1890 / 36 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Feb 1890 18:00:01 GMT) scan diff

nehmende Sinn eines frischen, jugendlichen Geistes hat bei den Er⸗ lassen, welche der „Reichs⸗Anzeiger“ jetzt veröffentlicht, die Feder ge⸗ führt. Zu Grunde liegt der erprobte, weise Rath des Staatsmannes, dem das Alter und der Kampf mit einer ganzen Welt von Gegnern und Vorurtheilen, ein Kampf, der ihm auf sozialpolitischem Gebiet so wenig erspart blieb, als auf dem rein politischen, die Thatkraft nicht —— haben. Nach 20 Jahren des Friedens ist es Zeit, daß der

riedenszustand zu Werken des Volkswohls, die allen Völkern gemeinsam sind, einträchtig von den Nationen benutzt wird. Eifer⸗ sucht auf die Anregung gerade durch Deutschland, das sich doch auf diesem Gebiete anerkanntermaßen ein Recht des Vorangehens sauer er⸗ worben hat, wird hoffentlich keinen der aufgeforderten Staaten zurück⸗ halten. Und so hoffen wir auf ein der „Inter⸗ nationale“ der Regierungen, die den Bestrebungen jener anderen einen heilsamen Dämpfer auflegen wird. Wenn die Arbeiterwelt gegenwärtig in einer Allgemeinheit und mit einem Nachdruck wie nie zuvor für ihre Interessen eintritt und die Verwegensten unter ihren Fübrern viel⸗ leicht an Bewegungen denken, welche die Sache gewaltsam zur Reife bringen sollen, so tout nun die deutsche Regierung das Ihrige, der Gewalt im Voraus das Recht zu nehmen, ihr Hereinbrechen überhaupt unnütz und unmöglich zu machen. Man wird das in der ganzen ge⸗ sitteten Welt erkennen und die Hand zu dem guten Werke bieten, das unser junger Kaiser unternimmt.“

Am Schluß eines Artikels der Zeitung“ heißt es:

„Wenn wir neben den großen Hoffnungen für die Zukunft, zu denen die Erlasse berechtigen, die Schwierigkeiten nicht unberücksichtigt zu lassen haben, mit denen zu rechnen ist, so wird dadurch die warme Anerkennung der Größe und Bedeutung des vom Kaiser unternom⸗ menen Schrittes nicht beeinträchtigt. Im Gegentheil: je größer diese Schwierigkeiten sich darstellen, um so größer wird das Verdienst, einen solchen Plan gefaßt zu haben und zu seiner Durchführung ent⸗ schlossen zu sein. Unwillkürlich lenken sich die Blicke rückwärts auf die Zeiten zur Wende des 18. Jahrhunderts. Damals rang sich der dritte Stand durch in unseligen, Europa bis in seine Tiefen er⸗ schütternden blutigen Kämpfen. Ganz anders ist, was wir heute sehen: am Schluß des 19. Jahrhunderts zeigt sich uns das große und erhebende Schauspiel, wie ein ee Monarch mit warm und tief empfindendem Herzen die Organisation des vierten Standes zur Aufgabe seiner Regierung macht im Interesse des bürgerlichen und des Weltfriedens. Denn und das ist eine weitere große Seite dieses Programms gelingt es, eine internationale Vereinbarung auf dem Arveitsgebiet herbeizuführen, so ist damit ein neues und festes Band des Friedens um die Nationen geschlungen. Mit Stolz dürfen wir auf unseren Kaiser blicken, der ein so hohes Ziel sich gestellt hat, und daß von Deutschland dieser große weltgeschichtliche Versuch gemacht wird, ist die schöne Bestätigung der Hoffnungen, die auf das neue Deutsche Reich, als auf den Hort des Friedens und der Kultur, gesetzt worden sind.

Kommt der Versuch zur Vollendung und dem ernsten beharr⸗ lichen Bestreben wird der Erfolg nicht fehlen wie schön bewahr⸗ beitet sich da nicht am Schlusse des 19. Jahrhunderts das Prophetenwort, das Schiller an der Wende des 18. aussprach: „Mag auch der Franke und der Brite jetzt die Welt beherrschen, der Deutsche wird sie doch einst Alle überholen; seine Aufgabe ist, an dem Bau der Menschenbildung zu arbeiten, das Ideal des Menschen zu vollenden; nicht im Augenblick zu glänzen, sondern den großen Prozeß der Zeit zu gewinnen. Jedes Volk hat seinen Tag in der Geschichte, doch der Tag des Deutschen ist die Ernte der ganzen Zeit.“

n der „Straßburger Post“ lesen wir:

Die beiden Willenskundgebungen unseres Kaisers, die ganz und völlig mit dem sozialen Programm übereinstimmen, das Kaiser Wilhelm II. von Anfang an als das ihm neben der Erhaltung des Friedens am meisten am Herzen liegende Ziel seines Herrscherwillens bezeichnet hat, eröffnen der sozialen Reformarbeit jene neue Bahn, auf welcher der Kaiser unser Volk der sozialen Einheit und dem wirthschaftlichen Ausgleich entgegenführen will, durch welche er gegen⸗ über der in erster Reihe militärischen Avfgabe seines Großvaters sich als den Volkskaiser im schönsten und edelsten Sinne dieses

„Weimarischen

Wortes proklamirt, in dem Sinne nämlich, vorerst und vor Allem zu sein ein Schirm und Schützer der Bedrängten. Der Kaiser

stellt hier sich und dem deutschen Volke in dessen Gesammtheit, in⸗ sonderheit aber in dessen parlamentarischen Vertretern, eine große, gewaltige Aufgabe, die auf lange hinaus alle Kräfte für sich in An⸗ spruch nehmen wird. An uns Allen wird es jetzt sein, diese Aufg abe zu lösen, willig und opferfreudig genug zu sein, das große und allge⸗ meine über das eigene Interesse zu stellen. Von der Mitarbeit des deutschen Volkes wird es nunmehr abhängen, ob wir sozialen Stürmen, oder dem sozialen Frieden entgegengehen.“

