1890 / 73 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Mar 1890 18:00:01 GMT) scan diff

tischen Posten und die Beamten des Ausmwärtigen Amts haben unter hm sich gebildet; und wenn man das Genie auch nicht lehren und ernen kann, so werden die Ueberlieferungen von Fürst Bismarch's diplomatischer Kunst doch auf lange hinaus die deutsche Diplomatie erfüllen, welche unter ihm gearbeitet hat. Ddie innere Politik, die des Reiches, wie Preußens, ist natur⸗ emäß das Gebiet, auf welchem die Urtheile über Fürst Bismarck'’s staatsmännische Wirksamkeit am meisten auseinander gehen müssen. Hier haben auch wir nicht selten in der Opposition gestanden. Aber denn wir sie in diesem Augenblicke nicht rückschauend erneuern, so ist diese Unterlassung nicht lediglich darin begründet, daß uns, wie schon bemerkt worden, beute nur dem Danke und der Würdigung unvergeß⸗ icher Verdienste das Wort zu gebühren scheint. Wer in einem eltgeschichtlichen Momente, wie dem des Rücktritts Bismarck's vom olitischen Schauplatz, sich von den Gesichtspunkten der Tagespolitik u denjenigen historischer Betrachtung zu erheben vermag, der wird uch wo er selbst die innere Bismarck'sche Politik bekämpft bat, sie eit 1866 doch als den Ausdruck jeweilig starker, wenn nicht über⸗ iegender Strömungen im deutschen Volksleben anerkennen müssen. Indem Fürst Bismarck vermöge der beispiellosen Dauer seiner Amtsführung llmählich aus allen Parteianschauungen herauswuchs, ward er der Träger sehr verschiedener innerpolitischer Bestrebungen, wie diese wir ntersuchen heute nicht, wie weit mit Recht oder mit Unrecht, zum eil oder zum Schaden in der Nation nach einander überwiegenden Einfluß erlangten. Vielleicht ohne sehr tiefgehende innere Theilnahme at er doch thatsächlich die liberale Gesetzgebung Preußens und des Reichs in dem Jahrzehnt nach 1867 gefördert. In der nämlichen ealistischen Würdigung vorhandener mächtiger Strömungen hat er ann der Schutzzollpolitik, welche ihren neuen Siegeszug durch ganz uropa hielt, auch in Deutschland zum Durchbruch verholfen. Un⸗ gleich mehr seiner eigenen, Jahrzehnte vorher bekundeten Auffassung entsprach es, wenn Fürst Bismarck später eine posit ve Sozialpolitik Feröffnete, die bahnbrechend für ganz Europa gewirkt hat, bei uns und im Auslande die öffentliche Meinung zur Bekämpfung der sozialistischen Gefahr durch schöpferische Maßnahmen hinführte.... 1 8 Die ungeheure Mehrbeit des deutschen Volks, welche heute im Geesste in Dank und Verehrung um ihn geschaart ist, vereinigt sich in em Wunsche, daß er noch lange die Genugthuung haben möge, achsen und blühen zu seben, was in erster Reihe er geschaffen. Faustischer Geist war immer in ihm; und so darf er, stolz darauf, n dem vor allen Anderen von ihm errichteten Reiche „auf freiem

Es kann die Spur von meinen Erdentagen Nicht in Aeonen untergehen.“

Im „Hannoverschen Courier“ lesen wir:

„Zu keiner Zeit ist das Scheiden eines leitenden Ministers us dem Amte eine Begebenheit von derart weltgeschichtlicher Bedeutung ewesen, wie in diesem Falle. Auf dem Fürsten Bismarck haben seit

mehr denn einem Vierteljahrbundert die Augen der Welt geruht. Seinem

staatsmännischen Genius, seiner eisernen Entschlossenheit und uner⸗ schütterlichen Thatkraft ist es gelungen, inmitten von riesenhaft sich aufthürmenden Schwiexigkeiten aus dem geographischen Begriff

Deutschland das Deutsche Reich zu schaffen und zum Mittelpunkt

der europäischen Staatenwelt zu machen. ...

4 Heute ziemt es den Deutschen nur, des Dankes eingedenk zu ein, welchen wir dem Manne schuldig sind, der ein Vierteljahrhundert hindurch den nie rastenden Kampf um Deutschlands Einheit, Macht

und Größe geführt hat, dabei zu jeder Zeit als Erster

in der Bresche, niemals die Zahl der Feinde achterd, welche von rechts und links wider ihn anstürmten. Patriae inserviendo consumor im Dienste des Bater⸗

andes verzehre ich mich so lautete sein Wahlspruch und demselben getreu galt sein Fühlen und Denken ausschließlich dem Wohle Preußens und Deutschlands. Er achtete dabei nicht der Parteien Gunst oder Un⸗ gunst, nicht um Volksthümlichkeit war es ihm zu thun; er kannte zu gut die Wankelmüthigkeit der Massen, als daß er um den Beifall der Menge hätte bublen sollen, wie so mancher große Staatsmann vor ihm ge⸗ than. Ohne Ansehen der Person steuerte er auf das Ziel los, das er sich vorgesteckt und als das Beste erkannt hatte für das Heil der Gesammt⸗ heit. Niemand wird leugnen, daß dem Fürsten in seiner langen staats⸗

ännischen Laufbahn das Glück hold gewesen ist, aber wie kaum ein

Staatsmann je vor ihm hat er sich des Glückes stets würdig erwiesen. Um⸗ auscht von den Zurufen der den Erfolg anbetenden Menge, angespornt u immer neuen Thaten, blieb es doch sein höchster Stolz, der treueste

Diener und Vasall seines Königs und Kaisers zu sein. Während Freund und Feind fürchtete, daß der ihn beseelende Thatendrang ihn

fortreißen könnte auf der Siegesbahn, wußte er mit nie genug zu bewundernder Ruhe die ihn umdrängenden Heißsporne zu zügeln, atte er keinen anderen Wunsch, als das Erreichte zu sichern gegen ie Stürme der Zeiten.

