Gee bee
veniger zufriedenstellend.
—
* 8
richtiger Frömmigkeit und echter Barmherzigkeit, . ddie zablreichen und großartigen Schöpfungen werkthätiger, christlicher Liebe, deren Seele die hohe Verblichene war, so beredtes Zeugniß ab⸗ Auf dem Gebiete der Ihrer Fürsorge anvertrauten Verwal⸗ tung haben Sie, den sorgfältig vorbereiteten und begründeten An⸗ rägen ihrer Organe entsprechend, den Hausbhaltsplan fuͤr die nächsten beiden Rechnungsjahre fe tgestellt, für die weitere Ausstattung und fernere Entwickelung der Provinzialanstalten in reicher Weise gesorgt und insbesondere den Neubau einer Taubstummenanstalt in Oster⸗ urg und einer Hebammenanstalt in Magdeburg gesichert. Auch haben Sie Ihr lebhaftes Interesse für die heimische Landwirthschaft in erfreulicher eise dadurch bethätigt, daß Sie zum Zwecke der Anlage und Unterbaltung eines Sortenobst⸗ artens mit Baumschule die erforderlichen Mittel bewilligt haben. Den Beamten der Provinzialverwaltung haben Sie ferner dadurch ine Erleichterung verschafft, daß Sie, dem Vorgang der Königlichen Staatsregierung entsprechend, die Wittwen⸗ und Waisengelderbeiträge auf die Provinz übernommen haben. Auch gereicht es der König⸗ ichen Staatsregierung zur Befriedigung, daß Sie das Fortbestehen er drei Gewerbekammern der diesseitigen Provinz für den Rest der rsten sechsjährigen Wahlperiode durch Einstellung der erforderlichen Mittel in den Hausbaltsplan gesichert haben. Ihre in Ansehung er anderweiten Organisation der Gewerbekammern geäußerten Wünsche werden, wie ich Ihnen in Aussicht stellen zu können laube, Seitens der Königlichen Staatsregierung einer sorgfältigen nd wohlwollenden Erwägung unterzogen werden. Die Einmüthigkeit, mit welcher in der großen Mehrzahl Ihre Beschlüsse gefaßt worden ind, legt ein neues erfreuliches Zeugniß von dem Geiste ab, welcher uch den neugewählten Prodinzial⸗Landtag beseelt. Sie dürfen auch aher nach meiner Ansicht mit dem Bewußtsein scheiden, daß Ihre Berathungen zur weiteren segensreichen Entwickelung unserer Provinz beitragen werden. Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich den elften
Provinzial⸗Landtag der Provinz Sachsen für geschlossen. Der stellvertretende Vorsitzende brachte alsdann ein Hoch uf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die Mitglieder des Landtages dreimal lebhaft ein⸗ immten.
Bayern. München, 15. Januar. (Allg. Ztg.) ³ Kammer der Abgeordneten wählte heute an Stelle des verstorbenen Abg. von Alvens den Abg. Neumayer um Vize⸗Präsidenten, und ging dann zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend den Vollzug der durch die Militär⸗ erichte erkannten Todesstrafen, über. Die Kommission hatte
die Vorlage insofern abgeändert, als sie dem Kriegs⸗
MNinisterium den Erlaß von Vollzugsvorschriften zur Todes⸗
strafe unter Beachtung der bereits bestehenden gesetzlichen Be⸗ timmungen ebenso anheimgeben will, wie bereits das Justiz⸗ Ministerium zu solchen Vorschriften ermächtigt ist. Der Staats⸗Minister Freiherr von Leonxrod erklärte, daß die Regierung mit der neu beantragten Fassung einverstanden sei. Der Gesetzentwurf wurde sodann in ebenderselben einstimmig angenommen.
Sachsen. Dresden, 15. Januar. (Dr. Journ.) Den Gegenstand der Tagesordnung für die heutige Sitzung der weiten Kammer bildete die Schlußberathung des Berichts er Finanzdeputation A über die Kap. 63— 69, 71 und 72 es Etats des Ministeriums des Innern (Beiträge ür wohlthätige Anstalten und für den Feuerwehrfonds, Landarmenwesen, Grenzregulirungen, Kunstzwecke, Statistisches Bureau, Allgemeine Ausgaben). Sämmtliche Kapitel wurden, dem Antrage der Deputation entsprechend, nach der Regierungsvorlage bewilligt. Der seit Jahren im Gange be⸗ findlichen Inventarisirung der im Lande vorhandenen älteren Kunst⸗ und Baudenkmale und deren Leiter, Prof. Dr. Steche, vwurde bei der Berathung von mehreren Seiten die lebhafteste Anerkennung gezollt.
3 Württemberg. (+) Stuttgart, 15. Januar. Se. Majestät der König, tief ergriffen von dem so rasch eingetretenen Hingang des Ober⸗Hospredigers Prälaten Dr. von Gerok, dem Höchstderselbe mit besonderer Werthschätzung und An⸗ änglichkeit zugethan war, hat sofort nach Empfang der Trauernachricht den Hinterbliebenen, insbesondere der tief⸗ gebeugten Wittwe seine innigste Theilnahme an dem schmerz⸗ lichen Verluste aussprechen lassen. 8 Die Besserung in dem Befinden Ihrer Majestät der Königin macht stetig erfreuliche Fortschritte.
Baden. Karlsruhe, 15. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Ersten Kammer widmete der Präsident Serger weiland Ihrer Majestät der Kaiserin Augusta einen warm empfundenen Nachruf. Das Haus eschloß im Anschluß daran die Absendung einer Beileids⸗ Adresse an Ihre Königlichen Hoheiten den Großherzog
und die Großherzoain. Ztg.)
Hessen. Darmstadt, 15. Januar. (Darmst. An die Zweite Kammer der Stände ist Seitens des Großherzoglichen Staats⸗Ministeriums die erste Nachweisung über die Einnahmen und Ausgaben an Domanial⸗ und Staatsvermögen in der Finanzperiode 1882 — 85 und
ie zweite Nachweisung über die Einnahmen und Aus⸗ gaben der Fonds zur Ergänzung des Familien⸗ Ligenthums des Großherzoglichen Hauses in der 85 eae Periode nebst Erläuterungen zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung übersendet worden.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 15. Januar. ecl. Nachr.) Das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Iroßherzogs ist, wie aus Cannes gemeldet wird, etwas t zufr Dagegen sind Ihre Kaiser⸗ liche Hoheit die Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Herzogin Cäcilie, welche ebenfalls von der In⸗ fluenza befallen war, vollkommen wieder hergestellt. Das
efinden Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin⸗ Mutter ist bei langsam fortschreitender Zunahme der Kräfte
anhaltend ein befriedigendes. Ihre Königliche Hoheit hat nunmehr in Aussicht genommen, ungefähr Ende dieses Monats die Reise nach Meran anzutreten.
