1889 / 161 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Jul 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ un Medizinal⸗Angelegenheiten. Der Kreis⸗Wundarzt des Kreises Niederbarnim, Dr. med.

Max Haebler zu Rüdersdorf, ist zum Kreis⸗Physikus des Kreises Nordhausen ernannt worden.

Bekanntmachung.

Anläßlich des 70. Geburtstages des Malers Professor Dr. Adolf Menzel, Kanzlers des Ordens pour le mérite, ist eine Stiftung errichtet worden, deren Zweck ist: jungen, befähigten Künstlern deutscher Abkunft, ohne Unterschied der Konfession, welche die Königliche akademische Hochschule für die bildenden Künste oder die Meister⸗Ateliers der Königlichen Akademie der Künste in Berlin besuchen, eine Unterstützung für ihre Studienzeit für ein oder mehrere Jahre zu gewähren.

Das Stipendium soll vorwiegend Malern und zwar solchen aus den höheren Klassen und Abtheilungen der Hochschule, resp. aus den Meister⸗Ateliers, zu Gute kommen, doch sollen hervorragend begabte junge Bildhauer nicht durchaus aus⸗ geschlossen sein (§. 1 des Statuts der Stiftung).

Das Stipendium wird zunächst nur auf ein Jahr bewilligt, darf jedoch auch zwei oder drei Jahre an denselben Bewerber hintereinander oder in Zwischenräumen bewilligt werden und soll in vierteljährlichen Raten pränumerando zur Auszahlung kommen (§. 4 des Statuts).

Bei den Bewerbungen, welche an den Direktor der Hoch⸗ schule für die bildenden Künste zu richten sind, sind folgende Schriftstücke einzureichen:

1) ein vom Bewerber verfaßter kurzer Lebenslauf;

2) amtliche Zeugnisse über den Besuch der Königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Künste oder der akademischen Meister⸗Ateliers und über Führung, Fleiß und Befähigung des Bewerbers; 3

3) Studien⸗Arbeiten und besonders Kompositionen, welche über die Befähigung des Bewerbers Aufschluß geben (§. 6 des Statuts).

Die Stipendiaten sind verpflichtet, im Falle sie das Stipendium nicht für ihr Studium auf der akademischen Fecschule für die bildenden Künste zu Berlin oder in den

eister-Ateliers verwerthen, über ihren Aufenthalt und ihre Thätigkeit dem Direktor der akademischen Hochschule für die bildenden Künste quartaliter Bericht zu erstatten. Mit Ablauf des zweiten Quartals haben die Stipendiaten eine Studien⸗ arbeit oder eine Kopie nach einem hervorragenden Werke der älteren Kunst oder eine Komposition, über deren Würdigkeit der Vorsitzende des Kuratoriums entscheidet, an die Königliche akademische Hochschule für die bildenden Künste als deren Eigenthum einzuliefern (§. 9 des Statuts).

Bei mangelhaftem Fleiße oder schlechter Führung des Stipendiaten kann demselben das Stipendium durch das Kuratorium entzogen werden (§. 10 des Statuts). £s.

Das Stipendium beträgt circa 800 Die Verleihung desselben geschieht am 8. Dezember; die Ratenzahlungen erfolgen jeweils am 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober gegen Quittungen, welche vorher dem Unterzeich⸗ neten zur Bescheinigung vorzulegen sind.

Geeignete Bewerber haben ihre Gesuche mit den in Vor⸗ stehendem geforderten Attesten und Arbeiten bis zum 15. Ok⸗ tober d. J. an den unterzeichneten Vorsitzenden des Kuratoriums einzureichen.

Verlin, den 3. Juli 1889. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Dr. Adolf Menzel⸗Stiftung. A. von Werner,

irektor der Königlichen akademischen Hochschule für die

bildenden Künste.

Bekanntmachung.

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Gemäß §. 36 des Reglements vom 28. Dezember 1775 für die Königliche allgemeine Wittwen⸗Verpflegungs⸗Anstalt werden in nachfolgendem Verzeichniß die Nummern der Receptions⸗ Scheine bekannt gemacht, von welchen die Beiträge gegenwärtig für einen, zwei oder drei Termine rückständig sind.

Die Restanten für einen und zwei Termine werden hiermit auf⸗ gefordert, im nächsten Termine, den 1. Oktober d. J. die Rückstände nebst der reglementsmäßigen Strafe und dem sodann fälligen Bei⸗ trage, also überhaupt das Dreifache bezw. das Siebenfache eines Sete. zu berichtigen. Die Restanten für zwei Termine, welche dieser Aufforderung keine Folge leisten, werden, soweit ihre Beitrags⸗ rückstände nicht event. durch Abzüge vom Gehalt oder der Pension zu berichtigen sind, mit Verlust der versicherten Pensionen aus der An⸗ stalt ausgeschlossen werden.

Den Restanten für drei Termirne wird bekannt gemacht, daß sie aus der Anstalt ausgeschlossen und ihre Receptions⸗Scheine ungültig geworden sind.

Berlin, den 28. Juni 1889.

General⸗Direktion 1 der Königlich preußischen allgemeinen Wittwen⸗Verpflegungs⸗Anstalt. Freiherr von Lentz.

Nachweisung

der Receptionsnummern derjenigen Interessenten, welche für die Ter⸗ mine vom 1. April 1889 und 1. Oktober 1888 sowie 1. April 1888 mit ihren Beiträgen im Rückstand geblieben sind.

a. Restanten für einen Termin.

