Hurrahs, ebenso um 4 ¾ Uhr Se. Durchlaucht den Reichs⸗ kanzler Fürsten von Bismarck, welcher die Uniform eines Generals der Kavallerie trug und von seinem Sohne, dem Staats⸗Minister Grafen von Bismarck begleitet war. Der österreichischꝛungarische Botschafter erschien in der Gala⸗ Uniform eines Magnaten seines Landes, umgeben von sämmtlichen Mitgliedern der österreichisch⸗ungarischen Botschaft: auch die Gräfin Széchényi war zum Empfange auf dem Bahnhof erschienen.
10 Minuten vor 5 Uhr verkündeten Jubelrufe die An⸗ kunft Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Se. Maäjestät hatte die Uniform Seines österreichischen Husaren⸗ Regiments angelegt; Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, welcher zur Seite Sr. Majestät saß, erschien in der Uniform eines Kapitäns zur See der österreichischen Marine. Beide Erlauchte Brüder hatten das Band und den Stern des St. Stephans⸗Ordens angelegt. Inzwischen hatten Sich auf dem Bahnhof Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, Ihre König⸗ lichen Hoheiten die Prinzen Friedrich Leopold und Alexander von Preußen, ferner Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗ Meiningen, Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin, Ihre Durchlauchten die Erb⸗ prinzen von Reuß und Waldeck, Ihre Hoheiten die Herzöge Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein und Georg von Olden⸗ burg, Se. Hoheit der Prinz Friedrich Karl von Hessen, Ihre Durchlauchten die Prinzen Albert von Sachsen⸗Altenburg, Karl Anton von Hohenzollern und Aribert von Anhalt zum Em⸗ pfange eingefunden. Beim Einlaufen des Sonderzuges prä⸗ sentirte die Ehren⸗Compagnie, die Klänge des „Gott erhalte Franz den Kaiser“ durchbrausten die Bahnhofshalle und die Fahne senkte sich salutirend zu Boden. Am Fenster des Salonwagens stand Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph in der Uniform Seines preußischen Garde⸗ Regiments mit Band und Stern des cen Ordens vom Schwarzen Adler. Se. Majestät der Kaiser und König eilte sofort dem Salonwagen entgegen und schloß Seinen hohen Verbündeten nach dem Aussteigen innig in Seine Arme. Die Monarchen umarmten und küßten Sich wiederholt bewegt. Auch die Begrüßung der Monarchen mit Sr. Königlichen Poßen dem Prinzen Heinrich von Preußen einerseits und Sr.
aiserlichen Hoheit dem Erzherzog Franz Ferdinand Oesterreich⸗Este andererseits war eine sehr herzliche. Kaiser Franz Joseph begrüßte sodann die Königlichen Prinzen, schüttelte dem Fürsten von Bismarck und dem Grafen von Moltke die Hand, während Kaiser Wilhelm dem Grafen Kälnoky, welcher die Uniform eines österreichischen Generals der Kavallerie trug, die Hand reichte.⸗ Erzherzog Franz Ferdinand hatte die Uniform eines Majors des Ostpreußischen Ulanen⸗Regiments Graf zu Dohna angelegt. Nach dem Ab⸗ schreiten der Ehren⸗Compagnie gingen beide Monarchen gemeinsam die Treppe hinab und nahmen auf der Straße „Siegmundshof“ den Vorbeimarsch der Ehren⸗ Compagnie entgegen. Kaiser Franz Joseph stand neben Kaiser Wilhelm, Offiziere und Fahne salutirend. Beide Monarchen bestiegen alsdann gemeinsam den offenen vier⸗ spännigen Galawagen, die Ehren⸗Escadron der Gardes du Corps ritt an, während dem Wagen vorauf zwei Vorreiter und ein Königlicher Stallmeister, neben dem Wagenschlag die befohlenen Offiziere des Regiments der Gardes du Corps und der Garde⸗Kürassiere ritten. Im zweiten Wagen folgten Prinz Heinrich und Erzherzog Franz Ferdinand. Diesem Wagen folgte die Ehren⸗Escadron der Garde⸗Kürassiere. Nach dem Wagen, in welchem der Ehrendienst uhr, folgte ein Wagen mit dem Fürsten von Bismarck, em Grafen Kälnoky und dem Staats⸗Minister Grafen von Bismarck. Die Spalier⸗Truppen präsentirten bataillonsweise, das „Gott erhalte Franz den Kaiser“ ertönte auf der ganzen Linie und in die Hurrahs der Truppen mischten sich die Jubelrufe des Publikums. Beim Passiren des Brandenburger Thores erdröhnte vom Lustgarten her der Donner der Geschütze.
Ueber dem Portal 5 des Königlichen Schlosses spannte sich ein mächtiger goldgelb und schwarz gehaltener Baldachin mit den eingewirkten österreichischen Reichs⸗Adlern. Die Ehren⸗ Compagnie des Kaiser⸗Franz⸗Garde⸗Grenadier⸗Regiments präsentirte und am Eingang zur Treppe nach dem Gardes⸗ du⸗Corps⸗Saal standen der große Hofdienst, die Obersten Hof⸗, die Ober⸗Hof⸗ und die Hoschargen in höchster Gala mit österreichischem Ordensband. Auf der Treppe bildete die Schloß⸗ garde⸗Compagnie, deren Offiziere zum ersten Mal die neue Uniform mit Sponton trugen, Spalier, in den Thüren standen Gardes⸗ du⸗Corps⸗Posten in den rothen Supra⸗Westen. Unter Vor⸗ tritt des großen Hofdienstes geleitete Se. Majestät der Kaiser und König Seinen Erlauchten Gast zum Gardes⸗du⸗Corps⸗ Saal, vor welchem Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph empfing und herzlich begrüßte. Ihre Majestät trug, zu einer Robe aus Goldbrokat mit eingewebten schwarzseidenen Blumen und gelbseidenem Depant, Kette und Stern des hohen Ordens vom Schwarzen Adler. Im Gardes⸗du⸗Corps⸗Saal, wohin Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph Ihre Majestät die Kaiserin und Königin am Arme führte, begrüßte der Erlauchte Monarch die dort versammelten Königlichen Prin⸗ zessinnen. Darauf geleitete Se. Majestät der Kaiser und König Seinen Hohen Gast in Seine Gemächer. In dem Salon des Kaisers Franz Joseph begrüßte Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta, Allerhöchstwelche von Babelsberg gekommen war, Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich.
