1889 / 252 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Oct 1889 18:00:01 GMT) scan diff

auf Grund des §. 28 des andesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 (Gesetz⸗Sammlung Seite 195) den Regierungs⸗ Assessor von Meer zu Sigmaringen zum zweiten Mitgliede des Bezirks⸗Ausschusses zu Sigmaringen zu ernennen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem dirigirenden Arzt in dem Charité⸗Krankenhause, ber⸗Stabsarzt erster Klasse und Regiments⸗Arzt vom 2. Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗Regiment, außerordentlichen Professor bei der Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität und bei der medizinisch⸗chirur⸗ ischen Akademie für das Militär, Dr. Oskar Max Viktor raentzel zu Berlin, den Charakter als Geheimer Medizinal⸗ Nath zu verleihen.

Se. Majestät der Kaiser und König haben Aller⸗ gnädigst geruht: den Redacteur Dr. Hermann Klee zum Direktor des „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeigers“ mit dem Range der Räthe IV. Klasse zu ernennen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Dem Bildhauer Ernst Herter, Mitglied der Königlichen

Akademie der Künste zu Berlin, und dem Bildhauer Julius

ser zu Berlin ist das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.

Dem Pächter des Stistungsgutes Friedrichrode, Rudolf Teltz, und dem Stiftsgutspächter Otto Beckmann zu Nägelstedt ist der Charakter als Königlicher Ober⸗Amtmann eigelegt worden. 1

8 Am Schullehrer⸗Seminar zu Köslin ist der kommissarische

Hülfslehrer, Schulamts⸗Kandidat Wangerin als Seminar⸗ Hülfslehrer definitiv angestellt worden.

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Se. Excellenz der General der Infanterie

Angekommen: Majestät des

Freiherr von Losn, General⸗Adjutant Sr. Kaisers und Königs.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. 9

Preußen. Berlin, 22. Oktober. IOhre Majestäten

der Kaiser und die Kaiserin schifften Sich in Genua gestern um 1 Uhr ein, verabschiedeten Sich von Sr. Majestät dem König von Italien und verblieben für die Nacht an Bord. Heute um 10 Uhr Vormittag werden die Majestäten n See gehen. Das Wetter ist regnerisch.

Ueber die gestrige Ankunft Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin in Genua meldet „W. . B. Der Hofzug mit Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin kraf am Montag Mittag 12 ¾ Uhr unter dem brausenden Jubel einer Kopf an Kopf gedrängten Volksmenge, welche den Bahnhof und die dahin führenden Straßen füllte, in Genua ein. Geschützsalven von den Forts sowie von dem deutschen und dem italienischen Geschwader verkündeten die Ankunft. Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich, das Konsular⸗Corps und die hervorragendsten Persönlichkeiten der Stadt waren zum Empfange auf dem Bahnhofe anwesend; Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich stieg in den Kaiserlichen Salonwagen. Ihre Majestäten der Kaiser, die Kaiserin und der König Humbert, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Heinrich und der Prinz von Neapel sowie der Minister⸗ Präsident Crispi und der Staatssekretär Graf Bismarck be⸗ gaben sich sodann vom Bahnhof aus an Bord der Kaiser⸗ lichen Yacht „Hohenzollern“, auf der Ihre Majestät die Kaiserin die Ueberfahrt machen wird. Auch der Bürger⸗ meister von Genua begab sich an Bord und über⸗ reichte Ihrer Majestät einen prachtvollen Blumenstrauß. Hierauf begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und der König Humbert und Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Heinrich und der Prinz von Neapel mit Gefolge in einem Boot an Bord des Panzerschiffes „Kaiser“, auf welchem Se. Majestät die Ueberfahrt zu machen beabsichtigt. Nachmittags 2 Uhr machten Ihre Masestäten der Kaiser und der König Humbert mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen Heinrich und dem Prinzen von Neapel dem italie⸗ nischen Panzerschiff „Italia“ einen Besuch. Bei der Ankunft wie auch während der ganzen Anwesenheit Ihrer Majestäten ging ununterbrochen heftiger Regen nieder; trotzdem bot der Hafen einen prächtigen Anblick: alle Kriegs⸗ und andelsschiffe hatten geflaggt, und zahlreiche dicht mit Menschen besetzte Barken füllten den Hafen. Se. Majestät der König Humbert und Se. Königliche Hoheit der Prinz von Neapel begaben Sich Nachmittags 3 Uhr 20 Minuten nach Monza zurück. Der Staats⸗Minister Graf Bismarck reiste am Abend über Bologna nach Brindisi ab, um sich daselbst nach dem Piraeus Femheichissen. Wegen des fortdauernden schlechten Wetters wurde die Abreise Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin auf heute früh verschoben. 1A4X“

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Friedrich ist mit Ihren Königlichen Heiten den Prin⸗

zessinnen⸗Töchtern und dem rbprinzen von Sachsen⸗Meiningen, dem „W. T. B.“ zufolge, heute von Venedig nach Griechenland weitergereist.

räsident des Staats⸗Ministeriums, innern Dr. von Boetticher, der Staatssekretäur des Reichs⸗Schatzamts, Freiherr von Maltzahn⸗Gültz, sowie andere Bevollma tigte zum Bundesrath nebst Kommissarien beiwohnten, übernahm gemäß §. 1 der Geschäftsordnung der Präsident der vorigen Session, von Levetzow, den Vorsitz und berief zu provisorischen Schriftführern die Abgg. Graf von Kleist⸗Schmenzin,

welcher der Vize⸗ Staatssekretär des

8 8 8 In der L da (1.) Sitzung des Reichstages,

neten in die Abtheilungen die Konsti⸗

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Die Verloosung der A geo 1 wurde dem provisorischen Bureau übertragen, tuirung der Abtheilungen vorbehalten. An Vorlagen sind eingegangen: 1) Uebersicht über den Stand der Ba zusführun der Beschaffung von Betriebsmitteln für die Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen und für die im Großherzogthum Luxemburg belegenen Strecken der Wilhelm⸗Luxemburg⸗Eisenbahnen am 30. September 1889. 2) Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1890/91. 3) Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine, der Reichs⸗Eisenbahnen und der Post und Telegraphen. 1 4) der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts und des Landeshaushalts von Elsaß⸗ Lothringen für das Etatsjahr 1889/90, 5) Denkschrift über die Ausführung des seit dem Jahre 1875 erlassenen Anleihegesetzes, 1 6) Uebersicht der Reichs⸗Ausgaben und ⸗Einnahmen für das Etatsjahr 1888/89,

