1889 / 173 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 Jul 1889 18:00:01 GMT) scan diff

enommen, und von letzteren seien von sse schon 16 untergebracht, für den Bau von 5 Kreuzern erster Klasse aber Submissionen eingefordert worden. Gegen September dürfte der Bau der übrigen Schiffe vergeben sein. Der Erste Lord des Schatzamts, Smith, legte den Bericht des Apanagen⸗Ausschusses vor, dessen Erörterung auf Donnerstag anberaumt wurde. Der Bericht befürwortet eine Erhöhung der Apanage des Prinzen von Wales um 9000 Pfd. Sterl. vierteljährlich, hält aber gleichzeitig die Berechtigung der Königin aufrecht, sich an das Parlament um Dotationen für andere Enkelkinder zu wenden. Mr. Gladstone's Zusatzanträge zu letzterer Bestimmung wurden von dem Ausschuß verworfen, und infolge dessen stimmten Mr. Morley und verschiedene andere Mitglieder des Ausschusses gegen jedwede Erhöhung der Apanage des Thronfolgers. Die von der Regierung vor⸗ geschlagene Erhöhung um 10 000 Pfd. Sterl. pro Quartal wurde auf Antrag Mr. Gladstone's auf 9000 Pfd. Sterl. herabgesetzt, welches Amendement die Regierung annahm, ohne es zu einer Abstimmung kommen zu lassen. Der Bericht fügt hinzu, daß, obwohl Präcedenzfälle vorhanden seien für die Gewährung staatlicher Dotationen an Seitenverwandte der Königlichen Familie, die Königin auf dieses Recht für die Kinder ihrer Töchter und jüngeren Söhne verzichte. Labouchere wird den Antrag auf Erhöhung der Apanage des Thronfolgers um 36 000 Pfd. Sterl. jährlich mit folgen⸗ dem Zusatzantrage bekämpfen: „Es möge der Königin eine Adresse überreicht werden, welche vorstellt, daß in dem Ermessen des Hauses der Gemeinen die gegenwärtig zur Ver⸗ fügung der Königlichen Familie stehenden Gelder vollauf hin⸗ reichen, um Fürsorge für die Enkelkinder der Königin zu treffen, ohne weitere Anforderungen an die Steuerzahler zu stellen, und daß, wenn weitere Summen erforderlich sind, die⸗ selben durch die Abschaffung der überflüssigen Aemter im Königlichen Haushalt erlangt werden sollten.“

An Stelle des Sir Henry Loch, welcher Gouverneur der Cap⸗Colonie geworden, wurde der Earl von Hope⸗ toun, Kammerherr der Königin, zum Gouverneur der Kolonie Victoria ernannt. Der Civil⸗Ingenieur und Theilhaber der Firmen Easton, Anderson u. Co., Anderson, hat den Posten des General⸗Direktors der Geschütz⸗ fabriken des Staats erhalten. b

Einer Meldung der „Times“ aus Durban (Süd⸗Afrika) zufolge sind dort Anstalten getroffen worden für den Aus⸗ bau der Delagoa Bay⸗Eisenbahn nach der portugie⸗ sischen Grenze.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Juli. (St. Pet. Ztg.) Der Kaiser hat anläßlich des Ablebens der Prinzessin Auguste von Hessen (Schwester der Königin von Dänemark) eine zweiwöchige Hoftrauer angeordnet. Die Königin der Hellenen ist am 18. Juli in Pawlowsk eingetroffen. Das gestern ausgegebene Bulletin über den Gesundheitszustand des Großfürsten Konstantin Nikola⸗ jewitsch lautet:

„Pawlowsk. 8. (20.) Juli, 9 Uhr Morgens Der Gesund⸗ hbeitszustand des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch verschlimmerte sich gestern gegen Abend. Es trat Schläfrigkeit ein, das Bewußtsein wurde zeitweilig gestört, die paralytischen Symptome der rechten Körperseite verstärkten sich, das Athmen war temporär unterbrochen, die Kräfte nahmen merklich ab; im Laufe der Nacht trat keine merk⸗ liche Besserung ein, am Morgen kehrte das Bewußtsein zurück, und um 4 Uhr nahm Se. Kaiserliche Hoheit bei vollem Bewußtsein das hl. Abendmahl.

reits 18 in Angriff 17 Kreuzern zweiter K

gez.: Akademiker, Professor J. Merzejewski. Dr. Dmitrijew.“ Ein Tele des stellvertretenden General⸗Gouver⸗ neurs von Turkestan an den Kriegs⸗Minister aus Taschkent d. d. 4. (16.) Juli meldet: „Die plötzlich aufgetretene Hitze nach dem langen kalten Früh⸗

ling, der einem schneereichen Winter gefolgt war, rief ein rasches

Schmelzen des Schnees in den Gebirgen hervor, in Folge dessen nicht dagewesene Ueberschwemmungen in den Kreisen Osch, Namangan und Margelan eintraten, die über die Bevölkerung viel Elend brachten. Dem Berichte des Militär⸗Gouverneurs zufolge sind viele Ländereien durch die Ueberschwemmung verdorben und im Laufe mehrerer Jahre für eine Bearbeitung untauglich, einige sogar vollständig unbrauchbar geworden; ebenso haben Brücken, Bauten, Irrigations⸗Einrichtungen gelitten. Außer dem Steuererlaß an die durch das Mißgeschick ruinirten La deigenthümer wird noch eine Geldhülfe Seitens der Re⸗ gierung für die Meistbetroffenen und Bedürftigsten erforderlich sein.“ 24. Juli. (W. T. B.) In dem Befinden des Groß⸗ fürsten Konstantin Nikolajewitsch ist eine Besserung eingetreten; derselbe vermag wieder einige Worte zu sprechen und einige Zeit außerhalb des Bettes sitzend zuzubringen.

Niederlande. Der M. „Allg. Ztg.“ wird aus dem Haag u. d. 20. Juli berichtet: Die Tagespresse beobachtet See. seit einiger Zeit das größte Stillschweigen über das Befinden des Königs, dasselbe läßt indessen nichts zu

wünschen übrig, und es darf daher auch hier das Wort „Keine Nachricht, gute Nachricht“ gelten. Freilich hat der König in der jüngsten Zeit sich nicht mehr im Freien gezeigt, doch muß dies dem Umstande zugeschrieben werden, daß das Wetter dies in der jüngsten Zeit verbot. Außerdem spürt der König seit seiner letzten Krankheit Beschwerden beim Gehen. Jetzt aber, wo sich die Witterung günstiger zu ge⸗ stalten scheint, wird derselbe voraussichtlich nächstens, wenigstens mit Hülfe eines Tragsessels, von neuem die freie Luft genießen können. Die Erste Kammer der Generalstaaten wird am nächsten Montag ihre Thätigkeit wieder aufnehmen. Der Prinz und die Prinzessin Albrecht von Preußen sind mit ihren drei Söhnen am vergangenen Mittwoch in Scheveningen eingetroffen, wo sich Ihre Königlichen Hoheiten bis zum 11. oder 12. n. M. aufzuhalten gedenken.

