1889 / 292 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Dec 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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Das Organ der Deutschkonservativen, die „Konservative Korrespondenz“ äußert sich zu der Erneuerung des Kartells wie folgt:

„Die genannten Parteien werden auch den bevorstehenden Wahl⸗ kampf gemeinsam und in einem bundesgenossenschaftlichen Verhältniß durchkämpfen. Sie wollen dem Reichstage eine Mehrheit erhalten, die fest in der Treue zu Kaiser und Reich steht, in allen die Stärke, Größe und Ehre des Vaterlandes berührenden Fragen nur einen, den patristischen Gesichtspunkt kennt und unsere monarchische Staats⸗ ordnung wie die bestehende Gesellschaftsordnung in der Volks⸗ vertretung des Reiches mit einem alle Anbröckelungen abwehrenden Damm umgiebt.

Ein zu solchem Zweck abgeschlossenes oder vielmehr erneuertes Bündniß, wie eben wieder von Hrn. Rickert geschehen, ein „unnatür⸗ liches“ zu nennen, ist eine Willkür sonder Gleichen. Für Alle, welche in der Herstellung und Erhaltung eines festen Rückgrats, einer festen Grundlinie der bezeichneten Art für den Reichstag und seine Arbeiten die erste Aufgabe auch der Partei sehen, bildet diese Erkenntniß ein einigendes Band, das an Stärke hinter keinem Programmpunkt wirth⸗ schaftlicher oder sonstiger Gattung zurücksteht. Sind denn Parteien nur dazu da, den Hader zu pflegen, dem Sinn und dem Blick eine Richtung ins Kleine und Einzelne zu geben und die Sehschärfe für große Gesichtspunkte abzustumpfen? Stehen an der Spitze des Programms nicht bei jeder von diesen drei Parteien die großen patriotischen Gedanken und Gelöbnisse, die über den Kreis der Partei hinausreichen und, wenn sie ernst gemeint sind, vor Allem zur Pflege der Eintracht in der Schirmung der höchsten Güter des Vaterlandes hindrängen müssen? Wir streifen im Gegentheil die Unnatur wie den politischen Unverstand ab, wenn wir höhere und bleibende Ziele hinter solche niedrigerer Grade nicht zurücksetzen und vor Allem darauf achten, uns das feste Gefüge des Hauses, in dem wir wohnen, selbst zu erhalten, während wir in seinem inneren Ausbau fortfahren. Und das kann allein mit der scharfen Durchführung der Grundregel geschehen, daß die Stellung zu Kaiser und Reich den ersten Prüfstein für die Bestimmung des Verhältnisses zu anderen Parteien bildet und bei der Beurtheilung aller Bestrebungen der Frage, ob sie ihren Aus⸗ gangspunkt auf dem Boden der monarchischen und reichstreuen Ge⸗ sinnung haben oder an sich oder durch Mißbrauch anderen Tendenzen dienen, ein ausschlaggebendes Gewicht zuerkannt wird.

Man vergesse aber nicht, daß nur diese Frage das feste und einigende Loosungswort der Kartellparteien bildet. Hätte man aus dem Kartell nicht mehr d. h. vermeintlich mehr und Besseres machen wollen, als es ist und sein kann, hätte man nicht beständig in der Richtung operirt, es zu einer Zwangsanstalt der Uniformität auch in anderen Dingen zu machen, so würden wir thatsächlich in der gesunden Entwickelung unseres politischen Lebens schon weiter sein, so würde das Kartell in den letzten Jahren auch anderen Parteirich⸗ tungen gegenüber schon ungleich mehr anziehende Kraft entwickelt haben. Auf der anderen Seite haben natürlich die immer neuen Bestärkungen der Hoffnungen der Gegner auf einen Zerfall des Kartells nachtheilig und hindernd gewirkt. In allen diesen Beziehungen werden, wie wir hoffen, wenigstens jetzt die Erfahrungen der Vergangenheit beherzigt und die unglücklichen Friktionen innerhalb des Kartells durch einen einmüthigen verständigen Entschluß aller betheiligten Seiten nunmehr

zu Grabe getragen werden.“

Theater und Musik. Königliches Opernhaus.

M“ Gestern wurde „Aennchen von Tharau, lyrische Oper in

drei Aufrügen von Heinrich Hofmann (Text von Roderich Fels) zum ersten Mal gegeben. s 8 1

vor zwei Jahren kam sie auch bei Kroll zur Aufführung. Daß sie nicht früher in das Königliche Opernhaus gelangte, erklärt sich wohl daraus, daß sie bei aller Anmuth der Musik und der Fabel und bei dem lebhaften Interesse, welches sich das Lied von „Aennchen von Tharau' erworben hat, doch weder in der Handlung und Dichtung, noch in der Komposition den poesievollen Reiz bewährt, welcher den „Trompeter von Säckingen“ auszeichnet. Immerhin wird sie ihre Stellung in dem Revpertoire der Königlichen Oper behaupten, da sie des Interessanten genug bietet und den Künstlern Gelegenheit giebt, ihre Stimmmittel zu entfalten. Von einer eigentlichen Handlung und einer Entwicklung derselben ist im Ganzen wenig vorhanden; der

