1889 / 276 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

aber Ansteckungsherde erhalten, und neuerdings ist die Seuch wieder an verschiedenen Stellen ausgebrochen. Die Krankhei zeigt sich in Geschwüren und übt einen geradezu verheerenden Einfluß auf den Schweinebestand aus. Mindestens 75 Proz. der erkrankten fallen der Seuche zum Opfer und selbst die scheinbar wieder genesenen Thiere führen ein hinsiechendes, schwindsüchtiges Leben. Nach den Schlachtergebnissen sind die inneren Theile dieser Schweine, Leber, Lunge, Darm, von den Geschwüren infizirt, so daß die allgemeine Annahme der land⸗ wirthschaftlichen Kreise, daß auch die wieder gesund gewordenen Thiere unbrauchbar sind, nicht ungerechtfertigt ist. Welche

sie dort angerichtet hat für das Jahr 1873 auf 20 Millionen Dollars, für das Jahr 1882 auf 13,5 Millionen Dollars, für das Jahr 1884 wiederum auf 20 Millionen Dollars und für das Jahr 1885 auf 25 bis 30 Millionen Dollars, und wenn man prozentual die Verluste, welche durch diese Krankheit hervorgerufen worden sind, berechnet, so stellt sich beispielsweise heraus, daß in Missouri 1876 30 % des ganzen Schweinebestandes an dieser Cholera zu Grunde gegangen sind, in Kentucky: über 20 %, in Indiana: 18 %, in Georgia: 10 %, in Ohio: 7 %. Nun, meine Herren, legen ja diese Zahlen die Er⸗ wägung nahe, daß es geboten ist, sich gegen diese Seuche so lange zu schützen, als überhaupt die Möglich⸗ keit einer Einschleppung gegeben ist. Ich würde es nur dann

und für das nächste Jahr vorläufig eine Beihülfe an die Unterbeamten in Vielleicht dürfte die Reichs⸗ verwaltung dieselben ägungen eintreten lassen wie in Sachsen. Bei unserem Etat von 1200 Millionen würde eine e“ der Bezüge der unteren Beamten nicht viel aus⸗ machen.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Während der bereits viertägigen Dauer der Debatte über den Etat des Reichsamts des Innern hat mir nichts so viel Freude gemacht als die Anregung des Herrn Vorredners, und ich bin ihm dankbar dafür, denn ich sehe, daß er mit mir darin übereinstimmt, daß

rden sollen. Ich habe mich überzeugt, daß bis zu diesem verdenh sel auch Nicht ein einziges Veilgiel vorhanden sst, daß von Steinbruch aus die Maul⸗ und Klauenseuche verschleppt worden ist. In jedem Dorfe, in jeder Stadt kann gelegentli einmal eine Krankheit ausbrechen, daraus folgt aber do nicht, daß man wegen so vorübergehender zufälle jahre⸗ lange Erschwerungen eintreten lassen muß. Jedenfalls müßten die Inlandsverhältnisse mit derselben Strenge ver⸗ folgt werden wie die an der Grenze. Seitdem die Rothlauf⸗ seuche in höherem Maße die Aufmerksamkeit auf sich gezogen,

8 1 1““ erfolgen sprechen zu hören, welche wir nach seiner Meinung gehabt haben. .

Abg. Richter: Es ist ganz natürlich, daß wir, wenn wir an der Hand von Thatsachen nachweisen können, daß Ihre damaligen Gründe für die Bemilligung nicht zutreffend gewesen sind, darauf aufmerksam machen. Es ist erklärlich, daß Sie solche Debatten lieber vermeiden wollen, aber wie Sie uns Vorwürfe machen können, daß wir die Mißerfolge konstatiren, verstehe ich nicht. In dem Augenblick, wo Sie auf Grund solcher

seien deshalb als sehr unsicher anzusehen. Der Hinweis auf dieselben, wie wir ihn in den letzten Jahren so häufig von dem Bundesrathstische aus gehört haben, gewinnt unter diesen Verhältnissen eine besondere Beleuchtung. In der Werth⸗ berechnung der Textilfabrikate, die ein Drittel unseres ganzen Exports ansmachen, ist von dem Jahre 1880 plötzlich eine Er⸗ höhung der Bewerthung eingetreten, die gar nicht durch ver⸗ änderte Handels⸗ und Werthverhältnisse gerechtfertigt ist. Pro Doppel⸗Centner wurden im Jahre 1879 800 ℳ, vom Jahre 1880 ab 1078 berechnet; es handelt sich dabei um 000

falschen werthschaftlichen Politik weiter gehen wollen und den Steuerzahlern durch solche abenteuerlichen Pläne, wie die neue Verbindung nach Ost⸗Afrika, neue Lasten auferlegen wollen, ist es unsere Pflicht, auf die bisherigen Mißerfolge hin⸗ zuweisen. Wir würden geradezu unsere Pflicht gegen das Vaterland und die Steuerzahler hintansetzen, wenn wir schwiegen. Im Gegentheil, diese Diskussion ist der Anfang der Diskussion über die ostafrikanische Linie und giebt uns Gelegenheit, diese ganz ungerechtfertigten Pläne mit Erfolg zu bekämpfen.

Abg. von Helldorff: Da kein Antrag vorliegt, habe ich nicht die Absicht, heute beim Etat auf die Sache mit einem Worte einzugehen. Wenn aber der Abg. Richter sich ein Verdienst zuspricht, daß er hier Uebelstände zur Sprache bringt, die er schon früher erkannt hat, so bemerke ich, daß nach der ganzen Stimmung sowohl in der Presse wie im Lande und bei Leuten von Urtheil Erfolge mit den Reichs⸗Postdampferlinien wohl anzunehmen sind. Heute beim Etat wollen wir uns aber in eine Diskussion mit dem Abg. Richter darüber nicht einlassen. Gegenüber der Kleinlichkeit, mit welcher der Abg. Richter die Mißerfolge vorgebracht hat,

