1890 / 66 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Mar 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Wähler, welche diesmal nicht gestimmt haben, sich anders komponirten

als 1887, und daß es also die nicht zur Wahl Gehenden sind, welche die Zusammensetzung 11es Reichs⸗ tages bestimmten. Stände dem allgemeinen gleichen Wahlrecht eine allgemeine gleiche Wahlpflicht gegenüber, so würde nicht nur das Stimmenergebniß, sondern auch die Mandatsvertbeilung eine ganz andere geworden sein, als sie thatsächlich ist. Auch diese Wahlstatistik zeigt wieder, wie doch sehr viele Zufälle bei der Zusammen setzung des Reichstages mitwirken, denn solche und nicht efwa allein politische „Ueberzeugungen und noch viel weniger sich in deren Gege⸗theil ver⸗ kehrende Wechsel derselben sind es, welche den Antheil der Parteien an Stimmen und Mandaten bestimmten.

Wenn z. B die Deutschfreisinnigen rund 20 % mehr Stimmen erhielten als 1887, aber ihren Mandatsstand fast verdoppelten, also viel mehr Mandate erhielten, als ihnen auf Grund ihres „Auf⸗ schwunges“ hätten zufallen sollen, und wenn andererseits die National⸗ liberalen, vkwohl sie immer noch 2000 Stimmen mehr erhalten haben als die Deutschfreisinnigen, es nur auf 42, letztere aber auf 69 Mandate bringen konnten, so sind darin nicht allein die den Deutsch⸗ freisinnigen günstigen, den Nationalliberalen ungünstigen Konstellationen der Stichwahlen ausgedrückt, sondern es sprechen dabei jene Zufälle mit, die in dem Umfange der Wahl betheiligung stecken.

Bevor definitive Schlüsse aus den Stimmenzahlen zu ziehen sein werden, wird man noch weitere Details der Wahlstatistik kennen müssen; immerhin aber zeigt schon das, was man bisher kennt, daß der „Aufschwung“ des Antikartells viel stärker in der Mandatsziffer als in der Stimmenzahl vertreten ist.“

Unter der Ueberschrift: „Der deutsch⸗dänische Krieg“ bringt die „Danziger Ztg.“ eine Besprechung des Sybel'schen Geschichtswerkes „Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I.“ Nachdem sie hervorgehoben, daß der soeben erschienene dritte Band des in Rede stehenden Werkes, welcher den deutsch⸗dänischen Krieg behandelt, nach Inhalt und Form zu dem Besten gehöre, was die deutsche hervorgebracht hat, sagt sie wörtlich Fol⸗ endes:

6 „Und in der That wird wohl jeder zugeben müssen, daß, wenn auch in späteren Jahren größere und glänzendere Erfolge errungen worden sind, die Politik Preußens vielleicht nie wieder so meister⸗ haft geleitet worden ist, als wie zur Zeit des deutsch⸗dänischen Krieges. Fürst Bismarck hatte guten Grund, späterhin wiederholt es auszusprechen, daß er unter allen seinen Unternehmungen die diplo⸗ matische Leistung von 1864 für die schwierigste und glücklichste halte.“

Hierzu bemerkt diek ‚„Danziger Allgemeine Zeitung“:

„Sehr schön! Wie aber sprachen sich damals die Koryphäen der Fortschrittspartei aus? Der Abg. Löwe sagte in der Abgeordneten⸗ haussitzung vom 17. April 1863:

„Ich behaupte, daß die Pflicht des Hauses der Abgeord⸗ neten dahin geht, diesem Ministerium nicht bloß wegen seiner verwerflichen Grundsätze, nicht bloß wegen seiner Tendenz die Mittel zu versagen, sondern besonders deshalb, weil dieses Ministerium einen so außerordentlichen Mangel an staatsmännischer Geschicklichkeit und Ein⸗ sicht gezeigt hat, daß wir ihm keine neuen Mittel, soweit wir es

verhindern können, in die Hände geben dürfen, weil wir die Mittel, vie wir ihm in die Hände geben, als verwüstet betrachten.“

Aehnlich äußerten sich die Herren Professor Virchow, Duncker u. A. Die „Danz. Ztg.” scheint hierfür kein Gedächtniß zu haben.

Zum Gesetzentwurf über die Rentengüter schreibt der

„Hannoversche Courier“: .

„Als ein hervorragendes Mittel zur Lösung der sozialen Fragen ist schon seit Langem die Förderung der Seßhaftigkeit der hand⸗ arbeitenden Klassen von den staatserhaltenden Parteien betont worden. Auch die Regierung ist bekanntlich dieser Frage näher getreten, indem sie den Weg der inneren Koloni⸗ sation durch Rentengüter betreten hat. Im Osten Deutsch⸗ lands nimmt die Latifundienwirthschaft immer mehr zu, wie in Westdeutschland andererseits die Zersplitterung, die Zwergwirth⸗ schaft wächst, bei der zuletzt ein bäuerliches Proletariat mühsam sein Leben fristet, der Mann sich neben die Kuh an den Pflug spannt, bis die Familie schließlich in den Taglöhnerstand übertreten muß In England ist der Bauernstand in ganzen Distrikten zum Nachtheil des Landes verschwunden, d. h. von den Eroßgrundbesitzern ausgekauft worden, die überflüssigen Tage⸗ löhner aber (zur Erleichterung der Armenlast!) in die Fabriken der nächsten Städte abgeschoben worden. Und doch bildet trotz der sozialen Hochfluth unserer Tage ein breiter, blühender Bauernstand noch immer eine feste Grundlage des modernen Staats. Daß die Regierung sich dieser Einsicht nicht verschließt, haben die Verhand⸗ lungen über die Einführung der Getreidezölle gezeigt, deren Charakter und weck kein finanzieller, sondern ein offen schutzzöllnerischer war und ist zum Schutz gegen die durch die amerikanische Massen⸗ produktion hedrohte Landwirthschefft.