Belgien. Brüssel, 23. Juli. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute den Gesetzentwurf, welcher die belgische Regierung ermächtigt, sich mit zehn Millionen Francs am Bau einer Eisenbahn am Congo zu betheiligen, mit 88 von 94 Stimmen an.

SGriechenland. Athen, 21. Juli. (Ag. Havas.) Nach⸗

richten aus Kreta zufolge soll daselbst die mohamedanische Landbevölkerung in der I“ eines baldigen Auf⸗ standes den an der Küste gelegenen Städten zuströmen. In der Provinz Rhetymno haben die Christen ein mohameda⸗ nisches Dorf niedergebrannt. In der Provinz von Episkopi werden die Mohamedaner von den Christen an der Aus⸗ wanderung nach den Städten gehindert; drei Mohamedaner und ein Christ wurden daselbst getödtet.

Serbien. Belgrad, 23. Juli. (W. T. B.) Der „Male Novine“ zufolge wäre der Regent Ristics in Vranskabanja in Folge eines Schlaganfalls bedenklich

erkrankt. Der Redacteur der „Male Novine“, Pera Podorovic, wurde heute Vormittag Behufs Abbüßung einer dreißigtägigen Arreststrafe, zu welcher er wegen Beleidigung der Behörden verurtheilt worden war, verhaftet, na⸗ das betreffende Urtheil nunmehr rechtskräftig geworden ist. 24. Juli. (W. T. B.) König Milan ist heute Morgen 8 ½ Uhr hier eingetroffen und am Bahnhof von dem König Alexander, dem Regenten Protic, dem Metropoliten, den Ministern, den höheren Beamten und Offizieren, sowie den diplomatischen Vertretern Deutschlands, Oesterreich⸗ Ungarns, der Türkei und Rumäniens empfangen worden. Bulgarien. Sofia, 22. Juli. (Corr. de L'Est.) Prinz Ferdinand und die Prinzessin Clementine kehrten e nach Sofia zurück; Stambulow setzte seine Reise weiter fort.

Afrika. Egypten. Aus Assuan wird dem „Reu⸗ ter'schen Bureau“ unterm 22. d. M. gemeldet: „Wad⸗el⸗Njumi's Lage bleibt unverändert. Gestern wurde von dem Kanonenboot wieder eine Anzahl Derwische abgeschnitten. In Wady Halfa wurden Anstalten getroffen, um die Ver⸗ stärkungen, welche unterwegs sind, um zu Njumi zu stoßen, abzuschneiden. Der Bote, welcher die Antwort der Der⸗ wischführer auf die Proklamation des Generals Grenfell überbrachte, ist hier angekommen, begleitet von einem Mann, welcher als Doktor der Derwische fungirt und englisch spricht. Beide bestätigen die Angabe, daß der Anführer der Derwische seinen Marsch nach Norden fortzusetzen beabsichtigt, sobald Verstärkungen ankommen. Seine streitbaren Mannschaften sind zahlreich, und sie erlangen Wasser durch die Lagerknechte, welche als Sklaven und mit großer Grausamkeit behandelt werden; folglich desertiren viele derselben. Der Bote erzählt, daß, als Njumi General Grenfell's Manifest seinen Emirs und Mannschaften verlas, alle ihre Säbel zogen und ausriefen: „Keine Uebergabe“. Er sagt auch, daß Njumi nach dem Treffen bei Arguin dringliche Botschaften nach Dongola und Chartum sandte, worin er Verstärkungen verlangte und die Schwierigkeiten, auf welche er gestoßen, schilderte. Den neuesten Nachrichten zufolge sind die Verstärkungen für die Derwische unter Maku⸗ el⸗Nur auf dem arsche nach Ballana begriffen. Der Gesundheitszustand der britischen und egyp⸗ tischen Truppen ist trotz der großen Hitze vortrefflich. Der Nil fährt fort, rasch zu steigen. Alle entbehrlichen Truppen werden so rasch als möglich vorgeschoben. Das elfte sudanesische Regiment ging heute von Luxor nach Assuan ab. Das wallisische Regiment und die berittene Infanterie sind in Assuan angekommen und

setzten heute ihren Marsch den Fluß aufwärts fort.“ *

Zeitungsstimmen. Zur Charakteristik der Arbeiterkongresse in Paris entnehmen wir der „National⸗Zeitung“ Folgendes:

„Die zwei Arbeiterkongresse in Paris sind nunmebr geschlossen. Der Kongreß der Lelssetse hat als nächsten Zusammenkunftsort Brüffel erwählt. Ein Brüsseler Delegirter hat für die Wahl gedankt, wenn anch sein heimischer Stadtrath den Sozialisten kein so glänzendes Fest geben würde, wie der Pariser that. Die belgischen Arbeiter würden zum Empfang in zwei Jahren bereit sein, wenn nicht vielleicht schon in ein paar Monaten le coup de feu sie auf die Beine bringen würde, wozu sie immer zu Gebote ständen. Die Marxisten, unter denen die deutschen Sozialdemokraten die Leiter sind, haben ganz wie gewöhnliche Bourgeois sich die letzten Tage des Kongresses außer durch das Bankett im Stadthaus, durch ein Diner und einen Ball verschönt. Es wird die deutschen Arbeiter freuen, daß die Herren sich so famos in Paris amüsirt hbaben, wie aus ihren Berichten zu ersehen war. Ein belgischer Sozialist hat sich daher mit Recht bitter be⸗ klagen können, daß von der Arbeiterschutzgesetzgebung so wenig die Rede war; dagegen hat sich der Petroleumgeruch aus der Pariser Kommune mit dem Fortgang der Verhandlungen stärker und stärker über die Versammlung gelegt und schließlich hörte man kaum von etwas Anderem reden als von dem „Entscheidungskampf.“ Der Pariser Kongreß wird bei der Regelung der Gesetzgebung bezüglich 8E“ jedenfalls ein vielbesprochener Gegenstand werden.