8 so günstig als möglich. Das Paradefeld war einer ganzen Länge nach von Zuschauern dicht eingerahmt, und vielgliedrige endlose Wagenreihen deckten die östliche und südliche Seite des Tempelhofer Feldes. Auch auf den Zu⸗ gangsstraßen vom Königlichen Schlosse her, Unter den Linden, die Friedrichstraße entlang bis hinaus zum Paradefelde habten sich dichte Menschenmassen eingefunden. Dem Schau⸗ piel der Fahnen⸗ und Standarten⸗Abholung aus dem Königlichen Schlosse wohnten viele Tausende bei, und als nach dieser Feierlichkeit, kurz nach 8 Uhr, Se. Majestät der Kaiser und König zu Pferde in der großen Generalsuniform das Schloß verließ, ertönten laute Hurrahrufe, die sich den ganzen Wegentlang bis zum Tempelhofer Felde fortsetzten. Se. Maseftät der Kaiser und König wollte das Kommando über die Truppen Allerhöchstselbst übernehmen und Sein Garde⸗Corps persönlich Seinem erlauchten Gaste vorführen. Deshalb ritt Se. Majestät allein, umgeben von den Herren Seines militärischen Gefolges, dem Paradefelde zu, um zunächst die unter Befehl des kommandirenden Generals, des Generals der Infanterie Freiherrn von Meerscheidt⸗Hüllessem genommene Parade⸗Aufstellung musternden Blicks zu prüfen. Am Steuer⸗ häuschen hatten Sich die Königlichen Prinzen, die Generalität, die Militärbevollmächtigten der fremden Staaten, die überaus glänzende Suite, in welcher heute die fterreichlche Uniform vorherrschend war, versammelt. Um 81½ Uhr sprengte Se. Majestät auf Seinem Leibfuchs den Truppen zu und übernahm Allerhöchstselbst das Kommando. Se. Majestät trug das Band des St. Stephans⸗Ordens. — Er⸗ neute Jubelrufe, immer stärker und stärker anschwellend, ver⸗ kündeten alsbald die Ankunft Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin sowie Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph. Die Majestäten waren in der Garde⸗Dragoner⸗Kaserne zu Pferde gestiegen, ebenso Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen und Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich⸗Este; der Ehrendienst und die Herren des persönlichen Gefolges hatten hier die Aller⸗ höchsten und Höchsten Herrschaften bereits erwartet.
Inzwischen waren Ihre Königlichen Hoheiten die Prin⸗
zessinnen Albrecht, Heinrich und Friedrich Leopold in offenen Vierspännern mit Spitzreitern, sowie in zahlreichen Hofequi⸗ pagen der Prinz von Siam mit Gefolge in prunkvollen Kostümen eingetroffen. Eine glänzende militärische Suite, in derselben Graf Kälnoky in der Uniform eines österreichischen Generals der Kavallerie, sprengte den Allerhöchsten Herrschaften entgegen, welche Sich nunmehr nach dem rechten Flügel der Parade⸗Aufstellung begaben. Se. Majestät der Kaiser und König galoppirte mit gezogenem Säbel Seinem Erlauchten Gast entgegen.
Die Aufstellung der Parade war in zwei Treffen erfolgt:
Das erste Treffen bestand aus der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division unter dem General⸗Lieutenant von Sobbe und der 2. (komb.) Garde⸗ Infanterie⸗Division unter dem General⸗Lieutenant von Kaltenborn⸗ Stachau. Das zweite Treffen kommandirte der General⸗Lieutenant Graf von Alten, Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division.
Im Verbande der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division standen: 1. die Garde⸗ Infanterie⸗Brigade unter Kommando des General⸗Majors von Lindequist, General à la suite Sr. Majestät des Kg'gers und Königs, bestehend aus der Haupt⸗Kadetten⸗Anstalt, unter OCh Ast Amann, dem 1. Garde⸗ Regiment z. F., unter Oberst von Plicen, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, dem 3. Garde⸗Regiment z. F. unter dem Obersten von Goßler, dem Lehr⸗Infanterie⸗Bataillon unter dem Oberst⸗ Lieutenant von Natzmer, à la suite des 1. Garde⸗Regiments z. F., der Unteroffizierschule Potsdam unter Maäjor von Normann, à la suite des 1. Garde⸗Regiments z. F., und dem Garde⸗Jäger⸗ Bataillon unter dem Oberst⸗Lieutenant Freiherrn von der Horst; die 2. Garde⸗Infanterie⸗Brigade. kommandirt vom Obersten Frei⸗ herrn von Willzeck, Allerhöchst mit der Führung derselben beauftragt, gebildet aus dem 2. Garde⸗Regiment z. F., unter Oberst von Petersdorff, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, und dem 4. Garde⸗Regiment z. F., unter Oberst reiherrn Böcklin von Böcklinsau; die 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, unter Oberst Blecken von Schmeling, à la suite des Garde⸗Füsilier⸗Regi⸗ ments und Allerhöchst mit Führung der Brigade beauf⸗ tragt, bestehend aus dem Kaiser⸗ Alexander⸗Garde⸗Gre⸗ nadier⸗Regiment Nr. 1 unter dem Obersten von Rauchhaupt, dem 3. Garde⸗Grenadier⸗Regiment Königin Elisabeth unter Oberst von Lütcken und dem SecdSha n te don unter Major von Scholten; die 4. (komb.) Garde⸗Infanterie⸗Brigade, befehligt vom General⸗Major Bernhard Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, Hoheit, gebildet aus dem Kaiser⸗Franz⸗Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2 unter Oberst⸗Lieutenant Freiherrn von Richthofen, etatsmäßiger Stabsoffizier des Regiments, und dem Garde⸗Füsilier⸗Regiment unter Oberst Graf von Keller; sowie die zusammengesetzte Brigade unter General⸗Lieutenant von Teichmann und Logischen, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, bestehend aus dem Garde⸗Fuß⸗ Artillerie⸗Regiment unter Oberst⸗Lieutenant von Gentzkow, dem Garde⸗Pionier⸗Bataillon unter Oberst⸗Lieutenant von Kleist, dem Eisenbahn⸗Regiment unter Oberst Knappe, und der 1. und 2. Lehr⸗ Compagnie der Artillerie⸗Schießschule.
