1890 / 17 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Jan 1890 18:00:01 GMT) scan diff

der Nachweisung sind gv„ Bahnen, auf welchen Zug⸗ verspätungen vorkamen, nach der Verhältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der auf je eine Verspätung ent⸗ fallenden Züge und Achskilometer geordnet; danach nehmen die Main⸗Neckar⸗Bahn, die Werrabahn und die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinische) zu Köln die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Zahl der Verspätungen nach der Zahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Werra⸗ bahn, die Main⸗Neckar⸗Bahn und die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion (linksrheinischen) zu Köln an die ungünstigsten Stellen.

In den „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts“ wird im Anschluß an die die preußischen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften betreffende Bekannt⸗ machung vom 1. Januar 1888, nachdem inzwischen auch in sämmtlichen übrigen Bundesstaaten das landwirthschaftliche Unfallversicherungsgesetz seinem vollen Umfange nach in Kraft getreten ist, durch eine Bekanntmachung des Reichs⸗Versiche⸗ rungsamts vom 10. Januar eine Zusammenstellung der wich⸗ tigsten Bestimmungen über die Einrichtung und Verwaltung der für die letztgenannten Bundesstaaten gebildeten landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften ver⸗ öffentlicht.

Gemäß Bekanntmachung des Ober⸗Präsidenten der Provinz Brandenburg, Staats-Ministers Dr. von Achen⸗ bach, trat am 15. d. M. der 62. Kommunal⸗Landtag der Kurmark unter Vorsitz des Königlichen Majors a. D. und Domherrn des Hochstifts Brandenburg, Hrn. von Rochow⸗Plessow, zusammen. Der Vorsitzende eröffnete den Landtag mit dem Hinweis auf den Heimgang Ihrer Hochseligen Majestät der Kaiserin und Königin Augusta. Tief und ernst bewegt stimmte der Landtag ein in den dreimaligen Hochruf auf des Kaisers und Königs Majestät. Der Landtag hat durch den Tod den General⸗Land⸗Feuersozietäts⸗Direktor und Haupt⸗Ritter⸗ schafts⸗Direktor von Tettenborn auf Reichenberg verloren, welcher dem Landtage länger als 30 Jahre und seinem stän⸗ dischen Amte länger als 20 Jahre in segensreicher Thätigkeit angehörte. Auch ein Mitglied, welches erst in letzter Session eingetreten war, der stellvertretende Stadtverordnetenvorsteher und Vertreter der Stadt Potsdam, Parlasca, ist dem Land⸗ tage durch den Tod entrissen worden. Der Landtag ehrte das Andenken der Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. An Stelle des Hrn. von Tettenborn ist der Graf von der Schulenburg⸗Trampe in den Landtag eingetreten; für Hrn. Parlasca hat eine Wahl noch nicht stattgefunden, vielmehr ist dessen Stellvertreter, Hr. Stadtrath Krüger, als Vertreter der Stadt Potsdam einberufen worden. Durch Krankheit sind am Besuche des Landtages verhindert: der Rittergutsbesitzer Kiepert, Freiherr von Knobelsdorff, Rittergutsbesitzer von Rathenow und Holzhändler Koller. Für dieselben sind deren Stellvertreter einberufen, nämlich die Rittergutsbesitzer von Hake auf Klein⸗Machnow und Kelch⸗Bollensdorf, Landrath von dem Knesebeck auf Karwe und abrikant Hartmann⸗Schwedt a. O. Die Niederlausitz wird in Angelegenheiten der Land⸗Feuer⸗ sozietät durch den Landrath Freiherrn von Manteuffel und den Landsyndikus Freiherrn von Buddenbrock ver⸗ treten. Unvertreten sind das Hochstift zu Branden⸗ burg, weil dessen beide Vertreter erkrankt sind, und die Kollektivstimme der adligen b und Familien⸗ Fideikommisse der Kurmark, weil eine gahl noch nicht statt⸗ gefunden hat. Nach Mittheilung dieser Personalien konstituirte der Herr Vorsitzende den Landtag, indem er den Abgeordneten der Stadt Brandenburg, Hrn. Hammer, zum Protokollführer berief und drei Ausschüsse bildete, den ersten für die Angelegenheiten der Land⸗Feuersozietät, den zweiten für diejenigen der Kurmärkischen Hülfskasse und die bezüglichen Unterstützungsgesuche, welche auch in diesem Jahre in großer Zahl eingegangen sind und den dritten für das Kriegsschuldenwesen und die inneren Angelegenheiten des Landtages. Zum Vorsitzenden des I. Aus⸗ schusses wurde der Landrath Freiherr von Manteuffel und zu dessen Stellvertreter der Rittmeister a. D. von Bredow⸗Buchow⸗ Karpzow, zum Vorsitzenden des II. Ausschusses der Geheime Regierungs⸗Rath und Landrath von Winterfeld⸗ Menkin und zu dessen Stellvertreter der Hauptmann a. D. von Thümen auf Stangenhagen und zum Vorsitzenden des III. Ausschusses der Rittmeister a. D. Graf von Bredow auf Burg Friesack und zu dessen Stellvertreter der Rittergutsbesitzer von Burgsdorff auf Hohenjehsar ernannt. Diesen 3 Ausschüssen und dem ritter⸗ schaftlichen Konvente wurden die bisher eingegangenen 97 Sachen überwiesen, soweit sie nicht, wie eine Anzahl Denkschreiben für Bewilligungen des 61. Kommunal⸗Land⸗ tages aus dem Dispositionsfonds der Kurmärkischen Hülfs⸗ ahe durch Kenntnißnahme des Landtages zu erledigen waren. Der Präklusivtermin für den Eingang der in der gegen⸗ wärtigen Session noch zu erledigenden Sachen wurde auf den 21. d. M. einschließlich und die nächste Sitzung des Landtages mit Rücksicht auf die Arbeiten der Ausschüsse auf Montag, den 20. d. M., Mittags 12 Uhr, festgesetzt.

Se. Durchlaucht der Prinz Albert zu Sachsen⸗ Altenburg, General⸗Major und Commandeur der 3. Garde⸗ Kavallerie⸗Brigade, ist von Dessau hierher zurückgekehrt.

