8 be das gestrige Adlerschießen in Potsdam meldet W. . B. *: 9 Potsdam, 16. August. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wohnten heute Nachmittag dem Adlerschießen der Offiziere des 1. Garde⸗Regiments z. F. im Katharinenholze bei. Den ersten Preis, eine große Bronze⸗ büste Kaiser Wilhelm's I., erhielt Hauptmann von Grumbkow. Während des Schießens war auch Ihre Majestät die Kaiserin Augusta auf kurze Zeit er⸗ schienen. Nach dem Schießen fand ein Essen statt, bei welchem Se. Majestät der Kaiser die Gemahlin des Regiments⸗ Commandeurs, Obersten von Plessen, zu Tische führte. Um 7 ¼ Uhr begab Sich Se. Majestät nach Schloß Babelsberg, um Sich daselbst von Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta zu verabschieden, während Ihre Majestät die Kaiserin Augusta Victoria nach dem Neuen Palais fuhr und Sich sodann mit dem bereitstehenden Sonderzuge nach Neu⸗Babelsberg begab, wo Se. Majestät der Kaiser gleichfalls den Zug bestieg, um nach Berlin zurückzukehren.
— Dem „W. T. B.“ wird über die Ankunft Ihrer Majestäten in Bayreuth berichtet:
Bayreuth, 17. August. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin trasen um 8 Uhr Morgens hier ein und wurden auf dem Bahnhofe von Sr. Königlichen Hent dem Prinz⸗Regenten Luitpold, welcher die
niform des 4. preußischen Feld⸗Artillerie⸗Regiments trug, be⸗ rüßt. Se. Majestät hatte des 1. bayerischen Ulanen⸗ Regiments angelegt. Der Kaiser und der Prinz⸗Regent umarmten und begrüßten sich auf das Herzlichste. Von den Künstlern war eine Ovation veranstaltet worden, indem Mottl's Kantate über Goethe's „Des Epimenides Erwachen“ und hierauf der „Kaisermarsch“ von Richard Wagner zur Aufführung ge⸗ langten. — Auf dem Bahnhof waren auch Deputationen des Magistrats⸗ und des Gemeinde⸗Kollegiums zum Empfang er⸗ schienen. Das in dichten Mengen harrende Publikum begrüßte Ihre Majestäten mit enthusiastischen Zurufen. G
— Durch einen Wurf mit einem Stück Holz, welchen ein beim Kaffeetrinken in einer Wärterbude befindlicher Arbeiter anscheinend aus Uebermuth that, wurde einer seiner Mit⸗ arbeiter verletzt. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat durch Rekursentscheidung vom 18. März 1889 (Nr. 734) in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht dem verletzten Arbeiter eine Entschädigung nach dem Unfallversicherungsgesetz zuerkannt. Zwar genügt es für den Begriff eines „Unfalls bei dem Betriebe“ im Sinne des §. 1 Absatz 1 des Unfall⸗ versicherungsgesetzes nicht, daß ein bloß zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang mit dem Betriebe und dem eingetretenen Schaden besteht; vielmehr muß auch ein ursächlicher Zu⸗ sammenhang zwischen dem Betriebe oder dessen Gefahren und dem Unfalle erkennbar sein. Ein solcher liegt aber hier vor. Allerdings war die Thätigkeit des Arbeiters, durch welche die Verletzung des Klägers in erster Reihe bewirkt worden ist, anscheinend nicht durch den Betrieb bedingt, sondern entsprang mehr einem mit dem letzteren in keinem ursächlichen Zu⸗ sammenhang stehenden Muthwillen. Das Unfallversicherungs⸗ gesetz hat aber bewußter Weise die Arbeiter auch gegen die⸗ jenigen Gefahren sicher stellen wollen, die der Verkehr zahl⸗ reicher Personen auf Einer Betriebsstätte in Verbindung mit muthwilligem oder fahrlässigem Handeln einzelner Arbeits⸗ Fenossen im Gefolge hat. Hierzu kommt, daß eine zum
etriebe gehörige Thätigkeit des Klägers beziehungsweise die durch eine Betriebsthätigkeit veranlaßte gebückte Stellung desselben zur Zeit des Unfalls dazu, daß letzterer eintrat, ursächlich mitgewirkt hat. Die diesseitige Entscheidung 476, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 176, kann hier nicht in Betracht kommen, da der vorliegende Fall von dem dort entschiedenen in wesentlichen Punkten abweicht. Während in dem letzteren Falle der Unfall auf die Fahrlässig⸗ keit eines in einem fremden Betriebe beschäftigten Arbeiters zurückzuführen war, kommt hier die Thätigkeit eines mit dem Kläger in demselben Betriebe, ja sogar in derselben Rotte be⸗ schäftigten Arbeiters in Frage; dort wurde der Arbeiter auf offener Straße von dem Unfalle betroffen, während hier der Unfall dem Arbeiter auf der Betriebsstätte zugestoßen ist. (Zu vergleichen Entscheidungen 563, 564, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 289.)
— Der General⸗Feldmarschall Graf von Moltke, Präses der Landes⸗Vertheidigungs⸗Kommission, hat sich mit längerem Urlaub nach Kreisau begeben.
— Der General der Kavallerie, Graf von Waldersee, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Chef des Generalstabes der Armee, hat sich zur Begleitung Sr. Majestät des Kaisers und Königs nach Karlsruhe begeben.
— Der Königliche Gesandte am württembergischen Hofe, Graf von Wesdehlen, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations⸗Rath von Kleist als Geschäftsträger.
— Der Königliche Gesandte am Großherzoglich badischen Hofe, von Eisendecher, ist von dem ihm Allerhöchst be⸗ willigten Urlaube nach Karlsruhe zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.
— S. M. Kadetten⸗Schulschiff „Niobe“, Kommandant Kapitän zur See Aschenborn, ist am 17. August d. J. in Marstrand in Schweden eingetroffen und beabsichtigt am 20. August d. J. wieder in See zu gehen.
