miethen, und Vereinigung der Gemeinden Oevelgönne,
Othmarschen und Bahrenfeld mit der Stadtgemeinde und dem Stadtkreise Altona s. w. d. a. Von dem Provinzial⸗Ausschuß waren 14 Berichte und Anträge eingegangen, darunter: Bericht, betreffend die Heranziehung der Fabriken und größeren ewerblichen Anlagen mit Vorausleistungen für den Wege⸗ au, Geschäftsordnung für den Provinzial⸗Ausschuß, Reformirung der provinziellen Wittwen⸗ und Waisen⸗ kasse, Feststellung der Reisekosten und Tagegelder der Land⸗ tagsmitglieder. Von Abgeordneten waren drei selbständige Anträge gestellt worden, und zwar von dem Kammerherrn von Willemoes⸗Suhm, betreffend die Unterstützung des Kreis⸗ und Gemeinde⸗Wegebaues; von dem Freiherrn von Heintze betreffend die Unterstützung der Arbeiterkolonie Rickling (für, die nächsten 4 Jahre ist ein jährlicher Zuschuß von 25 000 ℳ aus provinziellen Mitteln bewilligt); von dem Grafen von Reventlow Wittenberg, betreffend die Beihülfe für das Kaiser⸗ Wilhelm⸗Denkmal (es ist dem Antrage gemäß eine Summe von 125 000 ℳ aus den disponiblen Mitteln der Provinz einstimmig bewilligt worden). Drei Ausschüsse waren nieder⸗ gesetzt worden, im Ganzen waren 18 Petitionen eingegangen und erledigt, ferner wurden zwei Wahlen vorgenommen.
Bayern. München, 15. Februar. (A. Z.) Auf Aller⸗ höchsten Befehl giebt heute der Königliche Oberst⸗Kämmerer bekannt, daß Dienstag, den 18. d., Nachmittags 3 Uhr, in der Königlichen Hofkirche zum heiligen Michael der Beschluß des vierzigstündigen Gebets mit Prozession stattfindet, welchem Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent, wie schon erwähnt, in Begleitung des großen Gefolges bei⸗ wohnen wird.
Baden. Karlsruhe, 15. Februar. (Karlsr. Ztg.) Ihre Großherzogliche Hoheit die Fürstin zu Leiningen reiste heute Nachmittag von hier wieder ab und begab sich nach Amorbach. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin geleiteten Höchstdieselbe zum Bahnhof. Bald darauf begrüßten die Höchsten Herrschaften Ihre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin am Bahnhof bei Höchstderen Rückreise von Königstein nach Freiburg.
Braunschweig. (K.) Braunschweig, 17. Februar. Se. Königliche Hoheit der Regent Prinz Albrecht von Preußen kehrte gestern früh von Erbach hierher zurück. Nachmittags traf Se. Durchlaucht der Prinz Ernst von Sachsen⸗Altenburg zum Besuch bei der Prinzlichen Familie hier ein.
Anhalt. Dessau, 15. Februar. (Anh. St.⸗A.) Ihre Hoheit die Erbprinzessin Leopold hat sich mit der Prinzessin Antoinette Anna gestern nach Neu⸗Strelitz begeben.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 14. Februar. Der Landesausschuß genehmigte heute in zweiter Lesung die Etats des Statthalters und seines Bureaus, des Staatsraths und des Kaiserlichen Raths, der Ver⸗ tretung beim Bundesrath und des Landesaus⸗ schusses, des Ministeriums und der Verwaltung der direkten Steuern, sowie den Gesetzentwurf, betreffend die Verjährung der Fischereifrevel. Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gewährung von Entschädigungen für Viehverluste in Folge von Milzbrand und Rauschbrand, wurde wie auch der Gesetzentwurf, betreffend den Schutz von Vögeln, der 4. Kommission überwiesen. Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Zwangserziehung. Der Abg. Hochapfel trat in wärmster Weise für die Ziele des Gesetz⸗ entwurfs ein und bezeichnete, gestützt auf seine langjährigen Erfahrungen im Schulwesen, die Einführung des Gesetzes als höchst wünschenswerth. Auch die Abgg. Dr. Gunzert und Win⸗ terer erklärten ihre Uebereinstimmung mit den Zielen des Gesetz⸗ entwurfs, worauf der Staatssekretär von Puttkamer Namens der Regierung seiner Genugthuung über die freund⸗ liche Aufnahme Ausdruck gab, welche die Vorlage im Hause gefunden, und daran eine eingehende Darstellung der ganzen Sachlage knüpfte, welche für die Vorlage und bei der Vorlage maßgebend gewesen war; die Vorlage wurde sodann der 2. Kommission überwiesen.
Oesterreich⸗Ungarn. Prag, 16. Februar. (W. T. B.) Eine vom Klub der Jungcezechen in Pardubitz auf den 2. März einberufene Versammlung, in welcher über die politische Situation berathen und ein Vortrag über die nationale Bedeutung von Johann Huß gehalten werden sollte, ist von der Behörde verboten worden.
Budapest, 15. Februar. (Wien. Abdpost.) Das Unter⸗ haus beendete heute die Spezialberathung des Finanz⸗ budgets, worauf Minister Dr. Weckerle das Finanzgesetz pro 1890 unterbreitete, welches dem Finanz⸗Ausschusse zuge⸗ wiesen wurde. Nach demselben betragen die ordentlichen Aus⸗ gaben 330 820 758 Fl., die Uebergangsausgaben 6 474 461 Fl., die Investitionen 12 305 728 Fl., die außerordentlichen gemein⸗ samen Ausgaben 6 214 546 Fl., die ordentlichen Einnahmen 348 134 920 Fl., die Uebergangseinnahmen 7 171 672 Fl., das Defizit daher 508 901 Fl. Dasselbe wird aus den Kassen⸗ beständen gedeckt. Im weiteren Verlaufe der Sitzung ge⸗ nehmigte das Haus die Gesetzentwürfe über die Inartikulirung des in Angelegenheit der Unterstützung nothleidender Seeleute mit Deutschland abgeschlossenen Vertrages und über die im Jahre 1890 vorzunehmende Volkszählung nach kurzer Diskussion.