7) der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Reichs⸗Militärgesetzes vom 2. Mai 1874. Der Namensaufruf ergab die Anwesenheit von nur 159 Mitgliedern, das Haus war also nicht beschlußfähig. Präsident von Levetzow hoffte, daß es morgen Mittwoch 1. Uhr, be⸗ schlußfähig sein und die Wahl des Präsidiums und der Schrififührer wird vornehmen können.

Der Ober⸗Landesgerichts⸗Rath Reimers, Mitglied des Hauses der Abgeordneten für den 16. Schleswig⸗ Holsteinschen Wahlbezirk, hat der „Nat.⸗Ztg.“ zufolge sein Mandat niedergelegt.

Allenthalben in und außerhalb Württembergs und Deutschlands hat das am Sonntag stattgefundene frevelhafte Attentat auf Se. Königliche Hoheit den Prinzen Wilhelm von Württemberg die tiefste Entrüstung hervorgerufen. Dem Vernehmen nach ist sofort nach Eingang der amtlichen Nachricht Sr. Majestät dem Kaiser und König in Monza telegraphische Meldung durch das Aus⸗ wärtige Amt erstattet worden.

Dem Fürsten „Reichskanzler in Friedrichsruh ging die Nachricht, wie verlautet, durch ein Telegramm des Königlich württembergischen Staats⸗Ministers Freiherrn von Mittnacht aus Friedrichshafen direkt zu. 1 1 Wir sind in den Stand gesetzt, das aus diesem Anlaß vom Fürsten von Bismarck an Se. Königliche Hoheit den Prinzen Wilhelm von Württemberg gerichtete Telegramm im Wortlaut wiederzugeben:

„Sr. Königlichen Hoheit Prinz Wilhelm, Ludwigsburg.

Ew. Königliche Hobeit bitte ich, meinen herzlichen und ehr⸗ erbietigen Elückwunsch und den Ausdruck meiner Freude über Gottes

Schutz gegen Mörderhand in Gnaden entgegenzunehmen. 92 ½ gez. von Bismarck.“ 247

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Das „Armee⸗Fuezordnungs⸗Blatt“ enthält folgende Versfügung des KrinenMinisters, betreffend die An⸗ legung von Trauer zu Ehren des verewigten Königs Ludwig von Portugal und Algarvien Majestät: „Se. Majestät der Kaiser und König haben zu bestimmen geruht, daß die Offiziere des Infonterie⸗Regiments Graf Tauentzien von Wittenberg (3. Brandenburgischen) Nr. 20, um das Andenken ihres verstorbenen Chefs, Sr. Majestät des Königs Ludwig von Portugal und Algarvien, zu ehren, 14 Tage Trauer (Flor um den linken Unterarm) anlegen sollen. Vorstehendes wird hierdurch auf Aller⸗ höchsten Befehl zur Kenntniß der Armee gebracht. Berlin, den 21. Oktober 18è89. von Verdy.“

Die Bervollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Landmann, Herzoglich braunschweig⸗lüneburgischer Vorsitzender des Staats⸗Mini⸗ steriums, Wirklicher Geheimer Rath Dr. Otto, und Bürger⸗ meister der freien und Hansestadt Hamburg Dr. Versmann, sind in Berlin angekommen.

Der General⸗Lieutenant und General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, von Versen, Comman⸗ deur der Kavallerie⸗Division des 15. Armee⸗Corps, begiebt sich in Begleitung des Majors von Brandis vom Militärkabinet im Allerhöchsten Auftrage zu den Beisetzungs⸗

feierlichkeiten nach Lissabon.

In der Ersten Beilage des „Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeigers“ wird ein Privilegium wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Aken a. E., Regierungsbezirk Magdeburg, zum Betrage von 275 000 veröffentlicht.

Bayern. München, 21. Oktober. (Allg. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent hat angeordnet, daß bei der Absolutorialprüfung an den humanistischen Gym⸗ nasien und Realgymnasien die Religionslehre wieder als Prüfungsgegenstand aufgenommen werde. In Folge dessen hat das Staats⸗Ministerium des Innern für Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten verordnet, was folgt:

Die Prüfung aus der Religionslehre ist schriftlich und findet am ersten Prüfungstage Nachmittags von 3 bis 5 Uhr statt. Die Ver⸗ legung der bisher für diesen Nachmittag bestimmten Prüfungsfächer auf einen anderen Prüfungstag bleibt besonderer Entschließung vor⸗ behalten. Die Prüfung erstrect sich auf den Lehrstoff der Oberklasse, sowie für die den christlichen Konfe sionen angehörigen Schüler auf diejenigen Partien des apostolischen Glaubensbekenntnisses, welche zu⸗ meist mit der Apologetik zusammenhängen. Bezüglich der Bestim⸗ mung und formellen Behandlung der Probearbe:ten finden die Vor⸗ schriften des §. 32 Absatz 3 der Schulordnung vom 20. August 1874 gleichmäßige Anwendung. Die vorstehenden Aenderungen treten vom Beginn des Studienjahres 1889/90 in Wirksamkeit.

