1890 / 14 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Jan 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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Id⸗Artillerie Regiment, der General der Infanterie Frhr. von der Fen. bei dem Infanterie⸗Regiment Prinz Friedrich der Nieder⸗ lande (2. Westfälischen) Nr. 15, der General der Artillerie von Voigts⸗Rhetz bei dem 1. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment und der General⸗Lieutenant von Gélieu bei dem Garde⸗ Schützen⸗Batailton.

Dem Füsilier⸗Regiment Nr. 73 wurde der Name „Füfilzen Regiment General⸗Feldmarschall Prinz Albrecht von reußen (Hannoversches) Nr. 75“ verliehen.

Als Vertreter Sr. Majestät des Königs von Portugal sind gestern Abend 8 Uhr 25 Minuten auf Bahnhof riedrichstraße hier eingetroffen: der General L. de Souza olque, General⸗Adjutant Sr. Majestät, und der General⸗ stabs⸗Kapitän Martino de Carvalho. Zum denn. bei den Genannten ist der Hauptmann von Wallenberg vom Generalstabe des III. Armee⸗Corps kommandirt.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Landmann und Groß⸗ herzoglich mecklenburgischer Ober⸗ Zolldirektor Oldenburg sind hier wieder eingetroffen.

Der Vize⸗Admiral Paschen, Chef der Marinestation der Nordsee, hat Berlin wieder verlassen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ wird eine Bekanntmachung des Ministers für Handel und Gewerbe, vom 13. Januar d. J., veröffent⸗ licht, welche Nachträge zu den früher publizirten Ver⸗ zeichnissen von Mitgliedern und stellvertretenden Mit⸗ gliedern der auf Grund des Gesetzes über die Ausdehnung der Unfall⸗ und Krankenversicherung vom 28. Mai 1885 in Preußen errichteten Schiedsgerichte enthält.

Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Na weisung der auf deutschen Eisenbahnen ausschließlich Baverns im Monat November v. 8 beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 12 Entgleisungen und 4 Zusammen⸗ stöße 1 freier Bahn, 22 Entgleisungen und 35 Zu⸗ sammenstöße in Stationen und 258 sonstige Unfälle (Ueber⸗ fahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Ereignisse beim Eisenbahnbetriebe, sofern bei letzteren hersonen getödtet oder verletzt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 268 Personen verunglückt, sowie 85 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 146 unerheblich be⸗ schädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 3 getödtet und 9 verletzt, und zwar entfallen: je eine Tödtung auf die Königlich wuürttembergischen Staatseisenbahnen und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen zu Bromberg und zu Berlin, je 2 Verletzungen auf die Ver⸗ waltungsbezirke der Körisn Eisenbahn⸗Direktionen zu Erfurt und zu Berlin, je 1 Verletzung auf die Main⸗Neckar⸗ Eisenbahn, auf die Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Köln eh cth ns zu Magdeburg und zu Fama von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 40 getödtet und 190 verletzt, von Steuer⸗ u. s. w. Beamten 1 getödtet, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 16 getödtet und 9 verletzt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen 1 Be⸗ amter getödtet und 40 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Un⸗ fällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 31 475,32 km Betriebslänge und 920 045 478 eidrd en Achskilometern) 302 Fälle, darunter die größte

nzahl auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗ Direktionen zu Berlin (37), zu Köln (rechtsrheinische) (36) und zu Breslau (36), verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der herben Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, sind auf den Großherzoglich oldenburgischen Staatseisenbahnen im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Elberfeld und auf der Main⸗Neckar⸗Eisenbahn die meisten Unfälle vorgekommen. B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1841,00 km Betriebslänge und 25 377 771 geförderten Achskilometern) 19 Fälle und zwar auf die Hessische Ludwigs⸗Eisenbahn 17 Fälle und auf die Ostpreußische Südbahn 2 Fälle. C. Kleinere Privat⸗ bahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei g nen 1751,26 km Betriebslänge und 11 497960 geförderten

chskilometern) 10 Fälle, und zwar auf die Lübeck⸗Büchener Eisenbahn 4 Fälle, auf die Stargard⸗Küstriner und Glasow⸗ Berlinchener Eisenbahn 2 Fälle, auf die Halberstadt⸗ Blankenburger Eisenbahn, auf die Braunschweigische Landes⸗ eisenbahn, auf die Dortmund⸗Gronau⸗Enscheder und auf die Marienburg⸗Mlawkaer Eisenbahn je 1 Fall.

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer d. Bl. wird eine Uebersicht der versteuerten Rübenmengen sowie der Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im deut⸗

. schen Zollgebiet im Monat Dezember 1889 gegeben.

—— S. M. Kreuzer⸗Korvette „Ariadne“, Kommandant Kapitän zur See Claußen von Finck, ist am 12. Januar er.

in St. Vincent eingetroffen.

Merseburg, 13. Januar. Der Landtag der Pro⸗

vinz Sachsen bewilligte in seiner heutigen Sigung 25000 zur Verbesserung der Wasserversorgung der

w rrenanstalt zu Altscherbitz durch Tiefbohrungen und ertheilte dem Provinzial⸗ Ausschusse die Ermächtigung zum Verkauf des Grundstücks der Provinzial⸗Hebammen⸗Lehranstalt zu Magdeburg. Es folgte

dann der Bericht der Haushaltskommission über den Haupt⸗

aushaltsplan und den Besoldungsplan für die 8 1 1890/92. Die Anträge der Kommission gehen dahin: I. Der vorgelegte Besoldungsplan wird genehmigt. II. Der Provinzial⸗Ausschuß wird ermächtigt, in Zukunft den

1 Zinsfuß für die vom Kapitalienverwaltungsfonds zu verzinsenden Gut⸗

haben der Einzelfonds je nach der Lage des Geldmarktes und unter

Beerücksichtigung der vom Kapitalienverwaltungsfonds zu erzielenden ZIinseneinnahmen festzusetzen.

