin“
Gech “ Wahle und Porträt⸗ und Genremalerei von Karl Gehrts.
Die üblichen Notizen machen den Beschluß des Heftes. — Die 8. Lieferung des Prachtwerks: „Die österreichisch⸗
ungarische Monarchie in Wort und Bild“ hat folgenden
Inhalt: Der Text bietet landschaftliche Schilderungen aus Steier⸗
marf und zwar: Die Kalkalpen und der Sgpateisensteinzug Ober⸗ Steiermarks, von Georg Geyer; das Ennsthal, von Sr. Durchlaucht
Philipp Prinz zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst; das Mürzthal, von An Illustrationen werden in dem Heft geboten: welche eine Ansicht von Maria⸗Zell bietet, und Trisselwand; die Hochthorgruppe vom Gesäuse; der Ring bei Weichselboden;
ine Kopfleiste, Alt⸗Aussee, See Eingang in das
der Grimming mit Schloß Trautenfels; Schilflandschaft mit Schloß
riedstein; Blick in's Ennsthal gegen die Tauern. Die vorerwähnten — . rühren sämmtlich von Adolf Ditscheiner her. An Bildern finden sich weiter vor: Ruine Lichtenegg bei Wartberg, von
Otto Peters; der Kirchplatz zu Krieglach von demselben; Neuberg, von Robert Ruß.
Robert „Das todte Weib“, von demselben; das todte Weib ist eine zwanzig Minuten lange Schlucht unweit Mürzsteg; über
den Ursprung des seltsamen Namens ist nichts Näheres bekannt, nicht einmal die Sage weiß davon etwas zu erzählen.
— Geschichte des römischen Kaiserreichs von der
Schlacht bei Actium und der Eroberung Egyptens bis zum Einbruch
der Barbaren von Victor Duruy. Dr. Gustav
Professor 93. bis
Uebersetzt von
Hertzberg. Mit ca. 2000 Illustrationen
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mittelgroßen Städte
11““ b11““ 11“““ “ 8 1““ ““
95. Heft. (Pr. je 80 ₰.) Verlag von Schmidt u. Günther in Leipzig. — Das vortreffliche Werk nähert sich seinem Ende. Wir geben hier nur kurz den Inhalt obiger Lieferungen: Der Hof und der Adel des Reichs. Der bürgerliche Mittelstand. Curialen und Professoren. Der Plebs, die Collegiati und die regulirten Innungen Die Colonen und die Sklaven. Die Armen. Schlußbetrachtung. Kaiser Con⸗ stantius I. Niedermetzelung der Prinzen des Flavischen Fürstenhauses. Pe saüri g. Tod der Kaiser Constantin II. und Constans.
agnentius (337 — 353). Constantius II. als Alleinherrscher. Gallus und Julianus. Sitonnus. Julian in Gallien. Von den 32 Text⸗ illustrationen und Vollbildern erwähnen wir nur einige der inter⸗ essantesten, als: Amtsinsignien des Dux von Palästina, Claudian auf einem zu Monza erhaltenen Diptychon, Die Welthauptstädte Rom und Konstantinopel als Personen dargestellt, Winzerarbeiten, Fresco⸗ gemälde aus einem Cubiculum der Katakomben des Prätextatus, Ein Rinderhirt und seine Frau, nach der Vergilhandschrift im Vatikan, Werkzeug eines Tischlers, Ruinen der Thermen zu Trier, Triumphbogen zu Pola, Darstellung der Schöpfung der Menschen, auf einer zu Köln gefundenen gläsernen Schale, Pergamon, Versuch einer Herstellung des Altars des Zeus und der Athena ꝛc.