Der General⸗Lieutenant von Gelieu, à la suite des Garde⸗Schützen⸗Bataillons und Erster Kommandant von Koblenz und Ehrenbreitstein, hat Berlin wieder verlassen,

vavasg. Hebenso der Königlich schwedische General⸗Lieutenant Freiherr

vonCederstroem, Inspecteur der Königlich schwedischen Kaval⸗ lerie, und der Königlich portugiesische General L. de Souza Folque, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Königs von Portugal, welche Letztere als besondere Vertreter ihrer Sou⸗ veräne hierher abgesandt waren.

Sachsen. Dresden, 16. Januar. (Dr. Journ.) Die Erste Kammer erledigte in ihrer heutigen Sitzung die das Departement der Finanzen betreffenden Kapitel des ordentlichen Ftc408hse; und bewilligte allent⸗ halben nach der Vorlage die gesorderten Summen in Ueber⸗ instimmung mit der Zweiten Kammer. Bei Kap. 74, Ver⸗

palrung der Staatsschulden, wünschte Graf Rex Be⸗ tigung von etwa beim Staatsschuldbuch sich heraus⸗ tellenden, das Publikum von der Benutzung desselben abhal⸗ terhen Uebelständen, was von dem Regierungskommissar e jen. wurde. Vor Eintritt in die Tagesordnung war neugewählte Vertreter der Universität Leipzig, Medizinal⸗ Rath Professor Dr. Birch⸗Hirschfeld, eidlich verpflichtet und eingewiesen en.

vom Präsidenten

Baden. Karlsruhe, 16. Januar. (Karlsr. Ztg.) In der gestrigen Sitzung der Ersten Kammer wurde der Gesetzentwurf, betreffend das Recht der Ausü bung der

ischerei einstimmig angenommen. Eine Petition es Comités der evangelischen Gesammtgeistlichkeit des Großherzogthums, betreffend die Aufbesserung der Gehalte der evangelischen Pfarrwittwen und ⸗Waisen, wurde der Regierung zur wohlwollen⸗ den Berücksichtigung überwiesen. Auf Antrag des Präsidenten wurden alsdann der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Zuchtfarren, und der Entwurf eines Berggesetzes der Kommission für Justiz und Verwaltung überwiesen.

Bei der heutigen Wiederaufnahme der der Zweiten Kammer widmete, nach einer ittheilung des „W. T. B.“, der Präsident Lamey Ihrer Majestät der verstorbenen Kaiserin Augusta einen äußerst warmen, herzlichen Nachruf. Die Kammer beschloß, eine Beileids⸗ adresse an Ihre Königlichen Hoheiten den Großherzog und die Großherzogin zu richten.

Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 15. Januar. (Magd. Ztg.) Bei Fortsetzung der Etatsberathung be⸗ willigte der Landtag als neue Position 5000 für einen forsttechnischen Rath im Staats⸗Ministerium. In einigen anderen Titeln wurden die vom Finanzausschuß beantragten Abstriche beschlossen. Eine längere Erörterung veranlaßte eine Petition der Stadt Pößneck um einen jährlichen von 7500 zur höheren Knabenschule; der

inanzausschuß beantragte die Verwilligung von 2000 ℳ, während die Regierung sich gegen jeden Zuschuß er⸗ klärte. Der Landtag entschied sich für den Ausschußantrag. Neu eingegangen ist eine andere Gehaltsscala für die Amtsrichter. Nach derselben ist die niedrigste Besoldung eines solchen auf 2400, die höchste auf 4500 angenommen; zwischen beiden kommen noch Stellen mit 2700, 3000, 3500, 3800, 4000 und 4200 Auch einige neue Stellen werden beantragt, im Ganzen würden nach der Vorlage 8500 mehr einzustellen sein.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 16. Janugr. (Cob. Ztg.) Der Landtag des Herzogthums Coburg ist 8 den 20. d. M. einberufen worden. 1

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 16. Januar. Ihre Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin⸗Wittwe Erzherzogin Stephanie hat sich, wie die „Wien. Ztg.“ meldet, gestern Abend zu längerem Aufenthalt nach Gries bei Bozen begeben.

In der heutigen Sitzung der Ausgleichskonferenz, die von 2 bis 5 ¼ Uhr Nachmittags dauerte, wurde dem „W. T. B.“ zufolge die Berathung der Justizangelegenheiten fortgesetzt und beendet. Ebenso wurde das Gesetz über den Gebrauch der Landessprachen bei den autonomen Behörden durchberathen.

Großbritannien und Irland. London, 17. Januar. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser Wilhelm hat in einem Telegramm an den Herzog von Cambridge anläßlich des Todes des Lord Napier of Magdala seine tiefgefühlte und aufrichtigste Theilnahme für Ihre Majestät die Königin und die ganze britische Armee ausgedrückt. In Lord Napier habe die englische Armee einen ihrer tüchtigsten Generale und tapfersten Soldaten verloren; Sein Großvater und Sein Vater hätten die persön⸗ lichen und militärischen Eigenschaften desselben hochgeschätzt. Se. Majestät der Kaiser unterzeichnet sich in dem Telegramm als „Admiral of the Fleet“. Der Herzog von Cam⸗ bridge hat Sr. Majestät dem Kaiser für diesen Ausdruck der gettgcgng telegraphisch seinen herzlichen Dank über⸗ mittelt.

Frankreich. Paris, 16. Januar. (Fr. C.) In der letzten Sttzung des Ministerraths unterbreitete der Kriegs⸗ Minister de cinet einen Gesetzentwurf, betreffend eine Aenderung des Gesetzes vom 20. März 1880 über den Generalstabsdienst. Der Entwurf enthält nach⸗ stehende Einzelheiten: An der bisherigen Art der Ein⸗ berufung zu der höheren Kriegsschule wird nichts ge⸗ ändert, aber nur diejenigen Offiziere sollen in Zukunft dem Generalstabe zugetheilt werden, welche die Kriegsschule mit sehr gutem oder gutem Erfolge absolvirt haben. Be⸗ züglich der höheren Offiziere will man zu dem früheren ge⸗ schlossenen Korps zurückkehren, d. h. die höheren Offiziere des Generalstabs sollen demselben ständig angehören und nur als Obersten für zwei Jahre zur Truppe kommen.