8 Fürst Bismarck hat dem Welttheil die Segnungen des Friedens ährend zweier Jahrzehnte erhalten, obwohl der Zündstoff zu ver⸗ erbenbringenden Kriegen überall hoch aufgethürmt war. Das Verdienst können ihm selbst seine erbittertsten Gegner icht versagen. Wie oft glaubte Europva am Vor⸗ bende eines Weltbrandes zu stehen, und immer wieder gelang es der staatsmännischen Klugheit, Besonnenheit und Mäßigung des Fürsten, im entscheidenden Augenblick den glimmenden Funken zu

ersticken. Alle europäischen Staatslenker erkannten in dem deutschen

Reichskanzler, wenn auch oft widerwillig, ihren Meister an und die Nationen beneideten das deutsche Volk um den Mann, der es aus Zerrissenheit und Ohnmacht befreit und an die Spitze der Völker gestellt hat.“

Die „Weimarische Zeitung“ knüpft an den Rücktritt des Fürsten folgende Betrachtung:

„Nachdem Kaiser Wilhelm I. heimgegangen und Graf Moltke in den Ruhestand getreten, scheidet nun auch Fürst Bismarck von der politischen Thätigkeit. Damit schließt endgültig die große Zeit der

Wiedererstehung des Deutschen Reichs ab, auf die wir schon heute als Vergangenheit blicken, die als Gegenwart erlebt zu haben ein un⸗ endlices Glück gewesen ist, um das uns die nachgeborenen Eeschlechter beneiden werden, wenn sie den Blick rückwärts wenden auf jene Zeit des Werdens und des Reifens. Der Mittelpunkt

und Träger dieser Zeit ist Fürst Bismarck gewesen. Gewaltig steht

in ihrer ganzen Größe die Gestalt des Kanzlers vor unsern Augen, dessen Arbeit als Diplomat, Staatsmann und Volkswirth Deutsch⸗ land aus trauriger Ohnmacht zu einem neuen, mächtigen und blühen⸗ den Leben berufen und die Träume und Hoffnungen der Patrioten zu einer herrlichen Wahrheit gemacht hat, um dessen Besitz uns das Ausland beneidet und auf dessen Rath die Völker Europas zu lauschen gewohnt waren. Wer deutsch empfindet, wird im Augenblick, da dieser Mann, von dem das Wort volle Geltung hat: „Ihr werdet nimmer seines Gleichen sehen“, von der politischen Bühne abtritt, voll und ganz sich durchdrungen fühlen von der Dankesempfindung, die er ihm schuldet. Aber diese Gefühle der

Trauer und der Dankbarkeit dürfen durch keinen Pessimismus getrübt

werden. Gewiß ist die Lage, in der sich Deutschland heute befindet,

eine sehr ernste: die Reichstagswahlen haben gezeigt, wie uneinig und zersplittert, wie unklar die Nation in ihrem politischen Denken ist.

Eenste Krisen auf sozialem Gebiet scheinen im Anzug und die inter⸗

nationalen Verhältnisse sind nicht so gefestigt, daß kriegerische

Verwickelungen ausgeschlossen erscheinen müssen. Wir dürfen

darauf gefaßt sein, daß innerhalb wie jenseits der Grenzen sich

Bestrebungen mächtig regen, die auf die Zerstörung des

Bismarck'schen Lebenswerkes gerichtet sind und die seine geniale Kraft

immer von Neuem zu Boden zu drücken verstand. Aber, wenn auch die e

künftighin fihlen wird, wir dürfen doch mit Zuversicht der Zukunft

entgegengehen. Denn schneller noch als erwartet werden durfte, hat süc die politische Kraft des jungen Kaisers bewährt. Sicherlich weiß

iemand mehr als dieser selbst den Verlust im Rathe zu würdigen, den er durch den Rücktritt des Fürsten Bismarck erfährt und die

Trennung von ihm wird ihn schwer und schmerzlich berühren. Was

Wilhelm II. bisber gethan, ist wohl geeignet, ihm das Vertrauen

zu gewinnen. So wird er sich auch künftig beweisen.

In einem Artikel der freisinnig⸗liberalen „Weser⸗ Zeitung“ heißt es:

„Der Rücktritt des Fürsten Bismarck von seinen Reichs⸗ und Staatsämtern ist ein Ereigniß, das keines Deutschen Herz unbewegt lassen wird...

Eine weltgeschichtliche Persönlichkeit von solcher Bedeutung wird der Nachwelt als der Mittelpunkt des Zeitalters erscheinen. Und wir Zeitgenossen können nicht anders sagen als: mit Recht. Wenn auch sein großes Bild für jeden Standpunkt Licht und Schatten bieten wird, so kann doch Niemand leugnen, daß er durch seine ungeheure Thatkraft, durch die glänzendsten Gaben seines Geistes die einfluß⸗ reichste Persönlichkeit in der ganzen Weltgeschichte in den hinter uns liegenden drei Jahrzehnten gewesen ist, und daß er Werke geschaffen hat, welche auch die absehbare Zukunft noch bestimmen werden. Diese Werke werden ihn überdauern, sie werden nicht, wie Alexander'’s oder Napoleon's Reich, mit ihrem Stifter untergehen. 1b

Nicht jedes seiner Werke steht vor dem prüfenden Auge einwand⸗ frei da, aber in den besten und bleibendsten derselben ist er die Ver⸗ körperung des guten Genius des deutschen Volks. Das gilt vor Allem von der Einigung und Neugestaltung Deutschlands und von der großartigen Friedenspolitik, durch welche er die mächtigsten und unruhigsten Staaten unseres Welttheils zwang, ihre Begierden zu be⸗ zähmen und ihren und allen Völkern die Wohlthaten des Friedens zu lassen. Das sind Lorbeerkränze, die kein vernünftiges Urtheil seinem Haupte streitig machen kann. 8—

In der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten hat Fürst Bismarck sich eine beispiellos einmüthige Anerkennung im ganzen deutschen Volk errungen, selbst bei den Gegnern seiner inneren Po⸗

litik; die Feinde Deutschlands blicken mit ehrfürchtiger Scheu auf ihn.