ABraunschweig. (K.) Braunschweig, 16. Januar.
Se. Königliche Hoheit der Regent, Prinz Albrecht von Preußen, hat die Mitglieder der Landes⸗Versammlung auf den 28. d. M. zusammenberufen.
Anhalt. Dessau, 15. Januar. (Anh. St.⸗A.) Die Besserung im Befinden Ihrer Hoheit der Herzogin ist so weit vorgeschritten, daß Berichte nicht mehr ausgegeben werden.
Lippe. Detmold, 12. Januar. (Köln. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums Lippe ist geschlossen worden. Das Hauptergebniß der Session war die Berathung und An⸗ nahme des Staatsvertrages über den Bau der Eisenbahnen Detmold⸗Sandebeck⸗Altenbeken und Lage⸗Hameln sowie die des Etats für 1890, Außerdem kamen noch ver⸗ iedene lleinere Vorlagen zur Verhandlun
LSc 1
8
25
tsche Kolonien. Nach einer Meldung des „Reuter⸗
schen Bureaus“ aus Zanzibar vom gestrigen Tage hätte der noch in Bagamoyo besindliche Emin Pascha einen Rück⸗ fall gehabt und wäre sein Zustand ein sehr ungünstig
48
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Ausgleichskonferenz, welche 4 Stunden dauerte, wurde die Berathung der Justiz⸗ angelegenheiten fortgesetzt.
Großbritannien und v London, 14. Januar. Das Ultimatum, welches Lord Salisbury am 11. d. M. an Portugal richtete, lautet nach der „Times“ wie folgt:
„Die Regierung Ihrer Britannischen Majestät kann die von der portugiesischen Regierung ertheilten Versicherungen, wie sie dieselben interpretirt, nicht als befriedigend oder hinreichend annehmen. Ihrer Britannischen Majestät interimistischer Konsul in Mozambique telegraphirt, Major Serpa Pinto'’s eigene Autorität citirend, daß die Expedition den Shire, Katangas und andere Plätze, Territorien der Makololos, bereits besetzt habe und daß dieselben befestigt und mit Besatzungen versehen würden. Ihrer Britannischen Majestät Regierung wünscht und besteht darauf, daß dem Gouverneur von Mozambique die folgende telegraphische Instruktion unverzüglich gesendet werde: „Ziehen Sie alle portugiesischen Streitkräfte zurück, die thatsächlich am Shire so⸗ wie in den Territorien der Makololos und in Mashonaland sind.“ Ihrer Britannischen Majestät Regierung versteht, daß ohne dies die von der portugiesischen Regierung ertheilten Versicherungen illusorisch sind, und Mr. Petre wird sich in Verfolg seiner Weisungen genöthigt fühlen, sich mit sämmtlichen Mitgliedern der Legation unverzüglich von Lissabon zu entfernen, Falls er nicht eine befriedigende Antwort auf die vorhergehende Mittheilung heute i auf Ihrer Ie Schiff „Enchantreß“ in Vigo, das seiner Befehle harrt, empfängt.“
Senhor de Barros Gomez beantwortete dieses Ultimatum mit einer Note, welche wie folgt schließt:
„Angesichts eines bevorstehenden Abbruches der Beziehungen zu Großbritannien und aller Folgen, welche daraus entstehen dürften,
iebt Sr. Majestät Regierung den jüngst in den erwähnten beiden Noten
1 Erfordernissen nach, und indem sie in jeder Hinsicht sich die Anrechte der portugiesischen Krone auf die erwähnten afrikanischen Regionen sowie auch das ihr durch Artikel XII der Berliner Kon⸗ vention verliehene Recht vorbehält, die Streitfrage durch Vermitte⸗ lung oder Schiedsgericht zu einer endgültigen Lösung zu bringen, wird Sr. Majestät Regierung dem Gouverneur von Mozambique die von Großbritannien erzwungenen Befehle senden.“
Das britische Kanalgeschwader segelte am Dienstag Nachmittag von Gibraltar ab; seine Bestimmung ist unbe⸗ kannt. Die Panzerschiffe „Benbow“ und „Colossus“ bleiben vorläufig in Gibraltar.
Ueber den neuen englisch⸗amerikanischen Aus⸗ lieferungsvertrag wird aus Ottawa berichtet:
Der Vertrag ist eine Erweiterung des Afhburton'schen Vertrages von 1842. Folgende Verbrechen sind neu darin aufgenommen: Mord⸗ versuch und Mordkomplott, Todtschlag, Falschmünzerei, Einbruch, Unterschlagung oder Diebstahl von 50 Doll. Werth an, Entführung und unzüchtiger Angriff auf Frauen, böswillige Eigenthumsbeschädigung mit Gefährdung eines Menschen, verbrecherisches Anbohren oder Zerstören von Schiffen auf hoher See oder auf den großen amerikanischen Seen und Komplott zu dem Ende, thätlicher Angriff an Bord eines Schiffes auf hoher See oder auf den großen Seen, um Leben zu vernichten oder schlimme Körperverletzungen herbeizuführen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Januar.
W. T. B.) Der „Regierungs⸗Anzeiger“ veröffentlicht ein andschreiben des Kaisers an den General⸗Gou⸗ verneur von Moskau, in welchem es heißt:
„Ins neue Jahr tretend, bitte Ich Gott, es möge sich auch hinfort die Entwickelung der inneren Kräfte des geliebten Vaterlandes ununterbrochen und ungestört inmitten des von Allen gewünschten und Alle beglückenden Friedens vollziehen.“
Italien. Rom, 15. Januar. (W. T. B.) Der Kron⸗ prinz Victor Emanuel hat heute von Neapel aus seine Orientreise angetreten.
Spanien. Ma drid, 15. Januar. (W. T. B.) Der König hatte nach dem heute Morgen ausgegebenen Bulletin eine gute Nacht; die Besserung dauert fort.