Auch die Wiener Blätter beschäftigen sich mit den Kaiserlichen Kundgebungen. Das Wiener „Fremdenblatt“ meint:

die Geschichte der europäischen Wirthschafts⸗ und Sozialpolitik habe wenig Ereignisse zu verzeichnen von gleich vielversprechender Bedeutung. Die Kaiserliche Enunziation gehe weit über das von dem Reichstage gestellte Begehren hinaus. Die Kundgebung des Kaisers werde und könne nicht verfehlen, den tiefsten Eindruck auf die deutsche Arbeiterwelt zu machen. Jedenfalls habe Kaiser Wilhelm einen unvergeßlichen Beweis seiner hochherzigen, wahrhaft volks⸗ freundlichen Gesinnung geliefert. Dauerbafter als Erz werde die Erinnerung daran in dem Gefühle Aller und in der Geschichte

fortleben

Die Wiener „Presse“ erklärt: 8

Das Unternehmen eines internationalen Arbeiterschutzes durch den Deutschen Kaiser sei an sich eine Verbreitung des Friedensgedankens, der durch die internationale Behandlung auch zum internationalen Friedensgedanken sich erweitere. Am Eingangsthore der neu eröffneten Zeit stünden nicht mehr die engen, begrensten Ideen von örtlicher und zeitlicher Geltung; es sei die Idee des gesitteten und veredelten Menschenthums, welche uns in Zukunft geleiten werde.

Die „Deutsche Zeitung“ bemerkt:

Die in den Erlassen niedergelegten Gedanken und Anregungen seien berufen, der sozialen Entwickelung auf Jahrzehnte hinaus die Bahnen zu weisen; sie seien von so großem weltgeschichtlichen Inhalt, daß ihnen gegenüber die Frage nach dem Ausfall der bevor⸗ stehenden Wahlen zu zwerghafter Kleinheit zusammenschrumpfe.

Das Wiener „Tageblatt“ führt aus:

Die Erlasse des Deutschen Kaisers kündigen eine neue Ordnung der Dinge, eine neue Welt⸗Aera an. Es gereiche dem Deutschen Kaiser zum Ruhme, daß er mit seiner mächtigen Hand die Lösung der Arbeiterfrage durchführen wolle. Eine Welt mit neuen An⸗ schauungen und neuen Idealen trete ins Dasein.

Von den Londoner Blättern erkennt die konser⸗ vative „St. James Gazette“ in den Vorschlägen des Deutschen Kaisers ein bedeutsames Zeichen der Zeit. Obgleich man in England kaum vorschnell der Intervention der Re⸗ gierungen in Arbeiterfragen entgegenkommen würde, so sei es doch unleugbar, daß der Strom der Zeit sich in der vom Deutschen Kaiser angegebenen Richtung bewege.

Die „Pall. Mall Gazette“ beurtheilt die beiden Kaiserlichen Erlasse von ihrem radikalen Standpunkte aus, jedoch im Ganzen zustimmend:

Lord Salisbury werde die Einladung des Kaisers annehmen müssen, selbst wenn er sich geweigert hätte, an der in Aussicht ge⸗ nommenen Arbeitskonferenz in Bern im nächsten Mai theilzunehmen. Die Sache steht jedoch jetzt ganz anders bei einer Einladung, welche die Unterschrift des Deutschen Kaisers trägt. Die Erklärungen des Kaisers seien ganz vortrefflich.

Im weiteren Verlaufe des Artikels bezeichnet die „Pall Mall Gazette“ die Kaiserlichen a. als eins der be⸗ deutendsten Ereignisse in der modernen Geschichte Europas.

Der „Daily Telegraph“ widmet den Kaiserlichen Erlassen eine sehr sympathische Besprechung, in welcher jedoch gleichzeitig auf die durch die Tarifverhältnisse sich ergebenden Schwierigkeiten hingewiesen wird. Das Blatt setzt voraus, daß England die Einladung zur Konferenz annehmen werde.

Breslau, 6. Februar. (Schles. Ztg) Die Schiffahrt ist durch das massenhaft ankommende Treibeis unterbrochen. Das Treibeis zieht hier größtentheils über das Strauchwehr durch die alte Oder ab. An einzelnen Stellen hat sich das Eis bereits festgesetzt.

Meran, 5. Februar. (Frankf. Ztg) Der sogenannte Mitter⸗

terzer Berg im nahen Marling ist seit längerer Zeit in eine auf⸗-

fallenden gleitenden Abwärtsbewegun Pa egriffen. Mehr oder a

weniger weite Erdrisse thun sich auf, Bäume folgen dem sich be⸗ wegenden Erdreich, Steine rollen ohne sichtbare Ursache abwärts und andere Erscheinungen mehr. Verfügung geräumt werden.

