1890 / 19 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Jan 1890 18:00:01 GMT) scan diff

——8

immensetzung der Schiedsgerichte für genossenschaften veröffentlicht.

Se. Hoheit der Prinz Fhefenib Wilhelm von Hessen⸗Philippsthal⸗Barchfeld, Contre⸗Admiral la suite der Kaiserlichen Marine, ist am 17. d. M. zu Rotenburg an der Fulda verstorben.

Am 17, d. M. ist der vortragende Rath im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Geheime Ober⸗Baurath Grüttefien, im kräftigsten Mannesalter nach kurzer Krankheit in Folge eines Lungenschlages plötzlich verschieden. Seinem Leben voll rastloser Arbeit und hingebungsvoller Berufstreue ist ein unerwartet schnelles Ende beschieden gewesen.

Ernst Grüttefien, den 18. Dezember 1837 zu Neuhaldens⸗ leben geboren, trat als Bauführer mit einem Dienstalter vom

x9. Dezember 1858 in den Staatsdienst und wurde nach wohl⸗ bestandener Prüfung am 2. August 1864 zum Baumeister er⸗ nannt. Zunächst beim Wasserbau beschäftigt, widmete er sich vom Jahre 1866 ab dem Staats⸗Eisenbahndienst. In letzterem mehrjährig mit größeren Bauausführungen betraut, wurde er am 30. Mai 1871 zum Eisenbahn⸗Baumeister, am 4. Juli 1873 als Vorsteher des technischen Bureaus der König 888 Eisenbahn⸗Direktion in Hannover zum Bau⸗ und Betriebs⸗In⸗ spektor, am 3. Juli 1875 zum Mitglied der genannten Eisen⸗ bahn⸗Direktion und am 6. Januar 1877 zum Regierungs⸗ und Baurath befördert. Am 6. Juli 1877 erfolgte seine Er⸗ nennung zum Geheimen Bau⸗ und vortragenden Rath in der Eisenbahn⸗Abtheilung des gegenwärtigen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, am 13. Juli 1882 seine Beförderung zum Geheimen Ober⸗Baurath, bei Gelegenheit des Krönungs⸗ und Ordensfestes im Jahre 1888 seine Dekorirung mit dem Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub. Mit Rücksicht auf seine verdienstvolle Thätigkeit im Feldzuge gegen Frankreich war ihm seiner Zeit das Eiserne Kreuz am weißen Vande Allerhöchst verliehen worden.

Mit einem Charakter von hoher Lauterkeit, einer gedie⸗

Pmch wissenschaftlichen Bildung, vorzüglicher fachmännischer

egabung, großer Geschäftsgewandtheit und reicher Erfahrung verband der Dahingeschiedene eine seltene Arbeitskraft und Arbeitsfreudigkeit, rastlosen Diensteifer und loyalste Gesinnung. Im persönlichen Verkehr freundlich entgegenkommend, erfreute er sich der besonderen Achtung und Anerkennung seiner Vor⸗ gesetzten wie auch in vollstem Maße allseitiger Beliebtheit und Werthschätzung. b

Sein Andenken wird ein gesegnetes bleiben.

—. Der Kaiserliche Botschafter am Königlich groß⸗ britannischen Hofe, Staats⸗Minister Graf von Hatzfeldt⸗ Wildenburg, ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach London zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der hiesige chinesische Gesandte, Hung, ist von St. Petersburg, wohin er sich Anfang Dezember v. J. begeben hatte, nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Ge⸗ sandtschaft wieder übernommen.

Der siamesische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Phia Damrong, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Uͤrlaub angetreten. Während der Dauer seiner Abwesenheit fungirt der Legations⸗Sekretär Luang Suriya Nuvatr als interimistischer Geschäftsträger.

Der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath, Ministerial⸗Rath Heller, ist in Berlin angekommen und der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Marcus, ist von hier wieder abgereist.

Der General der Infanterie Bronikowski, Gouverneur von Metz, ist Urlaub hier eingetroffen.

8 Der Spezial⸗Kommissar, Regierungs⸗Assessor Disse

ist von Soest nach Höxter versetzt und demselben die Verwal⸗ tung der Spezial⸗Kommission I in Höxter übertragen, während der mit der Verwaltung dieser Spezial⸗Kommission bisher beauftragt gewesene Spezial⸗Kommissar, Regierungs⸗Assessor Carus in gleicher Eigenschaft von Höxter nach Soest ver⸗ setzt worden ist.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeigers“ liegt als Besondere Beilage eine „im Auftrage der Minister der öffentlichen Arbeiten und des Innern bearbeitete Denkschrift über die Untersuchung der Arbeiter⸗ und Betriebs⸗Verhältnisse in den Steinkohlen⸗Bezirken“ bei. Diese Denkschrift ist auch brochirt von der Königlichen Expedition des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“, Berlin SW., Wilhelmstr. 32, portofrei gegen Einsendung von 0,75 zu beziehen.

82

2. In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des eichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Bekanntmachung des Ministers für Handel und Gewerbe, betreffend die Zu⸗ Berufs⸗

von Oppeln⸗ mit kurzem

8— Bayern. München, 19. Januar. Der Staats⸗Minister Frreiherr von Feilitzsch wird, wie die „Allg. Ztg.“ mit⸗

theilt, Anfangs nächsten Monats die Leitung seines Ministeriums wieder übernehmen, nachdem die Besserung bis jetzt eine anhaltende gewesen ist. Ebenso ist das Besser⸗

befinden des Minister⸗Präsidenten Dr. Freiherrn von⸗Lutz in erfreulichem Fortschreiten begriffen.

Sachsen. Dresden, 18. Januar. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm wird, wie das „Dr. J.“ mittheilt, in dem großen Saale der ¹ ewegeselschaft Montag, den 27. Januar, um 2 Uhr

achmittags, ein Festm ahl stattfinden. In einer Bekannt⸗ machung des amtlichen Blattes laden der Rath zu Dresden in Feenü dns mit den Stadtverordneten zu zahlreicher Theil⸗ nahme ein.