Die Debatten und die Beschlüsse bewegten sich in den alten, ausgefahrenen Geleisen; es fehlte an jedem neuen Gedanken und die Redner des Marxisten⸗Kongresses verfielen 1fast alle, um überhaupt einen Abschluß ihrer Gedankenreihe zu finden, aus dem Sozial⸗ Politischen in das Revolutionär⸗Politische, indem sie als ceterum censeo immer wieder vorbrachten, wirkliche Abhülfe werde eben erst die große Revolution bringen, auf welche allseitig hinzuwirken sei. Liebknecht speziell erklärte, die parlamentarischen Wahlen und Debatten in den Einzelstaaten hatten doch eigentlich auch nur den Zweck, diese Revolution mit zur Reife zu bringen. Was in den kleineren, nach Nationalitäten und von anderen Gesichtspunkten aus zusammengesetzten Konventikeln berathen und beschlossen wurde, entzog sich natürlich der Oeffent⸗ lichkeit. Das Interessanteste und einzig Originelle an den ganzen Kon⸗ gressen war das ausgesucht glänzende Bankett, welches in den pracht⸗ voll dekorirten und erleuchteten Räumen des Stadthauses die „Ver⸗ treter des Proletariats aller Nationen“, und zwar beider Richtungen, für einige Stunden wirklich und wahrhaftig vereinigte. Gastgeber war der Pariser Stadtrath aus den Mitteln der Pariser Steuer⸗ zahler, und eine französische Militärkapelle spielte auf: gewiß ein interessantes Gemälde!“

Ueber denselben Gegenstand schreiben die „Mecklen⸗ burgischen Nachrichten“:

„Der in Paris tagende internationale Sozialistenkongreß nimmt, trotzdem auf demselben bisher nichts Neues und Positives zu Tage gefördert ist, doch die öffentliche Aufmerksamkeit in hohem Grade in Anspruch. In den letzten Tagen erstatteten die einzelnen Deputirten Bericht über den Stand und die Fortschritte der Bewegung in den von ihnen vertretenen Ländern. Wenn diese Berichte auch nur zur Hälfte wahr wären, so müßten die Fortschritte der Umsturzpartei, außer in Frankreich, wo die Possibilisten sich dissentirend verhalten und über die Fusionsvorschläge zur Tagesordnung übergingen, ganz bedeutende sein. Wenn auch nicht zu leugnen ist, daß die Bewegung in der That überall Fortschritte gemacht hat, so wird man doch mit gutem Grund die Stimmungsbilder, welche den Rednern ausnahmslos stürmischen Beifall eintrugen, zum größten Theil als prahlerische an⸗ sehen können. Ueber die sozialdemokratische Bewegung in Deutsch⸗ land berichtete der Abg. Bebel. Derselbe mahnte am Schluß seines Referats, die internationale Organisation immer mehr zu be⸗ festigen und die Kampfesmittel zu vervollständigen, um die auf dem Kongreß gefaßten Beschlüsse in Thaten umsetzen zu können, und der Kongreß stimmte ihm jubelnd zu. Was das für „Thaten“ sein sollen, laßte Hr. Bebel nicht deutlich, ein folgender sranzösischer Redner aber erklärte, ebenfalls unter stürmischem Beifall, von dem sich die deutschen Delegirten nicht ausschlossen, die französischen Arbeiter würden ebenso 7 wie früber, auch bei der künftigen sozialen Revolution Sieger ein! Daß die Parifer Commune seinerzeit ein schmähliches Fiasko gemacht hat, verschlägt dabei nichts.“

Und in der „Elberfelder Zeitung“ finden wir über den Verlauf des Kongresses folgende Bemerkung:

„Der Tag der Entscheidung“ hat in der Freitagssitzung des Marxistenkongresses in Paris wieder eine große Rolle gespielt und war jedes Mal bei seinem Erscheinen stürmischen Beifalls gewiß. Im Namen Ungarns sagte das ehemalige Mitglied der Pariser Commune, Frankl, aus Pest, daß im Moment der Entscheidung die

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ungarische Arbeiterbevölkerung wissen werde, wo sie zu stehen habe.

die Niederlande erklärte Nieuwenhuvs, daß die Arbeiter am Tage der Ent⸗ scheidung wie ihre internationalen Genossen „siegen oder sterben“ werden. Denselben Effekt erzielte ein Russe mit der Versicherung, daß das russische Volk zur Selbstbesinnung und damit zur sozialen Revolution gelangen werde. Auch die italienischen Arbeiter werden, wie Marino betheuerte, im Moment der Entscheidung nicht zurück⸗ bleiben. Was braucht da noch zum Schluß ein Anarchist den Rath zu geben, daß man sich endlich „aufraffen“ möge?“

Zur wirthschaftlichen Lage schreibt die „Deutsche volkswirthschaftliche Correspondenz“:

„Die Zeit, in welcher unsere Staatsmänner nach einer aufreiben⸗ den parlamentarischen Session ihre wohlverdiente Erholung genießen, die Zeit, in welcher sich unsere Abgeordneten nach ausnahmsweise langer und treuer Pflichterfüllung wieder ihren bürgerlichen Aemtern und Geschäften widmen, diese Zeit benutzen unsere freisinnigen Blätter der extremen Sorte nach Herzenslust um die neuen Er⸗ rungenschaften, welche das Vaterland der aufopfernden Thätigkeit unserer Staatsmänner und parlamentarischen Körperschaften zu danken hat, berunter zu ziehen und zu zerpflücken. Hat sich diese demagogische Thätigkeit nun lange genug gegen die neuen sozialpolitischen Gesetze gerichtet, so ist vor allen Dingen die herrschende Wirthschaftspolitik wieder dazu ausersehen, um dem ganzen Unmuth unserer Gegner Stand zu halten. Indem sie nämlich einerseits befürchten, daß die neuen sozialpolitischen Ge⸗ setze ihnen den Boden vollkommen unter den Füßen wegnehmen werden, gießen sie andererseits vornehmlich deshalb jetzt wieder allen Groll ihres manchesterlichen Gemüths über die herrschende Schutz⸗ zollpolitik aus, weil deren immer stärkere Wurzelfassung im Volk sie besonders ärgert. Möge unsere Manchesterpartei nur getrost der deutschen Großindustrie ohne Unterlaß vorwerfen, daß sie den be⸗ stehenden Zollkrieg zwischen den Nationen entfesselt habe und allein datür verantwortlich zu machen sei, wenn wir in unseren Export⸗ bestrebungen auf Hindernisse stoßen, so mehren sich trotzdem fortge⸗ setzt die Beweise dafür, daß der große Umschwung in den handels⸗ politischen Anschauungen im Wesentlichen spontanen Erwägungen der einzelnen Völker und Regierungen entsprossen ist. Man könnte sich doch sonst auch schwer erklären, daß heute, nachdem in allen Staaten die wichtigsten Errungenschaften der Schutzzollpartei längst unter Dach gebracht sind, in den uns nahe benachbarten und auch größtentheils eng befreundeten Ländern fortgesetzt neue Versuche in der Richtung der Schutzzollpolitik unternommen werden. Der Gedanke einer natio⸗ nalen Wirthschaftspolitik ist eben so pollständig durchgeschlagen und beherrscht derartig nicht allein die viel geschmähten industriellen In⸗ teressepolitiker, sondern überhaupt die große Masse der Bevöl⸗ kerung, daß er jetzt schon ganz als etwas Selbstverständliches hinge⸗ nommen wird. 8