Bayern. München, 16. August. (W. T. B.) Se. Königliche Fohet der Prinz⸗Regent ist von den Jagden bei Linderhof mit den Prinzen Ludwig und Leopold gestern hier wieder eingetroffen. — Höchstderselbe hat dem Kriegs⸗ Minister General von Heinleth anläßlich dessen fünfzig⸗ jährigen Dienstjubiläums mittelst eines sehr huldvollen Handschreibens das Ehrenkreuz des Ludwig⸗Ordens ver⸗ und ihn zugleich à la suite des Leib⸗Regiments gestellt.
Bayreuth, 16. August. -(W. T. B.) Der Prinz⸗ Regent Luitpold ist mit dem Gefolge heute Abend 8 Uhr 55 Minuten mittels Sonderzuges hier angekommen und auf dem Bahnhofe von den Spitzen der Civil⸗ und Militär⸗ Behörden empfangen worden. er Bürgermeister begrüßte den Regenten mit einer Ansprache. Nach Entgegennahme eines von den Ehren⸗Jungfrauen überreichten prachtvollen Bouquets und Abschreiten der Ehren⸗Compagnie begab sich Se. König⸗
Sachsen. Dresden, 16. August. (Dr. J.) Ihre Durchlaucht die Prinzessin Feodora zu Schleswig⸗ Holstein, jüngste Schwester Ferer Majestät der Kaiserin und Königin, ist gestern Abend in Begleitung Ihrer Tante, Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Amalie zu Schleswig⸗ Holstein über München nach St. Moritz abgereist.
Württemberg. Stuttgart, 16. August. Se. Majestät der König begab sich gestern Nachmittag zu Wagen von Bebenhausen nach Tübingen und fuhr von da nebst Gefolge mittelst Sonderzugs hierher, wo Se. Majestät gegen 4 ½ Uhr eintraf. — Heute Vormittag verfügte sich der König in Beglei⸗ tung des dienstthuenden Flügel⸗Adjutanten in die Gewerbehalle und unterzog unter Führung des Staats⸗Ministers des Kirchen⸗ und Schulwesens, Dr. von Sarwey, und des Regierungs⸗ Direktors von Gaupp die Jubiläums⸗Schulausstellung einer eingehenden Besichtigung. 1
Friedrichshafen, 16. August. Ihre Majestät die Königin empfing am letzten Mittwoch den Besuch Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm von Baden, welche längere Zeit bei Ihrer Majestät verweilte und Abends wieder nach Schloß Kirchberg zurückkehrte. — Heute kam der Kaiserlich russische Geheime Rath von Brewern auf Ein⸗ ladung Ihrer Majestät für einige Tage zum Besuch im König⸗ lichen Schlosse an.
Baden. Karlsruhe, 15. August. Die amtliche „Karlsruher Ztg.“ meldet: „Se. Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog empfing gestern Abend eine telegraphische Mittheilung Sr. Majestät des Kaisers, wonach Allerhöchstderselbe mit Ihrer Majestät der Kaiserin am 19. d. M. Nachmittags zum Besuch in Karlsruhe eintreffen wird. Am Nachmittag
des folgenden Tages werden Ihre Majestäten die Weiterreise
nach dem Elsaß fortsetzen. In Folge dieser Nachricht wird Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin am 17. d. M. von Schloß Mainau hierher zurückkehren.“
Hessen. Darmstadt, 16. August. (Darmst. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog ist, von Bayreuth kommend, heute Abend hier wieder eingetroffen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 15. August. (Cob. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Herzog von Edinburg hat sich heute Morgen zum Besuch Sr. Hoheit des Herzogs
Schloß Reinhardsbrunn begeben.
1
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. August. (W. T. B.) Der König von Rumänien traf gestern Abend mit dem Kronprinzen aus der Schweiz hier ein und wurde am Bahnhofe von dem rumänischen Gesandten Vacaresco sowie von dem Personal der rumänischen Gesandtschaft empfangen. Heute früh traten die hohen Herrschaften die Weiterreise nach Bukarest an.
— Das Ministerium des Innern hat den Magistrat und die Polizei⸗Direktion angewiesen, sofortige Maf⸗ regeln zu treffen, um dem Unfuge des Winkelbörsen⸗ geschäftes ene gisch und nachhaltig zu steuern.
Großbritannien und Irland. London, 16. August. (A. C.) Die Königin wird am 22. d. ihre Reise nach Nord⸗Wales antreten und fünf Tage in dem loyalen Fürstenthum, welches bereits die größten Vorbereitungen zum würdigen Empfang Ihrer Majestät trifft, verweilen. Von Wales wird die Königin direkt nach Schottland fahren, wo sich der Hof bis Mitte November aufhalten wird. — Prinz und Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein werden nächster Tage nach Deutschland reisen.
Im Auftrage der canadischen Regierung wird sich der canadische Minister und Leiter des Senats, Abbott, begleitet von dem Abgeordneten Brown von Hamilton, Ontario, und dem canadischen Zolldirektor Parmalee, Ende dieses Monats nach Australien begeben, um einer Kon⸗ ferenz beizuwohnen, welche ein engeres, gegenseitigeres Verhältniß zwischen Canada und Australien an⸗ strebt. Bessere regelmäßige Verbindung zur See und Hebung direkter Handelsbeziehungen werden in erster Linie den Gegen⸗ stand der Berathungen bilden.