Baden. Karlsruhe, 18. Januar. (Karlsr. Ztg.) Die an Se. Königliche Hoheit den Großherzog anläßlich des Hinscheidens Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augusta von der Ersten Kammer beschlossene Adresse hat enden Wortlaut:

urchlauchtigster Großherzog! Gnädigster Fürst und Herr!

In ernster Zeit ein neuer ernster Mahn⸗ und Weckruf an dai deutsche Volk! Zum Gatten die Gattin, zum Sohne die Mutter, des neuen Reichs erste Kaiserin zu den Kaiserlichen Schöpfern seiner

errlichkeit für die ewige Ruhe gebettet, aber auch mit ihnen fort⸗ ebend im preisenden Angedenken des dankbaren Volks und ggleich ibnen weiter segensvoll wirkend von Generation zu Generation durch die Werke, die ihrer Lebensarbeit unsterb⸗ liche Frucht! Wie groß, um Großes zu kämpfen, wie große Thaten,

ddurch Größe im Dulden zu überstrahlen, wie groß, zu streiten wider

Anderet Leid und Noth das ist der Beispiele Wilhelm's des

Siegreichen, Friedrich's des Dulders und Augusta’s der Barmherzigen köstlich unvergängliches Vermächtniß an Deutschland. Entsprossen aber ist ihr unzerstörbar hehres Lebenswerk der gleichen Wurzel:

Pflicht und Liebe. Pflicht und Liebe! zu dem Wahlspruch hat auch Badens er⸗

lauchtes Fürstenpaar nicht nur seit jeher sich bekannt; um so treuer hat es ihm nachgelebt, je lastender des Kreuzes Wucht geworden, den er ihm aufgebürdet. Mit jedem neuen Schicksalsschlage, der es trifft, werden aber eben darum auch um so unzerreißbarer die Bande, mit denen es sein Volk an sich bindet. In dem Schlußwort „Liebe“ gipfelte der Gruß, den Ew. Königliche Hoheit jüngst bei festlichem Mahle den Ständen entboten. Und „Liebe!“ tönt es aus der Herzen Tiefe um so mächtiger wieder, je mehr auch im Leiden unser leuchtend Vor⸗ bild .“ die allzeit uns in allem Anderen geführt, das gut und groß. 3

Geruhen Ew. Königliche Hoheit und die Frau Großherzogin, der edlen Mutter schwerstgeprüfte Tochter, dieses Zeugniß gnädig ent⸗ gegenzunehmen, zu dessen ehrfurchtsvoller Ablegung die Erste Kammer das schmerzliche Recht in ihrer getreuesten Hingebung findet.

Die von der Zweiten Kammer beschlossene Adresse lautet:

Durchlauchtigster Großherzog! Gnädigster Fürst und Herr!

Mit tiefstem Schmerz hat uns die Trauerbotschaft erfüllt, daß die Erlauchte Wittwe Kaiser Wilhelm's, die erste Deutsche Kaiserin, aus dem Leben geschieden ist. Wir theilen diesen Schmerz mit dem ganzen Deutschen Reich, das die verewigte hohe Frau als die treue Gattin des erhab'nen Gründers des Deutschen Reichs, als die in Werken der Wohlthätigkeit nie ermüdende edle Fürstin, als die liebende Mutter des durch hohe Thaten und durch hohen Geist gleich bewährten und der deutschen Nation in so schmerzlicher Weise entrissenen Sohnes und der nicht minder gefeierten Tochter aus ganzem Herzen verehrt hat. Aber kein deutsches Land kann die Trauer um die Hingeschiedene tiefer empfinden, als unser Heimathland Baden, denn diese Tochter der Kaiserin Augusta ist die Erlauchte Gemahlin Ew. Königlichen Hoheit, unsere vielgeliebte Großherzogin Luise, und unser theures, erst vor kurzer Zeit so schwer geprüftes Fuͤrstenhaus ist abermals in tieffte Trauer versetzt. Das ganze Land Baden nimmt den innigsten An⸗ theil an diesem neuen schweren Leide, welches der Verlust der theuern Mutter dem liebenden Herzen der Tochter und ihrem Hohen Gemahl, Ew. Königlichen Hoheit selbst, auferlegt. Dieser Antheil ist um so schmerzlicher, da es dem Lande Baden vergönnt war, die erlauchte Kaiserin Augusta so viele Jahre hindurch stets längere Zeit in seiner Mitte verweilen zu sehen, und dieses volle Gelegenheit fand, die hohen Tugenden der erhabenen Kaiserin zu bewundern, und reichen Antheil an den Werken der Liebe und Wohlthätigkeit zu nehmen, deren Uebung dem edlen Herzen der eine so theure Aufgabe war. Darum widmet das Land Baden mit den auf⸗ richtigsten Gefühlen der ernsten Trauer der hohen Verewigten zugleich ein gesegnetes und dankbares Andenken, das unerlöschlich mit dem Namen der ersten Deutschen Kaiserin verbunden bleiben wird.

Möge die göttliche Vorsehung Ew. Königlichen Hoheit und Höchstdero Erlauchten Gemahlin, unserer allverehrten Großherzogin Luise, Kraft und Trost in diesen Tagen der Trübsal verleihen. Ein langes, reichausgestattetes, segenvolles Leben ist erloschen, aber sein Seaen wirkt fort, auch über das Grab hinaus, und ruht gewißlich auf den Häuptern der Lieben, die es zurückgelassen. Das walte Gott!