Die Kaiserlichen Erlasse wollen für die Fabrikarbeiter eine Besse⸗ rung der Zustände herbeifüͤhren, die Rentengutervorlage für die länd⸗ lichen Arbeiter Gutes schaffen, indem sie die Möglichkeit ge⸗ währen, Grundeigenthum ohne Anzahlung, aber gegen Zahlung einer jährlichen Rente zu erwerben, um auf diese Weise allmählich eine möglichst große Anzahl neuer Bauernhöfe zu schaffen, welche mit tüchtigen Arbeitern besetzt werden können. Hat der kleine Mann erst Haus und Hof, wenn auch in bescheidenem Ümfange, so bleibt er im Lande und folgt nicht den Locktönen, welche die Auswanderungsagenten anschlagen Daß aber gerade diese Gefahr eine dringende ist, beweist die Statistik der uswanderung, nach welcher die östlichen Provinzen (Westpreußen mit 11 000, Posen mit 12 000, Pommern mit 7000 Personen) obenan stehen; im Jahre 1888 wanderten 80 671 Deutsche aus. Wenn diese Zahl geringer ist, als z. B. im Jahre 1880, wo gegen 90 000 Personen fortzogen, so ist dies ein Beweis für die Besserung der Erwerbszustände und gegen die frei⸗ sinnigerseits vielbeschrieene Vertheuerung der nothwendigen Lebensmittel.

Wir sehen immerhin auch hier ein Stück sozialer Frage vor uns, deren Wichtigkeit nicht geringer ist, als die Regelung des Fabrik⸗ arbeiterschutzes, deren Nothwendigkeit durch die Thatsache des Ueber⸗ greifens der sozialdemokratischen Erfolge auf ländliche Wahlkreise erhärtet wird, deren Lösung aber ungleich schwieriger scheint.

Vielleicht ist der beste und sachverständigste Vorkämpfer gegen das häufig auftretende Vorurtheil, Großgüter zu zerschlagen, um lebensfähige Bauerngüter daraus zu parzelliren, der nationalliberale Abg. Sombart mit seinem völlig geglückten Versuche gewesen, ein

8* 8 2

halbes Dutzend neuer Bauerngüter zu schoffen aus einem von ihm zu

diesem Zwecke angekauften Gute. Rentengüter konnte er als Privat⸗ mann füglich nicht schaffen, das kann nur der Staat oder ein Geld⸗ institut, welches bereit ist, Amortisatione bypotheken dem Kolonisten her⸗ zuleihen. Ob hierzu heutzutage Aussicht vorbanden ist, möchten wir sehr bezweifeln. Es gehört, nimmt der Staat die Sache in die Hand, ein großes Organisationstalent dazu, soll sie nicht, wie dies schon ein⸗ mal mit Zerschlagung von Staatsgütern der Fall war, mißglücken. Selbst unter den gebildeten und besonnenen Landwirthen ist man

daher getheilter Ansicht. Die dem Herrenhause überwiesene Vorlage

hat eine überwiegend günstige Aufnahme gefunden und wurde dort einer Kommission überwiesen, die soeben deen Bericht erstattet hat.

Würden wir uns nun auch hier nach alter Manier auf ein „Prinzip. versteifen, so würden wir sofort zum Widerspruch gegen die „Einschränkung des freien Eigenthums entschlossen sein müssen. Der neue Rentengutsbesitzer kann nicht ohne Weiteres über seinen Besitz ohne Ein⸗ willigung des Verkäufers verfügen, z. B. nicht einseitig die Rente zur Ab⸗ lösung kündigen oder das Gut verkaufen. Und doch hat man für die Renten⸗ güter gerade hier in Hannover und in den Elbherzogthümern Vorbilder. Allerdings wendet man von oppositioneller Seite ein, daß, was sich in dieser oder jener Provinz bewährt habe, nicht nothwendig sich auch in anderen bewähren müsse. Hierauf hat aber das Landes⸗Oekonomiekollegium bereits die richtige Antwort ertheilt, als ihm die Frage der Rentabilität der Rentengüter vorgelegt wurde, die Antwort, daß trotz mancher Bedenken das Ziel in sozialer und wirthschaftlicher Beziehung so bedeutungsvoll sei, daß die Absicht der Regierung befürwortet werden müsse. Wir werden also auch hier nach den ersten praktischen Versuchen den dn über die Weiterentwickelung der Institution entscheiden lassen müssen.“

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Wien, 14. März. (W. T. B.), Dr. Smolka exrhielt heute anläßlich seiner 10jährigen Thätigkeit als Prä⸗

ident des Abgeordnetenhauses eine von allen Ministern

und Abgeordneten unterzeichnete Anerken nungsadresse.

Der Klub der vereinigten deutschen Linken hat Namens der Partei der tiefen Erregung über die Er⸗

klärung der Bischöfe in Betreff des Volksschul⸗ gesetzes Ausdruck gegeben; die Partei behält sich weitere Schritte für die Entwickelung der Angelegenheit vor, unter Festhaltung der von ihr jederzeit in der Schulfrage eingenommenen grundsätzlichen Haltung.