Der Bischof Thoma von Passau wurde durch Aller⸗ höchste Entschließung des Prinz⸗Regenten vom 20. Oktober zum Erzbischof von München ernannt. Bischof Thoma wurde am 1. März 1828 zu Nymphenburg geboren, am 29. Juni 1853 zum Priester geweiht und diente in der Seelsorge bis er Stadtpfarrer bei der Hl. Geist⸗Kirche wurde. Im März 1883 wurde er zum Domkapitular und erzbischöflichen Stadt⸗ kommissär, im März d. J. zum Bischof von Passau ernannt.

In dem Etat des Staats⸗Ministeriums des Königlichen Hauses und des Aeußern ist das Postulat für ein Gesandt⸗ schaftsgebäude in Berlin als dringlich bezeichnet, weil die Erwerbung des Baugrundes in der Voßstraße bis De⸗ zember zum Abschluß gebracht sein muß. Die Abgeordneten⸗ kammer bezw. der Finanzausschuß wird daher in Bälde über

Sachsen. Dresden, 21. Oktober. (Dresd. Journ.)

Se. Majestät der König wird sich heute Abend nach dem Jagd⸗

schlosse Wermsdorf begeben, wo im dortigen Forstbezir vom 22. bis mit 26. d. M. Hofjagden stattfinden. 1ng

Württemberg. Friedrichshafen, 20. Oktober. Ihre Majestäten der König und die Königin werden am nächsten Dienstag die hiesige Sommerresidenz verlassen und sich mittels Sonderzugs nach Stuttgart begeben, wo Höchst⸗ dieselben Nachmittags 4 ¾ Uhr eintreffen werden.

Stuttgart, 20 Oktober. Zu dem Attentat auf den Thronfolger, Prinzen Wilhelm, schreibt der ,Staats⸗ Anzeiger f. W.“:

„Ein schändlicher Mordversuch ist heute Morgen um 9 Uhr in Ludwigsburg auf Se. Königliche Hobeit den Prinzen Wilhelm von Württemberg verübt worden, als Höchstderselbe gerade im Begriff war, mit seiner Prinzessin⸗Tochter Pauline von seiner Villa Marien⸗ wahl zum Gotterdienst in die Garnisonskirche zu fahren. Der Thäter, welcher sich für den Sattlergesellen Hermann Klaiber aus Ulm, 31 Jahre alt, ausgiebt, hatte sich an der östlichen Seite des Eingangs zu Marienwahl, unter einem Nußbaum, nur wenige Schritte vom Doppel⸗ posten entfernt, aufgestellt; als nun der Prinz eben zur Ausfahrt in den Wagen stieg, gab der Mordgeselle einen scharfen Schuß auf Höchstdenselben ab. Gottes gnädige Hand waltete aber über dem theuren Haupte des Prinzen: die Kugel verfehlte ihr Ziel. Se. Königliche Hoheit hörte wohl beim Einsteigen den abgegebenen Schuß, sah auch Rauch und Feuer, aber er wußte nicht, daß die Kugel auf ihn gerichtet war. Ruhigen Sinnes fuhr der Prinz mit Prinzessin Pauline zum Gottesdienst in die Kirche. Erst bei seinem Zurückkommen aus der Kirche erhielt der Prinz über den wahren Sachverhalt Aufschluß. Die Mordwaffe war ein sechsläufiger scharf⸗ geladener Revolver, der bei der Festnahme des Verbrechers noch vier scharfe Kugeln enthielt. Wäbhrend des Gottesdienstes verbreitete sich die Kunde von der That und von der glücklichen Errettung mit Blitzesschnelle, und viele Personen begaben sich nach Marien⸗ wahl, um ihren Glückwünschen Ausdruck zu geben; eine große Menschenmenge bewegte sich um die Villa, um dem Prinzen ihre freudigen Huldigungen darzubringen. Der Verbrecher ergriff erst dann die Flucht, als er den Posten und den Kammerdiener Hanfel⸗ mann auf sich zueilen sah. Er wurde aber sofort eingeholt und dingfest gemacht. Auf die Schloßwache gebracht, gab der Mensch bei seinem ersten Verhör die trotzige Erklärung ab, daß er gestern hierhergereist sei eigens zu dem Zweck, den Prinzen Wilhelm zu erschießen, damit die württembergische Königskrone auch einmal wieder auf einen Thronerben katholischer Konfession falle. Bei der Verbringung des Mörders in das Gefängniß hatten die Polizetorgane vollauf zu thun, die Leute von Thätlichkeiten abzuhalten. Die ge⸗ sammte Einwohnerschaft ist aufs Höchste erbittert und empört über das abscheuliche Verbrechen Bei einem Spaziergang, den Se. König⸗ liche Hoheit mit Prinzessin Pauline zwischen 11 und 12 Uhr in der Allee der vorderen Schloß⸗ und Stuttgarterstraße machte, jubelte dem Prinzen Alt und Jung zu. 8

Man muß wohl annehmen, daß der Mordversuch von einem Geistesgestörten verübt worden ist, und deshalb dürfen wir heute vor Allem dem Gefühl des Dankes für die gnädige Errettung des Königlichen Prinzen aus so augenscheinlicher Todesgefahr Raum in unseren Herzen geben. 1 Es ist das erste Attentat, das in Württemberg, soweit die Ge⸗ schichte hinaufreicht, auf ein Mitglied des Fürstenhauses gemacht wurde, möchte es der Wille der gnädigen Vorsehung sein, daß es das einzige bleibe!“

21. Oktober. (St.⸗A. f. W.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm sandte gestern seiner hohen Mutter, Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Katharina, selbst ein Telegramm über das Attentat und die glückliche Er⸗ rettung. Die Depesche wurde von der Prinzessin sofort mit einem innigen Glückwunsch beantwortet. Um 2 Uhr brachte Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin von Sachsen⸗Weimar mit Prinzessin⸗Tochter Olga Maria der Prinzessin Katharina ihre Glückwünsche persönlich dar. Der Staats⸗Minister des Innern von Schmid fuhr nach Ludwigsburg zu Sr. König⸗ lichen Hoheit; desgleichen begaben sich in den Nachmittags⸗ stunden die Staats⸗Minister Dr. von Renner, Dr. von Faber und Dr. von Sarwey nach Ludwigsburg, um dem Prinzen ihre Glückwünsche darzubringen. (Minister⸗Präsident Freiherr von Mittnacht und Kriegs⸗Minister von Steinheil sind zur Zeit m Um 4 Uhr kam Prinz Wilhelm mit der Prinzessin Pauline nach Stuttgart zum Besuch seiner hohen Mutter und verweilte bis 7 Uhr hier. Inzwischen sich die Einschreibbücher des Palais des Prinzen und einer hohen Mutter mit Hunderten von Glückwunsch⸗Einschrei⸗ bungen gefüllt. In den Nachmittags⸗ und Abendgottesdiensten wurden Dankgebete für die glücktiche gresung. gesprochen.