Zum Präsidenten des Senats wurde heute, wie „W. T. B.“ meldet, Le Royer mit 174 von 186 Stimmen wiedergewählt. Ebenso wurden die bisherigen Vize⸗Präsidenten wiedergewählt. In der Deputirtenkammer erfolgte die Wiederwahl der bisherigen Vize⸗Präsidenten, Quästoren und Schriftführer. 1

Der Kaiser Dom Pedro ist getroffen.

Italien. Rom, 16. Januar. Prinz Amadeus, erzog von Aosta, ist, wie „W. T. B.“ meldet, an der fluenza erkrankt und genöthigt, das Bett zu hüten.

Die heute veröffentlichte Encyklika des Papstes „über die vornehmsten Pflichten der Katholiken als Bürger“ beginnt nach der Uebersetzung der „Köln. V.⸗Ztg.“ mit den Worten:

„Rückkehr zu den Satzungen des Christenthums und Umgestaltung der Lebensweise, Sitten und Einrichtungen der Völker nach seinen heiligen Vorschriften thut Noth; und täglich macht sich diese Noth⸗ wendigkeit immer gebieterischer geltend. Mehr und mehr har man sich vom Christenthum entfernt, und um so gewaltiger schwoll die Hochfluth der Uebel, die uns bedrängt, so zwar, daß alle Wohl⸗ gesinnten nur mit Bangen der Gegenwart denken und mit Zittern in die Zukunft schauen. Zwar hat unsere Zeit nicht geringe Fortschritte auf dem Gebiete der materiellen und sinnfälligen Güter gemacht; aber Sinnfälliges, physische Macht und irdischer Reichthum vermögen, wenn sie auch wohl das Leben hienieden bequem und angenehm gestalten, doch des Menschen Geist, der nach höberen und herrlicheren Gütern ver⸗ langt, keineswegs zu sättigen. Auf Gott muß unser Auge gerichtet sein, auf Ihn all' unser Trachten: das ist unser oberstes Gesetz und der Zweck unseres Daseins. Dies gilt von den einzelnen Menschen; dies gilt aber auch von der menschlichen Gesellschaft, von der Familie und nicht weniger auch vom Staate. Nun ist es aber offenkundig, daß die höheren Geistesgüter, von denen Wir gesprochen, und die ohne die Pflege der Religion und stetige Beobachtung der christlichen Gebote nicht er⸗

erden können, von Tag zu Tag der Mi

heute in Cannes ein⸗

ßacht g und Gering⸗

schätzung der Menschen mehr anheimfallen, und das in dem Mahe, daß, 3

je größer der Fortschritt auf den Gebieten des materiellen Lebens ist, um so größer auch der Rückgang und Verfall auf dem Gebiete jener höheren Güter zu sein scheint. Einen ganz besonders kennzeichnenden Beweis bierfür erblicken Wir in den mannigfachen Unbilden und Schmähungen, mit welchen gerade in unsern Tagen häufig ganz öffent⸗ lich und oßenkundig Alles überschüttet wird, was katholisch ist, Unbilden

und Schmäbungen, wie sie fruͤhere, vom Geiste der christlichen Religion

durchwehte Zeiten nicht kannten und auch nicht geduldet haben würden. Das Seelenbeil gar Vieler stehe hierdurch ia äußerster Gefahr, aber auch die Staaten und Reiche seien dadurch bedroht und könnten dabei nicht unversehrt bleiben; „denn wo die Sitten und Einrichtungen nicht mehr christlich sind, da wanken alle Grundlagen jeglicher menschlichen Ordnung.“ Es sei also Pflicht der Kirche, und die Zeit⸗ verhältnisse selbst forderten es auf das Entschiedenste, die Heilmittel zu suchen, wo sie sind. Als solche werden bezeichnet: „An⸗ schauungen, wie sie den Lehren des Christenthums entsprechen. und ein Leben, wie es den Vorschriften des entspricht, für die Einzelnen und für die Gesammtheit.“ Das allein könne schützen gegen die Gefahren, welche bevorstehen. Die Kirche aber dürfe nichts ungeschehen und nichts unversucht lassen, was ge⸗ eignet sei, jene christliche Gesinnung im Denken und Handeln der Völker wiederherzustellen Es unterliege keinem Zweifel, daß den Be⸗ kennern des katholischen Glaubens zahlreichere und gewichtigere Pflichten hinsichtlich des praktischen Lebens oblͤgen, als denen, welche das hohe Gut dieses Glaubens gar nicht oder nur theilweise besitzen. Ganz gewiß dürfe weder im Kriege noch im Frieden ein überzeugungstreuer Christ an Vaterlandsliebe von Jemandem sich übertreffen lassen, aber trotzdem müsse er bereit sein, eher Alles, eher den Tod zu erdulden, als die heilige Sache Gottes und seiner Kirche zu verrathen „Wohl“, heißt es weiter, „sind also auch die Macht und das Ansehen der irdischen Obrigkeit den Christen verehrungswürdig; wohl erblicken sie in ihnen, selbst wenn ihre Träger derselben weniger würdig sein sollten, einen gewissen Abglanz der göttlichen Macht und Majestät; wohl liegt es gerare ihnen am Herzen, die Gesetze zu ehren und zu befolgen, nicht etwa bloß aus Furcht vor Strafe, Gewissens willen; „denn nicht den Geist der Furcht hat Gott in unser Herz gelegt: allein wann die Stuͤatsgesetze offenbar vom gött⸗ lichen Geiste abweichen, wann sie den Gesetzen der christlichen Religien und der Kirche widersprechen, wann sie die Autorität Jesu Christi selbst in Seinem obersten Stellvertreter und Hobenpriester verletzen, dann ist es Unrecht, ihnen zu gehorchen, Pflicht, ihnen zu wider⸗ stehen, und das nicht bloß im Interesse der Kirche, sondern auch im eigensten Interesse des Staates selbst, zu dessen Verderben ja Alles gereichen muß, was geschieht zum Nachtheile der Religion.“ Die Gegner Gottes suchten die Macht an sich zu reißen, um ihren Prinzipien zum Siege zu verhelfen; in vielen Ländern greife man den Katholizismus an.