Doppel⸗Centner, so daß lediglich durch die veränderte Berechnung der Werth um 150 Millionen in die Höhe gegangen ist. Die Schweiz bezifferte ihren Export an Seide und Halbseide im Jahre 1884 auf 10 700 Doppel⸗Centner im Werthe von 22 Millionen Mark; die deutsche Handelsstatistik führt die 9960 Doppel⸗Centner, welche Deutschland davon transitirt hat, mit 90 Millionen Mark auf. Die deutsche Reichsstatistik schätzt den Doppel⸗Centner Papier auf 108 ℳ, die Hamburger nur auf 51, die englische auf 52 ℳ; allein bei dem Papierexport beträgt danach die Werthüberschätzung im Jahre 1884 50 120 Millionen Mark. Die deutsche Statistik berechnet den Export der feinen Lederwaaren nach Hamburg auf 26 000 Doppel⸗Centner im Werthe von 53 Millionen Mark, die Hamburger Statistik weist dagegen 21 000 Doppel⸗Centner im Werthe von 7 Millionen nach; die Hamburger Statistik bewerthet nämlich den Doppel⸗Centner durchschnittlich mit 300 ℳ, die Reichsstatistik mit 2000 Die Schwierigkeiten, welche der Werthschätzung entgegenstehen, sind ja bedeutend, namentlich in Folge der Sammelrubriken, wo einestheils verwandte und dann feinere und gröbere Waaren des⸗ selben Artikels vereinigt werden. Aber gerade bei

man die Beamtenkräfte gut stellt und sie so zahlreich bemessen soll, wie es für den Dienst erforderlich ist. Allein, meine Herren, wenn bisher in dieser Richtung beim Statistischen Amt nicht mehr geschehen ist, als sich aus dem Etat ergiebt, so liegt das daran, daß die Verhält⸗ nisse der Hülfsbeamten, denen der Hr. Abg. Baumbach sein Interesse besonders zugewendet hat, ganz eigenthümlich liegen, und daß sich insbesondere darunter eine ganze Reihe von Pensionären befinden, denen man mit einer etatsmäßigen Anstellung gar keinen Gefallen thun würde. Diese Pensionäre würden in ihrem Einkommen geradezu beeinträchtigt werden, wenn man den jetzigen Diätensatz, den sie als Hülfsbeamte im Statistischen Amt beziehen, ihnen nehmen und sie etatsmäßig anstellen wollte, denn dann würde ihnen eben die Pension, die sie jetzt unver⸗ kürzt beziehen, entsprechend gekürzt werden. Das ist ja ein Gesichts⸗ punkt, den die Finanzverwaltung nicht außer Acht lassen darf.

Außerdem ist der Finanteffekt für das Reich kein ganz unerheb⸗ licher, denn so billig, wie man diese zum großen Theil untergeordnete mechanische Arbeit jetzt durch die Heranziehung von Diätarien erhält, würde man sie nicht haben, wenn man zu ihrer Bewältigung etats⸗ mäßig angestellte Beamte verwenden wollte.

Allein ein Kern Wahrheit und ein Kern guten Strebens ist doch in den Bemerkungen des Herrn Vorredners, und ich werde, so weit das irgend mit denin Betracht kommenden Interessen vereinbar ist, gern bemüht sein, eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen beim Sta⸗

aben in den technischen Instanzen die eingehendsten Erörte⸗ rungen stattgefunden, um die Gesetzgebung nach dieser Rich⸗ tung einigermaßen auf die Höhe der gegenwärtigen Kenntnisse und Erfahrungen zu bringen. Aus der technischen Deputation für das Veterinärwesen in Preußen und dem Kaiserlichen Gesundheitsamt sind Vorlagen hervorgegangen, die, wie mir versichert wird, vollkommen geeignet wären, eine ernsthafte Thätigkeit der Polizeibehörden im Deutschen Reich herbeizu⸗ führen und einen großen Theil der Seuchen zu vermeiden, die sich seitdem entwickelt haben. Aber da ist ein plötzlicher Stillstand eingetreten, wo, das weiß ich nicht. Sie mögen es mir nicht übelnehmen, aber ich habe ein wenig die Vorstellung, daß die Zärtlichkeit der Regierungen gegen die Agrarier etwas dazu beiträgt, diese Verhältnisse im Innern, nebenbei zum eigenen Schaden der Agrarier, sich so estalten zu lassen. Wir müssen entschieden in Bezug auf die Lungenseuche und den Rothlauf eine ganz strenge Gesetz⸗ gebung machen, dann wird auch das Ausland Vertrauen haben und dann werden auch im Inlande die Sachen nicht zu einer solchen Kalamität werden. Es wird von keiner Seite bestritten werden können, daß allmählich in Folge dieser Ver⸗

für verantwortlich halten können, das Ausfuhrverbot aufzuheben, wenn der Nachweis zu führen wäre, daß durch dieses Einfuhrverbot der deutschen Wirthschaft ein Nachtheil zugefügt wird, welcher ganz außer Verhältniß zu dem Nutzen steht, den das Einfuhrverbot durch die Abwendung einer Gefahr für unseren Schweinebestand mit sich bringt, und in dieser Beziebung bin ich denn, auch meines Orts nach den Studien, die ich gemacht habe, gar nicht im Zweifel darüber, daß der Vortheil einer Aufhebung des Einfuhrverbots weitaus entfernt ist, sich dem Vortheil an die Seite zu stellen, der aus der Aufrecht⸗ haltung sich ergiebt.

Meine Herren, wir haben allerdings eine Preissteigerung in Bezug auf das Schweinefleisch, das Rind⸗ und das Schaffleisch in den letzten Monaten zu verzeichnen gehabt. Ich glaube kaum, daß irgend Jemand und in dieser Beziehung muß ich die Andeutung des Herrn Vorredners zurückweisen ein Interesse daran nimmt, die nothwendigen Nahrungsmittel für das Volk über Gebühr zu ver⸗ theuern. Die Klagen über die hohen Preise der Lebensmittel werden übrigens nicht bloß in der Arbeiterwelt empfunden, meine Herren, auch wir hören sie in unsern Gesellschaftskreisen, auch unsere Haus⸗ frauen sind nicht erfreut, wenn das Schweinefleisch von 75 auf 1 steigt. Indessen, es fragt sich nur, wie man einer solchen Steigerung begegnen und wie man insbesondere die wirthschaftlichen Folgen derselben beseitigen kann.

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seit 1887 noch nicht aufgehoben ist. ist von der Aufhebung unseres Einfuhrverbots nicht zu er⸗ warten; dem gegenüber steht die Gefahr der Einschleppung

fahr, 1 ner Großgrundbesitzer trifft.

roße Gefahr auch Dänemark darin erblickt, beweist, daß das gegen Schweden erlassene Einfuhrverbot bis heute Eine Verbilligung der Fleischpreise

von verheerender Wirkung, eine Ge⸗ mehr den kleinen Mann, als den Und gerade für die Existenz des leinen Mannes wollen wir Alle ohne Unterschied der Partei

iner Krankheit die viel

sorgen. In ganz Deutschland giebt es keinen kleinen Grund⸗ besitzer, selbst keinen Tagelöhner, der, wenn er überhaupt ein Grundstück hat, nicht ein Schwein hält. das Volkswohl einschneidenden Fall müssen die Interessen einiger weniger Industriellen sich dem allgemeinen unterordnen. Gegenüber den Ausführungen des Hrn. Virchow meine ich im Sinne aller Landwirthe in ganz Deutschland, daß wohl kaum ein Reichsgesetz so segensreich gewirkt hat, wie das Vieh⸗ seuchengesetz. m gegenüber dem Auslande nothwendig ist.