Heute Vormittag trat der ständische Ausschuß zu⸗ sammen, um aus Anlaß des Attentats gegen den Prinzen Wilhelm Adressen an Se. Majestät den König und an Se. Königliche Hoheit den Prinzen zu beschließen, welche sofort abgesandt wurden. 1b

Wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, war Prinz Wilhelm der Gegenstand freudiger Ovationen in Ludwigsburg sowohl wie in Stuttgart, als sich Höchstderselbe zum Besuch seiner Mutter dorthin begab. Außer den anwesenden Ministern fanden sich alsbald Hunderte von Privatpersonen in Marienwahl ein, um dem Prinzen ihre Glückwünsche darzubringen. Der Thäter soll, wie verlautet, nicht geistesgestört sein, auch soll der Name Klauber erdichtet sein. Es wird ferner gemeldet: der Thäter halte seine frühere Angabe, daß er das Attentat verübt habe, damit ein katholischer König auf den Thron Württembergs komme, nicht aufrecht; er soll vielmehr be⸗ haupten, Mitglied eines Anarchistenbundes zu sein, der beschlossen habe, alle Fürsten aus dem Wege zu räumen; das Loos, den Prinzen Wilhelm zu tödten, sei auf ihn ge⸗ fallen. Ein amtlicher Bericht liegt noch nicht vor.

Mecklenburg⸗Schwerin. Ludwigslust, 21. Oktober. Wie den „Meckl. Nachr.“ gemeldet wird, ist in dem Be⸗ finden Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in⸗ sofern eine Besserung eingetreten, als die katarrhalischen Erscheinungen sich gemindert haben. Der Professor Dr. Ger⸗ hard aus Berlin ist zu einer Konsultation gestern hier ein⸗ getroffen.

Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Michael von Rußland teaf heute Vormittag zum Besuche am Großherzog⸗ lichen Hofe hier ein und wurde von Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Großherzogin auf dem hiesigen Bahnhofe empfangen.

Hamburg, 21. Oktober. Die außerordentliche Gesandt⸗ schaft des Sultans von Zanzibar traf, wie der „Hamb. Corresp.“ meldet, gestern früh hier ein und machte Vor⸗ mittags dem Präsidenten des Senats, Bürgermeister Dr. Petersen, einen Besuch. Die Gesandten wurden vom Senator Hertz und dem Konsul des Sultans von anzibar, Albrecht O'Swald, begleitet. Nach dem Empfang bei dem Staats⸗Oberhaupte fand eine offizielle Besichtigung der Hafenanlagen statt, an welche sich eine Umfahrt durch ie

nicht hier anwesend.)

Veiel, Freiherr von Buol und Dr. Hermes. 86

das Postulat berathen. Die Begründung desselben im Etat ist eine nach allen Richtungen erschöpfende.

Stadt anschloß. Heute besuchte die Gesandtschaft die Börse

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nicht an Bord

und wurde von dem Präsidenten der Handelsk einer Ansprache begrüßt. Handelskammer mit

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. Okteber. (W. T. Der Hof wird für Se. Majestät den König 8 vom 23. d. an für zwanzig Tage Trauer anlegen. Der Erzherzog Albrecht ist zum Besuche seiner Nichte, ber 11“ Christine, heute Abend nach Madrid abgereist. b Das „Fremdenblatt“ sagt, Graf Kaälnoky ha ähren seines letzten Aufenthalts in Veraf eine Ein 88 Reichskanzlers Fürsten Bismarck zum Besuch in Friedrichsruh angenommen. Graf Kälnoky dürfte diesen mit Fäcsich b G des von Rußland in erlin aufgeschobenen Besuch nunmehr innerh ächst 14 CCö66““ 8 hr innerhalb der nächsten udapest, 21. Oktober. (W. T. B.) Auf eine A des Abg. Helfy erklärte der Minise Po adertfreine Unftage es sei nicht nöthig, das Allerhöchste Handschreiben betreffs des Titels der Armee dem Hause offiziell mitzutheilen, da die Veröffentlichung im „Amtsblatt“ vollkommen genüge; auch in früheren Fällen sei ein gleiches Verfahren beobachtet worden. 8 Die bereits gemeldete Antwort des Landesvertheidigungs⸗ Ministers Fejervary auf die Interpellation des Abgeord⸗ neten Franyi betreffs der Monoer Fahnenfrage wurde von häufigen Widersprüchen Seitens der Opposition unter⸗ brochen. Franyi weigerte sich, von der Antwort des Ministers Kenntniß zu nehmen, dagegen beschloß das Haus mit 122 gegen 68 Stimmen, dieselbe anzunehmen.

Frankreich. Paris, 20. Oktober. (Köln. 3 Präsident Carnot, alle Minister und hches ha Zeh deo das diplomatische Corps ließen sich auf der portugiesi⸗ schen Botschaft einzeichnen, um ihr Beileid auszudrücken.

22. Oktober. (W. T. B.) Der Prinz Ferdinand von Coburg hat sich nach London begeben.

Portugal. Cascaes, 21. Oktober. (W. T. B.) Die Leiche des Königs ist heute nach dem Kloster der Hiero⸗ nymiten zu Belem gebracht worden.

