planes hat die Regierung bereits früher erklärt, daß es nicht möglich sei zu sagen. für welche Gewerbe Fachschulen errichtet, wie viele und wo sie errichtet werden sollen. Mit diesem Vorbehalt, glaube ich, wird der Vorredner in der vorjährigen Denkschrift und in der diesjährigen ausführliche Auskunft darüber finden, wohin die Regierung auf diesem Gebiet steuert. Zu der Vermehrung der Fachschulen fehlte es an dem nervus rerum. Die Staatsregierung hat geglaubt, zunächst die bereits vorhandenen Anstalten auf bessere Basis stellen zu sollen. In Bezug auf die Errichtung weiterer Anstalten, namentlich einer Maschinenbauschule in Stettin, stehen die Entschließungen der Staatsregierung noch aus.
Abg. Dr. Ritter: Schon seit Jahren hat der Verein zur Förderung des Wohles der arbeitenden Klassen im Kreise Waldenburg den Antrag gestellt, auf der Basis der Arbeits⸗ schulen eine Fachschule für Holzschnitzerei und Möbeltischlerei zu gründen, ähnlich wie die in Grulich in Böhmen. Die Regierung hat uns bei diesem Plane zur Seite gestanden, aber schließlich doch dem Verein den Bescheid gegeben, daß Mittel zu diesem Zwecke nicht vorhanden seien. Ich bitte, sobald als möglich, Mittel für diese Schule zu schaffen.
Regierungskommissar Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lüders: Es ist doch zweifelhaft, ob es möglich sein wird, einen nennenswerthen Bruchtheil der Waldenburger Weber⸗ bevölkerung zu einem anderen Handwerk überzuführen. Solche Versuche sind bisher nur in geringem Maße gelungen. Der Nachweis der Nothwendigkeit und des Ersatzes einer Möbel⸗ schule in Waldenburg ist nicht geführt.
Abg. Dr. Ritter bittet wiederholt um eine solche Schule, und. weist darauf hin, daß die Waldenburger Arbeitsschule bereits seit vier Jahren Holzschnitzerei treibt; es sei zu er⸗ warten, daß auf dieser Basis etwas geleistet werden wird.
Die Kapitel „Königliche Porzellanmanufaktur“, „König⸗ liches Institut für Glasmalerei“, die vermischten Ausgaben und die einmaligen Ausgaben werden ohne Debatte be⸗ willigt, ebenso der Etat des Bureaus des Staats⸗ Ministeriums. 11ö]
Schluß nach 3 ¼ Uhr. 8 .
— In der gestrigen Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten entgegnete bei dem Titel „Stempelsteuer“ auf die Bemerkungen des Abg. von Meyer der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz: 3
Ich glaube, daß es besser gewesen wäre, wenn der geehrte Herr Vorredner den Instanzenzug beschritten hätte und die Beschwerden über eine Stempelforderung, die an die von ihm vertretene Sozietät gerichtet ist, an das Ministerium gerichtet hätte, denn dann bätte sie da untersucht werden können und dann würde sich zeigen, wie die Sache steht. Ich bin nicht in der Lage, darauf speziell eirgeben zu können. Die Sache ist nicht, wie der Herr Vorredner selbst anaefü hat, zur Entscheidung dee Ministerialinstanz gestellt worden. 8 der besondere Umstand, daß ihm das erwähnte Erkenntniß nicht gegangen ist, ist nicht zum Gegenstand der Beschwerde gemachten 1 ich würde sonst Sorge getragen haben, daß ihm dieses Erkenntniß zugänglich geworden wäre. Ich höre aber aus seinen Mittheilungen, daß schon der Herr Provinzial⸗Steuer⸗Direktor gesagt hätte, das er das Erkenntniß bekomme. Ich sollte denken, damit könnte er sich beruhigen.
Im Uebrigen muß ich anführen, daß meinerseits gegenüber den öffentlichen Sozietäten die günstigste Stimmung bestcht und immer bestanden hat, daß ich mit dem größten Wohlwollen, scweit es metne Pflicht zuläßt, gerade diesen Sozietäten gegenüberstehe; und ich glaube, so wird es auch wohl bei meinem Kollegen, dem Minister des Innern sein, dessen Rührung angerufen worden ist. Es bedarf in dieser Beziehung keiner beweglichen Vorstellung. Wir erkennen die Vorzüge dieser Sozietäten und den Anspruch, den sie auf Wohl⸗ wollen haben, vollkommen an; indessen es kann das doch wohl zu vereinbaren sein unter Umständen mit der Geltendmachung gesetzlicher Forderungen, die an Vertragsabschlüsse dieser Sozietäten etwa ange⸗ knüpft werden müssen. Ich weiß, wie gesagt, nicht, wie diese Stempelforderung, von der der Herr Abgeordnete gesprochen hat und welche er hier sogar zu einer neuen Grundsteuer in einer mir nicht ganz erkennbaren Weise gestempelt hat, begründet ist, glaube aber, daß nicht ganz ohne Grund der Stempelfiskal auf diesen Gedanken gekommen ist, da also schon ein Reichs⸗ gerichts⸗Erkennniß vorhanden sein soll, welches die Forderung für richtig anerkennt. Aber ich gebe dem Herrn Abgeordneten auch das zu, daß wir durch eine richterliche Entscheidung in einer Spezial⸗ sache nicht genöthigt wurden, in demselben Sinne vorzugehen, wenn anders wir anerkennen mußten, daß damit doch gegen den Willen des Gesetzgebers, gegen die begründete Praxis eines fünfzigjährigen und längeren Zeitraumes verstoßen würde. Wie gesagt, diese Frage kann ich erst prüfen, wenn sie speziell vorliegt, und so möchte ich glauben, daß der bei diesem Titel anknüpfende Gedanke, daß die Steigerung unserer Stempeleinnahmen wesentlich auf eine gewachsene Fiskalität zurückzuführen sei, aus diesem einzelnen Beispiel doch wohl nur eine sehr geringe Unterstützung findet. 1“
Ich kann es ja natürlich nur dankbar anerkennen, wenn diejenigen Beamten des Staats, welche das schwere. überall unbeliebte und den möglichsten Hindernissen ausgesetzte Amt eines Stempelfiskals wahrzunehmen haben, denen selbst ein so loyaler Herr, wie der Herr Vorredner sich nicht scheut hier zu drohen, daß man mit ihnen Ver⸗ steck spielen würde, daß man ihnen gegenüber kleine Kunststücke an⸗ wenden würde, ich meine, wenn diese Beamten sich durch nichts ab⸗ schrecken lassen, ihre Pflicht zu erfüllen und dem Staat die Ein⸗ nahmen zuzuführen, die das Gesetz dem Staat bezahlt wiffen will. Also ich werde die Herren darin natürlich immer unterstützen; denn nichts wäre trauriger, als pflichtvergessene Stempelfiskale; denn dadurch würde Ungerechtigkeit und Unzufriedenheit im Lande groß gezogen, und wir müßten die ernstesten Vorkehrungen treffen, um einen so argen Uebelstand wieder bei Seite zu schaffen.