Bei einem so tief in

Volkswohl Und deshalb lehnen wir den Antrag Barth ab.

Thatsache ist, daß immer eine große Vorsicht

Abg. Kröber: Ich spreche vom süddeutschen Standpunk. für den Antrag, die Maul⸗ und Klauenseuche mag allerdings durch den Import österreichisch⸗ungarischen Viehes verbreitet sein. Aber kann diese Krankheit nicht auch durch den Schmusggel eingeführt worden sein? Jedes absolute Verbot der Einfuhr bedingt bei der Differenz der Preise diesseits und jenseits der Grenze naturgemäß den Schmuggel. Und wenn Sie die Grenzen noch so sehr bewachen, werden Sie den

tistischen Amt herbeizuführen. Ich will dann nur hoffen, daß mein 25 Kollege, der Staatssekretär des Reichs Schatzamts und der ohe Reichstag auch von derselben Bereitwilligkeit beseelt sein mögen, die der Hr. Abg. Baumbach und ich an den Tag gelegt haben.

Abg. Klemm: Nach den Worten des Abg. Dr. Baumbach könnte es scheinen, als ob die sächsische Thronrede selbst ein Heraufgehen der Löhne und Lebensmittelpreise zugesteht, wäh⸗

den Sammelrubriken ist nach Professor Dietzmann die Be⸗ werthung so erfolgt, als ob sie nur aus feinen Waaren be⸗ ständen. Aus den gewerbetreibenden Kreisen sind ja über diese Verhältnisse bereits mancherlei Reklamationen ergangen, und sie haben mehrfach auch Berichtigungen zur Folge gehabt. Gerade die Art und Weise der Berichtigung aber, die meist gelegentlich in dem Jahrbuch des Statistischen Amts vor⸗

meine ich, daß bei einem solchen Unternehmen Mißerfolge überhaupt nicht zu vermeiden sind. Diese Darstellung des Abg. Richter richtet sich selbst, ich brauche darüber kein Wort zu verlieren.

Von dem Abg. Richter ist folgender gegangen:

den Reichskanzler zu ersuchen, mit der Gesellschaft des Nord⸗

hältnisse eine solche Theuerung des Fleisches eingetreten ist, daß selbst in Berlin der kleine Beamte gar nicht mehr in der Lage ist, so regelmäßig wie sonst sich mit Fleisch zu versehen, von den Arbeitern ganz zu schweigen. Es ist ein absolutes Bedürfniß, dem Import wieder die Wege zu bahnen und den Markt mit dem erforderlichen Quantum von Fleisch zu ver⸗ sorgen.

Nun ist die Steigerung der Preise keineswegs in Deutsch⸗ allein bemerkbar geworden. Im Gegentheil, es liegen hier Nachweisungen vor über die Preisbewegung in Bezug die Fleischpreise für London, für Paris, für Amster⸗ dam, für Berlin, und aus diesen Nachweisungen entnehme ich, daß die Preissteigerung, die sich seit dem April 1888, also vor Erlaß unseres Einfuhrverbots gegen den Osten, bis zum August d. J., also nach Erlaß des Einfuhrverbots, in Berlin vollzogen hat, noch

land mir auf

Antrag ein⸗

deutschen Lloyd Verhandlungen anzuknüpfen Behufs Aufhebung der Dampferlinie Sydney —Samoa und der angemessenen Herabsetzung der Reichs⸗Subvention für die australische Postdampferlinie.

Abg. Gebhard: Nicht das mache ich dem Abg. Richter zum Vorwurf, daß er überhaupt, wo er Schwächen sieht, die⸗ selben vorbringt; es ist unser Aller Pflicht und Schuldigkeit, das zu thun. Aber ich rüge die Behaglichkeit, mit der er es thut, und die Freude, die er an solchen Darstellungen hat.

Abg. Richter: Wenn man nichts zu sagen weiß, was zutrifft, so sagt man, die Sache richtet sich von selbst. Mit Behaglichkeit führen wir überhaupt die Diskussionen nach Möglichkeit; übrigens beneide ich Sie um die Behaglichkeit, mit der Sie auf Grund Ihrer falschen Wirthschaftspolitik immer neue Steuern auferlegen und den Steuerzahlern das Leben immer schwerer machen. Hr. von Boetticher hat selbst erklärt, daß der Schwerpunkt für die Samoalinie auf der politischen Seite liegt und daß man in Bezug auf die kom⸗ merziellen Fragen zu anderer Ansicht gekommen ist, als man damals war. Deshalb fragt es sich, ob nicht überhaupt diese

weiglinie auch vom Standpunkte Derjenigen aufzugeben ist, die damals dafür stimmten.

Abg. Dr. Windthorst: Ich gehe auf die Debatte nicht weiter ein, obwohl ich die Behauptung, daß vir hier nicht darüber diskutiren können, nicht als richtig anerkenne, denn wir haben beim Etat zu prüfen, ob die Gelder richtig ver⸗ wendet werden. Die Bewilligungen gehen jetzt in einem Tempo, das ich nicht fortsetzen will. Uebrigens kann ich heute für den Antrag Richter nicht stimmen, dazu ist die Sache nicht genügend aufgeklärt; in der Budgetkommission müßten erst amtliche Nachweise über die Resultate der Postdampferlinien gegeben werden. Amtliche Darlegungen waren das heute nicht, ich wünsche aber solche.

Abg. Richter beantragt die Ueberweisung seines Antrags an die Budgetkommission.

Der Titel wird bewilligt, der Antrag Richter der Budget⸗ kommission überwiesen.

Bei dem Titel „Für Ueberwachung des Auswan⸗ derungswesens 18 000 ℳ“ erkennt Abg. Dr. Lingens eine erhebliche Besserung der Zustände auf dem Gebiete des Aus⸗ wanderungswesens im Laufe der letzten Jahre an, erwartet aber eine durchgreifende Abhülfe nur von einem internatio⸗ nalen Auswanderungsgesetze; besonders sollten die verbündeten Regierungen dem ausgedehnten Mädchenhandel, der zum Nach⸗ theil deutscher, ungarischer und böhmischer Mädchen stattfindet, ihre Aufmerksamkeit zuwenden.