Im zweiten Treffen standen: Im Verbande der Garde⸗ Kavallerie⸗Division 1) die 1. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade unter Kom⸗ mando des Obersten von Kleist, Commandeur des 3. Garde⸗Ulanen⸗ Regiments und Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, bestehend aus dem Regiment der Gardes du Corps unter Oberst⸗Lieutenant Freiherrn von Bissing, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, und dem Garde⸗Kürassier⸗Regiment unterFührung des Majors Grafen von Lüttichau, etatsmäßiger Stabs⸗Offizier des Regi⸗ ments; die 2. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, kommandirt vom General⸗Major Edler von der Planitz, bestehend aus dem Leib⸗Garde⸗Husaren⸗ Regiment unter Oberst⸗Lieutenant von Gottberg, dem 1. Garde⸗ Ulanen⸗Regiment unter Major von Ploetz und dem 3. Garde⸗Ulanen⸗ Regiment unter Major von Strantz, etatsmäßiger Stabsoffizier dieses Regiments; die 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade unter dem General⸗Major Prinz zu Sachsen⸗Altenburg, Durchlaucht, be⸗ stehend aus dem 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiment Königin von England
2. Treffen wurde, nachdem das 1. Treffen vom rechten Flügel aus gesehen worden war, vom linken Flügel aus besichtigt.
Demnächst folgte der Vorbeimarsch, welcher zweimal aus⸗ geführt wurde, und zwar zuerst von den Truppen des 1. Treffens in Compagnie⸗Front, von denen des 2. Treffens bei der Kavallerie in Escadron⸗Front mit halbem Abstand im Schritt, bei der Artillerie in Batterie⸗Front im Schritt und beim Train in Zügen im Schritt. Bei dem 2. Vorbeimarsch defilirten die Truppen des 1. Treffens in Regiments⸗Kolonnen, die selbständigen Bataillone und die Unteroffizier⸗Schule Potsdam in Doppel⸗Kolonnen. Die Haupt⸗Kadetten⸗ und die Lehr⸗Compagnien der Artillerie⸗ Schieß⸗Schule fielen aus. Die Karvallerie defilirte in Escadron⸗Front, die Artillerie in Batterie⸗Front, der Train in Compagnie⸗Front, sämmtlich im Trabe.
Se. Majestät der Kaiser führte beide Male die Parade, während Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph von Oesterreich das Kaiser⸗Franz⸗Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2 und Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen das 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiment Königin von England vorüberführten.
Um 11 ¾ Uhr war die Parade beendet. Die Rückkehr nach der Stadt glich für die Allerhöchsten Herrschaften wieder einem Triumphzuge. Kaiser Franz Joseph war sichtlich freudig erregt über diese aufrichtige und von Herzen kommende Huldigung Seitens der Bewohner Berlins. Nach beendeter Parade formirten sich die Truppen zum Abmarsch und rückten unter klingendem Spiel in ihre Quartiere ab.
— Heute Abend 7 Uhr findet im Königlichen Schlosse ein Parade⸗Galadiner statt. Die Tafelmusik wird von der Kapelle des Kaiser⸗Franz⸗Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 2 ausgeführt. Das für dieselbe entworfene Programm weist folgende Stücke auf:
1) Armeemarsch Nr. 27. Der Coburger Josias⸗Marsch. 2) Kaiser⸗Ouverture. Sr. Majestät dem Kaiser Franz Joseph ge⸗ widmet von Westermeyer. 3) Andante aus der Sinfonie G-dur (mit dem Paukenschlag) von Haydn. 4) Armeemarsch Nr. 7 Bataillon Garde 1806. 5) Ouverture zur Iphigenie in Aulis von Gluck. 6) Zigeunerständchen (Sérénade tzigane) von Nehl. 7) Radetzki⸗Marsch. 8) Walzer, Dorfschwalben aus Oesterreich, von Strauß. 9) Scenen aus dem Musikdrama „die Walküre“ von Wagner. 10) Der Pappenheimer⸗Marsch. ““
8
— Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen — ausschließlich Bayerns — im Monat Juni d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 8 Entgleisungen und 1 Zusammen⸗ stoß auf freier Bahn, 16 Entgleisungen und 9 Zusammen⸗ stöße in Stationen und 123 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Er⸗ eignisse beim Eisenbahnbetriebe, sofern bei letzteren Personen getödtet oder verletzt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 139 Personen verunglückt, sowie 22 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 107 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 3 getödtet und 12 verletzt, und zwar entfällt je 1. Tödtung auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Bromberg und zu Erfurt und auf die Königlich württembergischen Staatsbahnen, 4 Verletzungen auf die Königlich sächsischen Staatsbahnen, 3 Verletzungen auf die Hessische Ludwigs⸗Eisenbahn und je eine Verletzung auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktion zu Hannover, zu Köln (linksrheinisch), zu Erfurt, zu Elberfeld und zu Altona; von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 9 ge⸗ tödtet und 87 verletzt, von Steuer⸗ u. s. w. Beamten 2 ver⸗ letzt, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 14 getödtet und 12 verletzt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen 9 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 30 913,93 km Betriebslänge und 849 847 080 ge⸗ förderten Achskilometern) 147 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Köln (rechtsrheinisch) 899 zu Berlin (14), und zu Erfurt (14); verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, sind auf den Großherzoglich Oberhessischen Eisenbahnen und im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Köln (rechtsrheinisch) und 9 Elberfeld die meisten Unfälle vorgekommen. B. Größere
rivatbahnen — mit je über 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1808,03 km Betriebslänge und 24 461 992 eförderten Achskilometern) 4 Fälle und zwar auf die Hessische Ludwigs⸗Eisenbahn. C. Kleinere Privatbahnen — mit je unter 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1739,50 km Betriebslänge und 11 749 896 geförderten Achskilometern) 6 Fälle und zwar auf die Mecklenburgische Südbahn 2 Fälle, auf die Alt-Damm-Kolberger, die Kiel— Flensburger, die vnüteesche und die Braunschweigische Landeseisenbahn je ein Fall.