Paris, 14. März. (W. T. B.) In dem heute abgehaltenen

Ministerrath beschloß das Ministerium in Folge der

gestrigen Vorgänge im Senat seine Demission zu geben. Minister⸗Präsident Tirard begab sich ins Elysee, um dem Präsidenten Carnot die Demission zu überreichen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

bericht vom 14. März, rgens 8 Uhr.

122

Wette 8 Frieden.

Temperatur in 0 Celstus

Bar. auf 0 Gr. 8

zuu. d. Meeressp. red. in Millim

Mullaghmore Aberdeen. 753 Christiansund 747 Kopenhagen. 760 Stockholm. 757 Haparanda. 750 St. Petersbrg. 759 Moskau 765

Cork, Queens⸗

town.. 756 Cherbourg. 760 Helder... 759 Sylt 758 Hamburg. 761 Swinemünde 762 Neufahrwasser 761 Memel.. 762

Peris ... 760 ünster.. 761 Karlsruhe.. 763 Wiesbaden. 763 München . 763 S 1 Nebel Chemnitz. 764 SW 2 Nebel Berlin. 762 WNW. Z bedeckt²) Wien 765 still wolkenlos Breslau 1763 SO 1 Dunst Ile dNix.. 761 SO 3 wolkig Nizza 766 O 4 heiter Triest 766 still wolkenlos

˙0 S 0S. [50 C. = 40 R

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Zum 40. Male:

8

1 wolkenlos 3 wolkenlos

2 wolkenlos

2 wolkig still bedeckt still bedeckt

8

Sonntag: Candanle.

6 Aa S 8

Kopf.

Anfang 7 ½ Uhr.

O 00 . ö1111A1X4“*“

Sonnabend: ¹) Nebel. ²) Leichter Nebel. ³) Nebel. Uebersicht der Witterung.

Süd⸗Europa gleichmäßig und daher die Luftbewegung schwach. In Deutschland ist bei meist südlicher bis westlicher Luftströmung das Wetter mild, theils heiter, theils neblig, ohne nennenswerthe Nieder⸗ schläge. Die Temperatur liegt daselbst 1 bis 5 Grad

West⸗England in der Entwickelung begriffen. Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Oper in 5 Akten von Meyerbeer.

Tanz von Emil 8 S Phrt Rienischnihn Sraeh In Scene gesetzt vom und A. Wicher. Kahl. Anfang 7 Uhr.

Luftspiel in 4 Aufzügen von Roderich Benedix. In Scene gesetzt von Direktor Dr. Otto Devrient. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 64. Vorstellung. Othello. Oper in 4 Akten von G. Verdi. Text von Arrigo

Beutsches Theater.

Sonntag: Die Stützen der Gesellschaft. Mentag. 8 Fanste I. ene igs xob finbet Die nächste Aufführung von Faust’s Tod finde si

am Mittwoch, den 19. März, statt. Musit von Franz Roth,

Berliner Theater. Sonnabend: Gräfin Lea.

Sonntag: Der Veilchenfresser. Montag: Hamlet.

Tessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male:

Das vierte Gebot. Ludwig Anzengruber. Sonntag: Das vierte Gebot.

von Hermann Sudermann.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 62. M.:

Die Nachbarinnen. Raymond und Gastyne von Hans Ritter.

T Akt von Meilhac und Halévy. Anfang 7 Uhr.

Montag: Madame Bonivard. Der dritte vom Direktor

Victoria-Theater. Sonnabend: Zum 209. M.: Geschw. Castagna.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Friedrich-Wilhelmstädtisches

Federmann. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der arme Jonathan.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ über der normalen. Ein Theilminimum ist über burg. Sonnabend: Zum 36. Male: Marquise. Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. Deutsch VIII. Komponisten⸗Abend unter gef. Mitwirkung des von Robert Buchholz. Anfang 7 ½¼ Uhr. Komponisten Hrn. Emil Hartmann und der Concert⸗

Sonntag u. folgde. Tage: Marquise.

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Mit

8 B B 1. 27e Füeae Königli 8 Sonn 1 „Requisiten, maschinellen Einrichtungen u. elektrischen 18 glice Schausße. 1Sr. S a. Kedetten. masg mellen.

. 63, Vorstellung. Die Hugenotten. Große Nautilus. Großes Ausstattungsstück mit Gesang

. Text nach dem 8 8

Dirigent: Kapellmeister der Balletmeisterin Maria Volta. Musik⸗Dirigent:

Schauspjeltang cs. Vorstelung. Aschenbrubel. Sir deremeifr d. Ncherzg 7 f. e von

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Central-Theater. Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Zum 3. Male: Ein sideles Haus.

Sonnabend: Krieg im

schichte der Urwelt.

Volksstück in 4 Akten von 71 Ubr:

Renz und dessen Sohn

König Candaule.

arrangirt: Großes Ritterturnier.

Corps de Ballet.

Sing - Akademie.