Der Augenblick seines Scheidens drängt jedes andere Gefühl als das des Danks und der Bewunderung für diesen großen Mann in den Hintergrund. Wir fühlen uns um so mehr davon ergriffen, als seine innere Politik, die wir lange aufrichtig bewundert haben, uns später oft zu lebhaftem Widerspruch berausforderte. Deutschland steht an einem folgenschweren Wendepunkt. Möge die Zukunft unserm theuren Vaterland freundlich sein!“

In einem Artikel der „Kölnischen Zeitung“ heißt es:

„Wir sehen Deutschlands größten Staatsmann, den Begründer der deutschen Einheit, freiwillig von der Stelle scheiden, in der er seit 28 Jahren unausgesetzt für das Wohl und die Größe unseres theuren Vaterlandes gewirkt hat. Keiner hat mehr als er den Ruhestand ver⸗ dient, seine ganze amtliche Wirksamkeit war eine ununterbrochene Kette von Kämpfen, Mühen und Sorgen, und so reich sein Leben an Erfolgen gewesen, den größten Theil seiner wichtigsten Ersolge hat er leider nur im anfänglichen Widerspruch der kurzsichtigen und vor⸗ zeitig urtheilenden Mehrheit des deutschen Volkes errungen. Wenn heute von dieser selben Mehrheit der Verlust, der jetzt unser Vater⸗ land trifft, noch nicht so tief empfunden wird, wie es sein sollte, so ist die Ursache davon wohl auch in der Thatsache zu finden, daß der Fürst in den Stunden der Gefahr, die über unser Vaterland kommen könnten, wieder da sein wird, um seine Thätigkeit, seine Erfahrungen und sein Ansehen wieder in den Dienst seines Kaisers und seines Landes zu stellen.“ . . 1

An einer anderen Stelle führt dasselbe Blatt aus:

Kaiser Wilhelm II. bestieg den Thron und die Politiker gaben sich der Ueberzeugung hin, daß die milde Weisheit des Alters im innigsten Bunde mit dem brausenden Feuer edler Begeisterungs⸗ fähigkeit der deutschen Staatskunst für lange Zeit das Gepräge auf⸗ drücken werde. Unerwartet rasch wuchs die Gestalt des Kaisers kraftvoll, eigenartig und imponirend neben dem ehrwürdigen, ruhmbedeckten Manne der weltgeschichtlicheen Thaten empor. Wenn wir heute zurückblicken, so staunen wir über die zu⸗ kunftverheißende Triebkraft, welche eine derartige ungeahnte Ent⸗ wickelung in so kurzer Zeit ermöglichen tonnte. Der Monarch führte allen Adern des Staatskörpers frisches, rothes Blut zu und erfüllte den ganzen Umkreis staatlicher Thätigkeit mit den Lebens⸗ äußerungen einer scharfumrissenen, zielbewußten Persönlichkeit. Die deutsche Nation kann ihrem Geschicke nur dankbar sein, welches der Aera jener großen Männer, die das Reich begründet batten, einen Monarchen folgen ließ, der alle Bürgschaften dafür bietet, daß er das Reich nach innen wie nach außen zu schirmen wissen wird.... Deutschland wird nicht führerlos dastehen, sondern es besitzt einen kraftvollen, willensstarken Kaiser von ausgesprochenem Herrscherberuf, großer Arbeitskraft und strengstem Pflichtgefühl. Das Bewußtsein dieses kostbaren Besitzes würde uns die Zuversicht gewähren, daß die Nation auch in Zukunft allen innern und äußern Stürmen zu trotzen vermag.“

Der ‚Schwäbische Merkur“ schreibt über „das Werk Bismarck'’s: .

„Allgemein ist in Europa die Empfindung, daß mit dem Fürsten Bismarck der Hauptpfeiler der bestehenden Staatenordnung außer Wiksamkeit tritt. Schon hört man Besorgnisse, von anderer Sette Hoffnungen an dieses Ereigniß knuͤpfen; Recht behalten werden wohl diejenigen, die der Ansicht sind, daß, obwohl künftig der Hauptträger fehlt, dennoch das Gewölbe, das bisher auf ihm ruhte, unerschürtert bleiben wird. Es ist das Verdienst des Fürsten Bismarck, daß er ein dauer⸗ haftes Werk hinterläßt. Dies gilt vom Deutschen Reich, wie von den Schutzmaßregeln für den europäischen Frieden. Seine Staatskunst hat nicht bloß die deutsche Einheit aufgerichtet; sie hat auch bewirkt, daß diese Schöpfung sich im zeitgenössischen Geschlecht vollkommen eingewöhnt hat, ja die Kämpfe vergessen sind, die um sie geführt wurden. Obwohl sie einst nur gegen heftigen Widerstand hat durchgesetzt werden können, erscheint sie jetzt als das freiwillige Werk Aller, das Alle zu schützen bereit sind. Noch größer als die jeden Widerstand niederwerfende Energie war am „eisernen Karzler“ die Weisheit zu bewundern, mit der er von seinen Siegen den maßvollsten Gebrauch machte, die geschlagenen Gegner schonte, gewann, zu Freunden machte. Hatte er einen Vertrag abgeschlossen, so konnte man felsenfest ver⸗ trauen, daß er nie um eine Linie seine Befugnisse überschritt, ja man konnte sicher sein, daß er Schwächeren gegenüber nicht einmal von seinem vollen Rechte, geschweige denn von seiner Macht Gebrauch machen werde. Das ist es auch, was seiner europäischen Politik Vertrauen gewann und ihm selber ein schiedsrichterliches Ansehen verlieh oder genauer fast wider Willen aufnöthigte; denn er selbst pflegte es stets abzulehnen, und wo Streitigkeiten zwischen anderen Staaten zu schlichten waren, sich mit der bescheideneren Rolle des uneigen⸗ nützigen Vermittlers, des ehrlichen Maklers zu begnügen. Oft hat das Ausland anerkannt, daß niemals von gewaltiger Macht ein weiserer und bescheidenerer Gebrauch gemacht worden ist, als vom Leiter der deutschen Staatskunst seit 1870 geschah. Bismarck’s auswärtige Politik verfolgte in erster Linie den Zweck, Schutzwehren für die junge Gruͤndung des Deutschen Reichs aufzurichten, aber indem er dies that, begründete er zugleich eine Art von allgemeinem Friedensverein, der Jedermann offen steht, der nicht verbrecherische Hintergedanken hat, ein System von Staatenbündnissen, das die Freiheit, die Wohl⸗ fahrt und friedliche Entwickelung der Völker bezweckt. In seiner Schule ist ein Geschlecht von Staatsmännern herangewachsen, das, in denselben Grundsätzen verbunden, die Aufrechthaltung dieser wohl⸗ thätigen Friedenspolitik sich wird angelegen sein lassen. Was durch den genialen Willen des Einen ins Leben geführt worden ist, soll nun durch die Treue und Beharrlichkeit Aller erhalten werden. Eine unbedingte Bürgschaft gegen Friedens bruch besaßen wir auch in Bismarck nicht, und auch ihm galt als das beste Schutzmittel stets das wohlgeschliffene Schwert. So wird es auch in Zukunft bleiben. Aber es wird auch der feste Entschluß der bisher verbündeten Staaten und Völker bleiben, sich das lange bewahrte Gut des Friedens durch dieselben Mittel wie bisher zu erhalten.“