Behufs Feststellung des Standpunktes der ungarischen Regierung bei den bevorstehenden Verhandlungen, betreffend den Abschluß eines handelspolitischen Ueberein⸗ kommens zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Rumänien, haben, der „Pol. Corresp.“ zufolge, in der letzten Zeit eingehende Berathungen im Schooße des Handels⸗ Ministeriums und des Ackerbau⸗Ministeriums einerseits und unter den genannten Ressort⸗Ministern andererseits statt⸗ gefunden, welche Berathungen nunmehr zum Abschluß gelangt find.
Volosca, 16. Februar. (W. T. B.) Nach dem heute Vormittag über das Befinden des Grafen Andrassy ausgegebenen Bulletin hatte der Kranke in Folge starker Schmerzen eine vollkommen schlaflose Nacht, der Appetit mangelt gänzlich und die Kräfte haben abgenommen.
Großbritannien und Irlaund. London, 15. Februar. (A. C.) Dem gestern in dem hohen Alter von 85 Jahren verstorbenen Farl Sydney widmet der „Hofbericht“ folgenden
chruf: „Die K Nachricht von dem Tode des Earls of Sydney, der so viele Jahre hindurch ihrer Person nahe stand, hohe und wichtige Aemter im Königlichen Hause bekleidete und für den Ihre Majestät die höchste Achtung hatte. Die Königin und ihre Familie betrauern in ihm einen treuen und ergebenen 38 Earl Sydney starb auf seinem Landsitze Frognal in Kent. Der Verstorbene bekleidete sein ganzes Leben hindurch Hofämter und hat seit Georg IV. allen englischen Souveränen in solchen Posten gedient. Während der Jahre 1859—66 und 1868—74 war er Lordkämmerer. Er war der langjährige Rathgeber der Königin in allen ihren 1e selbst nachdem er kein Höofamt mehr
ekleidete.
Die Regierung hat, dem „Standard“ zufolge, bis jetzt
noch keinen Beschluß gefaßt, ob sie auf Grund des Berichts der Parnell⸗Untersuchungs⸗Kommission irgend welche Schritte ergreifen will. In den Kreisen der konservativen Abgeordneten herrscht die Ansicht, daß den Füsrürn der Opposition die Initiative überlassen bleiben solle. Am Montag wird die Opposition weitere Interpellationen an das Ministerium richten. Die Führer der Opposition werden heute eine Berathung pflegen; es ist aber nicht wahrscheinlich, daß sie über ihr Vorgehen Beschlüsse fassen werden, ehe sie die Absichten der Regierung kennen. In der Sitzung des canadischen Hauses der Ge⸗ meinen am 12. d. M. erklärte, wie aus Toronto berichtet wird, der Premier Sir John Macdonald in Beantwortung einer Anfrage: der britische Gesandte in Washington sei noch nicht instruirt worden, daß der zwischen Canada und den Ver⸗ einigten Staaten bestehende modus vivendi betreffs der Fischereifrage beibehalten werden würde.
Aus Melbourne vom 14. Februar meldet ein Tele⸗ gramm des „Bureau Reuter“: Der hier tagende australische Föderations⸗Kongreß wurde gestern zum Abschluß ge⸗ bracht. Es wurden Anträge genehmigt, denen zufolge die Legislaturen der verschiedenen Kolonien im Laufe dieses Jahres Delegirte zu einer nationalen australi⸗ schen Konvention wählen sollen, welche ermächtigt werden wird, die Bundesverfassung auszuarbeiten. Diese Konvention soll aus nicht mehr als sieben Mitgliedern einer jeden sich selbst regierenden Kolonie und nicht mehr als vier einer jeden Kron⸗Kolonie bestehen. Sie wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres zusammentreten.
Frankreich. Paris, 16. Februar. (W. T. B.) Der Präsident Carnot unterzeichnete gestern die Ernennung des Vize⸗Präsidenten im Senat Humbert zum ersten Prä⸗ sidenten des Rechnungshofes.
Die „République française“ sagt, die Initiative des Deutschen Kaisers in der Arbeiterfrage sei ein wichtiger Akt, der Frankreich die Pflicht auferlege, den Problemen eine beständige Aufmerksamkeit zu widmen.
Das „Mémorial diplomatique“ äußert bezüglich der Einladung zur Konferenz, die Regierung wolle, bevor sie eine Entscheidung treffe, noch abwarten, ob die Schweiz ihre Ein⸗ ladungen für die Berner Konferenz aufrecht erhalte, ferner glaube die Regierung, mit den übrigen zur Berliner Konferenz geladenen Kabineten einen Meinungsaustausch über die zu formulirenden Re⸗ serven und etwa erwünschte Abänderungen des Konferenzprogramms vornehmen zu sollen; es wäre also voreilig, zu behaupten, Frankreich werde die Einladung Deutsch⸗ lands zur Konferenz ablehnen. 1
Wie verlautet, soll die Regierung in Folge der in den letzten Tagen stattgefundenen Manifestationen entschlossen sein, den Herzog von Orleans so lange in Gewahrsam zu halten, bis die ganze Affaire von der öffentlichen Meinung und der Presse nicht mehr besprochen wird; sodann solle der Herzog, ohne daß Jemand davon vorher verständigt würde, über die Grenze gebracht werden. 1
Nächsten Dienstaa wird der Ministerrath über das Gefängniß, wo der Herzog von Orleans fernerhin internirt bleiben soll, eine Entscheidung treffen.
Bei den heute stattgehabten Ersatzwahlen für die von der Kammer ungültig erklärten Mandate erhielten: Im 5. Arrondissement von Paris der Boulangist Naquet 3840, der Radikale Bourneville 2575, der Opportunist Delombre 1761 Stimmen; es ist also eine Stich⸗ wahl erforderlic. Im 13. Arrondissement wurde
der Boulangist Mery mit 5712 Stimmen gewählt, der
Arbeiter⸗Kandidat Basly erhielt 5603 Stimmen. Bei der Wahl in Neuilly wurde der Boulangist Laur mit 10 191 Stimmen gewählt gegen Lissagaray, welcher 4953 Stimmen erhielt. In Pantin wurde der Boulangist Goussot mit 4514 Stimmen gewählt; Pean erhielt 3541 Stimmen. In St. Déenis wurde der Boulangist Revest mit 8401 Stimmen gewählt; auf Lourdelet fielen 5095 Stimmen. In Sceau wurde der Boulangist Belleval mit 11 022 gegen Goblet mit 9829 Stimmen gewählt. In Nantes wurde an Stelle des verstorbenen Republikaners Lebaudy der Republikaner Lebaudy (Sohn) mit 7771 Stimmen gegen Bunau Vacilla (Radikal), welcher 4662 Stimmen erhielt, gewählt. In Castelsarrazin wurde der Opportunist Lasserre mit 10 674 Stimmen gewählt. Der Radikale Mauvoisin erhielt 6764 Stimmen. In Ajaccio wurde der Radikale Ceccaldi mit 6237 Stimmen gegen den Kon⸗ fervatipen Grafen Multedo, welcher 5973 Stimmen erhielt gewählt. Die Wahlbetheiligung war geringer als bei den ur⸗ sprünglichen Wahlen. Ruhestörungen sind von nirgends her gemeldet.