„— 17. August. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses verlangte bei der Be⸗ rathung des Budgetpostens, betreffend den diplo⸗ matischen Dienst, der Deputirte Labouchéère Aus⸗ kunft über die Beziehungen Englands zu Italien und zur Tripel⸗Allianz und wünschte zu wissen, ob Lord Salisbury bei den Unterhaltungen mit dem Deutschen Kaiser oder dem Grafen Bismarck die Stellung Englands zur Tripel⸗ Allianz klar definirt habe, und ob er direkt oder indirekt Ver⸗ sicherungen gegeben habe, welche die Mächte vermuthen lassen könnten, daß sich England im Falle eines Krieges der Tripel⸗ Allianz anschließen dürfte. Der Unter⸗Staatssekretär Fergusson erklärte darauf: Labouchére sei jüngst bei dem Aufwerfen einer ähnlichen Frage bedeutet worden, daß England sich seine volle Aktionsfreiheit reservirt habe. Er könne auch jetzt nur wieder⸗ holen, was er bereits im Februar 1888 erklärt habe, daß die Regierung keinerlei Engagements Betreffs Ver⸗ wendung der militärischen oder maritimen Streit⸗ kräfte Englands eingegangen sei, ausgenommen die⸗ jenigen, welche dem Hause bekannt seien. Kein Land habe ein größeres Interesse an der Erhaltung des Friedens als England, das Angesichts seiner in allen Welt⸗ theilen bestehenden Interessen jeder Eventualität gegenüber die Freiheit haben müsse, diejenige Politik zu adoptiren, die seinen Interessen am Besten entspreche. Von den Mächten werde die Gerechtigkeit dieses Vorbehalts Englands anerkannt. Labouchdère erwiderte: er würde befriedigt sein durch diese Antwort, wenn Fergusson die Versicherung ertheile, daß Lord Salisbury seit der Uebernahme der Regierung Italien keinerlei Mittheilung gemacht habe, welche dasselbe ver⸗ muthen lassen könnte, daß die englische Regierung Italien eventuell gegen die Folgen seiner Allianz mit Deutschland im Mittelländischen Meere schützen werde. Wenn Fergusson aber bei der allgemeinen Erklärung des vorigen Jahres beharre, so halte er an dem Glauben fest, daß ein geheimes Einverständniß zwischen Salisbury und der Tripel⸗Allianz bestehe. Die Tripel⸗Allianz sei gegen Frankreich gerichtet, und Lord Salisbury scheine einen beson⸗ deren Haß auf Frankreich zu haben. Der erste Lord des Schatzes, Smith, erklärte: es sei auch nicht das Atom eines Grundes vorhanden für solche Lord Salisbury
Ansichten. — Ein Antrag Mac Arthur'’s, das Gehal
des Botschafters in Rom um 500 Pfd. Sterl. zu kürzen um damit Protest gegen die ausweichende Antwort Seitens d gs einzulegen, wurde mit 118 gegen 61 Stimmen ah gelehnt. — Die Zehntenbill wurde auf die Vorstellun des Präsidenten von dem ersten Schatz⸗Lord Smith zurüth gezogen, die Einbringung einer neuen Vorlage jedoch von ihn abgelehnt, sofern die Opposition nicht die schleunige Durzz berathung derselben zusagen würde.
Frankreich. Paris, 15. August. (K. Z.) Die Sie⸗ des Urtheils, worin der oberste Gerichtshof die verschiedene Anklagepunkte begründet, lautet: 8
I. Zur Anklage des Attentats: betreffs des frevelhaften g. schlags a. was Boulanger anlangt: in Erwägung, daß aus de Schriftstücken der Untersuchung hervorgeht, daß der genamt Boulanger seit weniger als zehn Jahren und namentlich am 8. p. 14. Juli 1887 zu Paris frevelbafte Anschläge begangen hat, deren war, sei es, die Regierung zu vernichten oder zu wechseln. sei Bürger oder Bewohner zur Bewaffnung gegen die verfassungsm Behörde zu reizen, Anschläge, welche sich durch Vollzieh handlungen oder Versuche kundgaben, die nur durch Umstände, wel von dem Willen ihres Urbebers nicht abhingen, ohne Wirkung bliek⸗ b. was Dillon anlangt: in Erwägung, daß aus den Schrift⸗ der Untersuchung bervorgeht, daß er sich schuldia gemacht hat, zun nämlichen Ziel und bei der rämlichen Gelegenheit Boulanger de den Handlungen mit Wissen geholfen oder unterstützt und sich so zun Mitschuldigen des genannten Boulanger gemacht zu haben, c was Roche⸗ fort anlangt: in Erwägung, daß aus den Schriftstücken der Untersuchne herrorgeht, daß er zur nämlichen Zeit und bei den nämlichen legenheiten durch Umtriebe oder strafbare Artikel zum Verb des frevelhaften Anschlags aufgereizt oder Weisungen, um ihn zu begehen, gegeben hat; daß er Boulanger bei den Thatsachen mi Wissen gebolfen oder unterstützt hat, welche die Handlung vorbereitn und erleichtert haben, und daß er sich hierauf des vom genannte Boulanger begangenen frevelhaften Anschlags schuldig gemat: hat. II. Zur Anklage der Unterschlagung von Geldern: pes Boulanger anlangt: in Erwägung, daß aus den Schriftstücken de Unt rsuchung hervorgeht, daß der genannte Boulanger 1886 nre. 1887 zu Paris, als er Kriegs⸗Minister und in dieser Eigensche Staatsdepositar oder Rechnungsführer war, Staatsgelder, die einen Werth von über 240 000 Fr. hatten, entwandt ore unterschlagen bat, um sich die Mittel zu verschaffen, d⸗ oben angegebenen Verbrechen des frevelhaften Anschlags und de Verschwörung zu begehen oder deren Ausführung zu erleichtern; in Anbetracht des Zusammenhangs und der Artikel 226 und 227 des Gesetzbuchs über das Strafverfabren werden Boulanger, Dillo; und Rochefort des Verbrechens der Verschwörung und des frevelhaften Anschlags, Boulanger der Entwendung von Staatsgeldern fir schuldig erklärt. (Folgen die Artikel des Strafgesetzbuchs.)
Die Folgen der Verurtheilung sind: Boulanger, Dillon und Rochefort sind für bürgerlich todt erklärt und er⸗ halten einen Vormund, der ihr Vermögen verwalten wird Es kann an sie kein Theil ihres Einkommens abgeliefert werden Ferner können sie kein Staats⸗ oder Privatamt übernehmen Boulanger verliert seinen Generalsrang, seine Pension und wird aus der Liste der Ehrenlegion — er ist Großoffizier —
Tagen in eines der Blätter des Departements, in welchen der in contumaciam Verurtheilte seinen letzten Wohnsitz hatte, eingerückt und an der Bürgermeisterei und an dem Gerichishef angeschlagen werden.