III. Die Vorlage des Provinzial⸗Ausschusses, betreffend den II der Beiträge der Provinzialbeamten zur Wittwen⸗ und Waisenversorgungsanstalt, wird genehmigt. b ü1v. Die Vorlage des Provinzial⸗Ausschusses⸗wird genehmigt, in 8 ragt wird 1) die Etatsüberschreitungen für 1887—88 in 3775,43 und für 1888 89 in Höhe von 6399,85

igen, 2) von den als Ueberschreitungen des Haushaltsplans nicht zu betrachtenden Mehrausgaben für 1887—88 in Höhe von 227 756.13 und für 1888— 89 in Höhe von 138 332,28 ℳ, die

durch Einnahmezugang oder Ausgabeabgang an übertragbarer Stelle gedeckt sind, wie auch von den Ueberschußberechnungen, welche an Ueberschüssen ergeben für 1887— 88 den Betrag von 308 951,76 ℳ, für 1888 89 den Betrag von 237 412,22 ℳ, Kenntniß zu nehmen.

V. Der vom Provinzial⸗Ausschuß für 1890—92 entworfene e wird mit folgenden Veränderungen fest⸗ gesetzt:

81 Der Ausgabetitel „Förderung des Eisenbahnbaues, zur Er⸗ leichterung des Mrn. in Fällen, wo durch die staatsseitig bei dem Bau von Nebenbahnen der Regel nach geforderte freie Ge⸗ währung des Grund und Bodens die betheiligten Körperschaften in besoehens hohem Maße belastet werden würden, 50 000 ℳ“, wird estrichen.

8 2) Dem Ausgabetitel „Landwirthschaftliche Lehranstalten“ wird als Nr. 4 hinzugefügt: „Für Unterhaltung eines Sortenobstgartens mit Baumschule 8000 und demgemäß wird die Summe des Titels auf 43 000 erhöht.

3) Die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben werden fest⸗ gestellt wie folgt: 8 1

a. Fn allmählichen Ansammlung von Mitteln zum Bau einer dritten IFrrenanstalt und eventuell anderer nothwendig werdender An⸗ stalten zur Verfügung des Provinzial⸗Landtages 156 350 8 Zur Einrichtung eines Sortenobstgartens mit Baumschule 6

c. Beihülfe an den Verein für die Provinz Sachsen zur Be⸗ schäftigung brotloser Arbeiter für Zwecke der Arbeiterkol onie in Seyda

10 000 Taubstummen⸗Anstalt in Osterburg

d. Zum Bau 88 000 .

e. Zur Verbesserung der Wasserversorgung in Nietleben und Altscherbitz (5000 und 25 000) 30 000

4) Zu dem Kapitel der dauernden Einnahmen, „Unterstützung der Landwirthschaft“, wird eingeschaltet: „Förderung der Obstbaumzucht, Staatsbeitrag zu den Unterhaltungskosten des Sortenobstgartens nebst Baumschule 2000 Ein Staatsbeitrag ist zu erwarten, steht aber in 1 Höhe noch nicht fest. Er ist vorläufig auf 2000 jährlich eschätzt.“ 8 8 Bei den einmaligen und außerordentlichen Einnahmen ist ein⸗ zuschalten: „Staatsbeitrag zu den Kosten der Anlage und Einrichtung eines Sortenobstgartens mit Baumschule 6000 ℳ“

Die Anträge der Kommission unter V wurden genehmigt.

Die Rechnung über den Administrationskosten⸗ fonds für 1887 und 1888 wurde für entlastet erklärt, und die Vorlage, betreffend den Erlaß der Beiträge der Beamten der Land⸗Feuersozietät des Herzogthums und der Provinzial⸗Städte⸗Feuersozietät der Provinz Sachsen für ihre Hinterbliebenenversicherung, genehmigt, ebenso die nebenamtliche Uebernahme der Stelle des Direktors des Feuerversicherungs⸗Verbandes in Mitteldeutschland Seitens des Direktors der Pro⸗ vinzial⸗Städte⸗Feuersozietät der Provinz Sachsen. Schließlich wurden die Verwaltungsberichte der Provinzial⸗Städte⸗Feuer⸗ sozietät für die h 1887 und 1888 unter Anerkennung der erfolgreichen Thätigkeit der Sozietäts⸗Direktion durch Kenntnißnahme als erledigt erklärt.

Bayern. München, 13. Januar. (A. Z.) Se. König⸗ liche Hoheit der Prinz⸗Regent begab sich heute Vormittag mit den Prinzen Leopold, Arnulph, Ludwig Fer⸗ dinand und Alphons zur Abhaltung einer Kabinets⸗ jagd in das Königliche Revier Gern.

Dem General⸗Lieutenant a. D. Gustav Cella wurde anläßlich seines heutigen 90. Geburtstages von dem Prinz⸗Regenten der Titel „Excellenz“ verliehen; zugleich sandte Se. Königliche Hoheit einen Blumenstrauß mit den herzlichsten Glückwünschen. Auch der Kriegs⸗Minister über⸗ mittelte seinem alten Kameraden seine Gratulation, und eine Anzahl Generale erschien persönlich zur Beglückwünschung.

(W. T. B.) Dem heute stattgehabten Leichenbegängniß des Reichsraths Professors Dr von Döllinger wohnten ein Flügel⸗ Adjutant Sr. Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten, die Minister Frhr. von Crailsheim und von Leonrod, der preußische Gesandte Graf Rantzau, mehrere Hofwürdenträger und Generale, der Polizei⸗Präsident, die Rektoren der Hochschulen, beide Bürgermeister der Stadt, mehrere Mitglieder des Reichsraths und der Abgeordnetenkammer, sowie zahlreiche Gelehrte, Künstler und Schriftsteller bei; Professor Friedrich celebrirte die Messe, Professor Braun widmete dem Ver⸗ sorbenen Namens der Akademie der Wissenschaften einen Nachruf.

Sachsen. Dresden, 13. Januar. Ihre Majestät die Königin leidet, dem „Dresd. Journ.“ zufolge, seit einigen Wochen an einem Bronchialkatarrh. Da vor acht Tagen etwas Fieber eintrat und die katarrhalischen Erscheinungen

einer

zu hüten. Gegenwärtig ist das Fiever verschwunden, bestehen Husten und Athmungsbeschwerden, wenn auch in ge⸗ ringerem Maße, fort.