Italien. Rom, 16. Februar. (W. T. B.) König Humbert hat für ein “ Cairoli in Pavia zu errichtendes Denkmal 10 Fr. gespendet.
4 Schweiz. Bern, 15. Februar. Der „Bund“ schreibt: „Immer wieder wird die Frage erörtert, ob die Schweiz an ihrer Konferenz (betreffend den internationalen Arbeiter⸗ schutz) festhalten werde. Sie wird daran festhalten, falls nicht eine Verständigung mit den eingeladenen Mächten eine andere Lösung als wünschbar oder zweckmäßig erscheinen läßt. An den auswärtigen Staaten ist es, auf die Einladung der Schweiz zu antworten.“ In der Sitzung vom 14. d. hat der Bundesrath, demselben Blatt zufolge, die Antwort an Deutschland auf die Einladung zur Theilnahme an der internationalen Arbeiterschutz⸗Konferenz festgestellt.
— 16. Februar. (W. T. B.) In seiner Antwort an Deutschland auf dessen Einladung zu der internatio⸗
igin empfing mit tiefer Betrübniß die
8
nalen Arbeiterschutz⸗Konferenz erkennt der Bundes⸗
rath an, daß das Vorgehen Deutschlands nicht be⸗ zwecke, der Berner Konferenz entgegenzutreten, sondern geeignet sei, die Lösung derjenigen Fragen, zu welcher die Schweiz die Initiative ergriffen habe, zu be⸗ schleunigen. Obwohl grundsätzlich mit dem Vor⸗ ehen der deutschen Regierung einverstanden, er⸗ sucht der Bundesrath dieselbe doch um nähere Mittheilungen über die Form, in welcher die Konferenz abgehalten werden dc gevie über das Datum und das Programm für ieselbe.
Niederlande. Amsterdam, 14. Februar. (Köln. Ztg.) Wie das im Haag erscheinende „Vaderland“ mittheilt, hat der deutsche Gesandte, Baron von Saurma⸗Jeltsch, von der niederländischen Regierung die vorläufige Zusage empfangen, daß sie ihrerseits bereit sei, zu einer inter⸗ nationalen Regelung der Arbeiterverhältnisse mitzuwirken. Der Schritt des Deutschen Kaisers ist auch von der hiesigen Presse sehr beifällig aufgenommen worden.
Bulgarien. Sofia, 14. Februar. Wie die „Pol. Corresp.“ erfährt, hat der Prinz Ferdinand die beabsichtigte Uebersiedelung nach Philippopel vorläufig aufgegeben.
Amerika. Washington, 15. Februar. (R. B.) Der Senat berieth gestern wieder über den Auslieferungs⸗ vertrag mit Großbritannien, ohne jedoch einen Beschluß zu fassen. Genehmigt wurde eine Resolution zu Gunsten eines internationalen Schiedsgerichts zur Schlichtung von Differenzen zwischen Nationen. — Das Repräsentantenhaus nahm die neue Geschäftsordnung an. Ein Ausschuß des Hauses hat sich zu Gunsten der Abhaltung der geplanten internationalen Ausstellung in New⸗York im Jahre 1892 geäußert und bezügliche Vorlagen eingebracht. Der hnsschliß. überläßt indeß die Wahl des Platzes dem
ongreß.
— (W. T. B.) Der Kongreß hat den Amendements des Senats zu der Vorlage, betreffend die Erhebung eines Eingangszolls von 50 Proz. auf seidene Bänder, zugestimmt.
Alfrika. Sansibar. Ueber den Tod des Sultans liegen in der „Times“ folgende nähere Nachrichten vor:;
Sansibar, 13. Februar. Der Sultan Seyyid Khalifa ist heute Nachmittag um 1 Uhr plötzlich in seinem 7 Meilen von Sansibar entfernten Landhause Chug Wani gestorben. Sein Tod war für Jeden unerwartet. Die Nachricht wurde seinem Bruder Seypid Ali per Telephon gemeldet. Mittlerweile versammelten sich die arabischen Notabeln ohne Einladung und erwählten einstimmig Seyyid Ali zum Sultan. Um 5 Uhr Nachmittags sandte Seyyid Ali ein Rundschreiben an alle Vertreter des Auslandes, worin er seine Thronbesteigung ankündigte. Es heißt, daß keiner von den Konsuln Anweisung besaß, ob der neue Sultan anzuerkennen sei. Die Leiche Seyyid Khalifa's langte um 4 Uhr Nachmittags auf einem Wagen im Palast an, und um 6 Uhr Abends wurde sie schon begraben. Unmittelbar nach ihrer Ankunft stellte der Arzt des britischen General⸗Konsulats, Charlesworth, unter Beihülfe eines Marine⸗Arztes und unter Zu⸗ stimmung der Verwandten des Sultans eine sorgfältige Untersuchug an. Das Ergebniß der letzteren war, da der Sultan einem Sonnenstich ist ruhig. Zwei britische Kanonenboote haben der Stadt gegenüber geankert, und das Kriegsschiff „Garnett“ ist heute Abend nach Mombassa gesegelt, um dort für Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. In der Stadt sind überall eingeborene Soldaten auf Posten aufgestellt und auch die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln zum Schutze der Missionsstationen getroffen worden. Der „Satellit“ ist nach England gesegelt und die „Calliope“ geht am Sonnabend eben⸗
falls dahin ab. 8
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der im 3. Frankfurter Wahlbezirk (Bärwalde —Neu⸗ mark) stattgefundenen Ersatzwahl für den verstorbenen Land⸗ rath von Gerlach ist der Freiherr von Dobeneck auf Reh⸗
dorf, konservativ, mit 230 Stimmen zum Mitgliede des
Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
Zeitungsstimmen.
