1890 / 66 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Mar 1890 18:00:01 GMT) scan diff

schriften gebührenpflichtigen, selbständigen Abschnittes des Verfahrens Anwendung.

Die Dienstanweisung tritt gleichzeitig mit der Kai ser⸗ i Verordnung vom 7. Februar 1890 in Kraft. Berlin, den 10. März 1890. 8 Der Reichskanzler.

In Vertretung:

8 Graf Bismarck.

—.—.— muuz

Tarif

von Gebühren in bürgerlichen Rechts⸗ Konkurssachen und Strafsachen.

I. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten.

Eine Gebühr wird erhoben:

1) für das Verfahren in erster Instanz;

2) für das Verfahren in der Berufungsinstanz;

3) für die Ausführung der Zwangsvollstreckung.

Die Erhebung der Gebühren erfolgt nach dem Werthe des Streitgegenstandes, im Falle der Nr. 3, nach dem Werthe des zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruchs. Für die Werthberechnung sind die Vorschriften der Civilprozeßordnung §. 3 bis 9 und der Konkursordnung ögensrechtlichen Ansprüchen wird der Werth des standes zu 2000 ausnahmsweise niedriger oder ter 200 und nicht über 50 000

) Verfahren in erster Instanz. A. Soweit das Verfahren durch Endurtheil erledigt ist, den erhoben: .von einem Streitgeg 150 einschließlich von jeder Mark 10 b. von dem Mehrbetrage b Mark 5 ₰,

füͤr die Erhebung streitigkeiten,

§. 136 maßgebend. Bei Streitgegen d höher, jedoch nicht un

enstande B Betrage von is zu 1500 einschließlich

Mehrbetrage von jeder Mark 1 ₰.

Die im vorhergehenden Absatze bezeichneten Sätze ermäßigen wenn die Erledigung durch Versäumniß⸗ ch ein auf Grund Anerkenntnisses oder Ver⸗ ts erlassenes Urtheil erfolgt ist.

B. Soweit nach Erhebung der Klage das Verfahren in anderer Weise erledigt ist, wird die Gebühr nach dem Ermessen der Gerichtsbehörde, jedoch nicht über die in Nr. 1 A, Schluß⸗ chneten Sätze hinaus, bestimmt. fahren in der Berufungsinstanz.

A. Soweit das Verfahren

von jeder c. von dem

sich auf die Hälfte, urtheil oder dur

absatz bezei

durch Endurtheil erledigt ist, ird die um ein Viertheil erhöhte Gebühr unter 1 A erhoben. üstellung der Berufungsschrift das Ver⸗ eise erledigt ist, findet die Vorschrift 18 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Gebühr nicht die um ein Viertheil erhöhten Sätze unter 1 A, Schluß⸗ absatz, übersteigen darf.

3) Ausführung

Für das Verfa einer Zwangsvo Handlung und streckungsh bigers wir

Die Gebüh

gehenden Absatze

Verfahren

. durch Zurücknahme

an die Person, welche die

ledigt oder

zufolge der

ordnung eingestellt o

gesetzt oder 1 c. wegen Mangels eines

Erfolg geblieben ist.

B. Soweit nach in anderer

der Zwangsvollstreckung. hren von dem Beginn der Ausfü llstreckung bis zu der durch die betreffende die aus ihr sich ergebenden weiteren langenden Befriedigung des Gläu⸗ d die Gebühr unter 1 A, Schlußabsatz, r wird nach dem Ermessen der Gerichts⸗ über die Hälfte der bezeichneten Sätze, bestimmt,

andlungen zu er

im vorher⸗ soweit das

des Antrags oder durch Leistung Zwangsvollstreckung ausführt, er⸗ Vorschrift des §. 691 der Civilprozeß⸗ der beschränkt und demnächst nicht fort⸗

geeigneten Gegenstandes ohne

II. Konkurssachen. wird erhoben:

Für das Konkursverfahren d der Schlußvertheilung auf⸗

1) wenn dasselbe auf Grun gehoben ist, die Gebühr unter I. 2 A; 2) wenn dasselbe a ehoben oder wenn es e die Hälfte dieser Gebühr. Die Gebühr wird nach dem Auf die Werthfestsetzung sprechende Anwendung. Strafsachen. 1) Für das Verfahren auf erhobene Privatklage in erster Instanz erhoben: a. wenn das Verf lung erledigt ist. b. wenn na des Verfahrens erfolgt ist .wenn außer dem Urtheil beendigt ist. b Dieselben Sätze 2) In anderen Stra Strafe eine Gebühr für d Der Betrag der Gebühr Gerichtsbehörde, jedoch nicht üb

Grund eines Zwangsvergleichs ingestellt ist,

Betrage der Aktivmasse findet der §. 3 der Civil⸗ prozeßordnung ent

ahren vor Beginn der Hauptverhand⸗ ((16166A“

ch Beginn der Hauptverhandlung Eins

Falle unter b die Instanz durch 3 50

sind für die Beruf fsachen wird na as gesamm hr wird nach er 500 ℳ, festgesetzt.

ungsinstanz zu erheben. ch rechtskräftig erkannter te Verfahren erhoben.

dem Ermessen der

Frankreich.

(W. T. B.