Die Zweite Kammer ging in ihrer heutigen Sitzung über die Bitte des Demokratischen Vereins in Mann⸗ heim, die Herabsetzung der Liegenschaftsaccise betr., dem Antrage der Kommission entsprechend, zur Tagesordnung über, und nahm darauf den Antrag der Budgetkommission, die im Laufe der Budgetperiode 1888/89 verwilligten Administrativkredite, ausschließlich des unter Ministerium des Innern, Ziffer 4, enthaltenen Kredits von 23 000 ℳ, in der Summe von 1 612 500 zu genehmigen, an.

Hessen. Darmstadt, 18. Januar. (Darmst. Ztg.) Der Bericht des Ersten Ausschusses der Zweiten Kammer öüber die Vorlage des Großherzoglichen Ministeriums des Innern und der Justiz, betreffend den Gesetzentwurf über die Gehalte der Volksschullehrer, und zwei Ein⸗ gaben des hessischen Landes⸗Lehrervereins, betreffend anderweite Regelung der Gehalte der Volksschullehrer, beantragt die Annahme des Gesetzentwurfs über die Gehalte der Volksschullehrer, mit den Abänderungen in Art. 1, daß es in der Gehaltsskala heißt: „nach fünfundzwanzigjähriger Dienst⸗ zeit einen Gehalt von 1600 ℳ“ zu beziehen, und die Worte: „nach dreißigjähriger Dienstzeit einen Gehalt von 1600 ℳ“ zu streichen. Die Eingaben des Vorstandes des Hessischen Landeslehrervereins werden dadurch für erledigt erklärt.

Mecklenburg⸗Schwerin. (22) Schwerin, 18. Januar. Die Nachrichten über das Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs sind noch immer wechselnd. Insbesondere wiederholen sich die vom Gesicht ausgehenden neuralgischen Schmerzen von Zeit zu Zeit. b

Das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Groß⸗ herzogin Alexandrine hat sich soweit gebessert, daß Höchstdieselbe die beabsichtigte Reise nach Meran antreten könnte. Wegen der zur Zeit auch in Meran herrschenden Influenza ist aber die Reise bis zum Ende dieses Monats verschoben.

Nachdem der Ankauf einer Anzahl mecklenbur⸗ gischer Privatbahnen von den Ständen genehmigt wor⸗ den ist, werden die Vorbereitungen zur Durchführung dieser Maßregel eifrig betrieben. Voraussichtlich wird zuerst die Feis drch Franz⸗Eisenbahn übergeben, und zwar

nfang März d. J., und sodann die Großherzogliche General⸗ Direktion der Eisenbahn konstituirt werden, welcher die sämmt⸗ lichen Großherzoglichen Bahnen unterstellt werden sollen.

Die Influenza grassirt im ganzen Lande und tritt in letzter Zeit wiederholt in Verbindung mit Lungenaffektionen auf. Eine Anzahl besonders älterer Leute sind derselben erlegen. Gestern verstarb an Lungenentzündung hierselbst der Sanitäts⸗Rath Dr. Matthies⸗Klinger, der als Augenarzt eine über die Grenzen des Großherzogthums hinaus⸗ gehende große Praxis besaß und sich für seine Operationen eine eigene Klinik eingerichtet hatte.

Sachsen⸗Meiningen. Meiningen, 18. Januar. (Magdeb. Ztg.) Der Landtag hat den Justiz⸗Etat mit dem Nachtrage angenommen. Der Abg. Trinks⸗Saalfeld richtete dabei das Ersuchen an die Regierung, beim nächsten Etat in den Gehalten den Grundsatz der Alterszulagen einzuführen und die Mittel für den Wohnungsgeldzuschuß 15 werfen. Zugegangen ist dem Landtage ein Gesetzentwurf über Aufhebung des Chausseegeldes, in welchem zugleich 46 000 zur Unterstützung der Gemeinden bei Wegebauten gefordert werden. Auf Anregung des Finanz⸗Ausschusses gab der Staatsrath Ziller über die Forsterträge im Jahre 1889 den Aufschluß, daß sie auf 2 350 355 gestiegen seien. Etatisirt waren sie mit 1 728 000 ℳ, der Mehrbetrag beziffert sich sonach auf 622 355 Die Ausgaben für das Forstwesen für 1889 sind noch nicht In seiner gestrigen Sitzung erledigte der Landtag den Kultus⸗ und einen Theil des Unter⸗ richts⸗Etats. Fan die Landeskirche sind 108 000 ℳ, 12 500 mehr als bisher zur Erhöhung der Besoldungen der

Geistlichen eingestellt; es bestehen im Lande noch 81 Pfarreier, bei welchen die Pfarrbesoldung weniger als 1800 beträgl. Der Etat wurde bewilligt; ebenso wurden 50000 zur Unter⸗ stützung bedürftiger Gemeinden zu Schulbauten genehmigt. Eine längere Erörterung veranlaßte die Uebernahme der Realschule zu Sonneberg als Staatsanstalt. Dieselbe wurde schließlich entsprechend den Ausschußanträgen bewilligt. Die Erhöhung. der Durchschnittsbesoldung der Lehrer an höheren Unterrichts⸗ anstalten von 2950 auf 3150 wurde genehmigt und eine Petition der Elementarlehrer an diesen Anstalten um Gehalts⸗ erhöhung der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen.

Schwarzburg⸗ESondershausen. Sondershausen, 18. Januar. (Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bl.) Se. Durchlaucht der Fürst ist heute nach beendigter Kur aus Wiesbaden hierher zurückgekehrt.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 18. Januar. (W. T. B.) Der Landes⸗Ausschuß für Elsaß⸗Lothringen ist zum 30. Januar einberufen worden.