Dem Abg. Lohren erwiderte bei dem Titel „Brücken⸗, Fuhr⸗ und Hafengelder, Strom⸗ und Kanalgefälle“ der Finanz⸗ Minister Dr. von Scholz:
Der Herr Vorredner hat selbst schon bemerkt, daß seine Wünsche über das Ressort, welches ich insbesondere zu vertreten habe, wesentlich hinausgehen. Ich glaube auch, aus seinen Darlegungen wird das hohe Haus ensnommen haben, daß die Zukunftsperspektive, der er nachgegangen ist, im Wesentlichen Aehnlichkeit haben möchte mit der Ausführung einer neuen Eisenbahn, durch welche Fuhrleute, die bisher die Straße, welche jetzt durch eine Eisenbahn ersetzt werden soll, benutzt haben, in ihrem Erwerbe geschädigt werden. Ganz ebenso würde die Sache liegen, wenn ein mit mechanschen Mitteln auf diesen Kanälen durch den Staat erfolgender Betrieb der Schiffahrt diejenigen, welche bisher auf dem Kanal ihre kleine Schiffahrt gehabt haben, durch seine Konkurrenz schädigt. Das sind ja sehr schwer⸗ wiegende Fragen; ich gebe dem Herrn Abgeordneten zu, daß da die äußerste Rücksicht geboten erscheinen kann; aber ich bin weit davon ent⸗ fernt, die Lösung für einfach und leicht zu halten. Jedenfalls glaube ich, wenn er es so aufgefaßt hat, ihm darin nur beistimmen zu können, daß die Lösung mittelst der Revision des Kanalabgabetarifes wohl nicht erschöpfend zu finden sein wird. Dieser Kanalabgabentarif be⸗ findet sich noch in der Revision, und ich kann nur bestätigen, daß die Tendenz dahin geht, wie ich ja auch im Vorjahr das bereits aus⸗ gesprochen habe, begründeten Klagen vorzubeugen und insbesondere die Kleinen nicht stärker verhältnißmäßig heranzuziehen als die Eroßen, sondern Gerechtigkeit, gleiches Licht und gleiche Luft für alle Benutzer des Kanals zu schaffen. Wie weit sich die Revision in dieser Hinsicht so gestalten lassen wird, daß nun thatsächlich allen Klagen vorgeb-ugt
wendung dieser
j werden kann, vermag ich nicht zu sagen; sicher würde es wohl nur
dann sein, wenn wir zur völligen Aufhebung der Kanalabgaben schritten. Dann würden sicher alle Klagen in dieser Beziebung be⸗ seitigt sein. So weit werden wir nicht gehen können im Interesse der Sache selber und der Staatssinanzen; aber so weit nach Auf⸗ fassung der Königlichen Staatsregierung begründete Klagen, nament⸗ lich Seitens der kleineren Gewerbetreibenden dort vorliegen, wird es unser ernstliches Bestreben sein, dieselben zu berücksichtigen und aus der Welt zu schaffen.
Bei dem Titel „Wirthschaftsabgaben in den Hohenzollern⸗ schen Landen“ beschwerte sich der Abg. Schmidt⸗Hohenzollern über die dortige doppelte Besteuerung des Branntweins. Hierauf entgegnete der “ Dr. von Scholz:
Ich danke dem Herrn Vorredner für die freundliche Art, in der er diese Sache behandelt hat. Ich kann ihm nur hier heute öffentlich versichern, was ich im vorigen Jahre ihm schon privatim versichert habe, daß dieser Gegenstand keineswegs unserer Sorge und unserer Aufmerksamkeit entgangen ist. Es giebt aber besondere Schwierig⸗ keiten, welche einer befriedigenden Regelung dieser Angelegenheit noch entgegenstehen.
Wie ich dem Herrn Vorredner schon damals mitgetheilt habe, erscheint uns diese Wirthschaftsabgabe nicht so sehr — obwohl sie hier in dem Etat der indirekten Steuern steht nach altem Brauch — nicht so sehr als eine indirekte, auf den Branntwein gelegte Abgabe, als vielmehr ihrer wahren Natur nach als eine gewerbesteuerliche Abgabe. Und das ist auch der Grund, weshalb sie noch zur Zeit besteht neben den im Uebrigen möglichst gleich gestalteten Verhältnissen der Hohenzollernschen Lande mit den übrigen Provinzen des Staats. Ich habe mich dahin geäußert, daß bei der beabsichtigten und ja auch unausbleiblichen allgemeinen Reform der Gewerbesteuer für Preußen der Zeitpunkt gegeben sein würde, wo auch für Hohenzollern in dieser Beziehung rollständig aleiches Recht wie für die anderen Provinzen angestrebt werden müsse, welches dahin gehen würde, daß die dortigen Einrich⸗ tungen auf die anderen Provinzen übertragen oder daß überall solche Wirthschaftsabgaben zu beseitigen sein würden. Das ist ja eine Frage, die vorläufig nur akademisch erörtert werden kann, so lange noch nicht Beschlüsse in dieser Richtung vorliegen. Aber ich glaube, daß eine besonders schwere, bis zu diesem hoffentlich nicht fernen Zeit⸗ punkt etwa kaum zu ertragende Last der Hohenzollernschen Lande hier nicht in Frage kommt. Es handelt sich um einen Jahresbetrag von nur 33 000 ℳ, und wenn man auch dabei die Proportion nicht ver⸗ gessen darf der Größe des Landes und der Einwohnerzahl, die dabei in Betracht kommt, so, glaube ich, werden Sie mir doch immerhin bei stimmen, daß von einem allgemeinen großen Druck, der nicht die Möglichkeit ließe, ihn bis zu einer allgemeinen Regelung die Sache bestehen zu lassen, nicht wohl die Rede sein kann.
ch möchte daher den Herrn Vorredner bitten, an der erneuten Zusicherung, daß wir diese Sache im Auge behalten und mit ihm in des Wunsche, sie befriedigend zu lösen, übereinstimmen, es genügen zu lassen.