— Von der „Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen“ (uugleich Zeitschrift des Historischen Vereins für den Netze⸗Distrikt zu Bromberg; heraus⸗ gegeben von Dr. Rodgero Prümers; Posen, Eigenthum der Gesellschaft; Vertrieb durch Joseph Jolowicz) erschien soeben das 3. und 4. Heft 4. Jahrgangs, der damit zum Abschluß gebracht wird. Das Doppelheft enthält an größeren Beiträgen einen interessanten Aufsatz über die merkwürdige Sage von Saul Wahl, dem Eintagskönig von Polen. vom Rabbiner Dr. Ph. Bloch in Posen, und eine Arbeit über Boleslaus II. und Stanislaus den Heiligen, von Pastor Angerstein in Lodz; Gymnasial⸗Oberlehrer Dr. R. Hassenkamp in Ostrowo theilt neue urkundliche Nachrichten über den Aufenthalt des Alessandro Guagnini und seiner Familie in Polen mit; Oberlehrer Dr. H. Hocken⸗ beck handelt über drei kölnische Klöster in Polen, und Gymnasial⸗ lehrer Dr. Max Kirmis in Neumünster giebt eine Einleitung in die polnische Münzkunde. Daran reihen sich mannigfache kleinere Mit⸗ theilungen und Fundberichte (darunter solche über die Ausgrabungen im Kreise Schrimm und den Münzfund von Kawezin im Kreise Schroda), ein reichhaltiger Literaturbericht, eine Uebersicht der Er⸗ scheinungen aus dem Gebiet der Posener Provinzialgeschichte vom Jahre 1887, endlich Sitzungsberichte, der Geschäftsbericht, Verzeich⸗ nisse der Tauschschriften und Schenkungen, sowie der Mitglieder der beiden Gesellschaften und der Akademien, Vereine ꝛc. mit denen Schriftenaustausch gepflogen wird.
— Die drei gestrengen Heiligen und andere Novellen. Von Otto Bruhnsen. Hamburg, Verlag von Hoffmann u. Comp. Unter diesem Titel wird uns eine kleine Reihe von Novellen geboten, welche wir nicht ohne Interesse gelesen haben. Nicht etwa ist es der Inhalt derselben, welcher uns besonders gefesselt hätte, denn derselbe bewegt sich auf dem herkömmlichen Boden der novellenartigen Erzählung; sondern die Art, wie Bruhnsen vorträgt, was er zu erzählen hat, gefiel uns. Wir haben es hier offenbar mit einem noch jungen Autor zu thun, dem man die Freude an der eigenen Arbeit anmerkt, der von dem Besten giebt, was er hat, und bei dem man sich über die theilweise Unzulänglichkeit hinwegsetzt mit dem Bewußtsein, daß er es jedenfalls gut gemeint hat. Dem Leser werden die hier gebotenen fünf kleinen Novellen trotzdem eine angenehme Unterhaltung gewähren.
— Die am 15. Juni erscheinende Nr. 2398 der „Illustrirten Zeitung“ (Leipzig, J. J. Weber) enthält u. A. folgende Abbil⸗ dungen: Die Gesandtschaft des „Sultans“ Mandara aus Ost⸗Afrika bei der Kais erlichen Familie in Berlin. — Nassr⸗ed⸗din, Schah von Persien. — Eine Mormonentaufe in Stralau bei Berlin. — Bilder von der Pariser Weltausstellung: Das javanische Kampong (Dorf). 4 Abbildungen. — Minnie Hauk. — Bilder aus der Schwoeiz. 3 Ab⸗ bildungen: Aussicht vom Pilatus (unter dem Gipfel des „Esel's“) auf die Berner Alpen. Die Zahnradbahn von Alpnach⸗Stad auf den Pilatus. Die beiden Hotels und die Bahnhofshalle auf dem Pilatus. — Der spanische Dichter Don José Zorilla. — Der Brauch des Umpflügens im südlichen Wolgagebiet (Rußland).
Weimar, 13. Juni. (W. T. B.) Heute fand hier unter zahlreicher Betheiligung die Generalversammlung der Goethe⸗ Gesellschaft statt. Nach Eröffnung der Versammlung durch den Reichsgerichts⸗Präsidenten von Simson hielt Bernays (München) den
estvortrag über die Geschichte der Farbenlehre. Im Auftrage der Großherzogin theilte der Archiv⸗Direktor Suphan mit, daß das gesammte Schiller⸗Archiv durch den Freiherrn von Gleichen⸗Rußwurm auf das Goethe⸗Archiv übertragen worden und aus beiden ein neues Schiller⸗ Goethe⸗Archiv gebildet worden sei. Die Versammlung sprach dem Frei⸗ herrn von Gleichen telegraphisch ihren Dank aus und ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Wie die „Thür. Corr.“ mittheilt, ist Se. Majestät der Kaiser und König Wilhelm II. an⸗ läßlich seiner Anwesenheit in Weimar Mitglied der Gesell⸗ schaft geworden. An Stelle des in Dresden verstorbenen Freiherrn von Beaulieu⸗Marconnay wurde der sächsische Kultus⸗Minister Dr. von Gerber zum Mitgliede des Vorstandes ernannt. Die Zahl der Mitglieder der Goethe⸗Gesellschaft beträgt 3000; ihr Vermögen be⸗ lief sich am Schluß des Jahres 1888 auf 18 686 ℳ
Gewerbe und Handel.