Deutsche Kolonien. Der „Times“ wird aus Zanzibar vom 18. d. M. gemeldet, daß in Bagamoyo täglich Stämme Eingeborener ankommen, um sich dem deutschen Reichskommissar, Major Wissmann, zu unterwerfen. Das Befinden Emin Pascha's hat sich, einer Meldung des „R. B.“ zufolge, wieder etwas gebessert.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. Januar. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung der Ausgleichs⸗Konferenz wurde die Berathung über die Errichtung nationaler Kurien im böhmischen Landtage und über die Re⸗ vision der Landtagswahlordnung fortgesetzt und be⸗ endet. In der heutigen Schlußsitzung wurden die e-

etroffenen Vereinbarungen in protokollarische Form gebracht, das Protokoll wurde von den Mitgliedern der Konferenz unterzeichnet. Minister⸗Präsident Graf Taaffe dankte sämmtlichen Theilnehmern, insbesondere dem Fürsten Schönburg, in warmen Worten für ihre Mitwirkung und erklärte die Konferenz für geschiosgen Die Mittheilung der Vereinbarungen an die in der Konferenz vertretenen Landtags⸗ klubs erfolgt am 26. d. M. in Prag, die Veröffentlichung durch die Blätter am 27. Januar.

Wie das „Telegraphen⸗Correspondenz⸗Bureau“ vernimmt, wurde der vertagte böhmische Landtag zum 23. Januar Behufs Wiederaufnahme seiner Thätigkeit einberufen.

Budapest, 18. Januar. (W. T. B.) Bei der Be⸗ rathung des Landesvertheidigungsbudgets im Unter⸗ hause erklärte heute der Landesvertheidigungs⸗Minister Frei⸗ herr von Fejervary gegenüber der Klage des Abg. Kaas, daß unter der gegenwärtigen Regierung die Befestigung der ungarischen Grenzen gänzlich vernachlässigt worden sei, die Regierung habe die dringendsten Befestigungsarbeiten im Auge gehabt und würden auch noch andere wichtigere Punkte in⸗ Ungarn an die Reihe kommen.

Großbritannien und Irland. London, 18. Januar. (A. C.) Die an der Influenza erkrankte Prinzessin Maud von Wales konnte gestern das Zimmer verlassen. Ihrer Mutter, der Prinzessin von Wales, sind vom Arzte bereits Spazierfahrten bei günstiger Witterung erlaubt worden. Der Prinz von Wales eröffnete gestern in Bournemouth das daselbst zur Erinnerung an das im Jahre 1887 gefeierte Regierungs⸗Jubiläum der Königin errichtete neue Royal Victoria⸗Hospital. Die Herzogin von Deck des Herzogs von Cambridge) ist an der Bronchitis erkrankt.

Die amtliche „London Gazette“ von gestern ver⸗ öffentlicht den diplomatischen Depeschenwechsel, der zwischen dem Marquis von Salisbury als Minister der Auswärtigen Angelegenheiten und Mr. George E. Petre, dem Vertreter in Lissabon, mit Be⸗ zug auf das Vorgehen Portugals in Maschona⸗ land und den Distrikten Nyassa und Shiré gepflogen wurde. Die Depeschen, welche vom 16. November ab beginnen, sind ihrem Inhalt nach bereits bekannt. Die Sammlung schließt mit einem Telegramm Lord Salisbury'’s an Mr. Petre, datirt: Auswärtiges Amt, 13. Januar, worin Erstgenannter die Hoffnung ausdrückt, daß die an die (portu⸗ giesischen) Behörden von Mozambique zu erlassenden Befehle hinreichend nachdrücklich sein werden „um den Verwickelungen, welche Ihrer Majestät Regierung so tief bedauert, ein für alle Mal ein Ende zu setzen“.

Frankreich. Paris, 19. Januar. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer dankte der Vize⸗Präsident de Mahy im Namen Floquet'’s für dessen Wahl zum Präsidenten und gab zugleich dem Bedauern Floquet's Ausdruck, daß er in Folge eines Trauerfalles in seiner Familie behindert sei, heute den Vorsitz in der Kammer zu führen. Im weiteren Verlauf der Sitzung brachte de Montfort, von der Rechten, eine Interpellation ein über die schlechten Nachtlager der Soldaten. Nachdem der Kriegs⸗Minister de Freyeinet bezügliche Erklärungen ab⸗ gegeben hatte, ertheilte die Kammer demselben ein Ver⸗ trauensvotum. 1

Der Deputirte Peytral theilte dem Finanz⸗Minister Rouvier seine Absicht mit, ihn betreffs der Gerüchte über eine fakultative Konversion der 4 ½ prozentigen Rente zu befragen. Rouvier antwortete, er müsse die Beantwortung einer solchen Frage ablehnen, da seine Ansicht über diesen Gegenstand noch keine feststehende sei.

Ein gestern hier abgehaltenes Protestmeeting der in Paris lebenden Portugiesen gegen England hatte bei der Anwesenheit Zorilla's und des italienischen Agitators⸗ Cipriani einen entschieden republikanischen Charakter und wird deshalb mehrfach von den Blättern als eine Bedrohung der Beziehungen zu der portugiesischen Dynastie getadelt. .

Wie die „France“ erfährt, ist vor etwa 4 Tagen auf französischem Gebiet eine Karawane angegriffen worden, die von Djibutil bei Obok nach be stimmt war.

Italien. Durch das am Sonnabend Abend, kurz vor 7 Uhr, in Turin erfolgte Ableben Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Amadeus, Herzogs von Aosta, Bruders Sr. Majestät des Koͤnigs Humbert, ist Allerhöchstderselbe mit dem ganzen Königlichen Hofe in tiefe Trauer ver⸗ setzt worden. Der König telegraphirte dem Minister⸗Präsi⸗ denten Crispi die Nachricht von dem Tode des Herzogs mit⸗

im November 1870 von den zum Könige gewählt, nahm in Florenz am 4. Dezember die ihm angetragene Krone an, dankte aber, nachdem er vergeblich versucht hatte, mit einer der verschiedenen, sich heftig befehdenden politischen Parteien eine dauerhafte Regierung zu begründen,

in Stand gesetzt.