Kinisterrathe den Kreditforderung von ierselbst stattfindenden zu unter⸗

13. März. Präsident Tirard machte Vorschlag, 100 000 Francs für den im Mai h internationalen

heute im M

Telegraphen⸗Kongreß

Challemel bersten Gerichtshofs für den s ernannten Humbert. Senats beantwortete der ller die Interpellation ch⸗türkischen Handel Er nahm Bezug auf die frü in Gemäßheit der Anwendun Fall werde zwischen Frank⸗ die Behandlung als meistbe⸗ 9”

Vize⸗Präsidenten des O zum Präsidenten des Rechnungshofe In der heutigen Sitzung Minister des Aeußere über den französi welcher heute abläuft. rungen des Ministeriums und sagte, früherer Verträge auf vorliegend reich und der Türkei gegenseitig

svertrag, eren Erklä⸗

günstigte Nation bis zum Jahre 1892, dem Zeitpunkte des Ablaufs aller Handelsverträge, Platz greifen. Mehrere Senatoren aus weinbauenden Departements protestirten hier⸗ gegen, indem sie die Einfuhr trockener Rosinen als eine Folge dieses Zustandes befürchteten. Der Minister⸗Präsident Tirard suchte nachzuweisen, daß die Regierung durch diese Ver⸗ ständigung mit der Türkei den Interessen des französischen andels diene; er beantragte Annahme der einfachen Lana esordnung. Diese wurde jedoch mit 129 gegen 117 Stimmen abgelehnt und sodann mit 153 gegen 95 Stimmen eine Tagesordnung angenommen, in welcher die Regierung ersucht wird, mit der Türkei in Unterhandlungen zu treten, um bis zum Ablauf der Handelsverträge einen modus vivendi herzustellen.

In der Deputirtenkammer wurde auf Antrag Turrel's die Berathung über die Interpellation, be⸗ treffend den französisch⸗türkischen Handelsvertrag, bis zum nächsten Donnerstag hinausgeschoben. Der Minister des Aeußern Spuller brachte einen Gesetz⸗ entwurf ein, durch welchen das Zollwesen zwischen

rankreich und Tunis geregelt wird. Die tunesischen andelsartikel, wie Vieh, Getreide und Oele, werden in Frank⸗ reich zollfrei zugelassen, während Wein einem Zoll von nur 3 Proz. unterliegt. Besondere Maßregeln werden zur Ver⸗ hinderung der Contrebande getroffen. Bei der Vorlage handelt es sich nicht um eine Handelsübereinkunft, sondern um einen Akt der Souveränetät Frankreichs gegenüber dem unter seinem Protektorat stehenden Tunis.

Dem „Hamburgischen Correspondenten“ wird aus Paris geschrieben:

So kühl, so zurückhaltend, ja feindselig sich anfangs die öffent⸗ liche Meinung in Frankreich dem Berliner Konferenzprojekte gegenüber verhielt, und so widerwillig sie sich dann der Nothwendig⸗ keit zu fügen schien, so sehr ist man hier jetzt in der letzten Zeit mit ganzer Seele bei der Sache. Man stritt sich, ehe der Ministerrath die endgültigen Ernennungen vornahm, um die Namen der Vertreter. Frankreich, so hieß es, müsse auf der Konferenz würdig und glänzend vertreten sein. Es galt nun für eine Ehre, was vorher eine Schmach und Verrath war, nämlich nach Berlin zu gehen, um mit dem Deutschen Kaiser zu berathen. Man erkennt in Frankreich die Berliner Konferenz als ein kultur⸗ geschichtliches Ereigniß in ihrer ganzen großen Tragweite an und will an ihrem Gelingen redlich und nach besten Kräften mitarbeiten. Dem entspricht ganz und gar die Er⸗ nennung der Abgesandten. 1 schickt seine besten Männer nach Berlin, es ist ohne Frage würdig und zweckentsprechend auf der Berliner Konferenz vertreten. Der Führer der französischen Vertretung ist der 75jährige Jules Simon, einer jener überzeugten Republikaner, die mit am meisten zur Gründung der Republik beigetragen haben und zu Thiers' Zeit maßgebenden Einfluß auf ihre Lenkung ausübten. Da aber sein politisches Glaubensbekenntniß nicht minder konservativ als republikanisch war, so wurde er von der neuen Richtung bei Seite gedrängt, der er seitdem eine in der Form höchst maßvolle, in der Sache aber entschlossene und scharfe Opposition macht. Mit einer Thatkraft und einem Feuereifer, die sein hohes Alter Lügen strafen, vertheidigt er seit Jahren seine Ueberzeugung in der Presse. Die zahllosen von ihm erschienenen Artikel sind zum großen Theil kaum erreichte Muster sprachlicher Vollendung und die Verkörperung einer duldsamen, menschenfreundlichen, auf praktische, erreichbare Ziele gerichteten Politik, wie sie dem Ideale der Radikalen allerdings nicht entsprechen. Viel⸗ fach und mit großer Wärme beschäftigte er sich mit der Lage der arbeitenden Klassen und mit allen Einrichtungen, die zur Verbesserung derselben vorgeschlagen oder eingeführt wurden. Er beherrscht dieses Gebiet in wünschenswerthester Weise.

Italien.

Der Kronprinz wird sich, wie man der M. „A. 828 schreibt, am 13. oder 14. v nach Bukarest begeben, wo er bis zum 24. d. verbleiben dürfte. Am 24. März soll die Ankunft des Kronprinzen in Varna und am nächsten Tage in Konstantinopel erfolgen, wo sein Aufenthalt bis zum 12. April dauern dürfte. In Bukarest wird der Kronprinz ebenso wie in Belgrad in einem Hotel Absteigequartier nehmen. Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß in Folge des vom Sultan dem italienischen Botschafter, Baron Blanc, in dringender Form ausgedrückten Wunsches, daß der Kronprinz, trotz der Familientrauer des italienischen Hofes im Yildiz⸗Kiosk Absteigequartier nehmen möge, Letzterer sich bereit erklärt hat, die Gastfreundschaft des Großherrn an⸗ unehmen. Der Sultan zeigte sich von diesem Akte der

öflichkeit sehr angenehm berührt und ließ dem König Humbert den Dank dafür ausdrücken. Die italienische Kolonie in Konstantinopel trifft große Vorbereitungen zu einem würdigen Empfange des Prinzen. Der Militär⸗Attaché bei der italienischen Botschaft in Wien, Oberst⸗Lieutenant Br usati, schließt sich dem Gefolge des Prinzen an.