Die Oper ist etwa schon zehn Jahre alt und

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Schwerpunkt der Oper fällt in die lyrische Seite. Hier aber sind es doch auch nur wenige Lieder oder Arien, welche ergreifen und zum Herzen sprechen: das kann man vielleicht von zwei Liedern des Simon Dach, von einer Arie des Johannes (⸗In Tharau steht mein Vaterhaus“) und von zwei Arien des Aennchen („Leichtgesinnt, mit schönen Sylben tändelnd“ und „Du süßes Erinnern“), sagen, obwohl auch ihrem Text die bestrickende Gewalt des poetischen Reizes fehlt, welcher solchen Arien und Gesängen die Bürgschaft der Dauer und der Popularität gewährt. Man denke nur an die Scheffel⸗Lieder, und man wird es verstehen, wenn wir sagen, daß die Lieder von Roderich Fels Einiges vermissen lassen. Sieht man von den Liedern und Arien, die in einer derartigen Oper die Hauptsache sind, ab, so kann man von der Komposition nur mit großer Anerkennung sprechen: die Musik erhebt sich stellenweise zu einem großen Stil und sie besitzt reiche charakteristische Färbung, es weht aus ihr ein Hauch deutschen Geistes, dessen Verherrlichung die Oper gewidmet ist.

Die Darstellung war eine vortreffliche und trug wesentlich zu dem Erfolge bei, welchen die Ovper gestern unstreitig errungen hat. Hr. Wetz hatte als Simon Dacht reiche Gelegenheit, seine prächtige Stimme zur Geltung zu bringen. Frl. Hiedler war in Gesang und Darstellung ein anmuthiges „Aennchen“; sie wurde ausgezeichnet von Frl. Herzog unterstützt, welche als „Gretchen“ mit einer Arie einen durchschlagenden Er⸗ folg erzielte und sie wiederholen mußte. Hr. Krolop hat in der Darstellung der verliebten, von gutem Humor beseelten Werbeoffiziere schon so viel Uebung, daß es ihm auch gestern wieder leicht wurde, damit zu glänzen; die beiden Simguf⸗ Lieder, welche er einlegte, errangen ihm lebhaften Beifall. Hr. Alma sang die Partie des Johannes, die eigentlich Hrn. Heinrich Ernst zugedacht war, die aber wegen andauernder Heiserkeit dieses Künstlers anders besetzt werden mußte, mit Ausdruck und an⸗ genehmem Ton. Die Inscenirung, welche freilich keine großen Schwierigkeiten bot, war sehr geschmackvoll; hervorzuheben ist der Tanzreigen am Schluß des ersten Aktes, welcher mit dem Charakter des altdeutschen Dorflebens bestens harmonirte.

Deutsches Theater. v“

In der nächsten Woche findet wieder eine Zusammenstellung von „Faust, I. Theil“ und „Faust's Tod“ statt und zwar wird am Montag, den 9. d. M. „Faust, I. Theil“ und am Mittwoch, 11., „Faust's Tod“ gegeben.

Lessing⸗Theater

Se. Hoheit der Erbprinz von Meiningen nebst Gemahlin wohnte gestern der Vorstellung: „Die Ehre“, Schauspiel von H. Suder⸗ mann, bei und betheiligte sich an dem von dem ausverkauften Hause gespendeten Applaus bis zum Schluß. .

Concerthaus. 3

Morgen findet der zweite Virtuosen⸗Abend in dieser Saison statt. Das Programm dieses Abends enthält die Phantasie a. d. Op. „Die Jüdin“ für die Flöte von Demerssemann (Hr. Prill), Lied „Abendstern“ a. d. Op. „Tannhäuser“ für die Posaune von Wagner (Hr. Müller), Airs Hongrois für die Violine von Ernst (Hr. Concert⸗ meister Queeckers), „Regimentstochter“ Fantasie für Cello von Servais (Hr. Lublin), Concert⸗Etude für die Harfe von Parish Alvars (Frl. Lemböck), Concertino für Piston von Stahlknecht (Hr. Richter) und Orchesterwerke von Wagner, Bach, Gounod, Liszt u s. w.

Hr. Kapellmeister Karl Meyder hat die Absicht, im Concert⸗ hause in der Leipzigerstraße demnächst eine Reihe von Concerten zu veranstalten, deren Programme lediglich aus Werken von Kom⸗ ponisten zusammengestellt werden sollen, die gegenwärtig in Berlin leben. Berlin ist ziemlich reich an solchen Künstlern, deren viele, wie ver⸗ lautet, schon auf diesen Plan eingegangen sind und sich auch bereit erklärt haben, die betreffenden Werke selbst einzuüben und an den Aufführungsabenden auch persönlich zu leiten. Mit diesen eigen⸗ artigen Concerten, die nicht verfehlen werden, die allgemeine Aufmert⸗ samkeit auf sich zu lenken, soll schon am nächsten Montag der Anfang gemacht werden.

1

Mannigfaltiges.