— 16. August. (W. T. B.) In dem heute stattgehabten Ministerrath theilte der Kriegs⸗Minister de Freyeinet mit, daß er dem nächsten Ministerrathe, welcher Dienstag, den 20. d. M, stattfinden soll, die Maßregeln unterbreiten werde, welche er gegen die in der Boulanger⸗Affaire kompromittirten Offiziere oder Beamten des Kriegs⸗Ministeriums ergreifen wolle.
— 17. August. (W. T. B.) Boulanger, Dillon
und Rochefort haben ein neues Manifest erlassen, in
welchem es heißt: Das Urtheil des obersten Gerichtshofes ist das Resultat eines Uebereinkommens zwischen Kammer und Senat, nach welchem die Kammer dem Senat seinen ferneren Fortbestand zugestand. Das Ergebniß der gegen uns begangenen ungeheuerlichen Ungerechtigkeit bedeutet eine Niederlage des allgemeinen Stimmrechts. Aber diese Orgie von Willküürlichkeiten, Verleumdungen und Pllich⸗ vergessenheiten nähert sich ihrem Ende. Trotz der neuen Staatsstreiche, die sich im Dunkeln vorbereiten, vertrauen wue auf die Festigkeit der Wähler.
Wie verlautet, beträgt die Zahl der durch die Exrr⸗ hüllungen des Prozesses Boulanger kompromittirten Offiziere, deren Entfernung aus dem Heere der Krieg⸗ Minister anordnen will, etwa 50.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Augut (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin sind heute nach Peterhof zurückgekehrt.
Italien. Rom, 16. August. (W. T. B.) Der Könis und der Kronprinz besuchten heute Nachmittag das Grab Garibaldi's auf der Insel Caprera.
Türkei. In Kanea auf Kreta sind, wie „W. T. B. aus Athen vom 16. August meldet, 1500 türkische Soldaten eingetroffen und werden weitere 6000 Mam erwartet.
Serbien. Belgrad, 15. August. (Pol. Corr.) König Milan wird am Sonnabend, den 17. d. M., mit dem Orient⸗ Expreßzuge von hier abreisen. Der Regent Ristics trifft an demselben Tage hier ein. b
— 16. August. (W. T. B.) Wie verlautet, bat Köniz Milan seine Zustimmung gegeben, daß die Königin Natalie den König Alexander unter gewissen Bedingunge⸗ mehrere Male im Jahre im hiesigen Koͤniglichen Palas besuche und sich daselbst einige Zeit aufhalte.
Amerika. New⸗York, 15. August. (R. B.) Pri⸗ sident Harrison ist von seinem Ausflug nach Bar Harbar im Staate Maine nach Washington zurückgekehrt. J. Bath hielt der Präsident eine kurze Rede, in welcher er sen Interesse für die Hebung der Kauffahrteiflotte de⸗ Vereinigten Staaten cussprach, deren Schiffe einst abr⸗ Meere gekreuzt hätten.
Afrika.
Kairo, 17. August. (R. 8) Der General Grenfell ist heute hierher zurückgekehrt umj
Egypten. wurde von dem Minister⸗Präsidenten Riaz Pascha, 2 übrigen Ministern, dem General Dorner, dem Stabe, son⸗ den englischen und egyptischen Truppen empfangen.
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liche Hoheit nach dem Schlosse, wo alsbald der Empfang der Künstlerschaft stattfand. “ 8.
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und der s Regierung von Labouchere zugeschriebenen
gestrichen. Das Urtheil muß dem Gesetz gemäß binnen at:
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Dem in die Heimath zurückkehrenden Kaiser Franz Folenah ruft die Wiener „Presse“ ein herzliches Will⸗ vommen zu:
„Heute Abend verläßt Se. Majestät der Kaiser die Hauptstadt des Deutschen Reichs, und damit findet ein historisch denkwürdiges Kapitel der Zeitgeschichte seinen Abschluß. Umbraust von dem Jubel der Berliner Bevölkerung und von seinem Kaiserlichen Freunde mit einer bei Fürstenbegegnungen bisher kaum wahrgenommenen Herzlich⸗ keit empfangen, hat unser Monarch seinen Einzug in die Metropole Deutschlands gehalten, unter enthusiastischen Aeußerungen der Freude und Verehrung hat er sie heute verlassen. Die Berölkerung unseres Reichs hbat mit othemloser Spannung und in freudigster Erregung das großartige Schauspiel der Kaiser⸗Entrevue in Berlin verfolgt, weil durch dieselbe neuerdings in einer, wie die Trinksprüche der beiden Monarchen beweisen, geradezu feierlichen Weise die treue Bundesgenossenschaft der Nachbarreiche für alle Zukunft besiegelt worden ist. Die glanzvollen Tage von Berlin haben überall bei uns das Vertrauen in die Erhaltung des Friedens erheblich gestärkt, und dankbaren Gemüths rufen die Völker Oesterreich⸗Ungarns dem in die Heimath zurückkehrenden Herrscher die besten Segenswünsche ent⸗
Unter dem Eindruck der Berliner Kaisertage läßt sich die Londoner „Times“ folgendermaßen aus:
„Wir zweifeln nicht, daß, wenn die Kaiser von Deutschland und Oesterreich von einander scheiden, sie das Bewußtsein haben, daß ihre Interessen auf lange Zeit pereinigt bleiben werden. Gegenwärtig ist ein dunkler Punkt am Horizont, und die drei mitteleuropäischen Mächte können mit Befriedigung auf die bestehende Lage als Ergebniß ihres Paktes blicken. Derselbe wird getreu befolgt, er ist ein Unterpfand des Friedens, warum sollte er nicht auf eine unabsehbare Zeit in Kraft bleiben? Es giebt eine thörichte Form des Pessimismus wie des Optimismus. Eine
le von Gerüchten von bevorstehenden Wirren durchschwebt seit
e die Luft, die Wirklichkeit aber ist der Friede. Können wir in
ede stellen, daß der Dreibund, trotz aller über seine Dauer ge⸗
zerten Zweifel, geholfen hat, uns die Segnungen des Friedens zu sichern? Was würde sich ereignet haben, falls von den drei Mächten jede ihren eigenen Weg gegangen wäre? Alle drei Länder haben von dem Bündniß Nutzen gehabt, und nicht allein sie, sondern auch andere Nationen.“
Der „Düsseldorfer Anzeiger“ bringt über Deutsch⸗ lands „Wettkampf auf dem Weltmarkt“ solgende Be⸗ trachtung:
„Gegen die freihändlerischen Theorien treten auf dem Gebiet der vpraktischen Erfahrung, welche wir mit der Schutzzollpolitik gemacht haben, so viel Zeugen auf, daß man sich nur wundern kann, wie die Gegner immer noch den Muth haben, nicht nur einen vollständig verlorenen Posten nicht aufzugeben, sondern immer wieder neue An⸗ griffe zu machen. Die Zeugen, welche wir beute nennen wollen, sind nicht Personen, sondern Thatsachen, und zwar die Thatsachen, welche jüngst der Statistiker Dr. L. Francke in der „Zöitschrift des König⸗ lichen Statistischen Bureaus“ vorgeführt hat, und welche von dem siegreichen Wettkampf Deutschlands auf dem Weltmarlt berichten.