Auch das Ausland beschäftigt sich lebhaft mit dem Tages⸗ ereigniß. Das „Wiener Fremdenblatt“ sagt:

„In Betreff der Folgen des Rücktritts des Reichskanzlers Fürsten Bismarck sei es selbstverständlich, daß die auswärtige Politik des Deutschen Reichs nicht die geringste Aenderung erfahren

werde. Kaiser Wilhelm werde so wenig wie seine Vorgänger von

an den Bündnissen festhalten, welche zum marck gearbeitet, sei ein kräftiges Werk, eine gesunde natur emãße Schöpfung, deren echte Lebensfluth doch der Friede sei. Die hohe Ein⸗ sicht und das Pflichtgefühl des Kaisers Wilhelm vermehrten die Bürgschaften der Friedenspolitik. Die Begabung, der Charakter, die Stärke und die rastlose Thatkraft des Kaisers, die Vaterlandsliebe der deutschen Fürsten, die Opferwilligkeit der Nation und der große Z”g. 3 in ihr zu herrschen beginne, erfüllten mit Vertrauen für die ukunft.“

Aus Pest, 19. März, meldet „W. T. B.“: Sämmtliche Zeitungen heben die weittragende Bedeutung des Rücktritts des Reichskanzlers Fürsten Bismarck hervor und geben über⸗ einstimmend der Ueberzeugung Ausdruck, daß die Richtung der äußeren Politik des Deutschen Reichs in keiner Weise eine Aenderung erfahren werde. Der „Pester Lloyd“ sagt:

die ungarische Nation wird dem Fürsten Bismarck unge⸗ 1

minderte Freundschaft und ein treues Andenken für alle Zeiten bewahren. S

Die Londoner Blätter sprechen sich über die Bedeutung des großen Mannes in sehr sympathischer Weise aus. „Times“ und „Standard“ preisen insonders die ungeheuren Ver⸗ dienste des Fürsten um den europäischen Frieden. Die „Morning⸗Post“ meint, in der auswärtigen Politik werde der Einfluß des Fürsten Bismarck noch lange nach seinem etwaigen Rücktritt verspürt werden. In ihrer heutigen Ausgabe äußert sich die „Times“, einem Telegramm des „Wolss'schen Bureaus“ zufolge, in ihren Betrachtungen über den Rücktritt des Fürsten Bismarck dahin, daß der Zeitpunkt, in dem derselbe erfolge, besondere Bedenken nicht biete. Deutschland sei nie⸗ mals stärker und niemals einiger gewesen, als jetzt; zu keiner Zeit sei der Friedensbund Deutschland,

Oesterreich und Italien fester gewesen: er ruhe auf dem ge⸗

meinsamen Interesse der Aufrechterhaltung des status quo auf dem Kontinent. Es sei unmöglich zu prophezeien, was die Zukunft bringen könne, aber gegenwärtig scheine der Triumph der Friedenspolitik des Fürsten Bismarck gesichert. Das „Journal de St. Pétersbourg“ enthält sich vorläufig noch jedes Kommentars über den Rücktritt des Fürsten Bismarck, weist aber auf die Dienste ohne Gleichen hin, die Fürst Bismarck seinem Vaterlande geleistet habe.