Dirigent: Hr. Kapellmeister

—— 28 beers

Sängerin Frau Betty Waibel.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. Sonnabend: Zum 36. Male: Der Goldfuchs. . Ei . Hrn. Schwei Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Geboren;: Ein Sohn: Hrn. Leopold Schweitzer Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß Aafang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Arania, Invalidenstraße 57/62, geöffnet von 12 11 Uhr. Sonnabend um 7 ½ Uhr: Die Ge⸗

Circus Renz, Karlstraße. Sonnabend, Abends

Festvorstellung mit einem großartigen hcses 8 venön. 24 zel z 5 des Direktors E. Renz, zum Benefiz für Hrn. Franz Montag: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten Oscak. Auftreten der vorzügl. Reitkünstlerinnen und Reitkünstler. Ring⸗ kampf zwischen den Schimmelhengsten Mignon und Dubany (eine bisher unerreichte Leistung auf equestr. Posse in 3 Akten nach Gebiet), dressirt und vorgeführt vom Benefiziant Vorher: Franz Renz Ein hippol. Potpourri, ausgeführt osse in von 40 best dressirten Freiheitspferden vom Bene⸗ fiziant Franz Renz. Schulpferd Kandelaber, ge. mỹfFu˙ h9lIm☛☚&‿mͥmŨ ͤůabee Die Nachbarinnen. König ritten vom Benefiziant Oscar Renz. Elimar, ostpr. Vollblut (Strickspringer), dress. und vorgef. Renz. Die Schulpferde Beautiful und Sophus, geritten von Frl. Clotilde Hager. Auftreten der renommirten Luftkünstlerinnen Fer Zum 1. 51n S in Afri taemz Bi ar 1 anege⸗Schau⸗ Stanley in eifrita. Zeitgemälde in 1e. Hüliemn stück it Cooluion, Wafienspiel und Gruppirungen, Musik von C. A. Raida. Ballet von C. Severini. arrangirt vom Direktor E. Renz, ausgeführt vom 1 gesammten Herren⸗Personal und den Damen des

Sonntag: 2 Vorstellungen. 4 Uhr Nachm. (ein Kind frei) auf vielseitiges Verlangen: Aufführen der Theater. komischen Ballet Paniomime Harlekin. Mit neuer Ausstattung: Zum 7 ½ Uhr: Im dunklen Erdtheil. 59. Male: Der arme Jonathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer.

Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von

8 Concert⸗Anzeigen. Die Luftdruckvertheilung ist über Mittel⸗ und Julius Fritzsche.

Sonnabend, 15. März:

Concert von Benj. J. Jarecki (Klav.) mit dem Berliner Philharmon. Orchester. Anfang 7 ½ Uhr.

Concert-Haus, Keipzigerstr. 48 (früher Bilse) Sonnabend, 15. März: Karl Meyder⸗Concert.

Berlin).

(Breslau). Hrn. H. Troll (Lüneburg). Hrn. Karl Daubenspeck jun (Düsseldorf). Hrn. W. Nebel (Gilten). Eine Tochter: Hrn. Victor Pastor (Bromberg). Hrn. Oberlehrer Schneer⸗ mann (Lübeck). Hrn. Ingenieur Louis Welter (Köln). Hrn. D Klopp (Leer). Hrn. Paul Schmieding (Schalke). Hrn. Kgl. Reg.⸗Bau⸗ meister Paul Wittig S

Gestorben: Hr. Sanitäts⸗Rath Dr. Otto Fischer (Magdeburg). Hr. Kgl. Zahlmeister Otto Uhl⸗ mann (Straßburg). 88 Fabrikbesitzer Robert Knorr (Zerbst). Hr. Adolf Trostel (Hall). Hr. Kaufmann Alwin Krause (Berlin). Hr. Geh. Regierungs⸗Rath a. D. Albert Dehnicke (Berlin). Hr. Max Schultze (Magdeburg). Hr. Fabrikdirektor Wilhelm Schmidt (Röhrsdorf b. Friedeberg a. Qu.). Hr. Friedr Moritz Böhme (Dresden). Frau Bertha Naumann,

Andreas (Breslau). Frau Antonie Häusler, geb. Kölling (Magdeburg).

113080 Nachruf.

Am 11. März d. J entschlief hierselbst in Folge eines Gehirnschlages im 65. Lebensjahre Königl. Ober⸗Staatsanwalt, Herr Geheimer Ober⸗Justizrath

chmieden.

Vor 40 Jabren in den Justizdienst getreten, hat derselbe nach seiner am 1. Mai 1867 er⸗ folgten Ernennung zum Ober⸗Staatsanwalt zu⸗ nächst in dem Bezirke des früheren Appellations⸗ gerichts zu Frankfurt a. M. und seit dem Jahre 1879 in dem Bezirke des Ober⸗Landesgerichts zu Frankfurt a. M. an der Spitze der Staats⸗ anwaltschaft gestanden.

Reich ausgestattet mit hervorragenden Geistes⸗ gaben hat er seines Amts mit strengem Ge⸗ rechtigkeitssinne gewaltet und weit uͤber die amtlichen Kreise hinaus sich durch die Lauter⸗ keit seines Charakters und seiner Herzensgüte unbegrenzte Hochachtung und Verehrung er⸗ worben.

Die unterzeichneten Beamten der Staats⸗ anwaltschaft verlieren in dem Entschlafenen nicht nur einen milden und humanen Vorge⸗ setzten, sondern auch einen väterlichen Freund, welcher bis zu seinem Lebensende Jedem von

Abends

8. ihnen durch Rath und That das herllichste

ekéli (Warmbrunn Potsdam).

Ballets und Gruppirungen von

mit Hrn.

Unter⸗Barmen).

