1889 / 290 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Dec 1889 18:00:01 GMT) scan diff

sogar die Frage wohlberechtigt, ob wohl ohne das Eingreifen von Baumbach und mir der große Kohlenarbeiterstrike so schnell zu Ende geführt worden wäre. Hr. Dr. Hammacher hatte damals die Güte, Dritten gegenüber zu sagen, daß Hr. Baumbach in der Sache ganz ausgezeichnete Dienste geleistet hätte; Hr. Hammacher wird seine da⸗ malige Aeußerung vielleicht auch heute bestätigen, wenn er sich erinnert, daß es erst Hr. Baumbach war, der ihn veranlaßte, sich in die Verhandlungen einzulassen, während er mir auf eine gleiche Anregung hatte sagen lassen, es habe keinen Zweck, mit diesen Leuten zu verhandeln. Als dann die Herren von der Arbeitgeberdeputation nach Berlin zur Audienz gekommen waren, scheinen sie Hrn. Dr. Hammacher, namentlich was die Arbeiterausschüsse betrifft, arg widersprochen zu haben; er⸗ klärten sie doch, das am Tage vorher vereinbarte Protokoll erst aus den Zeitungen kennen gelernt zu haben! Die Herren hatten dann am Abend mit mir eine Zusammenkunft, in welcher einer von ihnen erklärte, er wolle nicht weiter verhandeln; später haben sie dann eine Erklärung losgelassen, daß sie zu solchen Verhandlungen kein Mandat hätten. Sie scheinen nicht berücksichtigt zu haben, daß sie durch diese Erklärung die wohlthätige Arbeit ihres Kollegen Dr. Hammacher verurtheilten und verdammten. Hier liegt eben der Unterschied zwischen den Hrrn. Krabler und Genossen und uns. Ich meine, wenn man einen Er⸗ trinkenden sieht, soll man ihm die Hand reichen und nicht erst auf ein Mandat dazu warten. Diese Herren können sich eben das Verhältniß nicht anders denken, als wie es ihnen in den letzten Jahrzehnten überkommen ist; aber die Entwickelung wird auch über solche kleinliche Auffassungen zur Tagesordnung übergehen. Sie werden die Organisation der Bergabeiter nicht hindern, die Einrichtung von Schiedsgerichten, von Einigungs⸗ ämtern nicht hintertreiben können. Die Arbeiter hatten in dem vereinbarten Protokoll fast alles vom Wohlwollen der Arbeitgeber abhängig gemacht, nur in zwei Punkten Positives erreicht, nämlich bezüglich der Herab⸗ setzung der Schichtdauer und bezüglich der Arbeiteraus⸗ schüsse. In ersterer Beziehung spricht das Berliner Protokoll von einer achtstündigen Schicht des einzelnen Bergmannes, die Essener Erklärung der Arbeitgeber von einer achtstündigen Schicht der ganzen Belegschaft; die dadurch entstandene Ver⸗

längerung der Schichtdauer haben die Bergleute allerdings nachher zugestanden. Hier muß eines Mißstandes Erwähnung

geschehen, welchen die Grubenbesitzer leicht beseitigen könnten. Der Steiger bezieht für die Förderung einer

Geld gern bekommen und er fördert daher zunächst für „Soll“

an Kohlen; die Menschen müssen warten, bis die Kohlen⸗

förderung beendet ist, damit der Beamte seine Prämie ver⸗

dienen kann.

wurden diese durch die Essener Erklärung beseätigt, man wollte

mit den Bergleuten selbst verhandeln. Als möglich wäre, mit einer

ganzen Belegschaft zu verhan⸗

deln! Das wissen die Herren auch ganz wohl, sonst würden sie haben, von Zeche zu Zeche 1 In Schlesien sind Mißbräuche

nicht in die Arbeitsordnungen hineingeschrieben haben, daß immer nur 2 oder 3 Bergleute auf einmal beschwerdeführend zum Direktor kommen dürfen. Es ist schwerer, einen Strike beizulegen als zu verhüten, darum müssen Arbeiterausschüsse da sein, und der Trotz und der falsche Stolz, der mit den Bergarbeitern nicht verhandeln will, muß im Interesse der

allgemeinen Wohlfahrt und des nationalen Vermögens be⸗ Bestrafung des Kontraktbruchs, Abschaffung De rike b getragen worder Die westfälischen Zechen haben zur Zeit des Strikes in West⸗

seitigt werden. Bef es der Koalitionsfreiheit das sind nur Mittel, den Streit zu verschärfen.

der den

daß das Verlangen keineswegs aus

also anerkannt, Verhältnisse

bewilligt, damit Arbeiter die sozialen Fugen reißt. Würde dadurch nicht für geschmälert, dann wohl auch die westfälischen Grubenbesitzer sich bequemen koönnen, dann wird auch Hr. von Stumm vielleicht nicht mehr die Befürworter der Arbeiterausschüsse für unberufene Kurpfuscher halten. Nun soll Hr. Gamp vom Handels⸗

werden

Minister in das Strikerevier geschickt worden sein und einem Bergmann Bauer gegenüber geäußert haben, er würde für die nicht hinter den haltlosen Einwand zurückgezogen, Bergarbeiter und für die Abstellung ihrer Beschwerden, sowie Ob unser Antrag volle Hülfe schaffen würde, weiß ich nicht; er würde jedenfalls die Miß⸗

die Grubenbesitzer vorsichtiger Die preußische Regierung könnte durch Aenderung

für Arbeiterausschüsse eintreten.

stände mildern, namentlich machen.

des Knappschaftsstatuts, insbesondere bezüglich der Wahl und

Zusammensetzung der Vorstände, ihrerseits bessernd einwirken. t abe gabe gewachsen sind.

Die Strikes sollten für die Grubenbesitzer eine Mahnung

sein, das Gefühl der Interessengemeinschaft mit den Arbeitern,

die Achtung ihrer Freiheit und die Unverbrüchlichkeit der ge⸗ gebenen Versprechungen hoch zu halten. Ich erinnere Sic an das Wort des Hrn. Dollfus: Der Arbeitgeber ist dem Arbeiter mehr schuldig als den Lohn!

Abg. Leuschner: Die Angriffe des Vorredners gegen die westfälischen Bergwerksbesitzer sind kolossal übertrieben.