Beide Kammern hielten heute Sitzungen. Die Erste Kammer nahm zunächst die durch den Präsidenten, Wirk⸗ lichen Geheimen Rath von Zehmen, verlesene Anzeige des Königlichen Gesammt⸗Ministeriums entgegen, daß die Univer⸗ sität Leipzig an Stelle des kürzlich verstorbenen Geheimen Hofraths Prof. Dr. Blomeyer den Geheimen Medizinal⸗ Rath Prof. Dr. Birch⸗Hirschfeld zu ihrem Ver⸗ treter in der Ersten Kammer gewählt habe. Hiernach erledigte die Kammer Petitionen. Eine Debatte entspann sich gelegentlich der Petition der Fischerinnungen, in welcher Seitens des Sekretärs Grafen von Könneritz ebenso wie vom Regierungskommissar Geheimen Rath von Charpentier an⸗ erkannt wurde, daß die Fscherianungen durch die Verschieden⸗ heit der Schonzeit der Fische in Preußen und Sachsen that⸗ sächlich geschädigt würden, daß sie aber mit ihrem Wunsche der Freigabe der Fischerei an mehreren Tagen der Woche während der Schonzeit gegen ihr eigenes Fleisch wütheten, da Nermit einem Aufblühen der Fischzucht ein gefährliches

inderniß entgegen gestellt werden würde. Der Re⸗ gierungskommissar stellte aber fest, daß der Regierung jede Gelegenheit zur Beseitigung der Unterschiede in der Schonzeit der Fische angenehm sei. Da übrigens die Fischer von dem Ertrag der Fischerei allein nicht lebten, vielmehr durchweg noch andere Erwerbsquellen hätten, könne es ihnen nicht sehr viel schaden, wenn sie Anfangs in Folge der länger dauernden Schonzeit einige Fische weniger fingen. Der Sekretär Graf von Könneritz sprach der Staatsregierung noch Namens des Fischereivereins den Dank für das große, der Hebung der Fischzucht bewiesene R'heclen aus, während Graf zur Lippe⸗ aruth sich ebenfalls für den Ausgleich der Verschiedenheiten in den Schonzeiten aussprach.

Die Zweite Kammer bewilligte auf Antrag der Finanzdeputation B die unter Titel 18 des außerordent⸗ lichen Staatshaushalts⸗Etats zur Vermehrung der Gütergeleise und Krahne am Elbkai Dresden⸗Neustadt gefor⸗ derten 100 000 und trat sodann in die Berathung der Petition des Vereins Urne in Dresden und des Vereins für Feuerbestattung in Chemnitz um gesetzliche Zulassung der Feusbehattin im Königreich Sachsen

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ein. Nach längerer Debaite wurde beschlossen, die Petition auf sich beruhen zu lassen. Derselbe Beschluß wurde ohne

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Debatte bezüglich einer Petition des ehemaligen Ober⸗Ingenieurs W. Jäger um Gewährung eines fortlaufenden Gnadengehalts

gefaßt. Württemberg. Stuttgart, 13. Januar.

Der Ober⸗

Hofprediger Prälat Dr. von Gerok ist, wie der „St.⸗A. 8 f. W.“ vernimmt, an einer Lungenentzündung schwer erkrankt. Aus Langenburg wird gemeldet, daß der Fürst zu

Fohentehe dan gen bue seit einigen Tagen nfluenza an das Bett gefesselt ist.

Hessen. Darmstadt, 13. Januar. Der auf den 21. Januar festgesetzt gewesene Zusammen⸗ tritt der Kammern der Stände ist zurückgezogen worden und findet nunmehr an einem noch später zu be⸗ stimmenden Tage Anfangs März statt.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 12. Januar. (Goth. tg.) Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin von Edinburg egiebt sich nach Berlin, von wo aus dieselbe in Gemeinschaft

mit ihrem Gemahl eine Reise nach St. Petersburg unter⸗ nehmen wird. 1

Anhalt. Dessau, 13. Januar. Der „Anh. St.⸗A.“ veröffentlicht das nachstehende Bulletin:

Ihre Hoheit, die Frau Herzogin, sind seit Anfang voriger Woche an Influenza erkrankt. Die Krankheit, welche einen regel⸗ mäßigen Verlauf zu nehmen schien, verschlimmerte sich in der Nacht zum Sonntag durch Krampfzustände, sodaß sehr ernste Besorgnisse eintraten. Die letzte Nacht ist ruhiger verlaufen. Dessau, 13. Januar 1890. Dr. P. Böttger. Dr. Mann. 1

Schwarzburg⸗Rudolstadt. Rudolstadt, 13. Januar. (Schwarzb. Rud. Lds.⸗Ztg.) In der Sitzung des Landtages vom 11. d. M. wurde der zwischen den zum Thüringischen Zoll⸗ und Handelsverein verbundenen Staaten abge⸗ schlossene Vertrag vom 20. November 1889 einstimmig genehmigt. Die Vorlage, betreffend die Uebernahme der Kosten für Errichtung des Einquartierungshauses zu Zwecken des Fuͤrstlichen Amtsgerichts, wurde, dem Antrage des Finanzausschusses gemäß, abgelehnt. Nach Erledigung einiger lokaler Vorlagen gelangte die Interpellation des Abg. Kühn, betreffend den Bau der Eisenbahn Arnstadt —Saalfeld, zur Berathung. Der Staats⸗Minister von Starck erklärte, daß nach den vor⸗ liegenden Projekten die Führung der Bahnlinie über Arnstadt Paulinzella Blankenburg -— Saalfeld endgültig festgestellt sei. Der Abg. Bergmann verlas darauf einen Antrag, die Fürstliche Regierung möge die nöthigen Schritte thun, damit die Schwarzathalbahn zugleich mit der Linie Arnstadt Saalfeld in Angriff genommen werde. Der Staats⸗ Minister von Starck bemerkte, daß man nur mit der preußischen Eisenbahn⸗Verwaltung entsprechende Ver⸗ handlungen wegen der Ausführung dieser Bahnlinie führen könne, nicht mit einem Privatunternehmer. Vor Fertigstellung der Linie Arnstadt—Saalfeld werde preußischerseits nach den bisherigen Mittheilungen nicht be⸗ absichtigt, einem Projekt wegen Herstellung einer Eisenbahn von Oberrottenbach in das obere Schwarzathal näher zu treten. Die Fürstliche Regierung werde sich angelegen sein lassen, auf thunlichste dieser Bahnausführungen hinzu⸗ wirken. Der Antrag Bergmann und Genossen wurde darnach abgelehnt.