33 577 35 398 36 757 37 425 40 589 40 746 43 853 44 226 44 471 44 955 45 023 46 403 b 47 292 47 723 48 967 49 251 50 229 52 400 52 627 53 106 53 706 54 820 55 192 56 316 56 546 56 900 56 911 58 000 59 255 59 583 59 790 59 921 60 545 61 060 61 071 62 823 63 275 63 277 63 793 64 038 64 395 64 834 66 086 66 368 66 481 67 111 67 618 67 901 68 090 68 619 68 740 68 904 68 930 69 179 69 268 69 655 71 284 71 285 71 332 71 335 71 400 72 306 72 599 72 940 73 044 b 73 381 74 165 74 523 74 636 74 904 75 629 75 977 76 036 76 140 76 902 77 695 77 912 78 432 79 147 79 423 79 532 79 599 80 294 80 390 80 652 80 668 80 669 81 493 81 681 82 038 82 045 82 623 82 654 82 834 83 185 83 668 83 958 84 132 84 556 84 637 84 708 84 970 85 178 85 326 86 127 86 486 a/b 87 097 87 863 88 490 88 501 88 706 89 344 89 350 89 444 90 054 90 208 90 421 90 517 90 521 90 877 91 093 91 644 92 273 93 073 93 173 93 274 93 971 94 711 95 469 95 657 95 769 96 301 96 567 96 771 96 832 96 928 97 147 97 382 98 609 99 007 99 613 99 958 100 542 100 934 101 687 102 769 103 336 103 402 103 408 b 104 480 105 279 106 473 106 891 107 894, 107 93 108 122 109 632 110 115 110 412 110 466 110 582 110 598 110 703 111 570 111 875 112 686 113 112 113 563 113 687 113 771 114 368 114 492 114 705 115 845 116 076 116 077 116 664 116 742 117 276 117 633 117 644 117 875 117 922 117 942

43 982 48 665 54 014 58 527 62 553 65 059 68 582 70 231 72 781 75 180 78 141

Wetter ist schön

118 019 118 110 118 185 118 500 118 583 118 629 118 771

118 956 118 985 119 195 119 214 119 229 119 233 119 249

119 356 119 371 119 373 119 429. b. Restanten für zwei Termine. 43 967 56 404 70 997 79 333 83 201 85 027 94 859 96 711 97 587 102 582 103 019 105 867 109 984 110 182 113 229 114 945 115 292 116 924 117 746 118 488 118 620 118 680.

c Restanten für drei Termine, welche ausgeschlossen worden sind.

64 481 77 385 83 717 83 817 86 091 96 209 107 853 116 340

117 624 118 250.

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Bekanntmachung.

Bei der dem Plane gemäß am heutigen Tage vor Notar und Zeugen stattgefundenen 54. Prämienziehung des vormals Kurhessischen, bei dem Bankhause M. A. von Rothschild u. Söhne in Frankfurt a. M. aufgenommenen Staats⸗Lotterie⸗ Anlehns vom Jahre 1845 sind auf die 6000 Nummern der am 1. Dezember v. J. und am 1. Juni d. J. gezogenen 240 Serien die im beigefügten Verzeichnisse I aufgeführten Prämien gefallen.

Die Auszahlung dieser Prämien findet, gegen Rückgabe der Prämienscheine, vom 15. Dezember d. J. ab täglich, mit Ausnahme der Sonn⸗ und Festtage, bei dem obengenannten Bankhause oder bei der Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse dahier statt.

Die Erhebung der Prämien kann jedoch auch bei allen übrigen Königlichen Regierungs⸗Hauptkassen, sowie bei der Kreiskasse in Frankfurt a. M. und der Königlichen Staatsschulden⸗Tilgungs⸗ kasse in Berlin geschehen, in welchem Falle die Prämienscheine bereits vom 1. Dezember d. J. ab bei der betreffenden Kasse eingereicht werden können, da dieselben zunächst an die Regierungs⸗Hauptkasse in Kassel zur Festsetzung übersandt werden müssen.

Zugleich werden die Inhaber solcher Prämienscheine obigen An⸗ lehns, welche zu einer der im weiter beigefugten Verzeichnisse II auf⸗ geführten Serien gehören, zur baldigen nachträglichen Erhebung der darauf gefallenen Prämienbeträge, gegen Ablieferung der Prämien⸗ scheine hiermit aufgefordert. 1 8

Endlich wird auf das unter III beigefügte Verzeichniß amor⸗ tisirter Prämienscheine, sowie auf das Verzeichniß 1V derjenigen Prämienscheine, deren Verjährung eingetreten ist oder in dem nächsten

Jahre eintreten wird, aufmerksam gemacht.

Kassel, den 1. Juli 1889. 8 Der Regierungs⸗Präsident Rothe.

Abgereist: Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Präsident des Königlichen Ober⸗Verwaltungsgerichts, Persius, nach Tirool. 8

Richtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 10. Juli. Von der Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs am Mittwoch den 3. und Donnerstag den 4. Juli nach Stavanger und weiter durch den Hardanger Fjord geht uns nachträglich folgender Bericht zu: Nach einer gut verbrachten Nacht erschienen Se. Majestät am Mittwoch, den 3., Morgens gegen 7 ½ Uhr auf Deck. Das Wetter war anhaltend schön und still geblieben. An Stelle der SW.⸗Dünung machte sich indeß eine solche aus Norden, dem vor⸗ herrschenden Winde an der norwegischen Küste, bemerkbar, welche leichte Schiffsschwankungen zur Folge hatte. Bald indessen wurde Schutz hinter den an der Küste zahlreich zer⸗ streuten Scheeren gefunden, sodaß von 10 Uhr ab die Hacht so ruhig dahinglitt, als ob sie sich im Kieler

afen bewegte. Um 11 ¾ Uhr Vormittags ankerten die Nacht und der Aviso „Greif“ vor Stavanger. Se. Majestät empfingen in der schwedischen Admiralsuniform den deutschen Konsul Falk, nahmen die Meldung des Feldjäger⸗Lieutenants von Bassewitz entgegen, welcher Briefschaften und Depeschen in Empfang nahm, und befahlen die Fortsetzung der Fahrt nach eingenommenem Lunch um 21 ½ Uhr. Auf der Weiter⸗ fahrt wurde alsbald der Karmsund erreicht, von dem aus demnächst in den Hardanger Fjord eingebogen wurde. Diese Fahrt nahm das Interesse Sr. Majestät in besonders hohem Grade in Anspruch, vorwiegend mit Rücksicht auf die Eis⸗ und Schnee⸗ massen des Folgefond, welche überall hereinblicken. Erst um 10 ³¾ Uhr ankerte die Nacht bei Sandven im Noreimsund.