Familien⸗Nachrichten. Zum 14. Male: Der Verlobt: Frl. Elisabeth Walter mit Hrn. J. R. - Frl. Helene hodius mit Hrn Wilhelm atihes. EEelehe Frl. Bertha Maaßen mit Hrn. Karl Schäfer (Köln Hagen). Frl. Marie Altenkirch mit Hͤrn. Karl Güssefeldt (Gütter b. Burg Wolmir⸗ stedt). Frl. Josephine Hacker mit Hrn. Rudolf Allert (Brooklvn New⸗Vork). Frl. Emmi ————;;j4 16 Fölsche mit Hrn. Prem. Lieut. Georg Pohl (Sudenburg Magdeburg). Frl. Frida Kühnert ugo Künzel (Limbach). ; Stockmann mit Hrn Joh. L. Koning (Elberfeld Berlin:

5 Wohlwollen entgegengetragen hat. Sein Andenken wird unvergessen bleiben.

Die Ersten Staatsanwälte, Staats- anwälte und Gerichts-Assessoren bei den Staatsanwaltschaften im Pber- Tandesgerichtsbezirke zu Frank- furt a. M.

Redacteur: Dr. H. Klee.

Frl. Käte Verlag der Expedition (Scholz).

Boito. Für die deutsche Bühne übertragen von Max poss⸗ mit Gesong in 4 Akten nach einer vor⸗ Verehelicht: Hr. Johann Niclou mit Frl. Anna Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Kalbeck. Anfang 7 Uhr.

Anfang 7 Uhr.

7 1 andenen Idee von W. Mannstädt. 33 66. Vorstellung. Der Biblio⸗ G. Steffens. In Scene gesetzt vom Direktor Emil 8 thekar. Schwank in 4 Aufzügen von G. von Moser. Thomas. Anfang 7 ½ Uhr. Franz Büchner mit Frl. Marie Brüller (Breslau). 8 Sonntag: Zum 4 Male: Ein fideles Haus.

Musik von

Eufe (Chemnitz). Hr. Fritz Jänicke mit Frl. Selma Berger (Plagwitz). Hr. SG

Hr. Dr. Max Schröder mit Frl. R Weniger (Düsseldorf). Hr. Dr. veif rhose

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage), und die Besondere Beilage Nr. 2.

Gerichtsbarkeit, ve

Bissinger mit Frl. Luise Eschenbach (Pirmasens 8

eb Claaßen (Danzig). Frau Dr. Stoll, geb.

anzuwenden.

8 nach §. 294 Abfatz 3

Deut

Berlin, Freitag, den 14. Müärz

1890.

Deutsches Reich.

Dienstanweisung,

betreffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Schutzgebiete der Marschall⸗Inseln.

Zur Ausführung der Vorschriften über die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Schutzgebiete der Marschall⸗Inseln, welche durch das Gesetz vom 15. März 1888 und die Kaiserliche Verordnung vom 7. Februar 1890 getroffen sind, wird in Ergänzung der Dienstanweisung, betreffend die Ausübung der

2. ö“ 1886, Folgendes bestimmt:

§ 1. 8 Gerichtsbehörden. 8

Zu §. 6 der Kaiserlichen Verordnung vom 7. Februar 1890 und Abschnitt III der Dienstanweisung vom 2. Dezember 1886.)

Die Nummern 1 und 2 im Abschnitt III der Dienst⸗ anweisung vom 2. Dezember 1886 werden durch nachstehende Bestimmungen ersetzt: 1

1) Zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ist der Kaiserliche Kommissar ermächtigt. Die Gerichtsbarkeit erster Instanz wird von den übrigen durch den Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten

vahrgenommen.

Der Kaiserliche Kommissar ist befugt: 1

a. polizeiliche und sonstige die Verwaltung betreffende Vorschrisften für das gesammte Schutzgebiet oder für einen Theil desselben zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung der⸗ selben Gefängniß bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen. (Gesetz, be⸗ treffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete §. 11 Absatz 3, R.⸗G.⸗Bl. 1888 S. 75);

b. über die Vertheilung der Geschäfte unter mehrere zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigte Beamte sowie über die Amtssitze der Beamten Bestimmung zu treffen;

c. die Dienstaufsicht über die zur Ausübung der Gerichts⸗ barkeit erster Instanz ermächtigten Beamten zu führen und henselben für den Fall der Verhinderung Vertreter zu be⸗ tellen;

d. die Abhaltung von Gerichtstagen außerhalb der Amts⸗ sitze anzuordnen; 8G

e. allgemeine Anordnungen über Ausführung von Zu⸗ stellungen nach Maßgabe des §. 5 der Kaiserlichen Verord⸗ nung vom 13. September 1886, sowie über die Ausführung von Zwangsvollstreckungen zu erlassen.

Für den Fall der Verhinderung des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten gilt der zur allgemeinen Vertretung desselben durch Anordnung des Reichskanzlers berufene Beamte auch als zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigt. Zu beachten ist, daß in der höheren Instanz kein Richter mitwirken darf, welcher in der unteren Instanz bei Erlassung der angefochtenen Entscheidung betheiligt war (Civilprozeßordnung §. 41 Nr. 6, Strafprozeßordnung §. 23 Absatz 1). Für den Fall, daß aus diesem Grund oder aus sonstigen Ursachen der ordentliche Ver⸗ treter des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten an der Vertretung be⸗ hindert ist, ist ein außerordentlicher Vertreter zu bestellen. Die Bestellung erfolgt durch den Kaiserlichen Kommissar oder den ordentlichen Vertreter desselben.

Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz er⸗ mächtigten Beamten führen die Dienstaufsicht über die bei der betreffenden Gerichtsbehörde angestellten Beamten und regeln die Vertretung derselben im Falle der Behinderung.”

2) Die Gerichtsbehörde erster Instanz hat in den von ihr ausgehenden Schriftstücken

a. sofern es sich um Geschäfte handelt, welche unter Zu⸗ ziehung der Beisitzer erledigt werden, die Bezeichnung als „Kaiserliches Gericht des Schutzgebietes der Marschall⸗Inseln“,

b. sofern es sich um Geschäfte handelt, welche von dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten ohne Zuziehung von Beisitzern erledigt werden, die Bezeichnung als

„Kaiserlicher Richter des Schutzgebietes der Marschall⸗Inseln“ anzuwenden.

2a. Die Gerichtsbehörde zweiter Instanz hat in den von ihr ausgehenden Schriftstücken

a. in den unter 2a bezeichneten Fällen (Verordnung vom 7. Februar 1890 §. 7 Absatz 1, §. 8 Absatz 1) die Be⸗ zeichnung als

„Kaiserliches Obergericht des Schutzgebietes der Marschall⸗Inseln“, den unter 2b bezeichneten Fällen die Bezeichnung als „Kaiserlicher Oberrichter des Schutzgebiettes der Marschall⸗Inseln“

§. 2. Gerichtsschreiber. (Zu Abschnitt N der Dienstanweisung vom 2. Dezember 1886.) Falls von dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermäch⸗ tigten Beamten die Erledigung einzelner zu seiner Zuständig⸗ keit gehörenden Geschäfte einer anderen Person übertragen wird (Abschnitt III Nr. 4 der Dienstanweisung vom 2. Dezember 1886), kann dieser auch die Bestellung des bei Erledigung des Geschäftes zuzuziehenden Gerichtsschreibers aufgetragen werden. §. 3. Zustellungen.

Zu §. 1 der Kaiserlichen Verordnung vom 7. Februar 1890 und Abschnitt VII der Dienstanweisung vom 2. Dezember 1886.) Im Abschnitt VII der Dienstanweisung vom 2. Dezember

1886 wird Nr. 2 A folgendermaßen abgeändert: 2) Von Amtswegen erfolgen: A. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten: die Zustellung der Abschrift der Berufungsschrift an die Gegenpartei, sowie die Zustellung aller geecgesche Entscheidungen nicht bloß (wie eer Civilprozeßordnung) der nicht ver⸗ ündeten, sondern auch der verkündeten, insbesondere auch der rtheile. Ebenso werden Zahlungs⸗ und Vollttreckungsbefehle dem Gläubiger und dem Schuldner und Beschlüsse, durch

welche eine Forderung gepfändet oder üvberwiesen wird, dem Gläubiger, dem Schuldner und dem Drittschuldner von Amts⸗ wegen zugestellt (Verordnung vom 7. Februar 1890 §. 1). Ausgenommen sind nur:

a. Beschlüsse, welche lediglich die Prozeß⸗ und Sachleitung einschließlich der Bestimmung und Aenderung von Terminen betreffen, insbesondere auch Beweisbeschlüsse (§. 1 der Ver⸗ ordnung vom 7. Februar 1890); bei diesen genügt die Ver⸗ kündung und zwar ohne Rücksicht auf die Anwesenheit der Parteien bei derselben;

b. Arrestbefehle; die Zustellung derselben an den Gläubiger erfolgt zwar ebenfalls von Amtswegen (§. 294 Absatz 3, §. 809 Absatz 2 der Civilprozeßordnung); die Zustellung an den Schuldner dagegen findet nur auf Antrag des Gläubigers statt (5. 802 Absatz 2 daselbst), damit nicht durch vorzeitige Bekanntgebung des verfügten Arrestes an den Schuldner die demnächstige Vollstreckung des Arrestes in ihrem Erfolge gefährdet werde. Dieses Interesse des Gläubigers fällt jedoch weg, wenn derselbe mit dem Antrag auf Erlaß des Arrestbefehls zugleich die Vollstreckung desselben, z. B. durch Bezeichnung des Arrestgegenstandes (der zu pfändenden beweglichen Sachen oder Forderungen u. s. w.) beantragt. In diesem Fall ist anzunehmen, daß mit dem Antrag auf Erlaß des Arrestbefehls auch die Zustellung des⸗ selben beantragt sei, und demzufolge mit dem Arrestbefehl zugleich die Zustellung desselben und die betreffende Voll⸗ streckungsmaßregel zu verfügen.

Ingleichen wird die Nr. 3A im Abschnitt VII der be zeichneten Dienstanweisung folgendermaßen abgeändert:

3) Auf Betreiben der Parteien erfolgen: 8 A. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Zustellung von Schriftsätzen Seitens einer Partei an die andere mit Aus⸗ nahme der Berufungsschrift (vergl. Nr. 2 A) und die Zu⸗ stellung von Arrestbefehlen an den Schuldn (vergl. Nr. 2 b). 1

Zwangsvollstreckungen (Zu §. 2 der Kaiserlichen Verordnung vom 7. Februar 1890 und Abschnitt VIII der Dienstanweisung vom 2. De⸗ zember 1886.)