Se. Majestät der Kaiser und König hat folgendes Schreiben an die städtischen Behörden gerichtet: „Die herzlichen Glückwünsche, welche Mir von dem Magistrat

Schwester, der Prinzessin Sophie von Preußen, Königliche Hoheit, dargebracht worden sind, haben Mich erneut von der innigen Theil⸗ nahme Meiner Haupt⸗ und Residenzstadt an den Erlebnissen Meines Hauses überzeugt. Freudig bewegt durch dieses Bewußtsein gebe Ich dem Magistrat und den Stadtverordneten für den Ausdruck treuer Gesinnung und Anhänglichkeit gern Meinen aufrichtigen Dank zu

erkennen. Neues Palais, den 2. Dezember 1889. gez. Wilhelm R.“

Kiel, 5. Dezember. Gestern fand in Gegenwart der städtischen Kollegien die feierliche Uebergabe des von der Stadt Kiel Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich als Hochzeitsgabe dargebrachten Monumental⸗ brunnens statt. Dieser ist im inneren Hofe des König⸗ lichen. Schlosses . aufgestellt „daß Er sowohl, Fenstern der Kaiserzimmer, als auch von den Gemächern Ihrer Königlichen Hoheiten zu erblicken ist. Prof Luerssen übergab, wie die „Nord⸗Ostseeztg.“ berichtet, den Brunnen mit wenigen Worten der Stadt Kiel, in denen er der Hoffnung Ausdruck gab, daß seine Schöpfung zur Zufriedenheit derselben ausgefallen sei. Als Vertreter der Stadt Kiel übernahm Bürgermeister Fuß das Monument mit Dankesworten an den Künstler und Ausdrücken der Liebe und Ver⸗ ehrung gegen das Prinzliche Paar. Hofmarschall Freiherr von Secken⸗ dorff dankte sodann als Vertreter der Hofverwaltung für das dargebrachte schöne Geschenk. Ihre Königlichen Hoheiten Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen bedauerten lebhaft, die schöne und sinnige Vermählungs⸗ gabe nicht persönlich in Empfang nehmen zu können. Er sei beauf⸗ tragt, der Stadt und dem Künstler für die kunstvolle Schöpfung den lebhaftesten Dank auszusprechen. Auch Sr. Majestät dem Kaiser sei von der Vollendung des Baues Meldung gemacht. Mit einem vom

den Prinzen und die Prinzessin Heinrich schloß die Feier.

Bremerhaven, 4. Dezember. (Köln. Ztg.) nonenrohre von dem deutschen Kriegsschiffe „Eber“, das am 16. März bei Apia im Sturme untergegangen, sind durch den Nord⸗ deutschen Lloyddampfer „Salier“ hierher gebracht worden. An welchem Orte diese traurigen Erinnerungsstücke ihre bleibende Auf⸗ stellung finden sollen, ist noch nicht bestimmt.

Paris, 5. Dezember. (W. T. B.) Nach einer hier einge⸗ gangenen Meldung ist der Afrika⸗Reisende Kapitän Trivier, welcher von Loango aus Afrika durchkreuzte, in Mozambique an⸗ gekommen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Dresden, 6. Dezember. (W. T. B.) Der persische Gesandte Mirza Reza Khan ist heute Mittag vom König zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens in Audienz empfangen und zu der heute Nachmittag stattfindenden Königlichen Tafel geladen worden.

St. Petersburg, 6. Dezember. (W. X. B.) Der Ukas, welcher den ausschließlichen Gebrauch der russischen Sprache im geschäftlichen Verkehr der städti⸗ schen Behörden und bei den Debatten der Stadtver⸗ ordneten⸗Versammlungen der baltischen Pro⸗ vinzen anordnet und den dortigen Literaten das Recht entzieht, an den bevorstehenden städtischen Wahlen für die Jahre 1890—93 theilzunehmen, ist nunmehr veröffentlicht worden.

Bern, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Nat onal⸗ rath hat für die Herstellung von 150 000 Repetirgewehren nach dem Modell Schmid mit der dazu er orderlichen

und den Stadtverordneten aus Anlaß der Vermählung Meiner

Wetterbericht vom 6 Dezember, Morgens 8 Uhr.

V

1

red. in Millim.

Fels.

in 0 Celsius 50 C = 40 R

Bar. auf 0 Gr. Temperatur

1. d. Meeressp.

1

Mullaghmore 774 5 bedeck Aberdeen .. 774 4 halb bed. Christiansund 774 1 wolkenlos Kopenhagen. 780 NNO 2 wolkig Stockholm. 783 O 2 bedeckt Haparanda. 778 SW 2 bedeckt St Petersburg 784 WSW 1 Nebel Moskau 785 NW 1 wolkenlos Cork, Queens⸗ Tell. town ... NW 1 wolkig fang 7 Uhr. Cherbourg. O 5 Regen Helder.. 2 wolkig EE1I1I1X“X“; 2 bedeckt Hamburg. 1 halb bed. Swinemünde 3 heiter Neufahrwasser 1 bedeckt Memel 3 Schnee Paris... NNO 52 bedeckt Münster. .. 777 N. 1 bedeckt Karlsruhe.. 774 NO 3 wolkig Wiesbaden . 775 NO 2 halb bed. München . 771 NO 4 bedeckt Chemnitz.. 778 O 2 Schnee Berlin 779 9SO 4 bedeckt Wien 776 still bedeckt Breslau. . 778 SO 3 Schnee Ile d'Ar ²u774 NO bedect Nizza 765 NO 4 halb bed. Triest... 769 ONO F halb bed.

meister Kahl

00 ODN.

Tobia Gorrio.