— In der Ersten Beilage des „R.⸗ u. St.⸗A.“ befinden sich eine Uebersicht der „Zuckermengen, welche im Monat Juli 1889 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergütung abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in den freien Verkehr zurückgebracht
on Württemberg sind heute früh, begleitet von dem bberst Hofmeister hrer Majestät der Königin, Freiherrn sichard von Reischach, von hier abgereist, um sich über Stuttgart und Berlin zum Besuche ihres schwer er⸗ kankten Großvaters, Sr. Kaiserlichen Hoheit des großfürsten Constantin Nicolajewitsch von Rußland, nach gawlowsk zu begeben, wo ich ihre Mutter, die Herzogin Pera von Württemberg, Großfürstin von Rußland, bereits seit einiger Zeit befindet. Die Ankunft der Prinzessinnen in St. getersburg erfolgt am nächsten Dienstag Abends.
Baden. Baden, 12. August. (W. T. B.) Der Schah von Persien wohnte gestern Abend in Begleitung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs und Sr. Hoheit des Prinzen Max der auf dem Kurplatz veranstalteten allumination bei. Heute hat sich Se. Majestät zur Abhaltung iner Jagd in den Stadtwald begeben. Dem Vernehmen nach wird der Schah seinen Aufenthalt hier bis zum Freitag verlängern.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 12. August. Se. oheit der Herzog, dessen Befinden in letzter Zeit wenig ünstig erschien, ist gezwungen, ärztlicher Anordnung zufolge, ich einer weiteren Brunnen⸗ und Badekur in Kissingen zu
unterziehen, wohin Höchstderselbe sich am 14 d. M. in Begleitung seines zweiten persönlichen Adjutanten, Premier⸗Lieutenants von Eydow, auf 4 Wochen begeben wird. — An demselben Tage vrist Ihre Hoheit die Herzogin auf 8 Tage zum Besuch ihrer Anverwandten nach Dessau und Wörlitz.
hohen
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. August. (W. T. B.) der türkische Botschafter, Saadullah Pascha, hat gestern die Antwort der Pforte auf die griechische Note Zetreffs Kretas überreicht. Der „Neuen freien Presse zufolge wird in derselben entschieden bestritten, daß Seitens der Muselmänner Gewaltthätigkeiten stattgefunden hätten, viel⸗ mehr werden einzelne Fälle angeführt, wo von christlichen Banden Gewaltthätigkeiten begangen worden seien. Unbegründet sei auch die Behauptung von der angeblichen Vertheilung von Paffen und Munition an die Muselmänner. Der neuernannte General⸗Gouverneur Shakir⸗Pascha sei beauftragt, über die Insel den Belagerungszustand zu verhängen, Kriegsgerichte einzusetzen und eine ernste Proklamation an die Aufständischen zu richten, in welcher dieselben zur Niederlegung der Waffen aufgefordert würden. Die Kaiserlichen Truppen würden ihre pflicht erfüllen. Die Note schließt mit dem Ausdrucke der boffnung, daß die ergriffenen Maßregeln Ordnung und Sicherheit bald wiederherstellen würden.
— 13. August. (W. T. B.) Von dem hiesigen Tele⸗ graphen⸗Correspondenz⸗Bureau wird auf das Bestimmteste versichert, daß die Privatnachrichten eines hiesigen Blattes über angebliche Kämpfe zwischen österreichischem Militär und montenegrinischen Banden in der Herzegowina vollkommen unbegründet sind.
Großbritannien und Irland. London, 12. August. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses be⸗ fürwortete Lord Carnarvon ein Verbleiben Englands in Egypten und wünschte, daß England Egypten so verwalte, wie Ost⸗Indien verwaltet werde. Lord Salisburvy erwiderte: die Aufgabe, welche das Ministerium gefunden, als es die Kegierung angetreten, sei eine sehr schwierige gewesen. Das Ministerium habe nicht erwartet, Egypten in kurzer Zeit zu dem hohen Grade der Wohlfahrt europäischer Länder bringen zu können, aber Dank der staatsmännischen Leitung durch die englischen Beamten des Khedive sei ein anhaltender Fortschritt gemacht, der Egypten den Frieden und die Mittel zu erhöhter Vohlfahrt und zur Erweiterung seines Industrie⸗ und Handels⸗ gebietes bringe. Egypten habe unter der zeitweiligen Vormund⸗ schaft Englands viele wirkliche Fortschritte gemacht. Die finanziellen Lasten Egyptens seien allerdings schwerer, als wünschenswerth erscheine, weil die Hälfte der Einkünfte für die Zinsen auf die Staatsschuld ver⸗ ausgabt würde. Was die künftigen Beziehungen Eng⸗ lands zu Egypten anbelange, so habe die Regierung wieder⸗ holt erklärt, welche Verpflichtung England nach seiner Ansicht gegen Egypten habe. Die Regierung sei von ihrer vor vier Jahren aufgestellten Politik in Egypten nicht um Haares⸗ breite abgewichen. Er halte es für unnöͤthig, die Ver⸗ pflichungen zu wiederholen, deren Erfüllung England, bevor es seine Vormundschaft über Egypten zurückziehe, durch die Ehre auferlegt werde; aber das Ansinnen Lord Car⸗ narvon's, daß England sich aus einem Vormund in den Eigenthümer Egyptens verwandele, daß es seinen Auf⸗ enthalt dort permanent mache, und daß es seine Herrschaft in Egypten für diejenige eines Eroberers erkläre, bezeuge eine ungenügende Achtung vor der Heiligkeit der ein⸗ gegangenen Verpflichtungen, die zu erfüllen England verbunden sei. Bei einer solchen Frage könne die Regierung nicht untersuchen, welches das zweckmäßigste oder vortheil⸗ hafteste Verfahren sei, sondern sie müsse das Verfahren untersuchen, zu dem sie durch die eigenen Engagements und durchh das europäische Gesetz verpflichtet sei. Die Regierung werde diese Regel getreulich zu beobachten bestrebt sein. habe die Regierung keinerlei Absicht, von ihrer Aufgabe abzustehen, bevor dieselbe erfüllt sei; sie aber auch keinerlei Befugniß oder keinerlei Recht, ihrer Auf⸗ gabe die von Lord Carnarvon verlangte Ausdehnung zu geben.