London. (N. Z. Ztg.) Im Glaspalast zu Sydenham fand

dieser Tage die jährlich wiederkehrende „Stanlev⸗Ausstellung von Velocipeden“ statt.

und Tricyecles beschickt worden ist. Dazu kommen noch

feilbieten; die weiten Räume werden bis auf den letzten Winkel in Anspruch genommen. An wirklichen Neuheiten, d.h. an Maschinen, die von den bit jetzt bekannt gewordenen fast grundverschieden sind, fehlt es durchaus, dagegen sind im Einzelnen zahlreiche Verbesserungen angebracht worden. Nament⸗ lich haben verschiedene Fabrikanten ihr Augenmerk auf die Ver⸗ minderung der Vibration gerichtet; sie erreichen ihren Zweck vermittels sehr dicker Kautschukumhüllungen, die jedoch dem eleganten Aussehen der Fahrräder großen Abbruch thun.

stellung des Sultans von Marokko gebaut hat. Dasselbe ist in Grün und Gold gehalten, mit Seide ausgeschlagen und ruht auf eiem

vernickelten Vierrad, das von vier Sklaven in Bewegung gesetzt

werden soll.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. 8

Breslau, 7. Februar (W. T. B.) Die beiden Kaiser⸗

lichen Erlasse sind heute durch Anschlash an den e

Straßenecken zur Kenntniß der gesammten völkerung

gebracht worden. 1 Wien, 7. Februar. (W. T. B.)

betreffend die Konvertirung der fünfprozentigen, in Gold verzinslichen Staatsschuld verschreibungen der Westbahn.

Rom, 7. Februar. (W. T. B.) Die Besserung in dem Befinden des Kriegs⸗Ministers Bertole Viale dauert

an. Der Kardinal Pecci, Bruder des Papstes, liegt im

Sterben.

gericht hat von den vier anläßlich der Unruhen an der

Universität verhafteten Studirenden einen zu 30 Tagen,

die übrigen zu 6 bis 8 Ege Gefängniß verurtheilt. Konstantinopel, 7. Februar.

offizielles Communiqué bezeichnet die Nachrichten, daß in Folge des Kaiserlichen Firmans die Unzufriedenheit auf Kreta wachse, daß dort eine allgemeine Erhebung sich vorbereite, sowie daß Rußland, England, Frankreich und Italien der Pforte eine Note wegen Abänderung des Firmans überreicht hätten, als vollkommen unbegründet: auf Kreta herrsche Ruhe und das beste Einvernehmen Muhamedanern und Christen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) 2 1

Wetterbericht vom 7. Februar, Schauspielhaus.

Morgens 8 Uhr.

tag. Anfang 7 U

Temperatur 40 R

Arrigo Boito.

Stationen. Wind.

Bar. auf 0 Gr.

u. d. Meeressp

red. in Millim. in ° Celsus

8

bedeckt heiter bedeckt wolkenlos halb bed. halb bed. wolkenlos bedeckt

Vaterländisches von Wildenbruch.

Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. 766

aparanda. W

t. Petersbrg. WNW Moskau.. 759 N

Cork, Queens⸗ OSO

townun 772 Cherbourg. 769 ONO ö5 bedeckt Helder. 774 ORNO 2 wolkig

1““ still Dunst .. 775 S 1 wolkig winemünde 774 still halb bed. ¹) Neufahrwasser 772 NNW A bedeckt Memel 771 still wolkig⸗) Paris 1769 ONO 2 bedeckt Münster. 773 NO 5 bedeckt Karlsruhe.. 770 NO 4 bedeckt Wiesbaden. 771 NO 2 bedeckt München.. 768 NO 5 Schnees) Chemnitz.. 774 1 wolkia*) Berlin. 774 2 wolkigs) Wien 769 2 bedech Breslau 771 3 bedeckt Ile d'Aix.. 767 4 heiter Niga .761 4 bedeckt Triest 763 5 bedeckt

¹) Rauhfrost. ²) Reif. ²) Nachts etwas Schnee. . ⁴) Nebel. ⁵) Nebel, Reif. Uebersicht der Witterung.

Mittel⸗ und Süd⸗Europa stehen unter dem Einfluß eines (erucgedlee⸗. dessen Kern über der Nordsee liegt, so daß über Deutschland nördliche bis östliche Luftströmung vorwaltet. In CentralCuropa ist das Wetter ruhig und vorwiegend trübe, im Norden meist kälter, im Süden wärmer, ohne meßbare Niederschläge. In Frankreich und Deutschland herrscht fast überall leichter Frost.

Deutsche Seewarte

—-— ꝗM———— ͦ— —+— 1 2 b Theater⸗Anzeigen. Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗

haus. 30. Vorstellung. Don Inan. Oper in

2 Akten mit Tanz von Mozart. Text von Daponte. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr.

—2 22 2=2 o l

—— 501§.

Sonntag:

22 O0. ,Sg”SͤS

Sonntag:

wolki 8 Montag:

dgmn

Sonntag:

Montag:

Sonntag: schmerzen.

Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag:

Sonnabend: 24 Male:

Julius Fritzsche. Federmann. Sonntag:

nalisten. Lustspiel in 4 Aufzügen von Gustav Frey⸗ 1 hr. Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Opernhaus. 31. Vorstellung. Othello. Sonntag u. folgde. Tage: Marquise. Oper in 4 Akten von Guiseppe Verdi. Für die deutsche Bühne übertragen von Max Kalbeck. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 32. Vorstellung Die Quitzow’'s. bHes Drama in 4 Aufzügen von Ernst

Zeutsches Theater. Sonnabend: Fanst’s Tod. Nächstenliebe. 18 8 Montag: Krieg im Frieden.

Verliner Theater. Sonnabend: Demetrins.

Gräfsin Lea. Der Veilchenfresser.

Tessiing-Theater. Sonnabend: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann Das Bild des Signorelli. Schau⸗ spiel in 4 Akten von Richard Jaffé.

Die Ehre.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 2 Male: Die spanische Wand. Schwank in 3 Akten von Dr. Koppel⸗MEllfeld. Schwank mit Gesang in 1 Akt von Emil Pohl. Musik von A. Conradi.

Die spanische Wand.

Victoria-Theater. Sonnabend: Zum 174. M.:

Stanley in Afrika. von Alex. Moszkowski und Musik von C. A.

Dieselbe Vorstellung.

Friedrich-Wilhelmstädtisches

Der arme Jonathanu. 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker.