Bei der Berathung der Ausgaben in dem Etat der in⸗ direkten Steuern bemerkte auf die Aeußerungen des Abg. von Schalscha der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz:
Ich kann dem geehrten Herrn Vorredner nicht in Aussicht stellen, daß die Provinzial⸗Steuer⸗Direktoren bald ermächtigt sein werden, in dem von ihm gewünschten Sinne zu verfahren. Es bedarf allerdings des Zurückgehens von dieser Provinzialinstanz nicht bloß auf die Be⸗ fugnisse der Centralinstanz, sondern, wie der Herr Vorredner das ja schon selbst gesagt hat, auf die Befugnisse des Bundesrathbs und, wenn ich noch bitten darf, einen Schritt weiter zu gehen, auf die Reichsgesetzgebung als solche. Wir kommen also an der Hand der Betrachtung der gewünschten Bevollmächtigung der Provinzial⸗ Steuer⸗Direktoren allerdings bei diesem Titel doch mehr auf die Be⸗ trachtung der Lage der geltenden Branntweinsteuergesetzgebung zurück. Da ist nun meines Dafürhaltens der Herr Vorredner doch einiger⸗ maßen im Irrthum, wenn er annimmt, daß es sich um eine will⸗ kürliche Beschlußfassung des Bundesraths handelt. — Nein, meine Herren, es handelt sich um eine nach dem Gesetz vom Bundesrath nur noch näher bestimmte, aber im Gesetz selbst gewollte Regel. Es wäre nichts gefährlicher gewesen, als wenn das Reichsgesetz über die Besteuerung des Branntweins die steuerliche Begünstigung der ein⸗ zelnen Betriebe irgendwie zu einem subjektiven, einer bestimmten Person zustehenden Privatrecht gemacht hätte oder gar zu einem Realrecht, an einem bestimmten Fundus haftenden Recht, und damit nun die ganze Möglichkeit eröffnet hätte, in mehr oder weniger offenen oder versteckten, wirklichen oder Scheinverträgen die Spekulation wirksam werden zu lassen, etwa die Kon⸗ tingentbeträge zusammenzuschlagen und darauf hin ganz neue Betriebe zu machen und die Begünstigungen loszulösen von dem, woran sie geknüpft waren und bleiben sollen. Es ist in dem Wortlaut des Branntweinsteuergesetzes wohl zweifellos ausgesprochen, daß die Be⸗ günstigung, ein gewisses Quantum herzustellen, welches geringere Steuer zahlt als das darüber hinausgehende Quantum, gebunden ist an jede in Betracht kommende Betriebsstätte; wenn man von diesem Grundsatz abgeht, dann ist Thür und Thor geöffnet für einen vollständigen Mißbrauch des Gesetzes, und deshalb ist der Bundesrath sehr mit Bewußtsein auf der strengsten An⸗ im Gesetz ausgesprochenen Vorschriften stehen geblieben. Es ist ja ganz unmöglich, daß man im ein⸗ zelnen Falle unterscheiden kann, daß man immer auf die wirkliche Wahrheit kommt, ob ein Handel dabei vorliegt oder nicht; das würde ja zu unglaublichen Untersuchungen nöthigen, die wir gar nicht mit Erfolg anstellen können; es würde auch zur Schädigung des Fiskus führen in allen den Fällen, wo aus irgend einem Grunde eine Be⸗ triebsstätte außer Stande ist, ihr Kontingentsquantum völlig abzu⸗ brennen, und wo dann dem Fiskus auf einer anderen Stelle das OQuantum zu dem niedrigeren Steuersatz dennoch zu offeriren sein würde, — das wäre ganz zweifellos eine Schädigung für den Fiskus.
Ich kann also dem Herrn Abgeordneten nicht in Aussicht stellen, daß die Provinzial⸗Steuer⸗Direktoren bald in die Lage versetzt sein werden, in Fällen, wie sie von ihm angezogen, anders zu entscheiden,
ls entschieden worden ist.
Dem Hause der Abgeordneten ist der nach⸗ stehende Antrag des Abg. Dr. von Stablewski und Gen. zugegangen:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
In Erwägung, daß die Beseitigung der polnischen Sprache als Unterrichtsmittel und Unterrichtsgegenstand in den Volksschulen den natürlichen und historischen Rechten der polnischen Bevölkerung, sowie den Grunosätzen der Pädagogik widerspricht; 1
in fernerer Erwägung, daß die gänzliche Beseitigung des polnischen Sprachunterrichts und die zum großen Theil erfolgte Ausschließung des Gebrauchs der Muttersprache beim Religionsunterricht den letzteren tbeils wesentlich schädigt, theils den eigentlichen Zweck desselben ver⸗ eitelt, und daher auf dem Schulgebiete zu denjenigen Maßregeln ge⸗ hört, welche die Interessen der katholischen Religion mittelbar beein⸗ trächtigen; 1 büie Königliche Staatsregiernu aufzufordern:
Unter Aufhebung der entgegenstehenden Verordnungen die Mutter⸗ sprache der polnischen Kinder in. den Volksschulen als Unterrichts⸗ mittel und Unterrichtsgegenstand wieder einzuführen,
und die Ertheilung des Religionsunterrichts auf allen Stufen der Volksschule ausschließlich in der Muttersprache anzuordnen.
— Das II. Verzeichniß der bei dem Hause der Ab⸗ geordneten eingegangenen Petitionen ist erschienen und umfaßt 156 Nummern. Davon sind 35 der Kommission für Petitionen, 35 der Kommission für die Agrarverhältnisse, 7 der
1
Kommission für das Justizwese Gemeindewesen, 24 der Kommission fü und 46 der Kom Etats überwiesen worden.
Die Fahrgeschwindigkeit der Schuellzüge der preusfpischen Staatsbahnen.
Ein in London im vorigen Jahre erschienenes Werk von E Foxwell
und F. C. Farrer, betitelt „Express Trains, English and Foreign“,
erörtert auf Grund mit vielem Fleiß zusammengetragenen statistischen
Materials bie Frage nach der Geschwindigkeit der Schnellzüge in den verschiedenen Ländern und wie sich die bezüglichen Leistungen gegen einander abstufen. Es sind darin die sämmtlichen Schnellzüge in
Großbritannien und allen anderen europäischen Staaten, in Kanada, 8
den Vereinigten Staaten, Argentinien, Chile, Brasilien, Peru, Indien, den australischen Kolonien und Neuseeland zusammengestellt und hiernach die schnellsten Züge sowie die durchschnittliche Geschwindigkeit aller Schnellzüge für jedes einzelne Land berechnet, und zwar sowohl ein⸗ schließlich als ausschließlich der Aufenthalte auf den Zowischen⸗ stationen. Für die europäischen Länder gelangen die . dabei bezüglich der Schnellzugs⸗Kilometerzahl und der durchschnittlichen Geschwindigkeit einschließlich der Aufenthalte auf den Stationen zu nachstehendem Ergebniß: Großbritannien (100 118 Schnellzugs⸗Kilo⸗ meter) 66,7 km in der Stunde, Irland (4509 Schnellzugs⸗Kilometer) 52,8 km in der Stunde, Frankreich (65 808) 52,5, die Niederlande (12 800) 52,0, Norddeutschland (41 277) 50,8, Belgien (11 070) 50,8, Süddeutschland (14 536) 49,9, Oesterreich⸗Ungarn (22 131) 48,0, Dänemark (1352) 48,0, Italien (7528) 47,2, Rumänien (1931) 46,8, Schweden (1011) 46,4, Rußland (4896) 46,4, Schweiz (3656) 39,0. Hiernach würde Norddeutschland nicht nur von Großbritannien und Irland, sondern auch von Frankreich und den Niederlanden übertroffen und Belgien gleichstehen
Dieses Ergebniß hat der Geheime Baurath im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Jungnickel, im neuesten Heft (1, Jahrg 1890) des „Archivs für Eisenbahnwesen“ einer eingehenden Kritik und selbständigen Nachprüfung unterzogen. Er rügt zunächst den Mangel an Objektivität. Obgleich doch die Frage der Schnelligkeit der Züge mit der Frage, ob Staats⸗ oder Pripatbahnen vorzuziehen, gar nichts zu thun hat, bezeichnen die Verfasser nämlich als Zweck ihres Buches den Nachweis, daß das Privatbahnsystem das allein richtige sei. Sie behaupten daher z. B., daß die Erwerbung der Privat⸗ bahnen durch den Staat in Betreff der Schnellzüge einen außerordent⸗ lich schlechten Erfolg gehabt habe. Die Staatseisenbahnverwaltung sei in Betreff der Schnelligkeit der Züge auf dem Standpunkt der früheren Privatbabnen stehen geblieben und habe seit dem Aufhören der Konkurrenz mit den Privatbahnen keinen Trieb, die Schnellzüge zu verbessern und zu vermebren. Sie bemerken ferner: es werde, Angesichts der ungenügenden Geschwindigkeiten der schon seit längerer Zeit im Staatsbetrieb befindlichen Bahnen in Sachsen, Bayern und Württemberg, interessant sein zu beobachten, wie die Zustände in Preußen in dieser Hinsicht in weiteren 15 Jahren fortschreitend schlechter werden würden, und dergleichen mehr! „Derartige Behauptungen“, sagt N., „bedürfen deutschen Lesern gegenüber keiner Widerlegung. Hätten die Verfasser ihre Ermittelungen über die preußischen Staatsbahnen in den letzten 10 Jahren vorurtheilsfrei angestellt, so würden sie sich selbst haben überzeugen können, wie wenig zutreffend ihr Urtheil ist.“
Dann wendet er sich gegen die Art der Berechnung der Durchschnitts⸗ zahlen, welche nicht als richtig angesehen werden könne. Die Ver⸗ fasser haben nämlich für jede Eisenbahnlinie der verschiedenen Bahn⸗ verwaltungen die Schnellzüge nach Zugmeilen zusammengestellt und für diese Züge den Durchschnitt der durchschnittlichen Geschwindigkeit berechnet. Aus den hieraus sich ergebenden Geschwindigkeiten auf den einzelnen Bahnlinien ist darin für jede Eisenbahnverwaltung und daraus wieder für das ganze Land der Durchschnitt der durchschnittlichen Geschwindigkeit abgeleitet worden. Hierbei sind aber die Züge auf kurzen und auf langen Strecken gleichmäßig behandelt, auch beeinflußt die Anzahl der einzelnen in Betracht gezogenen Eisenbahnlinien das Er⸗ gebniß in unrichtiger Weise. Ein richtiges Ergebniß könne nur dadurch gewonnen werden, wenn unter gleichmäßiger Behandlung aller Schnellzüge nach ihrer größeren oder geringeren Ausdehnung und unter Nichtberuͤcksichtigung der Anzahl der einzelnen Bahnstrecken alle in einem Lande zurückgelegten Schnellzugs⸗Kilometer durch die ganze auf dieselben verwendete Zeit dividirt werden und dieses Resultat als Durchschnitt der betreffenden Leistung angegeben werde.