„Am folgenden Tage begaben Sich Se. Majestät der Kaiser und König in einem hellen Jagdanzuge um 8 ¾ Uhr Morgens an Land, gingen mit Begleitung nach dem ½ Stunde entfernten Wasserfall im Steinsdal, welcher etwa 30 m hoch über eine Felswand hinabfällt, und kehrten gegen 11 Uhr mittelst Karriol nach der Landungsstelle zurück. Demnächst angelten Se. Majestät vom Boot aus bis gegen 12 ¼ Uhr und befahlen alsdann die Weiterfahrt nach Odde im Sör Fjord.

Aus Bergen, 9. Zuli, liegt folgende telegraphische Mit⸗ theilung des „W. T. B.“ vor: 1

„Se. Majestät der Kaiser machte gestern eine Rundfahrt durch den Hafen und stattete dem englischen Admiralsschiff „Northumberland“ einen Besuch ab. Heute Morgen 9 Uhr verließ S. M. Nacht „Hohenzollern“ den hiesigen Hafen unter dem Salut der norwegischen und britischen Schiffe, während die Musikkapellen die deutsche Nationalhymne spielten. Se. Majestät der Kaiser stand auf der Kommandobrücke. Das

11“

Die Erste Beilage des „Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeigers“ enthält: „Uebersicht der in den deutschen Münz⸗ stätten bis Ende Juni 1889 stattgehabten Ausprägungen von Reichsmünzen“, „Privilegium wegen Ausgabe auf den In⸗ haber lautender Anleihescheine der Stadt Altona im Betrage von 7 000 000 Reichswährung“, sowie „Personal⸗ veränderungen in der Armee“.

Württemberg. Stuttgart, 6. Juli. (Y) In der Sitzung der Kammer der Abgeordneten am 27. Juni wurde zunächst das Finanzgesetz für 1889/91 angenommen. In diesen zwei Jahren ist der Staatsbedarf festgesetzt auf zusammen 123,2 Millionen Mark. Derselbe wird gedeckt durch den zu 48,3 Millionen Mark veran⸗ schlagten Reinertrag des Kammerguts, 24,5 Millionen direkte und 49,9 Millionen indirekte Abgaben und 0,4 Millionen Mark Zuschuß aus der Restverwaltung. Sodann berichtete der Abg. Nußbaumer über die Bitte des Verwaltungsraths der „Stiftung für Studirende der Medizin“ in Stutt⸗ gart, um Schutz gegen ungerechtfertigtes Vorgehen der medizinischen Fakultät in Tabingen über sol hen

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Studirenden, welche sich später mit Homöopathie befassen wollten. Die Empfänger von Unterstützungen aus dieser Stif⸗ tung müßten sich verpflichten, die erhaltenen Stipendien zurück⸗ zuzahlen, wenn sie später als homöopathische Aerzte wirken würden. Anläßlich der Bewerbung des genannten Vereins um die juristische Persönlichkeit hätten die Vereinsrech⸗ nungen eingereicht werden müssen, und auf diese Weise werde die medizinische Fakultät die Namen der Unter⸗ stützten erfahren haben. Einem der Unterstützten, welcher auf eine Assistentenstelle an der chirurgischen Klinik ernannt gewesen sei, sei herauf zugemuthet worden, sich zu ver⸗ pflichten, später nicht Homöopath zu werden. Da derselbe hierauf nicht eingegangen sei, si ihm die Stelle entzogen worden. Der Antrag der Kommissionsmehrheit, welche in den angeführten Kundgebungen gegen die Homöopathie eine Be⸗ einträchtigung der Freiheit der wissenschaftlichen For⸗ schung und Ueberzeugung erblickt, ging dahin, die be⸗ treffende Eingabe der Regierung zur Kenntnißnahme zu übergeben, derjenige der Kommissionsminderheit auf Uebergang zur Tagesordnung. Der Kanzler der Universität, Geheime Rath Dr. von Rümelin, sprach für den Minderheitsantrag. Die vorliegende Frage sei ganz unabhängig davon, wie man sich zur Homöopathie stelle; die Statuten des betreffenden Vereins bezweckten, Minderjährige, die zur Hochschule abgingen, durch Geldversprechen zu verpflichten, von vornherein einer bestimmten medizinischen Richtung zuzuschwören. Das sei ein Vorgehen, welches unmöglich gebilligt werden könne. Ein Vertrag mit Minderjährigen, welcher sie an der vollen Studienfreiheit hindere, sei nach seinem Erachten ein pactum contra bonos mores. Die Regierung dürfe sich dem nicht aussetzen, Statuten zu genehmigen, welche zu solchen Ver⸗ trägen führten. Der Staats⸗Minister des Kirchen⸗ und Schul⸗ wesens, Dr. von Sarwey, gab einige thatsächliche Erläuterungen zur Sache. Der akademische Senat berufe sich darauf, daß dem Vorstand der chirurgischen Klinik nicht zugemuthet werden könne, sich eines Gehülfen zu bedienen, der sich zu einer Heilmethode ausdrücklich verpflichtet habe, die von der medizinischen Fakultät nicht gebilligt werde; es liege die Befürchtung nahe, daß ein solcher Assistent nach andern als vom Vorstand be⸗ fohlenen Grundsätzen handeln könne. Der betreffende Stu⸗ dirende habe übrigens selbst auf die Stelle verzichtet, sodaß das Kult⸗Ministerium nicht in die Lage gekommen sei, eine materielle Verfügung in der Sache zu treffen. Der Minister schloß mit der Versicherung, daß die Wahrung der Freiheit der Vissenschaft, soweit sie nicht mit den Grundlagen des Staats und der Religion in Widerspruch gerathe, der Stolz der deutschen Kultus⸗Ministerien sei. Der Homöopathie sei freie Bahn ge⸗ geben, er bestreite, daß es Aufgabe des Staats sei, ihr durch Zwangsrzaßegegn Eingang in die Universität zu verschaffen. Bei der Abstimmung wurde der Antrag auf Tagesordnung mit 48 gegen 36 Stimmen, und ebenso der Antrag der Kom⸗ missionsmehrheit mit 43 gegen 38 Stimmen abgelehnt.