Anfang 7 Uhr. 8 Der arme Jonathau. 1—

Residenz-Theater. Direktion: Siegmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: Zum 1. Male: Marcnise. Lust⸗ spiel in 3 Akten von Victorien Sardou. von Robert Buchholz.

mund Lautenburg.

31. Vorstellung. Die Jour⸗

Text von

Anfang 7 Uhr.

Schmid. Musik von Müller.

Sonnabend: 44. M.: Berolina. von Jean Kren.

Sonntag: Berolina. Montag:

46. Male: Berolina.

Zum 1. Male:

Sonnabend:

Vorher: Zahnschmerzen. Musik von Franz Roth. Novifät! meyer. Anfang 7 ½ Uhr

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Zahn⸗

Zeitgemälde in 10 Bildern Richard Nathanson.

icht 3 Ballet von G. Severini schsehts der Chenet

Raida. Circus Renz, Karlstraße des Direktors E Renz.

künstlerinnen und Reitkünstler. Deutsche Turner.

Theater.

Mit neuer Ausstattung: Zum Operette in

In Scene gesetzt von

UI, ? 48 Hr. Kapellmeister B 3 Musikcorps.

Dirigent:

ve. sb Mary, kleine Helga. Verlangen:

In Scene gesetzt von Sieg⸗

Die neuen Dekorationen aus dem Atelier der Herren Hartwig, Hinze und Harder.

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: 34. Gast⸗ spiel der „Münchener“ unter Leitung des Königl. bayer. Hofschauspielers Srn Max Hofpaur und Edelweiß. Oberbaverisches Charakterbild mit Gesang und Tanz in 5 Akten von Hermann von Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Central-Theater. Direktion: Emil Thomas.

8 Mit vollständig neuer Ausstattung ——————-—-— —— an Kostümen, Dekorationen und Requisiten, zum

Posse mit Gesang in 4 Akten 1 n. Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt vom Direktor Emil Thomas.

Benefiz für Hrn. Ernst Kettner. Zum

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. 1 1: Der Goldfuchs. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß. 1 Mit vollständig neuen Kostümen und neuen Dekorationen von Lütke⸗

Urania, Invalidenstraße 57/62, geöffnet von

12 11 Uhr. Sonnabend: Von 1 3 u. 5 ½ 6 Uhr: Der neue Phonograph. Um 7 ½ Uhr: Die Ge⸗

Sonnabend, Abends

7 ½ Uhr: Gala⸗Vorstellung unter persönl. Mitwirkung Auftreten der vorzügl. Reit⸗

eutsche Große nationale Original⸗Panto⸗ mime, inscenirt vom Direktor E. Renz tionen, Kostüme, wea b— menh ig vr

yska und Zante, arab. Vollblurhengste, in Freiheit dressirt und vorgeführt vom Direktor E. Renz. 4 hohe Schulen, geritten von Frl. Clotilde Hager, Frl. Oceana Renz, Frl.

Sonntag: 4 Uhr (1 Kind frei) auf vielseitiges Komische Balletpansomime Harlekin. Deutsche Turner. 8

Concert⸗Anzeigen.

(Sing -Akademie. Sonnabend, 8. Febr [1I1 Concert von Josef Weiß, unter gefäll. Mitwirk. der Altistin Frl. Laura Brettinger aus Nürnberg. Anfang 7 ½ Uhr.

Concert-Haus, Leipzigerstr. 48 (früher Bilse) Sonnabend, 8. Febr: Karl Mevyder⸗Concert unter gefäll. Mitwirkung von Frau Betw Waibel. Arie a. d. Op. „Wilhelm Tell“ v. Rossini, gesungen v. Fr. Betty Waibel. Polonaise Ne. II. v. Liszt. Ouvert. „Leonore II.“ v. Beethoven. Recitativ u. . Op. „Undine“ v. Lortzing, gesungen v. Fr.

aibel.

Almenrausch

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth Henke mit Hrn. Hug Heinze (Briea) Frl. Emilie Schönherr mit Hrn. Otto Stoffregen (Lüttringhausen —Köln). Frl. Auguste Käusch mit Hrn. Fritz Henschel (Wittingen Hagenow). Frl. Ida Roth mit Hrn. Konrad Ziegler (Schw. Hall —Künzelsau). Frl. Anna Peters mit Hrn. Julius Bützow (Dahlen Marlow).

Verehelicht: Hr. Georg Tietz mit Frl. Silfriede Brann (Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Reg.⸗Assessor Behncke (Trier). Hrn. Apotheker H Hartmann (Stuttgart) Hen. Robert Ernst (Berlin). Hrn. Amtsrichter Stahn (Ruhland). Hrn. Karl Gentzen (Königsberg i. Pr.). Hrn. Moritz Lehmann (Hannover). Eine Tochter: Hrn v. Reiche (Liebschütz). Hrn. Louis Weigert (Duisburg).

Gestorben: Hr. Stadtrath Karl Wilh. Julius Sinogowitz (Braunsberg, Ostpr.). Hr. Hermann Knackfuß (New⸗York). Hr. Kaufmann Oskar

alcke (Berlin). Hr. Kaufmann Karl Johann

pieß (Berlin). Hr. Kaufmann Heinrich Ludwig Korthöber (Sad senhagen). Hr. Stadt⸗ Baumeister Ernst Pfletschinger (Rottenburg). Frau Anna Iffländer, geb. Staude (Elbing).

Anf. 7 ½ Uhr.

Anfang 7 Uhr.

Sum 18. Male:

Dekora

Redacteur: Dr. H. Klee.