Abg. Dr. Hammacher ist gleichfalls der Ansicht, daß den vielen Wünschen und Beschwerden in Bezug auf das Aus⸗ wanderungswesen nur durch den Erlaß eines Auswanderungs⸗ gesetzes wirdbegegnen werden können. Besonders empfunden werde der Mangel einer Angabe über die Berufsart der Auswanderer in dem Berichte des Auswanderungskommissars. Es vürde sich wahrscheinlich als ein unbegründetes Vorurtheil gewisser landwirthschaftlicher Kreise herausstellen, daß der größte Theil der Auswanderer aus der Landwirthschaft komme; nach der Statistik, die in Hamburg aufgestellt werde, gehörten nur 8,9 Proz. der Landwirthschaft an. Dem Uebel der Auswan⸗ derung könne man nur an der Hand einer Berufsstatistik über die Auswanderer beikommen.

Der Titel wird bewilligt.

¶. Bei dem Kapitel „Statistisches Amt“ bemerkt Abg.

Broemel: Unsere EE die einen so wesentlichen

Theil der deutschen Reichsstatistik überhaupt bildet, hat im

Laufe des letzten Jahrzehnts eine erhebliche Besserung erfahren,

sodaß eine Uebersicht über unsere Ein⸗ und Ausfuhr mit

größerer Genauigkeit möglich ist, als früher. Die Waaren⸗

werthschätzung, der allerdings große Schwierigkeiten im Wege

stehen, ist aber außerordentlich mangelhaft. Es finden sich bei

einer großen Reihe von Artikeln die erheblichsten Schwan⸗

dühcgen und Differenzen in der Bewerthung. Margarine

z. B., deren Werth ohne große Schwierigkeit festgestellt werden

kann, ist im Jahre 1884 mit 100 ℳ, im folgenden nur mit

24 per Doppel⸗Centner Professor Max Dietz⸗

mann in Chemnitz hat mit außerordentlicher Sachkenntniß

und staunenewerthem Fleiß reiches Material zu dieser

Frage zusammengetragen, und seine Zusammenstellung

verdient umsomehr Beachtung, als sie ohne bestimmte

juristisch⸗politische Tendenz erfolgt ist; er kommt zu

dem Ergebniß, daß die Mängel unserer Werthstatistik in dem pannen System wurzeln, und daß unser System der Werth⸗ chätzung zu Resultaten führe, die mit den o enkundigen That⸗ fachen sicher oder doch wahrscheinlich in völligem Widerspruch

würde doch selbst eine ganz erhebliche Vermehrung der etatsmäßigen Stellen für das Reich von kaum nennenswerthem finanziellen Effekt

und nach 5jähriger ein solches von 1800 zu bewilligen, sei

genommen wird, hat Anstoß erregt. Es ist auch schon vor⸗ gekommen, daß die Berichtigungen, die in einem Jahre gemacht worden sind, in dem anderen Jahre bei Bearbeitung der Statistik wieder außer Acht gelassen worden sind. Das Statistische Amt, die wissenschaftliche Verwalterin unseres wirthschaftlichen Schatzes, muß die groben Mißgriffe, auf welche die Dietzmann'sche hinweist, eingestehen, klar⸗ stellen und so weit als möglich berichtigen. Wir haben ein hroßes Interesse daran, daß die mit so großen Kosten ver⸗ undene Handelsstatistik auch mit möglichster Zuverlässigkeit aufgenommen und veröffentlicht wird. Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Ich freue mich zunächst, daß der Herr Vorredner die Mehr⸗ forderung, welche wir zur Herbeiführung einer besseren Werthschätzung begehren, nicht beanstandet hat. Er hat sich aber in einer längeren Auseinandersetzung über die Mängel des bisherigen Einschätzungsver⸗ fahrens ausgelassen, hat sich auf die Schrift des Herrn Professor Dietzmann berufen und hat eine Fülle von Einzelheiten vorgebracht, in denen es seiner Darstellung nach den An⸗ schein gewinnt, als ob die Schätzungen, entweder die ersten oder die zweiten Schätzungen, nicht zuverlässig gewesen sind, weil die Differenz zwischen beiden als eine sehr erhebliche sich heraus⸗ stellt. Meine Herren, Sie werden nicht von mir erwarten, daß ich diese einzelnen Angaben einer Betrachtung unterziehe. Dazu fehlt mir das Material. Hätte der Herr Vorredner die Güte gehabt, mich von seinen Absichten vorher zu unterrichten, dann würde ich ihm vielleicht auch auf die einzelnen Punkte haben antworten können. Für mich ist in seinem Vortrage das einzig Wichtige und Interessante die Frage, ob das bisherige Schätzungsverfahren beizubehalten sein möchte, oder ob zu einem andern übergegangen werden muß. Das Schätzungsverfahren oder vielmehr die Art der Schätzung stellt ja an sich gar keine prinzipielle Frage dar. Wir haben Alle ein Interesse daran, die Statistiker und die Volktwirthe, daß möglichst richtig geschätzt wird, und ein Verfahren, welches die Richtigkeit der Schätzung am sichersten verbürgt, wird von uns gewiß gern angenommen werden. Gerade zu diesem Zweck, um eine richtigere Schätzung herbeizuführen, ist die Mehrforderung, um die es sich hier handelt, in den Etat aufge⸗ nommen. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Zahl der herbei⸗ gezogenen Sachverständigen nicht ausreicht, um eine gründliche Sach⸗ kunde für alle einzelnen Waarenartikel zu gewährleisten, und es soll eben jetzt dahin gewirkt werden, daß man eine möglichst voll⸗ ständige Sachkunde für das Schätzungsgeschäft heranzieht. Wollte man und diese Frage hat ja auch der Herr Vorredner wohl gestreift wollte man einfach zu dem Dekla⸗ rationsverfahren übergehen, so glaube ich, würde damit nicht etwas

rend die Aufbesserung der Beamtengehälter in derselben keines⸗ wegs damit begründet ist. Ich selbst schreibe das Steigen der Preise ganz anderen Ursachen, dem landwirthschaftlichen Noth⸗ stande, den Viehseuchen und Anderem zu.

Abg. Schrader: Es war nicht nöthig, in der sächsischen Thronrede die Ursachen für das Steigen der Preise anzugeben, denn in Sachsen kennt dieselben Jedermann. Man weiß, daß die Lebensmittelpreise in Folge unserer Zollpolitik in die Höhe gegangen sind. An unserer auf eine Besserung der Gehälter gerichteten Forderung, der auch die Re⸗ gierung nicht zu widerstreben scheint, sehen Sie, daß es uns lediglich auf die Sache selbst ankommt, obgleich die Regierung uns das oft bestritten hat. Ein Theil der im Statistischem Amt beschäftigten Personen, solche nämlich, die anderweitige Pensionen beziehen, wünschen keine dauernde Anstellung, weil sie ihre Pensionen nicht verlieren wollen. Die Zahl dieser ist aber nicht so groß, daß dadurch Diejenigen, die dauernd dort beschäftigt bleiben wollen, in ihrem Fortkommen gehindert werden können. Ich vermuthe, daß das ganze Haus im nächsten Jahre ebenso wie wir bereit sein wird, einer Vermehrung der etatsmäßigen Stellen Statistischen Amt zuzustimmen.