schreibt die„ Danziger Allgemeine Zeitung“ zu der Wahlen:
„Am Donnerstag, 20. Februar, hat jeder zum Wählen berechtigt Deutsche die Pflicht, sein Wahlrecht auszuüben. Für diesen einen Ta giebt es keine höhere Pflicht, und Niemand, der sein Vaterland lie hat, sollte — gleichviel, ob er sich sonst um politische Dinge kümmer oder nicht — sich an diesem Tage durch irgend etwas abhalten lassen sich der geringen Mühewaltung des Wählens zu unterziehen und hier mit ein im Verhältniß zu den möglichen Folgen des Wahlergebnisse
geringes Opfer für König und Vaterland, für Kaiser und Reich zu
bringen.
besteigung fortwährend und ununterbrochen Beweise seiner rastlosen Thätigkeit in Ausübung seines hohen Berufes abgelegt hat. Kein
Mühewaltung ist ihm zu groß, wenn es gilt, die ernsten Pflichten,
die ihm sein hohes Amt auferlegt, zum Besten seines Volkes zu er füllen; unablässig sorgt, denkt und handelt Kaiser Wilhelm für da
Wohl seines Landes, kein Opfer scheuend in der Verfolgung der hohen Ziele, welche er sich gesteckt; niemals hat der Kaiser sich davon durch
persönliche Unbequemlichkeit abhalten lassen; er hat sein ganzes Ich dem Dasein seines Volkes gewidmet und stets gezeigt, daß er ei ganzer Mann ist und als solcher auch zu handeln versteht.
Dieses glänzende Beispiel der Pflichterfülung wird gewiß von segensreichem Einfluß auf alle Volksklassen in Ausübung ihres bürge- lichen Berufs sein, und geschieht dies, so dürfen wir uns glücklich
preisen. In Erfüllung aber der einen kleinen politischen Pflicht,
welche jedem Bürger diesmal für den 20. Februar auferlegt ist, sollte auch nicht ein einziger des hohen Beispiels des Kaisers vergessen: es ist ein mübeloses geringes Opfer des Dankes, welches er hiermit dem Kaiser für dessen rastlose Thätigkeit zum Besten des Volkes bringen
würde. Es sind die ersten Wahlen für den Reichstag, welche unter dem
Regiment des Kaisers Wilhelm vollzogen werden. Das Volk hat
nunmehr zum ersten Male in seiner Gesammtheit Gelegenheit, durch
die That das Vertrauen zu bekunden, welches es für die im In⸗ und
Auslande bewunderte, echt volksfreundliche Politik seines Kaisers im
Herzen trägt. Sollen dieser Politik, sollen dem jugendlich kraftvollen Schaffen des Herrschers Hindernisse in den Weg gelegt werden, solle wir uns Angesichts der wichtigen Aufgaben, welche die Förderun des Volkswohls betreffen, in fruchtlosen inneren Parteikämpfen auf reiben und hiermit das Deutsche Reich nach innen und außen lähmen Oder wollen wir, daß das Vertrauen zwischen Regierung und Volks vertretung, ihr gemeinsames einträchtiges Zusammenwirken, welches bisher das Wohl des Volks so kräftig gefördert und das Ansehen
erlegen sei. Die Stad:
Unter der Ueberschrift: „Für Kaiser und Reich“
An der Spitze des Reichs steht ein Kaiser, der seit seiner Thron⸗ 1
des Reichs auch im Auslande so mächtig gehoben hat, erhalten
bleibt?
Ein jeder lege sich diese Fragen vor, um zu wissen, was er am Donnerstag zu thun hat. Um diejenigen, welche sich Tag für Tag um politische Dinge kümmern, ist uns nicht bange, — sie werden auch unaufgefordert ihre Wahlpflicht ausüben, und namentlich werden die ewig Unzufriedenen, die noch dazu durch jegliche Art von Agitation aufgestachelt sind, in hellen Haufen zur Wahlurne laufen. Der 20. Februar ist aber nicht nur ein Tag für die professionellen Politiker, sondern für Jedermann aus dem Volk, ganz besonders aber für diejenigen, welche mit den gegenwärtigen Verhältnissen zufrieden sind und sich in dem Glücke sonnen, das sich hiermit über ihre eigenen Verbältnisse ausgebreitet hat. Wenn diese am 20. Februar ihre Pflicht und Schuldigkeit nicht thun, dann versün⸗ digen sie sich an dem Reich wie an ihren eigenen Verhältnissen, die selbst alsbald werden zu leiden beginnen, wenn Hader und Zwietracht das Reich hindern, auf der betretenen Bahn fortzufahren. In der Hand dieser liegt es, eine Volksvertretung aus den Wahlen hervor⸗ gehen zu lassen, welche dem Kaiser die Erreichung seiner allein auf das Volkswohl gerichteten Ziele ermöglicht. Am 20. Februar darf keiner von ihnen an der Wahlurne feblen, keiner darf sich der Er⸗ füllung seiner Wahlpflicht entziehen, keiner darf sich durch eine persön⸗ liche Unbequemlichkeit abhalten lassen, seine Stimme für Kaiser und Reich abzugeben.