Sonntag: Montag:

Sonntag: Montag:

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Maximum über 785 mm liegt über dem westlichen Rußland, eine Depression unter 766 mm nordwestlich von Schottland, eine andere unter 768 mm südlich von den Alpen. Bei schwacher nordöstlicher bis südöstlicher Luftströmung ist das Wetter über Centraleuropa kalt und vorwiegend trübe, stellenweise haben leichte Schneefälle statt⸗ gefunden. Die Frostgrenze verläuft von Sylt über Utrecht nach dem südwestlichen Frankreich; im öst⸗

Afrika.

als 5 Grad unter dem Gefrierpunkte. T ist bei Riga, die Pernau bei Pernau mit Eis bedeckt. Deutsche Seewarte. Freigsche

G16

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 252. Vorstellung. Aennchen von Tharau. zügen von Heinrich Hofmann. Tanz von Emil Graeb. vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. lichen Verwandten. Roderich Benedix.

Sonntag: Op tell. Oper in 4 Akten von A. Ponchielli Uebersetzung von C. Niese.

ernhaus. 253. Vorstell. Gioconda.

von Emil Graeb. Schauspielhaus. Vo Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. An⸗

Zeutsches Theater.

studirt: Der letzte Brief. Der letzte Brief.

Berliner Theater. Sonnabend: König Lear.

Schlechte Rasse. Montjoye, der Mann von Eisen.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 9. Male: Nervös. Schwank in 3 Akten von G. von Moser und Otto Girndt. Scheidungsgrund. französischen Idee von Eugen Pansa und Carl Pauli. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag und Scheidungsgrund.

Victoria-Theater. Zeitgemälde in Moszkowski und Rich. Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von C. Severini. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Priedrich-Wilhelmstädtisches 1— 1 1 Sonnabend: Zum 1. M.: Prinzessin Pirouette. lichen Deutschland liegt die Temperatur um mehr Komische Operette in 3 Akten von M. Ordonneau Die Düna und E. Andrée. von R. Plangquette. Dirigent: nfang 7 Uhr. Sonntag: Zum 2. Male: Prinzessin Pirouette. Komische Operette in 3 Akten von R. Planquette.

burg.

mama. (Belle-maman.)

Zum 1. Male wiederholt: Lyrische Oper in 3 Auf⸗ Text von Roderich In Scene gesetzt Dirigent: Kapell⸗

Deutsch von Ernst Schubert. Sonntag u. folgde. Tage:

268. Vorstellung. Die zärt⸗ Central-Cheater. Lustspiel in 3 Aufzügen von Anfang 7 Uhr.

eea Bildern) von Ed. Jacobson. Direktor Emil Thomas. Anfang

Anfang 7 Uhr Wilhelm

269. Vorstellung.

Sonnabend: Zum 108. Male: Gesangsposse in 4 Akten

Sonnabend: Neu ein⸗

Anfang 7 ½ Uhr.

1“ E“

Circus Renz, Karlstraße.

Vorher: Zum 11. Male: Der 7 Uhr:

Schwank in 1 Akt nach einer

Montag: Nervös. Der lustigen Heidelberger, oder ein

Zum 2. Male:

Sonnabend: Stanuley in

10 Bildern von Alex. geritten

verschied. Hindernisse,

equestrische komische Vorführung Pferden von Hrn. Franz Renz.

Theater. (1 Kind frei):

Montag: Aschenbrödel. Deutsch von R. Gense. Musik Jee“ In Seene gesetzt von Julius

Kapellmeister Federmann.

von Lilli Schneider (Sopran).

8 1“ 5 F1“ m

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ Sonnabend: Zum 43. Male: Schwieger⸗ Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou und Raimund Deslandes. Anfang 7 ½ Uhr. Schwiegermama.

Direktion: Sonnabend: Zum 9. Male: Historischer Possen⸗ abend. (Drikter Cyvelus des „lachenden Berlin“.) Heiteres aus der Berliner Theater⸗Geschichte mit Gesang und Tanz in einem Vorspiel u. 3 Akten (sechs G. In Scene gesetzt vom 7 ½ Uhr.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72.

von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth.

Faust, I. Theil. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Urania, Invalidenstraße 57/62, geöffnet von 12 11 Uhr. Sonnabend, von 1—7 Uhr: Der neue Phonograph. Abends 7 ½ Uhr: Dr. Potonis: Bau und Leben der Pflanzen.

Sonnabend, Abends

Gala⸗Vorstellung mit einem speziell aus⸗ erwählten Programm unter Mitwirkung der vorzügl. Reitkünstlerinnen und Reitkünstler. (ganz neu arrangirt) auf vielseitiges Verlangen: Die

Studenten⸗Ausflug mit Hindernissen. Große Original⸗Pantomine. „The gold bird“, engl. Vollblut, in allen Gangarten der hohen Schule geritten von Frl. Clotilde Hager. Großes Hurdle⸗Rennen über

von Damen und Herren mit 24 Vollblut⸗Springpferden. Zum 1. Male: Prinz Carneval und sein Gefolge. Große

Sonntag: 2 große Vorstellungen. 4 Uhr Nachm. Auf vielseitiges Verlangen: Aschen⸗ brödel. Abends 7 ½ Uhr: Die lustigen Heidelberger.

Munition 17 ½ Millionen einstimmig bewilligt.