Es mögen ja hier und da unrichtige Sachen geschehen sein, deswegen darf man aber nicht gleich einen ganzen Stand in

Verruf erklären. Der Antrag bezweckt die Aufhebung der Ar⸗

beitsbücher bei den Bergarbeitern; mit der Einführung der Gewerbeordnung auch für die Bergarbeiter würde aber den Ar⸗

beitern bis zu 21 Jahren die Verpflichtung auferlegt werden, wirk⸗ lich ein Arbeitsbuch zu führen, was bis jetzt nicht der Fall ist. Im Uebrigen steht im preußischen Berggesetz kein Wort von Arbeitsbüchern, sondern nur von einem Zeugniß über die

Zeit, Art und Dauer der Beschäftigung auf der Grube ist die Thatsächlich kennt man auch auf den verschiedenen Re⸗ Nur Gründe davon ab. Abg. Frohme: Es ist Thatsache, daß die Ausschließungen

Rede. vieren keine Arbeitsbücher, sondern nur Abkehrscheine. auf Verlangen des Bergmanns ist es gestattet, auch ein Zeug⸗ niß über dessen Führung auszustellen; wer es nicht haben will, bekommt es nicht. Abkehrzettel sind aber ganz unerläßlich. An die Zeit der Arbeit knüpft sich die Berechtigung gewisser statutarischer Benefizien. Außerdem muß der Bergwerkseigen⸗ thümer im Interesse der Sicherheit des Betriebes und der Arbeiter wissen, ob der Mann, den er annimmt, Bergmann ist und ob er mit den Gefahren des Betriebes vertraut ist oder nicht. Es ist eine Fabel, daß die Bergwerkseigenthümer die Arbeitsbücher benutzen, um unerlaubte Zeugnisse über Führung der Arbeiter einzuschmuggeln; es wäre dies bei einer Zahl von Hunderten oder Tausenden von Arbeitern auch gänzlich undurchführbar. Auch für die Häuerprobe, eine Art von Examen für die Berg⸗ leute, ist der Abkehrzettel unerläplich; er gehört überhaupt zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Bergwerksbetrieb. Der

Antrag gehört überdies vor den preußischen Landtag. Sein

Hauptzweck scheint die Erörterung des westfälischen Strikes und Wahlagitation zu sein. Wenn Sie die Bergleute zur

bestimmten

Menge Kohlen eine Prämie; natürlich will der Mann das so ka den; B Weiteres ab schaffen, man muß vielmehr durch strenge spezielle Straf⸗

Was nun die Arbeiterausschüsse betrifft, so Und Mißbrauch. ob es

schaffen.

ve f Zeitungsberichten zufolge hat der Fürst Pleß auf seinen Gruben die Einrichtung gewaͤhlter Arbeiter⸗Ausschüsse

Hält der Fürst Pleß sein Ansehen und seine und ab westfälischen dazu

selbst gekündigt Gründen gekündigt hat. allgemei t- schieden zu hart, wenn man, wie in Essen, nur 20 Leute damit

Unzufriedenheit aufwiegeln, so wird das nicht den Deutschfrei⸗ sinnigen sondern den Sozialdemokraten zu Gute kommen. Der Wunsch der Bergarbeiter ist, in Ruhe und Frieden zu leben und einen ausreichenden Verdienst zu genießen, und es wäre thöricht von den Bergwerkseigenthümern, aus falschen finanziellen Rücksichten einen ungehörigen Geiz zu zeigen. Aber die fort⸗ währenden Hetzereien, besonders im rheinisch⸗westfälischen Bezirk, sind nicht geeignet, die Ruhe und Zufriedenheit unter den Bergleuten zu fördern. Sorgen Sie lieber mit uns dafür, daß die Autorität des Arbeitgebers nicht fortwährend weiter zurückgebracht wird; dann werden in Verbindung mit der unerläßlich nothwendigen Disziplin, mit humaner Be⸗ handlung und ausreichendem Verdienst, besonders auch ange⸗ messener Unterstützung in Noth und Unglück, die Arbeiter wieder zur Ruhe kommen, und ihre Zufriedenheit wird wachsen.

Abg. Franz: Der Antrag richtet sich gegen die Arbeits⸗ bücher der Bergleute, solche sind aber thatsächlich nach dem Gesetz nicht vorhanden, und auch die Knappschaftsbücher können dafür nicht angesehen werden. Gegen den Willen des Berg⸗ manns kann ja eine Bemerkung über seine Führung in dem Entlassungsschein nicht gemacht werden. Bei Berathung der Gewerbeordnung habe ich mich gegen die Einführung von Arbeitsbüchern für Arbeiter über 21 Jahre ausgesprochen, aber zwischen Abkehrschein und Arbeitsbuch ist ein Unterschied. Das Arbeitsbuch verzeichnet eine fortgesetzte Reihe von Ar⸗ beitsannahmen und Entlassungen und kann so selbst einen ordentlichen Arbeiter, der aus irgend welchen äußeren Gründen öfter die Arbeit hat wechseln müssen, in den Verdacht eines unzu⸗ verlässigen Arbeiters bringen. Daher bin ich noch heute gegen die obligatorischen Arbeitsbücher. Dieselbe Befürchtung liegt beim Abkehrschein nicht vor, da er ein für sich bestehendes Ganze bildet und sich bei jedem Arbeitswechsel erneut. Der Abkehrschein ist sogar für den Arbeiter von Vortheil, er be⸗ scheinigt ihm seine Fähigkeit, während ohne denselben die Grubenverwaltung darüber erst Recherchen bei der vorigen Arbeitsstelle einziehen müßte, die mehrere Tage in Anspruch nehmen würden, während welcher der Arbeiter ohne Arbeit wäre. Ueber den Abkehrschein ist auch bei dem großen Strike keine Klage geführt worden, und die Ansichten der Bergleute darüber gehen weit auseinander; manche glauben, den Abkehr⸗ schein nicht entbehren zu können, andere hegen dieselben Be⸗ fürchtungen, die der Abg. Schmidt aussprach. Juristisch ist fraglich, ob durch die Annahme des Antrages einfach die ent⸗ gegenstehenden landesgesetzlichen Bestimmungen beseitigt werden können. Wenn auch manche Beschwerden begründet sein mögen, so kann man doch den Abkehrschein nicht ohne Weiteres ab⸗

bestimmungen den Zechenverwaltungen die Lust zu dem Unfug der mißbräuchlichen Anwendung des Abkehrscheins benehmen. Und ein Unfug und eine ganz erbärmliche Feigheit ist dieser Will eine Zeche einen Arbeiter ausschließen, so soll sie den Muth haben, es offen zu sagen, aber nicht heimtückisch durch geheime Zeichen den Arbeiter brotlos machen, während er in dem Glauben, ein gutes Zeugniß zu eche umherirrt, ohne Arbeit zu finden. dieser Art übrigens nicht vorgekommen; sind aber Mißstände irgendwo vorhanden, so müssen wir andere Mittel und Wege finden, um den Berg⸗ leuten eine geordnete Legitimation über ihre Arbeit zu ver⸗ Mißstände giebt es in allen, auch Reichs⸗ und Staatsverwaltungen und selbst bei den einzelnen Menschen. Der Strike in Schlesien ist von außen hineingetragen worden.