sein und sich nicht nur den Dogmen, sondern auch der Disziplin der

Kirche unterwerfen. Dem Papst stehe das unumschränkte Recht über

die Dogmen und die Moral, sowie über die nothwendigen Heilmittel

zu Die Kirche umfasse verschiedene Nationen, welche unter ganz

verschiedenen Regierungen lebten; da sei es nothwendig, daß die

Rechte und die Pflichten gegen die Kirche abgegrenzt würden und daß Diejenigen, welche die Kirche in

jeder Staat dieselben respektire. den Streit der Parteien

die Religion. Der Papst bespricht sodann die Einigkeit unter den Katholiken und führt aus, daß die Streitigkeiten und die inneren Zerwürfnisse ein Uebergewicht der Gegner herbei⸗ geführt hätten; ihnen gegenüber müsse noch verwegen sein. giebigkeit nehmen,

hineinziehen wollen, mißbrauchen

das, was ihren Ideen nicht entspreche, aufzunehmen. Encyklika schließt mit einem Aufruf des Papstes an die Katholiken aller Nationen, die Gesellschaft zu erhalten durch die Uebung christ⸗ licher Tugend am häuslichen Herde

Der „Osservatore Romano“ erklärt die Blätzer⸗ meldung von Schritten, die der Vatikan gethan haben solle, damit die schiedsrichterliche Entscheidung in dem englisch⸗portugiesischen Streite dem Papste übertragen werde, für erfunden, und augenscheinlich nur bezweckend, dann weiter behaupten zu können, daß der Vatikan einen Mißerfolg erlitten habe.

Spanien. Madrid, 16. Januar.

griffen.

17. Januar. (W. T. B.) Die Königin hatte gestern eine Konferenz mit Jovellar und Martinez Campos,

welche ihr den Rath ertheilten, Sagasta mit der Rekon⸗ stituirung des Kabinets zu beauftragen. heute eine Unterredung mit den ehemaligen Kammer⸗Prä⸗ sidenten Martos und Toreno haben.

Belgien. der Deputirtenkammer brachte

richtung einer anläßlich der bevorstehenden 25jährigen Regierungs⸗Jubelfeier des Königs zu stiftenden Hülfskasse für die Opfer resp. Invaliden der Arbeit. Für die gedachte Hülfskasse ist eine Summe von 2 Millionen Francs als Grundstock bestimmt.

Schweden und Norwegen. (F.) Stockholm, 14. Ja⸗

nuar. Nach dem Bericht des Staatscomtoirs haben die Staatseinnahmen im vergangenen Jahre betragen: Zölle

2 475 529 Kronen gegen 37 722 663 Kr., Branntweinsteuer

14 334 897 Kr. gegen 14 171 487 Kr., Staatseisenbahnen (Ueberschüsse) 6 500 Kr. gegen 6 800 000 Kr. oder zu⸗ sammen 63 310 426 Kr. gegen 58 694 150 Kr. im Jahre 1888. Die Einnahmen aus diesen drei Titeln waren von dem Reichs⸗

tage für das Jahr 1889 zu 57 000 000 Kr. und für das Jahr

1888 zu 48 000 000 Kr. veranschlagt worden.

16. Januar. (W. T. B.) Morgen findet die Eröffnun g des Reichstages statt. Der König wird zum Präsidenten der Ersten Kammer den Grafen Lagerbjelke und zum Vize⸗

Präsidenten den früheren Staatsrath von Ehrenheim, Hzum Präsidenten der Zweiten Kammer den Kaufmann Olo Wijk und zum Larsson ernennen.

Amerika. 15. Januar. (A. C) reserirte Sherman als

beider Häuser des Kongresses zu Gunsten eines Schieds gerichtes Behufs Beilegung der Differenzen

nicht durch diplomatische Mittel geschlichtet werden können. Die Resolution wurde ad acta gelegt. Der Senat zog auch den mit Rußland geschlossenen Auslieferungsvertrag in Er⸗ wägung und sandte ihn schließlich an den Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten zurück.

Afrika. Egypten. Kairo, 17. Januar. (W. T. B.) Der Khedive gab gestern Abend zu Ehren Stanley's ein Diner, zu welchem nur die

Christenthums

sondern um des

Hauses der

Die Katholiken müßten darum vor Allem einig

man weder furchtsam Die Furchtsamen würden eine zu große Nach⸗ ausüben, die Verwegenen dagegen leicht eine Rolle ein- zu welcher sie nicht berechtigt seien; sie würden die An- gelegenheiten der Kirche nach ihrem eigenen Willen und nach ihren eigenen Ideen leiten wollen und seien nur schwer dazu zu bewegen,

üÜe 8

(W. T. B.) Nach amtlicher Meldung ist der König in der Genesung be⸗

Die Königin wird

Brüssel, 16. Januar. (W. T. B.) In der Finanz⸗Minister Beernaert heute einen Gesetzentwurf ein über die Er⸗

Vize⸗Präsidenten den Hofbesitzer Liß Olo

Vereinigte Staaten. Washington⸗ in der heutigen Sitzung des Senats ertreter des Ausschusses für die auss-⸗ wärtigen Angelegenheiten über eine übereinstimmende Resolution

zwischen den Vereinigten Staaten und anderen Nationen, welche

und die Uebernah me erheblicher ble

Minister und eingeborene

Beamte geladen waren. Nach Meldungen aus dem Sudan

soll dort in Folge der Dürre des vergangenen Herbstes eine srph⸗ Hungersnoth herrschen und die Sterblichkeit eine ehr bedeutende sein. Alle Ansammlungen von Krie⸗ gern haben sich in Folge dessen zerstreut. Laut hier ein⸗ gegangenen Briefen von Slatin Bey entbehren die Gerüchte über den Tod des Khalifen aller Begründung.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (45.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Dr. von Ioetüicher Dr. 1 Sterhan von Oehlschläger sowie andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath nebst Kommissarien beiwohnten, stand an erster Stelle auf der Tagesordnung die erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend eine Postdampfschiffsverbin⸗ dung mit Ost⸗Afrika.