Diese Berechnungen hat nun Jungnickel für Norddeutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich angestellt und in einer Reihe von Tabellen mitgetheilt. Gruppirt man die Leistungen der Eisenbahnen in den genannten Ländern nach dem Ergebniß dieser Tabellen, so erhält man folgendes Bild. Es befördern:
Schnellzugs⸗ Kilometer 44 397,9 in 53 453 Min 46 193,5 55 867 „ 14 657,3 17 767 „ 49,5 km Frankreich 84 945,0 105 495 „ = 48,3 km Belgien. 10 913,2 13 705 „ = 47,8 km. Hieraus ergiebt sich, daß die preußischen Staatsbahnen in Betreff der durchschnittlichen Geschwindigkeit ihrer Schnellzüge die der Bahnverwaltungen in den Niederlanden, Frankreich und Bel⸗ gien übertreffen. 1
Wenn man aber die Annahme des englischen Buches: die eigent⸗ lichen Schnellzüge der festländischen Bahnverwaltungen begännen erst bei einer Geschwindigkeit von 46 km in der Stunde, festhält, so würde dies die Stellung der preußischen Staatsbahnen und Nord⸗ deutschlands noch verbessern, da auf den preußischen Staatsbahnen von 249 Schnellzügen 195 Schnellzüge, also 78,3 %, in Norddeutsch⸗ land von 263 Schnellzügen 201, also 76,4 %, in den Niederlanden von 231 Schnz. 170, also 73,6 %, in von 307 Schnz. 218, also 71,0 %, in Belgien von 132 Schnz. 89, also 67,4 % mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 46 km und mehr in der Stunde befördert werden.
Noch vortheilhafter würde sich das Ergebniß für die preußischen Staatsbahnen gestalten, wenn statt der Schnellzugsleistung vom August 1888 diejenige vom August 1889 in Berechnung gezogen würde, da gerade seit dem ersteren Zeitpunkt sowohl eine beträchtliche Zahl neuer Schnellzüge mit großer Geschwindigkeit eingeführt worden als auch die vorhandenen Schnellzüge beschleanigt worden sind.
Die englischen Bahnen hat J. bei seinen Ermittelungen nicht in Betracht gezogen, weil die auf den Betrieb der Eisenbahnen ein⸗ wirkenden allgemeinen dortigen Verhältnisse so sehr von denjenigen in den Staaten des Festlandes, insbesondere Preußens, abweichen, daß ein allgemeiner Vergleich der Geschwindigkeitsleistungen der Schnell⸗ züge nicht zulässig ist. Und wenn auf Grund der be⸗ stehenden Fahrpläne auch wirklich nachgewiesen werde, zur Zurücklegung eines größeren Weges von einigen eng⸗ lischen Zügen eine geringere Zeit gebraucht wird als auf den preußischen Staate bahnen, so sei damit doch noch nicht erwiesen, daß Letztere einen solchen Weg nicht in derselben Zeit wie in England durchfahren könnten. Es bedürfte bei Letzteren in vielen Fällen nur, daß die Aufenthalte auf mehreren Stationen, entgegen den bis⸗ herigen Verkehrsgewohnheiten, fortgelassen würden, daß die durch die gesetzlichen Bestimmungen geforderre Mitführung eines Post⸗ wagens unterbleiben könnte, daß Kurswagen (durchgehende Wagen) in den Zügen nicht befördert würden und dem⸗ gemäß die langen Aufenthaltsgeiten auf den ahlreichen Uebergangsstationen zum Ein⸗ und Ausrangiren dieser Wagen erheblich gekürzt werden könnten u. s. w. Es erscheine aber sehr zweifelhaft, ob die Mehrheit des reisenden Publikums in Preußen auf die Dauer damit einverstanden sein würde, daß langjährige Gewohn⸗ heiten und Annehmlichkeiten lediglich zu dem Zweck beseitigt würden, um eine verhältnißmäßig geringe Zahl von Durchreisenden eine halbe
49,8 km
preußische Staatsbahnen 1 49,6 km
Norddeutschland Niederlande
in der Stunde
z;
oder ganze Stunde früher an das Endziel ihrer Reise zu bringen. Auch in den Kreisen der Fachleute in England fange man nachgerade an, der durch den sportmäßigen Wettbewerb eifersüchtiger Bahn⸗ gesellschaften immer weiter gesteigerten Fahrgeschwindigkeit müde zu werden. Dieser Empfindung sei von kompetenter Seite aus dem internationalen Eisenbahnkongreß in Paris im Sommer v. J. Ausdruck gegeben worden. Ein englischer Eisenbahn⸗Direktor habe dort geäußert, daß durch die ungewöhnlich hoch gesteigerten Fabrgeschwindigkeiten in England die Betriebskosten in erheblichem Maße erhöht würden, namentlich in Folge der größeren Inanspruch⸗ nahme und Abnutzung der Maschinen, des vermehrten Verbrauchs von „ der Abnutzung des Oberbaues, des verwickelten ignaldienstes ꝛc., sodaß die erhöhten Betriebskosten picht in ange⸗ messenem Verhältniß zu den Finnahmen ständen. DBie ensglischen Bahngesellschaften dürften sich daher zu Vereinbarungen genöthigt sehen, um einen noch weiter gehenden Wettbewerb zu vermeiden und die Zuggeschwindigkeiten innerhalb angemessener Grenzen zu halten. „„Wird alsor, heißt es am Schluß der Kritik, „von einem Ver⸗ gleiche mit England abgesehen oder selbst zugestanden, daß hier auf einigen englischen Bahnstrecken im Allgemeinen etwas schneller gefahren wird als auf den festländischen Bahnen, so sind die Ergebnisse des englischen Buches doch dahin richtig zu stellen, daß auf dem euro⸗ paischen Festlande in Norddeutschland, mehr aber noch auf den preu⸗ ßischen Staatsbahnen, im Durchschnitt nicht nur schneller gefahren wird als in der Schweiz, Süddeutschland, Dänemark, Oesterreich⸗ Ungarn, Rumänien, Italien, Schweden und Rußland, sondern auch schneller als in Frankreich, den Niederlanden und Belgien, d. h. daß die vreußischen Schnellzüge in Bezug auf ihre durchschnittliche Geschwindigkeitsleistung auf dem europäischen Festlande den ersten Rang einnehmen.“