falen unter allerlei Versprechungen schlesische Bergleute dort⸗ hin gezogen, und diese haben bei ihrer Rückkehr den Zündstoff des Strikes nach Schlesien getragen.

und abgestellt. Anstatt das Gleiche zu thun, haben die Grubenbesitzer der ultramontanen Presse, die gar nichts damit zu thun hatte, die Schuld an dem Strike aufgebürdet. Dieser Versuch ist völlig komisch, lächerlich und verfehlt. Es ist in Brochüren darüber Manches geschrieben worden, was man in ruhigen Zeiten nicht geschrieben hätte. In Niederschlesien hat man sich daß mit kontraktbrüchigen Leuten nicht unterhandeln könne. Mit solchen Einwänden wird man überhaupt soziale Probleme nicht lösen. Die Ruhe ist deshalb in Niederschlesien an⸗ nähernd hergestellt; sie würde es vollständig sein, wenn in Westfalen nicht fortgesetzt unruhige und unsichere Zustände blieben. Die letzte Sonntagsversammlung der Bergarbeiter in Essen hat aber gezeigt, daß die Leute vollständig ihrer Auf⸗ Ihren ruhigen und besonnenen Forde⸗

rungen sollten die Verwaltungen sich nicht widersetzen, wenn

Ahber die schlesischen Zechen haben die vorhandenen Uebelstände sofort anerkannt

man

anderen deutschen Kohlenrevieren.

nicht auch in den anderen Kohlenrevieren eine Störung des

sollen Leute dauernd ausgeschlossen werden, die en haben, oder denen man aus verschiedenen Diese allgemeine Anordnung ist ent⸗

hat treffen wollen. Ich halte eine solche Aussperrung von der Arbeit für unmoralisch, und würde mich nie einem solchen Kartell unterworfen haben. Andere Maßregeln, wie die Ab⸗ schaffung der bisher in Kohlenrevieren geübten Wahltyrannei würden weit leichter zum Frieden führen. Zu meiner großen Freude kann ich versichern, daß im Niederschlesischen Berg⸗ reviere die Arbeiterausschüsse schon zahlreich bestehen, und daß sie Katastrophen, wie die im Sommer, zu verhindern geeignet sind. bürgen stets eingedenk bleiben und daß auch diese Diskussion zur Schaffung des Friedens beiträgt. So sehr man materiell dem Antrage zustimmen könnte, halten uns doch formelle

in der unerhörtesten Weise mißbraucht worden sind, um die Arbeiter für alle Zeit zu kennzeichnen, ihnen die Wieder⸗ erlangung der Arbeit unmöglich zu machen und sie ganz der Willkür der Arbeitgeber zu unterwerfen. liegen mir vor, die ich auf den Tisch des Hauses niederlegen könnte, in denen als Grund für die Entlassung „willkürliches Striken“ angegeben wird. In der Rubrik der Abkehrscheine⸗ Bemerkungen über Beschäftigungsart, Urlaubsgesuche u. s. w. wird oft in unberechtigter Weise angegeben, daß der Arbeiter sich in einen Strike eingelassen habe. Diese Bemerkungen decken sich aber keineswegs mit den Absichten des Preußischen Berggesetzes und doch haben diese Mißstände Jahre lang be⸗ standen. Ich könnte Ihnen die Namen einer geheimen Gesell⸗ schaft nennen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, durch die steilere oder schrägere Stellung der Buchstaben, durch Weglassung des Wortes „ordnungsmäßig“ auf den Ablehrscheinen die Arbeiter

Ich will hoffen, daß sie ihrer Bedeutung als Friedens⸗

Abkehrscheine

Friedens befürchtet werden soll. Durch die Sperrmaßregel entweder

b

V

8 7öäööö Da kann man doch nicht von der Arbeiter zur Un⸗

als verdächtig zu kennzeichnen. Uebertreibungen und von Aufreizun zufriedenheit sprechen! Ich selbst kann mich nur wundern, daß der Strike nicht schon früher ausgebrochen ist. Auf Rechnung der ultramontanen Presse oder der Sozialdemokraten wird man ihn aber am Wenigsten setzen dürfen. Das auf die Ueberschichten sich stützende maßlose Ausbeutungssystem trägt in erster Linie die Schuld und auch hier kann ich Ihnen Originalausweise vorlegen. Man hat geradezu die Arbeiter verhindert, auszufahren, um sie zu Ueberschichten zu zwingen die die Gesundheit der Arbeiter im höchsten Maß gefährden. Es scheint fast eine Eigenthümlichkeit der Berg⸗ leute bleiben zu sollen, sich in Armuth und Elend abzuarbeiten und eines frühen Todes zu sterben. Der Lohn betrug pro Schicht von 2,81 bis 1,89 ℳ, in Anbetracht des schweren, gefahrvollen Berufs gewiß zu wenig. Auch der Mißbrauch de Wagennullens kommt hier in Betracht. Bei dem Bemühen möglichst billige Arbeitskräfte zu bekommen, fragen die Be sitzer auch gar nicht nach der Fähigkeit und Geschicklichkeit diesem Beruf und setzen damit das Leben der anderen gr beiter aufs Spiel. Strenge Strafen wären nöthig, um di immer wiederkehrende mißbräuchliche Anwendung der Attestirungen zu verhindern. Die Revolten und