Am 28. Juni fand die Schlußsitzung der Abgeordneten⸗ kammer statt. Bei Berathung der abweichenden Beschlüsse der Kammer der Standesherren zu dem Entwurf des Haupt⸗ Finanz⸗Etats für 1889/91 wurde beschlossen, auf den diesseitigen Beschlüssen zu beharren. Sodann beantwortete der Staats⸗Minister des Innern, von Schmid, die von 54 Ab⸗ geordneten unterstützte Interpellation, betr. die Errichtung einer staatlich geleiteten Hagelversicherungs⸗Anstalt für Württem⸗ berg. Württemberg gehöre zu den hagelgefährlichen Ländern. Durchschnittlich würden jährlich 10 730 ha mit einer Schadens⸗ summe von 2,3 Millionen Mark betroffen. Uebrigens sei diese Gefahr nicht nur nach den einzelnen Gegenden, sondern auch nach den Jahrgängen außerordentlich verschieden. Es gebe 197 Gemeinden, in denen es seit dem Be⸗ stehen einer Hagelstatistik (1828) nicht gehagelt habe, 329 mit nur 1 maligem, 371 mit nur 2 maligem und 306 mit nur Zmaligem Hagelschaden in dem genannten Zeitraum, dagegen 1 Gemeinde, die in diesen 60 Jahren 1Smal vom Hagel zu leiden gehabt habe. Der Landes⸗ schaden schwanke von 7 Millionen Mark (1873) bis 360 000 (1886). In Württemberg habe 1831 1863 eine württembergische Hagelversicherungs⸗Anstalt mit 15 000 Fl. Staatssubvention bestanden, welche durchschnittlich 22,26 Proz. Schadensver⸗ gütung habe gewähren können. Seit 1863 sei das Hagel⸗ versicherungswesen in der Hand von Privatgesellschaften. Bei diesen seien im Durchschnitt der letzten 7 Jahre jährlich 13 Millionen Mark Felderträgniß versichert gewesen, etwa ½˖ des ganzen Erträgnisses. Diese Gesellschaften hätten in den letzten 5 Jahren über die ausbezahlten Entschädigungen 562 000 Erträgniß aus ihren württembergischen Versicherungen bezogen. Von dem Gedanken einer obligatorischen das ganze Land um⸗ fassenden Hagelversicherungs⸗Anstalt müsse zur Zeit abgesehen werden. Bei einem Einheitssatze für das ganze Land würde eine Summe umgelegt werden müssen, welche der bis⸗ herigen Staatssteuer gleichkäme, während die Schadens⸗ wahrscheinlichkeit je nach den einzelnen Gegenden im Verhältniß von 1:12 schwanke. Werde aber der Tarif nur einigermaßen in Verhältniß zu der Ge⸗ fahr gesetzt, so müßten einzelne Gegenden das Mehr⸗ fache der Staatssteuer bezahlen, Prämien, die sie zu leisten nicht im Stande seien. Dagegen erschien dem Minister die Einführung einer staatlich geleiteten und subventionirten Gegenseitigkeits⸗Anstalt mit freiwilligem Beitritt nach dem Muster der in Bayern vor 5 Jahren errichteten, nicht unmög⸗ lich. Dort habe der Staat ein Stammkapital von 1 Mill. Mark hergegeben, dessen Zinsen dem Reservefonds zuflössen. Daneben gewähre der Staat jährlich 40 000 Subvention. Dabei sei in Bayern ein sogenanntes Flurmaximum festgestellt, ein Höchstmaß der Versicherung der einzelnen Gemeinden. Dieses Flurmaximum bilde auch für Württemberg die Existenz⸗ bedingung für ein derartiges Institut. Da in Württemberg als einem kleinern Lande die Gefahrenrisiken näher aneinander erückt und die hagelempfindlichen Kulturen mehr vertreten eien als in Bayern, so werde eine württembergische Anstalt auch eines verhältnißmäßig größeren Staatszuschusses bedürfen, als die in Bayern bestehende. Der Minister schloß mit der Erklärung, daß die Regierung bereit sei, den Ständen einen Gesetzentwurf über Einführung einer staatlich geleiteten Hagelversicherungs⸗ Anstalt auf Gegenseitigkeit und mit freiwilligem Beitritt unter einem genügenden Staatszuschuß in absehbarer Zeit einzubringen. Nachdem mehrere Redner der Regierung für den in Aussicht gestellten Gesetzentwurf gedankt hatten, wurde der Haupt⸗ Finanz⸗Etat für 1889/91 mit allen abgegebenen 88 Stim⸗ men angenommen, und sodann das Königliche Vertagungs⸗ reskript verlesen.

In der Kammer der Standesherren wurde am 28. Juni bezüglich der noch bestehenden Abweichungen von den

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Kaiser und der Kaiserlichen

Beschlüssen der Abgeordnetenkammer zu dem Haupt⸗Finanz⸗ Etat Beitritt zu den vorliegenden Beschlüssen des andern

uses beschlossen und hierauf der Haupt⸗Finanz⸗Etat ein⸗ immig angenommen. Nach Verlesung des Königlichen Ver⸗ tagungsreskripts wurde ein Hoch auf den König ausgebracht und sodann die Sitzung geschlossen.

Baden. Karlsruhe, 9. Juli. (Karlsr. Ztg.) Se. Majestät der König von Rumänien kehrt heute Abend nach Frei⸗ burg bezw. Umkirch zurück, während Ihre Majestät die Königin zu Höchstihrer Mutter nach Segenhaus bei Neuwied reisen wird. Morgen früh begeben sich Ihre König⸗ lichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin nach Badenweiler, wo Höchstdieselben den Geburtstag Sr. Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs mit Höchstdemselben und Höchstdessen Gemahlin zu verleben gedenken, und beabsichtigen Abends hierher zurückzukehren. Am Sonntag erfolgte die Abreise Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Eugenie von Oldenburg, Höchstwelche Ihre Kaiserliche Hoheit die Prinzessin Wilhelm von Baden zu einem Aufenthalt in Bad Morgins, Kanton Wallis in der Schweiz, begleitet.