Concert-Haus, Leipzigerstr. 48 (früher Bilse). Karl Meyder⸗Concert. Sonnabend, 7. Dez.: II. Vir⸗ tuosen⸗Abend.

Dienstag, 31. Dez. (Sylvester⸗Abend): Sub⸗ seriptions⸗Ball.

eee Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Lucie Mainzer mit Hrn. Dr. med. Mendel (Stuttgart —Heilbronn). Frl. Marie v. Klinkowström mit Hrn. Proviantamts⸗ Controleur Gustav Tigör (Potsdam).

Verehelicht: Hr. Kaufmann A. Herm. Döring mit Frl. Agnes Titze (Dresden) Hr. Dr. Richard Engelin mit Frl. Anna Engelbrecht (Bartenstein). Hr. Forstassessor Ludwig Kieke mit Frl. Ger⸗ trud Schönebeck (Dittersbach). Hr. Assessor Dr. Moritz Gerhard mit Frl. Klementine von Hagen (Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major Alexander Grafen von der Goltz (Polsdam). Hrn. W

Flotte Weiber.

(Drochtersen). Nürnberg (Berlin)

Hrn. Adolf Rost (Leipzig). Gestorben:

Minna Gillis, geb. Bartdorff (Berlin). Zum 1. Male Hr. Landwirth Franz lasch (Bischofsburg). Hr. Kgl. Zeug⸗Lieutenant a. D. Sohn Kurt (Plauen b. Dr.).

auz Den

Bürgermeister Fuß ausgebrachten Hoch auf Ihre Königlichen Hoheiten

Fünf Ka⸗

8 Brenner (Lyck). Hrn. Apotheker H. W. Meyer Hrn. Staatsanw.⸗Sekretär Eine Tochter: Hrn. Karl Schraplau (Berlin). Hrn. Prem⸗⸗Lieut. Gispert Grafen von Bredow (Darmstadt).

Hrn. Reg.⸗Referendar Dr. jur. v. Wedell Tochter Auguste (Köslin). Feg

-7 William Spindler (Ventnor, Insel Wight). Hr. Rentier Heinrich Julius Mushack (Berlin). Frau Luise Jeske, geb. Pfeiffer (Berlin). ichter (Bernburg). Hr. Rentier und Stadtverordneten⸗Vorsteher A. Pal⸗ Frau Ober⸗Amtmann

Therese Humbert, geb. Dencke (Magdeburg). Heinr. Thies

(Hannover). Hrn. Ober⸗Rechnungsrevisor Zeitler

18 8*

von 12 arabischen Redacteur: Dr. H. Klee. Verlag der Expedition (Scholz).

Berlin:

lin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Cponcert⸗Anzeigen. Anstalt, Ber

Sing-Akademie. Sonnabend, 7. Dez.: Concert Anfang 7 ½ Uhr. chließlich Börsen⸗Beilage).

zum Deutschen Re

eichs⸗An

Beilag

Erste

zeiger und Königlich Preußisc

Deutsches Reich.

Zuckermengen,

8 welche in der Zeit vom 16. bis 30. November 1889 innerhalb de s it den Ste . .bis 30. s deutschen Zollgebiets mit de S n abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der Vergütung in 4 Fen ..“

NDProf Pdlarisatio

[710. Rohpucker von. mindestens⸗⸗90. Pres. Polgrisgtion and. raffnirter Zucker gon unggr 18. abep⸗ mindestegag-

711: Kandis und Zucker in weißen vollen harten Broden ꝛc., oder in Gegenwart der Steuerbehörde zerkleinert

sogenannte Crystals ꝛc.

712: Aller übrige harte Zucker, sowbie aller weiße trockene (nicht über 1 Proz. Wasser enthaltende) Zucker in

Krystall⸗, Krümel⸗ und Mehlform von mindestens 98 Proz. Polarisation.]

Mit dem Anspruch auf Steuervergütung wurden abgefertigt:

Aus öffentlichen Niederlagen oder Privatniederlagen unter

Staaten bezw. Verwaltungs⸗Bezirke.

zur unmittelbaren Ausfuhr

amtlichem Mitverschluß wurden

gegen Erstattung der Vergü⸗

tung in den freien Verkehr zurückgebracht

zur Aufnahme in eine öffent⸗

liche Niederlage oder eine

Privatniederlage unter amt⸗ lichem Mitverschluß

711 kg kg

712 710 711 712 71 7 8. 8 V V 710 711

kg kg kg kg

Preußen.

Provinz Westpreußen Brandenburg. Pommern. Posen. Schlesien Sachsen, einschl. der schwarzb.

Unterherrschaften

Schleswig⸗Holstein 1 312 055 Hannover 11“ 360 7 X“ 1““ Rheinland. 60 000

1 206 586

14 662 137 V 7 8 82 000 98 065 548 673 10 100. 800 650 . 1 960 515 469 874 2 502 1111“

4 870 020 52 447 8; 1400 324 155 269 760 021 S

56 902 126

14 215

Sa. Preußen 5 049 373

Bavern. Fb“ 1 592 vaN N RR ͤ+T %% Baden. Hesea Mecklen burg. Braunschweig Anhalt.