Berlin, 11. Juni. (Bericht über Kartoffelfabrikate von C. H. Helmeke in der „Zeitschr. f. Spirit.⸗Ind.“) Der Verkehr in Kartoffelfabrikaten war in der beendeten Woche nicht von Be⸗ deutung und beschränkte sich wie bisher in der Versorgung des vor⸗ liegenden Bedarfs. Obgleich Neigung zur Spekulation nicht vor⸗ handen ist, bleibt doch die Stimmung mit Rücksicht auf die an⸗ dauernde, fast tropische Hitze, deren Folgen noch nicht abzusehen sind, eine günstige für die kommenden Monate. Es stellen sich die Preise für wirklich beste Qualität Stärke und Mehl ab Station und nach Lage derselben auf 21 — 22, für abfallende Sorten auf 20 — 21, für Sekunda auf 19— 20, für Tertia auf 16,50 — 18 ℳ — Für Syrup und namentlich für Zucker war Frage vom Auslande. Dextrin hat zu den ermäßigten Preisen ebenfalls besseren Abzug. — Zu notiren ist frei Berlin: Prima Kartoffelmehl je nach Qualität 22,50 — 24 ℳ, Secunda Kartoffelmehl 21,50 — 22,50 ℳ, Prima Kar⸗ toffelstärke 21,50 — 23 ℳ, Secunda Kartoffelstärke 20 — 21 ℳ, Prima weißer Kartoffelsyrup 42 ° prompt 26 — 26,50 ℳ, Prima 85 Kar⸗ toffelsyrup per Juni 26,50 ℳ, Prima gelber Kartoffelsyrup prompt 25 — 26 ℳ, Prima gelber Kartoffelsyrup per Juni 25,40 ℳ, Prima weißer Kartoffelzucker prompt 26,75 ℳ, Prima weißer Kar⸗ toffelzucker per Juni 26,75 ℳ, Prima gelber Kartoffelzucker per Juni 25 — 26 ℳ, Prima Dextrin prompt 32,50 — 33,50 ℳ, kry⸗ stallinischer Kartoffelzucker 99 % 44 — 45 ℳ, krystallinisches Nach⸗ produkt 80 % 24 ℳ
— In Hechingen haben zwei Privatleute von der Fürstlich hohenzollernschen Hofkammer die Räumlichkeiten des früheren Fran⸗ ziskaner⸗Klosters Stettengemiethet, um daselbst eine Tricot⸗
abrik einzurichten. Die Vorarbeiten zu dieser Anlage haben bereits egonnen. — Die Stadt Hechingen hat den Bau eines neuen Schlachthauses beschlossen, das noch in diesem Jahre zur Aus⸗ führung gelangen soll.
— Nach dem für die bevorstehende Generalversammlung der Altenburg⸗Zeitzer Bahn erstatteten Bericht ist der Personen⸗ verkehr um 19 207 Personen gestiegen und hat 101 216 ℳ gegen 94 098 ℳ im Jahre 1887 eingebracht. Der Güterverkehr umfaßte 450 793 020 kg und ist gegen das Vorjahr um 92 029 030 kg ge⸗ sunken. Dementsprechend haben sich auch die Einnahmen aus dem gesammten Güterverkehr einschließlich der Zechenfrachten und sonstigen Einnahmen von 829 717 ℳ im Jahre 1887 auf 738 003 ℳ in 1888 ermäßigt. Die Gesammt⸗Einnahmen des Jahres 1888 beliefen sich auf 927 741 ℳ, denen 433 410 ℳ als Betriebsausgaben gegenüberstehen, so daß sich 494 331 ℳ als Bruttoüberschuß ergeben. Zur Verzinsung und Til⸗
gung der Prioritäts⸗Obligationen sind hieraus 89 463 ℳ zu ver⸗
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wenden, ferner entfallen auf Tantièmen 12 688 ℳ, auf Steuern 31 040 ℳ Die Dividende der Stammprioritäten soll dann auf 8 ⁄1 2 % (178 237 ℳ), die der Stammaktien auf 9 16 % (172 720 ℳ) festgesetzt werden.