Hessen. Darmstadt, 10. Juli. (W. T. B.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog, die Prinzessin Heinrich von Preußen mit dem Prinzen Waldemar und Ihre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Alix sind heute Vormittag, von Mainz kommend, hier eingetroffen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 9. Juli. (Th. C.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin haben sich heute zu längerem Aufenthalt von hier nach Wilhelmsthal bei Eisenach begeben.

Mit dem 1. Januar n. J. tritt auf Grund des zwischen den thüringischen Staaten und Preußen vereinbarten Staatsvertrages zu den im Bezirk des gemeinschaftlichen thüringischen Ober⸗Landesgerichts Jena bestehenden zwei Schwurgerichtsbezirken Meiningen und Gera ein dritter, der den Landgerichtsbezirk Weimar, das Fürstenthum Schwarzburg⸗ Rudolstadt und die preußischen Amtsgerichte Ziegenrück und Ranis, und die diesseits des Thüringer Waldes gelegenen Theile des Herzogthums Sachsen⸗Meiningen umfaßt. Bis auf Weiteres werden die Sitzungen des Schwurgerichts in Weimar abgehalten werden.

Wien, 9. Juli. (W. T. B.) Ungarische Delegation. Berathung des Budgets des Ministeriums des Aeußern. Der Referent Falk hebt hervor, daß gegenwärtig alle europäischen Großmächte, offiziell wenigstens, die Politik der Vertragstreue acceptirten, und daß diese Uebereinstimmung es ermögliche, mit allen Mächten ute Beziehungen zu unterhalten, daß damit aber auch die Herisaügen für die Stabilität dieser guten Beziehungen und die Grenze ihrer Dauer deutlich bezeichnet seien. Dieser Erfolg sei größtentheilzs dem mitteleuropäischen Friedensbunde zu verdanken. Dem gegenüber besäßen gewisse Ereignisse in einem oder dem anderen Orientstaat eine untergeordnete Bedeutung. Bezüglich der Grundprinzipien der Orientpolitik habe sich der Ausschuß auf keine Details eingelassen, um die Bestrebungen Jener nicht zu fördern, welche es nicht wagen, eine Aenderung in der Lage Europas offen anzustreben. Der vorsichtige Ton des Berichts des Ausschusses dürfe nicht mißdeutet werden, da Oester⸗ reich⸗Ungarn soweit als nothwendig, reichliche Kraft zur Verfügung stehe. Apponyi trat der Unterschätzung der Ereignisse in „einem oder dem anderen Orientstaate“ ent⸗ gegen. Nach kurzer Debatte, an welcher sich Theodor Andrassy, Keglevich, Horvath und Czernatony betheiligten welch Letzterer erklärte, er sehe der Politik des Ministers des Aeußern sehr beruhigt entgegen —, wurde das Budget an⸗ genommen.

Großbritannien und Irland. (W. T. B.) Im Oberhause beantragte Lord Castle⸗ town das sofortige Vorgehen Englands behufs Er⸗ langung einer hinreichenden Entschädigung von Portugal für die britischen Aktionäre der Delagoa⸗Bahn An⸗ gesichts der ungerechten Konfiszirung dieser Bahn. Lord Salisbury trat diesem Antrage als verfrüht entgegen und erklärte, wenn die Behauptungen der Bahn⸗ gesellschaft, welche die portugiesische Regierung bestreite, sich bestätigten, so sei das Peroehen Portugals ein durchaus un⸗ gerechtes. Die portugiesische Regierung sei davon verständigt, daß sie für den Schaden der englischen Kapitalisten eventuell verantwortlich sei. Lord Castletown zog hierauf seinen An⸗ trag zurück.

Das Unterhaus beschloß, dem Antrage der Regierung gemäß, die Berathung über die Apanagen der Mitglieder der Königlichen Familie einem Sonderausschuß zu über⸗ weisen. Alle von den radikalen Deputirten gestellten Anträge wurden mit großer Majorität abgelehnt.

(Allg. Corr.) Der Sonderausschuß des Hauses der Gemeinen, welcher den künftigen Modus der Dotirungen von Mitgliedern der Königlichen Familie feststellen soll, be⸗ steht aus 23 Mitgliedern, von denen 11 Konservative, 2 liberale Unionisten, 8 Gladstonianer und 2 Parnelliten sind.

Frankreich. Paris, 9. Juli. (W. T. B) Die Beisetzung der Gebeine von Carnot, Marceau und Latour d'’'Auvergne im Pantheon ist auf den 4. August d. J. festgesett. Der Minister des Aeußern, Spuller, hat dem Botschafter in Berlin, Herbette, die Weisung ertheilt, die preußische Regierung um die Erlaubniß zu ersuchen, die Ueberreste von Carnot und Marceau nach Frankreich über⸗ führen zu dürfen. 8

Die Deputirtenkammer nahm das Militärgesetz in der von dem Senate beschlossenen Fassung an. In Beantwortung der Interpellation de Lanessan’s er⸗ klärte der Marine⸗Minister Krantz, daß die Regierung beabsichtige, einen Nachtragskredit von 58 Millionen Francs für den Bau von Kriegsschiffen zu vsce Der Minister⸗Präsident Tirard bemerkte: wenngleich auch die Regierung auf die finanziellen Hülfsquellen Rücksicht zu nehmen habe, so werde sie doch keinen Augenblick zögern, sich an den Patriotismus der Kammern zu wenden, wenn neue Opfer für die Vermehrung der Flotte nothwendig seien. Die ein⸗ fache Tagesordnung wurde hierauf angenommen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. Juli. (W. T. B.) Die Keaiserliche hoch „Zarewna“ mit dem amilie an Bord, ankerte,

Oesterreich⸗Unga

London, 9. Juli.

nach den zuletzt hier eingegangenen Nachrichten, vor Abo und sollte von da den Kurs nach Osten nehmen. Grofßfürst Peter Nikolajewitsch ist nach Cettinje abgereist, um seine künftigen Schwiegereltern, den Fürsten und die Fürstin von Montenegro, zu besuchen.