Serbien. Belgrad, 15. Januar. (W. T. B.) Der König Alexander hat vom Zaren dessen Porträt erhalten, in Erwiderung eines gleichen Geschenkes, welches der König anläßlich seiner Salbung dem Zaren übersandte.
Amerika. Brasilien. Aus Rio de Janeiro in New⸗York brieflich eingetroffene Nachrichten des „W. T. B.“ über die revolutionäre Gegenbewegung vom 18. De⸗ zember melden, daß am Vormittage des genannten Tages eine Anzahl dem Kaiser Dom Pedro ergebener Bürger, unterstützt von dem zweiten Artillerie⸗Regiment, vor das Palais zogen, die republikanische Fahne, die auf diesem wehte, herabnahmen und die Kaiserliche aufzogen. Bald darauf marschirten Soldaten der provisorischen Regierung nach dem Schauplatz und das Gemetzel begann. Die Aufständischen wurden rasch besiegt, die Anführer des Aufruhrs verhaftet und die rebellirenden Soldaten in der Kaserne eingesperrt. Unter Beifallskundgebungen der Re⸗ publikaner wurde die Fahne der Republik wieder aufgezogen. Gegen hundert Kaiserliche kamen dabei um oder wurden verwundet; 21 Aufrührer wurden auf Befehl der Regierung erschossen. Der Aufruhr soll durch Unzufriedenheit der Soldaten mit ihrem Solde entstanden sein.
Afrika. Egypten. Kairo, 15. Januar. (W. T. B.) Der Khedive hat Stanley den Groß⸗Cordon des Os⸗ manié⸗Ordens verliehen und auch die anderen Offiziere der Expedition durch Dekorationen ausgezeichnet.
Parlamentarische Nachrichten. 8 n der . (44.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Reichsschatzamts Freiherr von Maltzahn, der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts Dr. von Stephan, der bayerische Bevollmächtigte General⸗Major Ritter von Lylander und Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident zunächst den Eingang einer weiteren Samm⸗ lung von Aktenstücken über Ost⸗Afrika mit.
„Auf der Tagesordnung stand als erster Gegenstand die zweite der des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststel 19 des Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1890/91, und zwar zunächst des Spezial⸗ Etats der Reichs⸗, Post⸗ und Telegraphen⸗Verwal⸗
tung, von welchem noch einige Titel ausstehen
8 ö 1b
Vom Ordinarium stehen zunächst Kap. 3 27 und 28 zur Berathung. Hierzu liegen folgende Anträge vor. Ein Antrag der Abgg. Richter und Baumbach:
den Reichskanzler zu ersuchen, in Erwägung zu nehmen, ob nicht der Wohnungsgeldzuschuß für die unteren Beamten, den Theuerungs⸗ verhältnissen entsprechend, einer Erhöhung zu unterziehen sei.
Ferner ein Antrag des Abg. Singer:
1) Im Kap. 3 Tit. 25, fortdauernde Ausgaben, Betriebs⸗ verwaltung, zur Erhöhung des Minimalgehalts der Unterbeamten von 800 ℳ auf 850 ℳ die Summe von ℳ in den Etat mehr e.nzusetzen und dementsprechend in Zeile 4 des Titels 25 statt 800 ℳ zu setzen 850 ℳ
2) Im Kap. 3 Tit. 26 die Summe von 144 500 ℳ mehr vnsnseen und das Durchschnittsgehalt von 800 ℳ auf 850 ℳ zu erhöhen.
3) Im Kap. 3 Tit. 27 die Summe von 675 000 ℳ mehr einzusetzen und damit das Durchschnittsgehalt von 650 ℳ auf 700 ℳ zu erhöhen.
Sodann ein Antrag des Abg. Frhrn. von Ow:
„den Reichskanzler zu ersuchen, in Erwägung zu nehmen, ob nicht die Gehälter für die unteren Beamten einer Erhöhung zu unterziehen seien.
Ein zum Kommissionsantrag gestellter Antrag geht dahin, Zuschläge für Unterbeamte der Postverwaltung in Gestalt eines Nachtrags⸗Etats noch vor der dritten Lesung des Haupt⸗ Etats eintreten zu lassen.
Abg. Baumbach: Der in der Kommission beschlossenen Resolution, die Regierungen zu ersuchen, in Erwägung zu nehmen, ob nicht im nächsten Etat eine Aufbesserung der Post⸗Unterbeamten eintreten könne, stimme er bereitwillig zu. Aber es sei zu bedenken, daß die Beamten dann noch anderthalb Jahre warten müßten, während doch gerade jetzt eine Theuerung die Aufbesserung dringend wünschens⸗ werth mache. Daß eine Theuerung vorhanden sei, beweise das Vorgehen der Königlich sächsischen Regierung. Daß der Bundesrath über diese Frage noch keine bindende Erklärung abgeben wolle, bevor ein Beschluß des Reichstages vorliege, diene nur dazu, die Angelegenheit noch in der Schwebe zu lassen. Beim Militär⸗ Etat sei, auch ohne daß ein formeller Beschluß des Reichstages vorgelegen habe, eine Erhöhung um 2 ½ Millionen für Fouragelieferungen vom Bundesrath genehmigt worden. Die Einwendungen in der Kommission gegen seinen Antrag, daß nach einer Gehaltsaufbesserung der Reichs⸗Postbeamten auch alsbald die preußischen Beamten folgen müßten, seien durch die letzte Thronrede, die ja gerade eine solche Aufbesserung der preußischen Beamten in Aussicht stelle, hin⸗ fällig geworden. Er behalte sich vor, seinen Antrag in der dritten Lesung wieder einzubringen, denn es sei wünschens⸗ werth, noch in dieser Session etwas Positives für die Unter⸗ beamten zu schaffen.
Bei Schluß des Blattes erhält der Staats⸗Minister Dr. von Boetticher das Wort.
— In der heutigen (2.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz und der Minister des Innern Herrfurth beiwohnten, gab der Präsident der vorigen Session von Köller sürhn eine Ueber⸗ sicht über die inzwischen eingetretenen Veränderungen im Mitgliederbestande.
Das Andenken der verstorbenen Mitglieder ehrten die Abgeordneten durch Erheben von den Sitzen.