— (A. C.) Sir F. W. Grenfell, der „Sirdar“ der egyptischen Armee, ist in Anerkennung seiner während der jüngsten Operationen am Nil geleisteten trefflichen Dienste
Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. August. (W. T. B.) Das am 21. v. M. vollzogene Gesetz, betreffend die Reorganisation des Gerichtswesens und der Bauern⸗ behörden in den baltischen Gouvernements, ist nun⸗
mehr veröffentlicht.
Türkei. Aus Kandia, vom 13. August, meldet „W. T. B.“: Der Ober⸗Befehlshaber und General⸗Gouver⸗
neur von Kreta, Schakir Pascha, ist in Kanea an⸗ gekommen.
Griechenland. Athen, 12. August. (W. T. B.) Die Kretenser veranstalteten heute eine Kundgebung vor der Wohnung des Minister⸗Präsidenten Trikupis, welcher es ablehnte, eine Rede zu halten. Die Demonstranten weigerten sich, auseinanderzugehen, weshalb Militär requirirt werden mußte.
Serbien. Belgrad. 12. August. (W. T. B.) König Alexander, König Milan, der Regent Protic und der Minister Vuic sind heute Abend um 7 ½ Uhr, von Nisch kommend, hier eingetroffen und auf dem Bahnhof von den übrigen Ministern, Staatswürdenträgern und dem Offi⸗ ziercorps empfangen worden.
Bulgarien. Sofia, 12. August. (W. T. B.) Zahl⸗ reiche Deputirte und Notabilitäten sind zu den am 14. d., dem Jahrestage der Eidesleistung des Fürsten, stattfindenden Festlichkeiten hier eingetroffen. — Der Minister⸗Präsident Stambulow hat an die Präfekten ein Rundschreiben gerichtet, in welchem dieselben angewiesen werden, jedwede Bewegung zu verhindern, die darauf gerichtet ist, die Proklamirung der Unabhängigkeit Bulgariens herbei⸗ zuführen.
Amerika. New⸗York, 9. August. (R. B.) Prä⸗ sident Harrison kam heute in Barharbour an der Küste von Maine an, wo er der Gast des Staatssekretärs Blaine sein wird. Unterwegs hielt der Präsident in Boston einen öffentlichen Empfang ab und wurde überall in Neu⸗England aufs Herzlichste begrüßt. — Die Chippewa⸗Indianer auf der Gull Lake Reservation im Staate Minnesota haben sich bereit erklärt, 4 000 000 Acres Landes an die Bundes⸗ regierung zu verkaufen; diese Ländereien sollen zu Ansiedelungs⸗ zwecken dienen.
Afrika. Egypten. Aus Wady Halfa, vom 11. August, meldet ein Telegramm des Reuter'schen Bureaus: General⸗Major Grenfell kam gestern hier an und wurde von dem Oberst Wodehouse und den seinem Befehl unterstellten Truppen mit vollen militärischen Ehrenbezeugurgen empfangen. Die Ein⸗ wohner hatten einen Triumphbogen errichtet und begrüßten den siegreichen General mit Begeisterung. Seitdem die Derwische die Grenze überschritten, ist kein Einwohner der Provinz Wady Halfa getödtet worden, noch wurde von den Derwischen Getreide oder Vieh weggenommen. Gestern be⸗ sichtigte General Grenfell unweit Sarras die Arbeiten zur Her⸗ stellung einer Eisenbahn zwischen dem genannten Orte und Wady Halfa. Hauptmann Sillem besetzte gestern Sarras, ohne auf großen Widerstand zu stoßen. Die wenigen Derwische daselbst zogen sich un⸗ verzüglich zurück. Das Lager und die Häuser auf beiden Nil⸗Ufern werden zerstört. General Grenfell reiste gestern mit seinem Stabe von hier nach dem Norden weiter.