Serbien. Belgrad, 9. Juli. (W. T. B.) Der König ist heute Abend 5 ½ Uhr hier wieder eingetroffen.

Afrika. Fanzib ar, 9. Juli. (W. T. B.) [Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“.! Hauptmann Wißmann griff gestern Pangani an und besetzte die Ortschaft, nach Beschießung durch die Geschütze, ohne Verluste. Die Ein⸗ geborenen zogen sich zurück.

9. Juli. (W. T. B.) Pangani ist gestern von den deutschen Truppen ohne Verluste eingenommen worden.

Egypten. Kairo, 9. Juli. (W. T. B.) 600 Mann englische Infanterie und eine Escadron Husaren haben Befehl erhalten, gegen das Ende der Woche nach Assuan abzugehen.

Zeitungsstimmen.

„In seinem zweiten Artikel über „Besn Jahre So⸗ zialpolitik“ bemerkt der „Düsseldorfer Anzeiger“:

„EEin großes Verdienst der sozialpolitischen Gesetzgebung ist es, daß sie den besitzenden Klassen die Fürsorge für die Mittellosen und Hülfsbedürftigen in ganz anderer Weise als christliche und soziale Pflicht nahegelegt hat, als dies bisher lediglich nach den Lehren der Religion und der Humanität der Fall war. Jetzt besteuert das Gesetz erstlich die Besitzenden (die Betriebsunternehmer, in der Un⸗ fall⸗ und der Invaliditätsversicherung zu Gunsten der Mittellosen) und dann noch einmal die Gesamm heit, das Reich, durch Auf⸗ erlegung des Reichszuschusses, Der soziale Gesichtspunkt, der früher fast ganz unberücksichtigt blieb, ist jetzt bei der gesammten Gesetz⸗ gebung, in unserem ganzen öffentlichen Leben mit ausschlaggebend ge⸗ worden, der Wohlfahrtszweck des Staates hat seinen lange entbehrfen Platz ebenbürtig neben den anderen Staatszwecken erhalten. Die praktischen Folgen werden sich boffentlich schon in einigen Jahren nicht nur in der Zunahme des Wohlergehens der ärmeren Klassen, in einer beträchtlichen Minderung der Noth, sondern in weiterer Konsequenz auch in der Abnahme der Verbrecherstatistik erweisen, welche ja leider mit der Armenstatistik in einem nur zu engen Zu⸗ sammenhange steht.

Was in dieser Beziehung allein durch die Unfallversicherung im Jahre 1888 geleistet worden ist, ergiebt die Thatsache, daß die Be⸗ rufsgenossenschaften über 20 000 Unfälle im Betrage von fast 10 Mil⸗ lionen Mark zu entschädigen hatten. Von diesen Unfällen hatten 3580 den Tod, 2750 eine dauernd völlige, 10 470 eine dauernde theil⸗ weise und 3866 eine vorübergehende Erwerbslosigkeit zur Folge. Um diese 10 Mill. Mark hat sich also in dem einen einzigen Jahre allein aus der Unfallversicherung die Lage der ärmeren Klassen verbessert. Diese Zahlen werden naturgemäß das Bestreben der Berufsgenossen⸗ schaften steigern, Unfälle thunlichst zu verhüten, möglichst unmöglich zu machen ein Bestreben, in welchem der reiche Segen der Unfall⸗ versicherung deutlich erkennbar zu Tage tritt.

Wahrlich, so lange es eine Weltgeschichte aiebt, hat kaum e ein Monarch so tief und segensvoll in die gesammten sozialen Ver⸗ hältnisse seines Volkes eingegriffen, wie Kaiser Wilhelm I. durch die Botschaft vom 17. November 1881.“

Die „Hallesche Zeitung“ führt aus, weshalb das alte Genossenschaftsgesetz die Betheiligung der oberen Schichten der Gesellschaft am Genossenschaftswesen verhindert und daß b Gesetz diese Hindernisse beseitigt habe. Weiter be⸗ merkt sie:

„Nachdem die Verhinderungen, welche zum Fernhalten berech⸗ tigten, gefallen sind, darf wohl die Forderung aufgestellt werden, daß alle Diejenigen, welchen „das praktische Christenthum“ nicht bloß leere Redensart ist, dieser großen Frage auch näher treten möchten. Betheiligt sich Bildung und Besitz an diesen Körper⸗ schaften, reicht der Starke dem Schwachen brüderlich die Hand, lo ist es unzweifelhaft, daß andere Früchte wie bisher gezeitigt

Während notorisch Geldüberfluß vorhanden ist, sodaß das Kapital unsichere Anlagen im Auslande sucht, ist der kleine Gewerb⸗ treibende und Gutsbesitzer allen Mängeln der Geldknappheit unter⸗ worfen und in dringenden Fällen einem schamlosen Wucher, der sich bezeichnend kurzweg unter Anderem Korn⸗, Vieh⸗ ꝛc. Wucher nennt, unterworfen. Es kann ferner nicht geleugnet werden, daß in vielen Industriezweigen Ueberproduktion mit ihren üblen Folgen, als niedere Löhne, Arbeitsmangel, zu lange Arbeitszeit, herrscht. Die Ueberproduktion ist aber nicht die Folge eines übertriebenen Er⸗ zeugens von Waare, für welche keine Abnehmer vorhanden sind; denn eine Anzahl mangelhaft gekleideter, ernährter, schlecht unterge⸗ brachter Menschen würden gern mehr als bisher konsumiren. Aber sie sind nicht im Stande, die vorhandene Waare zu bezahlen, weil ihr einziger Besitz, ihre Arbeitskraft, nicht ihrer Leistungsfähigkeit ent⸗ sprechend aus Mangel an Gelegenheit ausgenutzt wird Eine Reform des Genossenschaftswesens muß aber darauf gerichtet sein, Arbeitskraft in Tausch⸗, Kauf⸗ und Konsumkraft zu verwandeln.