Auf der Tagesordnung stand an erster Stelle: Wahl des Präsidenten, der beiden Vize⸗Präsidenten und der Schriftführer. Den Vorsitz übernahm der zweite Vize⸗ Präsident der vorigen Session, Abg. v. Benda.
Auf Antrag des Abg. Stengel wurde der Abg. v. Köller durch Zuruf zum Präsidenten gewählt.
Der Abg. von Köller nahm die Wahl mit einigen Worten des Dankes an und übernahm wieder den Vorsitz.
Durch Füruf wurden auf Antrag des Abg. Stengel
sodann der Abg. Dr. Freiherr von Heereman zum ersten, der Abg. von Benda zum zweiten Vize⸗Präsidenten wiedergewählt.
Der Abg. von Benda erklärte dankend die Annahme der Wahl, der Abg. Freiherr von Heereman war wegen Krankheit nicht anwesend und wird über die Annahme der Wahl be⸗ fragt werden.
Zu Schriftführern wurden auf Vorschlag des Abg. Stengel die Abgg. Barth, Bohtz, Kolisch, Imwalle, Dr. Mithoff, von Rehdiger, Sperlich und Vopelius durch Zuruf gewählt.
Die Abgg. Francke und Liebermann wurden von dem Präsidenten zu Quästoren ernannt.
Damit war das Haus konstituirt, und der Präsident er⸗ klärte, daß er Sr. Majjestät dem Könige die vorgeschrie⸗ bene Anzeige davon machen werde.
Hierauf nahm Finanz⸗Minister Dr. von Scholz zur Einbringung der Staatshaushaltsvorlage für das Jahr 1890/91 das Wort. (Schluß des Blattes.)
(Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des een beu⸗ . sich in der Ersten eilage.
Zur Wahlbewegung.
Von der bisher vorliegenden Kandidatenaufstellung für die bevorstehenden Reichstagswahlen entwirft die „National⸗ liberale Correspondenz“ folgendes Gesammtbild:
Die Deutschkonservativen haben in 80 Wahlkreisen ihres Besitzstandes 15 bisherige Vertreter und 11 neue Kandidaten auf⸗ gestelt; außerdem 4 gegen freisinnigen, 1 gegen nationalliberalen,
gegen sozialistischen, 1 gegen polnischen, 1 gegen demokratischen Besitzstand; zusammen 35 Kandidaturen. Die Freikonservatvien haben in 39 Wahlkreisen ihres Besitzstandes 19 bis⸗ berige und 2 neue Bewerber aufgestellt; außerdem 1 gegen freisinnigen, 1 hegen antisemitischen Besitzstand, zusammen 23 Kandi⸗ daturen. Die Nationalliberalen haben in 94 Wahlkreisen 46 bis⸗ herige und 13 neue Kandidaten aufgestellt (es sind also noch 35 Wahl⸗ kreise des Besitzes mit Erledigung der Kandidatenfrage im Rückstand); außerdem 10 gegen freisinnigen, 2 gegen ultramontanen, 4 gegen sozialistischen, 5 gegen welfischen, 1 gegen demokratischen, 1 gegen wild⸗ liberalen Besitzstand; zusammen 82 Kandidaturen. Die Centrums⸗ partei bat bis jetzt erst 15 alte und 2 neue Bewerber in ihren 99 Wahl⸗ kreisen definitiv benannt; außerdem 2 gegen konservativen Besitz; zusammen 19 Kandidaturen. Die Deutschfreisinnigen haben in 35 Wabhlkreifen ihres Besitzstandes 16 alte und 3 neue Kandidaten aufgestellt; außer⸗ dem 1 gegen ultramontanen, 25 gegen nationalliberalen, 25 gegen konservativen, 5 gegen sozialistischen, 1 gegen wildliberalen Besitz⸗ stand, zusammen 76 Kandidaturen. Die Sozialdemokraten haben in ihren 11 Wahlkreisen die Kandidaturen durchweg erledigt und 10 alte und 1 neuen Bewerber aufgestellt, außer⸗ 7 hegen feriunigen 27 gegen ultramontanen, 49 gegen
Tit. 6, 25, 265,
8 4
8 88 antisemitischen und 1 8 wildliberalen Besitzstand, zusammen
nationalliberalen, 47 gegen konservativen, 1 gegen welfischen, 1 geqen
164 Kandidaturen. Die Polen haben in ihren 13 Wahlkreisen bislang 5 alte und 1 neuen Bewerber, dazu 2 gegen nationallibe⸗ ralen, 2 gegen konservativen Besitzstand genannt; zusammen 10 Kan⸗ didaturen. Die Welfen haben 5 Vertreter wieder aufgestellt und greifen die Nationalliberalen in 3 Wabhlkreisen, die Sozialisten in 1 an, stellen auch eine Zählkandidatur in dem braunschweiger Wahl⸗ kreise auf, der bis dahin wildliberal vertreten war; zusammen 10 Kandidaturen. Die Demokraten haben ihren 1 Mann in Ansbach wieder aufgestellt und greifen in 5 Kreisen die Nationalliberalen, in 4 die Konservativen in deren Besitzstand an; zusammen 10 Kan⸗ didaturen Die Antisemiten haben ebenfalls ihren 1 Mann in Marburg wieder aufgestellt und greifen 1 Freisinnigen, 5 National⸗ liberale und 4 Konservative an; zusammen 11 Kandidaturen. Endlich sind zu verzeichnen eine unbestimmte liberale Kandidatur nichtfort⸗ schrittlicher Richtung in Dessau, biesher nationalliberal, 1 liberale Kandidatur in Bückeburg, bisher konservativ, 2 liberale Kandidaturen fortschrittlicher Richtung in Dithmarschen und Jena, ferner 1 Arbeiter⸗ Kandidatur in Saarbrücken und 1 national⸗katholische Kandidatur.
Zeitungsstimmen.