Griechenland. Athen, 22. Oktober. (W. T. Gestern Abend fand ein Galadiner zu G des fürsten⸗Thronfolgers statt, zu welchem das Gefolge Sr. Kaiserlichen Hoheit sowie das Personal der russischen Gesandtschaft und die Offiziere der hier ankernden russischen Kriegsschiffe ge⸗ laden waren. Der König trank auf das Wohl des Kaisers und der Kaiserin von Rußland, worauf der Großffürst⸗ Thronfolger einen Toast auf die griechische Königliche Familie h. 8 Fänge de⸗ unter den Vertretern

3 gen Mächte während der Hochzeitsfeierlichkei is Hochzeitsfeierlichkeiten ist

Serbien. Belgrad, 21. Oktober. (W. T. B.) Di 4 4 8 1 1 e ie Mitglieder der Skupschtina machten Se 1n a0; dem König im Beisein der Regenten ihre Aufwartung. Der Präsident der Skupschtina, Pasic, hielt eine Ansprache, in welcher er den Gefühlen der Loyalität der Skupschtina Aus⸗ druck gab. Der König betonte in seiner Antwort, daß er immer den Pfad der Traditionen seiner geliebten Nation wandeln werde. Sowohl die Ansprache des Präsidenten Pasic, wie die Antwort des Königs wurde mit stürmischen Ziviorufen

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aufgenommen.

Das Wiener ‚„Fremdenblatt“ Botschaft der serbischen Regenten: Das ron der Regentschaft bezüglich der inneren Politik ent⸗ wickelte Programm sei ein ebenso reichhaltiges als ersprießliches; dessen Durchführung könne nicht ohne Ruͤckwirkurg auf die Entwickelung des materiellen und geistigen Lebens Serbiens bleiben und man könne sicherlich nur wünschen, daß es gelingen möchte, wenigstens einen Theil davon zu realisiren. Die unterbreiteten Vorlagen seien vollauf geeignet, die Skupschtina mit belangreichen Fragen zu beschäftigen und das geistige Leben Serbiens aus einer Pe⸗ riode der Spannung und der Krisen zu fruchtbarer Thätigkeit im Interesse des Landeswohls überzuleiten. Ebenso sei den Stellen der Botschaft beizupflichten, welche Serbiens Beziehungen zu allen Mächten und seine auswärtige Politik betreffen. Die Zielpunkte dieser Politik entsprächen vollständig den

bemerkt zu der

Wünschen, welche alle aufrichtigen Freun e und des Friedens theilten. Vens Serbien ne Feehihss lichen Beziehungen zu den Mächten pflegen und die autonome Ent⸗ wickelung der Balkanstaaten wahren wolle, würde die Zustimmung jener nicht ausbleiben, welche eine ruhige Fortentwickelung der Orientländer für eine Voraussetzung der Erhaltung des Friedens ansehen. Deshalb sei es nur wünschenswerth, daß Serbien an der für die aus⸗ wärtige Politik dargelegten Basis, sowohl im eigenen Interesse als auch in demjenigen der allgemeinen Ruhe festhalte, - sich dabei stets in Uebereinstimmung mit Europa 8 - .“ Theilnahme für die weitere Gestal⸗ b Amerika. Washington, 21. Oktober. (W. T. B.) In 98 heutigen Sitzung des internationalen Kongresses er Seeuferstaaten wurde eine Kommission für Licht⸗ und ser Signale ernannt. Die Versammlung nahm sodann die 1 Berathung des Reglements, betreffend den Kurs von Schiffen, wieder auf. Anläßlich des Artikels betreffs offener und Fischerboote erinnerte Hull (England) an den europäischen dre welcher demnächst im Haag zusammentreten wird, m diese Frage zu reguliren. Im Hinblick darauf, daß der hgewartige internationale Kongreß mit Arbeiten überhäuft es verlorene Mühe, diese Angelegenheit jetzt zu be⸗ f. Loodrich (Vereinigte Staaten) erklärte, daß der Kongreß ufgaben erledigen müsse, ohne Rücksicht auf das, geschähe. Nach verschiedenen Vorschlägen zisi eutschen, amerikanischen, englischen, dänischen und fran⸗ 8 ischen Delegirten, beschloß die Versammlung einstimmig, die sheevartig bestehenden Bestimmungen, betreffend die Top⸗ sch er, nicht zu ändern. Dies ist der erste endgültige Be⸗ uß, den die Konferenz gefaßt hat. gollew⸗York, 20. Oktober. (A. C.) Das Marine⸗ hum. welches die Dynamitkanonen an e 8. Kreuzers „Vesuvius“ in Philadelphia prüfte, hat nicht ekretär der Marine Bericht erstattet. Der Bericht ist esa Gecs actlicht worden, aber Washingtoner Telegramme Pn. daß das Kollegium Dynamitkanonen für praktische büef ch unbrauchbar betrachte. Obwohl die pneumatischen b anonen große Fähigkeit zur Vernichtung innerhalb eitr eschränkten Schußweite besitzen, werde ihre Brauchbar⸗ ech n hohem Grade beeinträchtigt durch den verwickelten echanismus, den ihre Handhabung erheische. Sie könnten eines Schiffes gehoben oder nach vorn oder

Fall sei. Das Kollegium stellt die Wirksamkeit der Kanonen für die Hafen⸗ und Küstenvertheidigung nicht in Abrede, ist aber der Meinung, daß sie ohne weitere Entwickelung nicht für wirksame Dienstleistung an Bord eines Kriegsschiffes nutzbar gemacht werden könnten.