Sterblichkeits⸗ und Gesundheitsverhältnisse während des Monats Dezember 1889.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts sind im Monat Dezember a. pr. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 31,0, in Breslau 25,7, in Königsberg 28,9, in Köln 28,5, in Kassel 26,2, in Magdeburg 27,1, ie, Stettin 34,5, in Altona 24,7, in Hannover 25,1, in Frankfurt a. M. 23,8, in Wiesbaden 23,9, in München 28,5, in Nürnberg 23,3, in Augsburg 24,5, in Dresden 22,3, in Leipzig 23,1, in Stuttgart 19,2, in Karlsruhe 22,2, in Braunschweig 24,7, in Hamburg 26,4, in Straßburg 17,9, in Metz 21,9, in Amsterdam 24,1, in Brüssel 25,3, in Budapest 30,8, in Christiania 21,2, in Dublin 2, n Edinburg 24,8, in Glasgow 27,7, in Kopenhagen 25,1, in Krakau 34,7, in Liverpool 25,6, in London 20,8, in Odessa 30,2, in Paris
34,3, in St. Petersburg 30,9, in Prag 26,4, in Stockholm 33,0, in
Triest 30,5, in Turin 26,3, in Venedig 40,4, in Warschau 40,0, in Wien 34,4. — (Die außerdeutschen Städte umfassen den Zeitraum vom 1. bis 28. (inkl.) Dezember).
Der Gesundheitszustand im Monat Dezember war im All⸗ gemeinen in den meisten größeren Städten Europas, namentlich in den deutschen, kein günstiger und die Sterblichkeit besonders in der zweiten Hälfte, vorzugsweise zu Ende des Monats, eine sehr hohe. In einer größeren Zahl von Städten (Gnesen, Gera, Ratibor, Grau⸗ denz, Amberg, Gelsenkirchen, Spandau, Kiel, Linden, Danzig, Merseburg, Reichenbach, Venedig, Warschau war die monatliche Sterblichkeitsziffer eine hohe (über 35,0 pro Mille) und stieg in Reichenbach bis 45,3 pro Mille. Nur in wenigen Städten war die durchschnittliche Sterblich⸗
keit eine kleine (weniger als 15,0 pro Mille) und zwar in Reut⸗ lingen, Düren, Cöthen, Ludwigsburg und Wesel. Günstig (bis 20,0 pro Mille) blieb die Sterblichkeit unter den deutschen Mittelstädten n Bielefeld, Celle, Gleiwitz, Glogau, Hanau, Koblenz, Köslin, Lüdenscheid, Mühlhausen i. Th., Mülheim a Rh., Naumburg a. S., Neu⸗ stadt O.⸗S., Oberhausen, Paderborn, Remscheid, Rheydt, Schweidnitz, Wandsbeck, Weißenfels, Passau, Pirmasens, Speyer, Bautzen, Cann⸗ stadt, Eßlingen, Heilbronn, Ulm, Freiburg i. B., Heidelberg, Pforzheim, Oldenburg und von den größeren Orten (über 40 000 Ein⸗ ohner) nur in Görlitz, Liegnitz, Stuttgart, Straßburg; sie betrug n Karlsruhe, Mannheim, Darmstadt, Mainz, Lübeck, Metz, Mül⸗ hausen i. E, London, Christiania ein wenig über 20,0 pro Mille. — Der Antheil des Säauglingsalters an der Sterblichkeit war im All⸗ gemeinen ein gegen den Vormonat gesteigerter; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Stuttgart 45, in Dresden 52, in Berlin 80, n Hamburg 84, in München 92 Säuglinge. — Mehr jedoch wie das Säuglingsalter waren die höheren Altersklassen an der Sterblichkeit betheiligt und zwar zumeist in Folge der bedeutend gesteigerten Zahl von Sterbefällen an akuten Entzündungen der Athmungs⸗ organe, die namentlich um die Mitte und gegen das Ende des Monats zunächst in den ost⸗ und nordeuropäischen, später in den west⸗ und südeuropäischen Städten viele Opfer forderten. Diese akuten Entzündungen der Athmungsorgane waren zumeist Folgeerscheinungen der um diese Zeit ihre Herrschaft beginnenden bösartigen Grippeepidemie, die zu Anfang des Monats aus Ost⸗ Europa (Rußland) ihren Zug begann und denselben in ziemlich ascher Folge nach Nord⸗, Mittel⸗ und West⸗Europa, später auch nach dem Süden ausdehnte. Auch an Grippe selbst wurden aus Berlin (50), Danzig, Altona, Frankfurt a. O., Görlitz, Dresden, Nürnberg, Darmstadt, Karlsruhe, Plauen, Straßburg London, Paris, Prag, Kopenhagen, Stockholm u. a. eine größere Zahl von Sterbe⸗ fällen und Erkrankungen gemeldet. — Auch Darmkatarrhe und
Brechdurchfälle zeigten sich vielfach häufiger als Todesursachen,
wie in Berlin, Danzig, Köln, Stettin, Hamburg, Basel, Bordeaux,
Blukarest, Calais, Genua, Nancy, während in Breslau, München, Havre, Lille, Marseille, Alexandria und Kairo ihr Auftreten ein selteneres
wurde. Von den Infektionskrankheiten haben Masern, Diphtherie, Keuchhusten und Pocken mehr, Scharlach und typhöse Fieber weniger Sterbefälle hervorgerufen. So waren Masern in Berlin, Reichen⸗ bach, Christiania, Edinburg, Glasgow, Krakau, Liverpool, London, Paris, Prag und in den Vororten Wiens häufiger, in St. Petersburg, Warschau, Wien etwas seltener Todesursachen. Das Scharlach⸗ fieber raffte in Berlin, Liverpool, Moskau, St. Petersburg, Stockholm mehr, in Königsberg, London, Prag und Warschau weniger Personen hinweg. — Die Sterblichkeit an der Diphtherie und Croup war in Berlin (183 Todesfälle), Danzig, Frankfurt a. M., Göttingen, Kiel, Magdeburg, Stettin, München, Braunschweig, Hamburg, Amsterdam, London, Marseille, Odessa, St. Peters⸗ burg, Prag, Triest, Wien eine größere, in Breslau, Han⸗ nover, Königsberg, Dresden, Linden, Budapest, Christiania, Edin⸗ burg, Kopenhagen, Krakau, Paris, Stockholm, Warschau und in den
Vpororten Wiens eine etwas geringere als in dem Vormonat. — Dem
Keuchhusten erlagen in Berlin, besonders zu Ende des Monats, M.⸗Gladbach, Köln, Magdeburg, Glasgow, London (223 Sterbe⸗ fälle), Paris viel Kinder. — Die Zahl der Erkrankungen und Sterbe⸗
fälle an Unterleibstyphus hat besonders in der zweiten Hälfte
des Monats in Berlin, sowie in London, Kairo abgenommen, in Ham⸗