Australien. Ueber den bereits kurz gemeldeten Auf⸗ standsversuch in Hawaii geht dem Londoner „Bureau Reuter“ aus San Francisco nachstehender, vom 10. d. M. datirter Drahtbericht zu: 1
„Nachrichten aus Honolulu, vom 2. August, zufolge bemäch⸗ tigten sich am 30. Juli vor Tagesanbruch etwa 150 unzufriedene Hawaiianer und Andere, welche bewaffnet waren, unter der Führung eines Halbeingeborenen, Namens Wilcox, der Regierungsgebäude sowie des Königlichen Palastes, von welchem der König indeß abwesend war. Der Palast wurde von den eingeborenen Wachen vertheidigt, und die Regierung befahl, den freiwilligen Truppen, die Aufständischen anzugreifen. Gegen Abend war die Ordnung wieder⸗ hergestellt, nachdem Wiscox und viele seiner Anhänger sich entweder ergeben hatten oder gefangen genommen worden waren, während 6 der⸗ selben getödtet und 12 verwundet wurden. Von den Freiwilligen und eingeborenen Wachen ward Niemand verletzt. Die Absicht der Auf⸗ ständischen ist nicht klar; muthmaßlich gingen sie mit dem Plane um, das gegenwärtige Ministerrum zu stürzen und aus dem Amt zu verdrängen. Von dem Vereinigten Staaten⸗Kriegsschiff „Adams“ waren zeitweilig Truppen gesandt worden zum Schutze der amerika⸗ nischen Legation und zur Unterstützung der Polizei in der Bewachung der Stadt während der Nacht, wobei auch eine Menge Einwohner Beistand als Spezialkonstabler leisteten. Bis zum Abgang des Post⸗ dampfers hatten sich keine weiteren Wirren auf der Insel ereignet, und es ist kein Eigenthumsschaden verursacht worden.“
Zeitungsstimmen.
Die Presse beschäftigt sich auch heute in erster Linie mit Betrachtungen über die Bedeutung des Besuchs Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph in Berlin. Wir heben die Begrüßungsartikel der „Schlesischen Zeitung“, ferner des „Dresdner Journals“ und der „Karlsruher Zeitung“ hervor. Die „Schlesische Zeitung“ schreibt:
„Unser Bündniß mit dem stammverwandten Reiche, mit dem wir uns in eine fast tausendjährige Geschichte theilen, beruht auf so festen naturgemäßen Grundlagen und hat sich während seines zehn⸗ jährigen Bestandes bereits in so großem Stile bewährt, daß ein Zweifel an seiner Dauer, seiner Festigkeit und seiner friedenerhal⸗ renden Kraft nicht gehegt werden kann. In der Person des Kaisers
lichkeit, des großen, im Innern so mannigfaltig gestalteten Nachbar⸗ reiches auf hochpolitischem Gebiete,
Franz Joseph erkennt und verehrt Deutschland den Vertreter der Einheit⸗
wohl wissend, daß alle Völker Oesterreich⸗Ungarns in gleicher Treue und gleicher Liebe zu ihrem an⸗
Deutschland die Hand zum Frieden reichte und der vor nunmehr zehn
Jahren jenes Bündniß abschloß, welches sich als das festeste Bollwerk des europäischen Friedens bewährt und erwiesen hat. 1 Dieses Bündniß hat Wurzel gefaßt in den Nationen selbst; in den weitesten Kreisen der Bevölkerung beider Länder ist die Ueber⸗ zeugung mehr und mehr zum Durchbruch gelangt, daß die beiderseiti⸗ gen Interessen durch treues Handinhandgehen am besten und sichersten gewahrt werden und daß nur hierdurch den Gelüsten Anderer, die euro⸗ päische Staatenordnung zu ändern, ein heilsamer Dämpfer aufgesetzt werden kann. Die Völker Deutschlands und Oesterreichs haben sich in dem Gedanken der Zusammengehörigkeit gefunden, sie haben erkannt, was ihnen in nationaler und politischer Beziehung frommt, und hierin liegt mit die Gewähr, daß das von Kaiser Franz Joseph mit dem in Gott ruhenden Kaiser Wilhelm 1 abgeschlossene Bündniß, welches von dem Enkel und Nachfolger des großen Todten als heiligstes Vermächtniß bochgehalten wurde, ein dauerndes und festes sein wird! In dieser Ueberzeugung, in dem Vertrauen auf die Festigkeit und den Segen des deutsch⸗öster⸗ reichischen Bündnisses begegnen sich alle Völker der habsburgischen Monarchie mit der deutschen Nation. Alle Freunde des Friedens, alle Diejenigen, denen das Wohl ihres Landes am Herzen liegt, hoffen mit Zuversicht auf die Unzerstörbarkeit dieses Völkerbundes, dem sich Italien noch angeschlossen hat, da sie in demselben die natürlichste und sicherste Grundlage des Weltfriedens erblicken. Daß die innige Freundschaft, welche den österreichischen Monarchen mit Sr. Majestät unserem Könige verbindet, — die heutige Zu⸗ sammenkunft in Pillnitz bildet hierfür einen neuen Beweis — den hohen Gast unseren Herzen nur um so näher bringt, bedarf kaum noch eines besonderen Hinweises.“ die „Karlsruher Zeitung“ äußert sich folgender⸗ maßen: „Die Begrüßung des Kaisers Franz Joseph und des Kaisers Wilhelm auf deutschem Boden wird überall in Europa als ein zeit⸗ geschichtliches Ereigniß erkannt und gewürdigt werden. Freilich ge⸗ schieht, wenn in diesen Tagen die Blicke Europas auf die beiden Kaiser gerichtet sind, dies nicht in der Meinung, daß in Berlin neue Thatsachen geschaffen, nicht in der Erwartung, daß dort irgendwelche politische Abmachungen getroffen werden würden, die das Bild der politischen Lage verändern. Deutschlands Verhältniß zu Oesterreich ist derart, daß es überhaupt nicht intimer werden kann; die Freund⸗ schaft, die enge Verbindung beider Staaten ist einer Steigerung einfach nicht fähig. Die beiden Reiche bilden schon heute für den Fall, daß eines von ihnen in seinen Lebensinteressen bedroht werden sollte, eine militärische Einheit. Die Beziehungen Deutschlands und Oesterreichs zu einander sind so klar und scharf als möglich bezeichnet worden durch die beiden seiner Zeit so viel erörterten Trinksprüche, die Kaiser “ und Kaiser Franz Joseph bei dem Galadiner in der Wiener Hofburg am 4. Oktober vorigen Jabres austauschten, als nach den offiziellen Toasten, mit dem Ceremoniell — der österreichische Kaiser auf seine „preußischen und deutschen Kameraden“, und der Deutsche Kaiser auf seine „Kameraden von der