ierauf trat der Landtag in eine vertrauliche Sitzung

(Darmst. Ztg.)

ein, nach deren Schluß die öffentliche Sitzung wieder fortgesetzt

wurde. Der Abg. von Holleben forderte die Versammlung auf, am Schluß der Landtagsperiode dem Präsidente Meisel für seine geschickte und sachgemäße Leitung Dank aus⸗ zusprechen, was durch Erheben von den Sitzen geschah. Der Präsident dankte dem Landtage für das bereitwillige Entgegen⸗ kommen und der Regierung für ihrethätige Beihülfezu den Arbeiten des Landtages. Der Staats⸗Minister von Starck gab dem Dank der Regierung für schnelle Erledigung der Geschäfte Ausdruck und erklärte im Auftrage Sr. Durchlaucht des Fürsten die diesmalige Landtagssitzung für geschlossen. Hierauf schloß der Präfibent die Versammlung mi einem dreifachen Hoch auf Se. Durchlaucht den Fürsten, in

welches die Versammlung laut einstimmte.

sehr lästig waren, so war Ihre Majestät genöthigt, 8e 8 jedoch

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Januar. (W. T. B.) Das Befinden des erkrankten Erzherzogs Albrecht hat sich so gebessert, daß der Erzherzog bereits einige Stunden des Tages außer Bett verbringen kann.

In der heutigen Sitzung ‚der Ausgleichs⸗Konferenz wurde die Berathung über die Organisation des Landes⸗ kulturrathes fortgesetzt und zu Ende geführt. Hierauf wurde die Diskussion darüber eröffnet, welcher Sprache die autonomen Behörden sich zu bedienen hätten.

Budapest, 13. Januar. (W. T. B.) Das Unterhaus begann heute mit der Berathung des Budgets des Handels⸗Ministeriums. Der Handels⸗Minister Baroß erklärte, auf ihn sei in Betreff der Donau⸗Dampfschiff⸗ fahrts⸗Gesellschaft keinerlei Einfluß geübt worden. Die Donauflotte werde, wenn man derselben bedürfe, fertig sein. Der Donauverkehr werde den Staatsbahnen zu iebe nicht vernachlässigt. In der jüngsten Zeit seien bedeutende Schiffs⸗ bestellungen erfolgt: es werde Alles geschehen, daß, wenn die Regulirungsarbeiten fertig gestellt seien, Ungarn mit einer⸗ ungarischen Dampfschiffahrt dastehe und daß seine Interessen auch auf der Donau mit seinen Schiffen vertreten würden. (Rufe links: Auch als Staat?) Der Handels⸗Minister er⸗ widerte: Auch als Staat. (Lebhafter, allgemeiner Beifall.) Er, der Handels⸗Minister, könne einen Ausgleich mit der Donau⸗ Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft um jeden Preis nicht befür⸗ worten. Die Verbreiter tendenziöser Nachrichten, als ob russische oder andere Unternehmungen bemüht wären, an der unteren Donau Herrschaft zu begründen, würden auch die Regierungen der öͤsterreichisch⸗ungarischen Monarchie bereit finden, ihre Interessen daselbst z8 vertreten.

Agram, 13. Januar. (W. T. B.) Die Eröffnung des Landtages, welche auf den 20. d. M. festgesetzt war, ist der rasch um sich greifenden Influenza wegen bis zum 20. Februar verschoben worden.

Großbritannien und Irland. London, 13. Januar. (A. 89 In Osborne wurde am Sonnabend ein außer⸗ ordentlicher Gottesdienst zum Gedächtniß der Hochseligen Kaiserin Augusta abgehalten, welchem die Königin mit der Königlichen Familie und den Mitgliedern ihres Hof⸗ staates beiwohnte. 8

die Vorgänge in der Kommission,

Der Bericht der Parnell⸗Untersuchungskom⸗

mission wird erst nach den Verhandlungen über die Beant⸗ wortung der Thronrede zur Vertheilung gelangen. 1— 14. Januar. (W. T. B.) Die „Times“ veröffent⸗ licht den Wortlaut des britischen Ultimatums an die portugiesische Regierung, aus welchem hervorgeht, daß dasselbe durch ein Telegramm des britischen Konsuls in Mozambique veranlaßt worden ist. Nach diesem Telegramm befestige die Expedition des 8 8* Serpa Pinto die von ihr besetzten Punkte im Makolololande und lege Besatzungen hinein. Auf Grund dieser Informationen forderte der Premier Lord Salisbury peremptorisch die Räumung des Shire sowie des Makololo⸗ und des Mashonalandes.

Frrankreich. Paris, 13. Januar. (W. T. B.) In Deputirtenkreisen wird das Vorgehen Gerville⸗Reaches mit einer Interpellation über die vom Präsidenten Carnot angeblich beabsichtigte Reise nach Brüssel, weil die Behandlung solcher Fragen auf der Tribüne der Kammer zu Unzuträglichkeiten ühren könne, entschieden mißbilligt. Man hofft, daß der morgen stattfindende Ministerrath be⸗ schließen werde, die Interpellation nicht zu beantworten, Falls dieselbe von Gerville⸗Reache aufrecht erhalten werden sollte.