„Abg. Dr. Bamberger meinte, daß die gegenwärtige Periode der Verhandlungen nicht mehr dazu angethan sei, diese Vorlage zu erledigen. Im Jahre 1885 habe der Reichs⸗ tag eine ähnliche Subventionsforderung für Ost⸗Afrika mit großer Mehrheit abgelehnt. Man scheine die Vor⸗ lage jetzt nur deshalb eingebracht zu haben, weil man fürchte, der künftige Reichstag werde sie gewiß nicht bewilligen. Die Erfahrungen mit der Samoalinie hätten von der Forderung einer ostafrikanischen Linie abhalten sollen; die Linie nach Korea habe man vernünftiger Weise erst gar nicht in Gang gebracht. Die Gründe für die Einstellung ostafrikanischer Schiffe seien dabei ganz dieselben, die man für Samoa und Korea vorgebracht habe. Die öffentliche Meinung habe sich in keiner Weise für die ostafrikanische Linie ereifert; nur ein Meeting der deutschen Kolonialgesellschaft habe stattgefunden. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tages, der Bericht über die gestrige Sitzung des Herren⸗ hauses sowie der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Abgeordneten befinden sich in der Ersten bzw. Zweiten Beilage.)

Zeitungsstimmen. Ueber den dem Hause der Abgeordneten vorgelegten

Staatshaushalts⸗Etat für 1890/91 und über die gestrige

Rede des Finanz⸗Ministers schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten“:

. Das Bild eines gewaltigen, in gedeihlicher Entwickelung befind⸗ lichen Finanzwesens ist es, welches die Etatsrede des Finanz⸗Ministers von Scholz entrollt. In ersterer Hinsicht ist hervorzuheben, daß der preußische Staatshaushalt für 1890/91 trotz der geringen außerordent⸗ lichen Einnahmen aus dem Ueberschusse von 1888/89 von etwas über 4,8 Millionen Mark den Gesammtbetrag von 1591 Millionen Mark erreicht. Die Bedeutung dieser Summe wird klar, wenn man erwägt, daß der höchste bisher in Aussicht stehende Ueberschuß desjenigen des Jahres mit 80 Millionen Mark, nur 5 % der Etatssumme eträgt.

Die steigende Prosperität erhellt aus der Vergleichung der materiellen Jahresabschlüsse der letzten fünfjährigen Periode: 1885/86 noch ein Defizit von 12 Millionen Mark, von da ab trotz erheblicher Vermehrung der dauernden Ausgaben von 16 auf 50, 68 und 80 Miklionen Mark steigende Ueberschüsse.

Unter den Faktoren, welchen dieses Ergebniß zu danken ist, liegen zwei wesentliche außerhalb des Rahmens der preußischen Finanzverwaltung, die Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs und die allgemeine Hebung des Wohlstandes und des Verkehrs. Beide hängen aber doch sehr wesentlich mit der unter Preußens entscheidender Mitwirkung vorgeschlagenen und in Angriff genommenen Reichs⸗Steuer⸗ und Zollpolitik zusammen. Was die in dieser Periode im Reiche neubewilligten Steuern anlangt, so ist ihre Wirkung auf die preußischen Abschlüsse überdies insofern sehr wesentlich, als nicht weniger als 40 Millionen Mark auf Rechnung derselben zu dauernden Mehrausgaben, darunter 30 Millionen zur Erleichterung der Schullasten, disponirt sind, während die höheren Ueberweisungen aus den Zöllen durch die lex Huene, auf Grund deren für das laufende Jahr den Kreisen 33 Millionen Mark in Aussicht stehen, für die Staatsfinanzen so ziemlich neutralisirt werden.

Der preußischen Finanzverwaltung aber gebührt allein das Verdienst, durch die in naher Frist dem Abschluß vahe Umwandlung von rund 1 ½ Milliarden Eisenbahn⸗Prioritäten in Konsols eine Ver⸗ minderung des Bedarss zur Verzinsung der Staatsschuld um jährlich beinahe 16 Millionen Mark berbeigeführt zu haben. Der Umstand, daß diese sehr umfangreiche, auch für die Uebersichtlichkeit der Finanz⸗ verwaltung sehr werthvolle Operation sich ohne jede Störung des Geld⸗ marktes und des Staatskredits, sowie ohne jede Verwickelung vollziehen konnte, legt beredtes Zeugniß ab sowohl für das feste Vertrauen, dessen der preußische Staat und sein Kredit genießt, als für die Geschicklichkeit und Sachkunde seiner Finanzverwaltung. Noch nach einer anderen Richtung hat diese damit sehr er⸗ hebl ich zur Erreichung des günstigen finanziellen Resultats mitgewirkt, nämlich dadurch, daß sie selbst bei reichen Einnahmen und Ueber⸗ schüssen streng an der Regel der Sparsamkeit bei der Etats⸗Aufstellung im Einzelnen festgehalten hat. Auf diese Weise ist es gelungen, die vorhandenen Mittel nicht zu zersplittern, sondern sie zu größeren, im Interesse des Staats dienlichen Maßnahmen zusammenzuhalten. Dem strengen Festhalten an dem Grundsatze strenger Sparsamkeit ist es zu danken, daß etwa 30 Millionen für die Erleichterung von Schullasten Verwendung finden können; ihm ist auch zu danken, daß der Etat von 1889/90 eine Reserve von 18 Millionen Mark und somit die Möglichkeit bietet, ohne Störung des Gleichgewichts im Staats⸗ ätee zu einer weitumfassenden Erhöhung der Beamtengehälter zu

reiten.“

In einem Artikel der „National⸗Zeitung“ über den⸗ selben Gegenstand heißt es: 8 „Die Prüfung der Vorschläge zur Ausgabensteigerung im Ein⸗ zelnen bleibt vorbehalten. Daß ein Stat, welcher nach den großen, auernden Mehraufwendungen der letzten Jahre noch diese weiteren Vorschläge gestattet, kein ungünstiger ist, wird unbestreitbar sein. Hr. von Scholz hat auch durch Hervorhebung seiner Ueberzeugung, die indirekten Reichseinnahmen fernere Steigerungen der Erträge hoffen lassen, bestätigt, was wir zur Thronrede in dem Sinne bemerkten, 2. den zur Vorsicht mahnenden Momenten doch auch solche gegenüber⸗ stehen, welche eine weitere günstige Gestaltung des preußischen Etats erwarten lassen. Aber wenn wir hieran festhalten, wollen wir doch keineswegs die Mahnung zur Vorsicht bestreiten, welche der Herr Minister in gewissen Umständen findet: es ist unleugbar, daß die stark

gesigeng Einnahmen aus den Eisenbahnen, den Stempelabgaben,

den Forsten ꝛc. sich sehr beträchtlich vermindern könnten, sobald der jetzige Aufschwung der werthschaftlichen Thätigkeit wieder nachließe,

ibender Mehrausgaben auf den Etat, resp. der Verzicht auf Einnahmen könnte sich dann bedenklich rãchen.