zesse in Schlesien dürften auf die Behandlung dortigen Arbeiter Seitens ihrer Vorgesetzten zurückzuführe sein. Die Gerichte haben ja die bedauernswerthen Uebel thäter mit sehr schweren Strafen belegt. Der Strike in West falen hätte bei Weitem nicht den Umfang angenommen, wenn die Unternehmer die Gleichberechtigung der Arbeiter anerkannt hätten. Die Unternehmer behandeln aber ihre Arbeiter als Knechte. Ich weiß ja wohl, daß die Herren Bergwerksbesitze und ihre Vertheidiger sich ganz besonders darauf steifen, daß sie im Interesse der Ordnung auf die Innehaltung des Vertrage halten, den Kontraktbruch vermeiden müßten. Ich behaupte, daß die Unternehmer selbst in außerordentlich vielen Fällen den Kontrakt brechen. Die Beamten der Unternehmer haben sehr leicht, den Kontraktbruch mit dem Schein der Recht mäßigkeit zu umgeben. Denn es besteht ja kein eigentliche schriftlicher Arbeitsvertrag, der die Rechte und Pflichten beide Theile festsetzt. Wollen die Arbeiter der Zumuthung, so und so viele Ueberschichten zu arbeiten, nicht nachkommen, so en läßt man sie und schreibt dem Einzelnen in das Arbeitsbuch daß er „nicht pflichttreu gearbeitet“ hat. Die Arbeiter habe den Unternehmern die Hand geboten, sie ist schnöde zurück gewiesen worden. Hr. Hammacher hat seinerzeit, al die betreffenden Abmachungen getroffen wurden, erklärt daß er sich im Namen seiner Mandanten au Ehrenwort verpflichte, daß kein Arbeiter entlasse werden solle, weil er sich an Strikes betheiligt. Ich habe hier 15 Beschwerden, die alle das Gegentheil konstatiren Danach müssen die Mandanten auf sein Ehrenwort nicht viel gegeben haben oder die Grubenbesitzer erachteten es nicht in ihrem Interesse, dieses Ehrenwort einzulösen, denn überall ij wenigstens der Zug vorhanden, die Leute, die sich im Strike hervorgethan, die sog. Führer der Arbeiter, wegzudrücken durch Chikanen bei der Arbeit selbst, wie Strafverhängungen u. s. w. Kurzum, die Herren haben Mittel genug, sich an den Arbeitern zu rächen. Mögen sie es nur so weiter treiben, sie werden dabei zu Grunde gehen, aber dem sozialen Frieden und der Gesellschaft nicht nützen.

Abg. Kleine: Auch ich glaube, daß der vorliegende An trag nur der Wahlagitation dienen soll. Hr. Schmidt ha dies ja auch ausdrücklich anerkannt. Angriffe gegen di Grubenbesitzer, wie die des Vorredners, können doch gewiß nur zu unseren Gunsten sprechen. Derartige Uebertreibungen wird jeder unserer Arbeiter als absolut unwahr bezeichnen. Wie unbegründet diese Behauptungen sind, geht schon daraus hervor, daß wir in Westfalen keine Frauen⸗ und Kinderarbei haben und seit Menschenalter in den Knappschaftskassen mehr für die Arbeiter gethan ist, als im Krankenkaässen⸗ und Invalidengesetz. Nirgends in Europa ist eine kürzer Arbeitszeit für den Bergarbeiter, als in Westfalen. Bei uns arbeitet ein unterirdischer Arbeiter regel⸗ mäßig 8 Stunden, ausschließlich der Ein⸗ und Ausfahrt, welche eine halbe Stunde dauert. Selbst mit den Ueberschichten arbeitet der Bergmann bei uns kürzere Zeit als in den Nach der Statistik de Knappschafts⸗Berufsgenossenschaften betrug der Arbeitsloh 1888 im Kreise Dortmund 910 ℳ, in Bonn 759, in Klaus thal 685, in Halle 783, in Niederschlesien 680, in Oberschlesie 549, in Dresden 822, in München 801 Der Gesammtdurch schnitt betrug 788 Dortmund übertrifft diesen Durchschnitt um 137 Diese Löhne sind um 8,3 Proz. höher als im Jahre 1887. Die preußische Statistik weicht hiervon etwas ab weil die Beiträge zu den Knappschaftskassen nicht mitgerechne worden sind. Man spricht immer von der kapitalistischen Ausbeu tung der Bergarbeiter. Diese Behauptung hat bei uns einen große Unwillen erregt. Im Jahre 1887 sind die finanziellen Erträge

sämmtlicher Zechen nördlich der Ruhr festgestellt und ver⸗

öffentlicht worden. Das Kapital sämmtlicher 23 Aktiengesell⸗ schaften betrug 153 335 300 Die Dividende betrug von 1876 1885 40 Millionen, durchschnittlich 2,67 Proz. Nur fünf Aktiengesellschaften vertheilten jedes Jahr Dividenden

Diese Aktiengesellschaften sind noch in einer verhältnißmäßig besseren Lage, als die übrigen Zechen, weil eine ganze Reihe von Aktiengesellschaften sich in Gewerkschaften umgewandelt haben, um die erlittenen Verluste durch Zubußen zu decken

Die übrigen Gruben hatten in den beiden Jahren 1885 und 1886 bei einem Anlagekapital von 475 Millionen Mark einen Gewinn von 2 600 000 ℳ, also 0,3 Proz.; dabei sind auch hier die erforderlichen Abschreibungen nicht vorgenommen. Im Durchschnitt der beiden Jahre hat der niederrheinisch⸗ westfälische Bergbau mit einem Anlagekapital von 625 Mil⸗ lionen Mark im Ganzen einen Ueberschuß von 4 800 000

d. h. 0,77 Proz., gebaut. Im Jahre 1887 betrug für die drei

Reviere östlich, nördlich und westlich von Dortmund die

Zubuße 1 376 000 ℳ, im Jahre 1888 1695 000 ℳ, das sind Die

Lasten betrugen 1886 im Ganzen 10 ½ Millionen, also mehr

die glänzenden Resultate des westfälischen Bergbaues.

als das Doppelte des Ueberschusses (4 800 000 ℳ); die Löhn betrugen 73 900 000 ℳ, also der Ueberschuß 6,5 Proz. de Löhne. Trostlose Zustände mußten durch diese fortwährend traurige Darniederlage des Bergbaues entstehen, die ihre Gipfelpunkt im Jahre 1887 erreichte; da gab es viele Kuxe, die kein Käufer auch nur gegen Zahlung der Zubuß übernehmen wollte; die Zechen waren genöthigt, selbst sie z übernehmen. Die Gefahr des Konkurses schien damals un vermeidlich. Im Frühjahr 1888 trat eine Besserung ein; es erfolgte eine Preissteigerung von 6 Prozent, und dazu kam die Ueberzeugung, daß die Nachfrage und die Preissteigerun