Schweiz.

Zürich, 10. März. (N. Zürch. Ztg.) Heute Nachmittag traten im Hotel Baur (en ville) die Kommissionen des Nationalraths und Ständeraths zur Berathung der Unfall⸗ und Krankenversicherung zusammen. Vom Bundesrath waren delegirt Bundes⸗Rath Dr. Deucher und Dr. Rieser, Adjunkt im Industrie⸗Departe⸗ ment. Das Präsidium der gemeinsamen Verhandlungen wurde Hrn. Zweifel übertragen. Um bei der Wichtigkeit der Sache einen gründlichen Meinungsaustausch und, wenn möglich, eine Verständigung zu erzielen, haben sich die beiden Kommissionen vereinigt, ehe das Traktandum vom National⸗ rath an den Ständerath gewiesen wird. Eingegangen sind bei den Kommissionen ein Schreiben der Sektion Stadt Zürich vom schweizerischen Gewerbe⸗Verein und ein solches des Journalistenvereins der Bundesstadt. Das erstere wünscht die Aufnahme eines Artikels in die Bundesverfassung, welcher den Bund zum Erlaß eines Ge⸗ werbegesetzes berechtigt; das letztere ersucht um Mit⸗ theilungen aus den Kommissionsverhandlungen an die Presse der Bundesstadt. Die Kommissionen werden zuerst die Frage der Kompetenz zum Erlaß eines Gewerbegesetzes diskutiren; darauf soll eine allge⸗ meine Erörterung der Versicherungsfrage folgen, und zu⸗ letzt werden die Unfallversicherung und die Krankenversicherung im Einzelnen besprochen werden. So oft die Kommission dies für geeignet hält, wird über die Verhandlungen ein Bulletin an die Zeitungen, die dasselbe wünschen, abgegeben werden.

Türkei.

Aus Canea auf Creta vom 13. März meldet ein Telegramm des „Reuter schen Bureaus“: Schakir Pascha hat für die anläßlich der jüngsten Unruhen Ver⸗ urtheilten bei der Pforte eine Amnestie beantragt,

welche sich jedoch nicht auf die in contumaciam Verurtheilten welche sich se dnicht. angerichte dürften demnächst aufgehoben

Belgrad, 13. März. Da sechs aktive Minister ihre 8 Sitze im Staatsrathe einnehmen werden, so erwartet man der „Agence de Belgrade“ zufolge in politischen Kreisen

den Eintritt von 2 oder 3 neuen Mitgliedern in das Kabinet, sobald der Staatsrath seine Thätigkeit be⸗ gonnen haben wird. ö“

Bulgarien.

Sofia, 13. März. (W. T. B.) Mit Rücksicht darauf, daß der letzte der Handelsverträge zwischen den Mächten und

der Türkei am 10. (22.) Mai d. J. abläuft, verständigte die bulgarische Regierung die politischen Agenten von Frankreich und Griechenland davon, daß sie sich bis zum Abschlusse neuer, direkter Handelsübereinkünfte mit Bul⸗ garien Aktionsfreiheit vorbehalte.

Der Prinz Ferdinand verlieh dem Minister Stam⸗ buloff die goldene Verdienst⸗Medaille. Kriegs⸗Minister Mutkuroff erhielt dieselbe Medaille in Silber.

882 NNl Amerika.

Vereiniate Staaten. Washington, 12. März. 8

(A. C.) Der Senat genehmigte heute das vom Reprä⸗ sentantenhause in seiner Sitzung am Montag angenommene Amendement, welches die geplante Enquête über die Auswanderungsgesetze der Vereinigten Staaten und der verschiedenen Bundesstaaten auf die wahrscheinlichen Wir kungen des Ankaufs amerikanischer industrieller Unterneh mungen Seitens ausländischer Kapitalisten auf amerikanisch Arbeiter ausdehnt. 1 1

Der Finanz⸗Ausschuß des Repräsentantenhauses setzt seine Verhandlungen über die Zollangelegenheiten fort. Wahrscheinlich werden die landwirthschaftlichen Produkte in der Bill, welche der Ausschuß vorbereitet noch weiter geschützt werden. Die Hopfenbauer wünschen daß der Einfuhrzoll auf Hopfen von 8 C. auf 22 C. das Pfund erhöht werde; die Brauer sind natürlich dagegen.

New⸗York, 12. März. (A. C.) Das amerikanische

Kriegsschiff „Jroquois“, welches am 20. November von Honolulu abging und am 23. Dezember in Samoa in be⸗

schädigter Verfassung anlangte, kam gestern in Port Töownsend

unter Segel an. Das gegenwärtig in Honolulu stationirte amerika nische Kriegsschiff„Mohican“ geht nach Samoa ab. Gester begann die kriegsgerichtliche Untersuchung gegen de Befehlshaber des Ver. St.⸗Schiffs „Enterprise“. 1 Hauptanklage gegen ihn lautet dahin, daß er den Degen ge⸗ soge n habe gegen einen betrunkenen und aufsässigen Matrosen, amens Walker. Der Letztere ist seitdem desertirt, soll sich aber zur Zeit in der Stadt New⸗York befinden. Die Unter⸗ suchung wird bis zum 15. April dauern, und es soll die gesammte Besatzung der „Enterprise“ verhört werden.

Mr. Weber wurde zum Auswanderungskommissar für New⸗York und Mr. O'Beirne zum Hülfskommissar ernannt.

Uruguay. Montevideo, 11. März. (R. B.) Der neue Präsident von Uruguay Dr. Hereira y Obes hat das folgende Ministerium gebildet: Capurro, Minister des Innern; Pena, Finanz⸗Minister; Blasvidad, Minister des Auswärtigen; Berro, Justiz⸗Minister; Villar, Kriegs⸗Minister.