Die Bestimmungen Nr. 2 bis 4 des Abschnitts VIII der Dienstanweisung vom 2. Dezember 1886 werden durch nach⸗ stehende Vorschriften ersetzt:

2) Die Ertheilung der vollstreckbaren Ausfertigung (Civil⸗ prozeßordnung §§. 662 ff.) einer von einer Gerichtsbehörde des Schutzgebietes erlassenen Entscheidung, eines vor derselben abgeschlossenen Vergleichs oder einer von derselben auf⸗ genommenen Urkunde der im §. 702 Nr. 5 der Civilprozeß⸗ ordnung bezeichneten Art kann, abgesehen von den unter Nr. 4 bezeichneten Fällen, erforderlich werden, wenn die Parteien dieselbe zum Zwecke einer Zwangsvollstreckung außerhalb des Schutzgebietes (s. unten Nr. 10, 11) beantragen.

Die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung erfolgt nach Maßgabe der §§. 662 bis 670 der Civilprozeßordnung, jedoch in allen Fällen (nicht bloß in denen der §S, 666, 669) nur auf Anordnung des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten (§. 8 der Verordnung vom 13. Sep⸗ tember 1886).

3) Die Zwangsvollstreckung innerhalb des Schutzgebietes ist in allen Fällen Sache der Gerichtsbehörde erster Hnstanz. Die Zwangsvollstreckung wird von dem betreffenden, zur Aus⸗ übung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Be⸗ amten angeordnet (§. 2 der Verordnung vom 7. Februar 1890).

4) Der Gläubiger, welcher eine Zwangsvollstreckung im Schutzgebiete beantragt, hat den Titel, aus welchem dieselbe erfolgen soll, nur dann vorzulegen, wenn sich der Titel nicht in den Akten der Gerichtsbehörde, an welche der Antrag gerichtet wird, befindet.

Die Beibringung einern vollstreckbaren Ausfertigung liegt dem Gläubiger nicht ob, soweit diese Ausfertigung von dem Gerichtsschreiber der bezeichneten Gerichtsbehörde zu ertheilen sein würde (§. 2 der Verordnung vom 7. Februar 1890). Die Beibringung ist danach insbesondere erforderlich, wenn zur Zeit der Stellung des Antrages der Rechtsstreit noch bei dem Obergericht des Schutzgebiets anhängig ist (§. 662 Absatz 2 der Civilprozeßordnung).

4a. In den Fällen, in welchen der Gläubiger eine voll⸗ streckbare Ausfertigung nicht beizubringen hat (Nr. 4 Absatz 2), darf die Zwangsvollstreckung nur unter denselben Voraus⸗ setzungen angeordnet werden, unter welchen nach §§. 664, 665 der Civilprozeßordnung die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung zulässig ist. Auf die Anordnung der Zwangs⸗ vollstreckung finden die Vorschriften über Anhörung des Schuldners, über die Klage auf Ertheilung der Vollstreckungs⸗ klausel, über Einwendungen gegen die letztere, über die Be⸗ merkung der erfolgten Ertheilung auf der Urschrift des Urtheils (§§. 666 bis 668, 670 der Civilprozeßordnung) ent⸗ sprechende Anwendung. 1u“

Bestimmungen für Strafsachen. (Zu §§. 4, 5 und 8 der Kaiserlichen Verordnung vom 7. Februar 1890).

1) Die Verfügung, durch welche der Angeklagte vom Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden wird (S§. 4 der Verordnung vom 7. Februar 1890) kann, wenn sie von Amts⸗ wegen erfolgt, oder ein bezüglicher Antrag von dem Beschuldiglen schon vorher gestellt war, gleichzeitig mit der des Termins der Hauptver⸗ handlung an den Angeklagten erfolgen. Die Verfügung wird von dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermä tigten Beamten erlassen. Derselbe hat dabei zu prüfen, ob die im

.4 der Verordnung bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.

rscheint in der Hauptverhandlung nach Ansicht des Gerichts die Verhängung einer höheren Strafe, als der im §. 4 be⸗ stimmten, angezeigt, so muß die Verhandlung vertagt und der Angeklagte zu dem neuen Termin vorgeladen und eventuell vorgeführt werden.

Unter allen ÜUmständen muß, wenn ohne die Anwesenheit des vom Erscheinen entbundenen Angeklagten verhandelt

werden soll, derselbe, falls seine richterliche Vernehmung nicht schon im Vorverfahren erfolgt ist, durch einen ersuchten ode

beauftragten Richter über den Gegenstand der Anschuldigun

vernommen werden (Strafprozeßordnung §. 232, Absatz 2, 3). Nöthigenfalls ist diese Vernehmung nach Maßgabe de

Abschnitts I Nr. 4 der Dienstanweisung vom 2. De⸗ zember 1886 einer anderen geeigneten Person zu über⸗ tragen. Für das im 231 der Strafprozeßordnung vorgesehene Ungehorsamsverfahren bedarf es hingegen einer vorgängigen richterlichen Vernehmung des Angeklagten nicht.

2) Das Verfahren in den durch §. 5 der Verordnung vom 7. Februar 1890 der Gerichtsbehörde erster Instanz über⸗ tragenen Schwurgerichtssachen regelt sich nach den Vorschriften, welche für die im §. 28 des Gesetzes über die Konsulargerichts⸗ barkeit bezeichneten Strafsachen gelten. Es findet daher auch der §. 9 des bezeichneten Gesetzes, Anwendung, wonach in dem Falle, daß die Zuziehung von vier Beisitzern nicht ausführbar ist, die Zuziehung von zwei Beisitzern genügen soll. Dieser Fall wird auch dann als ge⸗ geben anzusehen sei, wenn in Folge der Zuziehung von vier Beisitzern in erster Instanz nach Lage der Verhältnisse keine ausreichende Zahl von Beisitzern für die eventuelle Verhand⸗ lung in der Berufungsinstanz verwendbar bliebe, da bei dem Ober⸗Gericht (§. 6 der Verordnung vom 7. Februar 1890) eine Verminderung der Zahl von vier Beisitzern unter keinen Umständen gestattet, die Personen aber, welche in erster Instanz als Beisitzer mitgewirkt haben, von der Mitwirkung in der Berufungsinstanz ausgeschlossen sind.