Verlag der Expedition (Scholi).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich

Berlin:

Ein Gehöft muß auf behördliche

Welchen Umfang der Radsport in England erlangt hat, geht zur Genüge aus der Thatsache hervor, daß diese Ausstellung von 230 Firmen mit über fünfzehnhundert Bicyeles hie eine ganze Reihe von Verkaufsständen, welche einzelne Bestandtheile der Rad- maschinen sowie die bunderterlei Ausrüstungsgegenstände ausstellen und

3 Den „Löwen“ der glänzenden Ausstellung bildete ein Hansom, das eine Coventry⸗Fabrik auf Be⸗

Abgeordneten⸗ haus. Die Regierung brachte heute einen Gesetzentwurf ein,

Neapel, 7. Februar. (W. T. B.) Das Zuchtpolizei⸗

(T. T. B.) Ein

zwischen

Berlin, Freitag, den 7. Februar

Königreich Preußen.

Bekanntmachung,

fend das Staats⸗Anlehen der vorm Stadt Frankfurt a. M. von 8 500 000 Fl., d. d. 9. April 1839.

Bei der am 8. cr. stattgefundenen 49. Verloosung des 3 ½ % igen

Setlaats⸗Anlehens der vormals Freien Stadt Frankfurt a. M. vom

8

8 8

9. April 1839 wurden für die zur Kapitaltilgung in 1890/91 vor⸗ gesehene Summe die nachverzeichneten Obligationen gezoge:

1) zur Rückzahlung auf den 1. April 1890.

22 Stück Litt B. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 14 129 160 171 216 235 282 286 427 441 483 542 575 733 753 761 808 925 927 1051 1070 1093 = 37 714 38 ₰.

22 Stück Litt. B. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1202 1257 1290 1321 1333 1357 1405 1483 1497 1554 1587 1634 1648 1720 1728 1774 1800 1907 1924 1981 2011 2097 = 18 857 08 ₰.

21 Stück Litt B. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2190 2205 2269 2303 2304 2323 2375 2377 2485 2492 2501 2512 2519 2603 2664 2689 2692 2700 2939 2975 2992 = 10 800 09 ₰.

20 Stück Litt. B à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3178 3229 3297 3385 3404 3454 3514 3700 3712 3732 3803 3842 3849 3855 3870 3902 3907 3923 3992 4012 = 5142 80 ₰.

15 Stück Litt. B. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4234 4240 4322 4325 4462 4477 4483 4509 4511 4518 4561 4641 4810 4812 4825 = 2571 45 ₰.

100 Stück über 75 085 80 ₰.

2) zur Rückzahlung auf den 1. Juli 1890.

22 Stück Litt. C. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 27 146 198 238 325 376 407 411 420 455 460 499 587 628 761 844 847 866 947 956 990 1047 = 37 714 38 ₰.

22 Stück Litt. C. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1104 1159 1171 1300 1370 1381 1395 1602 1700 1707 1719 1740 1754 1843 1862 1868 1908 1939 1980 2046 2060 2076 = 18 857 08 ₰.

21 Stück Litt. C. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2142 2162 2214 2306 2352 2572 2595 2606 2659 2671 2706 2710 2732 2750 2767 2846 2881 2985 3006 3066 3096 = 10 800 09 ₰.

20 Stück Litt. C. à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3108 3177 3224 3253 3319 3421 3480 3614 3665 3691 3696 3704 3771 3842 3865 3943 3955 3994 4000 4096 = 5142 80 ₰.

15 Stück Litt. C. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4113 4166

8

4182 4226 4235 4304 4378 4410 4452 4472 4535 4553 4569 4622

*

8

3153 4364.

4633 = 2571 45 ₰. 100 Stück über 75 085 80 ₰.

3) zur Rückzahlung auf den 1. Oktober 1890. 22 Stück Litt. D. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 30 104 227 251 262 308 311 357 369 509 552 590 636 646 722 779 784 844 956 1008 1084 1093 = 37 714 38 ₰.

22 Stück Litt. D. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1107 1208 1214 1230 1329 1356 1365 1389 1422 1458 1478 1480 1483 1524 1537 1663 1706 1715 1754 1758 1879 1996 = 18 857 08 ₰.

24 Stück Litt. D. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2130 2167 2298 2299 2992 2375 2417 2459 2490 2503 2506 2525 2543 2604 2612 2612 —8 2652 2735 2739 2767 2848 2900 2959 = 12 342

16 Stück Litt. D. à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3111 3297 3380 3388 3422 3490 3515 3763 3812 3814 3854 3862 3902 3915 3928 4089 = 4114 24 ₰.

12 Stück Litt. D. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4184 4198 4249 4303 4325 4328 4348 4388 4398 4477 4628 4818 = 2057 16 ₰.

96 Stück über 75 085 82 ₰. 4) zur Rückzahlung auf den 1. Januar 1891.

21 Stück Litt. A. à 1000 Fl. = 1714 29 Nr. 18 146 187 203 219 298 345 392 434 456 497 498 528 570 750 757 808 918 962 1035 1070 = 36 000 09 ₰.

22 Stück Litt. A. à 500 Fl. = 857 14 Nr. 1105 1148 1163 1231 1362 1510 1513 1554 1601 1606 1715 1755 1805 1881 1969 1980 1997 1999 2059 2061 2083 2089 = 18 857 08 ₰.

22 Stück Litt. A. à 300 Fl. = 514 29 Nr. 2169 2180 2203 2289 2383 2421 2429 2445 2457 2512 2566 2569 2629 2647 2699 2723 2736 2751 2760 2946 2950 3095 = 11 314 38 ₰.

22 Stück Litt. A. à 150 Fl. = 257 14 Nr. 3124 3174 3262 3270 3291 3377 3432 3435 3495 3545 3586 3682 3703 3725 3739 3810 3814 3857 3935 3936 3974 4100 = 5657 08 ₰.