burg blieb sie fast die gleich hohe wie im November, in Budapest,
Marseille, Paris und St. Petersburg nahm sie etwas zu. — An Fleck⸗
ty phus kamen aus Ingolstadt, Warschau je 1, aus St. Petersburg 2, aus
Edinburg, London und Moskau je 3 Todesfälle zur Meldung. Epi⸗
1 demische Genickstarre endete in Aachen und St. Petersburg in je 1 Falle tödtlich. Mehrfache Erkrankungen kamen aus Berlin zur
Anzeige. — Pocken baben in M.⸗Gladbach, Pilsen, Troppau, Genua, St. Petersburg und Kairo vereinzelte Todesfälle veranlaßt; mehrfache kamen aus Havre, Moskau, Odessa, Triest (je 2), aus Wien und Prag (je 3), aus Paris (4), aus Reichenberg (7), aus Alexandria (9), aus Marseille (11), aus Lissabon (14), aus Brünn (15), aus Venedig (89), aus Warschau (102) zur Mittheilung und war in den beiden letztgenannten Orten eine Abnahme der Epidemie noch nicht ersichtlich. — Die Cholera in Mesopotamien ist als erloschen zu betrachten. Die letzten Todesfälle wurden aus Suleimanis, Bassora, Kelek, Bagdad und Mossul in der letzten Novemberwoche 4 8 Ver⸗
8
einzelte Fälle kamen noch Anfang Dezember in 2 Dörfern an der persischen Grenze unweit Hanegin zur Kenntniß. In den persischen Städten Nehawend. Hamadan und Churemabad dauerte die Seuche jedoch noch fort. In Teheran wüthete in der letzten Dezemberwoche eine bösartige Scharlachepidemie; auch Influenza und Dengue zeigten sich daselbst Mitte Dezember, hatten aber einen milden Verlauf. — Auch über die Pest in Assyr waren beruhigende Nachrichten ein⸗ gegangen, in Folge dessen die fünftägige Quarantäne gegen die Küste von YPemen aufgehoben wurde.
Statistik und Volkswirthschaft.
Verwaltung der preußischen Staatsbahnen.
Dem Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der preußischen Staatseisenbahnen für 1888/89 entnehmen wir folgende Mitthei⸗ lungen, welche auf die Verwaltung sich beziehen:
Die äußere Zusammensetzung der verschiedenen Eisenbahn⸗ Direktionen hat im Laufe des Berichtsjahres mehrfache Aenderungen dadurch erfahren, daß einzelne Strecken in Folge des Erlasses vom 14. März 1888 anderen Direktionen überwiesen und das bis dahin in Berlin bestehende Eisenbahn⸗Betriebsamt (Berlin⸗Dresden) auf⸗ gelöst wurde, und haben diese Anordnungen auch entsprechende Aenderungen in der äußeren Einrichtung der Eisenbahn⸗Betriebsämter zur Folge gehabt. In der inneren Verwaltungseinrichtung sind Aenderungen nur in geringem Umfange eingetreten; so wurde im Bezirk der Eisenbahn⸗Direktion Köln (rechtsrheinische) in Düssel⸗ dorf eine neue Ausgabestelle für zusammenstellbare Rundreisebillets, und in Kattowitz zur Vertheilung der Kohlen⸗ und Kokeswagen im oberschlesischen Bergwerksbezirk ein Eisenbahnwagenamt errichtet.
Um den bei der Staatseisenbahn⸗Verwaltung beschäftigten Arbeitern eine Garantie gegen die Möglichkeit einer willkürlichen Behandlung und das Bewußtsein einer dienstlich geordneten und rechtlich gesicherten Stellung zu gewähren, ist durch den Erlaß gemein⸗ samer Bestimmungen über die Annahme, Beschäftigung und Ent⸗ lassung der Arbeiter den dienstlichen Verhältnissen derselben eine feste Grundlage gegeben worden. Trotz der fortgesetzten Bestrebungen Seitens der Verwaltung auf Förderung des Sparsinns bei den unteren Beamten und Arbeitern hinzuwirken, hat der Umsatz der Sparmarken den des Vorjahres nicht erreicht. Die Gründe hierfür entziehen sich zur Zeit einer zutreffenden Beurtheilung, doch darf an der Erwartung einer regeren Benutzung des Sparmarken⸗ systems festgehalten werden. Eine sehr wichtige Neuerung ist im Laufe des Berichtsjahres vorbereitet worden; es ist dies die anderweitige Regelung des Beamten⸗Pensionskassenwesens, welche mit dem 1 April 1889 ins Leben getreten ist. Durch die Vereinigung der 40 verschiedenen Pensions⸗ und Unterstützungskassen und die Bil⸗ dung eines gemeinsamen Pensions⸗Garantiefonds ist nicht nur eine Kostenverminderung und eine Geschäftserleichterung für die Behörden herbeigeführt worden, sondern den Kassenangehörigen selbst sind da⸗ durch nicht unwesentliche Vortheile insofern erwachsen, als es durch die eingetretenen Ersparnisse möglich werden wird, Ungleichheiten in den Festsetzungen der einzelnen Kassenstatute auszugleichen.
Die von der Staatseisenbahn⸗Verwaltung zur Durchführung des Unfallversicherungsgesetzes getroffenen Einrichtungen haben sich durchaus bewährt. In den 11 Bezirken der als gesetzliche Aus⸗ führungsbehörden bezeichneten Eisenbahn⸗Direktionen waren in dem Kalenderjahre 1888 durchschnittlich täglich 164 255 unfallversicherungs⸗ pflichtige Personen beschäftigt. Aus Anlaß von 1139 Verunglückungen standen bei Beginn des Jahres Entschädigungen zur Zahlung; 899 Verunglückungen, gegen 739 im Vorjahre, machten im Laufe des Jahres die Festsetzung von Entschädicungen erforderlich. Die Entschädigungsbeträge stiegen gegen das Vorjahr, da neben der Zunahme der Zahl der Empfänger auch die durch⸗ schnittliche Jahresrente der Berechtigten sich steigerte. Jeder Verletzte erhielt durchschnittlich 308 ℳ gegen 277 ℳ im Jahre 1887 und 204 ℳ im Jahre 1886. Die durchschnittliche Jahresrente einer Wittwe betrug 122 ℳ, diejenige eines Kindes Getödteter 84 ℳ, gegen 124 und 78 ℳ in 1887. Die Gesammtaufwendung auf Grund der Unfallversicherungsgesetze belief sich in dem Berichtsjahre auf 546 000 ℳ gegenüber einer Summe von 455 000 ℳ im Vorjahre.