Es ist nun ebenso charakteristisch für die Lage der Dinge, daß, abgesehen von Rußland, man in Oesterreich⸗Ungarn immer noch nach neuen Zollerhöhungen ruft. Charakteristisch ist es namentlich, daß Ungarn, dieses für unser Nachbarreich Oesterreich⸗Ungarn in so vielen Dingen maßaebende Land, keineswegs mehr das Freihandelsland vom reinsten Wasser ist, als welches es einstmals galt, sondern daß sich auch seine Staatsmänner längst zu der Ansicht bekehrt haben, es sei an der Zeit, auch in Ungarn eine Industrie unter Zuhülfenahme hoher Schutzzölle ins Leben zu rufen. Namentlich hat die große Produktion von Textilrohstoffen in diesem Lande die Regierung seiner Zeit dazu geführt, die Anlage von Textilfabriken in jeder Weise zu begünstigen, ja es ist nicht unwahrscheinlich, daß Ungarn in diesem Zweige der Industrie uns dereinst noch eine lästige Konkurrenz zu bereiten in den Stand gesetzt wird.

Fassen wir Frankreich ins Auge, so können wir uns nicht wun⸗ dern, wenn die zum überwiegenden Theile schutzzöllnerische Deputirten⸗ kammer ohne Unterlaß auf neue Zollerhöhungen sinnt und dieselben in erster Linie dem bestgehaßten Deutschland gegenüber ins Werk zu setzen sucht. Auch Italien, welches kürzlich seinen Wall von Schutz⸗ zöllen erheblich erhöht hat, denkt nicht daran, von seiner jetzigen Wirthschaftspolitik abzulassen. Was dann endlich die nordischen Länder anlangt, so huldigt Dänemark bekanntlich ebenso einer streng schützenden Tarispolitik, wie Schweden ja jüngst ebenfalls den Weg der Protektionspolitik betreten hat.

Fragen wir uns nun, was Deutschland anfangen soll, um der⸗ artigen Bestrebungen wirkungsvoll entgegen zu treten, so kann es doch keine andere Antwort geben als die, daß wir, um uns wenigstens den heimischen Markt zu schützen, fortfahren müssen, gleichfalls unseren Zolltarif rationell auszubauen und etwaige Mängel desselben zu be⸗ seitigen. Allerdings verstehen wir nicht hierunter, neue bohe Zölle auf das Gerathewohl zu schaffen oder aber vorhandene blindlings ins Ungemessene zu erböhen Versuche, denen unsere Regierung ja erst jüngst im Reichstage direckt widerstanden hat —, sondern die noth⸗ leidenden Zweige des heimischen Gewerbfleißes zu unterstützen und andern Ländern gegenüber, falls sie ungünstige Tarife direkt gegen Deutschland aufstellen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.“

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 31. Inhalt: Verfügung: vom 11. Juli 1889;B. Wirksamkeit der für die An⸗ gehörigen der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenxrerwaltung bestebenden Wohlthätigkeitsanstalten für das Etatsjahr 1888/89 und für das Kalenderjahr 1888.

Nr. 32. Inbalt: Verfügung vom 17. Juli 1889. Postverkehr

Nr. 13. Inhalt:

mit Bayern und Württemberg.

Archiv für Post und Telegrapbie. lt I. Aktenstücke und Aufsätze: Die Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin. Beitrag zur Geschichte des badischen Pestwesens bis 1811. (Schluß.) Erkenntniß des Reichsgerichts über die Eigenschaft der Reichs⸗Fernsprechanlagen als öffentliche Telegraphenanstalten im Sinne des Gesetzes. Die Entwickelung der Post und Telegraphie in Breslau. II. Kleine Mittheilungen: Der deutsch⸗italienische F⸗J⸗graphenverkehr während des Besuchs des Königs und des Kro⸗ von Italien am Hofe zu Berlin. Egyptische Eisenbah hemalige Prschewalski'sche Unter⸗ , Ueber ein postantsches Wettrennen. Die französische Post⸗Sparkasse im Jahre 1887. Bestrafung der vorsätzlichen Be⸗ schädigung einer Telegraphenlinie. Das Postwesen in den Straits Settlements im Jahre 1888 III. Literatur des Verkehrswesens: Das Wagenpferd und die Fahrkunst. Illustrirtes Handbuch für Fuhr⸗ werksbesitzer und Fahrer von Fr. Eberhardt. Leipzig, Verlag von R. Bredow. 212 Seiten. Preis 3 IV. Zeitschriften⸗Ueberschau.

Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts. Nr. 30. Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Typhus und Scharlach in der Schweiz. Berichte des ärztlichen Gesundbeitsbeamten vom Londoner Hafen 1888. Sterbefaͤlle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Ein⸗ wohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Er⸗ krankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Sterblichkeit in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern 1888. Cholera in Ost⸗Indien. Witterung. Grundwasserstand und Bodentemperaturen in Berlin und München im Mai. Zeitweiliße Maßregeln gegen Volks⸗ krankheiten. Thierseuchen. Rinderpest in Rußland. 1. Viertel⸗ jahr 1889. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. Mexininal⸗ gesetzgebung ꝛc. (Preußen. Berlin). onntagsruhe auf dem Central⸗Viehhof. (Württemberg.) Beobachtung von Thieren, welche mit milzbrandkranken ꝛc. Thieren in Berührung gekommen sind. Desgl. von rotzverdächtigen Pferden. Maul⸗ und Klauenseuche. Taxe für thierärztliche Gesundheitszeugnisse. (Hessen.) Impflisten und Impfberichte. (Mecklenburg⸗Schwerin) Fuhrkosten der Hebammen. (Schwarzburg⸗Rudolstadt.) Ausführung des Vieh⸗ seuchengesetzes. (Bremen.) Einführung und Untersuchung ge⸗ schlachteten Fleisches. Rechtsprechung. (Reichsgericht) Fahrlässige

Tödtung durch irrthümlicke Arzneiverordnung. Kongresse Beschlüsse des VI. internationalen Kongresses für Hopgiene und Demographie zu Wien. (Schluß.) Sanitätskonvention in Hastings Mich. Ver⸗ mischtes. Dertlichkeit und Bevölkerung Moskaus. Geschenkliste.

Statistik und Volkswirthschaft.

Antheil Deutschlands am Handel Griechenlands.