19 Stück Litt. A. à 100 Fl. = 171 43 Nr. 4109 4115

Fl. 4139 4166 4287 4338 4393 4421 4494 4587 4593 4613 4633 4698 3

4739 4774 4782 4823 4844 = 3257 17 ₰. 106 Stück über. 75 085. 80

Hierzu: 96 Stück Litt. D. über 75 085. 82 75 085. 80

100 C8“ . m I8898be 402 Stück über. . 300 343. 22

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be⸗

merkee benachrichtigt, daß die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur

s zum betreffenden Rückzahlungstermin erfolgt, bei folgenden Stellen erhoben werden können: bei der Königlichen Kreis⸗ kasse in Seeear a. M., bei der Königlichen Staats⸗ schulden⸗Tilg ungskasse in Berlin und bei jeder König⸗ lichen Regierungs⸗Hauptkasse.

Die Auszahlung erfolgt bei pos. 1, 2, 3 gegen Rückgabe der Obligationen mit den Zinsscheinen Reihe II Nr. 6 bis 8 und Zinsschein⸗Anweisung, bei pos. 4 gegen Rückgabe gder Obligationen mit den Zinsscheinen Reihe II Nr. 7 bis 8 und Zinsschein⸗Anweisung.

Der Geldbetrag der unentgeltlich zurückzugebenden, aber fehlenden

Zinsscheine wird am Kapitalbetrage der Obligationen zurückbehalten.;

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., noch bei der Königlichen Regierungs⸗Hauptkasse in Wiesbaden, sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen einige

Zeit vor der Auszahlung durch diese Kasse an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden. Zurück stehen noch aus der

42. Verloosung: Litt. B. Nr. 4025. 1 B

45. Verloosung: Litt. B. Nr. 146 2667 4337. Litt. D. Nr. 4180. Litt. A. Nr. 2794 3740 3867 4116 4259 4501 4747.

46. Verloosung: Litt. B. Nr. 4032. Litt. C. Nr. 3249 3699 3878 3883. Litt. D. Nr. 1989 2784. Litt. A. Nr. 2464 2673

Litt. B. Nr. 2335 2647 2826 3044 3920

47. Verloosung:

8 4179 4302 4377. Litt. C. Nr. 475 2333 4402 4671. Litt. D.

Nr. 749 1291 1586 2928 3573 4217 4677. Litt. A. Nr. 364 385

668 1496 1672 2471 4122 4356.

48. Verloosung: Litt. B. Nr. 495 785 1220 1280 3358 3617 3725 3932 49899 451 4612 4620 4827. Litt. C. Nr. 3450 3594 3984 4407 4715. Litt. D. Nr. 595 823 1342 1660 2402 2974 3457 3991 4034. Litt. A. Nr. 41 123 426 444 619 672 701 736 1041

11““ 9 8

1192 1245 1379 1670 1718 1782 1978 2067 2073 2271 2272 2394 2435 2482 2637 2867 2932 2945 3120 3143 3289 3318 3548 3608 3723 3771 3789 3793 3806 3807 3998 4133 4506 4508 4720 4836 Wiesbaden, den 14. Januar 18900. 1 Der Regierungs⸗Präsident.

J. V.: de la Croix. 8

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der gestrigen (11.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Berathung des Antrages des Abg. Broemel, betreffend die Reform der Per⸗ sonen⸗, Gepäck⸗ und Gütertarife.