Zum ersten Mal wird der Reichstag für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Also erst in fünf Jahren braucht der Reichstags⸗ wähler wieder seiner Wahlpflicht sich zu erinnern. Wahrlich eine kleine Mühe, die kaum ins Gewicht fällt gegenüber den Folgen, welche eine Versäumniß nach sich ziehen würde. Kommen die gegne⸗ rischen Parteien, voran Sozialdemokratie und Freisinn, zur Majorität, so werden allerdings die Wähler nicht so bald zur Ruhe kommen. Denn mit einem solchen Reichstage würde nichts anzufangen sein. Vor solchen Folgen sich zu schützen, liegt in der Hand eines jeden Wählers: sein Protest gegen Freisinn und Sozialdemokratie schafft ihm Ruhe und bürgt für eine glückliche Förderung des Wohles von Volk und Reich. 8
Möchte der 20. Februar ein Tag des Segens sein, wie es der 21. Februar 1887 war! Damals schaarte sich das Volk um Kaiser und Reich, und der große Kaiser hatte die Genugthuung, die letzten Tage seines Lebens durch jene Volkskundgebung verschönt zu sehen. Sorgen wir dafür, daß die Abstimmung am 20. Februar dieses Jahres ein Willkommengruß für seinen Enkel werde und ein beredtes Zeugniß wider alle die Elemente ablege, welche am 21. Februar 1887 aufs Haupt geschlagen wurden. Wohlan denn, thue Jeder an diesem Tage seine Pflicht mit Gott für Kaiser und Reich!“
Zu den Wahlen schreibt ferner die „Karlsruher Zeitung“: . „ Die bevorstehenden Wahlen nehmen eine besondere Bedeutung in Anspruch. Der Reichsgesetzgebung sind neue große Aufgaben ge⸗ stellt, deren Lösung dem jetzt zu wählenden Reichstage zufallen wird. Mit der fortschreitenden Entwickelung des modernen Staats erweitern sich auch die Gebiete der staatlichen Fürsorge, der Gesetzgebung erschließen sich neue Bahnen und große, tiecf mit der Wohlfahrt der gesammten Nation wie mit den Lebens. und Erwerbsverhältnissen des Einzelnen zusammenhängende Fragen drängen ihrer Lösung entgegen. Es handelt sich zumal darum, zugleich mit dem äußeren Frieden den inneren Frieden des Reiches zu fördern und den sozialen Gegensätzen ihre Schärfe zu nehmen. Dazu aber ist ein Reichstag erforderlich, der die verbündeten Regierungen in ihren Bestrebungen wirksam unterstützt. Die Nothwendigkeit, in Gemeinsamkeit mit den Vollzugsgewalten des Reichs dahin zu streben, daß Friede und Ordnung erhalten bleibt und daß berechtigte Forderungen der arbeitenden Klassen auf gesetzlichem Wege verwirklicht, aber auch starke Bürgschaften zum Schutze der bestehenden Staats⸗ und Gesellschaftsordnung ge⸗ schaffen werden, hat, wie im Jabre 1887 die Sorge für die Aufrecht⸗ erhaltung des äußeren Friedens, so heute die gemäßigten Parteien vereinigt. Um die Gesetzgebung in den Stand zu setzen, den großen Forde⸗ rungen der Zeit zu entsprechen, müssen die verbündeten Regierungen eine feste Stütze an der Reichstagsmehrheit finden, und ihr eine solche Stütze zu verschaffen ist der leitende Gedanke, welcher die Verbindung der staatserhaltenden Parteien hervorgerufen hat. Ohne ein gedeihliches und ernstes Zusammenwirken des Reichstages mit den Bundesregierungen würden die Auf⸗ gaben ungelöst bleiben, deren Bewältigung allein dem Deutschen Reich eine ruhige und gesicherte Zukunft verbürgt. Ohne ein solches Zusammenwirken würden die Gefahren, welche die Machtstellung und die Ruhe Deutschlands umlauern, immer drohender das Haupt erheben. Das Deutsche Reich auf der Höhe eines starken, freien und die Wohlfahrt Aller verbürgenden Gemeinwesens zu erhalten, liegt in der Hand des Reichs⸗ tags und, da der Reichstag nur die frei gewählte Vertretung der Nation ist, jetzt vor Allem in der Hand der Wähler. Diese Erkenntniß muß aber Jeden daran mahnen, daß das Wahlrecht zugleich eine Wahlpflicht ist und daß es von der gewissenhaften Ausübung dieser Pflicht abhängt, ob die Zusammensetzung einer neu zu wählenden Volksvertreturg wirklich die Meinung der Nation zu unverfälschtem Ausdruck bringt oder nicht. Nicht für ihn allein, sondern für die Gesammtheit der Nation ist dem Einzelnen das Wahlrecht gegeben, Jeder trägt — und zwar Jeder im gleichen Maße — mit an der Verantwortung für die Gestaltung unseres parlamentarischen Lebens. Die maßlose Heftigkeit, mit welcher die gegnerischen Parteien auftreten, macht es Allen, die in dem Zu⸗ sammenwirken des Reichstages mit den verbündeten Regierungen die Vorbedingung einer gesegneten politischen Thätigkeit erblicken, zur unabweisbaren Pflicht, ihr Wahlrecht auszuüben und die nationalen Bestrebungen der regierungsfreundlichen Parteien zu unterstützen.“
Unter der Ueberschrift: „Steuerdruck und Militär⸗ last“ bringt die „Leipziger Zeitung“ folgenden Artikel: „Bereits bei den Wahlen von 1887 durften bekanntlich die „riesenhaften“ Ausgaben des Deutschen Reichs für militärische Zwecke und der „unerhörte“ Druck, namentlich der indirekten Abgaben, die auf uns lasten, in keinem Aufrufe der sozialdemokratisch⸗freisinnigen Bruderschaft fehlen. Kein Land der Erde sollte angeblich soviel für diese „unfruchtbaren“ Zwecke opfern, kein Land in 6 hohem Grade die nothwendigsten Lebensbedürfnisse und Massenverbrauchsartikel mit Abgaben belasten wie Deutschland. Indeß die Lüge hatte kurze Beine. Die angesehensten Finanzstatistiker, Schäffle,
von Kauffmann, Gerstfeld ꝛc. unterzogen sich der zeitraubenden Ar⸗
beit, auf Grund der zuverlässigsten Unterlagen für alle in Betracht kommenden größeren Staaten die Kopfbeträge sowohl der Steuern als der Ausgaben für militärische ꝛc. Zwecke zu berechnen, und fanden, daß in allen diesen Beziehungen Deutschland bei weitem die günstigsten, das von den Herren Bebel u. Gen. gefeierte Frankreich dagegen die ungünstigsten Ziffern aufwies. So betrug, um nur Einiges zu erwähnen, die Gesammtsteuerlast in Frankreich 52,24 ℳ, in Oester⸗ reich 21,04 ℳ, in Deutschland nur 15,14 ℳ, und der gesammte Militär⸗ aufwand in Frankreich rund 20 ℳ, in Deutschland noch nicht ganz 10 ℳ auf den Kopf. An Verbrauchsabgaben, Stempeln und Ge⸗ bühren wurden auf den Kopf der Bevölkerung erhoben: in Frank⸗ reich 40,24 ℳ, in Oesterreich 14,13 ℳ, in Deutschland dagegen nur 8,88 ℳ Ging man weiter auf die einzelnen Verbrauchsgegenstände ein, so blieben die deutschen Abgaben hinter den französischen meist um das Doppelte bis Dreifache, bei einigen, so beim Taback, bis zum Siebzehnfachen zurück.⸗ 1
Seitdem sind ja nun auch in Deutschland sowohl die Ausgaben für militärische Zwecke als auch einzelne Verbrauchsabgaben gestiegen, bis auf den Pfennig genau werden daher die obigen Kopfbeträge heute auch für Deutschland nicht mehr zutreffen. Das Verhältniß der⸗ selben zu den entsprechenden Ziffern unserer Nachbarstaaten wird jedoch im Wesentlichen geblieben, und kann in keinem Fall für uns ungünstiger geworden sein, weil das Deutsche Reich bekanntlich nicht zu seinem Vergnügen, sondern nur um mit seinen Gegnern Schritt zu balten, zur Erhöhung der A sgaben für
zur höheren Belastung einiger Verbrauchsartikel geschritten ist, die Ziffern somit auch auf der anderen Seite, und zwar mindestens 8 höchstwahrscheinlich aber in höherem Verhältniß ge⸗ stiegen sind. 8
Man darf daher mit Sicherheit annehmen, daß Deutschland, wie in Bezug auf die Gesammtbelastung, so namentlich auch bezüglich der Ausgaben für Militärzwecke, auch jetzt noch unter allen Großstaaten die niedrigsten Ziffern hat und in Bezug auf die Höhe seiner in⸗ direkten Abgaben hinter den meisten Staaten, binter Frankreich auch jetzt noch um mindestens das Vierfache, zurücksteht.