Daß die Ausfuhr Deutschlands in der Schutzzoll⸗Aera enorme
ortschritte gemacht hat — von 2821 Mill. Mark im Jahre 1879 bis 352 Mill. Mark im Jahre 1888 —, ist bekannt. Von besonderem ikteresse aber ist es, welchen Ländern gegenüber Deutschland besonders erfolgreich gewesen ist. Nach England ist die Ausfuhr in Folge der „Merchandise Marks Acte“, welche die Unterdrückung der betrügerischen Nachahmung englischer Firmen oder Handelsmarken auf ausländi⸗ schen Firmen bezweckt, allmählich geringer geworden, hiermit ist aber der Vortheil erreicht worden, daß die deutschen Waaren nun anstatt mit englischen Schiffen und unter englischer Bezeichnung mehr und mehr auf deutschen Schiffen als deutsche Waaren nach den fremden Ländern gelangen. Immerhin ist der Handel mit England sehr bedeutend geworden, obwohl die deutschen Erzeugnisse keineswegs sämmtlich dort verbraucht, sondern über das Meer weiter geführt werden. Nach Frankreich hat die Ausfuhr abgenommen, wie auch die Einfuhr französischer Waaren nach Deutschland sich um 22 % verringert hat. In den Niederlanden und Belgien aber hat sich der Verbrauch von deutschen Waaren crheblich gesteigert, und zwar in wesentlich stärkerem Maße als der von britischen oder französischen. Nach Spanien hat der Ausfuhrhandel gleichfalls zum Nachtheile Englands und Frankreichs, deren Erzeugnisse dort früher fast allein herrschend waren, hbedeutend zu⸗ genommen, ebenso haben Deutschlands Erzeugnisse in Italien einen größeren Erfolg als alle anderen Mitbewerber davongetragen. Nach Oesterreich und Rußland hat sich der Export Deutschlands ver⸗ mindert, in letzterem Lande um 58 %, und zwar in Folge der fort⸗ gesetzten Zollerhöhungen, welche sich vorzugsweize gegen deutsche Er⸗ jeugnisse richteten. Dagegen gehören Dänemark, Schweden und Norwegen zu den stärksten Abnehmern deutscher Waaren; Deutschland findet hier sogar besseren Absatz als England, obwohl die Verbin⸗ dung mit diesem Lande wesentlich durch den billigen Wasserweg er⸗ leichtert wird.
In hervorragendem Maße siad an der Aufnahme deutscher Waaren die außereuropäischen Kulturstaaten betheiligt. In Nord⸗ Amerika hat Deutschland erheblich größere Fortscoritte zu verzeichnen als England und Frankreich. Nach den central⸗amerikanischen Ländern
nd Mexiko hat sich der Ausfuhrhandel Deutschlands von 1880 — 1887 Menge nach um das Fünffache, dem Werthe nach Folge des Rückgangs der Waarenpre se nur um das oppelte gehoben. Nach Süd⸗Amerika ist der deutsche Handel um den 2 ⅞ fachen Betrag gestiegen. Ueber die Versorgung Afrikas mit deutschen Erzeugnissen lassen sich keine bestimmten Ziffern angeben, weil hier der Handel viel durch ausländische Schiffe ver⸗ mittelt wird. Dagegen ist der Ausfuhrhandel nach Australien um das Vierfache gestiegen, er überragt erheblich den französischen. Durch die deutschen Postdampferverbindungen bat sich gleichfalls der Handel nach Britisch⸗Indien, China und Japan bedeutend gehoben. Benn die Weit sich nach freihändlerischen Theorien entwickelt bätte, näre allenthalben der deutsche Export zurückgegangen. Statt dessen ist das Gegentheil eingetreten!“
Ueber das „Sozialistengesetz und den Freisinn“ bemerkt das „Deutsche Tageblatt“: In der freisinnigen Presse kehrt die Behauptung immer wieder, daß der Pariser Kongreß der internationalen sozialrevolutionären De⸗ mokratie die Nutzlosigkeit und Schädlschkeit eines Ausnabmezustandes dargethan habe, der die Sozialdemokrtatie nicht niedergehalten, sondera nur auf Seiten⸗ und Abwege hingedrängt und ihre Führer mit dem 89 SPfrhbn als wirksamen Nimbus des Martyriums um⸗ leidet habe. Wir halten dies nicht für richtig, und zwar schon um deswillen nicht, weil das Ausnahmegeset e hk Kersler Linie den Zweck baben sollte und gehabt hat, die Sozialdemokratie niederzuhalten, Bebem nur gegen ihre Ausschreitungen sich richtete. Es hat in dieser emehung auch gute Dienste geleistet, die Dynamitbolde und anderen Attentäter haben immer mehr einsehen lernen, daß sie gegenüber der fünckärften Macht und Wachsamkeit der deutschen Behörden einen · weren und fast unhaltbaren Stand haben, und daß es eine rergeb⸗ iche Hoffnung sei, so lange das Sozialistengesetz besteht darauf rechnen 5 eüsn. d06 von Deutschland aus jene letzte Entscheidung gegen 82 hestehende Ordnung der Dinge berbeigeführt werden könne, von elcher bekanntlich auch in Paris wiederholt die Rede gewesen ist. des Berücksichtigt man, was es heißen will, daß seit der Einführung und Gesiclistengesetzes die internationalen Verschwörer gegen Staat und Gesellschaft Deutschland immer mehr zu meiden gesucht haben, dem dergleicht man mit der Wildheit und Maßlosigkeit der soztal⸗ möte ratischen Bewegung vor 11 Jahren ihren jetzigen verhältniß⸗ v. g ruhigen und ganz genau zu derechnenden Gang, so erscheint das entheil von dem richtig, was die freisinnige Presse von der irkung des Sozialistengesetzes angiebt, und statt seiner Nutzlosigkeit
und Schädlichkeit springt seine Nützlichkeit und Heilsamkeit in die
Augen.