Parlamentarische Nachrichten

Schlußbericht der gestrigen (27.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsetzung der zweiten Berathung des Staatshaushalts⸗Etats, und zwar des Etats der Hütten⸗ und Salinenverwaltung.

bg. Vopelius: Auf allen Gruben des Reviers ist die achtstündige Schicht eingeführt worden, wie sie bis 1870 dort durchweg bestand, bis in Folge der Vermehrung des Förder⸗ quantums von der Verwaltung die Verlängerung allgemein eingeführt wurde. Ob wirklich die 12stündige Schicht allgemein war, wie der Abg. Dasbach behauptet, kann ich nicht kontroliren. Ende Mai erschien die abgeänderte Arbeitsordnung mit allen den gewünschten Punkten, und die Leute kehrten allmählich zur Arbeit zurück. In ruhigen Zeiten wäre bei uns das alles ohne Strike abgelaufen. Es wurde aber von unberufener Seite weiter gehetzt und diese Hetzereien führten dazu, daß am 11. Dezember ein neuer Strike ausbrach. Namentlich wollte man auch die verkürzte Arbeitszeit in die Arbeits⸗ ordnung hineinhaben, außerdem sollten die großen Lohn⸗ differenzen ein Grund zu dem neuen Ausstand sein. Die letztere Behauptung ist aber nicht stichhaltig, denn Differenzen in den ö wie sie im letzten Quartal des vorigen Jahres im Revier vorgekommen sind, sind auch früher regel⸗ mäßig vorhanden gewesen. Auch in dieser Beziehung ist übrigens inzwischen Remedur eingetreten. Wenn man nun das Verfahren der Direktion als durchaus loyal und ange⸗ messen bezeichnen muß, so bedauere ich, ein gleiches Lob dem Ober⸗Bergamt nicht spenden zu können. Hr. Warken ist einer der Hauptführer der ganzen Strikebewegung gewesen, er hat sich in der unangenehmsten Weise gegen die verschiedensten vorgesetzten Behörden ausgesprochen, so daß gegen ihn die gerichtliche Klage wegen Verleumdung erhoben werden mußte. Er behauptete, auf den Gruben herrsche eine Pascha⸗ wirthschaft, die Steiger mästeten sich mit dem Schweiße der Bergarbeiter und hätten die Gruben unausgesetzt bestohlen; das Militär sei nur dort gewesen, um die Spitzbuben vor den Bergleuten zu schützen. Den Wahrheitsbeweis zu er⸗ bringen gelang ihm nicht. Die Untersuchung ergab, daß im Ganzen höchstens 15 zum größten Theil bereits ent⸗ lassene Steiger sich Durchstechereien hatten zu Schulden kommen lassen. Der Abg. Dasbach spricht von einer großen Masse Steiger; in Wahrheit sind es 15 von 653 und zwar auf 30 Jahre zurück. Da kann man doch eher sagen, daß die Steiger sich bei der sehr geringen Besoldung einer großen Redlichkeit befleißigen. Warken ist zu sechs Monaten Ge⸗ fängniß verurtheilt worden, und das Reichegerich hat das Erkenntniß bestätigt. Er hat darauf eine ingabe an den

„Minister der öffentlichen Arbeiten um Wiedereinstellung ge⸗

richtet. Die Antwort des Ministers vom 13. Dezember 1889 weist dieses Gesuch ab unter Bezugnahme auf das unqualisizirbare Verhalten des Bittstellers nach Beendigung des Strikes, auf die maßlosen Schmähungen seiner Vorge etzten und auf die von ihm selbst engestanbenermaßen Zabr⸗ lang begangenen Un⸗/ redlichkeiten, die sogar eine Entlassung ohne Kündigung rechtfertigt hätten erscheinen lassen. Vor dem Ergehen dieses Zescheides erließ nun aber der Kommissar des Ober⸗Bergamts eine Bekanntmachung, daß die in Folge der Strikebewegung entfernten Bergleute im Wege der Gnade unter der be⸗

E116“

Hauptschicht besteht in We schicht, und auch im Rheinland und in Oberschlesien ist sie

werden müßte.

stimmten Zusicherung einer künftigen untadelhaften Führung 22 Bergarbeit wieder angenommen werden sollen, falls sie bei er Berginspektion darum nachsuchten. Dieser Gnadenerlaß hatte nicht im Geringsten die Beendigung des Strikes zur Folge,