Ueber den Eindruck, welchen die Nachricht von dem Rücktritt in Paris gemacht hat, berichtet die „Kölnische Zeitung“ von dort:

In den Blättern wird ausnahmslos die gewaltige, welt⸗ geschichtliche Stellung des Fürsten Bismarck anerkannt und ebenso meistens die friedliche Politik der letzten Jahrzehnte Daß die Franzosen dem „Manne, der Frankreich unter allen Lebenden am meisten geschadet“, großes Wohlwollen entgegenbringen sollten, ist nicht zu erwarten und es ist von ihrem Standpunkt aus erklärlich, daß sie ihn für die andauernde politische Beunruhigung und die schweren Kriegslasten verantwortlich machen, die Europa zu tragen hat. Eine widerwillig dargebrachte Anerkennung liegt in der vielfach ausgesprochenen Befürchtung, ob Deutschlands Politik, mit der man bisher als einem bekannten Faktor rechnen konnte, nicht minder friedliche Bahnen einschlagen oder doch wenigstens ihr Gewicht nicht mehr mit gleichem Nachdruck für die Interessen des Friedens in die Wagschale werfen werde. Der „Temps“, das führende Blatt der Republikaner, schreibt: „In Bismarck's Geiste deckte sich zweifellos der Gedanke des Weltfriedens

vollständig mit dem der deutschen Oberherrlichkeit, es war eine

Art pax germanica nach dem Vorbilde der pax romana. Nicht weniger offenkundig aber ist, daß Fürst Bismarck eine der hervor⸗ ragendsten Kräfte geworden war, die in unserm bis an die Zähne be⸗ waffneten Europa sich der Entfesselung jenes furchtbaren Krieges widersetzen, auf den alle Welt sich vorbereiter, den alle Welt erwartet und von dessen tragischer Möglichkeit alle Welt mit einer Art Schauder sich abwendet.“

Der Pariser „Sisecle“ schreibt: „Bismarck hat ein Anrecht darauf, daß wir uns vor ihm verneigen und ehrerbietig seinen Rück⸗ tritt begrüßen, denn seit Napoleon gab es in unserem Jahrbundert keinen Größeren, als Bismarck. Wir werden fortfahren, sein An⸗ denken zu verabscheuen, ihn aus ganzer französischer Seele zu hassen; aber wir werden ihn stets bewundern, als die hervorragendste Ver⸗ körperung des deutschen Patriotismus.“

Weiter heißt es zur Charakterisirung der Stimmung in Paris in einer anderen Correspondenz der „Kölnischen Zeitung“:

Die Sprache der Blätter bei der Beurtheilung des Rücktritts Bismarck's muß in Anbetracht des sonst herrschenden Bismarckhasses als äußerst maßvoll bezeichnet werden. Der Abgang des in Frank⸗ reich bestgehaßten Mannes erregt sogar geradezu das Gefühl des Be⸗ dauerns und der Beklemmung. Bismarcks friedliche Politik wird offen anerkannt; seinem Einfluß, heißt es, sei es zum großen Theil zu danken, daß die widerstreitenden europäischen Interessen noch nicht zusammengestoßen seien, er habe sich als die festeste Stütze und als kraftvollster Wächter des Friedens bewährt.“ .

Das Amsterdamer „Algemeene Handelsblad“ widmet dem Fürsten Bismarck einen Artikel vollen Lobes, der mit den Worten schließt; „Fürst Bismarck war kein Napoleon; gegen⸗ über den kleinen Nachbarstaaten mißbrauchte erdie Uebermacht nicht. Ganz Holland bringt dem großen Germanen seine Huldigung dar, denn er zwang der Welt Ehrfurcht für Deutschland ab.“

Auch jenseits des Oceans hat das Ereigniß einen großen Eindruck gemacht. Die „New⸗York⸗Times“ sagt, einem Wolff'schen Telegramm zufolge, Fürst Bismarck hinter⸗ lasse in Deutschland Niemanden seines Gleichen; er sei der große Deutsche, auf welchen alle Deutschen stolz hinblickten. Am Anfange seiner Laufbahn wäre Preußen nur die fünfte europäische Macht gewesen, bei seinem Rücktritte hinterlasse er Deutschland als die erste Macht der Welt. Der „New⸗York Herald“ meint: Bismarck hinter⸗ lasse durch seine Thaten ein ewiges Monument. Das Blatt spricht die Hoffnung aus, Deutschland werde wie Amerika nie Mangel an Staatsmännern haben, wenn die Verhältnisse sie fordern. Auch andere New⸗Yorker Organe werden de

deutung des Fürsten Bismarck gerecht.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Redacteur: Dr. H. Kle

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, . Berlin SW., Wilhelmstraße 32. 8

Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

dem strengen Einhalten der friedliebenden Richtung abweichen und 8 8 Nutzen der drei Reiche

geschlossen worden. Das Gebände, an dessen Aufrichtung Fürst Bis⸗ 5

anderweit

n Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich P

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 21. Müärz

reußischen St

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Bayern.

München, 20. März. (A. Z.) Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent übersandte mit den sämmtlichen Mit⸗ liedern des Königlichen und Herzoglichen Hauses seiner Schwester, der in Wien weilenden Frau Herzogin Adel⸗ gunde von Modena zu Höchstderen gestrigem Geburts⸗ tage die herzlichsten Glückwünsche. Aus Veranlassung des gestrigen Geburtstages der Herzogin Karl Theo⸗ dor wurden der hohen Frau allseitig Glückwünsche dar⸗

gebracht, vorab die sämmtlicher Mitglieder des Königlichen und Herzoglichen Hauses und die aller auswärtigen hohen Verwandten. Herzog Georg von Sachsen⸗Meiningen

ist gestern Nacht mit dem Berliner Schnellzuge hier einge⸗ troffen und im Hötel „Rheinischer Hof“ abgestiegen. Heute;

Vormittag 10 Uhr 40 Minuten reiste der Herzog über Verona nach Rom ab, um sich von dort nach Griechenland zu begeben.

Im heurigen Jahre begehen zahlreiche preußische Regi⸗ menter sämmtlich errichtet im Jahre 1815 mit Ge⸗ nehmigung des Kaisers das Jubiläum ihres 75jährigen Bestehens durch besondere Festlichkeiten. Auch zwei bayerische Truppentheile können im Jahre 1890 einen solchen Ehrentag feiern. Es sind dies das 1. Jäger⸗Bataillon (Garnison Kempten) und das 2. Schwere Reiter⸗Regiment (Garnison Lands⸗ hut). Das 1. Jäger⸗Bataillon wurde am 27. November 1815 durch König Max I. zu Salzburg errichtet, machte die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mit und nahm an den Schlachten und Treffen bei Beaumont, Sedan, Orleans, Coulmiers, Loigny und Beaugency⸗Cravant, sowie an der Belagerung und Einschließung von Paris Theil. Das 2. Schwere Reiter⸗Re⸗ giment wurde am 10. bezw. 24. September 1815 unter König Max I. zu Bar sur Aube als 2. Kürassier⸗Regiment errichtet und machte die Feldzüge 1866 und 1870/71 sowie die oben genannten Schlachten mit. Seit 1. April 1879 heißt es 2. Schweres Reiter⸗Regiment. Die bisherigen Regiments⸗ inhaber waren: Prinz Johann Nepomuk von Sachsen, Prinz Adalbert von Bayern und Kronprinz Rudolf von Oesterreich.