Abg. Broemel führt zur Begründung des Antrages

aus, daß die Tarife für Personen und Güter seit mindestens 12 Jahren im Ganzen unverändeft geblieben seien; die Er⸗ mäßigungen in einzelnen Fällen könnten nur als Ausnahme⸗ maßregeln angesehen werden. Der ungeheuere Umfang der Benutzung der Ausnahmesätze nahezu die Hllfte des Personen⸗ und Güterverkehrs sei zu Ausnahme⸗ sätzen erfolgt lege den Vorschlag nahe, die bestehenden Ausnahmesätze zu Normalsätzen zu machen. Finanzielle Rück⸗ sichten stünden dem nicht im Wege. Die Verzinsung des statistischen Kapitals der Staatsbahnen betrage 6 Proz., die des wirklichen Staatskapitals der Staatseisenbahnen sogar 7 ⅛3 Proz. Die Ueberschüsse der Staatsbahnen würden aber auch durch die Tarifermäßigung gar keine Verringerung erfahren. Die geringe Rentabilität des Personenverkehrs und anderer⸗ seits die unverhältnißmäßig höhere Rentabilität des Güterverkehrs beweise, daß der Güterverkehr bei den bestehenden Tarifen ungeheuer belastet sei; in Bezug auf den Personenverkehr aber seien alle Fachkundigen der Meinung, daß nur durch eine Ermäßigung der Fahrtarife ein dem Aufwand an Kapital und Arbeitskräften für diese Per⸗ sonenbeförderung mehr entsprechendes Erträgniß erzielt werden könne. Gegenwärtig würden die Plätze, namentlich der höheren Klassen, wenig ausgenutzt; eine Steigerung der Platzausnutzung zeige sich lediglich in der billigsten, der vierten Klasse, im Uebrigen sei die Platzausnutzung zurückgegangen. Auch an sich sei der Personenverkehr seit 1883, je niedriger die Klasse sei, umsomehr gestiegen; der Ver⸗ kehr in der ersten Klasse sei sogar gefallen. Dabei lasse die vierte Klasse in vieler Beziehung zu wünschen übrig. Die Vorschläge zur besseren Ausnutzung der Betriebsmittel seien verschiedener Art. Der Gedanke der Einführung eines Per⸗ sonenportos leide an rechnerischen Irrthümern; es werde auch vergessen, daß die Post trotz gleicher Selbstkosten für die Be⸗ förderung eines Briefs, einer Postkarte, einer Drucksache ver⸗ schiedene Portogebühr erhebe. Durch den Zonentarif auf den Ungarischen Staatsbahnen sei jedenfalls eine Vereinfachung er⸗ zielt, die unserm Wirrwarr von Billetten gegenüber bewundernswerth sei. Ob der ungarische Zonentarif auf das so unverhältnißmäßig umfangreichere preußische Staatsbahn⸗ system ohne Weiteres übertragen werden könnte, sei allerdings die Frage. In dieser Sache die Entscheidung zu treffen, könnte nur die Aufgabe der Staatsregierung sein. Beachtung verdienten die Vorschläge der Herren Todt in Köln und Ullrich (früher in Elberfeld), die nur zwei Wagenklassen wollen, und von denen der Erstere außerdem eine Tarifermäßigung für kürzere Strecken, der Letztere eine allgemeine Herabsetzung der Tarife auf die Hälfte wünsche; Hr. Todt mache auch noch einen Unterschied zwischen Schnell⸗ und Personenzügen. Ein Einnahmeausfall von 12—13 Millionen, wie er sich nach Verwirklichung dieser Vorschläge ergeben solle, würde doch gegenüber dem erleichterten und gesteigerten Verkehr nicht ins Gewicht fallen können. Namentlich sei eine Verbesserung des Gepäcktarifs nothwendig; denn derselbe hat die elendeste Aus⸗ nutzung der Gepäckwagen herbeigeführt, das kommt daher, daß der Gepäcktarif in vielen Fällen höher ist als der Personen⸗ tarif. Was endlich die Gütertarife angeht, so muß eine er⸗ hebliche Ermäßigung derselben stattfinden, selbst auf die Ge⸗ ahr hin, daß eine Einnahmeeinbuße mit in den Kauf genommen werden muß. Zum 1. Januar ist eine Menge von Ausnahme⸗ tarisen für Massenartikel in Kraft getreten; in der Vorlage, durch welche diese Tarife dem Landeseisenbahnrath vorgelegt waren, führt der Minister aus, daß die Ausnahmetarife für Kohlen allein einen Ausfall von 11 Millionen Mark zur Folge haben würden. Aber trotzdem sei die Ermäßigung noth⸗ wendig im Interesse der wirthschaftlichen Verhältnisse. Diese Worte sollten sich die Herren merken, welche sich gegen Tarif⸗ ermäßigungen aussprechen. Eine allgemeine Reform der Tarife würde auch geeignet sein, die Sonderbestrebungen, welche sich geltend gemacht haben, um für gewisse Erwerbszweige allein Tarifermäßigungen herbeizuführen, zu unterdrücken. Die Kundgebungen, welche für das Wohl der Arbeiter eintreten, geben immer das Vertrauen, daß man auch den Bestrebungen entgegentreten wird, welche den Arbeitern die freie Verwendung ihrer Arbeitskräfte beschränken wollen durch Hochhaltung der Personentarife. Wenn wir eine durch⸗ greifende Aenderung nicht vornehmen, so wird die Nachwelt über uns eben so urtheilen, wie sie Feecceh hat über Die⸗ semigen, welche die freie Einführung der Maschinen verhindern wollten.

Abg. Schmieding: Als ich vor einigen Jahren eine Rede über die Tarifreform hielt, da ptt⸗ die sreisinnige Presse nur Spott und Hohn dafür; da hieß es, es wäre ganz gut, daß die begehrlichen Schlotjunker nesdc zurückgewiesen worden seien. Deshalb muß ich meine Verwunderung über die heutige Rede des Vertreters der freisinnigen Partei aus⸗ sprechen. Mit den allgemeinen Ausführungen des Vorredners kann ich einverstanden sein; ich bin einverstanden mit der Vereinfachung des Tarifs; ich bin ferner damit einverstanden daß die Tarife so ö“ werden müssen, da die Einnahmen der Eisenbahnen nur die Verzinsungen decken; denn die Eisenbahnen sollen nicht eine in⸗ direkte 1L8gvg; herbeiführen. Mein Widerspruch richtet siich nur dagegen, daß jetzt bald eine Ermäßigung der Tarife artikel eintreten soll. Der Antrag richtet seine

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zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

No. 36. Iüe

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Spitze gegen die Montanindustrie. Das zeigt sich allerdings deutlicher in dem Antrage, wescher dem Reichstage vorgelegt wurde. Dieser Antrag wollte für die fremden Kohlen eine Ermäßigung der Tarife herbeiführen. Der Reichstag hat den Antrag abgelehnt; er war ein Schlag ins Wasser. Wenn der jetzige Antrag, soweit er sich auf die Massenartikel bezieht, durchgeführt würde, so würde er andere Folgen haben, als man erwartet. Die Kohlennoth, die jetzt vorhanden ist, würde dann größer werden. Jetzt ist ja der Wagenmangel für die Kohlengruben etwas beseitigt; wenn aber die Massen⸗ artikel billiger gefahren werden, wird er sofort wieder auftreten. Denn dann werden sich die Ansprüche an den Wagenpark der Eisenbahnen steigern. Die nächste Ur⸗ sache der Kohlentheuerung ist ja der Ausstand der Arbeiter; aber die dauernde Urfache ist, daß man nicht rechtzeitig gethan hat, was jetzt zur Unzeit gefordert wird. Hätte man die Tarife nochmals ermäßigt, so würde die Ueberproduktion der Kohlen beseitigt worden sein durch Erweiterung des Absatz⸗ gebietes. Damals wurden wir sogar in der Thronrede ge⸗ mahnt, die Ueberproduktion einzuschränken; es wurde uns vom Herrn Minister gesagt, wir hätten keine Tarifermäßi⸗ gungen zu verlangen. Wäre man damals den Wünschen entgegengekommen, dann hätte der Berg⸗ bau sich naturgemäß entwickeln können. Das um⸗ gekehrte Verhältniß trat ein bei den Kohlenverbrauchs⸗ industrien; sie dehnten sich aus und steigerten den Kohlen⸗ verbrauch. Wenn die rückläufige Bewegung wieder eintreten sollte, dann würde der Antrag Broemel am Platze sein. Mit der Ueberweisung des Antrages an eine Kommission bin ich einverstanden; es könnte geprüft werden, welche Wünsche schon jetzt eine Berücksichtigung verdienen, namentlich soweit sie von landwirthschaftlicher Seite kommen. Der Abg. Broemel beklagte sich über die theuren Getreidepreise in Berlin, sie könnten ermäßigt werden durch billigere Tarife. Ich beantrage, den Antrag an ecine Kommission von 28 Mitgliedern zu ver⸗ weisen.