österreichisch⸗ungarischen Armee“ trank. Als „unauflöslich und unverbrüchlich“ haben die beiden Monarchen damals ihre Freund⸗ schaft bezeichnet und die zu jener Zeit gesprochenen feierlichen Worte geben den Gesichtepunkt an, von dem aus die heutige Begrüßung der zwei Kaiser beurtheilt sein will. Wenn der Besuch des österreichischen Kaisers in Berlin aber auch alle politische Geheimnißkrämerei, alle Konjekturenmacherei von vornherein ausschließt, so entbehrt er deshalb doch keineswegs einer hohen politischen Bedeutung. Seine Bedeutung erhält er durch den imposanten Ausdruck, zu welchem in diesen Tagen die Volksthümlichkeit des deutsch⸗österreichischen Bündnisses kommt. Alle Parteien, die gesammte Bevölkerung des Deutschen Reichs, gleichgültig, ob der Einzelne in den innerpolitischen Fragen seinen Standpunkt mehr nach rechts oder nach links zu nehmen österreichisch⸗deutsche Bündniß und sehen die unbedingte Aufrecht⸗ erhaltung dieses Bündnisses als eine Sache an;, die aller Diskussion erhaben ist Deutschland und Oesterreich den rechten Nachdruck und die rechte Weihe, daß die Abmachungen der beiderseitigen Regierungen auch den Völkern sozusagen in G und Blut über⸗ gegangen sind. Die freudige und einmüthige Zustimmung der Völker Oesterreich⸗Ungarns und Deutschlands zu der Allianz, die heute von den Kaisern beider Staaten in brüderlicher Umarmung erneuert wird, ist das untrüglichste Zeugniß für die Innigkeit und Festigkeit dieses Bündnisses.“
Ueber den Empfang des Kaisers Franz Joseph in Berlin spricht sich, wie „W. T. B.“ meldet, das Wiener „Fremden⸗ blatt“ folgendermaßen aus: “ 1
„Diese Großartigkeit und Herzlichkeit des Empfanges, dieser Triumphzug der beiden Kaiser durch Berlin läßt neuer⸗ dings die Bedeutung dieser Kaiserbegegnung erkennen. Sie ist eine wiederholte feierliche Bekräftigung jenes innigen Bundes⸗ verhältnisses, jener unverbrüchlichen Freundschaft der Fürsten und der Völker, denen Europa ein Decennium des Friedens in ernster und bewegter Zeit verdankt. Der Jubel der Berliner Bevölkerung findet einen lebhaften Widerhall in dem Herzen eines jeden österreichischen Patrioten.“ 8
Wie „W. T. B.“ aus London von heute früh meldet, bespricht die ‚Times“ den Besuch des Kaisers von Oesterreich in Berlin und hebt dabei hervor, derselbe erinnere an die solide Friedensbürgschaft, welche Europa in dem Dreibunde besitze, und scheine etwas mehr zu sein, als ein bloßer höflicher Gegenbesuch.
Statistik und Volkswirthschaft.
Feuerversicherung in Württemberg.
Eiiner soeben erfolgten amtlichen Veröffentlichung entnehmen wir, daß Ende des Jahres 1888 in Württemberg Mobiliar im Anschlag von 1 954 224 144 ℳ in 340 656 Policen gegen Feuerschaden ver⸗ sichert war, um 50,2 Mill. Mark mehr als im Vorjahr. An Brand⸗ schäden wurden im Jahre 1888 ausbezahlt 1 151 489 ℳ auf 1319 Policen. In Thätigkeit befinden sich 31 Gesellschaften, welche J352 591 ℳ Prämien vereinnahmten. Die meisten Versicherungen fallen auf die Württembergische Privat⸗Feuerversicherungs⸗Gesellschaft
(119 Mill.), Gothaer Gesellschaft (101 Mill.). Kochschulen in Baden.
brechend,
gewöhnt ist, stimmen überein in der vollen Befriedigung über das
über Das giebt der Allianz zwischen
(725 Mill.), sodann folgen Phönix in Frankfurt (188 Mill.), Colonia
Nachdem man zuerst in Pforzheim in Baden eine Haushaltungs⸗
gestammten Herrscher aufblicken und gleich freudig bereit sein werden,
auf seinen Lof. Gut und 89 Ie eschen dween . öG
ollte, die Gesittung und die Wohlfahrt des Erdtheils zu schirmen heilnak 8 8e
Eroberungsdrang oder Rachegelüst. Kaiser Franz Joseph er⸗ b11“ ö111“—“ enssee shen g8
eint nog auf deutschem Reicheboden nicht gls ein Fremder; alle whenlt 1- Karloruhe und den meisten größeren Städten Kochkurse ein⸗
Herzen schlagen ihm entgegen, in allen ist der Wunsch lebendig, daß erichtet und auch seine Kochlehrerinnen bereits nach anderen Gegenden
er sich heimisch bei uns füͤhle.⸗ 18“ Heutschlands sozusagen verliehen. Hie Ig ö 5 der
8 — el des „Dresdener Journals“ Regel achtwöchentliche Kochkurse; die Zahl der Schülerinnen ist von
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ich· s kommt, um den vorjährigen stebt. ie ädchen lernen nicht nur da t
Be eesach heen e Uir zgerawen Aber er 11 nicht theoretisch, sondern auch Scheunern, Putzen und Waschen. Die
allein, um dieser Pflicht der Höflichkeit zu genügen, er kommt als der badischen Kammern haben für Unterstützung solcher Veranstaltungen
treueste Freund Kaiser Wilhelm's, als mächtigster Bundesgenosse des für das laufende Jahr 3000 ℳ bewilligt, und seit Anfang des Jahres
Thatsa li d. Deutschen Reichs und als echter und wahrer Friedensfürst. Mit sind Haushaltungsschulen für Fabrikarbeiterinnen im industriereichen
; 1 Berbrechen. bes 1“ 55 Der Jubel und frohen Hoffnungen begrüßt darum die Felcntwah. vectsehe Mieseother 8 CC E“
1 e Gerichtshof demzufolge in — Nati österreicht ie ätigkeit. Dieselben werden von Vorsitz
See Claußen von Fink, ist am 11. August in Madeira oberste Geri 9 n g6 mit 212 gegen Nation den erhabenen Lenker der 85 Fentigis 8 “
chtshof erklärte sich geg bei seinem Eintreffen in der Reichshauptstadt, sich 8 1 1 1G
angekommen und beabsichtigt, am 8. September cr. wieder in z1 Stimmen für kompetent. Die Sitzung wurde darauf gerüstet hat, den hoben Gast festlich zu empfangen. . .. die betreffenden Städte stellen Lokal und Heizmaterial. Die
See zu gehen. auf morgen vertagt. — Die Rechte trat nach der Sitzung zu Die deutsche Nation ist sich wohl bewußt, daß Kaiser Franz Joseph Theilnehmerinnen am Kurs (je 8) zahlen für das Essen für den
Württemberg. Friedrichshafen, 10. August. Ihre einer Berathung zusammen und beschloß, an den weiteren es war, der mit voller Aufrichtigkeit die auf eine Verständigung mit Tag 30 ₰.