Afrika. Aus Zanzibar vom 21. Oktober meldet „W. T. B.“: Der Sultan hat sich bereit erklärt, zu der Konferenz wegen Vereinbarung eines Vertrages behufs Unterdrückung des Sklavenhandels einen Vertreter zu entsenden. 1

Nach einem Telegramm der imes“ aus Zanzibar,

19. Oktober verlautete daselbst, daß am 8ns bei ö moyo ein Gefecht stattgefunden habe. Einzelheiten seien noch nicht bekannt. Das österreichische Kanonenboot „Europa“ sei in Sasgüsas

Eine Bestätigung vorstehender Meldung scheint folgendes Telegramm des „W. T. B.“ aus Zanzib 2*b Be g Tage zu enthalten: „Der stellvertretende Reichs⸗Kommissar in Ost⸗Afrika, Lieutenant von Gravenreuth, überfiel ein Lager Buschiri's, welcher mit Räuberbanden aus dem Innern die Provinz Usaramo verwüstete, und warf den Feind in die Flucht. Die Verfolgung Buschiri's wird fortgesetzt.“

Zeitungsstimmen. 8

Zum Beginn der Reichstagssession schreibt die „National⸗Zeitung“:

—Die letzte Session des Reichstages, dessen Wahl ein deutsch⸗ freisinniger Führer durch die Feigheit und ein anderer durch die Dummheit des deutschen Volks erklärt hat, beginnt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß sie von den am 21. Februar 1887 geschla⸗ genen Parteien in erster Reihe dazu benutzt werden wird, in ihrem Sinne die bevorstehenden Neuwahlen vorzubereiten. Die Parteien der Mehrheit werden den bereits angebotenen Kampf in dem Bewußtsein annehmen und führen, daß sie sich im Ganzen um das Reich und das deutsche Volk Ee Püact hkaben.

. ⸗Aus einer durch das aterlandsgefühl ric⸗htig geleiteten, leiden⸗ schaftlichen Erregung der Nation ist dieser E111“ durch Mißleitung der Leidenschaften vermittelst agitatorischer Aus⸗ beutung namentlich der Opfer, welche die Weltlage dem deutschen wie jedem anderen europäischen Volke aufnöthigt, hofft man wieder eine Mehrheit nach dem Herzen des „Vaters aller Hindernisse“ und seiner Bundesgenossen fortschritilicher und sozialdemokratischer Observanz zusammenzubringen. Wir aber hegen zu dem politischen Verstande des deutschen Volkes das Vertrauen, das 1890 die ruhige Ueber⸗ legung das Urtheil über die im Interesse des Reichs erforderliche usammensetzung der Nationalvertretung bestätigen und wieder⸗ holen werde, welches 1887 die patriotische Leidenschaft abgab. Die Reichstags⸗ und die kleinstaatlichen Landtagswahlen der jüngsten Zeit, an sich ein mangelhafter Maßstab für den Stand der öffentlichen Meinung, haben denselben doch vielleicht insofern einigermaßen richtig bezeichnet, als sie im Wesentlichen die Bestätigung der Mehrheits⸗ Parteien in ihrem Besitzstande, aber ein Anwachsen der feindlichen Minderheiten in der Wählerschaft und z. B. in Baden, kleine Er⸗ folge derselben da, wo die Betheiligung der gemäßigten Liberalen an diesen Wahlen eine schwache war, ergeben haben. Die daraus zu ziehende Lehre ist offenbar; sie muß, so weit die Gegner die bevorstehenden Reichstagsverhandlungen zur Vorbereitung der Wahlbewegung zu benutzen versuchen werden, auch schon in diesen be⸗ herzigt werden. Es hat kein durchgreifender Umschwung der Stimmung stattgefunden, aber der gegnerischen Hetzerei ist es immerhin gelungen zum Theil durch Ausbeutung einzelner Maßregeln, manche Volkskreise in der 1887 bekundeten Auffassung irre zu machen; dieser Irreführung und der auf sie verwandten Energie muß eben so viel in der Verbreitung der Wahrheit entgegengestellt verden. Der Reichstag, dessen Wahl nach der Versicherung der fort⸗ schrittzichen Wortführer der Minderbeitsparteier durch die r.e forte und die Dummheit des deutschen Volkes erklärt werden muß, hat nicht eine einzige wichtige Maßregel beschlossen, für welche nicht diese Minderheitsparteien ganz oder theilweise mit verantwortlich sind, oder die doch früher von Führern derselben gebilligt worden. Diese That⸗ sache ist so bezeichnend für die Entrüstung der Minderheit über den jetzigen Reichstag, daß sie gar nicht nachdrücklich genug betont werden kann. Alle die großen Militärausgaben, welche die Erhöhung der Einnahmen erforderlich machten, und überhaupt alle beträchtlichen Mehrausgaben der letzten drei Jahre sind vom Centrum und den Deutschfreisinnigen mit bewilligt worden, die erheblichste Aufwendung für Kolonialzwecke, nämlich die für die Wißmann'sche Expedition, wenigstens vom Centrum. Das letztere hat ebenso die Erhöhung der Branntweinsteuer mit beschlossen, während in dieser Hinsicht die Deutschfreisinnigen allerdings den Ruhm für sich in Anspruch nehmen können, Ausgaben ohne die zur Deckung erforderlichen Einnahmen votirt zu haben; den Wählern bleibt überlassen, ob sie eine solche Bankerott⸗Politik billigen. Die Erhöhung der Getreidepreise ferner, welche von uns und den meisten Nationalliberalen des Reichstags bekämpft wurde, ist nur durch die Mithülfe der Alliirten der Deutschfreisinnigen, des Centrums, zu Stande gekommen. Die Verlängerung der Legis⸗ laturperiode, eine That, deren Verdienstlichkeit die Wähler bei der Aussicht auf eine neue Wahlagitation mehr als je würdigen werden, hat allerdings die Stimmen der beiden Parteien nicht erhalten, aber die Mehrheit wurde in der Ueberzeugung von der Richtigkeit dieser Maßregel durch die vortrefflichen Gründe befestigt, welche die Herren Windthorst und Bamberger früher dafür entwickelt hatten. Sogar für die Alters⸗ und Invaliditätsversicherung hat wenigstens ein kleiner Theil der Minderheit, eine Gruppe des Centrums diese aber vielleicht ausschlaggebend gestimmt. „Es ist in der That eine wohl noch nicht dagewesene Erscheinung, daß beim Abschluß einer Legislaturperiode, deren Leistungen von der Minderheit mit den leidenschaftlichsten Schmähungen überschüttet werden, diese Minderheit nicht für eine einzige bedeutsame Maßregel durchaus die Verantwortlichkeit ableonen kann! Durch nichts kann schlagender erwiesen werden, daß die Mehrbeit Bedürfnissen Genüge gethan hat, welche theils unabweisbar waren, theils doch als solche in weiten Kreisen der Nation, weit über die Grenzen der Majoritäts⸗Parteien hinaus, empfunden wurden. Und dazu kommt meiter, daß die Minderheit ihrerseits in diesen ganzen drei Jahren nicht einen einzigen schöpferischen Gedanken, dessen Abweisung durch die Majorität sie dieser vorzuwerfen vermöchte, vorzubringen gewußt; sie oder einzelne ihrer Bestandtheile haben nur immer das, was Re⸗ gierung und Mehrheit erstrebten, nicht gewollt oder, nach einem be⸗ kannten Worte, doch „anders, nur nicht so, wie es geht.“