Zu der Rede, mit welcher gestern der preußische
Landtag eröffnet wurde, bemerkt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“: 1 „Von hoher Bedeutsamkeit erscheint, was die Thronrede über jene Arbeiterausstände sagt, die namentlich in den Kohlenbezirken in großem Umfange unter Nichtinnehaltung der Kündigungsfrist und theils leider auch nicht ohne Gewaltkthätigkeiten erfolgten, und das frfreuliche Bild, welches der Aufschwung von Handel und Erwerbs⸗ thätigkeit im Lande boten, trübten. “
Mit Recht hebt die Thronrede hervor, wie es den Kaiser und König mit Befriedigung erfüllt habe, daß die Arbeitgeber, vielfach
mit Zurückstellung eigener Interessen, bestrebt gewesen sind,
begründeten Beschwerden der Bergarbeiter Abhülfe zu schaffen
und selbst weitgehenden Forderungen derselben entgegen zu
kommen. Hieraus erschien allerdings die an höchster Stelle
gehegte, in der Thronrede berührte Erwartung berechtigt, daß
fernere Versuche zur Störung der Eintracht zwischen den Gruben⸗ bseeh und den Bergarbeitern an dem gesunden Sinn der Be⸗ völkerung scheitern und daß die für die gesammte Arbeiterschaft nicht minder wie für den Bestand der Industrie gefährlichen Unter⸗ brechungen wirthschaftlicher Thätigkeit fortan unterbleiben würden. Wenn die Königliche Staatsregierung, welche bekanntlich eine zum Ab⸗ schluß gelangte und der Veröffentlichung nahe, eingehende Untersuchung der von den Bergarbeitern erhobenen Beschwerden und Forderungen hat vornehmen lassen, dieser Frage unausgesetzt ihre Auf⸗ merksamkeit zuwendet, so wird man das im Lande ebenso mit Dank anerkennen, wie daß andererseits Vorsorge getroffen wurde, jeder Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung fofort mit Erfolg entgegentreten zu können. Der Fürsorge für die Wohlfahrt der arbeitenden Klassen ist durch die Gesetzgebung über die Ver⸗ sicherung der Arbeiter gegen die Folgen von Krankheit, Unfall und Invalidität Ausdruck gegeben, und es wird auch ferner nicht davon abgelassen werden, weiter hervortretende Bedürfnisse sorgfältig zu beachten und deren Befriedigung anzustreben. Jene Fürsorge in Ver⸗ bindung mit der eingetretenen Steigerung der Löhne sollte aber — so betont die Thronrede — auch eine Gewähr dafür bieten, daß das Bewußtsein einer mehr gesicherten Lage die Arbeiter in wachsendem Umfange durchdringen werde.
Ueber die Grenzen Preußens und des Reichs hinaus wird man es freudig begrüßen, daß der Kaiser zu seiner Freude die Beziehungen Deutschlands zu den auswärtigen Mächten nach allen Seiten als gute bezeichnen lassen konnte 8
Mit dem Monarchen wird das Land die Zuversicht theilen, daß auch in dieser Session die Arbeiten der preußischen Volksvertretung, vom Geiste vertrauensvollen Zusammenwirkens mit der Staatsregie⸗ rung getragen, zur Förderung des Wohles und Gedeihens des Landes gereichen werden.“
Einer Betrachtung der„Magdeburgischen Zeitung“ über die Thronrede entnehmen wir Folgendes:
„Die Versicherung, daß eine vermehrte Tilgung der Staats⸗ schuld stattfinden solle, daß die Finanzlage des Staats nach den Er⸗ gebnissen des letzten Rechnungsjahres eine günstige geblieben sei, und daß man trotz sparsamer und vorsichtiger Finanzwirthschaft doch neue und vermehrte Ausgaben für Kunst und Wessenschaft, für Verkehrs⸗ anstalten aller Art und die Landwirthschaft machen werde, kann nur mit Befriedigung erfüllen.
Am Schluß wird auch der auswärtigen Beziehungen Deutsch⸗ lands gedacht, die „zur Freude des Kaisers und Königs“ als „nach allen Seiten gute“ hingestellt werden. Mit dieser neuen Friedens⸗ kundgebung, die ja in Preußen bei der Landtagseröffnung nicht immer üblich war, schließt die Thronrede in erfreulicher Weise.“
Fast sämmtliche heutigen Wiener Blätter besprechen, wie „W. T. B.“ meldet, die Thronrede zur Eröffnung des preußischen Landtages: Das „Fremdenblatt“ meint: die Thronrede bekunde aufs Neue, Deutschland und Preußen wollten nicht nur stark und friedlich nach Außen, son⸗ dern auch stark und friedlich im Innern bleiben; deshalb werde sie ungetheilt freudige Aufnahme im preußischen Volke finden. — Die „Presse“ und die „Neue freie Presse“ heben beide her⸗ vor, daß die Thronrede das Gepräge absichtlicher Ge⸗ schäftsmäßigkeit trage; das erstere Blatt erblickt darin ein leuchtendes Beispiel, wie die Sphären der de nicht überschritten werden dürften, sondern wie dem Kaiser bei solchen Anlässen gegeben werden müsse, was des Kaisers sei. Die „Neue freie Presse“ weist auf den die u. Politik betreffenden Passus hin und bemerkt: denselben habe man eigentlich nicht erwartet, da nach dem Berliner Brauch die Erwähnung der auswärtigen Beziehungen dem Reichstage vorbehalten sei; um so dankenswerther sei die Versicherung der Thronrede, welche eine Friedensbotschaft sei, da Friedens⸗ botschaften niemals oft genug vernommen werden könnten. In ähnlicher Weise äußern sich auch die übrigen Blätter.
Von den heutigen Londoner Zeitungen besprechen die „Times“ und die „Morningpost“ die preußische Thronrede sehr beifällig. wie „Times“ sagt: die Erklärung des Deutschen Kaisers, daß die Beziehungen Deutschlands zu den fremden Mächten überall gute sind, stelle eine Thatsache von höchster Wichtigkeit für den europäischen Frieden dar.