Zu der Thronrede bemerkt die „Kölnische Zeitung“: Die von dem Vize⸗Präsidenten des Staats⸗] inisteriums bei röffnung des Landtages verlesene Thronrede hat die Vorherverkün⸗

digungen über eine ziemlich inhaltlose g als irrig erwiesen. Abgesehen von dem thüringischen Zoll⸗ und Handelsvertrage und einem Gesetz über die Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird auch ein Gesetz zur Einführung der Rentengüter und zur Durchführung der Steuerreform die Thätigkeit der Abgeordneten in Anspruch nehmen. So erfreulich, wie die Mittheilung über die guten auswärtigen Beziehungen ist, so erfreulich ist auch die Absicht, Verbesserungen der Beamtengehälter, namentlich in den unteren und mittleren Stufen, im nächsten Etat zur Durch⸗ führung zu bringen. Besonders ist es aber mit Genugthuung zu begrüßen, daß die Bebauptung als unrichtig sich berausgestellt hat, man werde diese Session wiederum vorübergehen lassen, ohne die Reform der direkten Steuern zu fördern. Zwar wird in der Thron⸗ rede nur gesagt, eine Vorlage über diesen Gegenstand sei in Vor⸗ bereitung, aber nach den im Vorjahre gegebenen Zusagen ist zu erwarten, daß diese Vorbereitung möglichst rasch abgeschlossen wird. Ueber die Einzelheiten des Gesetzes läßt sich nicht eher reden, als bis dasselbe vorliegt; richtig ist indessen, daß sowohl die Ueberweisung der Realsteuern an die Kommunalverbände als auch die Reform der Einkommensteuern dringlich ist. Die Eröffnung des Landtages wurde auch mit Recht dazu benutzt, um der Arbeiter⸗ bewegung gegenüber den bisher innegehaltenen durchaus richtigen Standpunkt noch einmal zu betonen, nämlich möglichste Fürsorge für die Arbeiter, aber auch unbedingte Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Man kann erwarten, daß die letzten Worte der Thronrede sich bewahrheiten und im vertrauensvollen Zusammen⸗ wirken zwischen Landtag und Regierung wichtige, inhaltreiche Maß⸗ regeln ergriffen werden.“

Bezüglich des Passus der Thronrede betreffs der Renten⸗ güter heißt es im „Hannoverschen Courier“:

„Als ein sehr großer Segen für unsere landwirthschaftliche Arbeiterbevölkerung wird sich die Einführung des Rechtsinstituts der Rentengüter sicherlich bewähren; die Erfahrungen, die mit dieser Einrichtung in dem Geltungsbereich des Ansiedlungs⸗ gesetzes für Posen und Westpreußen gemacht worden sind, be⸗ rechtigen zu den besten Hoffnungen; ganz im Gegensatz zu den freisinnigen Uebertreibungen, welche in der Einführung des Instituts der Rentengüter den Beginn einer neuen Art Hörigkeit sehen, erwarten wir von dem in Aussicht gestellten Gesetzentwurfe, dessen Ankündigung schon im Weißen Saale mit Beifall aufgenom⸗ men wurde, nicht bloß eine Beseitigung des jetzt namentlich im Osten viel beklagten Arbeitermangels, der Sachsengängerei und eine größere Seßhaftigkeit unserer ländlichen Bevölkerung, sondern auch eine er⸗ hebliche Besserung der Lage der landwirthschaftlichen Arbeiter und eine Kräftigung unseres Bauernstandes.“

P Hegct die Thronrede äußert sich die Londoner, Morning 0 8

Die gegenwärtige Thronrede“, bemerkt das konservative eng⸗ lische Organ, „ist voller innerer Pläne, welche das direkte Ergebniß jenes Prinzips konstitutioneller und auch in großem Maßstabe persön⸗ licher Monarchie sind, Kraft welcher das Königreich Preußen seine gegenwärtige Lage einziger Stärke in der inneren Konsolidirung erlangt hat. Die Maßregeln, welche darin angedeutet sind, sind keines⸗ wegs dazu angethan, den Exponenten der unverfälschten Demokratie, welche in Frankreich hergestellt worden ist und die in gewissen Kreisen für England gewünscht wird, zu gefallen. Gleichwohl ist der Fort⸗ schritt in Preußen keineswegs im Stocken. Preußen als eine Nation löst seine inneren Probleme langsam und fast schweigend. Dieselben mögen auf die Länge sich eher mehr als weniger heilsam und dauernd erweisen, weil sie nach einer den nationalen Verhältnissen angepaßten Methode herbeigeführt worden sind.“

Die „Conservative Correspondenz“ stellt den Kampf gegen die sozialdemokratische Umsturz⸗ als eine Hauptaufgabe der bevorstehenden Wahl⸗

ewegung hin:

WMer auch nur ein Haus von wenigen Metern im Geviert oder eine kleine Scholle Land sein eigen nennt und als freier, selbständiger Mann zu eigen behalten will, wer immer sich durch Fleiß und Talent zum Herrn eines sel bständigen Betriebes durchgearbeitet hat oder sich müht und sich Entbehrungen auferlegt, damit er den Seinigen nach seinem Tode eine Summe zu eigenem Besitz hinterlassen kann, die ihnen eine sorgenfreie Existenz sichert, sollte fühlen, daß dieser Kampf ihn wie kein zweiter angeht und auf welcher Seite er natur⸗ gemäß als Partei steht. Speziell unser ganzes im Erwerbsleben thätiges Bürgerthum weiß allmählich aus zahllosen Erfahrungen der jüngsten Zeit zur Genüge, daß unser von der Sozialdemokratie ge⸗ gängelter Arbeiterstand nicht nach einer vernünftigen Gleichberechti⸗ gung, sondern nach der Herrschaft strebt, nach einer das Gewicht und die EE“ des Arbeitgebers völlig auslöschenden Herr⸗ schaft in den Werkstätten und Fabriken, nach der Herrschaft in unserm ganzen öffentlichen Leben. Dieses Bürgerthum, gleichviel, zu welcher Partei es sich bisher gehalten hat, sollte also auch fühlen, daß, wer mitten in einem Streit von so grimmigem Ernst und von so tief greifender Bedeutung, an dem Vorabend eines Entscheidungskampfes, bei dem es sich um die Frage der Erhaltung der Grundlagen seines ganzen wirthschaftlichen Wesens handelt, sein überwiegendes oder aus⸗ schließliches Interesse für einen mäßigen Preisaufschlag des Schweine⸗ fleisches in Anspruch nehmen will oder ihm etwas von angeblich bedrohten Wahlrechten, die Niemand antastet, vordeklamirt, im ünstigsten Falle Narrenspossen treibt. Wenn Burschen mit brennenden