Bremen *

16 371 48 737

1bbö 23 493 1 257 508

2 059 968 300 000 881 736 50 000

5 136 128 150 006

1 070 000

550 013 520 000

50 002

799 970

Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet 14 552 334 9 272 508

Hierzu in der Zeit vom 1. August bis b 3

789 803[38 367 943

951 956 3 428 450[97 844 499

799 970 150 982 184 744

685 383 4 263 988 645 126

15. November 1889 . . . . . . [62 577 35

1 Zusammen 67 129 688/41

In demselben Zeitraum des Vorjahres ²)

224 464 4 218 253 [136212442

100 049 264 33 332 591 5 706 415/86 280 598 3 816 724

829 870 660 719

836 365 5 135 265 526 098115 808 261

1) Darunter 650 017 (100 kg), welche in der ersten Haͤlf f ²) Darunter 650 017 (100 kg), welche in der ersten Hälfte des November abzefertigt, aber jetzt erst nachgewies si 1 ) Die Abweichungen von der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen LEö“ v1I1I11

Berlin, im Dezember 1889.

Kaiserliches Statistisches Amt.

Beck

er.

Parlamentarische Nachrichten.

Schhlußbericht der gestrigen (30.) Sitzung des Reichs⸗ tages; Schluß der geten 86 Reichs⸗Eisenbahnamts. Tit. 1 der Ausgaben Präsi⸗ Reichs⸗Eisenbahnamts 15 000

Abg. Graf Stolberg: Ich stehe im Wesentliche auf demselben 1“ 8 s hat bereits nachgewiesen, daß eine Ausdehnung, der Export⸗ tarife auch auf importirte Kohlen inkonsequent wäre. Es wür⸗ den ausländische Kohlen auf unseren Bahnen billiger verfahren werden, als die inländischen. Jetzt kommen die Exporttarife von

Oberschlesien nach Ostpreußen dieser Provinz, besonders ihrer V

Ꝙ. 9 7 Industrie, erheblich zu gute. Die Industrie dieser Provinz li lange unter zu hohen Kohlenpreisen, und ich dls ir dieser Provinz würde es bedauern, wenn der bestehende Export⸗ tarif aufgehoben würde. Es würde das die ostpreußischen Kon⸗ sumenten mehr treffen als die Produzenten in Oberschlesien. di allgemeine Herabsetzung der Kohlentarife ist eine Angelegen⸗ eit der Einzelstaaten, weil sie zusammenhängt mit der Ren⸗ tabilität der Staatsbahnen überhaupt. Ich hätte gegen eine generelle Herabsetzung nichts einzuwenden, aber der gegenwärtige nugenblick ist verfrüht. Wenn aber die Rentabilität der eunßif cge Staatsbahnen eine Ermäßigung der Kohlentarife zuläßt, soll man die Kohlen nicht einseitig herausgreifen, son⸗ ““ ob nicht auch andere Produkte eine Tarif⸗ näßigung wünschenswerth machen, namentlich die Getreide⸗ 889 Ich bin Anhänger der Getreidezölle, aber im Innern 79 e ich, daß man durch billige Tarife einen Ausgleich her⸗ he könnte. Aus allen diesen Gründen werden wir gegen 5b Antrag stimmen. Zu meinem Bedauern hat sich der Abg. von Stumm gegen Einfuͤhrung einer Normalzeit ausgesprochen. . acceptire es aber, wenn er verspricht, seinen Widerspruch ög. zu lassen, falls militärische Interessen die Einführung ünschenswerth machen sollten. Ich halte es für geringfügig, 811 man zeitweise nicht 85 mit der Sonnenzeit lebt, un 188 etwas früher oder päter. Mitte Februar leben wir 15 Pe nnten vor der Sonnenzeit. Anfang November über 19; tinuten nach der Sonnenzeit. Niemand von uns merkt iese Unterschiede; sie sind nur wissenschaftlich ermittelt. ü Abg. Dr. Hammacher: Die Zahlen, welche Abg. Richter über die deutsche Kohlenproduktion angiebt, stimmen nicht. 18 beträgt 65 Millionen Tonnen, die Einfuhr 3 ½ Millionen iü⸗ die Braunkohlen. Nach Abzug der Ausfuhr von 10 ½ ] Tonnen blieben also 58 Millionen, die in Deutsch⸗ fülichverbraucht werden. Daß die geringe Abgabe an die west⸗ 85 e detgeseeafestasse die Kohlenpreise in die Höhe treibt, ist 2 2 88 enkbar. Auch die Besorgniß vor einem weiteren Steigen echoge GX“ hinfällig. Die Produktion wird sich unbedingt dhü n, denn auch die Syndikate in den früheren Jahren haben durch ihre enormen Konventionalstrafen ein Ueber⸗

zu konnen.

Wege zu gehen, wie er sie wünscht.

schreiten der Normalproduktion nicht zu hindern vermocht.