Die bestehenden Genossenschaften haben das nur mangelhaft gethan; es fehlten ihnen hierzu zum Theil auch die finanziellen und geistigen Mittel. Wenn aber das Genossenschaftsgesetz hier nicht Wandel schafft, so wird die Ueberproduktion den Mittelstand verzehren, die Nährmutter der Sozialdemokratie, die Unzufriedenheit mit der eigenen wirthschaftlichen Lage wird wachsen und zu einer Katastrophe führen. Ein Umsturz des Bestehenden schafft nothwendiger Weise für die oberen Klassen, sei deren Stellung nun durch Bildung oder Besitz, oder durch beides erworben, die fühlbarsten Folgen. Beide betrachtet das Proletariat als zusammengehörig, und daher ist die gesammte Kultur von der rothen Internationale bedroht. Möchten doch die Angegriffenen den Parteihader vergessen, nicht achten das Trennende und hervorsuchen, was sie an geistigem und materiellem Besitz zu vertheidigen haben!

Was wird denn so Großes von den oberen Zehntausend verlangt? Sie sollen einen Bruchtheil ihres Vermögens nicht etwa ver⸗ schenken, sondern, indem sie sich an einer sozialreformatorischen Ge⸗ nossenschaft betheiligen, nutzbar anlegen, und, damit sie ihr zur Ver⸗ fügung gestelltes Geld vor Schaden bewahren, sollen sie einen Theil ihrer Zeit der Fördernng und dem Wohle der Verbindung widmen. Nichts hebt aber die geringeren Leute mehr, nichts ver⸗ mindert mehr die Vorurtheile und trägt so zur Versöhnung bei, als gemeinsame Thäͤtigkeit im Rahmen einer Korporation. Wenn man überlegt, daß Milliarden deutschen Kapitals in höchst zweifel⸗ baften ausländischen Papieren angelegt sind, deutsches Geld in fremden Ländern Gründungen ermöglicht, welche nur den Zweck haben, die deutsche Industrie, den heimischen Handel zu schädigen, daß unser gutes Geld, gegen zum Theil fragwürdige Papier⸗ fetzen eingetauscht, dazu dient, unseren geschworenen Feinden Kriegs⸗ waffen zu schmieden und dann bedenkt, daß deutsche genossen⸗ schaftliche Institute für den Geschäftsantheil 6 bis sogar 30 %, durchschnittlich 8 —810 % pro Jahr Dividende zahlen, dann scheint doch wahrlich das Risiko der Anlage bei Genossenschaften nicht so erheblich zu sein, daß die Vortheile des neuen Gesetzes von den bisher der Angelegenheit fern Stehenden ganz übersehen werden dürften.

Wenn der Geldstrom, welcher heute in feindliche oder gleich⸗ gültige Länder sich ergießt, dem kleinen Betriebe durch reformirte Genossenschaften zugeleitet wird, welch ein wirthschaftlicher Aufschwung kann dadurch möglich gemacht werden! Je mehr Existenzen aber zur wirthschaftlichen Selbständigkeit und Zufriedenheit geführt w ꝛden,

desto mehr verringert sich das Proletariat, desto größer wird die Zahl der Vertheidiger des Bestehenden und Ererbten, der Kultur überhaupt.“

Gewerbe und Handel.

Die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west

fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Die Haltung des rheinisch⸗ westfälischen Eisenmarktes läßt an Festigkeit, im Allgemeinen betrachtet, nichts zu wünschen übrig. Die Preise haben fast für sämmtliche Artikel ihre steigende Tendenz behalten und die Nachfrage ist eine lebhafte. Im Siegerländischen und Nassauischen ist das Eisenerz⸗Geschäft, wenn auch noch nicht auf der früheren Höhe, so doch flotter und die Vorräthe mindern sich. Lothringische Minette ging ebenfalls flott ab; die augenblicklichen Preise werden uns als fest und lohnend bezeichnet. Das Roheisen⸗Geschäft ist auch im Verlauf der vorigen Woche lebhaft geblieben. Für fast alle Sorten herrschte eine rege Nachfrage; die Preise sind sehr fest und haben steigende Tendenz. Die Erzeugung von Roheisen ist jedoch noch immer nicht auf ihrer gewohnten Höhe angelangt. Die Thatsache findet ihre Illustration durch die uns von verschiedenen Seiten zugehenden Berichte. Diesen zufolge können die Hütten, trotz der lebhaften Nachfrage, nicht alle Aufträge übernehmen, weil sie durch den Strike zu sehr in Rückstand gekommen sind. Von einer Seite wird uns mitgetheilt, daß man von dem bestellten Brennmaterial nur 3 Viertel erhalten habe. Was die einzelnen Roheisensorten anbelangt, so ist für Spiegeleisen die Nachfrage im Inlande eine gute, die vom Auslande her läßt jedoch noch sehr zu wünschen übrig. Die Lagervorräthe haben durch den großen Inlands⸗ bedarf meift ziemlich gut geräumt. Die Preise behalten ihre steigende Tendenz und sind im Verlauf der letzten Woche wieder um 1 pro Tonne erhöht worden. Der Fertigeisenmarkt ist andauernd leb⸗ haft geblieben, hat sich aber im Ganzen und Großen wenig geändert. Aufträge in Stabeisen laufen in befriedigender Anzahl ein; nur die ausländische Nachfrage läßt sehr zu wünschen übrig. Die Form⸗ eisenwalzwerke sind in flottem Betrieb, auch die Nachfrage nach Bandeisen ist eine unverändert lebhafte. Die Notirungen sind durchaus fest, nur die im Auslande zu erzielenden Preise lassen sehr zu wünschen übrig. Die Grobblechwalzwerke haben für ihre Fabrifate lebhaften Begehr zu verzeichnen und die Beschäftigung läßt nichts zu wünschen übrig. Auch Feinbleche werden in letzter Zeit flotter produzirt. Die Eisengießereien und Maschinen⸗ fabriken sind durchweg in befriedigender Thätigkeit, die Beschäf⸗ tigung ist eine regelmäßige; die vertheuerten Rohmaterialien machen jedoch auch hier den Gewinn etwas beschränkter. Die Lage der Bahnwagenfabriken ist unverändert.