ESpanien. Ma drid, 13. Januar. (W. T. B.) Der König hat eine sehr ruhige Nacht verbracht. Auf die An⸗ frage des Minister⸗Präsidenten Sagasta erklärten die Aerzte, daß sich die Wahrscheinlichkeit der Genesung ver⸗ mehrt habe, daß jedoch noch nicht jede Gefahr ver⸗ schwunden sei. Das heute Nachmittag 3 Uhr ausgegebene Bulletin konstatirt die fortschreitende Besserung im

Befinden des Königs.

3 14. Januar. (W. T. B.) Ein heute Morgen um 2 Uhr veröffentlichtes Bulletin bekundet keine Veränderung im Befinden des Königs. Die Besserung dauert fort.

Portugal. Ueber die Stimmung in Lissabon anläßlich des portugiesisch⸗englischen Streitfalls wird von dort dem Reuter“ unterm 12. d. M., Abends, telegraphisch emeldet: 1 „Es herrscht heute Abend hier greße Aufregung. Lärmende Volkshaufen, darunter zahlreiche Studenten, ziehen durch die Straßen mit dem Rufe „Nieder mit dem Ministerium!“ Ein erregter Pöbel⸗ haufe rottete sich vor dem britischen Konsulat zu⸗ fammen, schlug, trotzdem es von der Polizei bewacht wurde, die Fenster ein und riß das britische Wappen hberunter. Es erfolgten mehrere Verhaftungen. Die Fenster verschiedener Ministerwohnungen wurden ebenfalls eingeschlagen. Die britische Gesandtschaft wird von Schutz⸗ leuten bewacht. Eine große Volksmenge versammelte sich vor dem Gebäude der geographischen Gesellschaft, allein es kam zu keiner Ruhe⸗ störung und das Volk zerstreute sich hierauf ruhig. Heute Abend geht das Gerücht, daß Senhor de Barros Gomez demissioniren werde.“ Einem Wolff’schen Telegramm vom 13. Januar zufolge hat das Ministerium seine Entlassung eingereicht.

Schweiz. Bern, 11. Januar. Der Bundesrath hat, wie der „Bund“ meldet, die Departements unter die Mit⸗ glieder für 1890 folgendermaßen vertheilt: Auswärtiges: Vorsteher Bundesrath Droz, Stellvertreter Bundesrath Ham⸗ mer; Inneres: Vorsteher Bundesrath Schenk, Stellvertreter Bundesrath Deucher; Justiz und Polizei: Vorsteher Bundes⸗Präsident Ruchonnet, Stellvertreter Vize⸗Präsident Welti; Militär: Vorsteher Bundesrath Hauser, Stellvertreter Bundes⸗Präsident Ruchonnet; Finanzen: Vorsteher Bundes⸗ rath Hammer, Stellvertreter Bundesrath Droz:; Industrie und Landwirthschaft: Vorsteher Bundesrath Deucher, Stellvertreter Bundesrath Schenk; Post und Eisenbahnen: Vize⸗Präsident Welti, Stellvertreter Bundesrath Hauser. Der Platz⸗Kommandant von Bern, Oberst Scherz, ließ an den öffentlichen Plätzen der Stadt folgende Prokla⸗ mation anschlagen:

1 „An die Bewohner der Stadt Bern! In Folge vielfach vor⸗ gekommener, einem großen Theil des Publikums nicht genügend be⸗ kannter, organisirt gewesener Ruhestörungen und Ausschreitungen vom Regierungs Rath des Kantons Bern als Platz⸗Kommandant bezeichnet und beauftragt, bis auf Weiteres die Leitung der gesammten Polizei der Stadt Bern zu übernehmen und für Aufrechterhaltung von Ruhbe und Ordnung zu sorgen, sind wir bewußt, daß zur Erreichung dieses Ziels ein rühriges und taktvolles Auf⸗ treten der polizeilichen Organe nöthig ist. Die Polizei wird sich bestreben, in dieser Hinsicht möglichst zu genügen. Fücleic geben wir die Erklärung ab, daß wir entschlossen sind, bei sich wiederholenden Ruhestörungen, selbst gegen angedrohte Uebermacht (dieser Nebensatz ist fettgedruckt) energisch einzuschreiten. Wir appelliren an den ge⸗ funden Sinn der betheiligten Mitbürger, indem wir von ihnen er⸗ warten, daß sie sich nicht durch Vornabme gesetzwidriger Handlungen dazu verurtheilen, die obnehin gedrückte Lage des Arbeiterstandes noch zu verschärfen und die Ehre des Landes bloßzustellen.“ (A. C.)

Amerika. Washin in n, 10. Januar. Der Schatzamts⸗Sekretär Windom wird die New⸗Yorker Einwanderung einstweilen unter die Aufsicht des dortigen Zolldirektors Erhard stellen, bis die 60 tägige Kün⸗ digungsfrist der jetzigen Einwanderungskommission verstrichen ist. Falls die Regierung des Staates New⸗York Schwierig⸗ keiten macht, die Einwanderer in Castle Garden in Empfang zu nehmen, so werden dieselben wahrscheinlich in Governor's Island, welches Bundeseigenthum ist, gelandet werden.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. Januar. (A. C.) General⸗Major Dormer, der Chef der britischen Okkupations⸗ Armee, begab sich heute auf eine Inspektionsreise nach Wady⸗Halfa.

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Parlamentarische Nachrichten 8

In der heutigen (42.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats⸗Minister von serdy du Vernois, der bayerische Bevollmächtigte General⸗Major Ritter von Pylander und Kommissarien beiwohnten, stand als erster Gegenstand

auf der Tagesordnung die Fortsetzung der Spezial⸗ berathung des Militär⸗Etats. Aus dem außerordent⸗

1

lichen Etat der Militärverwaltung waren nach der gestrigen a

Berathung noch 2 Titel übrig geblieben, die sich auf

Artillerie⸗ und Waffenwesen beziehen, und zwar: usgaben aus Anlaß der Aenderung itärpfl G 35830000 ℳ“ und „Zur Beschaffung für artilleristische Zwecke 61 224 100 ℳ“ (Kapitel 12 Titel 5 und 6).

der Militärpflicht

Pachdem der Berichterstatter . Freiherr von Huene ie die Einsetzung einer Subkommission aus wenigen Mitgliedern zur Folge gehabt

hätten, welche mit dem Kriegs⸗Minister eingehende Berathung

gepflogen, erwähnt hatte, beantragte er die Bewilligung der vorstehenden Titel. Der größte Theil der Mehrausgaben sei durch die Einführung des rauchschwachen Pulvers bedingt.