sondern nur eine neue Versammlung der Strikenden, welche

auf benachbartem bayerischen Gebiet stattfand. Er hatte aber andererseits die bedauerliche Folge, das Subordinationsgefühl der Bergleute zu untergraben. Die Autorität der Beamten hat darunter erheblich gelitten, denn wenn ein Mann, der 15 Jahre lang den Staat betrogen, seine Vorgesetzten Spitz⸗ buben und Lügner genannt hat, wieder im fiskalischen Betrieb zugelassen wird, welchen Vers sollen sich die Bergleute daraus machen? Der Erlaß war aber auch ein großes Unrecht den Bergleuten selber gegenüber, welche gezwungen werden, zusammen⸗ zuarbeiten mit diesem Mann mit unreinen Händen. Ich be⸗ dauere, daß die allgemeine Landesverwaltung bei dem Dezemberstrike nicht wie im Mai verfahren ist. Damals wurde sofort Militär auf die Gruben gelegt und jeder Exzeß verhindert. Diesmal veranlaßte der Mangel genügenden Schutzes, daß 2000 arbeiten wollende Leute durch 1000 Strikelustige daran verhindert wurden. Jeder, der arbeiten will, ist berechtigt, Schutz zu verlangen. Sind die Polizei⸗ mannschaften dazu nicht ausreichend, dann müßten sie vermehrt werden. So lange das nicht geschieht, muß wenigstens das Militär zur Aushülfe kommen. Gewiß kann das leider ge⸗ störte Verhältniß zwischen den Arbeitern und der Direktion wieder hergestellt werden durch größere Fühlung der Letzteren mit den Arbeitnehmern. Es sind ja in dieser Beziehung bereits Schritte eingeleitet worden. Damit aber die Direk⸗ toren in den Stand gesetzt werden, diese größere Fühlung zu gewinnen, müssen sie entlastet werden von der mühseligen Schreibarbeit, es müssen die Inspektorenstellen wesentlich ver⸗ mehrt werden, es müssen auch auf den fiskalischen Gruben zur Wahrnehmung der Polizei Revierbeamte angestellt werden, denen man auch die Unfallversicherung übertragen könnte. Zu Musteranstalten gehören auch mustergültige Arbeiter, und um diese zu gewinnen, müssen die unsauberen Elemente entfernt werden. Dann werden wir wieder zu friedlichen Verhältnissen auf unseren Gruben kommen. Abg. Schmieding: Unsere Wünsche gehen dahin, einen vollen und dauernden Frieden zwischen Arbeitern und Arbeit⸗ gebern herzustellen. Um dies zu erreichen, ist ein gewisses Maßhalten nöthig. Die öffentliche Meinung kann Gefühls⸗ politik treiben und darin zu weit gehen. Was man der öffentlichen Meinung verzeiht, kann man aber noch nicht der Regierung verzeihen. Die Regierung muß der Vorwurf treffen, daß sie anfänglich einseitig Partei ergriffen gegen die rbeitgeber. Die Arbeitgeber haben das um so bitterer mpfunden, weil sie sich bewußt waren, opferfreudig mit⸗ gewirkt zu haben, die Botschaft Kaiser Wilhelm's I. durch die

Versicherungsgesetze in die Praxis zu übersetzen. Der Arbeit⸗ geber wird eben so gern und freudig bereit sein, den zweiten Theil der Sozialreform, den der jetzige Kaiser in die Hand

enommen, die Arbeiterschutzgesetzgebung, zu fördern. Die Ar⸗ eitgeber können aber verlangen, daß auch ihnen volle Gerech⸗ igkeit widerfährt; und es ist ja anzuerkennen, daß die Regie⸗ ung inzwischen in der Denkschrift zu einer vollständig ob⸗ ektiven Auffassung der Lage zurückgekehrt ist. Die Wünsche

der Arbeiter konzentriren sich wesentlich auf die Ab⸗ kürzung der Arbeitszeit und Erhöhung der Löhne; die Abkürzung der Arbeitszeit aber wiederum ist gerichtet

auf Beseitigung der Ueberschichten und Ermäßigung der

Fazeschicht Der Forderung auf Beseitigung der Ueber⸗

chichten stehe ich durchaus sympathisch gegenüber, wenn man

auch den gänzlichen Wegfall der Ueberschichten nicht anstreben kann. Es liegt nicht im Interesse der Arbeiter selbst, im Winter, wo die Anforderungen an die Bergwerke größer werden, sofort neue Elemente zur Arbeit heranzuziehen; es

ann ihnen vielmehr nur erwünscht sein, mit dem alten Stamm

unter Zuhülfenahme von Ueberschichten die Arbeit zu be⸗ wältigen. Ich möchte aber diese Ueberschichten auf ein bestimmtes Maß beschränkt und die Sache durch obliga⸗

Arbeiterordnungen geregelt sehen. In West⸗ werden bereits Ueberschichten nur verfahren im ändni auf Wunsch der Arbeiter. Die

tfalen in der achtstündigen Normal⸗

inzwischen in den meisten Fällen auf dieses Maß zurückgeführt.

Die Arbeiter verlangen nun die Einrechnung der je eine halbe Stunde dauernden Ein⸗ und Ausfahrt in die Normalschicht, die Bergwerksbesitzer dagegen volle acht Stunden Arbeit. Da die Konkurrenz auf dem Weltmarkte hierbei eine wesentliche

Rolle spielt, so könnte auch in diesem Punkte den Arbeitern

nur empfohlen werden, Maß zu halten. Das Streben nach

höheren Löhnen ist an sich durchaus gerechtfertigt, und wenn

der Arbeiter glaubt, auf einem anderen Wege als auf

dem des Massenstrikes nicht zu seinem Ziele zu kommen, so nehme ich es ihm auch nicht übel, wenn er den Massenstrike in Scene setzt; er macht dann doch nur Gebrauch von dem

Nittel, das ihm das Gesetz, die Koalitionsfreiheit, in die Hand

giebt. Aber der Massenstrike darf nicht mit dem Massen⸗

kontraktbruch verbunden sein. In dem Augenblick, wo dies geschieht, verläßt der Arbeiter den gesetzlichen und tritt auf den revolutionären Boden. Mit Recht ist deshalb erwogen worden, wie diesem Massenkrontraktbruch wirksam entgegenzu⸗ treten sei. Der Arbeiter ist durch unsere Gesetzgebung gegen jede vertragswidrige Kündigung der Arbeitgeber geschützt, der

ARrrbeitgeber hingegen ist gegenüber dem Massenkontraktbruch zur Zeit thatsächlich rechtlos. Im Uebrigen ist der Massen⸗

ausstand unter allen Umständen für beide Theile ein zwei⸗ schneidiges Schwert, und ich wünschte dringend, daß den Arbeitgebern der Kapitalverlust, den Arbeitern die Summe von Kummer und Elend erspart bleibe. Die Ursache des Strikes ist mir ein Räthsel. Wir leben aber einmal im Zeitalter der Strikes; er brach über uns herein wie eine Seuche; es

mußte gestrikt werden. Die Lohnerhöhung, die an sich berechtigt

war, wurde im Mai entschieden zu früh verlangt; damals waren

2 die Bergwerksbesitzer durchaus noch nicht im Besitze der besseren

Kohlenpreise. Heute aber sind jedenfalls die Löhne derartig, daß eine weitere Erhöhung nicht berechtigt erscheint, die Löhne sind

vom 1. Januar 1888 bis zum 1. Januar 1890 um 40 Proz. erhöht worden, und die Hauer, 50 Proz. der gesammten Belegschaft der Bergwerke, verdienen 4,70 täglich; ein

solcher Verdienst bietet eine durchaus auskömmliche Existenz.