Zu der Bewilligung des Militär⸗Etats im Reichstage bemerkt der „Hannoversche Courier”:
„Das wunderbare und unerwartete Schauspiel, das der Reichstag am Montag durch die Erledigung der zweiten Lesung des Militär⸗ Budgets in einer einzigen Sitzung gegeben, fand am Dienstag
. seinen würdigen Abschluß durch die debattelose Genehmigung der für Artillerie- und Waffenwesen geforderten außerordentlichen Ausgaben von 107 Millionen. Daß die Freisinnigen, ja sogar auch die Sozialdemokraten sich diese Gelegenheit entgehen ließen, um über die Unersättlichkeit des Molochs „Militarismus beweg⸗ liche Klage zu erheben, ist jedenfalls ein Zeichen der, Zeit; wenn aber die ersteren sich veranlaßt sahen, für diese un⸗ eheueren Forderungen ohne jeglichen Vorbehalt zu stimmen, o mögen vielleicht verschiedene Gründe für sie maßgebend gewesen sein; vor allen Dingen die Erwägung, daß es auf die Wähler einen nicht günstigen Eindruck machen würde, wenn sie die Mittel für die
von den militärischen Autoritäten für nothwendig erklärte Verstärkung unserer Wehrkraft nicht ebenso bereitwillig votirten, wie die Kartell⸗ parteien. Vielleicht fühlten sie auch das Bedürfniß, die Unzufrieden⸗ hbeit, die ihre oppositionelle Haltung gegen die Marineforderungen, namentlich die Ablehnung der Kaiseryacht und die dafür geltend ge⸗ machten Gründe in weiten Kreisen erregt hatten, durch ein Entgegenkommen den weiteren militärischen Forderungen gegen⸗ über zu beschwichtigen. Vielleicht glaubten sie sich auch des⸗ halb der glatten Bewilligung dieser großen Summen nicht entziehen zu dürfen, weil der Kaiser beim Empfang des Reichstags⸗Präsidiums so nachdrücklich darauf hingewiesen, daß die Erhaltung des Welt⸗ friedens nur dann mit Sicherheit zu erwarten sei, wenn Deutschland seine militärische Rüstung in bestem Stande erhalte. Was aber auch immer im Einzelnen die Freisinnigen zu ihrer Haltung für Gründe gehabt haben mögen, so stellen wir doch mit Genugthuung die Thatsache fest, daß auch diesmal der Deutsche Reichstag mit möglichster Einmüthigkeit durch die Bewilligung der für die Verbesserung und Verstärkung unserer Heereseinrich⸗ tungen geforderten Summen einen erhebenden Beweis seines Patriotismus gegeben hat, und wir geben uns der zuversichtlichen Hoffnung hin, daß die patriotische Haltung der deut⸗ schen Reichsvertretung, diese Einmüthigkeit aller auf dem Boden der heutigen staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung stehenden Parteien bei Freund und Feind ihren Eindruck nicht verfehlen wird. Aber wir können auch nicht unterlassen, unserer Ueberzeugung dahin Aus⸗ druck zu geben, daß der Kartellmehrheit ein wesentliches Verdienst auch an dem diesmaligen Reichstagsbeschlusse zukommt. Ein derartiger Beschluß wäre und ist thatsächlich in dem vorigen Reichstage, in welchem die Firma Windthorst⸗Richter⸗Grillenberger dominirte, nicht mög⸗ lich gewesen, jede Forderung der Regierung mußte sich die erheblichsten Abstriche gefallen lassen, und schließlich zwangen die Schwierigkeiten, welche dieser Reichstag in der Frage des Septennats und der damit verbundenen Mehrforderungen für das Heer machte, die Regierungen zur Auflösung desselben. Der ihn ablösende „Kartellreichstag“ hat nicht leichthin alle Forderungen, auch nur die militärischen, Iut ge⸗ heißen, sondern dieselben gewissenhaft geprüft und mancherlei Abstriche vorgenommen; wo ihm aber dargethan und durch unsere militärischen Autoritäten bestätigt wurde, daß die Sicherheit des Reichs, die Er⸗ haltung seiner Wehrkraft und seiner militärischen Ueberlegenheit neue große Opfer fordere, de hat die Mehrheit willig sie gebracht und nicht gezögert, den Regierungen ihr Vertrauen durch die Be⸗ willigung der geforderten Summe auszusprechen, und wie mehrfach, so hat auch jetzt kurz vor dem Ablauf der Mandatsdauer dieses Reichstages diese patriotische, opferfreudige Haltung der Mehrheit die anderen Parteien, trotz aller ihrer Bedenklichkeiten, mit sich fort⸗ gerissen, und damit in Sachen der Vaterlandsvertheidigung jene fast einmüthigen Beschlüsse zu Wege gebracht, welche als die beste Unter⸗ stützung der Friedenspolitik unseres Kaisers und seines Kanzlers an⸗ werden dürfen. Möge es der künftige Reichstag nicht anders alten.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In einer Correspondenz der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ aus Saar⸗ brücken vom 13. Januar wird darauf hingewiesen, daß die Berg⸗ leute im Saarrevier sich wieder emsig regen, theils um Beschlüsse für den 1. Februar zur Reife zubringen, theils um über die bevorstehende Reichstagswahl zu berarhen. In Sachen des Strikes ist noch nicht alles so, wie es sein soll, und die Kameraden drüben in Belgien mit ihrem Ausstand rufen in manchem jüngeren Bergmann wieder ein Ge⸗ lüst zum Striken wach, trotzdem sie durchaus keine Ursache mehr dazu haben. — Aus der Versammlung der Vertrauensmänner in Bildstock, über welche an dieser Stelle bereits berichtet wurde, theilt das Blatt noch mit, daß der Bergmann Warken die Vertrauens⸗ männer aufforderte, am nächsten Sonntag in ihren Bezirken Ver⸗ sammlungen einzuberufen und über die Ergebnisse der Vertrauens⸗ männersitzung Bericht abzustatten; er forderte ferner zum Aushalten im Kampfe auf. Seit Mait, wo der Kampf begonnen, sei nur wenig erreicht. Es sei erforderlich, daß die gemachten Versprechungen schriftlich in die Arbeitsbücher eingetragen würden.
Aus Bochum schreibt man der „Köln. Ztg.“ unter dem 15. d. M.: Der Vorstand des im vorigen Jahre ins Leben gerufenen Verbandes der kheinisch⸗westfälischen Bergleute ist nunmehr mit zwei Thaten, den ersten seit seinem Bestehen, in die Oeffentlichkeit getreten, und zwar betreffen dieselben die Wahl des Verbandsorgans und die neuen Forderungen auf Lohn⸗ erhöhung unter gleichzeitiger Verkürzung der Arbeits⸗ zeit. Die letzteren Forderungen, welche an den Verein für die bergbaulichen Interessen gerichtet werden sollen, bezeichnet das Blatt als geradezu unsinnig und meint, man sehe es ihnen an, daß die radikalsten Elemente an die Spitze des Ver⸗ bandes gekommen seien. Bei einer Lohnerhöhung von 50 % und gleichzeitiger Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde würde es dahin kommen, daß manche Bergleute, die jetzt schon 180 — 190 ℳ den Monat verdient haben, eine Einnahme von 300 ℳ hätten, während andere es kaum auf die Hälfte brächten.