Daß diese Annahme übrigens nicht jeder ziffermäßigen Unterlage entbehrt, beweist eine neuere, wieder außerordentlich mühevolle und sorgfältige Arbeit von Kauffmann’s. Auch diese Arbeit berechnet auf Grund des beigebrachten Zahlenmaterials die Kopfbeträge, und zwar nach den Voranschlägen für 1888/89. Berücksichtigt sind dabei zu⸗ gleich die Steuern und Ausgaben der Provinzen, Kreise und Ge⸗ meinden, und nur wo es an zuverlässigen Unterlagen fehlte, ist zur Schätzung geschritten worden. Aus den Ergebnissen greifen wir Folgendes heraus. Auf den Kopf der Bevölkerung kamen:
e ö ür G
ilitä öffentliche Militärzwecke Schulden
ℳ ℳ
Steuern
Frankreich Großbritannien. Oesterreich It .“ 1116161“ 9 Deutschland (Preußen). 7,9
Aus der vorstehenden Tabelle ergiebt sich, daß Deutschland so⸗ wohl für Militärzwecke als zu Zwecken der öffentlichen Schuld unter allen Großstaaten am Wenigsten ausgiebt, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß die hier mit eingeschlossenen Schulden der deutschen Einzel⸗ staaten fast ausschließlich zu produktiven (Eisenbahn⸗ ꝛc.) Zwecken aufgenommen sind. Frankreich trägt eine Steuerlast, welche die deutsche um mehr als das Doppelte übertrifft, und auch die Steuer⸗ last Englands ist nahezu doppelt so hoch wie die deutsche.“
—₰
0090 S.90,988,8 doSSSOS
—
7
—,—
7
—
7
2 4 2, 7 9
—
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Ein eingetragenes zusammengesetztes Waarenzeichen (Bild und Worte ꝛc.) ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strassenats, vom 7. Oktober 1889, stets als ein rechtlich Suntrennbares Ganzes, als ein einziges Waarenzeichen zu erachten, wenn nur zwischen den einzelnen Bestandtheilen ein äußerer Zusammen⸗ bang erkennbar vorhanden ist; unerheblich ist, ob die Verbindung jener Bestandtheile eine innige oder eine nur lose zu nennen ist. Eine fremde Nachahmung eines solchen zusammengesetzten Zeichens liegt dann vor, wenn die Gesammterscheinung dieses Zeichens in einer das nicht mit besonderer Sorgfalt prüfende Publikum täuschenden Weise nachgeahmt ist.
— Die im §. 95 des Reichs⸗Unfall⸗Versicherungsgesetzes ausge⸗ sprochene Befreiung des Betriebsunternehmers von der Haftpflicht für die von ihm nicht vorsätzlich herbeigeführten Unfälle erstreckt sich hinsichtlich der Hinterbliebenen des durch einen Betriebsunfall Verunglückten nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, II. Civilsenats, vom 15. November 1889, auf diejenigen Fälle, in welchen den Hinterbliebenen das Unfallversicherungsgesetz einen Entschädigungtanspruch gewährt. In den Fällen aber, in welchen die Hinterbliebenen gesetzlich nicht versichert sind (beispielsweise Eltern eines Verunglückten, der nicht ihr einziger Ernährer gewesen), haftet der Betriebsunternehmer nach dem Reichshaftpflicht⸗ gesetze den Hinterbliebenen gegenüber.
— Die Straflosigkeit der zur Wahrnehmung berech⸗ tigter Interessen vorgebrachten, an und für sich beleidigenden Aeußerungen (§. 193 Str. G.⸗B) wird nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 5. Dezember 1889, dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Aeußernde sich des beleidigenden Inhalts seiner Aeußerung bewußt gewesen; nur die auf Beleidigung gerichtete Absicht hebt die Straffreiheit der zur Wahrnehmung berechtigter Interessen geäußerten Beleidigung auf.