Das Kapitel wird bewilligt.

Es folgt das Kapitel „Kaiserliches amt“.

Gesundheits⸗ Hierzu beantragen die Abgg. Dr. Barth und Genossen:

Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Aufbebung des Schweine Einfuhrverbotes an der dänischen Grenze zu veranlassen.

Abg. Dr. Virchow: Wir wollten den Antrag, dem ich Sie zuzustimmen bitte, Anfangs in weit größerem Umfange aufstellen, als er jetzt vorliegt. Der Antrag hat seinen Grund zunächst darin, daß die dänische Seuche vollständig aufgehört hat, da sie an sich kein dänisches Produkt ist, sondern auch dort nur eingeschleppt war. Andererseits haben wir das Un⸗ glück gehabt, daß gerade im Laufe der letzten Jahre in Deutschland selbst eine Reihe von Krankheiten, die mit der dänischen Seuche verwandt sind, in außerordentlicher Verbrei⸗ tung geherrscht haben: die Rothlauf⸗ und die Schweineseuche, zwei verschiedene, oft allerdings mit Unrecht zusammen⸗ geworfene Krankheiten. Das Kaiserliche Gesundheitsamt verfügt vielleicht über eine genaue Statistik der Krankheit,

Besseres gewonnen sein. Denn der Versender der Waare hat in der Regel nur ein sehr einseitiges Interesse an der Deklaration und hat namentlich nicht immer das Interesse, richtig zu deklariren. Man würde also, wollte man zum Deklarationsverfahren übergehen, doch immer eine Instanz haben müssen, welche sich mit der Frage be⸗ schäftigt, ob richtig deklarirt ist. Taxen sind ja bekanntlich Faxen, und in Folge dessen kann man von einer Schätzung, wie sie vorgenommen wird, nicht absolut das Richtige ver⸗ langen. Aber wir werden auf dem einmal eingeschlagenen Wege und ich mache darauf aufmerksam, daß dieser Weg ja erst seit 8 Jahren betreten ist fortschreiten, wir werden die Mängel, die in die Erscheinung getreten sind, abzustellen bemüht sein und dabei auch die Winke, welche die Dietzmann’sche Schrift gegeben hat, und die Bemerkungen des Herrn Vorredners gerne benutzen. Daß wir zu einer fundamentalen Aenderung des bisherigen Verfahrens kommen sollten, das kann ich bis jetzt nicht in Aussicht stellen, aber auf die Verbesserung des bisherigen Verfahrens werden wir hinwirken. Abg. Broemel: Auch ich halte für das umfangreiche, die verschiedensten Verkehrsgebiete umfassende Deutsche Reich das Deklarationsverfahren für unzulässig. Bei der Werth⸗ schätzung aber sollte eine Bilanz, wie sie jeder Kaufmann auf⸗ stellt, wohl möglich sein. Die Unrichtigkeiten sind bisher jedoch niemals korrigirt, was doch sowohl im Interesse der Handelsstatistik wie der wissenschaftlichen Statistik wünschens⸗ werth wäre. Die Kritik Dietzmann's ist so gründlich, daß sie b verdient, für unsere Handelsstatinik verwerthet zu werden.

Abg. Dr. Baumbach wünscht eine Aenderung im Verhält⸗ niß der beim Statistischen Amt festangestellten Beamten 8 den allzu zahlreichen diätarischen Hülfsarbeitern. Obgleich letztere hier nicht zu entbehren seien, und obgleich diese Hülfs⸗ kräfte weit billiger seien, als fest angestellte Beamte, was sich auch in der Reichs⸗Postverwaltung zeige, so

18 Der Vorschlag, nach 2jähriger Dienst⸗ zeit den Bureauarbeitern ein Gehalt von 1500 bis 1700

durchaus nicht unbillig, namentlich in Anbetracht der erheblich estiegenen Löhne und Lebensmittelpreise. Daß Letzteres der all sei, zeige selbst die jüngste sächsische Thronrede, die für

ständen; die Schlußergebnisse unserer Aus⸗ und Einfuhrstatistik

und ihre Kenntniß würde die kolossalen Verluste, die wir durch die Krankheit erlitten haben, deutlich zeigen. Wir leiden auf der anderen Seite noch immer unter der bedeutenden Erschwerung des Grenzverkehrs gegen Osten, wo die Maul⸗ und Klauenseuche der Grund ist. Es ist seit einer längeren Reihe von Jahren geradezu eine Art von offiziöser Verpflichtung vorhanden, zu glauben, daß die Maul⸗ und Klauenseuche immer von Rußland eingeschleppt wird. Ich halte das für eine voreingenommene Stellung. In der preußischen technischen Deputation für das Veterinär⸗ wesen, in der vor 10 Jahren auch allgemein die Ansicht herrschte, daß die Maul- und Klauenseuche ein russischer Im⸗ portartikel sei, ist eine allmähliche Aenderung der Anschauung eingetreten. Der vorletzte Bericht sagt, daß diese Krankheit auch in bisher vollkommen seuchefreien Gegenden plötzlich auf⸗ getaucht sei, wo die Möglichkeit einer Einschleppung nicht vor⸗ liege. Nach meiner Kenntniß gehört ein Gewaltakt dazu, diese Krankheit immer als von Rußland kommend zu betrachten. Auch bei uns haben fast ununterbrochen Seuchen geherrscht, denn in den letzten 13 Jahren ist Deutschland nur ein Vierteljahr seuchenfrei gewesen. Es ist ein zweischneidiges Schwert, wenn wir länger in dem bisherigen Rigorismus beharren. Die Untersuchungen über die Ursprungsstellen der epidemischen Krankheiten der Thiere sind ja außerordentlich schwierig zu führen. Ich möchte den verbündeten Regierungen und dem Kaiserlichen Gesundheitsamt entgegenhalten, daß es nichts Schlimmeres giebt, als eine vorgefaßte Meinung unter allen Umständen in der Gesetzgebung durchzupressen. Längere Zeit hindurch war es ja auch Staatsdogma, daß die Lungenseuche von Holland eingeschleppt würde. Holland ist es nun mit der erstaunlichsten Mühe gelungen, sich fast seuchenfrei zu machen, und jetzt haben wir unseren eigenen wohlgehegten Seuchenherd in der Provinz Sachsen, den wir bis heute nicht vernichtet haben. Ich will nicht sagen, daß wir unsere Grenzen vollkommen aufmachen sollen, aber man müßte sich auf das absolut Noth⸗ wendige beschränken, wofür sich nicht blos allgemeine Theorien, meen nachweisbare Thatsachen anführen lassen. So be⸗ ehen gegen die Ausfuhr aus Steinbruch nach Oberschlesien Erschwerungen, welche weit über das zu billigende Maß hinaus⸗