Die „Karlsruher Zeitung“ knüpft an die Eröffnun des Reichstages folgende Betrachtung: I „Unwillkürlich lenkt sich bei dem Zusammentritt des Reichstages zur letzten Session der gegerwärtigen Legislaturperiode der Blick zurück auf die Verhältnisse, unter denen der Reichstag zur ersten Session zusammentrat, und dieser Vergleich fällt in Ansehung der allgemeinen politischen Lage sehr zu Gunsten der Gegenwart aus. Der Alp schwerer Kriegsgefahr lag auf dem deutschen Volke, als dieser Reichstag gewählt wurde; wenn damals die außerhalb des Kartells stehende. Parteien sich bemühten, die Kriegsgefahr als eine erdichtete dar⸗ zustellen, so haben seitdem namentlich die mit dem Prozesse gegen den General Boulanger verbunden gewesenen Enthüllungen es offenbart, wie nahe wir damals in Wirklichkeit dem Kriege gewesen sind. Jene gewitterschweren Wolken haben sich seitdem verzogen, die Zuversicht auf eine längere Fortdauer des Friedens hat neue Kraft gewonnen,

nten gewendet werden, wie dies bei anderen Geschützen der 8 1

männern des Dreibundes, der italienische Minister⸗Präsident, in Paler 89 öffentlich erklären, daß der Friede, so weit das dbrzsiden der Pan fein kann, gesichert sei An⸗ dieser Besserung der internationalen Lage gebührt

neben der Friedenspolitik der beiden verewigten Kaiser, vor Allem Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm II. sicherlich der Hauptantheil. Kaiser Wilbelm hat durch seine unausgesetzte, insbesondere auch durch seine Auslandsreisen bethätigte Fürsorge für die Pflege herzlicher Be⸗ ziehungen zu allen europäischen Monarchien der Hoffnung starken Vor⸗ schub geleistet, daß unserem Volke die Segnungen des Friedens er⸗ halten bleiben werden. Unzweifelhaft aber trug in kritischer Zeit die Wahl des gegenwärtigen Reichstages, der entschiedene Erfolg der Kartellparteien und die darin dokumentirte Bereitwilligkeit der Nation

die militärischen Forderungen der Regierung unverkürzt zu ge⸗ nehmigen, wesentlich zur Befestigung jener Friedensaussichten bei, die sich seitdem in so erfreulicher Weise gemehrt haben Das Arbeitsprogramm der nächsten und letzten Session vor den Neu⸗ wahlen ist durch die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit be⸗ schränkt; es konnten in ihm nur solche besonders dringlichen Aufgaben

oder solche, deren Erledigung voraussichtlich mit keinem größeren Zeitaufwand verknüpft ist, Aufnahme finden. Gleichwohl stehen auch in der morgen beginnenden Sitzungsperiode Entscheidungen von be⸗ deutender Tragweite zu erwarten, und man darf die Zuversicht hegen, daß auch diese letzte Session vor den Neuwahlen ein den Interessen

des Reiches förderliches Resultat liefern werde.“

Statistik und Volkswirthschaft.

hresstatistik der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗ Verwaltung.

‚Nach der soeben veröffentlichten Statistik der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung für das Kalenderjahr 1888 umfaßte das Deutsche Reichs Post⸗ und Telegraphengebiet 445 220,64 qkm (ausschließlich 4343,81 qkm Wasserfläche) mit 39 440 308 Einwohnern nach der Zählung vom 1. Dezember 1885. Es kamen hiernach durchschnittlich 89 Ein⸗ wohner auf 1 qakm. Die Gesammtzahl der Postanstalten betrug 18 508 (gegen 17 347 im Jahre 1887), die Gesamm zahl der Reichs⸗ Telegraphenanstalten 10 016 (9400), die der Verkaufestellen für Post⸗ werthzeichen 13 524 (12 917), der Postbriefkasten 66 360 (63 850) der reichseigenen Post⸗ und Telegraphengrundstücke 378 (372), der Beamten, Unterbeamten, Posthalter und Postillone 92 288 (88 606) Durch die Post befördert wurden 2 226 807 950 Sendungen (gegen 2,078 756 348 im Vorjahre), Telegramme wurden befördert 22 125 267 (19 858 819). Der Gesammtwerth der durch die Post vermittelten Geld⸗ u. s. w. Sendungen betrug 17 088 962 416 (1887 17 035 916 945 ℳ). Die durch die Post beförderten Päckercien hatten ein Gesammtgewicht von 385 325 270 kg (12887 364 975 550 kg). Die Gesammt⸗Ein⸗ nahmen der Reichs⸗Post. und Telegraphen⸗Verwaltung beliefen sich im Etatsjahre 1888/89 auf 201 122 478 (1887/88 189 931 092 ℳ) Die Gesammt⸗Ausgaben (einschl der einmaligen Ausgaben von 5 176 844 im Jahre 1888 89 und von 4 235 529 im Jahre 1887/88) auf 174 580 480 (1887/˙88 163 600 449 ℳ). Der Ueber⸗ schuß betrug hiernach 26 541 998 (1887/88 26 330 643 ℳ).