Die Bergwerksbesitzer selbst haben die gegenwärtigen hohen Kohlenpreise gar nicht gewollt: jeder Industrielle weiß, daß sich solche thurmhohen Preise auf die Dauer nicht halten können. Auch die Courstreiberei wird in diesen Kreisen sehr beklagt. Inkonsequent ist es gestützt auf die Reichsverfassung, eine gleichmäßige Rege⸗ lung und gleichzeitig Ausnahmetarife zu verlangen. Eine allgemeine Tarifermäßigung würde auch ich wünschen, und glaube sogar, daß diese Frage längst an den betheiligten

Stellen hätte in Erörterung gezogen werden müssen. Ich

freue mich, im preußischen Abgeordnetenhause auf die Unterstützung der Freisinnigen in dieser Beziehung rechnen n. Man wird aber erst abwarten müssen, welchen Einfluß die bisherige Steigerung der Preise der für den Eisenbahnbetrieb nothwendigen Materialien auf die Betriebsüberschüsse ausübt. Die Erfahrungen der 70er Jahre mahnen zur Vorsicht, denn hier hat sich gezeigt, daß die Rentabilitaͤt der Bahnen durch solche Preis ewegungen ganz erheblich beeinflußt wird. Bezüglich des zweiten Antrages ist zu bedenken, daß in allen Ländern die Steinkohlenpreise ge⸗ stiegen sind, in England, Belgien, Frankreich in gleichem Maße. Während sie in Deutschland auf 10 gestiegen sind betragen sie in Belgien 12 Fr., in England 9 ½ Schilling. In

Deutschland ist der Verbrauch fortwährend größer geworden. Der

Abg. Richter thut den Industriellen Unrecht, wenn er sie für so kurzsichtig und kleinmüthig hält, um Untersuchungen aus dem 8 t. Gerade durch die Ver⸗ staatlichung wollte man dem Unwesen der Ausnahmetarife auf den Bahnen entgegentreten, und wir können dankbar sein, daß es fast gelungen ist. Wie wäre unser wirthschaftlicher Zustand in Deutschland, wenn wir nicht schon seit Jahren billige Massentarife hätten! Als der Einpfennig⸗ Tarif eingeführt wurde, hatte selbst ein so sachkundiger Mann wie Hr. Oppenheim in Köln die Befürchtung, daß die englische Kohle nach Westfalen kommen würde; der Erfolg hat diese Befürchtung vernichtet. Dieselbe Erfahrung würde auch Hr. Richter machen, wenn die Untersuchung zu dem Er⸗ gebniß führen sollte, daß der Tarif für englische Kohle herab⸗ gesetzt wird. Ich werde deshalb Niemanden bestimmen, für oder gegen den Antrag zu stimmen, werde aber selbst für den⸗ selben stimmen.

b 2bs Richter: Bei der Einführung der Extrabesteuerung der Kohlenproduktion in Westfalen leitete keineswegs der Wohlthätigkeitssinn für die Bergbau⸗Hülfskasse, sondern man wollte durch eine besondere Belastung der Mehrproduktion ein Mittel finden, die Preise auf einer gewissen Höhe zu halten. Wie hoch die Abgabe jetzt ist, weiß ich nicht; vor zwei oder drei Jahren betrug sie 15 Prozent des2 ruttowerths der Mehrproduktion. Ich bin nicht Gegner des Ein⸗ pfennig⸗Tarifs, sondern bedauere nur, daß wir bei diesem

Normalsatz stehen geblieben sind. Das heutige Tarifsystem widerspricht in der That dem Sinne der Verfassung. Wenn man bei Abfassung derselben von einer möglichsten Gleich⸗ mäßigkeit und Herabsetzung der Tarife sprach, so lag damals