(aus zulässigen Gründen noch nicht oder nicht mehr die Schule, 13 519 be⸗

eine dauernde sein würde. Im Frühjahr 1889 schlossen wir zu erheblich höheren Preisen (9 ℳ) mit den Staatsbahnen ab, und es ergab sich ein Durchschnittspreis von 6 bis 6,50 Danach würde sich das im Bergbau angelegte Kapital etwa zu 3 Prozent verzinsen. Diese Preise sollten aber im Juli eintreten, während der Strike schon im Mai ausbrach. Wer die Art und Weise kennt, wie in Westfalen für den Arbeiterschuut und die Wohlfahrt der Arbeiter, der Wittwen und Waisen gesorgt wird, kann in diesen Dingen keinen Anlaß zum Strike finden. Sind nun andere schwere Mißstände vorhanden, die den Strike rechtfertigen? Alles, was der Abg. Schmidt vorgebracht hat, gehört eigentlich vor die Enquéte. Die Unparteilichkeit der Untersuchungskommission ätte er nicht angreifen sollen. Die Mitglieder stehen dem ergbau dem Interesse nach vollständig fern. Die Herren zweifeln die Unparteilichkeit der Kommission nur an, weil sie anz genau wissen, daß die vorgetragenen Uebelstände that⸗ sächlich bei uns nicht bestehen, die Untersuchungskommission sie also nicht bestätigen kann. Das ist die Ueberzeugung ganz allgemein. Im Namen sämmtlicher Bergwerks⸗ und Gruben⸗ besitzer Westfalens habe ich den Wunsch, daß die Resultate dieser Untersuchung möglichst bald und möglichst vollständig veröffentlicht werden. Wir haben die Ueberzeugung, daß wir an Wohlwollen gegen unsere Arbeiter hinter Niemandem zurückstehen und daß die Resultate der Untersuchung uns auch Recht geben werden. Jeder Arbeiter, der überhaupt eine Be⸗ schwerde hat, wurde aufgefordert, zur Untersuchungskommission zu gehen und sie dort vorzutragen, viele Wochen, bevor die Untersuchung geschlossen wurde. An der Geschichte von der Verabredung der Grubenbesitzer, Arbeiter, die auf einer anderen Zeche gekündigt hatten, nicht anzunehmen, ist nur das Folgende wahr. Unter den Bergleuten war es zur Gewohnheit ge⸗ worden, überhaupt nicht mehr zu kündigen, sondern am ersten des Monats einfach den Abkehrschein zu verlangen. Um dem entgegenzutreten, verabredeten die Grubenbeamten, auf dem Abkehrschein zu bemerken, ob der Bergmann die Arbeit „nach ordnungsmäßiger Kündigung“ verlassen habe. Die Verabredung ist aber nicht zur Ausführung gelangt. (Rufe links: Jawohl! Zwischenruf des Abg. Frohme. Präsident von Levetzow bittet, den Redner nicht zu unterbrechen, er könne Zwie⸗ gespräche nicht zulassen. Abermalige Unterbrechung des Abg. Frohme. Präsident von Levetzow: Wenn ich Sie bitte, zu schweigen, haben Sie zu schweigen!) Ich bin 25 Jahre lang Betriebsführer einer Zeche gewesen, und mir ist nie ein Abkehrschein mit einem geheimen Zeichen vorgekommen. Ge⸗ nügt Ihnen das nicht? Wie in Schlesien, so ist auch in Westfalen der Strike von außen hineingetragen worden durch die fortwährend die Arbeiter aufhetzende ultramontane Presse, namentlich die „Westfälische Volkszeitung“ des Hrn. Fußangel. (Redner verliest eine große Reihe von die Arbeiter gegen die Nationalliberalen aufhetzenden Stellen.) Es ist nicht wunderbar, wenn aus einer solchen Saat ein wilder Haß aufschießt. Auch die Sozialdemokraten haben den Strike mit hervorgerufen. Am 2. Juli sollte eine auch aus Schlesien zu beschickende all⸗ gemeine Bergarbeiterversammlung in Dortmund stattfinden, in der Forderungen formulirt werden sollten, die die Gruben⸗ besitzer nicht hätten annehmen können, und so sollte der Lohn⸗ strike ausbrechen. Einer der sozialdemokratischen Führer stand auch mit England zu diesem Zweck in Verbindung. Der Strike sollte mit den Steinkohlenarbeitern beginnen, denn fehlt es an Kohlen, so liegt die ganze Industrie still, und alle Arbeiter werden brotlos. Wer die soziale Revolution herbeiführen will, muß zunächst den Strike der Kohlenarbeiter veranlassen. Daß Uebelstände in Westfalen vorhanden sind, versteht sich von selbst. Unsere Grubenbeamten werden von keiner Beamten⸗ kategorie an Tüchtigkeit, Thätigkeit und Energie übertroffen, aber daß unter den Tausenden von Beamten auch manche mit den Arbeitern nicht umzugehen wissen, ist selbstverständlich. Die Arbeiter dachten gar nicht an Forderungen und Be⸗ schwerden, bis sie durch in der Nacht angebrachte Mauer⸗ anschläge von sozialdemokratischer Seite aufgehetzt, eingeschüchtert und bedroht wurden. Den Knappschaftskassen, die seit längerer Zeit im Mittelpunkt der Beschwerden stehen, wurde auch der Vorwurf gemacht, daß sie ungerecht bei der Invalidisirung der Arbeiter verführen. In einem Fall ist aktenmäßig bereits das Gegentheil bewiesen. Der Abg. Stöoͤtzel hat versprochen, mir 200 andere Fälle zu nennen. Ich konstatire, daß Hr. Stötzel mir bis jetzt noch keinen einzigen Namen genannt hat; ich fordere ihn auf, entweder diese 200 Namen zu nennen oder anzuerkennen, daß er den Knappschaftskassen schmähliches Unrecht gethan hat. Man hätte auch hier das Resultat der Untersuchungskommission abwarten sollen. Es ist richig, daß in Westfalen noch immer eine große Aufregung existirt; sie wird künstlich weiter genährt, aber wir thun Alles, um sie nicht weiter wachsen zu lassen. Man hat sogar die Strafen für Uebertretungen polizeilicher und anderer Vorschriften durch die Arbeiter erheb⸗ lich gemindert, nur, um die Arbeiter nicht zu reizen. Die Zechenvertretungen, die dies angeordnet, verfahren auch sonst so milde wie möglich, um Konflikte zu vermeiden. Ich bedauere, daß auch die heutige Diskussion geeignet ist, neuen Unfrieden zu erregen. Ein Vertagungsantrag wird angenommen. Abg. Freiherr von Stumm (persönlich): Die vom Fürsten Pleß für seine Gruben eingesetzten Vertrauensmänner haben mit den westfälischen Arbeiterausschüssen nicht das Min⸗ deste zu thun.