Im „Handelsmuseum“ wird der Jahresbericht des K. K. öster⸗ reichisch⸗ungarischen Konsulats Piraeus⸗Athen für 1888 veröffentlicht, welchem wir nachstehenden, den Antheil Deutschlands am Handel Griechenlands betreffenden Passus entnehmen:

„Von der durchwegs zu beobachtenden Rückwärtsbewegung der Importziffern machen nur Deutschland, Frankreich und Belgien eine Ausnahme mit einer Steigerung von 830 204, 526 138 und 499 380, während die Vereinigten Staaten von Amerika in diesem Jahre zum ersten Male als Importprovenienz, und zwar mit einer namhaften Kaffeesendung erscheinen. Dürften die Steigerungen der Einfuhren aus Frankreich und Belgien wehl mehr nur als zufällige und unpräjudizirliche aufzufassen sein, so fordert andererseits Deutschlands Thätigkeit auf dem hiesigen Markte eine ernste Berücksichtigung, um⸗ somehr, als die in den betreffenden statistischen Ausweisen enthal⸗ tenen Tabellen noch lange kein vollständiges Bild von Deutschlands Import geben, der ja bekanntlich wegen des Fehlens einer direkten Schiffahrtsverbindung zu nicht unbedeutendem Theile in den als zsterreichisch⸗ ungarische, italienische, belgische, dänische und niederlä dische Provenienz ausgewiesenen Importen enthalten ist. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die deutsche Konkurrenz speziell unsere Einfuhrsartikel (wie nament⸗ lich Papier, Metallwaaren, Droguen, Chemikalien und die ge⸗ sammten Bekleidungsindustrien) empfindlich trifft und uns für die Folge noch gefährlicher werden wird, da insbesondere der deutsche Kaufmann mit großem Verständniß, Fleiß und Energie an die Er⸗ oberung eines Marktes geht, was binsichtlich unseres Kaufmanns⸗ standes nicht immer gesagt werden kann. Was Deutschland hier vor Allem zu Statten kommt, ist das Vorhandensein einer Anzahl vor⸗ züglicher deutscher Kommissionäre, in deren Händen das ganze deutsche Importgeschäft ruht.“

Anerkennung dentscher Eisen⸗ und Stahlerzeugnisse im Auslande.

Der Unternehmer und Ingenieur Vlangalis, weicher den Bau der Patrasbahn leitete, hat einen Artikel veröffentlicht, in dem er ein günstiges Urtheil über die deutschen Lieferungen im Ver⸗ gleich zu den belgischen abgiebt. Der Artikel lautet in der Ueber⸗ setzung etwa: „Unsere (die griechischen) Schienen sind besonders ausgedacht und nach einem der vollendetsten Widerstandsprofile von der deutschen Fabrik in Bochum (Bochumer Gußstahlverein) aus⸗ geführt werden; dieses von rollem [Erfolg gekrönte Profil haben darauf besonders viele Gesellschaften in Deutschland in Nachahmung des unsrigen in Anwendung gebracht. Bei jeder Uebernahme der Schienen baben außer den Widerstandsversuchen in der Fabrik auch chemische Analvsen auf dem Polyptechnikum in Zürich stattgefunden, um die gute Beschaffenheit des Stahls zu bescheinigen, und wir können die betreffenden Bescheinigungen auf Verlangen vorlegen. Alle unsere eisernen Brücken sind auf Grund der von unseren Fachingenieuren ent⸗ worfenen Einzelzeichnungen in den Werkstätten der Guthoffnungshütte unter den strengsten Bedingungen und aus dem allerbesten Eisen aus⸗ eführt worden. Infolge dessen haben wir 50 Fr. die Tonne theurer bezablt, als sie uns in Belgien angeboten wurde, wo die Güte des Eisens geringer und die Arbeit nicht so sorgfältig istt.

Der Verkehr auf dem Rhein.

Wie sehr sich in den letzten zehn Jahren das Binnenschiffahrts⸗ wesen entwickelt hat, gebt aus folgenden von dem „Deutschen Oekonomist“ mitgetheilten Zahlen über den Verkehr auf dem Rhein innerhalb der Grenzen Deutschlands hervor: 8

877: 7 070 000 Register⸗Tonnen 8 240 000 8 470 000 9 310 000 10 190 000 10 150 000 12 020 000 12 601 000 12 289 000 1886: 14 470 000

Der Verkehr hat sich also im Lauf

verdoppelt.

Der „Sächsische Innungs⸗Verband’,

welchem gegenwärtig 211 Innungen mit über 9300 Mitgliedern an⸗ gehören, hält am 25. und 26. August seinen zweiten Verbandstag in Zwickau ab. Der veom ceschäftsführenden Vorstand dieser Tage versandten Einladung zum Verbandetage ist die Tagesordnung des⸗ selben beigefügt, welche u. A. folgende Berathungsgegenstände auf⸗ weist: Einfübrung von Arbeitsbüchern für Arbeiter jeden Alters; möglichste Beschränkung des Hausirhandels; Einführung von Fach⸗ zeichenunterricht für Handwerkerlehrlinge in den Fortbildungsschulen; die Führung des Meistertitels; die Benachtheiligung des Handwerks durch die Arbeitseinstellungen ꝛc. 8

II

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eines mehr als

Regulirung der Seille. 8 Am 18. d. M. trafen, wie die „Lds⸗Ztg. f. Els.⸗Lothr. meldet, die Herren Unter⸗Staatssekretär von Schraut und Ministerial⸗Ratb Fecht aus Chateau⸗Salins zum Zeoecke der Prüfung des Projektes der Regulirung der großen Seille in Dieuze ein. Durch diese Regulirung, welche nunmehr in Angriff genommen ist, wird zunächft auf eine Strecke ron etwa 9 klm zwischen Dienze und Vic das bisher versumpfte unbrauchbare Wieserland der Kultur zugänglich gemacht und die Stadt Marsal von ihrer ungesunden Lage befreit. Die auf 200 600 veranschlagten Kosten des Unternehmens werden zu wei Fünfteln vom Lande und zu einem Fünftel von den betheiligten Grundbesitzern gedeckt. Die Regulirung der kleinen Seille zwischen Habudingen und Chateau⸗Salins ist bereits vollendet und wird von der Berölkerung allseitig als ein außerordentlicher Segen betrachtet.

6 Eis⸗Export von Norwegen. Die Lage des Eismarktes wurde, wie die „Allg. Brauer⸗ und opfenzeitung“ mittheilt, in der jüngst abgehaltenen Versammlung des vorwegischen Eis⸗Exportvereins für so günstig wie seit Jahren nicht bezeichnet. Im Juni betrug der Exort über 30 000 Reg.⸗T. gegen 23 800 Reg.⸗T. im Iuni v. J und im ersten Halbjahre circa 135 000 Reg.⸗T. gegen circa 118 000 Reg.⸗T. in der gleichen Zeit des Vorjahres. Der Eisvorrath ist jetzt um 60 000 Reg.⸗T. geringer, als im Juli v. J., wozu noch ein bedeutender Verlust in Folge der anbaltenden warmen Witterung kommen wird. Es wurde mitgerbeilt, daß Deutschland viel Eis gebrauchen werde; einige Schiffsladungen seien derthin schon verkauft, und mehrere feste Aufträge von dort seien noch am Markt; es sei zur Zeit aber fast gar kein Schiffsraum oder nur zu höheren Frachtraten zu haben. Die Eis⸗Exporteure müßten also bei ihren Abgaben die Konjunktur benützen.