1892/93 eine durchgreifende Aufbesserung der Beamtengehälter

gehen. Es besteht dort eine offizielle Quarantäne, in welche allesThiere gebracht werden, die von Fdort saus vertrieben

im

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Ich muß Sie dringend bitten, den Antrag des Hrn. Abg. Dr. Barth abzulehnen. Diesem Antrage liegen nicht, wie der Herr Vorredner in seinen Schlußausführungen behauptet hat, agrarische Tendenzen zu Grunde, sondern es sind bei dem Schweine⸗ einfuhrverbot allein die Rücksichten leitend gewesen, welche die Regierung pflichtmäßig auf die Erhaltung und auf den Schutz des inländischen Viehstandes zu nehmen hatte, und welche sie nicht außer Augen lassen durfte, wenn nicht bei weitem größere wirthschaftliche Nachtheile eintreten sollten, als wie sie durch das Schweineeinfuhr⸗ verbot hervorgerufen werden. Der Herr Vorredner hat bei seinen Darlegungen sich nicht auf das Einfuhrverbot Däne⸗ mark gegenüber beschränkt, sondern er hat in den Kreis seiner Be⸗ trachtungen auch das im Juli dieses Jahres erlassene Verbot der Einfuhr von Schweinen gegenüber unseren östlichen Nachbarn gezogen. Ich habe mich bereits bei der ersten Lesung des Etats über die Gründe verbreitet, welche die verbündeten Regierungen dazu bestimmt haben, Sr. Majestät dem Kaiser den Erlaß dieses Verbots anzurathen. Ich kann im Allgemeinen auf meine Darlegungen verweisen, und ich will jetzt nur noch hervorheben, daß die Gefahr einer Seucheneinschleppung vom Osten her in diesem Moment sich noch um nichts vermindert hat gegenüber dem Zustande, welchen wir im Juli dieses Jahres hatten. Wir verfolgen sehr sorg⸗ fältig den Gesundheitszustand unter den Schlachtthieren jenseits der Grenzen, und ich kann aus einer mir vorliegenden Nachweisung mittheilen, wie sich die Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche in Oesterreich seit dem Juni dieses Jahres gestellt hat. Während im Juni in Oesterreich⸗Ungarn nur 414 Gemeinden verseucht waren, hat dieser Zustand sich im Laufe der folgenden Monate erheblich ver⸗ schlimmert. Die höchste Ziffer der Verseuchung ist am 31. Oktober mit 2040 Gemeinden erreicht, und gegenwärtig die letzte Angabe datirt vom 7. November herrscht noch in 1893 Gemeinden die Maul⸗ und Klauenseuche. Eine ähnliche Entwickelung ist zu konstatiren für Ungarn. In Ungarn hat die Seuche vom 1. April, wo 41 Ge⸗ meinden verseucht waren, bis zum 5. November einen Umfang gewonnen, der eine Verseuchung von 1208 Gemeinden darstellt.

Meine Herren, daß in diesem Zustande eine große Gefahr für uns liegt, das ist ganz außer Zweifel. Es ist richtig, mit dem Gesundheitszustand in Deutschland steht es auch nicht gut. Wir haben ebenfalls eine weit über unsere Wünsche hinaus⸗ gehende Verbreitung der Maul⸗ und Klauenseuche. Allein darüber und das muß ich im Gegensatz zu dem Herrn Vorredner behaupten ist gar kein Zweifel, daß wir eine ganze Reihe von Verseuchungsfällen konstatiren können, welche ihre Entstehung durch Zufuhr aus dem Auslande gewonnen haben. Was liegt also näher, als daß man sich gegen das auf diesem Gebiete so gefährliche Ausland abschließt? Der Herr Vorredner hat unsere Beziehungen zur Stein⸗ brucher Anstalt gestreift. Meine Herren, wir haben bei der Frage, in welcher Weise wir den inländischen Schweinebedarf, dessen Be⸗ friedigung uns durch das Einfuhrverbot erschwert wird, anderweitig decken könnten, sehr wohl die ausgezeichneten sichernden Einrichtungen, welche die Steinbrucher Anstalt und der Steinbrucher Markt bieten, in Er⸗ wägung gezogen, und jetzt ist für alle die Stationen, über welche wir aus Oesterreich⸗Ungarn die Schweinezufuhr einlassen, ausdrücklich die Vergünstigung der Zufuhr nur auf Steinbrucher Schweine beschränkt. Allein auch die bestverwaltete und bezüglich des Gesundheitszustandes am besten geschützte Anstalt ist nicht davor sicher, daß auch dort der Infektionsstoff sich verbreitet, und so ist es denn auch der Stein⸗ brucher Anstalt passirt, daß vor Kurzem dort die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche ausgebrochen ist. 1

Ich zweifle gar nicht daran, daß man in Steinbruch der Seuche bald Herr werden wird, und es wird mich freuen, wenn durch die Herstellung eines solchen Zustandes jede Gefahr für die Ein⸗ schleppung des Infeklionsstoffes nach Deutschland beseitigt ist.