Verkennt aber die freisinnige Presse wie den Zweck auch die Wirkung des Sozialistengesetzes, so bewegt sie sich nur in dem fehler⸗ haften Zirkel ihrer Trugschlüsse weiter, wenn sie für die Nutzlosigkeit eines sogenannten Ausnahmegesetzes mit Vorliebe die Stärke der sozialdemokratischen Partei und neuerdings auch den Pariser Kongreß als Zeugen aufführt. 8
Daß die sozialdemokratische Bewegung, wenn auch ihrem Charakter nach eine andere geworden, doch an Stärke noch nicht erbeblich zurückgegangen ist, soll nicht geleugnet werden. Die Schuld aber trifft in erster Linie die freisinnige Partei, das Sozialistengesetz an sich hat damit wenig zu thun.
Hätte die freisinnige Partei in der Wirthschaftsreform und der Kaiserlichen Botschaftspolitik einen berechtigten Schritt auf dem Wege der positiven Bekämpfung der Sozialdemokratie erkannt und dieser Politik ihre Zustimmung zu Theil werden lassen, so würde die sozialdemokratische Bewegung möglicherweise viel entschiedener zurück⸗ geichreckt worden sein und ihre Führung vielleicht darauf verzichtet haben, Jahr aus, Jahr ein ein großes Fiasko der Bismarck'schen Politik zu prophezeien und die arbeitenden Klassen gegen diese Politik mobil zu machen.
Die freisinnige Partei aber stimmte den betreffenden, zum Schutz von Staat und Gesellschaft und zur Besserung des Looses der arbei⸗ tenden Klassen ausersebenen Maßregeln nicht nur nicht zu, sondern überbot die sozialdemokratische Führung noch in der Verunglimpfung einer Politik, von welcher sie behauptete, daß sie nur die Polizei⸗ willkür in Deutschland befestigen und die ärmeren Klassen statt zu entlasten doppelt und dreifach bedrücken müsse.
Die freisinnige Partei hätte allerdings noch Zeit, hieraus die ent⸗ sprechende Lehre zu zieben — aber sie wird lieber dem Zuge ihres Herzens folgen, den Sozialdemokraten weiter dienen — und alle Schuld auf das Sozialistengesetz schieben.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Schulsparkassen. Im Regierungsbezirk Erfurt bestehen jetzt Schulsvparkassen in
2 Ortschaften, darunter 9 in Nordhausen und nächster Umgebung. Diese Schulsparkassen haben, wie die „Magd. Zta.“ schreibt, unter der Schuljugend den Sinn für Sparsamkeit und Ordnungsliebe fehr gefördert und vielen Nutzen gestiftet, ganz besonders auch für die Konfirmationszeit, in welcher die meisten Auszahlungen (für Be⸗ schaffung der Kleidurgsstücke, wozu die Kinder Jahre lang sparen) stattfinden.
Die Schulbildu im Großherzogthum Hessen.
Unter den im Ersatzjahre 1888/89 bei der Großherzog⸗ lich hessischen Division eingestellten hessischen Unter⸗ thanen, deren Gesammtzahl 2660 betrug befinden sich, den „Mit⸗ theilungen der Grosherzoglich hessischen Centralstelle für Landes⸗ statistik“ zufolge, nur 2, oder 0,08 %, ohne Schulbildung. Beide gehören der Provinz Rheinhessen an. Der durchschnittliche Prozentsatz der ohne Schulbildung eingestellten Mannschaften betrug für die letzten 20 Ersatzjahre 0 24 % Am höchsten stellte sich der Prozentsatz im Jahre 1871,72, nämlich auf 0,64 %, am niedrigsten im Jahre 1879/80, wo er nur 0,04 % betrug.
Französisches Gesetz gegen Weinverfälschung.
Das „Journal Officiel“ vom 15. August veröffentlicht das Gesetz gegen Weinverfälschungen. Da diese Frage auch für Deutschland von Interesse ist, lassen wir das Gesetz hier im Wort⸗ laut folgen:
Art. 1. Niemand darf unter der Bezeichnung „Wein“ ein anderes Produkt versenden, verkaufen oder zum Verkauf stellen, als das aus der Gährung frischer Trauben gewonnene Erzeugniß.
Art. 2. Das unter Zusatz von Zucker und Wasser gewonnene Gährungserzeugniß der Treber frischer Trauben, sowie die Mischung eines solchen Erzeugnisses mit „Wein“, in welchem Verhältnisse auch immer, darf nicht anders als unter der Bezeichnung „gezuckerter Wein“ (vin de sucre) versandt, verkauft oder zum Verkauf gestellt werden.
Art. 3. Das Erzeugnis der Gährung getrockneter Beeren mit Wasser darf nur unter der Bezeichnung „Wein aus getrockneten Beeren“ (Rosinenwein) versandt, verkauft oder zum Verkauf gestellt werden, desgl. jede Mischung eines derartigen Erzeugnisses, in welchem Verhältnisse auch immer, mit Wein.