— Eine in einer Zeitschrift enthaltene Lebensbeschreibung, welche über Erlebnisse einer geschichtlichen Person einen wahrheits⸗ getreuen Bericht in klarer, schmuckloser Form zu geben bezweckt, fällt nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Straf⸗ senats, vom 10. Dezember 1889, nicht unter die gesetzlich gegen Nachdruck geschützten „novellistischen Erzeugnisse“ (§. 7b. des Nachdrucksgesetzes vom 11. Juni 1870). Eine Lebensbeschreibung aber, welche in erster Linie die Unterhaltung des Lesers CEC1“ zu sein) bezweckt, deren historischer Stoff künstlerisch gestaltet ist und die sich demzufolge wie eine erzählende Prosadichtung liest, ist als novellistisches Erzeugniß gegen Nachdruck geschützt. — „Der Begriff der Novelle läßt sich keineswegs aus feststehenden Begriffen ableiten, er ist vielmehr ein durch eine lange historische Entwickelung gegebener. Seine Bedeutung war im Laufe der Jahrhunderte und in der Literatur der einzelnen Völker verschieden und kann eine weitere Aenderung er⸗ leiden, sofern die epische Erzählung neue Bahnen einschlagen sollte. Derartige Begriffe dulden nicht eine scharfe Umgrenzung. Das zeigt auch die in dem Gutachten des Sachverständigen⸗Vereins ver⸗ suchte Definition. Jedenfalls sind solche Begriffe zur Ver⸗ werthung in der Rechtsübung wenig geeignet. Deshalb hat der III. Strafsenat in dem Urtheil vom 17. November 1886 vorgezogen, den Begriff „novellistischer Erzeugnisse“, dessen Tragweite in der Gesetzgebung nicht über Zeitungsartikel hinausgeht, aus den Gepflogenheiten der Journalistik und aus dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck zu erklären. Auf diesem Wege ge⸗ langt der bezeichnete Senat zu der Ansicht, daß unter einem novel⸗ listischen Erzeugnisse in §. 7 b a. a. O. eine erzählende Prosadichtung zu verstehen sei. Dieser Auffassung hat sich der I. Strafsenat des R.⸗G. in dem Urtheil vom 2 Mai 1889 angeschlossen, und auch der II. Strafsenat hat kein Bedenken getragen, derselben beizutreten. Da der Begriff einer „Lebensbeschreibung“ sich aus dem Worte selbst er⸗ giebt, reicht die im ÜUrtheil v. 17. November 1886 gegebene Definition aus, den Unterschied zwischen „„Lebensbeschreibungen“ und „novellistischen Erzeugnissen“ zu bestimmen. Der Inhalt der Lebensbe⸗ schreibung ist durch geschichtliche Vorgänge gegeben; sobald der Biograph erfindet, wird er seiner Aufgabe untreu. Dagegen kann die erzählende Prosadichtung vollständig der Phantasie des Verfassers entsprungen stin. Befaßt sich die Prassdictung mit historischen Per⸗ sonen und Begebenheiten, so ist sie berechtigt, die aus den Quellen der Geschichte geschöpften Nachrichten mit dichterischer Freiheit zu er⸗ gänzen und zu verändern, sofern dies ihr Zweck erfordert. Der Bio⸗ graph verfolgt den Zweck, über Erlebnisse einen wahrheitsgetreuen Be⸗ richt zu geben. Die Novellistik, 1 sie sich die höchsten ihr erreich⸗ baren Ziele setzt, steht im Dienste der Schönheit, häufig bezweckt sie
aber lediglich nur die Unterhaltung des Lesers durch Beschäfti⸗ ung der Einbildungskraft desselben. Die Verschiedenbeit des weckes beeinflußt auch die Behandlungsweise. Die Lebensbeschreibung bevorzugt diejenige Ordnung des Stoffes, welche das klarste Bild giebt, und verträgt einen einförmigen, trockenen und schmucklosen Stil. Die Novellistik strebt in erster Linie nach künstlerischer Ordnung und Gestaltung des Stoffes und wirkt durch eine nach dem Gegenstande wechselnde, bald lebhafte, bald figurenreiche, bald pikante oder auch drastische Schreibweise. „Lebensbeschreibung“ und „novellistisches Er⸗
ilitärische Zwecke und
zeugniß“ sind danach nicht diametral entgegenstehende, einander aus⸗ so ließende 2 kegriffe, sie haben vielmehr ein gemeinsames Grenzgebiet.
1 It
Ist ein Zeitungsartikel zugleich als eine „Lebensbeschreibung“ und als ein „novellistisches Erzeugniß“ anzusehen, so genießt er wegen letzterer Eigenschaft den Schutz gegen Nachdruck gemäß §. 7 b. des Gesetzes. Aus dem Vorstehenden erhellt, daß der erste Richter den Rechtsbegriff mnovellistisches Erzeugniß“ zu eng begreszt, indem er denselben an die Bedingung knüpft, daß der Inbalt des Erzeugnisses ganz oder theil⸗ weise der Phantasie des Verfassers entsprungen seiw-...
Theater und Musik.
Deutsches Theater. “
„ Adolf Wilbrandt'’s Lustspiel „Der Unter⸗Staats⸗ sekretär“, welches vorgestern zur ersten Aufführung gelangte. fand bei den Zuschauern eine sehr freundliche Aufnabme. Der Grund⸗ gedanke der Handlung ist ein interessanter und origineller und wird in den Hauptpersonen in scenischer und dialogischer Beziehung gefällig und wirkungsvoll durchgeführt. Die Handlung ist klar und einfach fast zu einfach, denn das Endziel derselben steht dem Aufmerksamen schon im ersten Akt klar vor Augen. Scher; und Ernst erscheinen in angenehmer Mischung; manches geistreiche Scherzwsrt und manche fein erdachte, humorvolle Scene weckten einen erheiternden Widerhall im Publikum, sodaß sich eine behagliche Stimmung im Hause ausbreitete. b 8
8 Der Oberst Felsing hat sich nach seiner Verabschiedung in eine Provinzialstadt nabe der Seeküste zurückgezogen; in seinem Hause finden wir einen Sohn, eine Tochter und eine Pflegetochter Der Sohn schwärmt für demokratische Ideen, für welche er gern auch journalistisch thätig sein möchte; da ihm hierzu die schriftstellerische Begabung fehlt, überredet er seine geistvolle Schwester Marianne welche gleichfalls für jene unbestimmte Freiheit, die so oft in unklaren Köpfen Unheil anrichtet, schwärmt, die von dem Bruder übernommenen Gedanken in feuilletonistischen Artikeln zu behandeln. Jene Artikel aber wenden sich namentlich gegen den Titelhelden, den Unter⸗Staats⸗ sekretär von Stargard, welcher unter falschem Namen sich als Begleiter der Pflegetochter in das Haus des Obersten eingeführt hat. Es be⸗ ginnt nun zwischen dem Unter⸗Staatssekretär und der sungen Artikel⸗ schreiberin ein interessanter Kampf, aus dessen geistvollen Wort⸗ gefechten der Dichter den Unter⸗Staatssekretär als Sieger hervorgehen läßt, denn der weibliche Politiker entbrennt in Liebe für den Mann, den sie unwissentlich mit den Waffen der Satire in der Oeffentlichkeit bekämpft.