Ausfuhr nach den Slestter Staaten von Nord⸗ merika. Nach einer von dem Konsulat der Vereinigten Staaten von Nord⸗

Amerika in Kehl gefertigien, in der „Karleruher Ztg.“ abzedruckten Uebersicht stellt sich der Werth der ans diesem Konsulatsbezirk (Süd⸗ baden und Elsaß⸗Lothringen) in der Zeit vom 1. Juli 1888

bis 30. Juni 1889 nach den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika ausgeführten Waaren, wie folgt: 1) Bücher, Schreibmaterialien, periodische schriften, polygraphische Erzeug⸗ nisse und kirchli Artikel 53 489 Doll. 55 Cts., 2) Uhren und Uhrenbestandtheile 9603 Doll. 30 Cts., 3) Baumwollen⸗ waaren und Garn 710 377 Doll. 50 Cts. 4) Droguen, Chemikalien und Farben 89 407 Doll. 25 Cts., 5) Früchte, Konserven und Türrobst 8987 Doll. 35 Cts. 6) Glas⸗ und Krystallwaaren, Uhren⸗ und Brillengläser 73 278 Doll. 30 Cts., 7) Thierbaare 51 640 Doll. 80 Cts., 8) Haarnetze 685 Doll. 40 Cts., 9) Eisenwaaren, Werkzeuge und eiserne Gerätke 244 Doll. 20 Cts., 10) Hopfen 17 148 Doll. 65 Cte., 11) Haus⸗ und Ge⸗ brauchsgegenstände 5479 Doll. 30 Cts., 12) Leder und Häute 130 294 Doll. 75 Cts., 13) Maschinen und „Bestandtheile 9329 Doll. 10 Cts, 14) Matbematische, hydrographische und wissenschaftliche Instrumente und Modelle 1874 Doll. 15 Cts., 15) Musikalische Instrumente 5501 Doll. 50 Cts., 16) Papiermaché Waaren: Knöpfe ꝛc. 29 044 Doll. 40 Cts., 17) Tapeten 15 715 Doll. 20 Cts., 18) Papp⸗ und Buchbinderwaaren 12 584 Doll. 40 Cts., 19) Photographien 4298 Doll. 85 Cts., 20) Porzellan⸗ und sonstige Thonwaaren 5823 Doll. 25 Cts., 21) Porzellanknöpfe 5239 Doll. 70 Cts., 22) Seidenwaaren 260 994 Doll. 50 Cts., 23) Schnupf⸗ taback 6754 Doll. 45 Cts., 24) Stahlwaaren 661 031 Doll. 25 Cts., 25) Gänseleberpasteten 10 197 Doll. 95 Cts, 26) Wein, Bier, ge⸗ brannte Wasser 5109 Doll 90 Cts., 27) Drahtgeflechte 3054 Doll. 50 Cts., 28) Wollmwaaren (Tricot) 172 293 Doll. 10 Cts., 29) Sonstiges 4825 Doll. 60 Cts., im Ganzen 2 364 308 Doll. 15 Cts. Gegen das vorausgegangene Jahr, in welchem der Werth der Ausfuhr 1 464 727 Doll. 45 Cts. betragen hat, ist somit eine Zunahme von 899 580 Doll. 70 Cts. zu verzeichnen.

Kunst und Wissenschaft. 8

Das vor kurzer Zeit hier begründete Museum deutscher Volkstrachten macht, wie das „Berl. Fremdenbl.“ schreibt, in seiner Entwickelung rasche Fortschritte. Die Aufstellung der Samm⸗ lungen ist schon soweit gediehen, daß man hofft, das Museum noch im Laufe dieses Jahres eröffnen zu können. Besonders aus den Vier⸗ landen, dem Weizacker und verschiedenen Theilen Bayerns und der Schweiz ist durch Ankäufe und Schenkungen so reiches Material zusammengekommen, daß beinahe schon jetzt in den dem Museum zur Verfügung stehenden Räumen in der Klosterstraße Hygiene⸗Museum) der Platz zu mangeln beginnt.

Das Comité für ein Kaiser Friedrich⸗Denkmal in Augsburg wird eine Bronzebüste am oberen Flöt des Rathbauses im Jahre 1890 aufstellen. Baurath Leybold arbeitet das Projekt im Détail aus. 1 ““ 1

Die Eröffnung der akademischen Kunstausstellung in Dresden erfolgt am 1. September; die Dauer ist bis zum 20. Oktober festgesetzt. Zu Ankäufen von Oelgemälden stehen 47 000 aus der Pröll⸗Heuer⸗Stiftung zur Verfügung. §. 3 des Regulativs ist dahin abgeändert, daß der Endtermin zur ersten Ein⸗ sendung vom 1. auf den 10. August verschoben wird. 8

Die Deutsche und die Wiener Antbropologische Gesellschaft haben bekanntlich beschlossen, in diesem Jahre eine gemeinsame Versammlung, gleichzeitig die 20. allgemeine Versamm⸗ lung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft, in Wien abzu⸗ halten. Die Herren Franz Heger, erster Sekretär der Wiener Anthropologischen Gesellschaft und Lokalgeschäftsführer für Wien, und Johannes Ranke, Gereralsekretär der Deutschen Anthropologischen Ge⸗ sellschaft, laden nunmehr im Namen des Vorstandes der Deutschen und der Wiener Antbropologischen Gesellschaft die Mitglieder beider Gesellschaften, sowie alle Fücnac. anthropologischer Forschung zu dieser vom 5. bis 10. August d. J. in Wien im Saale des öster⸗ reichischen Ingenieur⸗ und Architekten⸗Vereins, I. Esche bachgasse 9, stattfindenden Versammlung ein.

Das Leibnizhaus an der Schmiedestraße in Hannover, bekanntlich anch Geburtshaus Iffland's, wird voraussichtlich binnen Kurzem eine seinem kunstgeschichtlichen Range ent prechende Wiederher⸗ stellung erfahren. Wie nämlich die „Kunstchronik“ schreibt, enthält das äußerlich und noch viel mehr innen in unansehnlichstem Zustande befindliche Gebände noch völlig den alten Kern in sich, so daß außen nur ganz geringe Ergänzungen vorzunehmen und innen im Wesentlichen nur Einbauten zu entfernen sind, um dem Bau seine ursprüngliche Gestalt zurückzugeben. Die mächtige zweigeschossige Halle, das bezeichnende Hauptstück des norddeutschen alten Kauf⸗ mannshauses, auf kolossalen Säulen ruhend, würde wieder völlig zur Erscheinung gelangen. Der zu den interessantesten Beispielen der späteren Renaissanceperiode gehörende Bau soll sräter die (z. Z. im alten Rathhause untergebrachten) Sammlungen des Kunstgewerbe⸗ vereins aufnehmen. S.