nichts ferner als protektionistische Rücksichten. Die Auffassung daß man wie durch Schutzzölle so auch durch Ausnahmetarife nteressendnise üeen =mnfe,= ise han etervr Zen enme standen. Wenn nur von „möglichster“ Gleichmäßizkeit ge⸗ sprochen wird, so dachte man an jene Unterschiede, die das Frachtgeschäft nach der individuellen Natur der ein⸗ zelnen Dinge hervorbringe. Die Mehrzahl der Ausnahme⸗ tarife für das Ausland ist nicht auf die früheren Privat⸗ bahnen, sondern auf die Staatsbahnen zurückzuführen. Die finanzielle Zulässigkeit größerer Tarifresormen im Eisenbahnsystem unterliegt keinem Zweifel. Di! Stei⸗ gerung der Preise für Materialien kann mich darin nicht irre machen. Der Hinweis auf die 70 er Jahre ist unzutreffend; damals waren fortgesetzt Herabsetzungen der Tarife durch die Konkurrenz der Privatbahnen vorher⸗ gegangen, jetzt sind die Tarife trotz des ausgedehnten Verkehrs seit langer Zeit stationär; außerdem haben die Eisenbahnen in Folge der fortgesetzten Konvertirung heute ihr Geld viel billiger als damals. Die Tarife werden in dem Maße, wie sie sich der Küste nähern, niedriger; in der Entfernung von der Küste sind sie höher. Ostpreußen würde also nach unserem Antrage den doppelten Vortheil haben weil dann in einer gewissen Entfernung von der Küste die englische Kohle der schlesischen noch Konkurrenz machen würde. Wenn allseitig anerkannt wird, daß der jetzige Kohlenpreis für alle Interessen nachtheilig ist, varum will Hr. von Stumm mit der Einschränkung der Exporttarife für das Ausland noch 10 Jahre warten? Der Abg. Hammacher führte an, daß die Aus⸗ fuhr in diesem Jahre nachgelassen habe und die Einfuhr ge⸗ stiegen sei. Die diesjährige Statistik gewährt aber gar keinen Maßstab, weil der Zollanschluß Hamburgs in diesem Jahre erfolgt ist. Die Einfuhr ist größer, weil die Einfuhr nach 8 Hamburg als solche in das Zollgebiet erscheint, und die Aus⸗ fuhr geringer, weil die Ausfuhr nach Hamburg nicht mehr in der deutschen Ausfuhr enthalten ist. 8 That⸗ sache ist, daß der Ueberschuß der Ausfuhr über die Ein⸗ fuhr zugenommen hat, trotzdem Deutschland immer mehr ein Industriestaat geworden ist. Die Herabsetzung der Ein⸗ fuhrtarife für belgische Kohle hat nach offiziöser Klarlegung keine Bedeutung in Bezug auf eine Kohlentarifreform sondern steltt nur eine Kompensation für Herabsetzungen dar, die Belgien auf andere Artikel gewährt. Der Eisenbahnrath ist gewissermaßen als Autorität hier gestellt worden. Für mich steht er nicht so hoch. essentengruppen sitzen darin, die egoistisch ihre Inter⸗ essen vertreten; die Summe dieser Gruppen giebt noch keine Autorität. Der Beschluß des Landes⸗Eisenbahnraths steht übrigens gar nicht so in Widerspruch mit unserem Antrag; für uns kommt es nur darauf an, auch auf kurze Entfernungen dort, wo die Versorgung mit englischer Kohle möglich ist, die Tarife so herabzusetzen, daß diese mit der heimischen konkurriren kann. Wir müssen den Anspruch erheben, die englische Steinkohle zu demselben Tarifsatz wie die westfälische, die sächsische Braunkohle zu demselben Tarifsatz wie die schlesische befördert zu sehen. Als es sich um die Einführung des Eisenzolles handelte, waren die Herren, die jetzt der Tarifermäßigung mit dem Hinweis, daß die Verhältnisse sich naturgemäß von selbst ändern werden, widersprechen, keineswegs der Ansicht daß man erst abwarten müsse, ob nicht die natürliche Ent⸗ wickelung der anomalen Lage abhelfen werde; und die Erhöhung der Getreidezölle wurde 1885 und 1887 gerade unter Hin⸗ weis auf niedrige Preise, die infolge einer ungünstigen Kon⸗ junktur eingetreten waren, durchgedrückt. Die Konjunktur paßt Ihnen, wenn irgend welche Tarife erhöht werden sollen, sie paßt Ihnen aber nicht, wenn wir sie anziehen, um eine Herab⸗ setzung zu bewerkstelligen. Die Annahme unseres Antrages würde vor Allem auch als Warnung dienen, nicht noch künst⸗ lich die Preise hoch zu treiben. Wenn diese Aenderung der Preise auch nur angekündigt wird, wird sie in dieser Richtung wirken. Darum bitte ich Sie, unseren Antrag anzunehmen. Abg. von Wedell⸗Malchow: Eine Untersuchung ist nicht nöthig. Es ist jetzt schon möglich, eine Uebersicht über die bestehenden Tarife zu gewinnen. Den Import zu beför⸗ dern ist bedenklich. Gerade in Folge unserer Tarife ist es uns gelungen, den Kohlenimport zurückzudrängen und der inländi⸗ schen Kohle Terrain zu erobern. Eine solche Situation soll man nicht wegen vorübergehender Theuerniß der Kohlenpreise wieder aufgeben. Soweit aber soll man nicht gehen und ist man nicht gegangen, daß der Import gänzlich ausgeschlossen wird. Es ist schon darauf hingewiesen, daß die Eisenbahnen der süddeutschen Staaten nicht so günstige Resultate haben als Preußen, und sich selbst nicht auf niedrigere Tarife ein⸗ lassen können. Preußen hat sich ja einer Tarifermäßigung durchaus nicht entzogen. Es hat eine bedeutende Ermäßigung für Kohlen und andere Brennmaterialien und für Dünge mittel in Angriff genommen. Für jetzt hat der preußisch Landes⸗Eisenbahnrath die Kohlentarifermäßigung abge lehnt, um erst gesundere Verhältnisse in der Kohlen⸗ produktion abzuwarten. Warten wir also doch erst das Weitere ab. Eine Tarifermäßigung in der nächsten Zeit würde dazu nicht einmal den Konsumenten sondern den Händlern zu Gute kommen. Die Tarifermäßi⸗ gungen sind soweit vorbereitet, daß sie jeden Augenblick einge⸗ führt werden können, wozu also dieser Antrag? Ich habe gar nichts dagegen, daß ein vorübergehender Ausnahmetarif im Interesse der Industrie und der Konsumenten eingeführt wird ob aber die Eisenbahnverwaltung die Tarife dauernd ermäßigen kann, ist mir doch zweifelhaft, zumal die Verbrauchsartikel der Eisenbahnen im Preise steigen. Einer Tarifermäßigung ins Ungemessene kann ich nicht das Wort reden.

Abg. Schrader: Ich beantrage, unseren Antrag einer Kommission von 14 Mitgliedern zur Vorberathung zu über⸗ weisen. Die ganze Sache der ruhigen Entwickelung oder dem preußischen Arbeits⸗Minister zu überlassen, halte ich für un⸗ thunlich, wir sind hier im Reichstage und haben das Recht