— In der gestrigen Generalversammlung der Weimar⸗ Geraer Eisenbahn wurde die Bilanz genehmigt und die Dividende für die Stamm⸗Prioritäten auf 3 ½¼ % festgesetzt. 8
— In der gestrigen Generalversammlung der Marienhütte 889 Kotzenau wurde die Vertheilung einer Dividende von 3 % ge⸗ nehmigt. 8 — In der neuesten Lieferung (6., 27. Jahrgangs 1889) der „Ge⸗ werbehalle“ (Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart; Ver⸗ lag von J. Engelhorn daselbst) wird in getreuer, farbiger Abbildung ein schöner alter Turnier⸗Prunkschild veröffentlicht (nach Aufnahme des Architekten Alfred Schubert in Zittau). Dieser Schild, ein Werk des 17. Jahrhunderts, befindet sich in dem von Dr. Moschkau gegründeten und unterhaltenen Museum auf dem Berge Oybin bei Zittau in Sachsen. Woher derselbe stammt und in welcher Werk⸗ stätte er hergestellt sein mag, ist unbekannt; doch verdient Erwähnung, daß ein Schild gleicher Form und Flächentheilung, jedoch in rohere Ausführung des dort schwülstigen Arabesken⸗Ornaments im Museo Correo zu Venedig aufbewahrt wird. Der kreisrunde, wenig konvexe Schild trägt in der Mitte einen aus plastisch geschmiedeter Rosette heraus⸗ wachsenden Stachel. Die Schildfläche ist in mustergültiger Weise in radiale Abschnitte getheilt, in welchen das schön stilisirte Ornament abwechselnd auf hellem und dunkelem Grunde erscheint. Die Raute theilung des Randfrieses ist mit Rosetten und Männerköpfen in antikisirender Darstellung geschmückt. Große und kleine aufgesetz Buckeln beleben die Fläche in wirksamer Weise. Die ganze Komp sition ist in geätzter und gravirter Arbeit ausgeführt. — Auch die Mehrzahl der anderen Blätter dieser Lieferung veranschaulicht interessante und werthvolle Arbeiten des älteren Kunstgewerbes. So zeigt Tafel 37 zwei schöne alte Stühle aus der Sammlung des Dr. Figdor in Wien, und zwar einen Stuhl im Stil der französischen Renaissance des 16. Jahrhunderts und einen Abtsstuhl (deutsche Renaissance) aus dem 17. Jahrhundert (auf⸗ genommen von Franz Stifter und Wilibald Kolar in Wien). Auf dem nächsten Blatt sehen wir ein charakteristisches, in feiner Schmiede⸗ arbeit ausgeführtes Grabkreuz (16. Jahrhundert) aus der Samm⸗ lung der „Gewerbehalle“ in Kassel (aufgenommen von Georg Zimmer daselbst). Reiz⸗ und kunstvolle Schmiedearbeiten von origineller, phantasievoller Ornamentation sind auch die mitgetheilten Thür⸗ beschlääge von einem Schrank deutscher Arbeit des 17. Jahrhunderts im Kaiserlich österreichischen Museum zu Wien (aufgenommen von Anton Vaclavik daselbst) Als ein Werk des edelsten Renaissancestils aber wird uns ein Theil der mit erfindungsreichem, schwungvollem Relief⸗Ornament verzierten herrlichen Chorsa ranken aus der Kirche zu Enkhuizen dargeboten (aufgenommen von Prof. F. Ewerbeck in Aachen). — Endlich enthält die Lieferung zwei Tafeln mit modernen Entwürfen, und zwar zu einem schön komponirten Pokal (Renaissance⸗ stil) von Prof. A. Ortwein in Graz, und zu einem Schrank in Barock⸗ formen, von Georg Geißler in Ulm.
„ Landsberg a. W., 13. Juni. (W. T. B.) Die Zufuhren für den morgen beginnenden Wollmarkt finden rege statt. Tendenz ist fest, Preisaufschläge zweifellos. Die Wäschen sind vorzüglich. Das Schurgewicht ist geringer als im vorigen Jahre.