Abg. von Tiedemann (Vomst): Ich hielt den Antrag zuerst für einen rein agitatorischen; aber die eingehende sach⸗ liche Begründung Seitens des Antragstellers hat meine An⸗ sicht geändert; ich kann mich vielen Ausführungen anschließen. Aber ich muß doch dem Antrage im Ganzen widersprechen. 20 schließe mich indeß dem Antrage des Vorredners an, eine

ommission von 28 Mitgliedern einzusetzen. Die Kommission wird aber nicht die Aufgabe haben, Tarifreformen vorzu⸗ schlagen. Ich halte es für vollständig falsch, daß der Landtag sich in die Tarifgestaltung mit ihren Einzelheiten mischt. Dazu sind der Landes⸗Eisenbahnrath und die Bezirks⸗Eisen⸗ bahnräthe eingesetzt; der Landtag soll sich von solchen Interessenfragen fernhalten. Unter dem Privatbahnsystem ist keine Reform vorgenommen. Die einzige Maßregel war eine Erhöhung der Tarife um 20 Proz. Unter den Staatsbahnsystemen sind erfreuliche Fortschritte gemacht worden. Auf dem von der Staatsbahnverwaltung eingeschlagenen Wege müssen wir weiter fortschreiten, aber es darf nichts überstürzt werden. Man muß immer dabei prüfen, welche Folgen wird eine jede Maßregel haben in finanzieller, in wirthschaftlicher Beziehung und in Beziehung auf die Eisenbahntechnik. Die wirthschaftlichen Folgen, auf welche wir das größte Gewicht legen, hat der Abg. Broemel gar nicht berührt. Allerdings werden jetzt die Ueberschüsse der Eisenbahn zum Theil für allgemeine Staatszwecke verwendet, diese Ueberschüsse sind eine Verkehrs⸗ steuer. Aber diese Einnahmen können wir nicht entbehren, und in wirthschaftlicher Beäziehung müssen wir darauf Rück⸗ sicht nehmen, daß nicht die verschiedenen Wirthschaftsgebiete durch eine einschneidende Tarifänderung geschädigt werden. Der Abg. Broemel will die Tarifreform so durchführen, daß eine finanzielle Schädigung nicht eintritt. Er hofft auf eine größere Ausnutzung der Personenwagen. Die wird nicht zu erreichen sein: denn der Rückgang in der Ausnutzung entfällt hauptsächlich auf die Sekundärbahnen. Die Statistik über die Ausnutzung der Wagen und über die Zahl der Personen ist nicht ganz zuverlässig; denn die Statistik giebt nur die Anzahl der verkauften Billets an, und da kann es denn kommen, daß ein Reisender, welcher für eine längere Reise mehrere Fahrkarten kaufen muß, weil er umsteigen muß, in dieser Statistik als drei Reisende auftritt, oder daß ein Reisender erster Klasse als ein Reisender zweiter und ein Reisender vierter Klasse auftritt, weil er sich ein Zuschlagsbillet gekauft hat. Hr. Broemel hat auf die gestern Abend im „Staats⸗ Anzeiger“ erschienenen Erlasse und mit Pathos gesagt: In Zukunft werde man auch für die Arbeiter auf den Eisenbahnen sorgen. Seine Vorschläge gehen dahin, daß die vierte Klasse beim Alten bleiben soll. Was ist denn da für die Arbeiter geschehen? Ich bin nichteinverstanden damit, daß wir in Bezug auf den Personenverkehr allzuviel Erleichterung gewähren. Der ungarische Zonentarif paßt für Preußen nicht. Dort handelt es sich um 4000, hier um 23 000 km Staatsbahnen. Der Zonentarif in Ungarn ist der Stadt Budapest auf den Leib zugeschnitten; denn jeder Reisende, der über Budapest hinausfahren will, muß daselbst ein neues Billet lösen. In Preußen kann die Frage der Tarifreform gar nicht allein ge⸗ löst werden: die Staatsbahnen müssen mit den anderen Bah⸗ nen in Deutschland zusammengehen, und auch die Zustimmung der anderen Staaten ist nothwendig. Wenn der Abg. Broemel meinte, wir sollen zum Minister sagen: „Excellenz, bitte, lassen Sie regnen,“ so würden wir hinzufügen: „aber nicht zu viel auf einmal.“ Jede einzelne Ermäßigung muß bedacht werden, und die Kommission soll das Sprichwort be⸗ herzigen: Eile mit Weile!

Regierungskommissar Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath Fleck: Ich muß zunächst bemerken, daß der Eisenbahn⸗ Minister von der Mannigfaltigkeit der Eisenbahntarife innerhalb der deutschen Bahnverwaltung nicht sympathisch berührt ist; er hat auch immer dahin gestrebt, daß eine Vereinfachung herbei⸗ geführt wird. Der Antragsteller hat sich auf die Schrift des Geheimen Raths Todt berufen und behauptet, daß die Vorschläge desselben nur 20 000 000 Ausfall ur Folge haben würden. Das ist nicht richtig. Der Aus⸗ fan war für 1883/84 auf 37 000 000 zu berechnen; er

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