Ein großer Theil der kleinen Beamten befindet sich heute in

wirthschaftlich ungünstigerer Lage als die Arbeiter. Die Arbeiter sollten auch bedenken, in eine um wie viel schlimmere

Lage sie kämen, wenn der einmal erhöhte Lohn

ren die Arbeitgeber wirklich die harten

durch den Gange der Verhältnisse wieder herabgesetzt

5

eldmenschen, dann würden sie es ruhig auf die Preise würden n, wir würden andererseits freilich vor stehen und bald würde ein Krach So sehr man auch für , so ist zu bedenken, kratie bald ein Herd en. Man sollte ihnen auch die starre Form des Gesetzes geben, dazu ist eine beweglichere ich habe mich gefreut, daß im d, die Arbeiteraus⸗ beiter, welche %⁄0 der ge⸗ fangen allmählich an, der ie Regierung hat allerdings ten gegenüber nicht immer die nöthige r ist eine offene Hand aber ebenso soll man botmäßigen haben! sgeführt, daß

egoistischen G einen neuen auf das Doppelte steige einer Landeskalamität

Arbeiter und Arbeitgeber treffen. Arbeiterausschüsse eingenommen sein mag daß sie bei der Hochfluth der Sozi kratie werden würd

Strike ankommen lassen:

der Sozialdemo nicht schon jetzt die Sache noch nicht genug wäre wünschenswerth, und Wege der Verwaltung vorgegangen wir schüsse einzurichten. Die guten Ar sammten Arbeiterschaft ausmachen, Verhetzung müde zu den verhetzenden Elemen Energie gezeigt. Für den guten Arbeite und ein wohlwollendes Herz nothwendig; eine kräftige, energische Faust für den un

bg. Letocha: In der Denkschrift wird au chlesien hauptsächlich durch die Presse und ihre aufhetzenden Artikel befördert worden sei, in seiner Dauer und in seinem Umfange daß die Behörden rechtzeitig geeignete Maßrege den Arbeitern in Bezug auf i Namentlich soll aber der Strik

der Strite in Oberst daß er dadurch beschränkt wurde, In ergriffen und hre Forderungen entgegenkamen. e deswegen keine so große Aus⸗ haben, weil in Oberschlesien die Löhn erhöht sein sollen. Dieser D überall beizustimmen. In der Presse habe i gefunden, sondern eher abmahnende und wa welchen die Arbeiter aufgefordert lieber in Petitionen vorzubringen. schlesien hauptsächlich dad Gruben in Oberschlesien

arstellung ist doch nicht ch keine Hetzartikel rnende Artikel, in wurden, ihre Beschwerden Der Ausstand ist in Ober⸗ urch gefördert worden, daß einzelne noch eine Herabsetzung ihrer Löhne als in Rheinland und Westfalen der Strike schon Wenn die Kohlenpreise im Steigen sind, ist es begreiflich, daß die Arbeiter daran Theil

versuchten, im Gange war. haben wollen.

Bergwerks⸗ höheren Kohlenpreisen

zugefallen ist. abgelaufen d erforderlich. Die Dauer der rmäßig lange geworden: oft dauerte die Arbeit

nur den Zwischenhändlern sobald die alten Kontrakte Erhöhung der Löhne dringen Schichten in Oberschlesien war eine übe 10 Stunden war die Normalschicht, aber 12 bis 14 Stunden. Auch in dieser Beziehung müssen die Wünsche der Arbeiter etwas mehr Berücksichtigung finden. Das Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird wieder ein besseres werden, wenn sich erstere an den Wohlfahrtseinrichtungen für die Arb Arbeiterhäuser, Unterstützungsfonds, der Arbeitsordnungen, Zufriedenheit wieder herstellen.

Die weitere Berathung wird vertagt.

(Schluß 4 Uhr.)

eiter mehr betheiligen. vernünftige Aenderung Verkürzung der Arbeitszeit werden die

Das Wirthschaftsjahr 1889.

Die wirthschaftliche Lage im Jahre 1889 ist im Laufe desselben auf Grund gelegentlicher Berichte über den Stand der einzelnen Gewerbszweige im Großen und Ganzen als eine sehr günstige bezeichnet worden. Ein abschließendes Urtheil ist frei⸗ lich auch jetzt noch nicht möglich, da zunächst die erst im Sommer fertigzustellenden Handelskammerberichte abgewartet werden und vor Allem auch der Waarenverkehr mit dem Auslande dem Werthe nach vorliegen muß. schwerlich etwas an dem bisherigen Gesammteindruck ändern, der überdies von den bereits seit Neujahr vorliegenden Be⸗ der Bremer, der Kieler und der

Indeß werden diese Belege

richten der Hamburger, Mannheimer Handelskammer bestätigt wird,

Die ersten Zahlenbelege für die Wirthschaftsbewegung des Jahres 1889 liegen in den ,Statistischen Monatsheften“ Sie liefern allerdings noch kein vollkommenes Material, da sie zunächst nur die einzelnen und ausgeführten

(Heft Januar 1890) vor.

Waarenmengen Gesammtresultat festgestellt zu haben, und da ferner die Werthberechnung für verkehr sowohl für die einzelnen Waarengattungen wie für die Gesammtheit noch aussteht. einen werthvollen Einblick in die Bewegung im Vergleich zu den Vorjahren, und es lassen sich bereits hieraus gewisse Merkzeichen ableiten.