folgenden Worten: „Mein geliebter Bruder is um 6 Uhr

2 45 Minuten verschieden; seine letzten Worte galten dem

Vaterlande und der Armee, indem er sagte, daß er sie mit heißester Liebe geliebt habe und nur deshalb bedauere, so frühzeitig zu sterben, weil er ihnen nicht mehr werde dienen können. * drücke Ihnen schmerzerfüllt die Hand. Ihr wohl⸗ geneigter Humbert.“ Dem Bürgermeister und dem Präfekten von Turin gegenüber äußerte der König: er habe in dem

erzog von Aosta seine theuerste und stärkste Stütze, einen icheren, ihm ergebenen Rathgeber verloren, vor dem sein Herz keine Geheimnisse gehabt habe. Das Hofmeisteramt des Herzogs von Aosta zeigte das Ableben Sr. Königlichen Hoheit sämmtlichen auswärtigen Höfen an. Der Herzog und die Herzogin von Genua kehrten eine halbe Stunde nach eingetretenem Tode in ihr Palais zurück; nur der König blieb bei der Wittwe und den Kindern des Herzogs. Se. Kgi. Hoheit der Kronprinz hat seine Orientreise aufgegeben und sich in Palermo an Bord der „Arabia“ wieder eingeschifft. Der Papst hat der Herzogin von Aosta telegraphisch sein Beileid ausgesprochen. Für die Armee ist eine sechswöchige Trauer angeordnet. In allen Städten Italiens sind die Theater geschlossen. Minister⸗

Präsident Crispi und Senats⸗Präsident Farini sind zur

amtlichen Aufnahme des Todesfalles in Turin eingetroffen.

Von den Mitgliedern der portugiesischen Königsfamilie wird der Herzog von Oporto in Turin erwartet, dadie Königin⸗

Wittwe Maria Pia wegen ihres Gesundheitszustandes und auf Anrathen der Aerzte die Reise aufgegeben hat. Die Munizipalitäten von Rom und Turin veröffent⸗ lichten Trauermanifeste. Aus allen Theilen Italiens trafen Beileidskundgebungen der Munizipalräthe an den

Genmneinderath von Turin ein. Alle römischen Zeitungen, ohne Unterschied der Partei, gedenken des verstorbenen Prinzen

in überaus warmen, anerkennenden Worten. In Florenz ist die Enthüllung des Denkmals Daniele Manin's wegen der Trauer verschoben worden.

Am Paradebett des verstorbenen Herzogs von Aosta waren, wie „W. T. B.“ meldet, gestern, Sonntag, der König, die Prinzessin Clotilde, die Herzogin⸗Wittwe und die Kinder des Herzogs versammelt. Das ganze Personal des Herzoglichen Hauses defilirte Abends am Paradebett. Die Leichenfeier findet am Mittwoch statt. Der König hat dazu, einem Wunsche des Verstorbenen entsprechend, nur die Theilnahme der Turiner Garnison angeordnet. Se.

Majestät wird den Leichnam bis zur Basilica de superga außerhalb Turin begleiten.

Die Königin und der Kron⸗ prinz treffen am Montag Morgen in Turin ein.

(Prinz Amadeus, Herzog von Aosta, war als zweiter Sohn des Königs Victor Emanuel zu Turin am 30. Mai 1845 geboren und in erster Ehe vermählt (zu Turin am 30. Mai 1867) mit Prinzessin Maria dal Pozzo della Cisterna (gest. am 8. November 1876), in zweiter mit seiner Nichte der Prinzessin Lätitia Bonaparte, Tochter seiner Schwester Clotilde, (zu Turin am 11. September 1888). Se. Königliche Hoheit hinterläßt aus erster Ehe die Prinzen Emanuel, Herzog von Apulien (geb. 1869), Victor, Graf von Turin (geb. 1870) und Ludwig (geb. 1873), aus zweiter Ehe den Prinzen Hum⸗

bert (geb. am 22. Juni 1889). Der Prinz wurde spanischen Cortes

am 11. Februar 1873 ab. Nach Italien zurückgekehrt, trat er wieder in die Armee zurück und führte als General⸗ Lieutenant eine Zeit lang das Kommando des 7. Armee⸗ Corps in Rom; später wurde er General⸗Inspecteur der Kavallerie. Prinz Amadeus erschien wiederholt zum

Besuch am Berliner Hosss zuletzt mit seiner jungen Gemahlin

im Winter 1888. Höchstderselbe war Chef des 2. Hessischen Husaren⸗Regiment Nr. 14 in Kassel.) Der französische Botschafter Mariani bei der

italienischen Regierung ist am 18. d. M. in Rom an einem

Rückfall von Bronchitis gestorben.

Wie die „Agenzia Stefani“ u. d. 18. meldet, hat der Sultan den lebhaften Wunsch ausgesprochen, daß der Kron⸗ prinz von Italien (auf seiner inzwischen leider durch den Trauerfall unterbrochenen und aufgeschobenen Orientreise) in Saloniki und Konstantinopel sein Gast sei. Auf Befehl des Sultans würden Zimmer im Nildiz⸗Kiosk für den Kronprinzen Auch der König von Griechenland und der König von Rumänien hiütten dringend gebeten, daß der Kronprinz ihre Gastfreundschaft annehme.

Spanien. Madrid, 19. Januar. (W. T. B.) Die Besserung in dem Befinden des Königs schreitet fort. Alonco Martinez hat seine Bemühungen behufs Neubildung des Kabinets aufgegeben, da bei den Meinungsverschiedenheiten zwischen den Dissidenten der Majorität und den Anhängern Sagasta's unter den Deputirten die Zusammensetzung eines Mini⸗ steriums der Versöhnung nicht möglich erschien. Außer⸗ dem war eine Einigung zwischen dem schutzzöllnerischen Gamazo und dem freihändlerischen Piugcerver über die Finanz⸗

frage nicht zu erzielen. Die Königin⸗Regentin hat nun⸗ mehr Sagasta beauftragt, ein neues Kabinet zu bilden. Wie

gerüchtweise verlautet, dürfte die schutzzöllnerische Gruppe in em neuen Ministerium durch Gamazo vertreten werden.