Auch in der Provinz Schlesien kommt die Lohnbewegung jetzt in Fluß. Der „Köln. Ztg.“ wird aus Breslau unter dem 14. d. M. berichtet, daß, nachdem vorher die Tischler, Töpfer und Berufsgenossen in dieselbe eingetreten waren, nun auch die Schuhmachergesellen höhere Löhne beanspruchen. In Hirsch⸗ berg verlangt eine Lohnkommission von Bauhandwerkern für diese von den Mauer⸗ und Zimmermeistern eine Lohnzulage von 5 ₰ für die Stunde, dußerren aber bei Wasser⸗, Hoch⸗ und Feuer⸗ arbeit eine weitere gleich hohe Zulage. Die Ueberstunden sollen beseitigt und die Arbeitsstunden auf 10 festgestellt werden.
Aus dem Lugau⸗Oelsnitzer Revier wird der „Lpz. Ztg.“ geschrieben: Im Monat Mai wurde an Lohnzulagen gegeben, was man glaubte vertreten zu, können; die Lohnverdienste sind ganz wesentlich gestiegen Nach einer vom Königlichen Bergamt im De⸗ zember 1889 angeordneten Erhebung ist der reine monatliche Arbeits⸗ verdienst eines Arbeiters im Lugau⸗Oelsnitzer Revier, trotz der um zwei bis vier Stunden verringerten Arbeitszeit und trotzdem die Ueber⸗ schichten nach dem Steike nur auf die nothwendigsten Erhaltungs⸗ bauten in der Grube beschränkt blieben, um 12,2 % gestiegen. Die Leistung pro Kopf der Belegschaft ist dem gegenüber ganz er⸗ heblich herabgegangen; denn während sie im Durchschnitt im Jahre 1886 monatlich 219,3 hl und im Jahre 1887 220 hl betrug, beläuft sie sich nach den bergamtlichen Ermittelungen in den 6 Monaten nach dem Strike nur auf monatlich 203,9 hl — Nun kommen aber neuerdings die Bergarbeiter mit neuen und recht weitgehenden Forderungen. Sie wollen nicht allein alle Gedinge abgeschafft wissen, sondern fordern noch einen festen Lohn von mindestens 3,50 ℳ für jede Schicht mit 50 % Zuschlag für Ueberschichten und außerdem eine weitere Verkürzung der Schichtzeit. Der Verein für berg⸗ bauliche Interessen im Lugau⸗Oelsnitzer Revier ist entschlossen, diese unbegründeten, zur Zeit geradezu maßlosen Forde⸗ rungen zurückzuweisen.
In der hier, in Berlin, unter der Firma Ludwig Löwe u. Co., Kommandit⸗Gesellschaft auf Aktien, bestehenden Gewehr⸗ fabrik hat eine kleinere Arbeiterzahl wegen Lohndifferenzen die Arbeit eingestellt. In Folge hiervon fand eine Versammlung aller Arbeiter der Fabrik am Dienstag statt, in welcher, der „Voss. Ztg.“ zufolge, etwa sber. anwesend waren. Wie in der Ver⸗ sammlung erklärt wurde, sei schon vor Weihnachten eine Bewegung unter einem Theil der Arbeiter auf Abzugsbleche in Fluß gekommen, welche ein Aufhören der Abzüge für Ausschuß (d. h. fehlerhafte Arbeit) zum
iele hatte. Diese Bewegung sei am Montag wieder aufgelebt und aabe zur Arbeitseinstellung von etwa 20 Arbeitern geführt, als die irektion erklärte, nichts mehr für Ausschußarbeit abziehen, aber die Akkordlöhne herabsetzen zu wollen. Vorher machte die Direktion noch einen Einigungsversuch, indem sie vorschlug, durchgängig
.
5 % vom Lohne als Ersatz für den Ausschuß abauziehen. Die Versammlung erklärte, daß die von den ausständigen Mitarbeitern angeführten Mißstände in der Fabrik thatsächlich vor⸗ handen seien, und wählte eine Kommission, die mit der Direktion verhandeln soll, um die Beschwerden zu beseitigen. Sollte die Direktion nicht gewillt sein, auf die von der Kommission genau fest⸗ zustellenden Beschwerden hin Abhülfe zu schaffen, so wollen sich die Arbeiter der Fabrik mit den Ausständigen solidarisch erklären und nach einer vorhergegangenen Versammlung einmüthig die Arbeit
eeaen 1u1 8 Der Ausstand in dem böhmischen Glasindustrie⸗ Bezirk, über welchen in Nr. 113 d. Bl berichtet wurde, 86 der „Köln. Ztg.“ zufolge beendet; nach achttägiger Dauer ist eine Einigung zu Stande gekommen Der österreichische Gewerbe⸗Inspektor Malek lud die gesammten Raffineure und Lieferanten unter Zuziehung von fünf Vertrauensmännern der Glasschleifer, die je einen Ort zu ver⸗ treten hatten (Dessendorf, Polaun, Neuwelt, Antoniwald⸗Marxdorf und Grünthal⸗Wurzelsdorf) zu einer Berathung über die Forderungen der Arbeiter ein. Der Seitens der Ar⸗ beiter unterbreitete Lohntarif⸗Entwurf wurde Seitens der gesammten anwesenden Raffineure und Lieferanten ange⸗ nommen, wodurch der schwierigste Punkt eine günstige Erledigung fand. Die bewilligten neuen höhern Löhne treten vom 20. Januar d. J. in Kraft; die Arbeiter verpflichten sich zur sofortigen Wieder⸗ aufnahme der Arbeit.
Die Londoner „Allg. Corr.“ meldet: Die London, Brighton u. South Coast Eisenbahn⸗Gesellschaft hat beschlossen, daß ihre Signalisten nur 6 Tage die Woche arbeiten sollen. Sonntags⸗ arbeit wird besonders vergütet werden Die neue Verordnung ist schon diese Woche in Kraft getreten. Die Direktion erwägt noch, ob auch für die Schaffner und Gepäckträger das Gleiche gelten soll.
Die 40 000 Kohlengrubenarbeiter des Forest of Dean haben beschlossen, eine sofortige Lohnerhöhung von 10 % zu fordern.