Deutschen

Kohlenvorräthe.

In dem gestern an dieser Stelle mitgetheilten Artikel der „Nord⸗ deutschen Allgemeinen Zeitung“ über die angeblichen Nachbestellungen von Kohlen durch die preußischen Staatseisenbahnen sind die von den Staatseisenbahnen im Juli September v. J. gemachten Vorraths⸗ bezüge auf 108 850 t statt 180 850 t angegeben; ferner ist der Prozent⸗ satz, um welchen im Juli—September des laufenden Jahres die Vor⸗ rathsbezüge gegen den gleichen Zeitraum im Vorjahre gestiegen sind auf 5,26 % zu berichtigen. Die Zunahme der Vorrathsbezüge ist also in einem erheblich geringeren Maße erfolgt, als die Steigerung

lgem Verkehrs.

.“ Wirthschaftliche Konferenz. Die Königliche Regierung zu Kassel hat,? der „Köln. Ztg.“ zu⸗ folge, sceben eine Einladung zu der am 29. d. dortselbst stattfindenden dritten wirthschaftlichen Konferenz mit folgender Tagesordnung versandt:

,1) Sind berechtigte Klagen über den Mangel an gesunden und genügenden Wohnungen unter der landwirthschaftlichen und gewerb⸗ lichen Arbeiterbevölkerung laut geworden, und durch welche Mittel kann diesen Klagen Abhülfe geschafft werden? Referent Fabrikant Lucan⸗Hanau, Korreferent Gutsbesitzer Beinhauer⸗Voll⸗ marshausen.

2) Was ist seit der letzten Konferenz Wuchers geschehen? Welches sind die dringlichsten Aufgaben auf diesem Gebiet? Referent Mühlenbesitzer Noll zu Bingartes Korreferent Rittergutsbesitzer von Gilsa zu Gilsa. 88

3) Empfiehlt sich eine Einschränkung der öffentlichen Lust⸗ barkeiten und durch welche Mittel? Referent Mühlenbesitzer Vogt⸗ Kassel, Korreferent Bürgermeister Ruth⸗Bellnhausen.

Zur Arbeiterbewegung.

Die vor einigen Tagen nach Limbach entsendete Truppen⸗ abtheilung ist gestern Mittag wieder nach Chemnitz zurück⸗ gekehrt, nachdem dort die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung weitere Ausschreitungen getroffen worden sind. Die Strikenden haben die Arbeit noch nicht wieder aufgenommen, in den Fabriken sind von außerhalb gekommene Arbeiter eingestellt worden.

In Belgien scheint eine große Arbeitseinstellung im Anzuge zu sein. Wie aus Mons, 21. Oktober, berichtet wird, hat der Verein der Kohlengrubenarbeiter der Borinage in einer zu Labonverie abgehaltenen Versammlung beschlossen, an die Direktionen der Kohlengruben eine Zuschrift zu richten, in welcher eine 20 pro⸗ zentige Lohnerhöhung gefordert wird. Begründet wird diese Forderung mit der Erhöhung der Kohlenpreise. Im Falle eines ab⸗ schlägigen Bescheides werde Arbeitseinstellung erfolgen.

Im Kohlenbezirk von Pas de Calais dauert der Ausstand trotz der Lohnerhöhung von zehn Prozent fort. Ein Theil der Berg⸗ leute hat die Arbeit wieder aufgenommen, doch beträgt die Zahl der Ausständischen noch 7000. Sie sind durch ihren Sieg übermüthig gemacht und verlangen jetzt eine Lohnerhöhung von zwanzig Prozent.

Kunst und Wissenschaft.

Die Stadt Leipzig wird, wie die „Weimar. * beri dem hochverdienten Buchhändler Karl Tauchnitz, 86 dibe chter zum Erben seines Vermögens eingesetzt hat, ein Denkmal aaf seinem Grabe errichten. . Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen im Glaspalast zu München wurde am Sonnabend Nachmittag, 5 Uhr, ohne jede Feierlichkeit geschlossen. Zum letzten Mal gab sich während des ganzen Tages ein zahlreiches Publikum dort ein Stelldichein. Welchen Erfolg diese erste der Jahresaus⸗ stellungen gehabt hat, geht, der M. „A. Z“ zufolge, daraus hervor daß über 100 900 zahlende Personen die Ausstellung besuchten. Die Einnahmen betrugen über 95 000 Es warden 304 Kunstwerke im Betrage von 467 270 verkauft. Davon treffen auf Münchener Künstler 150 Werke mit mehr als 277 000 Von Münchener Käufern betheiligten sich an dem Ankauf 195 mit nahezu 76 000

zur Bekämpfung des

Hie

Submissionen im Auslande

14. November, Mitazd Wien

114. November, Mittags. Wien, K. K. General⸗Direkti

österreichischen Staatsbahnen. Lieferung von: ö 88 A. Flußstählerne Feuerrohre für Lokomotivkessel.

Circa 16 000 Stück (ca. 70 000 m). Diese Feuerrohre haben je

und noch vor wenigen Tagen konnte einer von den leitenden Staats⸗ 1 8

8

nach der Gattung einen verschiedenen äußeren Durchmesser, und zwar ärk

44, 46, 48, 50, 51, 52, 53 mm, jedoch dieselbe Wandst

G

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.“