Sachsen. Dresden, 20. März. Se. Majestät der König hat,

wie das „Dresd. Journ.“ meldet, dem bisherigen Abtheilungs⸗

Direktor, Wirklichen Geheimen Rath Julius Hans von Thümmel unter Ernennung zum Staats⸗Minister die Leitung des Finanz⸗Ministeriums übertragen und den Auftrag in Evangelicis ertheilt.

Die Reise des Königs wird über Frankfurt a. M., Basel, Luzern, Mailand und Genua erfolgen. Die Ankunft in Nervi ist für Sonnabend, den 22. d. M., Mittags, die Uebersiedelung beider Königlichen Majestäten von dort nach Mentone für Montag, den 24. d. M., in Aussicht genommen. In Mentone werden der König und die Königin im „Hotel d'Italie“ Wohnung nehmen.

Durch Königliches Dekret an die Stände ist, nachdem dem König über den Stand der Verhandlungen in beiden Kammern der Ständeversammlung anderweit Vortrag erstattet worden ist, der Schluß der Sitzungen in beiden Kammern nunmehr auf den 26. März anberaumt worden.

Beide Kammern hielten heute Sitzungen ab. Die Erste Kammer ließ zunächst einstimmig und ohne Debatte auf Antrag ihrer 4. Deputation die Petitionen des landwirth⸗ schaftlichen Vereins in Zittau ꝛc. um Herabsetzung der Fortbildungsschulpflicht auf 2 Jahre auf sich beruhen und schloß sich alsdann ebenso den bezüglich der Petition der Vor⸗ stände des deutschen Vereins für Knabenhand⸗ arbeit ꝛc. von der Zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen an, nachdem der Medizinal⸗Rath Dr. Birch⸗Hirschfeldt in längerer

Rede auf die Entwickelung und den Nutzen des Hand⸗

fertigkeitsunterrichts eingegangen war. Weiter beschloß die Kammer auf Antrag ihrer zweiten Deputation, die zu Kap. 94 und 96 des Etats eingegangenen Peti⸗ tionen ständiger Lehrer um Verleihung der Staats⸗ dienereigenschaft, wenigstens Gleichstellung ihrer Pensions⸗ verhältnisse mit denen der Staatsdiener bez. Vermittelung der Erhöhung ihrer Gehaltsverhältnisse allenthalben in Ueberein⸗ stimmung mit den Beschlüssen der Zweiten einstimmig und ohne Debatte auf sich beruhen zu lassen. Die Kammer be⸗ willigte dann der Diakonissenanstalt zu Dresden als Beihilfe die Summe von 150 000 ℳ, belche im Kap. 63 Tit. 13 des Etats gemeinjährig mit einem Betrage von 75 000 transitorisch einzustellen sind und gewährte dann der Regierung die Ermächtigung zur Erweiterung und bez. Aenderung der Uebereinkunft mit der schwarzburg⸗rudolstädter Regierung, die Mit⸗ benutzung von Königlich sächsischen Landesanstalten betr., mittelst Namensaufrufz. Die Zweite Kammer er⸗ theilte auf mündlichen Bericht der Gesetzgebungs⸗Deputation den Gesetzentwürfen, betreffend eine theilweise Abänderung

der Notariatsordnung und die Beglaubigung von

Privaturkunden, unverändert bez. in der von der Ersten Kammer beschlossenen Fassung ihre Zustimmung, ebenso auf Antrag derselben Deputation dem Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Körung und Unterhaltung der Zuchtbullen, mit den beiden Aenderungen, daß die Körung kostenfrei erfolgen und die Einführung des Gesetzes bezirksweise auf Antrag der Amtshauptmannschaften unter Zustimmung der Bezirksversammlungen stattfinden soll; die von einer Minderheit beantragte Beseitigung der Bestim⸗

mung, daß Bullen, welche von ihrem Besitzer nur zur Bedeckung

des eigenen Viehes benutzt werden, dem Körzwang nicht unter⸗ liegen, wurde mit 44 gegen 20 Stimmen abgelehnt. Ferner bewilligte die Kammer für den Fal des Zustandekommens des Gesetzes zur Förderung der indviehzucht, der von der Regierung ge gemäß, nachträglich 85000 ℳ,

für d. n Fall des

8

Im weiteren Verlauf der Sitzung beschäftigte sich die Kammer mit Petitionen.

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Darmstadt, 20. März. (Darmst. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog begiebt sich heute Abend nach Berlin, um an dem Ordensfeste theilzunehmen. Im Gefolge Sr. Königlichen Hoheit befinden sich die Großherzoglichen Flügel⸗ Adjutanten Oberst Wernher, beauftragt mit den Funktionen des General⸗Adjutanten, und Hauptmann Freiherr Röder von Diersburg. 11““

Sachsen⸗Meiningen.

Meiningen, 19. März. (Ger. Ztg.) Se. Hoheit der Herzog hat am 17. d. M. eine Reise nach dem Orient an⸗ getreten. Die Rückkehr erfolgt im Juni.

8 8 b 1

Oesterreich⸗Ungarn.