Zahl der Schulbezirke auf dem Lande

schließlich der ungeprüften Lehrerinnen, 28 597

klassige mit zwei Lehrkräften und 415 116 Schülern, 2682 dreiklassige mit zwei Lehrkräften und 486 772 Schülern, 1199 dreiklassige mit drei Lehrkräften und 277 015 Schülern und 3951 vier⸗ und mehr⸗ klassige mit 1 941 268 Schülern und 26 742 vollbeschäftigten Lehr⸗ kräften. An Lehrerstellen und Lehrkräften waren vorhanden: 64 750 vollbeschäftigte Lehrkräfte, 1183 Hülfslehrkräfte, 202 Adjuvanten, Ge⸗ hülfen u. dergl., 5496 geprüfte und 28 774 ungeprüfte Handarbeits⸗ und Industrielehrerinnen.

Was die konfessionellen Verhältnisse der öffentlichen Volks⸗ schulen anbetrifft, so gab es 23 122 evangelische Schulen mit 48 689 Unterrichtsklassen, 41 539 vollbeschäfligten Lehrkräften und 701 Hülfs⸗ lehrkräften. Die Zahl der katholischen Schulen betrug 10 061 mit 22 672 Unterrichtsklassen, 19 632 vollbeschäftigten und 417 Hülfslehr⸗ kräften. An sonstigen christlichen Schulen waren vorhanden 12 mit 33 Unterrichtsklassen, 31 vollbeschäftigten und 9 Hülfslehrkräften. Die jüdischen Schulen beliefen sich auf 318 mit 421 Unterrichtsklassen 407 vollbeschäftigte und 24 Hülfslehrkräfte, die Schulen mit Lehrern verschiedener Bekenntnisse auf 503 mit 3282 Unterichtsklassen, 3141 vollbeschäftigten und 32 Hülfslehrkräften. Besucht wurden die evan⸗ gelischen Schulen von 2 993 852, die katholischen von 1 613 497, die sonstigen christlicen Schulen von 870, die jüdischen von 13 270 endlich die Schulen mit Lehrern verschiedener Bekenntnisse von 216 758 Schülern.

Unter den Lehrkräften befanden sich 40 900 evangelische, 16 549 katholische, 21 sonst christliche und 432 jüdische Lehrer; 2551 evange⸗ lische, 4233 katholische, 11 sonst christliche und 53 jüdische Lehrerinnen; 551 evangelische, 550 katholische, 6 sonst christliche und 27 jüdische Hülfslehrer und 37 evangelische, 10 katholische und 2 jüdische Hülfs⸗ lehrerinnen. Unter den Schulkindern befanden sich 3 062 856 evange⸗ lische, 1 730 402 katholische, 9569 sonst christliche und 35 420 jüdische. Normale Frequenzverhältnisse (d. h. bis 80 Schüler pro Unter⸗ richtsklasse in einklassigen, 70 Schuüler pro Unterrichtsklasse in zwei⸗ und mehrklassigen Schulen) bestanden in 49 562 Klassen mit 2,604 874 Schülern; anomale, und zwar bis 100 Schüler in ein⸗ klassigen, bis 90 Schüler pro Klasse in zwei⸗ und mehrklassigen Schulen, fanden sich in 19 210 Klassen mit 1 546 366 Schülern; bis 150 Schüler in einklassigen und 120 Schüler pro Klasse in zwei⸗ und mehrklassigen Schulen in 5735 Klassen mit 600 504 Schülern; über 150 Schüler in einklassigen und über 120 Schüler pro Klasse in zwei⸗ und mehrklassigen Schulen fanden sich in 590 Klassen mit 86 503 Schülern; überhaupt befanden sich anomale Zustände in 25 535 Klassen mit 2 233 373 Schülern.

„„Die zur Bestreitung der persönlichen Kosten der öffentlichen Volksschulen nöthigen AÄufwendungen beliefen sich insgesammt auf 75 245 144 Davon entfielen auf das Gesammt⸗Stelleneinkommen der Lehrer 59 404 613 ℳ, derLehrerinnen 6 182 102 Von dieser Summe wurden aufgebracht: durch Schulgeld 10 926 085 ℳ, durch Einnahmen aus Schul⸗ und Stiftungsvermögen 7 121 852 ℳ, durch Lei⸗ stungen der Schulsozietäten 8 508 545 ℳ, durch Gemeinde⸗ gutsherrliche und Patronatsleistungen 31 006 874 und aus Staatsmitteln 8 024 359 Auf persönliche und Dienst⸗ alterszulagen aus Staatsmitteln für 22 657 Lehrer und 930 Lehre⸗ rinnen kamen 3 487 587 ℳ; für Hülfslehrkräfte, einschließlich der Hand⸗ arbeitslehrerinnen werden verwendet 3 338 537 ℳ, für 202 Adjuvanten⸗ stellen 84 092 ℳ, an Pensionen für Lehrer 2 721 649 ℳ, für Lehrerinnen 147 505 Die sächlichen Unterhaltungskosten beliefen sich im Durchschnitt der Jahre 1883, 1884 und 1885 auf 41 370 504

Es erübrigt nun noch einen Blick auf das Verhältniß der Städte zum Lande zu werfen. Von den die Volksschulen überhaupt besuchen⸗ den 4 838 247 Kindern waren über 3¾, 3 334 341 auf dem Lande, die 2 (28 114) war nahezu 14mal, die der Schulen (30298) ca. 9mal so groß als in den Städten. Während auf dem Lande über die Hälfte sämmtlicher Schulen ein⸗ klassige waren, welche von nahezu ½ sämmtlicher Schulkinder besucht worden, betrug die Zahl derselben in den Städten nur 16 der ge⸗ sammten Schulen, die Zahl der Schüler darin etwas weniger als der Gesammtzahl. Die Schulen mit gemischten Klassen waren auf dem Lande fast ausschließlich vertreten. Von der oben angeführten Schülerzahl erhielten 3 024 716 Kinder ihren Unterricht in derartigen Klassen. Während die Zahl der Lehrer, einschließlich der Hülfslehrer und Adjuvanten sich in den Städten auf 22 715 beläuft, beträgt dieselbe auf dem Lande nur 43 420; auf dem Lande kommt somit auf 76,79 Kinder im Durch⸗ schnitt ein Lehrer, in den Städten ein solcher bereits auf 66,2 Kinder. Viel größer als in den Städten war dagegen die Zahl der Hand⸗ arbeits⸗ und Industrielehrerinnen auf dem Lande, mwo dieselbe, ein⸗ schli ir gegen 5673 in den Städten betrug. Auch in Betreff des von den Kindern zurückzu⸗ legenden Schulweges stellt sich das Land den Städten gegenüber un⸗ günstiger, da in letzteren nur 12 154, auf ersterem dagegen 119 798 einen solchen von mehr als 3 km zu machen hatten.