Nun aber, meine Herren, haben wir es hier bei dem Antrag des Hrn. Abg. Barth nicht mit der Zufuhr aus dem Osten zu thun, wir haben es auch nicht mit der Maul⸗ und Klauenseuche zu thun; sondern wir haben das Einfuhrverbot gegen Dänemark im November 1887 erlassen müssen, weil damals in Dänemark eine sehr gefährliche Schweinekrankheit, welche wahrscheinlich identisch ist mit der ameri⸗ kanischen „Hog⸗Cholera“, sich gezeigt hat, und der Herr Vor⸗ redner irrt, wenn er annimmt, daß eine Aenderung in Bezug auf diese Seuche dahin eingetreten sei, daß jetzt jede Gefahr der Uebertragun dieser Seuche über die dänisch⸗deutsche Grenze ausgeschlossen erscheine. Noch im September und Oktober d. J. sind auf Seeland Fälle dieser Schweineseuche konstatirt worden, und der Königlich dänische Minister des Innern hat in einer Sitzung des Folkethings noch neuerlich zu⸗ gegeben, daß diese Seuche noch nicht erloschen sei. So lange, wie das aber nicht geschehen ist, so lange ist es für die deutsche Regierung unmöglich, die dänische Grenze dem Schweine⸗Import nach Deutschland zu öffnen, denn meine Herren, die Opfer, welche diese Seuche erfordert, sind ganz kolossale, und wir würden es nimmermehr verantworten köͤnnen, Deutschland dem Import einer Krankheit zu öffnen, welche eine ganz außerordentliche Schädigung des nationalen Wohlstandes mit Sicher⸗ heit in Aussicht stellt. Zur Begründung dieser meiner Auffassung will ich einige Zahlen geben, welche sich aus den Berichten zusammen⸗ stellen, die wir in amerikanischen Schriften über die verwüstenden Wirkungen dieser „Hog⸗Cholera“ erhalten haben. Die Hog⸗Cholera hat sich in Amerika in der Hauptsache in den südlichen und westlichen

gar nicht einmal die stärkste Steigerung gegenüber den Steigerungs⸗

verhältnissen in den anderen von mir genannten Großstädten ist. Ich werde einige Zahlen geben. Der amerikanische Schinken kostete

in London im April v. J. 62— 66, er stieg im Auguft d. J. auf 70

bis 74 sh pro 100 Pfund. Der dänische Speck kostete in London im April 47 53, im August 65—71. In 3 stellten sich die Fleischpreise für Fettschweine im April v. J. auf 1 1,18, und im August auf 1,38 1,64 Fr. pro . In Amsterdam kostete ein Kilogramm Schweinefleisch 0,36 bis 0,40 Fl., im August 0,47 bis 0,53, und die Steigerung, welche wir in der bezeichneten Periode für Berlin zu verzeichnen haben, stellt sich dahin, daß im April v J. das Schweinefleisch 38 bis 43, wäh⸗ rend es im August d. J. 53 bis 60 notirt wurde. Das ist für 100 Pfund lebendes Gewicht mit 20 % Tara. Ich ziehe, meine Herren, daraus den Schluß, daß keineswegs das Einfuhrverbot der ausschließliche Grund für die Erhöhung der Fleischpreise gewesen ist. Ich ziehe weiter daraus den Schluß, daß es ganz allgemeine Ursachen sind, welche diese Erhöhung der Fleischpreise herbeigeführt haben. Nun, meine Herren, glaube ich auch darin keinen allzuerheblichen Wider⸗ spruch zu finden, wenn ich sage: so beklagenswerth diese Steigerung der Preise ist und so wünschenswerth es im Interesse der konsumirenden Bevölkerung ist, niedrige Preise zu halten, so sehe ich darin doch kein Unglück, so lange die Erwerbsverhältnisse der konsumirenden Kreise sich so gestalten, daß die höheren Preise bezahlt werden können. Erst dann, wenn mir nachgewiesen wird, daß der Erwerb, insbesondere unserer arbeitenden Bevölkerung, es nicht mehr gestattet, die Preise zu zahlen, welche jetzt bezahlt werden müssen, erst dann werde ich zugeben, daß ein Nothstand eingetreten ist, der der Abhülfe dringend bedarf. Meine Herren, man hat ich weiß nicht, ob man mir diesen Grund wieder bringen wird man hat darauf hingewiesen, daß Deutsch⸗ land, was den Schweinekonsum anlangt, auf das Ausland angewiesen sei. Man hat die Behauptung aufgestellt, Deutschaund könne auf den Import von Schweinen aus dem Ausland gar nicht verzichten. Es ist dies nicht richtig. Unsere Statistik, die Einsuhr⸗ und Ausfuhr⸗ statistik ergiebt, daß wir beispielsweise im vergangenen Jahre aller⸗ dings ich gebe zu, es ist das erste Jahr seit einer sehr langen Periode, daß unsere Ausfuhr die Einfuhr nicht unerheblich überstiegen hat. s sind im Jahre 1888 eingeführt: rand 292 000, und es sind aus⸗ geführt 365 000 Schweine. Also daraus ergiebt sich wieder, daß Deutschland wohl im Stande ist, für seinen Schweine. bedarf zu sorgen, und namentlich, wenn man dabei erwägt, daß sich der Ersatz bei den Schweinen ungemein leicht vollzieht Das Schwein ist bekanntlich in Bezug auf die Produktion ein sehr ergiebiges Thier. Eine Vermehrung für jedes weibliche Schwein um 16 bis 20 Stück pro Jahr ist gar nichts Seltenes, und wenn augenblicklich die Bezugsquellen um deswillen namentlich für die Händler unbequemer geworden sind, weil an Stelle des gewohnten Imports aus Oesterreich⸗Ungarn neue Quellen aufgesucht werden müssen, so bin ich fest überzeugt, daß sehr bald der ustand eintreten wird, wo die deutsche Landwirthschaft vollauf im Stande sein wird, diese verloren gegangenen Quellen zu ersetzen, und wo dann naturgemäß auch die Klagen über zu hohbe Preise aufhören werden. Das S bweinefleisch wird billiger werden, und wir werden auch dann die Möglichkeit ver⸗ lieren, über zu hohe Preise zu klagen. 11 Aber wie gesagt, meine Herren, die wirthschaftliche Seite der Sache ist für die verbündeten Regierungen nicht der Hauptgrund gewesen, um das Einfuhrverbot zu erlassen. Das wesent⸗ liche Moment besteht in dem Schutze unseres heimischen Viehstapels. So lange in Dänemark die von mir als sehr gefährlich bezeichnete Seuche nicht vollständig erloschen ist, und zwar längere Zeit hin⸗ durch vollständig erloschen ist, können wir nicht dazu rathen, das Einfuhrverbot gegen Dänemark aufzuheben. Dieses Einfuhrverbot hat übrigens, wie ich nebenbei bemerken will, weitaus nicht die wirthschaftliche Bedeutung, wie das Einfuhr⸗ verbot gegen Osten. Denn die Zahl der Schweine, welche aus Daäͤnemark in den freien Verkehr des Inlandes übergegangen sind,

Paris viel

ist außerordentlich gering gewesen; sie hat sich auf wenige Tausende erstreckt. Die Mehrzahl der Schweine ist in die Exportschlächtereien übergegangen, sie ist ausgeführt worden theiligt in die Wurstfabriken gewandert. 3 .