Portugal. Lissabon, 16. Januar. (Pol. Corr.) Das

neue Ministerium hat sich heute den Cortes vorgestellt.

Der Conseils⸗Präsident de Serpa Pimentel erklärte, daß er die Regierung in einer ernsten Lage übernommen habe; Faresgah habe das Recht für sich, England die Gewalt. Das neue Kabinet werde die Rechte der Nation aufrechterhalten, über

deren Ehre und Interessen wachen. Den Kolonialangelegenheiten

werde es eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden, ebenso der Armee und Marine, dem Ackerbau und Schulunterricht, der iel zu wünschen übrig lasse. Das neue Kabinet kann nicht auf die Mehrheit in der Kammer zählen, es wird also

bald eine Auflösung nothwendig werden. Gestern Abend fanden neue Aufläufe statt; dabei wurden dem Blatt

„Novedades“, welches das Organ des Hrn. de Barroz Gomez st, die Fenster eingeschlagen. Es wurden zahlreiche Verhaf⸗ zungen vorgenommen.

Belgien. Brüssel, 18. Januar. (W. T. B.) In em hier erscheinenden amtlichen Anzeiger des „Unabhängigen

Congostaats“ werden Verfügungen veröffentlicht, welche

en katholischen und protestantischen Missionen, die in Congostaate Niederlassungen haben, die Rechte juristischer

ersönlichkeiten zugestehen. en 8 6

Türkei. Konstantinoel, 18. Januar. (W. T. B.) Strecker Pascha, ehemaliger Kommandant der ostrumelischen Miliz, ist gestorben.

Schweden und Norwegen. (F.) Stockholm, 18. Ja⸗ nuar. In der von dem König Oscar bei der heutigen feierlichen Eröffnung des Reichstages verlesenen Thronrede wird Eingangs verschiedener Ereignisse im Königlichen Hause Erwähnung gethan und dann die Vorlage von Gesetzentwürfen angekündigt, u. a. betreffend die Ver⸗ änderung des Strafgesetzes, die Verstärkung des Vertheidigungs⸗ wesens, die Verminderung der Grundsteuer sowie der Rüstungs⸗ und Rotirungslasten, ferner betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter, die Vollendung der nördlichen Staatsbahn, die öffentliche und private Gesundheits⸗ und Krankenpflege. Vor⸗ schläge zur Veränderung des sogenannten Zwischenreichsgesetzes, durch welches die Handelsverhältnisse mit Norwegen geregelt werden, sollen auch noch in dieser Session zur Vor⸗ lage kommen. „Unsere Verhältnisse zum Auslande,“ heißt es schließlich, „sind fortgesetzt die besten. Meine Be⸗ mühungen haben stets das Ziel gehabt, die Freundschaft mit allen fremden Mächten zu bewahren, ohne in irgend einer Hin⸗ sicht unser Selbstbestimmungsrecht zu binden. Dieses Recht müssen wir auch fortgesetzt vertheidigen. Bereits seit der Thronbesteigung meines Großvaters haben die Ver⸗ einigten Reiche einen ungestörten Frieden genossen. Seine Segnungen sind die Ergebnisse einer Politik gewesen, welche die Aufrechterhaltung einer un⸗ erschütterlichen Neutralität zur Aufgabe hatte. Aber diese kann eines Tages der Rüstung bedürfen. Dies beherzigend, habe ich einen Ueberschlag über die in einem solchen Falle nothwendigen Kosten anfertigen lassen. Es werden in jedem Falle verhältnißmäßig unbedeutende Opfer für die Erhaltung der von den Vätern ererbten Freiheit sein.“

Amerika. Washington, 19 Januar. (W. T. B.) Der Samoa⸗Vertrag ist dem Senat zur Ratifizirung übersandt und von diesem an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zur Berathung überwiesen worden.

Afrika. Zanzibar, 19. Januar. (R. B.) Der bri⸗ tische Kreuzer „Conquest“ ist hier eingetroffen. Gegen⸗ wärtig befinden sich hier 14 englische Kriegsschiffe, welche mit Kohlen beladen werden. Der Sultan hat der Regierung des Congostaats die Anwerbung von 1200 zanzibaritischen Arbeitern gestattet. Das Kabel zwischen Mombassa und Zanzibar ist nunmehr fertig; bit hegerte telegraphische Verbindung mit Europa wird heute eröffnet.

Parlamentarische Nachrichten.

er heutigen (47.) Sitzung des Reichstages, w die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Dr. von Stephan, Freiherr von Maltzahn, sowie andere Bevollmächtigte zum

Bundesrath nebst Kommissarien beiwohnten, stand an erster,

Stelle auf der Tagesordnung die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend eine Postdampf⸗ schiffsverbindung mit Ost⸗Afrika, auf Grund münd⸗ lichen Berichts der Kommission für den Reichshaushalts⸗Etat. Berichterstatter war Abg. Graf von Behr⸗Behrenhoff.

§. 1 der Kommissionsbeschlüsse lautet in Uebereinstimmung mit der Vorlage:

Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Einrichtung und Unter⸗ haltung einer regelmäßigen Postdampfschiffsverbindung zwischen Deutschland und Ost⸗Afrika auf eine Dauer bis zu zehn Jahren an geeignete deutsche Unternehmer auf dem Wege der engeren Sub⸗ mission zu übertragen und in dem hierüber abzuschließenden Ver⸗ trage eine Beihülfe bis zum Höchstbetrage von jährlich Neunhundert⸗ tausend Mark aus Reichsmitteln zu bewilligen.

Abg. Dietz (Hamburg) erklärte, daß die Sozialdemokraten gegen die Vorlage stimmen würden; dieselbe diene lediglich kolonialen Zwecken, die solche Opfer nicht werth seien. Da indessen die Vorlage vom Reichstage angenommen werden würde, so wäre wenigstens die Aufnahme einer Bestimmung in die Kontrakte mit den Unternehmern wünschenswerth, wo⸗ durch es denselben unmöglich werde, Neger und Kulis auf den subventionirten Dampfern zu beschäftigen.