Königlichen Hoheiten die Herzoginnen Elsa und Olga
schule für Fabrikarbeiterinnen errichtet hatte und sowohl durch rege
unter Oberst⸗Lieutenant von Kotze, dem 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiment Theilnahme als Erfolge der Beweis des Bedürfnisses und der Zweck⸗
unter dem Major Grafen zu Eulenburg und dem 2. Garde⸗Dragoner⸗ Regiment unter Oberst⸗Lieutenant von Willich; ferner 2) die Artillerie und der Train unter dem Befehl des General⸗Majors von dem Knesebeck, bestehend aus dem 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment unter Oberst Freiherrn Neubronn von Eisenburg, dem 2. Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗Regiment unter Oberst⸗Lieutenant Lüdemann, etatsmäßiger Stabsoffizier des Regiments, der 1. und 2. Lehr⸗Batterie der Artillerie⸗Schießschule und dem Garde⸗Train⸗Bataillon unter Major Eiswaldt.
Die Aufstellung war im ersten Treffen: die Bataillone in Doppel⸗ kolonne, das 4. Bataillon Eisenbahn⸗Regiments und die 1. und 2. Lehr⸗Compagnie der vi“ in Tiefkolonne; im zweiten Treffen: bei der Kavallerie in Kolonne in Escadrons, bei der Artillerie — die Abtheilungen bezw. Lehr⸗Batterien in Breitkolonne, der Train war in Linie.
„Beim Erscheinen Sr. Majestät des Kaisers von Oester⸗ reich wurden die Honneurs, auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs, zuerst im Ganzen von der Parade erwiesen, und demnächst brigadeweise präsentirt; statt der preußischen wurde die österreichische National⸗Hymne gespielt. Das
zum General⸗Major in der britischen Armee befördert
worden sind“, und eine Uebersicht der „Versteuerten worden. Bislang bekleidete er in dieser Armee nur den
Rübenmengen sowie Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im deutschen Zollgebiet im Monat Juli 1889“. Oberstenrang.
.— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich säch⸗ Frankreich. Paris, 12. August. (W. T. B.) Der sische Oberst von Schlieben ist hier eingetroffen. zberste 8e ehe trat heute im Berathungszimmer zu⸗ — Der General⸗Lieutenant von Roerdansz, General⸗ ammen. Buffet von der Rechten konstatirte, daß sich in
nsz, dem Ankl ch Artillerie, i er zu⸗ 1 lagevortrage des General⸗Staatsanwalts mehrfache Iespergkur der Fuß⸗Artillerie, ist von Dienstreisen hierher 1 idersprüche befünden. Darauf gelangte die von der Rechten
aufgeworfene Kompetenzfrage zur Erörterung. Nach längeren — Der General⸗Stabsarzt der Armee, Chef des Sanitäts⸗
erathungen wurde von der Rechten der Antrag ein⸗ Corps und der Medizinal⸗Abtheilung des Kriegs⸗Ministeriums, gebracht, die üSbghe en; des obersten Gerichtshofes aus⸗ Dr. von Coler, hat eine Dienstreise angetreten. i
zusprechen, weil⸗ nach den in dem Anklageakt angeführten — S. M. S. „Ariadne“, Kommandant Kapitän zur weil
„— Unter einem Massenandrang des Publikums, wie er wohl seit den Tagen der Prahelta ser Zuseeenesunst im Jahre 1872 nicht mehr stattgefunden hat, fand Abends 8 ½6 Uhr vor dem Königlichen Schlosse der der Musikcorps des Garde⸗Corps statt. Das Programm unter Leitung des König⸗ lichen Musikdirektors Roßberg war das folgende: Wirbel aller Tambours — „Gott erhalte Franz den Kaiser“ — Ouverture zur Oper „Iphigenie in Aulis“ von Gluck — Ouverture zu „Arminius“ — Radetzky⸗Marsch — Prinz Eugen, der edle Ritter — Armee⸗ Marsch 1. Bat.⸗Garde 1806 — Coburger Josias⸗Marsch — Oesterreichische Retraite — Sroßer Zapfenstreich. — Die Majestäten, Prinzen und Prinzessinnen wohnten der Musik⸗ Aufführung von dem mittleren Balkon aus sowie in den anstoßenden Gemächern bei. — Gegen 9 ¾ Uhr fand der Rückmarsch der Musikcorps nach dem Dentmal Friedrich's des Großen statt.
— Zu 8 Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph fand heute 9 dem Tempelhofer Felde eine Parade des Garde⸗Corps statt. Das Wetter war der Truppe 8 8 1““ 1
erhandlungen nicht theilzunehmen. dem neuen Deutschen Reich gerichteten Bestrebungen förderte, der
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