Art. 4. Fässer oder Behälter, welche gezuckerten Wein oder Wein aus getrockneten Beeren enthalten, müssen in großen Buchstaben die Bezeichnung tragen: „Gezuckerter Wein“ oder „Wein aus ge⸗ treckneten Beeren“. Alle Bücher, Rechnungen, Frachtbriefe, Con⸗ naissemente müssen, je nach der Natur des Erzeugnisses, die nämlichen Bezeichnungen enthalten.
Art. 5. Die zu den Versendungen von Wein, gezuckertem Wein und Wein aus getrockneten Beeren gehörigen Frachtbriefe ꝛc. müssen für jede Art von besonderer Farbe sein. Das Nähere darüber wird durch einen ministeriellen Erlaß bestimmt werden.
Art. 6. Vergehen gegen obige Artikel sollen durch eine Geld⸗ strafe von 25 bis 500 Fr. oder Gefängnißstrafe von 10 Tagen bis zu drei Monaten geahndet werden. Der Artikel 463 des Code pénal soll dabei Anwendung finden können. Im Rückfalle muß stets auf Ge⸗ fängnißstrafe erkannt werden. Die Gerichte können, je nach der Schwere des Falles, auf Veröffentlichung der Erkenntnisse auf Kosten der Verurtheilten durch Abdruck in der Zeitung oder Anschläge in den von ihnen bezeichneten Ortschkaften erkennen.
Art. 7. Jeder Zusatz zum Wein, zum gezuckerten Wein oder zum Wein aus getrockneten Beeren, sei es während oder nach der Gährung, von einem Gährungs⸗ oder Destillationserzeugnisse aus Feigen, Johannisbrod, Mowreblumen, Reis, Gerste oder anderen zuckerhaltigen Stoffen bildet eine Verfälschung von Nahrungsmitteln und fällt unter das Gesetz vom 27. März 1851.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 4. August bis inkl. 10. August cr. zur Anmeldung gekommen: 201 Ebeschließungen, 859 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 555 Sterbefälle. 8
Kunst und Wissenschaft.
Bei den Erdarbeiten auf der neuen Bahnstrecke Wittenberg — Torgau sind, nach der „Magd. Ztg.“, in letzter Zeit mehrfach Alter⸗ rhumsstücke aufgefunden worden. So wurde unweit Preetsch auf einem kleinen Hügelrücken eine größere Urne, ge⸗ füllt mit Asche und Knochenresten, ausgeboben, ebenso öst⸗ lich der Stadt, in der Richtung nach Dommitzsch zu, eine größere Anzahl k einer sogen. Thränenkrüge, Näpfe u. s. f. Soweit dieselben unzerstückelt zu Tage gebracht wurden, nabm man sie in Verwahrsam; Vieles zerfiel leider schon bei der ersten Berührung. Manche Stücke sind mit kunstvollen Verzierungen ausgestattet.
— In Schulpforta bei Kösen wurde bei den Ausschachtungs⸗ arbeiten zu einem Neubau ein Gefäß mit mehreren Hundert Silbermünzen gefunden, welche noch das Aussehen neuer Stücke zeigten, aber dem 17. Jahrhundert entstammten. 8
— Der Bildhauer Fritz Neuber ist am 10. d. in Hamburg gestorben. Derselbe wurde 1837 in Köln geboren und ließ sich, nas⸗ Studien in Wien, Berlin und Paris, im Jahre 1864 in Hamburg nieder. Die St. Nicolaikirche verdankt ihm einen großen Theil ihrer plastischen Ausschmückung. Von seinen sonstigen größeren Arbeiten sind hervorzuheben die im Privatbesitz befindlichen Werke: „Mignon“, „Die Findung Mosis“, „Nymphe mit dem Dionysosknaben“ und der Fries aus den „Nibelungen“ von Wilhelm Jordan.
— Der Literar⸗Historiker Professor Gelzer an der Universität Basel ist gestorben.
— Die im vorigen Jahre auf der kleinen, in der Nähe von Gothland belegenen Insel Stora Karlsö entdeckte Grotte ist, einer Mittheilung der „Voss. Ztg.“ zufolge, in diesem Sommer nach Anweisung des Reichsantiquars Dr. Hildebrand zum größeren Theile von Dr. Lars Kolmodin untersucht worden. Eine größere Anzahl be⸗ merkenswerther Funde sind gemacht worden: ein Stück eines Menschenschädels, zerschlagene Knochen von Rindvieh, Pferden, Schweinen u. s. w., Fragmente eines verzierten Thon⸗ gefäßes, Nadeln und Harpunen aus Knochen, theilweise mit Aushöhlungen und Löchern versehen, Pfeil⸗ und Speerspitzen aus Feuerstein u. s w. Diese Sachen lagen in verschiedenen Aschen⸗ und Kohlenschichten, während ein Meißel 14 Fuß unter der ursprüng⸗ lichen Oberfläche der Grotte und unter einer Schicht von Kalkfliesen gefunden wurde, die früher eine Art Pflaster gebildet zu baben scheint. Im nächsten Sommer sollen die Ausgrabungen, die von den schwe⸗ dischen Anthropologen mit lebhaftem Interesse verfolgt werden, in noch größerem Umfange als in diesem Jahre fortgesetzt werden.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
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8 Die diesjährige Ernte in Preußen. Alljährlich im Anfange des Monats August veröffentlicht das Königliche Statistische Bureau im Auftrage des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten sogenannte Ernteaus⸗ sichten, d. s. Ernteabschätzungen, welche von den landwirthschaft⸗ lichen Vereinen Ende Juli in den einzelnen Kreisen für die wichtigsten feldmäßig angebauten Früchte in Preußen bewirkt werden und in Prozenten einer Mittelernte ausgedrückt sind. Die betreffende Ver⸗ öffentlichung für das laufende Jahr 1889 ist soeben erfolgt. Darnach wird die diesjährige Ernte im Durchschnitte für den preußischen Staat wie folgt geschätzt:
für Proz. für Proz. 616161131151 Winterroggen 87 Lupinen. Sommergerste 11611A“ Hafer. Winterraps und ⸗Rübsen. Erbsen. Hopfen. Ackerbohnen. Kleeheu. Wicken 11.“ Wiesenbeu. Abgesehen von Kartoffeln und Wiesenbeu fallen die Schätzungen der diesjährigen Ernteergebnisse zum Thbeil erbeblich niedriger als eine Mittelernte aus. Hierbei darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, daß der Begriff einer Mittelernte in den einzelnen Kreiten, Regierungsbezirken und Provinzen sehr verschieden ist, und z B. für Winterweizen zwischen 800 und 3170 kg für den Hektar schwankt, im Durchsch itt aber 1556 kg beträgt. Fur Winterroggen gelten 700— 3100 — 1313, für Sommergerste 590 — 350 — 1444, für Hafer 430— 4800 — 1400, für Kartoffeln 4817 — 20 000 — 10 348, für Kleebeu 1250 — 8000 — 34:7 und für Wiesenbeu 1040 — 7000 — 2925 kg für das Hektar als Minimum — Maximum — Durchschnitt einer Mittel⸗ ernte im preußischen Staat
Selbstverständlich weichen die Ergebnisse in den einzelnen Pro⸗ vinzen Regierungsbezirken und Kreisen mehr oder weniger erheblich unter einander, sowie von den für den Staat ermittelten Durchschnitts⸗ tellung bringt deshalb die Durch⸗ Mittelernte für die wichtigsten
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schnittserträge in Prozenten ei Früchte nach Provinzen: Provinz: Winter⸗ Winter⸗ Sommer⸗ 8 Westpreußen. Brandenburg.