Alle Personen, welche neben diesen beiden, im Mittelpunkt der Handlung stehenden, auf der Bühne erscheinen, können unser Interesse weniger oder garnicht gewinnen. Schon die Gestalt der Marianne ist etwas unwahrscheinlich; aber der Dichter hat derselben sein bestes Können zugewendet; es ist wenigstens eine fesselnde, geistvolle Mädchennatur, welche uns in derselben gegenüber⸗ tritt. Wenn nun die Verkörperung dieser Gestalt einer so aus⸗ gereiften Künstlerin voll Temperamnent, feuriger Beredsamkeit, Lebendigkeit, Jugendfrische und feinem Taktgefühl anvertraut wird, wie es Frl. Sorma ist, so hat der Dichter gewonnenes Spiel. Auch noch die Person des „Unter⸗S sekretärs“ kann als eine in der Charakterzeichnung wohlgelungene bezeichnet werden, und auch ihr ist ein hoher Grad von geistiger Frische und Naturtreue eigen, wenn auch der Zuschauer manchmal den Eindruck empfängt, als wäre seine junge Widersacherin geistvoller als er selbst; im Moment der Ent⸗ scheidung wenigstens hätte der Staatsmann weniger seine gute Ab⸗ sicht, denn die ist selbstverständlich, betonen, sondern seine stärkeren und darum besseren Gedanken entwickeln sollen und können. Hier⸗ durch allein konnte der Gedankeninhalt des Lustspiels vertieft und über ein gutes Mittelmaß binausgehoben werden. Hr. Nissen gab diese Titelrolle vornehm und wirkungsvoll im Wesen und Benehmen.
Neben der Haupthandlung bewegen sich noch zwei Nebenhandlungen, deren Personen nur oberfläclich charakterisirt und theilweise bis zur Unglaubwürdigkeit verzeichnet sind. Eine junge, beirathslustige und geistvolle Wittwe schwankt in ihrer Wahl zwischen einem reichen Dummkopf und dem Unter⸗Staatssekretär und entscheidet sich schließlich für den ersteren. Jener reiche Mann soll ein neu geadelter Finanz⸗ mann sein; man kann sich einen solchen gewiß als eitel bis zur Narrheit, als hochmütbig und dummstolz vorstellen; aber stupide, wie der in Rede stehende Hr. v Wachsmuth pflegen solche Leute nicht zu sein, sondern im Gegentbeil weltklug und von klarem Verstande. Ist schon diese Gestalt röllig unklar, so ist es noch mehr der demokratische Sohn des Obersten, der seine Pflegeschwester liebt und mit aller Gewalt nicht erkennen will, daß er wieder geliebt wird, sodaß das junge Mädchen sich entschließt, das Examen als Lehrerin zu machen und natürlich durchfällt Die Scene der Rück⸗ kehr des jungen Mädchens in das Haus ihres Pflegevaters darf als die schwächste des Stuüͤcks bezeichnet werden und hätte beinahe den letzten Akt völlig verdorben. Nur dem Umstande, daß zum Schluß die beiden Hauptpersonen noch einmal in Aktion treten und dem hinreißenden Spiel des Frl. Sorma ist es zu danken, daß man sagen konnte „Ende gut, Alles gut.“
Was die Darstellung, abgesehen von den beiden bereits gekenn⸗ zeichneten Hauptpersonen anbetrifft, so that Jeder an seinem Platze seine Schuldtakeit. Mit vielem Humor und Anstand gab Hr. Merten den reichen Hrn. v. Wachsmuth, ohne jedoch den in der Rolle liegen⸗ den Fehler der Unwahrscheinlichkeit gänzlich verwischen zu können. Hr. Patry sgab den alten Oberst in den gewohnten Formen. Die schwächliche Rolle der Pflegetochter wurde von Frl. Rhoden ver⸗ ständig wiedergegeben; denn es ist nicht Schuld der Darstellerin, daß sie manchmal einfältig erscheint. Aus dem Sohn des Obersten, Kurt, wutzte Hr. Wessels ebenso wenig etwas zu machen wie die Zuschauer. Die heirathslustige Wittwe gab Frl. Meyer recht ge⸗ fallig und mit feinen Manieren. Der Beifall, welchen das Lustspiel nach jedem Aktschluß fand, rief den Dichter jedes Mal vor die Gardine.
Frl. Maria Ortwin wird nach mehrmonatlicher Krankheit in dieser Woche in der am Mittwoch stattfindenden Aufführung von „Der Pfarrer von Kirchfeld“ zum ersten Mal wieder die Rolle der Anna Birkmeier spielen, um dann ihre Thätigkeit in vollem Umfange aufzunehmen.
Berliner Theater.
Im „Gefesselten Prometheus“, der am Mittwoch, den 19. d. M., zur überhaupt ersten Darstellung kommt, spielt Emil Drach, der das Werk des Aeschylos für das Berliner Theater eingerichtet hat, die Titelrolle. Im „König Oedipus“' (für das Berliner Theater bearbeitet von Eugen Zabel) wird die Titelrolle von Arthur Kraußneck dargestellt, während Martha Baumgart die Jokaste, Franz Jacobi den König Kreon und Emil Drach den Teiresias spielt. 8 8
Central⸗Theater.
Die Reihe der Wiederholungen, welche die zugkräftige Posse „Berolina“ von Jean Kren im Central⸗Theater bereits erlebt hat, wird gegenwärtig durch eine ältere Posse unterbrochen, welche vor einigen Jahren das Berliner Publikum angenehm unterhalten hat. „Ein gemachter Mann“ von Eduard Jacobson stellte sich am Sonnabend nach langer Pause wieder einmal den Besuchern vor und fand, wenn nicht die gleiche, so doch immerhin freundliche Aufnahme, welche beweist, daß dieses harmlose Bühnenwerk Lebenskraft genug besitzt, um auch jetzt noch einen lustigen Abend auszufüllen. In der Titelrolle hatte Hr. Direktor Thomas wieder die reichlichste Ge⸗ legenheit, sein unverwüstliches Talent in der größten Vielseitigkeit zu bethätigen. Der Rentier Fealenen gedieh unter seinen Händen zu einer durch und durch komischen Figur, und wo Hr. Thomas etwas von dem Seinigen dazu gab, hatte er stets die Lacher auf seiner Seite. In Hrn. Kaiser hat die Bühne einen passenden Ersatz für den von früher her am Central⸗Theater immer noch in gutem Andenken stehenden Hrn. Weiß gefunden. Flott spielt und singt Hr. Kaiser, und er weiß namentlich in der Verkleidungsscene durch seine drollige Art, sich zu geben, die Lachlust des Hauses in verstärktem Maße anzu⸗
regen. Der Maler Randow fand in Hrn. Tyrkowsky einen durch⸗