Handel und Gewerbe. London, 15. Januar. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 15. Januar. (W. T. B.) Den „Hamb. Nachr. wird von dem Vorsitzenden der Deutschen Levante⸗Linie mit⸗ getheilt, daß derselben von dem Proiekt einer Anschlußlinie von Hamburg nach Salonichi an eine von dem „Norddeutschen Lloyd” zu errichtende Zweiglinie Salonichi — Port Said-Aden —Zanzibar, von welchem in einem den „Hamb. Nachr.’“ aus Berlin zugegangenen Telegramm die Rede sei, Nichts bekannt wäre. Die Deutsche Levante⸗Linie sei weder in der Lage, noch könne sie über⸗ haupt daran denken, eine derartige Verbindung berzustellen. In kauf⸗ männischen Kreisen herrsche allgemein die Ansicht vor, daß nur eine direkte Linie Hamburg — Zanzibar den Zpeck erfüllen könne, welchen die Reichsregierung durch den dem Reichstage vor⸗ liegenden Gesetzentwurf zu erreichen hoffe.
— 15. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Dania“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesell⸗ schaft ist, von New⸗York kommend, beute Nachmittag auf der Elbe eingetroffen.
London, 15. Januar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Tartar“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen. — Der Castle⸗Dampfer „Roslin Castlen ist heute auf der Ausreise von London abgegangen Der Castle⸗Dampfer „Duart Castle“ ist heute auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen.
8-
Theater und Mufik.
Berrliner Theater. 1 am Sonnabend, den 18. d. M.,
stattfindenden „Hamlet“⸗Aufführung wird, gleichwie in den beiden jüngsten, welche ausverkaufte ö erzielten, Ludwig Barnay die Titelrolle spielen.
In der
atinée⸗Aufführung des „Probepfeil“, die am Sonn⸗ tag, den 19. d. M., zum Besten der vom Brande des ester Theaters betroffenen Künstler im Berliner heater veranstaltet wird, wirken folgende Mitglieder anderer hiesigen Bühnen mit: Agnes Sorma und Georg Engels vom Deutschen Theater, Adolf Klein vom Lessing⸗Theater und Hans Pagay vom Residenz⸗Theater. Vom Berliner Theater betheiligen sich u. A. Nuscha Butze und Ludwig Barnay an der dem milden Zwecke gewidmeten Aufführung. Der Billetverkauf zu dieser Matinse findet von Freitag früh ab an der Kasse des Berliner Theaters statt. Die Vorstellung beginnt pünktlich um 12 Uhr; der Eintrittspreis ist der⸗ selbe wie zu anderen Vorstellungen. Belle⸗Alliance⸗Theater. 1 Anzengruber's letztes Bühnenwerk, die Bauernkomödie „Der Fleck auf der Ehr'“, wird morgen von den,Münchenern“ zum letzten Male gegeben. Das Gastspiel der bayerischen Gäste, das schon im nächsten Monat sein Ende erreicht, dauert nicht lange genug, um einem einzigen Stück einen zu breiten Raum zu gewähren, und da die Münchener auch ihre altbewährten Repertoirestücke dem Berliner Publikum wieder vorführen wollen, geht morgen zunächst, und zwar auf vielfaches Verlangen, der unverwüstliche „Herrgott⸗
nitzer“ in Szene. söntt 8 St. Lukas⸗Kirche.
Der Organist der genannten Kirche, Hr. Wilhelm Middel⸗ schulte, durch seine künstlerischen Leistungen bereits vortheilhaft be⸗ kannt, gab gestern ein Concert, dessen Ertrag für liturgische Zwecke bestimmt war, und zu dem sich ein zahlreiches Publikum einge⸗ funden hatte. Der Concertgeber trug eine große, sehr stilvoll kom⸗ ponirte Sonate von G. Merkel (dem Dresdner Organisten) vor, in der er nicht nur die bedeutenden technischen Schwierigkeiten der beiden Hauptsätze vollkommen beherrschte, sondern auch durch die fein⸗ fühlige Schattirungsweise des stimmungsvollen Andantesatzes die Zuhörer wahrhaft erbaute. Außerdem krachte der Künstler noch in der sehr beliebt gewordenen Fuge (-dur) von A. Haupt die Vor⸗ züge seines Spiels zur Geltung. Eröffnet wurde das Concert durch den gelungenen Vor trag einer Bach'schen Fuge von Seiten einer sehr begabten Amerikanerin: Miß Nettie Musser, einer Schülerin des Hrn. Middelschulte. Frl. Hedwig Pauli unterstützte das Concert mit Hülfe der Damen Mila Schmidt und Bertha Samuelson durch einige sehr vpassend gewählte, trefflich aus⸗ geführte Gesangstücke, die mit Violinvorträgen des stets gern ge⸗ hörten Concertmeisters Hrn. M. Grünberg abwechselten. Letzterer brachte mit der Chaconne von Bach (für Violine allein) durch die vortreffliche Tonbehandlung seines Instruments eine größere Wirkung hervor, als wir es in diesem Raum für möglich gehalten hätten.
Concerthausg. 6
Am gestrigen Abend hatte Hr. Kapellmeister Meyder, wie seiner Zeit für die hochseligen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III, eine Gedächtnißseier für Ihre Majestät die hochselige Kaiserin Augusta veranstaltet. Dem Anlaß entsprechend war das Programm aus Werken ernsten Inhalts zusammengesetzt. Ein Trauermarsch von Reinecke eröffnete den ersten Theil, derjenige von Chopin den dritten, waͤhrend ein solcher von Schnell den Abschluß machte. Von sonstigen Nummern, welche zum Vortrag gelangten, seien erwähnt das Andante con moto aus der unvollendeten Sinfonie Hmoll von Schubert, das Largo für Solo⸗Violine und Orgel von Händel, die Kirchenscene aus dem Gounod schen „Faust“ mit Orgelbeglei⸗ tung und das Kaiser⸗Quartett von Haydn. Hr. B. Richter trug Sullivan’s
— In der
Lied für Cornet à Piston „The loast chord“ sauber und exakt votu:
und erntete mit dem Vorirag dieses eigenartigen Musikwerks den Beifall der Zuhörer. Auch die Kapelle unter der Leitung ihres be⸗ währten Dirigenten that vollauf ihre Schuldigkeit und brachte sämmt⸗ liche Nummern des Programms zu vortrefflicher Wirkung.