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95 Rheinland . . 106 Hohenzollern. 96
Für die Stadt Berlin, welche in dieser Zusammenstellung eben⸗ falls hätte aufgeführt werden müssen, lagen bei der Veröffentlichunz der Ernteaussichten noch keine Angaben vor; übrigens sind dieselben für den Durchschnittsertrag des Staats wie für die folgende Betrach⸗ tung bei der geringen Anbaufläche bedeutungslos.
Nach der vorstehenden Uebersicht haben die westlich der Elbe gelegenen Landestheile, einschließlich Schleswig⸗Holsteins, erbeblich bessere Ernteerträge der Osten aufzuxeisen; auch bei den vor⸗ stehend nicht aufgeführten, in der Staatsnachweisung angegebenen übrigen feldmäßig angebauten Früchten trifft dies zu. Da aber gerade der Osten (Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen) von den größeren Gütern über 100 ha 87,6 %, von der Gesammtzahl der landwirthschaftlichen Betriebe zwischen 10 und 100 ha, welche in der Hauptsache den behäbigeren Bauer repräsentiren, naheiu zwei Drittel, von der gesammten Anbaufläche Preußens rd. 70 % emhält, und außerdem die Durchschnittswerthe einer Mittelernte für die beiden wichtigsten Feldfrüchte, Roggen und Kartoffeln, hier höher sind als im westlichen Preußen, so ist der voraussichtlich günstigere Ernteertrag im Westen nicht im Stande, die ungünstigen Ergebnisse des Ostens wett zu machen. Abgesehen von Hohenzollern, das fast bei allen Früchten eine gute Mittekernte aufweist, aber wegen des geringen Umfangs seiner Anbauflächen mit den anderen Provinzen des preußischen Staats nicht gut in Vergleich gestellt werden kann, haben Rheinland und Sch’eswig⸗Holstein die beste, Ostpreußen und Schlesien die schlechteste Weizenernte, wieder Rheinland und Schleswig⸗Holstein die beste, Ostpreußen und Branden⸗ burg die ungünstigste Roggenernte, Rheinland und Hessen⸗Nasfsau die beste, Posen und Brandenburg die schlechteste Gerstenernte, Rheinland und Sachsen die beste, Schlesien und Branden burg die schlechteste Haferernte, Rheinland und Ostpreußen die günstigste, Schlesien und Schleswig⸗Holstein die ungünstigste Kartoffelernte, Rbeinland und Schleswig⸗Holstein die beste, On⸗ und Westpreußen die schlechteste Heuernte im laufenden Jahre zu erwarten.
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— 8.
Handel und Gewerbe.
Berlin, 16. August. Amtliche Preisfeststellung füör Butter, Käse und Schmalz. Butter: Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter Ia. 105 — 108 ℳ, IIa. 101 — 104 ℳ, IIIa. 97 — 100 ℳ, do abfallende 90 — 95 ℳ, Land⸗, Preußische 88 — 93 ℳ, Netzbrücher 80 — 83 ℳ, Pommersche 80 — 83 ℳℳ, Polnische — ℳ, Baverische Sennbutter — ℳ, do. Landbutter — ℳ, Schlesische 85 — 90 ℳ, Galizische 70 — 74 ℳ% — Margarine 45 — 75 ℳ — Käse: Schweizer Emmenthaler 85 — 90 ℳ, Bayerischer 65 — 75 ℳ, do. Ost⸗ und West⸗ preußischer Ia. 65 — 70 ℳ, do. IIa. 55 — 65 ℳ, Holländer 75 — 85 ℳ, Limburger 38 — 46 ℳ, Quadratmagertase 25 — 30 ℳ — Schmalz: Prima Western 17 % Ta. 42,50 ℳ, reines, in Deutsch⸗ land raffinirt 47,00 ℳ, Berliner Bratenschmalz 49,00 — 53,00 ℳ — Fett, in Amerika raffinirt 41,00 ℳ, in Deutschland raffinirt 44,00 — 45,00 ℳ — Tendenz: Butter: Bei kleinem Konsum konnten sich hreise nur schwach behaupten. — Schmalz: Trotz etwas schwächerer Tendenz blieb rege Nachfrage für loko und Lieferung.
— In der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Rathenower optischen Industrie⸗Anstalt, vormals Emil Busch, warde die vorgelegte Bilanz, sorie die auf 5 % festgesetzte Dividende ohne Debatte genehmigt und die Decharge ertheilt. Die turnusmäßig ausscheidenden Mitglieder des Aufsichts
wiedergewählt. Die Dividende gelanet Fort
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