Abg. Grad empfahl die Vorlage, welche die deutsche Wirthschaftspolitik, die Machtstellung des Reichs und Aufgaben der Civilisation zu fördern geeignet sei.

Abg. Dr. Barth bemerkte, daß die Subventionssumme in keinem Verhältniß zu dem Nutzen stehe, den die Dampfer⸗ linie bringen könne. Hätte sich die Kommission mehr seit zur Prüfung der Vorlage gelassen, so würde ie gewiß zu demselben Resultat gekommen sein, wie der Staatssekretär von Stephan bezüglich der westafrikanischen Linie, nämlich daß sie überflüssig sei. Gerade die Entwickelung der Verhältnisse in West⸗Afrika beweise, daß es solcher künst⸗ lichen Mittel zur Hebung von Wirthschaft und Handel in unsern afrikanischen Schutzgebieten nicht bedürfe. Viel gün⸗ stiger als alle subventionirten Dampferlinien würde für den Weltverkehr Deutschlands wirken, wenn die verfehlte schutz⸗ mltertsche Handelspolitik des Deutschen Reiches aufgegeben würde.

Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Rintelen.

(Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Zweiten Beilage.)

„— Im 4. Breslauer Reichstagswahlkreise Brieg⸗Namslau ist an Stelle des zum Regierungs⸗ Präsidenten ernannten Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Raths von Heydebrand und der Lasa der Majoratsbesitzer Freigerj von Saurma⸗Jeltsch⸗Sterzendorf (deutschkonservativ) mit 5089 gegen den Brauerei⸗Direktor Goldschmidt in Berlin (deutschfreisinnig) mit 1640 Stimmen zum Mitglied des Reichstages gewählt worden.

Dem Hause der Abgeordneten sind zugegangen: die 11“ über die Anzahl der für das Jahr 1889/,90 zur Klassensteuer und zur klassifizirten Einkommensteuer veranlagten Personen und über den Betrag der für dasselbe Jahr veranlagten Steuer, ferner der Bericht über die Bauausfüh⸗ rungen und Beschaffungen der Eisenbahn⸗Verwal⸗ tung während der Zeit vom 1. Oktober 1888 bis dahin 1889, sowie die RRRien des Landes⸗Eisen⸗ bahnraths im Jahre 1889 nebst Drucksachen.

Auf der Tagesordnung der am Dienstag, den 21. Janugr 1890, Vormittags 11 Uhr, stattfindenden dritten Plenarsitzung des Seus6⸗ der Abgeordneten steht die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Fest⸗

stellung des Staatshaushalts⸗E 1 1. Apri 1890/1. haushalts⸗Etats für das Jahr vom 1. April

Zeitungsstimmen.

8 SZum 18. Januar schreibt das „Leipziger Tage⸗ a 8

„In unserer Zeit der ruhelosen Hast und überstürzten Fort⸗ entwickelung ist die Neigung, einen Augenblick innezuhalten . großer entscheidender Ereignisse der Vergangenheit zu erinnern, mögen sie auch mit dem Laufe unserer Entwickelung im engsten Zusammen⸗ hange stehen, fast verloren gegangen. Wenn wir aber auch anerkennen müssen, daß die Zeitverhältnisse in erster Linie die Auf⸗ merksamkeit für die zukünftige Entwickelung in Anspruch nehmen, so ist es doch unerläßlich, daß wir uns solche Ereignisse gegenwärtig halten, welche die Grundlage unseres heutigen Zustandes bilden und von größter Bedeutung für die Gestaltung der staatlichen Verhält⸗ nisse in Europa und auf der ganzen Erde gewesen sind. Ein solches Ereigniß ist die Gründung des Deutschen Reichs durch die am 18. Januar 1871 erfolgte Krönung des Werkes, die Annahme der Kaiserwürde durch König Wilhelm IJ. von Preußen. Kaiser Wilhelm hat die Wiederkehr dieses Tages siebzehnmal erlebt, dann erst ist er aus seinem thaten⸗ und ereignißreichen Dasein geschieden. Sein Enkel und Nachfolger Kaiser Wilhelm II., welcher die Regierung des Deutschen Reichs seit dem 15. Juni 1888 mit kräftiger Hand und zielbewußtem Geiste leitet, steht heute am 19. Jahrestage der Kaiserproklamation in Versailles an der Spitze des geeinten deutschen Vaterlandes. Diese Proklamatien ist zugleich der Abschluß einer mehrere Jahr ehnte umfassenden Vorbereitungszeit und der Beginn einer neuen Aera von höchster Bedeutung. Die Gründung des Deutschen Reichs hat Europa vor neue große Aufgaben gestellt, welche nicht in dem Wettstreit um die Macht mit den Waffen in der Hand gelöst werden können, sondern durch die Bereit⸗ stellung aller verwendbaren Kräfte zur Erreichung der höchsten Blüthe menschlicher Entwickelung in friedlicher Arbeit. Darin besteht der Werth der Neubegründung des Deutschen Reichs für alle Völker der Erde. Deutschland hat der Welt gezeigt, daß ein mächtiges Reich seine Daseinsberechtigung nicht durch siegreiche Kriege darzuthun nöthig hat, daß nicht das Streben nach Gebietserweiterung eines großen geeinten Volkes würdig ist, sondern daß es weit ersprießlicher für die Gesammtheit ist, wenn ein großes mächtiges Reich und ein geeintes Volk in der Gewährung des Schutzes gegen die Zerstörungs⸗ nalc der Friedensfeinde seine volle Befriedigung und Genugthuung ndet.“

In einem Artikel über die Aufbesserung der Beamten⸗ gehälter äußert der „Hannoversche Courier“:

„Wenn von uns die Nothwendigkeit einer Gehaltsaufbesserung für die Unter⸗ und auch für die mittleren Beamten zugestanden wird, so sind wir doch weit davon entfernt, den Klagen und Jeremiaden der freisinnigen Presse über die durch die neue deutsche Wirthschaftspolitik hervorgerufene allgemeine Nothlage und Theuerung beizustimmen. Es wäre thöricht, verkennen zu wollen, daß in Folge der vermehrten Zölle und indirekten Steuern die Preise für die verschiedenartigsten Bedürfnisse überall angezogen, der Lebensunterhalt durchschnittlich theurer geworden ist und das Budget der Haushaltungen eine Erhöhung erfahren hat. Dem aber steht gegenüber ein erfreulicher und merklicher Aufschwung in Handel und Wandel, eine Erhöhung und Steigerung des Ver⸗ dienstes und der Einnahmen, wodurch die der Ausgaben mehr als ausgeglichen wird. Die Sparkasseneinlagen, die Vermehrung der persönlichen Steuerkraft deuten das sichtlich an. Auch die arbeitenden Klassen sind von diesem wirthschaftlichen Aufschwung nicht unberührt geblieben; zahlreiche statistiscche Nachweise thun dar, daß fast überall die Löhne eine nicht unerhebliche Steigerung erfahren haben. Nur die Beamten sind trotz der erhöhten Preise für alle Lebensbedürfnisse auf ihre bisherigen Bezüge beschränkt geblieben, und da dieselben für die unteren und mittleren Beamten ohnehin äußerst knapp bemessen und zu einer Zeit größerer Wohlfeilheit fest⸗ gestellt worden, so leiden diese unter den heutigen Verhältnissen am und bedürfen am dringendsten einer Erhöhung ihrer Ein⸗ nahmen.“

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quaramänewesen. 8 Schweden. Auf dem bei Halmstad gelegenen Gut Sperlingsholm in E““ Provinz Halland ist der Milzbrand ausge⸗ rochen.

Theater und Mufik.

Das Deutsche Theater brachte am Sonnabend Molière’s „Tartüff“, übersetzt von Ludwig Fulda, in erster Auffüh⸗ rung. Diese unsterbliche Komödie der Scheinheiligkeit und Heuchelei ist unstreitig eines der geistvollsten und fesselndsten Erzeugnisse der Molidre'schen Muse. Auch in dem etwas modernisirten Mäntelchen, welches ihr das Deutsche Theater umgehangen hat, interessirte und belustigte dieselbe das gefüllte Haus von A bis Z, trotz der Steif⸗ heit, allzu weichlichen Komik und Hypernaivetät einzelner Scenen und Situationen, welche unserer gegenwärtigen Geschmacksrichtung nicht mehr entsprechen. 1 1 An diesem erfreulichen vollen Erfolge partizipiren Uebersetzer, Regie und Darsteller zu gleichen Theilen. Dr. Fulda hat sich nicht nur dadurch daß, sondern auch durch die Art, wie er den Autor übersetzt hat, ein unbestreitbares Verdienst erworben. Die Verse fließen leicht und gefällig, machen nirgends den Eindruck des Mühe. vollen oder Gekünstelten und bringen bei aller Freiheit doch die Eigenart und gewandte Dialektik des Dichters in prägnanter, leicht verständlicher Weise zum Ausdruck. Selbst die sehr schwierige Auf⸗ gabe der Uebertragung einzelner Wortspiele aus dem ÜUrtext hat er mehrfach auf das Glücklichste gelöst. 3 . Die Regie war sichtlich bestrebt gewesen, das Stück vonr Staub E““ ein Wenig zu säubern und sie hatte wohl daran gethan. 8 Von den Darstellern gebührt die Palme des Abends Hrn. Kadelburg in der Titelrolle. Sowohl in der sehr gelungenen Charakterisirung, wie in der mimischen und deklamatorischen Aus⸗ gestaltung der, seinem eigentlichen Fach ferner liegenden Rolle zeigte derselbe sich aufs Neue als Schauspieler von großem Stil. Fem sekundirte wirksam Frl. Meyer als Elmire. Das Zusammenspiel Beider in den zudringlichen Liebesscenen besonders des vieften Akts war vortrefflich. Frl. Sorma war wenn auch durch ihre Jugendlichkeit der traditionellen französischen Auffassung dieser Parie nicht ganz entsprechend in ihrer Frische und anmuthigen reistigkeit doch eine überaus wirksame Dorine. Hr. Engels hielt die Reolle des Orgon frei von Uebertreibung, wozu dieselbe leicht ver⸗ führen kann. Auch allen übrigen Mitwirkenden, von denen besonders Fr. Carlsen und Hr. Nissen lobend erwähnt werden sollen, ge⸗

ührt ein wesentlicher Antheil an dem Erfolg. [

Berliner Theater.

Gestern Mittag gelangte im Berliner Theater Oskar Blumen. 8.* thal's 51 zu einem wohlthätigen Src zur Aufff.. 8

führung. wurde zum Besten der vom Brande 1 Theaters in Pest betroffenen Mitglieder gespielt. Außer Schau⸗ spielern des Berliner Theaters betheiligten sich an der Vorstelklung Frl. Sorma und Hr. Engels vom Deutschen Theater, 12 Klein vom Lessing⸗Theater und Hr. Pagay vom Residenz⸗Theater. Die Rollen. besetzung konnte, in Folge der Vereinigung dieser hervorragenden schauspielerischen Kräfte, eine glänzende genannt werden. Frl. Butze spielte die intrigante, vornehme Wittwe, Hortense von Walnack, mit Geist und vornehmer Empfindung. Die Rolle des Bogumil Krasinsky stellte Hr. Direktor Barnay in Berlin zum ersten Male dar; er

verlieh der Gestalt äußerlich und innerlich ein charakten.

es deutschen