3) In Schwurgerichtssachen muß der Angeklagte sowohl in der ersten als in der zweiten Instanz einen Vertheidiger haben. (Strafprozeßordnung §. 140 Abs. 1, Verordnung vom 7. Februar 1890, §. 8 Abs. 5.) In diesen Sachen und ebenso in den sonstigen Fällen, in welchen nach §. 140 Abs. 2 der Strafprozeßordnung die Vertheidigung eine nothwendige ist, ist dem Beschuldigten, welcher einen Vertheidiger noch nicht gewählt hat, ein solcher von Amtswegen zu bestellen, sobald das Hauptverfahren eröffnet wird. Beim Mangel geeigneter, zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassener Personen ist als Vertheidiger ein anderer achtbarer Gerichtseingesessener zu bestellen.

4) Auf das Strafverfahren in der Berufungsinstanz finden, soweit nicht in den §§. 36 bis 40 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit und in den §§. 6 und 8 der Ver⸗ ordnung vom 7. Februar 1890 etwas Anderes bestimmt ist, die Vorschriften des dritten Abschnitts im dritten Buche der Strafprozeßordnung Anwendung. Da die Mitwirkung einer Staatsanwaltschaft nicht stattfindet, so erfolgt im Falle der Einlegung der Berufung die Uebersendung der Akten (Straf⸗ prozeßordnung H. 362, Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit §. 39) unmittelbar an das Obergericht.

§. 6. Kostenwesen. (Zu §. 10 der Kaiserlichen Verordnung vom 7. Februar 1890.)

1) In den Rechtssachen, auf welche die Civilprozeßord⸗ nung, die Konkursordnung oder die Strafprozeßordnung An⸗ wendung finden, werden die wirklich aufgewendeten Auslagen erhoben. Die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen werden in jedem einzelnen Falle unter Berücksichtigung der Umstände desselben festgesetzt, die Tagegelder und Reisekosten der Gerichtsbeamten nach den für deren Höhe geltenden allge⸗ meinen Bestimmungen.

Außerdem werden in den bezeichneten Rechtssachen Ge⸗ bühren nach Maßgabe des angehängten Tarifs erhoben.

Bei jedem Antrag auf Vornahme einer Handlung, mit welcher baare Auslagen verbunden sind, kann, in Strafsachen jedoch nur, soweit es sich um das Verfahren auf erhobene Privatklage handelt, dem Antragsteller die Zahlung eines zur Deckung der Auslagen erforderlichen Vorschusses auferlegt werden. Die Ausführung der Zwangsvollstreckung kann in allen Fällen von der vorgängigen Zahlung eines solchen Vor⸗ schusses abhängig gemacht werden. 1 .

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Privatklage⸗ sachen kann, insoweit es sich um ein gebührenpflichtiges Ver⸗ fahren handelt, der Antragsteller zur Zahlung eines ent⸗ sprechenden Gebührenvorschusses verpflichtet werden.

Schuldner der entstandenen Auslagen und Gebühren ist Derjenige, welchem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt sind, oder welcher dieselben durch eine vor der Gerichtsbehörde ab⸗ gegebene oder derselben mitgetheilte Erklärung über⸗ nommen hat. In Ermangelung eines anderen Schuldners ist derjenige, welcher das Verfahren beantragt hat, Schuldner der entstandenen Auslagen und Gebühren. Die Verpflichtung zur Zahlung vorzuschießender Beträge (Abs. 3 und 4) bleibt bestehen, wenn auch die Kosten des Verfahrens einem Anderen auferlegt oder von einem Anderen übernommen sind.

2) In den Angelegenheiten, welche zu der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören, werden, vorbehaltlich der Vor⸗ schriften in den folgenden Absätzen, Kosten nur nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die Gebühren und Kosten bei den Konsulaten des Deutschen Reichs vom 1. Juli 1872 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 245) erhoben.

Bei Vormundschaften mit Ausnahme der gesetzlichen Vor⸗ mundschaft ist von dem Kapitalbetrage des Vermögens des Mündels, auf welches sich die Vormundschaft erstreckt, insofern dasselbe über 150 beträgt, zu erheben: 8

a. von je 50 des Betrages bis zu 300 ℳ,

b. von je 100 des Mehrbetrages bis zu 600 ℳ,

c. von je 150 des Mehrbetrages bis zu 1500 ℳ,

d. von je 300 des Mehrbetrags

fünfzig Pfennige.

3) Der Ansatz der Gebühren und Auslagen erfolgt durch die Gerichtsbehörde der Instanz.

Gegen die in Kostensachen ergehenden Entscheidungen der

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Eer örde zweiter Instanz statt.

„4) Auf die beim Inkrafttreten dieser Anweisung an⸗

hängigen Rechtssachen sinden die bisherigen Vorschriften über

die Gerichtskosten bis zum Beginn eines nach den neuen Vor⸗ 8 16 11“

SFaicgetes. erster Instanz findet Beschwerde an die

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