Budapest, 19. März. (Wien. Ztg.) Das Unterhaus trat heute in die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die der heimischen Industrie zu gewährenden staatlichen Ver⸗ günstigungen ein. Die Vorlage wurde in der Generaldebatte angenommen und darauf die Spezialberathung begonnen.

Großbritannien und Irland.

London, 20. März. (A. C.) Der Marquis von Salisbury begab sich gestern nach Windsor, um sich von der Königin vor deren bevorstehender Reise nach dem Kontinent zu verabschieden.

Der bisherige portugiesische Gesandte am Hofe von St. James, Senhor d'Antas, reiste vorgestern auf seinen neuen Posten zu Paris ab. Der neuernannte hiesige Ge⸗ sandte, Senhor Freilas und die Mitglieder der portugiesischen Legation gaben ihm das Geleit.

Im Unterhause beantragte Sir Albert Rollit, konservativer Vertreter des Londoner Wahlbezirks Süd⸗ Islington, gestern die zweite Lesung einer Novelle zum Konkursgesetze, welche in der Hauptsache eine Ver⸗ schärfung letzteren Gesetzss in mancher Hinsicht be⸗ zweckt. So sollen Bankerotteure, die ihre Insolvenz⸗ Erklärung selber anmeldeten, bestraft werden, wenn sie unter falschen Vorspiegelungen Waaren sich auf Kredit ver⸗ schafften und diese Waaren alsdann unter ihrem Werthe ver⸗ pfändeten. Diese Vergehen sind bereits strafbar in Fällen, wo das Konkursverfahren von den Gläubigern eingeleitet worden ist. Die Vorlage verweigert auch die Ertheilung von Decharge an Bankerotteure, wenn die Dividende weniger als 10 Schillinge pro Pfd. Sterl. beträgt. Nach längerer Erörterung für und wider die Vorlage, woran sich auch Chamberlain, als der Urheber des Bankerottgesetzes von 1883, zu Gunsten der⸗ selben betheiligte, erklärte sich der General⸗Fiskal Namens der Regierung im Prinzip mit der Novelle einverstanden und erhob nur Einwände gegen gewisse Einzelheiten. Die Vorlage wurde schließlich in zweiter Lesung genehmigt und dem ständigen Ausschuß für Handel zur Begutachtung über⸗ wiesen.

Aus Colombo auf Ceylon meldet ein Telegramm des „Bureau Reuter“ vom 18. März:

Der Herzog und die Herzogin von Connaught besich⸗ tigten gestern die verschiedenen Sehenswürdigkeiten in Kandy und empfingen darauf eine Anzahl eingeborener Häuptlinge, welche ihre Loyalität gegen die Königin bezeugten. Am Nachmittag kehrten die Königlichen Hoheiten nach Colombo zurück. Nachdem sie einen Empfang im Queen’s House abgehalten hatten, schifften sie sich um Mitternacht nach China ein. Die Bai war prächtig erleuchtet.

In Halifavx eingegangenen Nachrichten des „R. B.“ aus Neufundland zufolge herrscht unter den dortigen Ein⸗ wohnern große Erregung über den jüngst zwischen Frank⸗ reich und Großbritannien beschlossenen modus vivendi in Bezug auf die Hummerfischerei. Die Legislatur von Neufundland erließ einen Protest gegen das, was sie als einen Eingriff in die Territorialrechte der Kolonie be⸗ trachtet, und wird die Anerkennung der Vereinbarung wahr⸗ scheinlich verweigern.

(W. T. B.) Unter dem Vorsitze des Marquis von Salisbury fand heute im Carlton⸗Klub eine zahlreich be⸗ suchte Versammlung der konservativen Partei statt, in welcher der Premier die Gerüchte von einer Auflösung des Parlaments als eitles Geschwätz bezeichnete und die Organisation der Partei im Hinblick auf die nächsten Wahlen empfahl. Sir Randolph Churchill wohnte der Versammlung nicht bei.

Nach dem dem Parlament vorliegenden Blaubuch empfiehlt die Königliche Kommission für die Unter⸗ suchung der Marine⸗ und Kriegsverwaltung die Einsetzung eines Marine⸗ und Armeerathes, welchem die Staatssekretäre der Marine und des Krieges, ihre techni⸗ schen Räthe und einige Offiziere von besonderer Erfahrung anzugehören hätten. Dieser Rath würde die Ausgabenbudgets der Marine⸗ und Heeresverwaltungen zu berathen haben, bevor das Ministerium dieselben feststellte, und würde alle Fragen zu erledigen haben, welche dem Seewesen und dem Landheer gemeinsam sind. Der Bericht der Kommission empfiehlt ferner verschiedene Aenderungen in der Verwaltung der Ministerien für die Marine und das Landheer, nament⸗ lich die Bildung einer besonderen Abtheilung der Mili⸗ tärverwaltung für die Bearbeitung der Mobilisirung der Vertheidigung und des Nachrichtenwesens. Ein neuer Offizier unter dem Namen „Stabschef“ soll diesem Departe⸗ ment vorstehen und auf 5 Jahre zu diesem Amte ernannt werden. Derselbe hätte alljährlich einen Bericht über die militärischen Bedürfnisse des Reiches einzureichen. Die Kom⸗ mission spricht sich ferner für die Errichtung eines besonderen Bureaus aus, welches die Aufgabe hätte, die Gleich— artigkeit und die Disziplin der Armee im ganzen Reiche zu sichern. Diese beiden Anträge werden durch Gründe der Opportunität unterstützt. Der Ober⸗Befehlshaber sowohl

chtzustandekommens aber nur 60 000

wie jeder Befehlshaber sollen künftig für die Oekonomie und

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den effektiven Bestand in ihrem Departement verantwortlich

sein. Der Bericht empfiehlt endlich noch die Einsetzung eines

besonderen Artillerie⸗Departements 8 Frankreich.