ackeln rings ein Haus umstehen, das sie in Brand setzen wollen, würde der Besitzer für nicht seines Verstandes mächtig gelten, wenn er nicht alle seine Gedanken auf die Abwendung der dringenden Gefahr richten und sich in eben diesem Augenblick um den Bau einer Treppe oder den Preis eines Hausgeräths streiten wollte. Dieses thörichte Verhalten aber ist genau das, zu welchem der Freisinn seine Anhänger bereden will. Im gegenwärtigen Augenblick können alle Anhänger der bestehenden Staats⸗ und Eigenthumsordnung, soweit sie Anspruch auf ein vernanftgemäßes Handeln erheben, nur eine Aufgabe kennen: die Aufrichtung fester Schutzdämme gegen die heranfluthende Sozialrevolution. Wer den Blick des Wählers auf andere Fragen hinlenken und ihnen eine überragende Bedeutung beilegen will, wer zwischen denen, welche jene Aufgabe fest ins Auge fassen, den Hader schürt, kann, er gehöre einer Partei an, welcher er wolle, nur eins von beiden sein: ein beschränkter Politiker mit stumpfem Blick für die Scala der Bedürfnisse jeder Periode oder ein armseliger Patriot.“

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der „Schles. Ztg.“ wird berichtet, daß fast auf allen ober⸗ schlesischen Gruben eine Lohnaufbesserung der Arbeiter stattgefunden habe; die Einführung der achtstündigen Schicht sei dagegen nicht überall möglich. So ist die gräflich Hugo Henckel’ sche Verwaltung nicht in der Lage, auf der Steinkohlengrube „Radzionkau“ sofort die verkürzte Arbeitsschicht einzuführen, weil sie noch auf 2 ¼ Jahre hinaus kontraktlich verpflichtet ist, ein bestimmtes Kohlenqauantum für einen Hauptabnehmer zu liefern. Die abge⸗ schlossene Kohlenmenge würde man bei der verkürzten Schicht nicht fördern können. Dagegen gewährt diese Gewerkschaft ihren Arbeitern andere, recht ansehnliche Vergünstigungen. Die den Bergleuten für den eigenen Bedarf überwiesene Freikohle ist um ein Bedeutendes erhöht worden; Speisekartoffeln werden für die Hälfte des Preises an die eigenen Arbeiter abgelassen; diesen ist zugleich Ge⸗ legenheit geboten, für einen sehr niedrigen Preis herrschaftlichen Acker zu pachten. Auch in anderer Beziehung ist die Verwaltung bemüht, den Wünschen ihrer Arbeiter zu entsprechen.

In einer Correspondenz der „Madbg. Ztg.“ aus dem ober⸗ schlesischen Bergwerksrevier wird nach einem in Schlesischen Blättern in gleichem Wortlaut veröffentlichten Artikel auf den

1“ 8 8 8 a6.

Arbeitslohnes besitzer hätten drei bis vier

hat hingewiesen. Die dennoch auf längere Jahre ihre gesammte

den vor der Ausstandszeit üblichen billigen Kohlenpreisen.

großen

Zeit

(angeblich

schlimmen Einfluß, den der Zwischenhandel auf die Höhe des Berawerks⸗

auf

8 8 Jahresproduktion an Zwischenhändler in „General⸗Entreprise“ verkauft, und zwar zu

Die ganze

Steigerung der Kohlenpreise während und nach dem Ausstand sei demnach ausschließlich den Zwischenhändlern zu Gute gekommen, die Millionen verdient haben sollen. Diesen Zwischenhändlern gegenüber seien die Grubenbesitzer wie die Bergleute, die Arbeitgeber wie die

Arbeitnehmer in Oberschlesien übel dran.

In Hamburg ist ein Strike der Heizer und Trimmer

der im Hafen liegenden Hamburger Dampfer

ausgebrochen.

Die

Veranlassung gab, einer Meldung des „Wolff'schen Bureaus“ zufolge die beabsichtigte Herabsetzung der Heuer von 85 8 zuf 85 Elberfeld haben wie dem „Dtsch Tgabl.“ berichtet wird, einige 50 Böttchergesellen einer dortigen Fabrik die Arbeiteingestellt, weil jene Fabrik für einen Faßfabrikanten in Kassel, der von den Böttchergesellen nach Ausbruch des allgemeinen Ausstandes in Acht und Bann gethan war, Lieferungen gemacht haben soll. Unter den Sattlern der Artilleriewerkstatt in Spandau ist nach dem „Anz. Sd. Havell.“ ein Ausstand ausgebrochen; nicht ausreichende Be⸗ schäftigung und zu geringer Lohn werden als Ursachen angegeben. Aus Brüssel meldet „W. T. B.“, daß in der Umgegend von Charleroi der Strike neuerdings wieder in mehreren Kohlen⸗

gruben ausgebrochen sei.

In

Der „Magdeb. Ztg.“ wird aus Brüssel berichtet, in dortigen sozialistischen Kreisen verlaute, daß der internationale Berg⸗ manns⸗Kongreß im Juni in der hennezauischen Industriestadt en die Vertreter der österreichischen Berg⸗

Jolimont tagen werde. An demselben werd deutschen, französischen, belgischen, englischen und leute Theil nehmen. Bebel in Aussicht genommen.

Als Vorsitzender sei der Reichsta

Kunst und Wissenschaft.