Nun, meine Herren, komme ich zum Schluß. Ich sage: das Einfuhrverbot gegen Dänemark ist woblüberlegt erlassen; es ist nichts inmittelst eingetreten, was die Gründe, die zu seinem Erlaß geführt haben, nach irgend einer Richtung erschüttert hätte, und ich kann des⸗ halb nicht in Aussicht stellen, daß die verbündeten Regierungen dazu übergehen werden, dieses Verbot aufzuheben. Ich bitte den Reichstag dringend, uns in dem Bestreben, unseren Viehstapel vor der Ein⸗ wanderung von Seuchen aus dem Auslande zu schützen, zu unter⸗ stützen.

Abg. Grub: Bei einer genauen Prüfung ich dem Antrage Barth und Genossen widersprechen.

sächlich geht mit

bindung damit steht die Zunahme über na und Hamburg geht. S.een.

von dort ü

Staaten der Union eingenistet. Man berechnete die Verluste, welche

- 1 1

und allerdings auch und dabei ist der inländische Konsum be⸗-

der Frage muß That⸗ der großen Entwickelung des Molkereiwesens in Dänemark die Schweinemast Hand in Hand und in Ver⸗ des Schweineexports, der Die Schweinecholera oder brach zuerst 1887 in Schweden aus und wurde er Dänemark nach England und Amerika importirt.

Import würde

erreicht Grenze

dieses

doch nicht ganz ausschließen können. Deshalb durch Vermehrung des Veterinarpersonals mehr werden können, wenn jedes Stück Vieh an der ein Gesundheitsattest haben muß; das würde mehr die Einschleypung verhindern, als die Ver⸗ stärkung der Grenzwachen und die sogenannte Grenzsperre.

Kilogramm Der Viehstand an der Ostgrenze ist durch schlechtes Futter im

letzten Jahre wesentlich reduzirt und ein weiteres Herauf⸗ kommen derselben wird durch die hohen Viehpreise verhindert. Die Erleichterung des Imports würde dem Heraufkommen des Viehstandes sehr zu Statten kommen. Statt den Im⸗ port aber zu erleichtern, zwingen Sie ihn auf einen illegalen Weg. Der Magistrat von München hat sich auch gegen das Einfuhrverbot erklärt. Die zweite Qualität Kalbfleisch ist in München von 44 im Anfange Jahres auf 66 ₰, also um 50 Proz. ge⸗ Sollen denn die Fleischpreise immer weiter steigen, bis der Arbeiter überhaupt nicht mehr Fleisch kaufen kann? Die weitere Aufrechterhaltung der Grenzsperre ist geradezu eine Landeskalamität geworden. Die Provinzial⸗ vertretungen von Oberbayern haben an die bayerische Staats⸗ regierung ein Gesuch um Aufhebung des Einfuhrverbotes ge richtet. Durch eine strenge Ueberwachung jedes Thieres und die Erleichterung des Grenzverkehrs wird mehr erreicht, als durch die Grenzsperre. Man glaubt auch die Gründe für das Einfuhrverbot nicht, sondern denkt, daß die maßgebenden Kreise ein Interesse an den höheren Fleischpreisen haben, und das wird ihnen immer vorgehalten werden. Deshalb ersuche ich den Bundesrath um sehr eingehende Erwägungen darüber, ob nach dieser Seite Erleichterungen eintreten können. Er würde sich den Dank der süddeutschen Bevölkerung sicher er werben, wenn er diese Maßregel aufhebt.

Abg. Websky beantragt: 1 1

den Reichskanzler zu ersuchen, die Erlaubniß der Einfuh lebender Schweine nach den Schlachthöfen des Deutschen Reichs in möglichst ausgedehnter Weise zu gewähren.

Abg. Graf von Mirbach: Allerdings können durch den Schmuggel auch Thiere über die Grenze gebracht werden, damit kann man aber auch einen regelmäßigen Handel nicht vergleichen. Dieser bringt uns die Seuche sofort. Das Ein⸗ fuhrverbot schädigt Deutschland nicht, in meiner Heimath wenigstens, wo wir eine totale Mißernte an Getreide hatten es fehlt sogar das Saatkorn —, war es, besonders für den kleinen Landwirth, eine Hülfe, daß in den letzten Monaten das Vieh zu annäherd guten Preisen erwartet werden konnte. So hat die Sperrmaßregel, die allerdings einen anderen Zweck verfolgt, gut gewirkt. Gegenüber von München führe ich Breslau an. Der Magistrat von Breslau hat bei den Stadt⸗ verordneten beantragt, die Mahl⸗ und Schlachtsteuer, die 1 ½ Millionen Mark also auch eine hübsche Belastung der Konsumenten beträgt, beizubehalten. Die Erklärung des Staatssekretärs von Boetticher wird Viele beruhigt haben. Ich habe allerdings niemals daran gezweifelt, daß in Deutschland noch Schweine genug heranwachsen. Ob der Abg. Virchow von einer Fürsorge für die Landwirthschaft oder von dem Gegentheil ausgegangen ist, das habe ich nicht recht verstehen können. Ich nehme zunächst das Gegentheil an. Mit veterinärpolizeilichen Maßregeln ist besonders an der Ostgrenze nichts gethan, da herrschen allerlei Mißstände. Wir wünschen deshalb, daß die Grenzsperre thunlichst aufrecht erhalten werde. Sehr bedauern muß ich die Aeußerung des Abg. Virchow: Wir bedrohen möglicher⸗ weise bei unserem veterinärpolizeilichen Stillstand das Aus⸗ land. Ich fürchte, daß das Ausland sich dieses Wort merken und Erschwerungsmaßregeln gegen uns einführen wird. Die deutsche Landwirthschaft wird dem Abg. Virchow dafür nicht dankbar sein und später mit ihm abrechnen. Der Abg. Virchow wird mit mir der Meinung sein, daß eine der schlimmsten Gefahren für unseren Viehstand die Rotzkrankheit ist; namentlich an der russischen Grenze haben wir mit den 5

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stiegen.

größten Gefahren in dieser Beziehung zu kämpfen; die Krankheit latitirt an unserer russischen Grenze. Unter der Verschleppung der Krankheit durch die Remonte⸗ Kommandos hatten wir schwer zu leiden; es ist denn für einige Zeit der Bahntransport der Pferde angeordnet gewesen, später äaber in Folge von Vorstellungen an Alleerhöchster Stelle wieder eingestellt worden. Die an Allerhöchster Stelle unter⸗ breiteten Gründe müssen aber überschätzt worden sein; denn der Zweck, den man bei der Beförderung der Pferde durch den Marsch verfolgte, wird keineswegs erreicht. Sollte in⸗

Die Pest war 1888 erloschen, in einigen Gegenden haben sich

dessen an dem bisherigen Verhalten festgehalten werden so v11“ 1 8 1“ 8 ö