— 14. Juni. Vorm. (W. T. B.) Wollmarkt. An Zufuhren hier 3000 Ctr. Der Preisaufschlag beträgt 5 bis 8 ℳ Käufer sind hauptsächlich Neudammer und Forster. Feinste Dominialwolle 155 bis 160 ℳ, mittelfeine 140 bis 150 ℳ, Landwolle 115 bis 120 ℳ
Posen, 13. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Der Ver⸗ lauf des nunmehr beendeten Markts entsprach durchaus nicht den ge⸗ hegten Erwartungen. Vor Beginn des Markts war viel zu hohen Preisen abgeschlossen und am Tage vorher wurden noch hohe Forde⸗ rungen bewilligt, doch mit Beginn der Auktion schwächte sich das Geschäft stündlich ab und der Schluß war matt. Hochfeine Dominial⸗ wolle fehlte. Es notirten: feine Wolle 168 bis 180 ℳ, mittelfeine 150 bis 165 ℳ, mittelgute 130 bis 145 ℳ, Rustikalwoslle 112 bis 120 ℳ und ungewaschene Wolle 50 bis 58 ℳ
Wien, 13. Juni (W. T. B.) Ausweis der Karl⸗Ludwigs⸗ bahn (gesammtes Netz) vom 1. bis 10. Juni: 228 168 Fl., Minder⸗ einnahme 14 394 Fl., die Einnahmen des alten Netzes betrugen in derselben Zeit 169 556 Fl., Mindereinnahme 15 629 Fl.
— 14. Juni. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn vom 4. bis 10. Juni: 912 203 Fl., Mehreinnahme 157 658 Fl.
London, 13. Juni. (W. T. B.) An’ der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.
Bradford, 13. Juni. (W. T. B.) Wolle fest, Garne,
Stoffe belebt, stetig.
Warschau, 13. Juni. (W. T. B.) Die Einnahmen der Warschau⸗Wiener Eisenbahn⸗Gesellschaft betrugen im Mai cr. 29 000 Rbl. mehr als in demselben Monat des Vor⸗ jahres. — Die Einnahmen der Warschau⸗Bromberger Eisen⸗ bahn betrugen im Mai cr. gleich der vorjährigen Einnahme. 1
Submissionen im Auslande.
1. IalIi
Maddalena, Genio Milit. R Marina: 10 000 kg
2 000
31 500
50 000
1 000
1 400
1) 21. Jum. Eisen in Platten, verzinkt Eisen in Stäben öXXAX“ Blei in Platten Zinn und Proftleisen, zusammen Voranschlag 32 642 Lire. 2) 21. Juni. Ebendort: Fensterrahmen und andere Gegenstände von Eisen. Voranschlag 28 777 Lire. 3) 21. Juni. Ebendort. Balken und Bretter von Pitch⸗pine⸗ Holz. Voranschlag 26 836 Lire. 4) 26. Juni. Spezia, Direz. Art. R. Marina: Kurzwaaren 65 457,35 Lire, Schmiedewerkzeuge 37 856 55 Lire. In Aussicht stehend: Bei der Direktion der Mittelmeerbahnen in Mailand: Liefe⸗ rung von 16 160 t Stahlschienen.
II. Niederlande. 1) 24. Juni, Mittags. Ministerie van Kolonien Bureau) im Haag: Loos XIX. Eisenmaterial ꝛc. für Ueberdachung von 3 Lokomotiv⸗ und 4 Güterschuppen; Abth. V. Drahtnägel und Geräthschaften; Abth. VI. Waalklinker; Abth. VII. Ziegel;
für die Staatseisenbahnen auf Sumatras Westküste.
Bedingungen käuflich (für 2 Fl. pro Loos XIX. und je 0,25 Fl. pro Abtheilung V. — VII) beim Buchhändler Mart. Nyhoff im Haag. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen.
2) 1. Juli, 2 Uhr Nachmittags. Ministerie van Justitie in einem der Ministeriallokale im Haag: Lieferung von Band⸗, L.⸗, T.⸗, Stab⸗ und Platteisen u. A. m. für die Ryks Werkinrichtingen zu Veenhuizen.
Bedingungen käuflich für 0,27 Fl. bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag.
3) 10. Juli, 11 Uhr Vm. Ministerie van Waterstaat, Handel- en Nyverheid im Haag. Loos Nr. 128: Lieferung ꝛc. von zwei doppelten Baskule⸗Brücken über die im Bau begriffenen Schutz⸗ schleusen bei dem St. Antonie⸗Dyk, unterhalb der Gemeinde Diemen (Noordholland), gehörig zu den Arbeiten für den Kanalbau von Amsterdam bis zur Merwede. Schätzungswerth 64 200 Fl.
Bedingungen nach dem 26. d. M. käuflich bei den Buchhändlern Gebr. van Cleef im Haag
(Technisch