Zum 50 jährigen Jubiläum der Erfindung der Photographie schreibt Dr. J. Schnauß in der „Chemiker⸗ Zeitung“:

„Am 19. August dieses Jahres sind 50 Jahre verflossen seit dem Tage, an welchem in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften in Paris durch den berühmten Arago die Erfindung des Dekorations⸗ malers Daguerre, Lichtbilder in der Camera obscura auf Silber⸗ platten zu erzeugen, veröffentlicht wurde. Die ganze photographische Welt rüstet sich, diesen Tag festlich zu begehen, besonders durch zahlreiche Ausstellungen photograpbischer Erzeugnisse, wobei auf die Entwickelungsgeschichte dieser zu so hohber Bedeutung gelangten Kunst besondere Rücksicht genommen wird. Die urspruünglichen Daguerre'schen Lichtbilder sind fast vellständig der Vergesserheit anbeimgefallen und gelten nur noch als Raritöt. Von bedeutend größerer Tragweite für die Ausbildung der Pbotographie, wie sie jetzt noch besteht, war die zwei Jahre nach Daguerre veröffent⸗ lichte patentirte Erfindung Fox Talbot’'s in England, negative Photographien auf Papier zu erzeugen, welche er Kalotypie nannte. Dieser Weg war, ohne Anwendung des Pressendrucks, der einzige, die Photographien zu vervielfältigen. Auch in diesem Prozeß ist, wie in dem Daguerre's, das Jodsilber die eigentliche licht⸗ empfindliche Schicht. Ebenso ist auch das Bild Anfangs unsichtbar und muß durch eine reduzirende Substanz entwickelt und sodann firirt werden. Diese drei Vorgänge: Erzeugung des unsichtbaren Bildes auf einer Schicht von Jodbromsilber, Entwickelung desselben und schließlich Unempfindlichmachen oder Fixiren, sind bis heute in allen den unzähligen Negativprozessen dieselben geblieben, sogar das Fixirmittel, das Riatriumbypofulfnt, wurde bis auf den hbeutigen Tag beibehalten. Gewechselt haben nur die Träger der lichtempfindlichen Schicht und die Entwickler. Nach Talbot's Paypierverfahren wurde Eiweiß auf Glas als Hüabsfe im Negativverfahren verwendet (Nièpce aus St. Victor, 1847), hierauf wurde zum Kollodium gegriffen (Archer in England, 1851), welches sich lange Jahre mit außerordentlichem Erfolg in der photographischen Praxis behauptete, bis es in der Neuzeit, das heißt vor eiwa 10 Jahren, überall durch das vortbeilhaftere, schon länger bekannte, Gelatineverfahren auf Trockenplatten (Maddox, 1871) verdrängt wurde. Anstatt des früber ausschließlich verwendeten Glases als Unterlage der Gelatine⸗ schicht wird jetzt vielfach anderes Material, besonders Papier (East⸗ man) und Celluloid (Carbut) mit Vortheil benutzt. Mit dem Ge⸗ latineverfahren erreicht man die äußerste Empfindlichkeit (Moment⸗ photographie). In chemischer Beziehung ist es interessant, in der Feihenfelg⸗ ihrer Entdeckung die entwickelnden Körper für das latente Bild zu überblicken, wie folgt: Gallussäure (auf Albumin und Papier), Eisenvitriol (auf Collodium), Pyrogallussäure (auf Collodium und Gelatine), Eisenoxalat und Hydrochinon (auf Gelatine). Die Reihe dieser reduzirenden, richtiger entwickelnden Körper läßt sich fast ins Endlose fortsetzen, wie die Forschungen der Neuzeit beweisen.

Das „Dresdner Journal“ meldet: Der erste Komet dieses Jahres, welcher schon am 31. März von Barnard auf dem großen Observatorium in Kalifornien im Orion entdeckt wurde und sich daselbst längere Zeit stationär hielt, auch nachher in den Sonnenstrahlen verschwand, ist dann auf der anderen Seite der Sonne wieder sichtbar hervorgetreten. Obgleich der

Komet seit dem 10. Juni sich wieder von der Sonne ent⸗ fernt, nähert er sich doch noch fortwährend der Erde, so daß seine Helligkeit zunimmt. Nach den Rechnungen von Hrn. Millosevich in Rom, welche in Kiel vom Studiosus F. Kröger fort⸗ gesetzt wurden, wird der Komet noch über den September hinaus bei weiter zunehmender Helligkeit zu beobachten sein, wo er dann schon vor Mitternacht aufgeht. Anfang Sevptember verläßt er endlich das Sternbild Orion und geht mit zunehmender Geschwindigkeit in füd⸗ westlicher Richtung durch einen kleinen Theil des Stiers zum Eridanus über.

Einen neuen Kometen hat, wie wir der „N. P. H. Z.“ ent⸗ nehmen, Professor Lewis Swift, Direktor der Warner⸗Stern⸗ warte in Rochester, N.⸗YP., am 6. cr., Morgens um 2 Uhr 30 Mi⸗ nuten, entdeckt. Die Stellung des „geschwänzten Sternes“ war um 3 Uhr 15 Minuten Morgens: Rechte Aufsteigung 22 Stunden 52 Minuten 28 Sekunden, und nördliche Deklination 0 Grad 49 Minuten. 2 Als Kanäle auf dem Mars werden seit längerer Zeit die geraden Linien auf der Oberfläche dieses Planeten von beden⸗ tenden Forschern angesehen. Aber die zeitweilige Verdoppelung der⸗ selben widersprach dieser Annahme. Die Verdoppelung wird nun von F. Meisel in Halle in den „Astronomischen Nachrichten“ als eine optische Täuschung erklärt, indem das Wasser in den Kanälen stark verdunstet, einen Dampfcylinder bildet, durch welchen das Bild der Wasseroberfläche nach der Lichtbrechung auf zwei verschiedenen Wegen mit gleicher Helligkeit zu uns gelangen kann. Sind die „Kanäle“ wirklich mit Wasser gefüllte Rinnen, so muß an der Oberfläche eine ganz außerordentlich starke Verdunstung stattfinden, viel stärker als sie unter sonst gleichen Umständen a der Erdoberfläche vorkommen würde; denn obgleich der Planet Mars weiter als die Erde von der Sonne entfernt ist, so ist doch seine Masse viel geringer, etwa nur dem neunten Theil der Erd⸗ masse gleich. In Folge dessen ist auch die Schwerkraft in der Ober⸗ fläche geringer, und zwar etwa von der Schwerkraft der Erde. Dies hat wieder einen entsprechend geringeren Luftdruck zur Folge. Je geringer aber der Luftdruck ist, um so niedriger liegt bekanntlich der Siedepunkt des Wassers und um so intensiber ist die Dampf⸗ bildung. Aus diesem Grunde muß selbst bei einer niedrigeren Temperatur, welche auf dem Mars wahrscheinlich herrscht, doch eine sehr intensive Dampfentwickelung über der Waseerfläche statt⸗ finden. Es kommt nun noch auf die Form des entwickelten Dampf⸗ cylinders an, um verschiedene beobachtete Erscheinungen durch die Lichtbrechung in demselben zu erklären, und das gelingt dem Verfasser.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

s Verbot der Einfuhr von lebenden Schweinen ßland, Oesterreich⸗Ungarn und den Hinterländern Oesterreich⸗ Ungarns wird von der „Nordd. Allg. Ztg.“ wie folgt motivirt:

„Die Veranlassung dazu hat in den Sperrmaßregeln gelegen, welche vor Kurzem die deutsche Viehausfuhr nach dem Westen betroffen haben. Nachdem im März d. J. unter einigen von Deutsch⸗ land nach England verschifften Schaf⸗Transvorten die Maul⸗ und Klauenseuche festgestellt worden war, haben die Regierungen von Großbritannien, Frankreich und Belgien allgemeine Ver⸗ bote der Vieheinfuhr gegen Deutschland erlassen. Diese Maßregel hat den gesammten inländischen Viehhandel, namentlich aber die Landwirthschaft, auf das empfindlichste getroffken. Eine Aussicht daraud daß die bezeichneten Regierungen zu einer Aufhebung der Sperre sich verftehen werden, wird nur dann als vorbanden angenommen wer⸗ den können, wenn es gelingt, durch die Abwehr jeder Einschleppung von Seuchen unseren Viehstapel wirksam zu schützen. Wenn nämlich die auf die Herstellung eines seuchenfreien Zustandes verwendeten Bemühungen nicht vollen Erfolg gehabt haben, so muß die Schuld hauptsaͤchlich der fortgesetzten Einschleppung der Krankbeit aus unseren östlichen Nachbarländern zugeschrieben werden. Auch diejenigen Seuche⸗ fälle, welche die jetige Sperre veranlaßt haben, werden auf Schweine⸗ transporte zurückgefuͤhrt, die von Oesterreich her auf deutsche Vieh⸗ märkte aufgetrieben worden sind. Notorisch ist in unseren östlichen Nachbarländern zur Zeit die Maul⸗ und Klauenseuche stark ver⸗ breitet. In Oesterreich hat die Zahl der infizirten Gemeinden gerade in neuester Zeit sich erheblich gesteigert. In einigen Landestheilen, welche an Deutschland grenzen, ist der Zustand so bedrohlich geworden, daß die österreichische Regierung sich veranlaßt gesehen hat, den Viehverkehr im Innern des Reichs Beschrän⸗ kungen zu unterwerfen. Daß die veterinären Verhältnisse Rußlands dauernd ungünstige sind, weiß man seit lange. In Rumänien, das regelmäßig grose Mengen von Schweinen nach Oesterreich und von hier aus nach Deutschland entsendet, hat die Maul⸗ und Klauenseuche nun ebenfalls eine Besorgniß erregende Ausdehnung erreicht. Schon bisher war die Einfuhr von Schafen und von Rindvieh über die östlichen und südlichen Grenzen nicht frei. Es ist aber nach den ror⸗ liegenden Wahrnehmungen die Gefabr einer Einschleppung des Kontagiums der Maul⸗ und Klauensecuche bei dem Import von Schweinen weitaus größer, als bei der Einfuhr von Rindern und Schafen. Demgemäß ist bereits früher in einer größeren Zahl unserer östlichen und füdlichen Grenzbezirke auch die Schweine⸗Einfuhr landes⸗ polizeilich verboten oder doch eingeschränkt worden. Wenn nunmehr von Seiten des Reichs ein generelles Verbot ausgesprochen ist, so werden dadurch nur die von Seiten der Einzelstaaten bereits er⸗ griffenen Maßregeln vervollständigt und zu einem einheitlichen Abschluß gebracht. Die Schweine⸗Einfuhr aus Rußland und Oesterreich⸗ Ungarn ist nicht unbedeutend; das Verbot wird sich daher für manche Handels⸗ und Gewerbe⸗Interessen unzweifelhaft fühlbar machen. Allein diese Rücksichten müssen zurücktreten gegenüber den überwiegen⸗ den Interessen, welche mit der Fernhaltung der Seuche von unserem Viehstande und mit der Wiedereröffnung der Viehausfuhr nach den westlichen Staaten, insbesondere nach Großbritannien und Frankreich verknüpft sind. Je entschiedener die Sicherungsmaßregeln sind, welche deutscherseits getroffen werden, um so eher ist auch wieder auf eine Beseitigung der vorhbandenen Mißstände und auf eine Rückkehr zu normalen Verkehrsverhältnissen zu hoffen.“ 2

Die Aussichten für die Flachsernte— haben sich, wie die „Ostsee⸗Ztg.“ schreibt, neuerdings etwas gebessert. In der Provinz Hannover erwartet man eine sowohl in Quantität als auch in Qualität sehr gute Ernte. In Ostpreußen kam der Regen etwas zu spät, da der Lein bereits in Blütbe stand. Die Pflanze zeigt ungleiche Stengellänge und theilweise schlechten Stand; nur in den Niederungen haben die Leinfelder ein gutes Aussehen. Gegen die Vorjahre wird der Ertrag jedenfalls zurückstehen. Was die russische Ernte betrifft, so haben sich im Pskowschen Gouverne⸗ ment und in den Baltischen Provinzen die Aussichten für die neue Ernte durch reichlich gefallenen Regen bedeutend gebessert. In den Slanetzdistrikten ist zwar auch Regen gefallen, aber nur strichweise und scheint hierbei das Twersche und der südliche Theil des Wladimirschen Gouvernements besonders begünstigt worden zu sein. In den Niederungen ist der Stand gut, auf der Höhe vielfach trostlos. Im Allgemeinen steht der früher gesäete Lein schlechter als der später gesäete, sernerer Regen ist überall dringend nöthig. Im Wiasmadistrikt sind die Aussichten zwar besser, aber die Pflanze steht noch recht niedrig und braucht ferner Regen und warme Witterung; der Ertrag wird jedenfalls viel geringer sein als in 1888. In Ir⸗- land ist in der vergangenen Woche viel Regen gefallen, der dem Spätlein im Wachstbum förderlich sein und den Frühlein vor vor⸗ zeitiger Reife in etwas schützen wird. Ein großer Theil des dies jährigen Flachses scheint kurz zu bleiben.

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Qunarantänewesen.

Nach einer Meldung der „Wiener Ztg.“ ist in der Zeit vom 15. bis 22. Juli 1889 in den im Reichsrath vertretenen Königreichen und Ländern ein Fall von Rinderpest nicht vorgekommen Diese Länder ersche. 22. Juli 1889

Rinderrest.