Ohne Debatte wurden alsdann beide Titel bewilligt.

Es folgte die Berathung des Berichts der Kommission für die Geschäftsordnung, betreffend die Fortdauer des Mandats des Abg. Dr. Delbrück, gewä lt für den ersten Wahlkreis des Regierungsbezirks Stralsund. 1

Die Kommission hatte mit 6 gegen 5 Stimmen die Un⸗ gültigkeit des Mandats beantragt, da der Art. 21 der Ver⸗ fasnng als hier in Betracht kommend angesehen werden müsse.

Abg. Frhr. von Unruh⸗Bomst trat im Gegensatz zu dem Standpunkt der Kommission für die Fortdauer des Mandats ein⸗ Der Abg. Delbrück sei vorher außerordentlicher Professor der Geschichte an der Berliner Universität gewesen und sei es auch jetzt. Die Kommission in der vergangenen Session sei auch anderer Meinung gewesen als die diesjährige: jene habe mit 9 gegen 3 Stimmen die Fortdauer des Mandats, diese mit 6 gegen 5 das Erlöschen des Mandats beantragt. .

Der Abg. Klemm (Sachsen) trat mit einer Reihe juristischer Bedenken für die Ungültigkeit des Mandats auf.

Niachdem noch die Abgg. Rintelen und Dr. Enneccerus für die Fortdauer, die Abgg. rancke (Tondern) und Träger für das Erlöschen des Mandats eingetreten waren, beschloß das Haus mit geringer Mehrheit, daß das Mandat des Abg. Dr. Delbrück durch den Gehaltsbezug als erloschen zu betrachten sei. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ 8 tages befindet sich in der Ersten Beilage.)

Zeitungsstimmen.

Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ bringt

ge Artikel mit der Ueberschrift: „Auf zur Wahl⸗ arbeit“: „‚Mit der Ansetzung des Wahltermins auf den 20. Februar ist in erwünschter Weise Klarheit in die Situation gebracht und damit der Ungewißheit, welche nur zu leicht zu Verabsäumungen in der Lösung dringlicher politischer Aufgaben führen konnte, ein Ziel gesetzt worden. Auf der einen Seite wird sich der gegenwärtige Reichstag zu möglichst schneller Abwickelung seiner Geschäfte angespornt fühlen, und auf der anderen Seite werden die Vorbereitungen für die Wahlen im G Lande mit allem Ernst und Eifer in die Hand genommen werden.

Dem gegenwärtigen Reichstage war es beschieden, die drei großen Trauernachrichten, welche die Herzen aller Deutschen ergriffen, entgegen nehmen zu müssen: am 16. März 1888 wurde ihm von dem Fürsten Bismarck das schmerzliche Ereigniß von dem Hinscheiden des großen Kaisers verkündet, drei Monate später sank Kaiser Friedrich dahin, sodaß der Reichstag am 25. Juni abermals zusammen treten mußte, um sich gemeinsam mit den Fürsten des Reichs um den Thron Kaiser Wilhelm's II. zu schaaren, und soeben hat er Mund seines Präsidenten die Trauerbotschaft von dem Hin⸗ scheiden der Kaiserin Augusta empfangen. Der Nation muß es Genugthuung gewährt haben, gerade bei diesen großen Ereignissen in dem Leben des jungen Reichs von dem Reichstage vertreten zu sein, welcher starke Beweise seines nationalen Bewußtseins gegeben hat und in diesem Sinne auch Zeuge jener Ereignisse gewesen ist. Was er geschaffen, darf zu den größten Thaten auf gesets geberischem Gebiet gerechnet werden: er hat die Wehrkraft den Anforderungen der Kriegs⸗ verwaltung gemäß verstärkt und auf sichere Grundlagen gestellt; er hat durch die Steuerreform die Finanzlae des Reichs und der Einzel⸗ staaten wesentlich gebessert und er hat ferner die Sozialreform mit dem Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗Gesetz einen erheblichen Schritt gefördert.

Die Nation ist nunmehr vor die Frage gestellt, ob sie will, daß die zukünftige Volksvertretung in gleicher Weise an der Förderung und gesunden Entwickelung des Reichs in Eintracht mit der Regie⸗ rung weiterarbeitet, oder ob se denjenigen Parteien die Majorität bess hafen will, welche die Wehrkraft von den Launen des Parlamen⸗ tarismus und die Finanzlage von der Popularitätshascherei der die Begehrlichkeit der Massen anregenden Elemente abhängig, sowie die Sozialreform rückgängig machen oder nach dem Trugbild der Sozial⸗ demokratie gestalten möchten, kurz, ob sie den ruhigen Pulsschlag der inneren Entwickelung hemmen und stören und so auch die Sicher⸗ heit des Reichs nach Außen gefährden will.

Die gegnerischen Elemente sind in der Unterwühlung der Massen mit verführerischen Schlagwörtern nicht lässig gewesen; sie haben außerordentliche Anst rengungen gemacht und werden sie noch machen, um das Rad des Reichs rückwärts und auf schiefe Ebenen zu zwingen. Sollten da die Freunde der gesunden politischen Entwickelung und der Größe und Wohlfahrt des Reichs die Hände in den Schoß legen, um es ruhig geschehen zu lassen, daß all' die Erfolge und Errungen⸗ schaften über den Haufen geworsen und der Geist der Nation in ein gefährliches Abenteurerthum hineingetrieben wird?