Roheisenpreise.

Bewegung der Roheisenpreise. Die nachstehende Tabelle, den monatlichen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Statistischen Amts über die Durchschnittspreise wichtiger Waaren im Großhandel entnommen ist, zeigt die Bewegung der Preise von deut schem Roh⸗ eisen in Breslau und Düsseldorf und von englischem Roöheisen in Berlin und Hamburg für die Monate Januar bis Oktober des

laufenden Jahres. Roheisen 1000 kg in Mark.

welche

a. deutsches b. englisches

Düsseldorf

B 2 22

22

8

Breslau Hamburg

1

Monate 1889.

bestes, deutsches

Nr.

ßerei⸗ 2

Puddel⸗

bro) Nr. 3 Middlesbro

Gie

bestes, schottisches englisches (Middles⸗

Gießeerei⸗

Puddel⸗

58,00 56,25 58,90 60,88

73,62 71,50 76,00 77,50

Januar Februar. März . April

52,00 58,00 52,00 58,00 52,00 58,00 52,00 58,00

53,00 ( 54,50 6 57,00 63,00 57,50 63,00

68,00 70,20 75,00 74,50

55,50 57,20 61,00 61,00

Schluß nach 5 Uhr.

——

Statistik und Volkswirthschaft.

Die öffentlichen Volksschulen in Preußen Erhebung vom 20. Mai 1886. 8. Die auf Veranlassung des Ministers der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ beiten gemachten statistischen Erhebungen über das öffentliche Volks⸗ sulwesen im Jahre 1886, deren Ergebnisse durch das Königliche Statistische Bureau zusammengestellt wurden, sind jetzt in Heft 10 der Preußischen Statistik veröffentlicht worden. Danach belief sich am 20 Mai 1886 die Zahl der schulpflichtigen Kinder im Alter von 5—14 Jahren in Preußen überhaupt auf 5 905 158. Von diesen besuchten 299 280 Privatunterricht und andere Lehranstalten, 8826 konnten wegen Ueberfüllung nicht aufgenommen werden, 170 439 besuchten

nach der

suchten die Schule wegen geistiger oder körperlicher Mängel nicht und 3145 fehlten ohne triftigen Grund, sodaß die Gesammtzahl der die Volks⸗ sculen benutzenden Kinder 4 838 247 betrug, unter denen sich 2 422 044 nnaben und 2 416 203 Mädchen befanden. Die Gesammtzahl der für den nterricht zu Gebote stehenden Schulen war 34 016 in 30 165 Schul⸗ ezirken, nämlich 17 743 einklassige mit 1 146 602 Schülern, 5409 weiklassige mit einer Lehrkraft und 571 474 Schülern, 3032 zwei⸗

Juni

Mai 56,00 58,00 56,00 61,00 56,00 61,00 56,00 61,00 59,50 64,00 62,00 72,00

57,50 63,00 61,25 63,00 62,00 66,00 66,00 69,50 69,50 73,00 74,00 78,00

59,88 57,50 64,40 66,25 73,75

73,50 74,00 75,20 78,40 83,10 92,80

76,75 75,75 77,25 80,80 85,50 94,50

59,50 61,00 63,20 65,80 67,90 74,00

Juli August September Oktober.

Auswanderung.

Die überseeische Auswanderung aus dem Deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam betrug im Monat Oktober 1889 9409 und in der Zeit vom Anfang Januar bis Ende Oktober 1889 81 773 Personen; von letzteren kamen aus der Provinz Posen 9486, Westpreußen 8608, Bayern rechts des Rheins 7803, Pommern 6817, Hannover 6263, Württemberg 5277, Schleswig⸗ 4356, Brandenburg mit Berlin 3787, Rheinland 3496,

aden 3293, Hessen⸗Nassau 2774, Königreich Sachsen 2120, Rhein⸗ pfalz 2014, Großherzogthum Hessen 1814, Westfalen 1799, Schlesien 1753, Ostpreußen 1609, Hamburg 1559 u. s. w. Im gleichen Zeitraum der Vorjahre wanderten aus: Monat Oktober Monate Ie Oüober

Auswanderungs⸗Agenten. .“ Dem „Wiener Tagblatt“ zufolge hat das österreichische Ministerium des Innern einen scharfen Erlaß gegen das Treiben der Auswanderungs⸗Agenten gerichtet, worin betont wird, daß die Geschäftsausüäbung der in Oesterreich zugelassenen ausländtschen Personen⸗Transportgesellschaften höchst unerfreuliche Wahrneh⸗ mungen ergeben habe. Der Erlaß rügt ferner die Passi⸗ vität der Gesellschaften gegenüber dem gewissenlosen Treiben der Agenten, wodurch die Gesellschaften mitverantwortlich für die dunklen Seiten des Zutreiberwesens seien, und betont die Nothwendigkeit der schärfsten Ueberwachung sämmtlicher ausländischen Personen⸗Trans⸗ portgesellschaften und der unnachsichtlichen Bestrafung unbefugter Agenten, sowie die Entfernung der dieserbhalb bestraften In⸗ dividuen. Nach weiterer Eröffnung des Ministeriums des Innern habe die Ober⸗Stadthauptmannschaft von Pest die Beweise des verderblichen Treibens der Auswanderungs⸗Agenten, insbesondere in den nördlichen Komitaten von Ungarn erhalten. Dieser höchst verderblichen Thätigkeit, welche bereits die Aufmerksamkeit auch der Militärbehörden erregte, weil dieselbe namentlich den jungen Arbeits⸗ kräften nachstellt, muͤsse im Interesse der Wehrmacht und der öffent⸗ lichen Moral mit allen Mitteln und durch gewissenhaftes, nach⸗ drückliches und unnachsichtiges Vorgehen in der Ueberwachung, eventuell durch Entziehung von Konzessionen entgegengewirkt werden.

Handel und Gewerbe.