Paris, 20. März. (W. T. B.) Der Minister des Aeußern, Ribot, erklärte in dem heutigen Ministerrathe, er habe keinerlei Mittheilung bezüglich der von den Blättern gemeldeten Demission des Delegirten bei der Berliner Konferenz Delahaye und von dessen Fern⸗ leiben vom Diner bei Sr. Majestät dem Kaiser erhalten.

In der Deputirtenkammer beantragte heute der Abg. Turrel (Protektionist) die Regierung Betreffs des französisch⸗türkischen Handelsvertrages zu inter⸗ pelliren. Deloncle (Freihändler) wünschte die Regierung Betreffs der traurigen Lage Frankreichs bezüglich der alten Handelsverträge mit der Pforte zu inter⸗ pelliren. Die Regierung wird beide Interpellationen am Montag beantworten. Die Wahlen Naquet's und Loreau's wurden ohne Debatte für gültig erklärt.

Der „Temps“ meldet, daß bezüglich des Handels⸗ vertrages mit der Türkei Verhandlungen eingeleitet worden seien, um die im Vertrage enthaltene Meistbegünstigungs⸗ Klausel nur bis 1892 und nicht als perpetuelle aufrecht zu erhalten. Im Fall ein derartiges Uebereinkommen zwischen den Regierungen Frankreichs und der Türkei erzielt werde, würde solches den Kammern vorgelegt werden.

21. März. (W. T. B.) Wie verschiedene Blätter melden, ergab die gestern vorgenommene theilweise Mobili⸗ sirung der in Paris garnisonirenden Kavallerie befrie⸗ digende Resultate.

Nizza, 21. März. (W. T. B.) Zu Ehren des Groß⸗ fürsten Nicolaus fand gestern an Bord der „Formidable“ ein Dejeuner statt, bei welchem der Großfürst einen Toast auf die französische Marine ausbrachte, während der Admiral Dupetit Thouars auf das Wohl des Großfürsten trank. 3 Rußland und Polen.

St. Petersburg, 21. März. (W. T. B.) In einem

nenti der von einem österreichischen Blatte gemel⸗

Konzentrirung russischer Truppen an der afghanischen Grenze, konstatirt das „Journal de St. Petersbourg“: es herrsche vollkommene Ruhe an der Grenze und Nichts lasse eine Störung der bestehenden Verhäͤltnisse voraussehen. Das Journal bemerkt ferner, daß die Ver⸗ breitung dieser Nachricht nichts weiter als eine Spekulation gegen ruffische Werthe sei, was schon daraus hervor⸗ gehe, daß dieselbe zu einer Zeit verbreitet wurde, wo eine Kreditoperation Seitens der russischen Regierung bevorstand.

Schweiz.

Bern, 20. März. Nach einem Telegramm der „Perseverenza“ aus Rom hätte der schweizerische Bundesrath der italienischen Regierung mitgetheilt, daß er bereit sei, der südlichen Ausmündung des Simplontunnels auf italienisches Gebiet seinerseits zuzustimmen, gemäß dem Ver⸗ langen, welches die italienischen Delegirten auf der Berner Konferenz im vorigen Juni gestellt haben. Wie der „Bund“ jedoch, gestützt auf eingezogene Erkundigungen, melden kann, bestätigt sich diese Meldung nicht; es haben überhaupt in letzter Zeit in der Sache keine Verhandlungen mit Italien stattgefunden.

Die Grundlagen der Organisation der schweizerischen Befestigungs⸗Artillerie wurden letzte Woche in einer Konferenz besprochen, an welcher, außer dem Bundesrath Hauser als Präsidenten, die Hrrn. General Herzog als Waffen⸗Chef der Artillerie, Oberst Schumacher als Ober Instruktor dieser Waffe und Oberst Bleuler als Präsident der Befestigungskommission theilnahmen. Es ist nunmehr, wie der „Bund“ meint, anzunehmen, daß der Bundesrath ziemlich bald Beschluß darüber fassen werde.

Rumänien.

Bukarest, 20. März. (W. T. B.) Der Kronprinz von Italien begab sich heute mit dem König und dem Prinzen⸗Thronfolger nach Slanie, woselbst die Salinen einer Besichtigung unterzogen wurden.

Nach dem Bericht der Budgetkommission bezifferr sich die Einnahmen wie die Ausgaben auf 164 869 000 Francs, so daß ein vollständiges Gleichgewicht des Budget hergestellt ist. 11“ 1I1I1““

Bulgarien.

Sofia, 20. März. (W. T. B.) Der hiesige deutsch Konsul, Legations⸗Rath Freiherr von Wangenheim ha die bulgarische Regierung benachrichtigt, daß die russisch Regierung die Rechnung der rückständigen Okkupa⸗ tionsraten richtig befunden habe, und ersucht die erster den Betrag auf Rechnung der russischen Regierung bei der Niederländischen Bank zu deponiren. Der Kriegs⸗Minister prüft nunmehr den von der russischen Regierung eingesandten Ausweis Betreffs gelieferter Waffen und Munitionen.

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Amerika.

Vereinigte Staaten. New⸗York, 19. März. (A. C.) Der Weltausstellungs⸗Ausschuß des Re⸗ präsentantenhauses beschloß, keine Einladung an fremde Nationen zu richten, bis er sich überzeugt habe dcß Chicago für den Zweck der Ausstellung 10 000 000 Doll. gesammelt hat.

Dem Jahresbericht der Auswanderungskom⸗ missare für 1889 zufolge kamen im Laufe des verflossenen Jahres in New⸗York 349 233 Einwanderer an, d. h. 70 485 weniger als 1888.

Der für die Kriegsmarine der Vereinigten Staaten neu erbaute Doppelschraubendampfer „Newark“ wurde gestern von der Cramp'schen Schiffswerft bei Phila⸗ delphia vom Stapel gelassen. In 6 Monaten wird das Schiff ganz fertig sein. Es hat 4083 Tonnen

Wasserverdrängung, ist 328 Fuß lang und wird 12 6zöllige gezogene Hinterladegeschütze an Bord haben. Das

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