Emin Pascha hat, „W. T. B.“ zufolge, der philosophischen Fakultät der Universität Königsberg relegraphisch seinen Dan

für seine Ernennung zum Ehren⸗Doktor

Handel und Gewerbe.

ausgesprochen.

8s⸗Abgeordnete

Nach einer Bekanntmachung des Königlich schwedischen Kommerz⸗Kollegiums vom 3. d. M. darf die Einfuhr seewärts von Hornvieh, Schafen, Ziegen und anderen

Wiederkäuern sowie von Thieren

über Städte stattfinden: Konge

des Pferdegeschlechts . : Helsingborg, Hernösand, f, Landskrone, Lulen, Malmö, Stockholm und Sundsvall.

Die Zeichnung auf die Loose zur ersten Klasse der 2 ha r ö Nieder⸗ legung der Schloßfreiheit ist, wie „W. T. B.“ meldet, an sämmtlichen Berliner Subscriptionsstellen heute geschlossen worden. Von den in der Provinz etablirten Zeichenstellen sind nach den bis jetzt vorliegenden Nachrichten die Stellen in Frankfurt a. M.. Königs⸗

Lotterie zur Beschaffung der Mittel

berg i. Pr. und Stettin gleichfalls geschlossen. Die von der Generalversammlung der A

mit Dividendenberechtigung vom 1. Juli d,.

für die

1 ralversamr achen⸗Höngener Bergwerks⸗Aktiengesellschaft gewählte Kommission bietet der Vereinigungs⸗Gesellschaft für Steinkohlenbau im Wurmrevier die Höngener Gruben zu 40 % in Wurmrevier⸗Aktien

J. und 10 % in Baar

an. Ueber die Annahme des Verkaufsanerbietens wird der General⸗ rath der „Vereinigungs⸗Gesellschaft“ am 21. d. Emscheidung treffen. Die nächste Börsen⸗Versammlung zu Essen findet am

20. Januar im „Berliner Hof' statt. Aus Madrid meldet „W. T. B.“, Mangel an Gold zeige. London, 16. Januar. ladungen angeboten.

daß sich immer mehr

(W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗

Bradford, 16. Januar. (W. T. B.) Wolle ruhig, williger, Lustre 1 d. unter höchstem Preis, Garne ruhig, für Stoffe ziem⸗

licher Begehr.

Verkehrs⸗Anstalten.

Hamburg, 16. Januar. „Hungaria⸗ 1 Aktiengesellschaft hat, Lizard passirt.

London, 16. Januar. „Grantully Castle“ ist Capetown abgegangen, der 2 Castle“ hat heute auf der Heimreise

gestern

Castle⸗Dampfer

(W. T. B.) Der Postdampfer der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ von New York kommend, heute Mittag

(W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer auf der Heimreise „Hawarden Madeira peassirt,

von

der

Castle⸗Dampfer „Pembroke Castle“ hat gestern auf der Ausreise die Canarischen Inseln passirt, der Castle⸗ Dampfer „Warwick Castle“ ist gestern auf der Heimreise in London an⸗

gekommen. 17.

„Spartan“

kommen.

Theater und Mufik.

Januar. (W. T. B.) Der

Lessing⸗Theater.

Union⸗Dampfer

Die Geigenfee“, ein dreiaktiges Lustspiel von Hans

Paul von Schönthan, gelangt als nächste Novität am Mittwoch, 9 geush Die Inscenesetzung des Stückes

22. d. M., zur ersten Aufführung. 3 wird von Hrn. Direktor Anton Anno geleitet. Wallner⸗Theater.

ist gestern auf der Ausreise in Capetown ange⸗

un den

Uebermorgen findet die letzte Sonntags⸗Aufführung des von

Moser'schen Lustspiels „Ultimo“ statt, dessen bisherige Vorstellungen 8

sich sehr zahlreichen Besuches und beifälligster Aufnahme erfreuten. Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Carl Millöcker's neue Orerette „Der arme Jonathan“,

welche in Wien vor Kurzem mit

bestem Erfolge aufgeführt worden 8 ist, ging gestern in unserm Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater zum

ersten Mal in Scene und fand hier eine ebenso freundliche Aufnahme, zu welcher fast gleichmäßig die gefaͤllige Musik, das ansprechende

Libretto und die beifallswürdige Darstellung beitrugen. des Textbuchs, welches von Hugo Wittmann und Julius Bauer herrührt, ist unterhaltend, ohne zu Uebertreibungen zu greifen und schließt etwas Seltenes bei Operetten sogar einen sütlichei 8— I

Kern ein. Ein reicher Amerikaner Vandergold will,

im entscheidenden Moment trifft er „armen Jonathan“, welcher seiner

&

Der Inhalt g

. UI, vom bloßen Lebens⸗ genuß übersättigt, seinem inbaltlosen Dasein ein Ende machen;

auf einen andern Mann, den Armuth wegen denselben Schritt

thun will. Da entsteht in Vandergold der Gedanke, es einmal als armer Mann auf dieser Erde zu versuchen; er schenkt seine Reich⸗ thümer dem armen Jonathan und wird ein lebenslustiger, fröhlicher

Gesell, als er den Segen der Arbeit kennen lernt.

Das Libretto

erhebt sich über den gebräuchlichen Operettenunsinn sowohl in der . 2 ; gesuchte Wortspiele wie sie sonst oft in aufdringlicher Weise den Textbüchern eigen, sind

scenischen Anlage, wie in der Form des Dialogs

hier vermieden; dabei ist die Sprache zumeist vornehm und die Verse 8 8 Millöcker's Musik, die sich in den ge

sind glatt und gefällig. wohnten Bahnen bewegt, aber orchestral originelle Nummern

mischen Beifall hervor; nathan und das Lied der

doch

einig

3 aufweist, rief besonders weisen das Lied des aryien Jo⸗ Harriet „Willst Du, mein Liebster⸗

e rhythmisch wiederholt

und stür

wieder auf die reiche Erfindungs Labe des Komponisten hin und er

freuen durch die glatte und leichtflüssige Melodik ebensosehr wie dLurchö 1

Puett 2

die feinsinnige orchestrale Begleitung; ferner

dürfen das

„Horch die Hauskapelle spielt“, welches von Frl. Stubel und Hr

Hanno musterhaft vorgetragen wurde, das

Impresariolied“

de

1