Keiner von ihnen wird dies für möglich halten. Deshalb darf aber auch keiner es an Erfüllung der Pflichten fehlen lassen, welche die Ausschreibung der Neuwahlen ihm auferlegt. Zum ersten Mal soll der Reichstag für fünf Jahre gewählt werden. Die Wähler werden somit fünf Jahre der Ruhe pflegen können; um so mehr aber ist es ihre Pflicht, jetzt noch einmal alle ihre Kräfte anzuspannen, um den Er⸗ schütrerungen des inneren und äußeren politischen Lebens vorzubeugen, die aus einem Sieg des Geistes, der stets verneint, entstehen müssen. Wohlan denn! Thue jeder seine Pflicht, daß der Feind gründlich aufs Haupt geschlagen wird. Auf zu den Wahlen, mit Gott für Kaiser und Reich!“

Aus Anlaß der Ausschreibung der Wahlen kommt die Münchener „Allgemeine Zeitung“ zu folgenden retro⸗

spektiven Betrachtungen:

„Als der gegenwärtige Reichstag im Februar 1887 gewählt werden sollte, bedurfte es nicht vieler Worte, um das deutsche Volk über die Bedeutung der Wahl aufzuklären. Willig ließ sich die Nation von der Wahlparole „Kaiserliches Heer Parlamentsheer“ leiten und mit imponirender Majorität sanktionirte sie die Auflösung des Reichstages, der an den Grundlagen der Wehrhaftigkeit des Reichs zu rütteln versucht hatte. Der neugewählte Reichstag erhielt durch die Kartellparteien eine starke Majorität, und rüstig schaffend konnte er eine Reihe wichtiger, zum Theil ganz hervorragender legislatorischer Aufgaben, wie das Alters⸗ und Invaliditätsgesetz, einem befriedigenden Ende zuführen. Vor Allem aber muß noch einmal der ungeheuren, das Reich aufs Tiefste erschütternden Ereignisse gedacht werden, die in die Zeit der Legis⸗ laturperiode dieses Reichstages fielen. Zwei Kaiser verlor das Reich in einem Jahre, und ein junger Monarch, im Volke selbst gekannt und geliebt, aber dem Auslande fremd und darum mit einigem Mißtrauen aufgenommen, bestieg den deutschen Kaiserthron. Aber jene Befürch⸗ tungen sind bis heute grundlos geblieben: Deutschland nahm, als die innere Lage nach dem zweimaligen Thronwechsel geklärt war, mit kraftvollem Entschluß seine in srofe Stil angelegte Friedenspolitik wieder auf, und als Träger dieser Politik unternahm der junge Kaiser selbst das schwere Werk, mit den mächtigsten Herrschern Europas in persönlichen Verkehr zu treten, um die früheren Allianzen wieder zu besiegeln und neue, freundlichere Beziehungen anzuknüpfen. Wie die Lösung dieser Aufgabe dem jungen Kaiser gelang, ist in der frischen Erinnerung

ller. Der Handel Deutschlands entwickelt sich kraͤftiger, seit die Bürgschaften für die Erhaltung des Friedens wieder sichere

durch den

geworden 8 sind.

1 und unverkennbar ist der Einfluß⸗ welchen der

im Jahre 1889 eingetretene Umschwung in der politischen Lage auf

die gesammten wirthschaftlichen Verhältnisse des Reichs ausgeübt hat. Wäre alles das auch erreicht worden, wenn im Deutschen Reichstage eine Majorität Windthorst⸗Richter das große Wort geführt hätte; Wir möchten daran zweifeln. Im aufreibenden Kampfe mit einer rücksichtslosen Opposition hätte die Regierung des Kaisers sich

nimmermehr mit Erfolg der Pflege der auswärtigen Beziehungen Deutschlands so widmen können, wie es mit Hülfe des Kartell⸗Reichs⸗ tages möglich gewesen. Heftige innere Stürme hätten das Reich heim⸗ gesucht und den Feinden Deutschlands die erwünschte Gelegenheit zu einem Angriff auf dessen politische Machtstellung gegeben. Das Ansehen des Reiches wäre in unberechenbarer Weise geschmälert worden, und statt ruhiger, fruchtbarer Arbeit wäre unseliger Streit der Inhalt der Legislaturperiode geworden. Der Kaiser und die ver⸗ bündeten Regierungen haben Deutschland mit sicherem Blick u

frischer Thatkraft durch die schwersten Krisen bindurch zu glücklicher, machtvoller Höhe geleitet, aber auch der Reichstag hat an diesem Werke seinen Antheil, und es ist gut daran zu erinnern. während das deutsche Volk daran geht, einen neuen Reichstag zu wählen.“

Amtliche Nachrichten des Reichs⸗Versicheungsamts. Nr. 1. Inhalt: Amtlicher Theil. Nachweisung üüber die gesammten Rechnungsergebnisse der Berufsgenossenschaften ꝛc. für das Jahr 1888. Bescheide und Beschlüsse.

Handel und Gewerbe.

Das schon mehrfach verlängerte provisorische Handels⸗ abkommen zwischen Rumänien und Frankreich vom 29. Juni 1886 ist von Neuem bis zum 10. Juli 1891 ver⸗ längert worden.

Verkehrs⸗Anstalten.

London, 14. Januar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Pretoria“ ist gestern auf der Ausreise in Southampton ange⸗ kommen. Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist gestern auf der Ausreise von Lissabon abgegangen.

Theater und Mufik.

Königliche Schauspiele.

Der Spielplan der Oper für die Zeit vom 11. Januar bis 20. Januar lautet: Am Donnerstag, den 16.: VI. Symphonie; Freitag, den 17.: Neu einstudirt: „Die Hugenotten“, Marcel: Hr. Wessel, vom Herzoglichen Hoftheater in Dessau, als Gast; Sonn⸗ abend, den 18.: „Fidelio“; Sonntag, den 19: „Die Hugenotten“, Marcel: Hr. Wessel, vom Herzoglichen Hoftheater in Dessau, als Gast; Montag, den 20.: „Tannhäuser“.