Von Krankenkassen waren am Schlusse des Jahres 1888 75 Betriebs⸗ und 58 Werkstättenkrankenkassen in Wirksamkeit. Von den 35 Baukrankenkassen, welche am 1. Januar 1888 für die Aus⸗ führung von Eisenbahnbauten errichtet wurden, wurden 15 in Folge der Vollendung der betreffenden Bauten im Laufe des Jahres auf⸗ gelöst, 20 neue Kassen traten mit der Inangriffnahme neuer Bau⸗ ausführungen hinzu, sodaß im Laufe des Jahres 55, am Schlusse desselben 40 Baukrankenkassen in Wirksamkeit waren. An allen Krankenkassen zusammen haben durchschnittlich am ersten Tage eines jeden Monats 176 237 Personen, darunter 1932 nicht versicherungspflichtige und 1330 weibliche Personen, Theil ge⸗ nommen. Die Gesammtjahregeinnahme der Krankenkassen be⸗ trug 3 544 526 ℳ, von welcher Summe 2 176 152 ℳ auf die Beiträge der versicherungspflichtigen Kassenmitglieder, durchschnitt⸗ lich also 13,28 ℳ per Mitglied, entfielen. Der Baarzuschuß der Eisenbahnverwaltung bezifferte sich auf die Hälfte dieser Summe. Eine Erhöhung der statutenmäßigen Beitragsätze war bei keiner Kasse nöthig, dagegen konnte die Krankenfürsorge, welche bei allen Kassen meistens erheblich über die gesetzliche Mindestleistung hinausging, bei vielen Kassen noch erweitert werden. Bei fast 30 Kassen wurde die satzungsmäßige Dauer der Gewährung der Krankenfürsorge verlängert, so daß zu Ende 1888 von 133 Kassen mehr als zwei Drittel die Krankenunterstützung zumeist auf 26 Wochen, vielfach auch auf 39 und 40 Wochen, oder auf ein volles Jahr gewährten.
„Die Zahl der Mitglieder der beiden Pensionskassen für die Betriebsarbeiter und für die Werkstättenarbeiter stieg gegenüber dem Vorjahre von 75 062 auf 78 786, darunter be⸗ fanden sich 80 weibliche Bedienstete, 1364 Mitglieder wurden im Berichtsjahre aus dem Arbeiter⸗ in das Staatsbeamtenverhältniß übernommen. Die Zahl der Pensionäre stieg von 666 auf 743, die der Empfängerinnen von Wittwengeld von 1097 auf 1257, die der Kinder, für welche Wartegeld bezahlt worden, von 1103 auf 1322, die der empfangsberechtigten Personen überhaupt von 2867 auf 3346. Ver⸗ ausgabt wurden an Pensionen 161 128 ℳ, rund 225 ℳ auf jeden Pensionär, an Wittwengeld 104 623 ℳ, rund 90 ℳ für jede Wittwe, und an Waisengeld 35146 ℳ, rund 30 ℳ für jedes hinterlassene Kind, außerdem 3186 ℳ an Sterbegeld und 8414 ℳ an Unterstützungen.
Weiter wurden an solche erwerbsunfähige Arbeiter, welchen, da die
Pensionskassen für die Mehrzahl der Bahnbezirke erst seit einigen Jahren in Thätigkeit sind, ein Anspruch auf die Leistungen dieser Kaßen noch nicht zustand, rund 430 000 ℳ Unterstützungen und Beihülfen aus dem Eisenbahnbetriebsfonds und sonstigen Hülfsfonds gewährt. Der durchschnittliche Jahresbeitrag betrug ca. 22 ℳ oder 2,68 % des veranlagten Jahreseinkommens. Die Eisenbahnverwaltung hatte einen Baarzuschuß in Höhe der Mitgliederbeiträge und die Fe⸗ sammten Kosten der Buch⸗ und Rechnungsführung zu tragen. Am Schlusse des Jahres belief sich das Gesammtvermögen der beiden Pensionskassen auf 10 200 000 ℳ
3 Die auf Grund des Gesetzes vom 1. Juni 1852 gebildeten Bezirkseisenbahnräthe haben auf Grund späterer Verord⸗ nungen binsichtlich der Anzahl der Mitglieder und der Vertheilung derselben nach den verschiedenen Vereinen und Korporationen eine Pberweitige Feststellung erfahren. Die Sitzungen in den einzelnen Bezirken fanden regelmäßig statt, außerdem fanden auf Erfordern auch außerordentliche, sowie vorbereitende Sitzungen der von den Eisenbahnräthen gewählten Ausschüsse statt.
Den von dem Landeseisenbahnrath, welcher im Jahre 1888 zweimal zusammentrat, gefaßten Beschlüssen konnte in den meisten Fällen Seitens der Verwaltung beigetreten werden. Mannigfachen Unzuträglichkeiten, welche die in vielen Fällen von einander abweichenden Verträge sowohl der älteren Staatsbahnen als auch der seit 1879/80 allmählich in das Eigenthum des Staates über⸗
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gegangenen Privatbahnen mit der Reichs⸗Telegraphenverwaltung zur Folge hatten, wurde durch einen am 28. August/ 8. September 1888 zwischen dem Staatssekretär des Reichs⸗Postamts und dem Minister der öffentlichen Arbeiten abgeschlossenen Vertrag für das gesammte Gebiet der preußischen Staatseisenbahn⸗ Verwaltung, welcher am 1. Oktober 1888 in Kraft trat, abgeholfen.
Zur Arbeiterbewegung.
Alm letzten Sonntag fand in Zwickau eine von etwa 800 Per⸗ sonen besuchte öffentlich Bergarbeiter⸗Versammlung ba. in welcher, wie wir dem „Lpz. Tabl.“ entnehmen, die in der Ver⸗ sammlung der Bergarbeiter⸗Deputationen am 19. Januar gewählte engere Kommission, welche sich⸗Zwölferkommisston“ nennt, Bericht über ihre bisherige Thätigkeit erstattete. Hiernach hat diese „Zwölferkom⸗ mission“, von der allerdings inzwischen einige wieder ihr Mandat nieder gelegt haben, Petitionen an das Königliche Ministerium des Innern und das Königliche Bergamt zu Freiberg abgefaßt und gebeten, sie, diese Kommission, als legal gewählte Vertreter der Bergarbeiter an⸗ zuerkennen und zur Verhandlung mit den Werksverwaltungen und Behörden zu ermächtigen; im Fall dieses Gesuch abge⸗ lehnt werde, Neuwahlen von Knappschaftskrankenkassen⸗Vertretern anzuordnen und diesen die Erledigung der Lohn⸗ und Arbeitsfrage, wie Theilnahme an der Berathung der neuen Arbeiterordnung zu übertragen. Die Versammlung war mit dem Vorgehen der „Kommission“ einverstanden. Hierauf wurde der vom Königlichen Bergamt aufgestellte, bez. geprüͤfte Entwurf einer neuen Arbeiterordnung durchgegangen, eine Anzahl vermeintlicher Mängel, namentlich soweit die weitgehenden Arbeiterforderungen nicht berücksichtigt sind, hervorgehoben und beschlossen, Schritte wegen Ab⸗ änderung dieses Entwurfs zu thun, dabei aber an 3,50 ℳ Schicht⸗ lohn, achtstündiger Arbeitszeit, freier Aerztewahl ꝛc. festzuhalten.