Wien, 9. Juli (W. T. B.) Nach dem heute veröffentlichten Auszuge aus dem Uebereinkommen mit der Galizischen Carl⸗ Ludwigsbahn widmet die Gesellschaft für die Verzinsung und Tilgung der neu auszugebenden Prioritätsanleihe von 1890 ab die Pälfte der Reinerträgnißüberschüsse des Gesammtunternehmens, welche sich jeweilig aus dem letztverflossenen Betriebsjahre mit Hinzurechnung der aus früheren Jahren herrührenden Gewinnvorträge nach Bestreitung des Er⸗ fordernisses für die sozietären Auslagen, die Dotirung der gesellschaftlichen Fonds, die Amortisation des Aktienkapitals und für die Bezahlung einer 4 % Dividende der jeweils noch nicht amortisirten Aktien er⸗ übrigen sollten. Wenn und inwieweit solche Ueberschüsse nicht erzielt oder die Hälfte derselben zur Bestreitung der obigen Zinsen und des Tilgungserfordernisses nicht ausreichen sollten, wird die Staatsverwaltung der Gesellschaft im ersteren Falle das ganze Verzinsungs⸗ und Tilgungserforderniß, im letzteren Falle den nach Abzug der Hälfte des Ueberschusses er⸗ übrigenden Rest dieses Erfordernisses längstens acht Tage vor den Fälligkeitsterminen der Coupons und der Tilgungs⸗ quoten, als nicht rückzahlbaren Beitrag zu den Kosten des zweiten Geleises zur Verfügung stellen. Im Falle der konzessionsmäßigen Einlösung der Linien Krakau⸗Przemysl und Przemysl⸗ Lemberg durch den Staat, hat auch das zweite Geleise der betreffen⸗ den Linien in das Eigenthum des Staats überzugehen, gegen staat⸗ liche Bezahlung jener Annuitäten, welche zur Verzinsung und Tilgung des effektiven Kostenaufwandes für die Herstellung des zweiten Geleises der betreffenden Bahnlinie erforderlich sind.

London, 9. Juli. (W. T. B.) An der Küste 4 Weizen⸗ ladungen angeboten. Wollauktion. Wolle fest. Preise

unverändert.

Manchester, 9. Juli. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6 ¼, 30r Water Taylor 8 ⅞, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 88, 32r Mock Brooke 8 Q⅞, 40r Mapoll 9, 40r Medio Wilkinson 10 ½, 32r Warpcops Lees 8 ½, 36r Warpcops Rowland 9, 40r Double Weston 9 ⅞, 60r Double courante Qualität 13 ¼, 32“ 116 yds 16 % 16 grey Printers aus 32r/461 174. Fest.

New⸗York, 8. Juli. (W. T. B.) Weizen⸗Ver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 35 000, do. nach Frankreich 11 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 11 000, do. ron Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 45 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Orts.

10. Juli. (W. T. B) Der Werth der in der ver⸗ cangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 5 834 405 Dollars, gegen 6 340 756b Dollars in der Vorwoche.

Submissionen im Auslande.

b I. Niederlande. 8 1 1) Bis zum 15. Juli 1889. Nederlandsche Rhynspoorweg Maatschappy zu Utrecht: Lieeferung des eisernen Oberbaues einer Brücke über den festen 8 Durchlaß der Brücke über den Omval bei Amsterdam. Bedingungen zur Einsichtnahme bei dem Ingenieur van den weg der obigen Eisenbahn⸗Gesellschaft und ebenda käuflich für 1 Fl. 2) 15. Juli, 1 Uhr Nachmittags. Gemeente bestuur zu Dordrecht: Lieferung von 10 Stück Leiterwagen zum Dienst der Feuerwehr. Auskunft an Ort und Stelle. 3) 17. Juli, 11 Uhr Vormittags. Handel en Nyverheid im Haag: a. Lieferung ꝛc. von 3 Wasserkrähnen, b. Lieferung von beschlagenem Eichenholz zu Weichen, auf der Central⸗Personenstation zu Amsterdam für die Eisenbahn⸗ strecke Nieuwedip —-Amsterdam. . Schätzungswerth 3600 Fl. bezw. 5500 Fl. Auskunft an Ort und Stelle. 4) 18. Juli, 11 Uhr Vm. Ministerie van Marine im Haag im Gebäude der Marine⸗Direktion in Amsterdam: Lieferung von Segel, Flaggen⸗ und anderen Tuchen, Eisen⸗ werk und Geräthschaften, Wege⸗ und Meßwerkzeugen, Leder, Korb⸗ und Bürstenwaaren, Papier u. a. m. Auskunft im genannten Ministerium. 5) 19. Juli, 11 ½ Uhr Vm. Gemeente bestuur zu Arnhem im Gemeentehuis: - Loos Nr. 28, Legen von Cementabflußröhren mit zugehörigen Arbeiten in der Steenstraat und auf dem Rozendaalsche Weg. Schätzungswerth 10 500 Fl. Bedingungen käuflich für 0,50 Fl. in der Gemeente Secretarie zu Arnhem. 6) 29. Juli, 12 Uhr Mittags. Ministerie van Kolonien (Technisch Bureau im Haag): 3 Loos Nr. XX. Lieferung des metallenen Oberbaues von elf Eisenbahnbrücken für den Dienst der Staatseisenbahnen auf Sumatra. 1 Bedingungen käuflich für 1,50 Fl. bei dem Buchhändler Mart Nyhoff im Haag. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen.

Ministerie van Waterstaa