Wir führen aus dem vorliegenden Material folgende Die Einfuhr von Getreide hat in dem vergangenen Jahre gegen das Vorjahr um 1 223 300 Doppel⸗ Centner zugenommen, die Ausfuhr um 152 900 D.⸗C. ab⸗ Die Einfuhr von Eisen hat um 38 300 D.⸗C. zu⸗, die Ausfuhr um 57 000 D.⸗C. abgenommen. fuhr von Erzen und Metallen nahm um 268 600 141 700 D.⸗C. Petroleum D.⸗C. zu, die Ausfuhr um 400 D.⸗C. ab. Kohlen vermehrte sich um 1 907 100 D.⸗C., die Ausfuhr verringerte sich um 810 200 D.⸗ steinen, Ziegelnꝛec. nahm un fuhr um 571 700 D.⸗C. ab. Nutzholz vermehrte sich um 628 141. verminderte sich um 109 257 D.⸗C.

Die Verminderung der Ausfuhr aller dieser Waaren⸗ gattungen (vom Petroleum abgesehen) 1 ichen; und wenn sie einem Ueberfluß von unabgesetzten ein Rückgang des wirthschaftlichen olgen sich bald fühlbar machen würden, Eindruck der Verminderung d verstärkt durch die starke stehenden Waarengattungen der Voraussetzung, daß die Produkt t und diese Voraussetzung wir erichte über den Stand der Gewerbe 1889 in erheblich größ Wenn trotzdem und fast nirgends Preisrü Gegentheil sind die Preise Laufe des Jahres gestieg ch den oben erwä

chließ erheblichem Auf

zusammenstellen, den Waaren⸗

Immerhin gewähren sie schon

Thatsachen an.

genommen.

Die Einfuhr von

C. Die Einfuhr von Mauer⸗ 127 900 D.⸗C. zu und die Aus⸗ Die Einfuhr von Bau⸗ und D.⸗C., die Ausfuhr

ist gewiß an sich kein nd in Hand ginge mit aaren im Inlande,

erfreuliches

zu konstatiren. er Ausfuhr wird Mehreinfuhr; die zum waren also, nicht nachgelassen d durch die partiellen bestätigt im Jahre handen, als im Vor⸗ keine Ueberproduktion eten sind im Eisen, Kohlen im die Thatsache

er ungünstige

erer Menge vor kein Ueberfluß, ckgänge eingetr für Getreide, wenn ferner hnten gelegentlichen Beri

befunden hat,

8 2*

Verringerung der Ausfuhr auf eine erheblich gesteigerte

Konsumtions⸗ und Aufnahmefähigkeit des inländischen Marktes hin. Es gilt dies insbesondere von Eisen, Erzen und Metallen, Petroleum, Ziegelsteinen, Bau⸗ und Nutzholz. Beim Getreide freilich dürfte die Verstärkung der Einfuhr in Verbindung mit der Abnahme der Ausfuhr sch durch die mittelmäßige Ernte (im Durchschnitt unter Mittel), also durch eine Verminderung der Produktion, erklären; die gleichen Erscheinungen in der Kohlenaus⸗ und Einfuhr erklären sich aus dem durch die Arbeiterstrikes veranlaßten Nachlassen der Produktion: da die Industrie der Kohlen bedarf, mußte sie eben von außen sich Zufuhr verschaffen.

Die gesteigerte Industriethätigkeit zeigt sich namentlich in der außerordentlichen Zunahme der Einfuhr roher Baumwolle (+ 58288 D.⸗C.), von Roheisen (+ 120 773 D.⸗C.), rohen Kupfers (+ 21 560 D.⸗C.), Hanf (+ 7545 D.⸗C.), von Roh⸗ seide (+ 300 D.⸗C.), roher Wolle (+ 9900 D.⸗C.), von rohem Blei (+ 2140 D.⸗C.), von rohem Zink (+ 1758 D.⸗C.). Von Textilfabrikaten haben eine Verstärkung der Ausfuhr Baumwollen⸗ garn, Jutegarn, Jutegewebe, seidene Strumpfwaaren, Damen⸗ hüte und Herrenhüte u. s. w. aufzuweisen. Weniger günstig sieht es mit der Ausfuhr von Maschinen und Lokomotiven aus; hiervon aber wird der inländische Verbrauch die Haupt⸗ ursache sein. Ebenso wenig günstig ist die Ausfuhr von Eisen⸗ draht, groben Eisenwaaren, Stabeisen ꝛc. Wenn trotzdem die Lage der Eisenindustrie als eine zufriedenstellende bezeichnet wird, so ist dies dem inländischen Verbrauch zu danken.

In den statistischen Tabellen springen ferner die Zahlen

der Salzausfuhr, die sich um 64 047 D.⸗C. vermehrte, auf der anderen Seite aber der Rückgang in der Ausfuhr von Bier (s;— 34301 D.⸗C.), Wein (—2545 D.⸗C.), Spiritus (— 8112 D.⸗C.), Melasse (— 43 341 D.⸗C.), Butter (— 6956 D.⸗C.) in die Augen. Die Zuckerausfuhr ist etwas (um 384 D.⸗C.) gestiegen, hat aber noch lange nicht das Jahr 1887 erreicht, dessen Ausfuhr um 97185 D.⸗C. höher als im Jahre 1889 war. Diese Zahlen in Verbindung mit der vermehrten Einfuhr von Getreide lassen den Rückgang der landwirthschaftlichen Gewerbe deutlich erkennen. Das Gleiche ergiebt sich aus dem Rückgang der Ausfuhr von Schweinen (— 354 921 Stück) und von Schaf⸗ vieh (— 590 044 Stück). Indirekt läßt sich freilich hieraus zum Theil wenigstens auch auf einen vergrößerten Konsum im Inlande schließen, zumal bei den Schweinen, welche seit dem Juli mit einem Einfuhrverbot betroffen worden sind, wodurch sich der Konsum der inländischen gesteigert haben dürfte. Die Spiritus⸗ und Zuckerindustrie hat allerdings wohl im Inlande nicht die genügende Abnahme ihrer Fabrikate gefunden, wie sich zur Genüge aus den gedrückten Preisen ergiebt. Die Charakteristik der wirthschaftlichen Verhältnisse, wie sie aus den vorstehenden Zahlengruppirungen hervorleuchtet, ist freilich nur erst noch unvollkommen, da wie gesagt die Werthberechnung fehlt und die gesammte Zusammen⸗ stellung der Waarengattungen nach der Menge noch unvoll⸗ ständig ist. Immerhin scheinen die Zahlen den Aufschwung der Industrie und der Konsumtionsfähigkeit des inneren Marktes zu bestätigen, während sie darthun, daß das land⸗ Töö Gewerbe nicht den entsprechenden Nutzen ge⸗ abt hat.