Aus Zwickau meldet das „Wolff’sche Bureau“ vom gestrigen Tage: Nachdem bereits der Verein für bergbauliche Inter⸗ die Forderungen der Arbeiter auf 3 ℳ 50 ₰ Schicht⸗ lohn, achtstuͤndige Arbeitszeit, 50 % Zuschlag für Ueberschichten, sowie die sonstigen Ansprüche abgelehnt hatte, hat auch eine hier ab⸗ gehaltene Versammlung sämmtlicher Werksbesitzer und Werksvertreter (wie hier bereits mitgetheilt, diese für unerfüllbar und maßlos erklärt. Ebenso wurde in der Versammlung beschlossen, nur mit den legal gewählten Knappschaftsvertreteru zu verhandeln und die von den öffentlichen Versammlungen gewählte Zwölferkommission, welche jene Forderungen auf⸗ gestellt hatte, nicht mehr zu berücksichtigen. Da die Lage einen kritischen Charakter angenommen, hat der Verband der sächsischen Berg⸗ und Hüttenbesitzer, der sich vorläufig von der Bewegung zurückgezogen hatte, bekannt gegeben, daß er sich durch die Verhältnisse gezwungen sehe, zu der Frage Stellung zu nehmen. Inzwischen warnt der Vorstand vor unüber⸗ legten Handlungen, auch erbietet er sich die Beschwerde entgegen z nehmen, um auf gesetzlichem Wege Abhülfe anzustreben.
Die Arbeitseinstellung der Schiffszimmerleute Ham⸗ burgs wurde, wie „W. T. B.“ meldet, in einer vorgestern Abend stattgehabten Versammlung der Schiffszimmerleute in geheimer Ab⸗ stimmung mit 280 gegen 128 Stimmen für beendet erklärt. Die Schiffszimmerer nehmen das Anerbieten der Werftbesitzer an, vom 1. März bis 27. Oktober einen Stundenlohn von 45 ₰, vom 28. Oktober bis ultimo Februar einen solchen von 48 ₰ ein⸗ zuführen. 4
In Beuthen in Oberschlesien haben die Verbands⸗ Tischlergesellen, denen zum Theil von den Meistern gekündigt worden ist, beschlossen, falls die Kündigung nicht zurückgezogen und allen Gesellen zehnstündige Arbeitszeit gewährt wird, insgesammt die Arbeit niederzulegen. Ein Gesellenausschuß wurde, wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, beauftragt, mit den Innungsmeistern zu verhandeln.
In einem an die „Frkf. Ztg.“ gerichteten Schreiben verwahrt der Bergmann Warken (Saarrevier) sich und seinen Kollegen Bachmann dagegen, daß ihre Kandidaturen sozialdemokra⸗ tische seien. Sie seien Demokraten und wollten mit der Sozial⸗ demokratie Nichts zu schaffen haben. Ihre Kandidatur sei aus den Kreisen der Arbeiter, Handwerker und Geschäftsleute hervorgegangen und sie würden als Abgeordnete keiner Partei beitreten.
In einer Zusammenkunft national gesinnter Arbeiter, welche letzten Sonntag in Essen in der Herberge zur Heimath statt⸗ fand und zu welcher sich meist Bergleute des Stadt⸗ und Landkreises Essen eingefunden hatten, wurde der Bergmann Pohlmann aus Altenessen als Kandidat der nationalen Arbeiterpartei für die Reichstagswahl aufgestellt.
Wie „W. T. B.“ aus London vom heutigen Tage meldet, ist der Strike der Gasheizer durch einen Vergleich beendet, nach welchem die Sputh⸗Metropolitan⸗Gas⸗Compagnie die achtstündige Arbeitszeit wieder einführt und die alten Arbeiter engagirt, wenn Vakanzen eintreten. 8
Wohlthätigkeit.
Der Maschinenfabrikant Geheime Rath Henschel in Kassel hat, wie die „Frankf. Ztg.“ berichtet, den Plan gefaßt, zur Erinnerung an die Ablieferung der 3000. in seiner Fabrik gebauten Lokomotive 50 Arbeiterwohnungen zu bauen und zu billigen Feßhne an seine Arbeiter zu vermiethen. Außerdem hat er an die 5 Jahre und darüber in seiner Fabrik thätigen Arbeiter 10 000 ℳ vertheilen
lassen.
Der Bergbau, das Hütten⸗und Salinenwesen im Herzog⸗ thum Anhalt während der Jahre 1882 — 87.
Die Zahl der anhaltischen Braunkohlenbergwerke ist nach dem „Statistischen Jahrbuch für das Herzogthum Anhalt“⸗ von 16 im Jahre 1882 bis auf 12 im Jahre 1887 herabgegangen. Die durchschnittliche tägliche Belegschaft war gleichwohl 1887 fast dieselbe wie 1882, nämlich 1000 gegen 1094, sämmtlich männlichen Geschlechts, von denen 74,6 % unter Tage und 25,4 % über Tage arbeiten. Die Förderung ist in den 6 Jahren um 23,9 %, der Werth der gewonnenen Produkte bei einem Preisrückgang von 3,01 auf 2,84 ℳ pro Tonne um 16,8 % gestiegen. “
Zu dem Herzoglichen Salzwerk in Leovoldstadt ist seit 1885 noch das Salzwerk der Solvaywerke auf Aktien, beide im Kreise Bern⸗ burg, gekommen. Die durchschnittliche tägliche Belegschaft ist in den gedachten Jahren von 1291 auf 1799, davon 1582 in Leopoldshall, estiegen, sämmtlich männlichen Geschlechts, von denen 69,1 % unter
age, 30,9 % über Tage arbeiten. Der Prozentsatz ist zu Gunsten der letzteren offenbar in Folge der Mitberücksichtigung der Solvay⸗ werke, wo zunaͤchst noch fast ausschließlich über Tage gearbeitet wird, verändert. “ B
Die Förderung, für die nur Leopoldshall in Frage kommt, schwankt in Betreff der einzelnen Salze sehr. Während der Abbau des Steinsalzes im Ganzen zugenommen hat, das Kainit erst in den letzten 3 Jahren steigernd gefördert ist, ist die Förderung der anderen Salze um mehr als die Hälfte zurückgegangen, und auch bei den Bittersalzen ist ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen. Beim Borazit ist e sehr verschieden, im Anfang⸗ und Endjahr indeß ungefähr gleich gewesen. Diese großen Schwankungen in der Förderung finden namentlich in lokalen Schwierigkeiten, mit denen das Herzogliche Salzwerk vor Allem in den Jahren 1883 — 1886 zu kämpfen hatte, ihre Erklärung. Namentlich haben für die als nothwendig erkannte Ausfüllung der Hohlräume in den letzten Jahren viel Arbeitskräfte verwendet werden müssen. Und da dieser Arbeit irgend welche Produktionszunahme unächst nicht entsprechen konnte, so findet sich hier nicht die sonst für Bergwerksproduktion in Deutschland allgemein gemachte Beobachtung bestätigt, daß die Zunahme des Produktionswerthes eine bedeutend größere zu sein pflegt als die Zunahme der Arbeiter. Der Gesammt⸗ produktionswerth ist sogar von 4 846 850 ℳ im Jahre 1882 auf 1066 884 ℳ im Jahre 1887 trotz bedeutend größerer Belegschaft im letzten Jahre gesunken. Und dieses Verhältniß würde unter Berück⸗ sichtigung der weit geringeren Quantität der im letztbezeichneten Jahre