In der gestrigen Generalversammlung des Eisenhütten werks Thale waren nur die Mitglieder des Aufsichtsrathes und des Vorstandes anwesend. Die vorliegenden Anträge wurden genehmigt und die Dividende, welche sofort zahlbar ist, auf 12 % für die Prioritätsaktien und auf 6 % für die Stammaktien festgesetzt. Leipzig, 4. Dezember (W. T. B ) Die während der bevor⸗ stehenden Neujahrsmesse in den Räumen der Leipziger Börsen⸗ halle abzuhaltende Garnbörse wird Freitag, den 3. Januar 1890 ihren Anfang nehmen. 8 8 „Wien, 3. Dezember. (W. T. B.) wigsbahn (gesammtes Netz) vom 21. bis

30. November: 23

in derselben Zeit 185 622 Fl., Mindereinnahme 6361 Fl.

9 *8 6 London, 3. Dezember. (W. T. B.) Wollauktion. Preise unverändert. 3 Manchester, 3. Dezember.

fest, (W. T. B.) 12r Water Taylor 7 ½, 30r Water Taylor 9 ¼, 20r Water Leigh 8 ½, 301 Water 32r Mock Brooke 9, 40r Mavoll 9 ½S‚, 40r Medio Wilkinson 10 ½ 32r Warpcops Lees 8 ⅜, 36r Warpcops Rowland 9 ½, 40r Doubsle Weston 10, 60r Double courante Qualität 13 ¼, 32“ 116 vds 16 % 16 grey Printers aus 32r 46r 182. Fest. 1 New⸗York, 3. Dezember. (W. T. Weizen⸗V sciffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfe Vereinigten Staaten nach Großbritannien 15 000, do Frankreich —,—, do. nach anderen Häfen des Kontinents 5000 von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 50 000, do. anderen Häfen des Kontinents Orts. 8 New⸗York, 3. Dezember. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 4 107 790 Dollars, gegen 5 808 898 Dollars in der Vorwoche.

B.)

Submissionen im Auslande.

Ungarn. .31, Dezember. Budapest. Magistrat. Konzessionirung de städtischen Omnibusbetriebs. Kaution 20 000 Fl.

Näheres zur Einsicht beim „Deutschen Reichs⸗An eiger“.

Verkehrs⸗Anstalten.

Hirschberg i. Schles., 3. Eisenbahnstrecke Ditters anhaltenden sperrt.

Hamburg, 3. Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gellert“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heu Morgen auf der Elbe eingetroffen. v“ 8

Dezember. (W. T. B.) Die t. 8 bach—-Glatz ist wegen der durch die Schneefälle veranlaßten Schneeverweh ungen ge

Theater und Musik.

Deutsches 1 Die gestrige Aufführung von Shakespeare’'s „Romeo und Julia“ bot durch das Auftreten des Hrn. Friedrich Taeger vom Großherzoglichen Theater in Oldenburg als Romeo ein beson deres Interesse. Hr. Taeger besitzt eine angenehme Erscheinung und jugendliches Feuer, wie es die Rolle verlangt. Er eröffnete recht gut mit der Schilderung der Schwermuth des verliebten Jünglings; sein Wesen und seine Bewegungen auf der Bühne ungezwungen und gefällig, und sein Vortrag entbehrt des Ausdrucks warmer Empfindung und innigen Gefühls. den tragischen Scenen hätte die Gluth der Leidenschaft kräftiger hervortreten dürfen, im Uebrigen bemübhte sich der Künstler

Theater.

1

nicht

und bewies damit fleißiges Studium und gewonnenes Verständniß. Wenn die Erde und Himmel stürmende Liebe des Jünglings, wie man sie früher an dieser Stelle hat zum Ausdruck gelangen sehen, gestern auch nicht voll zur Geltung und zur Wirkung kam, so darf die Leistung doch im Ganzen als eine tüchtige, einheitliche und abgerundete be⸗ zeichnet werden, die für die Zukunft zu den schönsten Hoffnungen be⸗ rechtigt.

Das dem Romeo etma fehlende Feuer besaß seine Julia, Fr. Geßner, beinahe im Uebermaß; Spiel und Geberden zeugten von tiefer, innerer Bewegung und von wogender Leidenschaft, sodaß in den Momenten des höchsten Affekts sich zuweilen eine Ueberanstrengung des Organs bemerklich machte. Beiden Darstellern sowie Hrn. Pohl der den Mercutio mit Auszeichnung gab, und Fr. Carlsen als Amme wurde reicher Beifall zu Theil. Die übrigen Mitwirkenden thaten, jeder an seinem Platze, ihre Schuldigkeit, sodaß das gewohnte treffliche Zusammenspiel auch diesmal wieder anzuerkennen ist.

Festsaal des neuen Vereinshauses.

In dem schönen, dem herannaheden Weihnachtsfeste entsprechend dekorirten Festsaal des Christlichen Vereins junger Männer fand gestern zum Besten der unter dem Allerhöchsten Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden Kleinkinder⸗Bewahranstalten ein Concert statt, zu welchem sich Dilettanten aus angesehenen Kreisen mit Künstlern von Beruf ver⸗ einigt hatten. Nach einem durch den Chor des Königlichen Instituts für Kirchenmusik sehr präzis ausgeführten kleinen Chorliede trug Hr. von Rothkirch ein geistliches Lied „Die Himmelsglocken“ in einer dem Text entsprechenden würdevollen Weise vor. Eine sehr stimmbegabte und wohlgeschulte Altistin, Fr. Dir. Klee, sang hierauf die große Arie „Erbarmet euch“ aus Gluck's „Orpheus“; ihre edle Vortragsweise verdiente mit Recht die hierauf folgenden lebhaften Beifallsbezeugungen Mit gleicher Theilnahme wurden auch drei von der Sopranistin Frl. Toni Lieber vortrefflich gesungene Lieder von Hentschel, Grieg und Würst aufgenommen. Außer den genannten Damen betheiligten sich noch Frl. von Dresky, Frl. Daland, der Kornetbläser Hr. Eduard Philipp, der Chordirigent Hr. Volbach, der Organist und der junge Cellist Hr. Cronheim in wirksamster Veise an diesem Concert. Während der Pause wurde eine von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augusta ge⸗ sandte Tasse zum Besten des Zweckes verloost. Ein ziemlich er.

reiches, meistens den höheren Ständen angehörendes Publikum be⸗ theiligte sich an dieser Verl Der im Saal aufgestellte

erscheinen

In

mit Erfolg, den dichterischen Absichten zu folgen und zu entsprechen

Mindereinnahme 20 386 Fl., die Einnahmen des alten Netzes betrugen