Für das Schauspiel: Am Donnerstag, den 16. Januar: „Wilbelm Tell“; Freitag, den 17.: Zum ersten Male: „Erich Brahe“; Sonnabend, den 18.: „Die Quitzows“; Sonntag den 19.: Zum ersten Male wiederholt: „Erich Brahe“; Montag, den 20: „Wilhelm Tell“.

8 Lessing⸗Theater.

Der gestrige Anzengruber⸗Gedächtniß⸗Abend wurde ein⸗ geleitet durch einen schwungvollen, von Ludwig Fulda gedichteten Prolog, welchen Fr. Eugenie Klein als Muse der Dorf⸗Poesie in der Tracht einer mit Gebirgsblumen geschmückten steyrischen Bäuerin ausdrucksvoll und ergreifend vortrug. Als am Schluß des Prologs das Laubwerk der Walddekoration sich hob und in dunklem Lorbeer⸗ gebüsch die Büste des früh vollendeten Dichters erschien, wöhrend im Hintergrunde der Blick auf die von der untergehenden Sonne röthlich bestrahlten Berggipfel fiel, da ging eine wehmüthig⸗andächtige Stimmung durch das Haus, die sich erst nach dem Fallen des Vorhangs in lautem Beifall Luft machte. Und nicht eher ruhten die Hände, als bis mit der Sprecherin auch der Verfasser erschien, um den Dank des Publikums entgegen⸗ zunehmen. Der über den Charakter einer bloßen Gelegenheitsdichtung hinaus nicht nur formell sorgfältig gearbeitete, sondern auch gedanken⸗ tiefe poetische Nachruf wurde nachher gedruckt im Hause vertheilt. Zur Aufführung war aus den dramatischen Werken Anzengruber’s das Bauern⸗Lustspiel „Die Kreuzelschreiber“ gewählt, und die Direk⸗ tion hatte eine Ehre darin gesucht, dem Stück eine möglichst voll⸗ kommene Darstellung zu geben. In der That waren die Leistungen des Personals in der diesem doch so fern liegenden oberländischen Dialekt⸗ Dichtung zum Theil geradezu überraschend und unübertrefflich. Dies kann namentlich von Hrn. Hugo Ranzenberg in der Rolle des uber und von Hrn. Klein als Steinklopferhans gesagt werden, welche schauspielerische Schöpfungen von einer in allen Einzelzügen so urwüchsig derben Echtheit und Ursprünglichkeit des Humors darboten, daß man seine gane ungetrübte Freude daran hatte. Auch Hr. Otto Vischer in der

polle des alten Brenninger trug die tragikomische Erzählung seines häuslichen Unglücks mit einer tiefinnerlich packenden Wahrheit vor und erreichte damit eine großartige Wirkung. Wie Anzengruber seine Männercharaktere stets mit Voeliebe und größerer Breite behandelt hat als die weiblichen, so tritt auch hier nur das junge Weib des Huber, das Seferl, mehr hervor, welches von Frl. Jenny Groß mit entzückender Schelmerei und ländlicher Anmuth gespielt wurde. Frl. Reichenbach, sowie die Hrrn. Nollet und Dietrichstein ragten aus den übrigen Mitwirkenden besonders anerkennenswerth hervor. Die dialektische Echtheit des Ensembles wurde nur vereinzelt durch der Mund⸗ art nicht ganz mächtige Mitspieler beeinträchtigt; in dieser Beziehung könnte wohl noch Wandel geschaffen werden. Im Allgemeinen war die Aufführung unter der geschickten Regie des Hrn. van Hell mit der größten Sorgfalt inscenirt und in hohem Geade beifallswürdig. Auch die Ausstattung in Dekorationen und Kostümen war reich und originell; die Hauptdarsteller, namentlich Hr. Klein und Hr. Vischer hatten sich auch eine rück⸗ sichtslos wahre Maske geschaffn. Das literarische Berlin halte sich gestern zur Ehrung Anzengruber's im Lessing⸗Theater ein Stelldichein gegeben, und das bis auf den letzten Platz besetzte Haus kargte nicht mit der wohlverdienten Anerkennung für die fast in jeder Beziehung vollendete Aufführung. e

Wallner⸗Theater.

G. von Moser's Lustspiel „Ultimo“, welches vor Jahren auf dieser Bühne mit durchschlagendem Erfolge aufgeführt wurde, fand auch gestern den ungetheilten Beifall des gut besetzten Hauses. Die gemüthvolle Stimmung, welche die Handlung durchzieht, in Verbindung mit guter Laune und häufig treffender Satire, übte auch gestern wieder die erfreulichste Wirkung aus; fröhliche Stimmung und stürmische Beifallsäußerungen bildeten die Signatur des Abends und bezengten einen neuen Sieg des Verfassers und der musterhaften Darstellung, welche durch Frische des Spiels und ursprüngliche Auffassung das Alte mit neuem Leben erfüllte. Im Mittelpunkt der Handlung steht bekanntlich der ge⸗ schäftskundige und urgemüthliche Kommerzien⸗Rath Schlegel, den Hr. Guthery mit vielem Geschick gab; sein Angesicht drückte beständig gute Laune und so viel innere Fröhlichkeit aus, daß eine Rückwirkung auf die Zuschauer nicht ausbleiben konnte. Hr. Gimnig stellte einen nicht mehr ganz jungen Lebemann mit

Natürlichkeit und scharfer Charakteristik dar; fern von possenhafter

Uebertreibung schuf er eine eigenartige Gestalt, belustigend und an⸗ heimelnd. Den jungen, frohsinnigen Fehhaber mit dem überströmen⸗ den Herzen gab Hr. Alexander mit launiger Liebenswürdigkeit; im entgegengesetzten Fahrwasser bewegte sich Hr. Kurz, der den galligen, gereizten Professor in einer sehr komischen Maske mit viel Temperament wirkungsvoll gestaltete. In kleineren Rollen trugen auch die Hrrn. Meißner und Müller zum schönen Gelingen des Ganzen bei. Schramm in erster Linie Anerkennung für ihre treffliche Leistung als poetisch angehauchte Komme ihin, die mit Schmeichelei

Von den Damen gebührt wieder Fr.