Statistik und Volkswirthschaft. Zur Arbeiterbewegung.

Aus Bochum schreibt man der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ unter dem 11. d. M.: Die außerordentliche Generalversammlung des „Rhei⸗ nisch⸗Westfälischen Bergarbeiter⸗Verbandes“ hat, ent⸗ gegen den weit verbreiteten Erwartungen, die Stellung des zeiti⸗ gen Vorstandes anscheinend nicht erschüttert; im Gegentheil gestalteten sich die Verhandlungen sehr zu Gunsten des⸗ selben. Die Mehrzahl der Redner trat für den Vorstand ein, und am Schlusse wurde demselben in aller Form ein Vertrauensvotum ausgestellt. An einer gegnerischen Kund⸗ gebung hat es indeß doch nicht gefehlt. Schon während der Ver⸗ sammlung wurden Flugblätter vertheilt, durch welche die „christlich und patriotisch gesinnten Bergarbeiter“ zu einer für den Abend in Aussicht genommenen Versammlung eingeladen wurden. Der Einberufer zu dieser Versammlung war der als ehe⸗ maliger Vorsitzender des Strikecomités bekannte Berg⸗ mann Joh. Weber, der die Anwesenden, unter denen sich sehr viele hiesige und auswärtige Delegirte befanden, bei der Eröffnung darauf aufmerksam machte, daß nur „christlich und patriotisch gesinnte Männer“ Zutritt hätten, die Sozialdemokraten aber ausgeschlossen seien. Die Versammlung ge⸗ staltete sich denn auch in der That zu einer lebhaften Demon⸗ stration gegen den Verbandsvorstand. Der Vorstand wurde „sozialdemokratischer Gesinnung“ beschuldigt. Die noch außer⸗ halb des Verbandes stehenden Bergarbeiter seien nicht „dumme Jungen“, wie sie genannt worden wären, sondern vorwiegend patriotische Männer, die mit der Haltung der Centralleitung nicht einverstanden wären. Das Mißtrauen gegen den Vorstand sei vorhanden und bringe, wie auch die vielen übertriebenen Forderungen, Uneinigkeit in den Verband. Wenn der letztere bestehen solle, und das wünschten doch wohl alle Bergarbeiter, so müßte die jetzige Centralleitung be⸗ seitigt werden.

Die gestern nach der „Germ.“ mitgetheilte Nachricht, daß viele

Zahlstellen (Zweigvereine) aus dem Rheinisch⸗Westfälischen Bergarbeiterverband ausscheiden werden, kehrt auch in anderen Blättern wieder. Die „Frkf. Ztg.“ bemerkt hierzu: Wenn die Nach⸗ richt richtig ist, steht dem Verbande der Bergleute ein harter Schlag bevor. Es sollen nämlich am 1. April 69 Zahlstellen ihren Aus⸗ tritt aus dem Verbande erklären, da sie mit der sozialdemo⸗ kratischen Spitze nicht einverstanden seien. Da der Verband im Ganzen 209 Zahlstellen umfaßt, würde mithin ein Drittel der Mit⸗ glieder verloren gehen. Diese 69 Zahlstellen dürften dann einen neuen Verband mit christlich⸗sozialer Spitze bilden. Der ehemalige Vorsitzende des Central⸗Strike⸗Comités, Johann Weber, hat Aussicht auf den Vorstandsposten. In Essen fand am 10. d. M. die Märzversammlung des Vereins der technischen Grubenbeamten statt, in welcher der Vorsitzende, Bergrath Schrader, wie wir demselben Blatt ent⸗ nehmen, u. A. sehr erfreuliche Mittheilungen über den Fortschrittt machte, welchen die Arbeiten der Verschmelzung der drei Knappschaftsvereine nehmen. Aus den Mittheilungen ging hervor, daß bei den Verschmelzungsvornahmen auch die Ansprüche der Grubenbeamten auf bessere Pensionirung zu einem befriedigenden Abschluß setehäben 88 8

Für die Kundgebungen zu Gunsten des achtstündigen Arbeitstages am 1. Nai d. J. ist jetzt e den Ge⸗ mäßigten und den Radikalen, die sich bisher über die Art der Feier nicht einigen konnten, ein Vermittelungsvorschlag gemacht worden, der nach der „Nat.⸗Ztg.“ Aussicht auf Annahme haben soll. Danach soll am 1. Mai bis in die ersten Stunden des Nachmittags gearbeitet, dann sollen in den größten Lokalen Fest⸗ lichkeiten veranstaltet werden, die sich aber im Wesentlichen auf ein Concert zu beschränken haben; ein Redner soll die Bedeutung der

Vermehrung Verbindung

Kundgebung und der Achtstundenbewegung darlegen. Dieser „Ver⸗ mittelungsvorschlag“ soll auch deshalb gemacht sein, um den zahl⸗