1890 / 73 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Mar 1890 18:00:01 GMT) scan diff

neue Schiff kostet 1 248 000 Doll. Das Marine⸗ Departement hat ferner eine Submission aus⸗ geschriebben für den Bau eines doppelschraubigen ge⸗ panzerten Kreuzers von 8150 Tonnengehalt, ähn⸗ lich dem englischen Kreuzer „Blake“ mit einer ovalen stählernen Panzerung. Der bloße Rumpf wird etwa 3 500 000 Doll. kosten. Die Armirung soll aus 4 achtzölligen ezogenen Hinterladekanonen und 16 vierzölligen schnell⸗ e Geschützen bestehen. 8

Egypten. Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Alexandria vom 20. März wird Stanley am 7. April nach Brindisi abreisen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die heutige (6.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Minister für Landwirthschaft ꝛc., Dr. Freiherr Lucius von Ball⸗ hausen, der Minister des Innern Herrfurth und der Justiz⸗ Minister Dr. von Schelling beiwohnten, wurde vom Präösidenten Herzog von Ratibor mit der Verlesung des folgenden Schreibens des Vize⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Ministers von Boetticher eröffnet:

Ew. Excellenz beehre mich ergebenst zu benachrichtigen, daß des Königs Majestät geruht haben, mittelst Allerhöchsten Erlasses vom 20. d. M. den Fürsten von Bismarck seinem Antrage entsprechend von der Stellung als Präsident des Königlichen Staats⸗Ministeriums

und als Minister der Auswärtigen Angelegenheiten zu entbinden, den kommandirenden General des X. Armee⸗Corps, General der Infanterie von Caprivi zum Präsidenten des Staats⸗Ministeriums zu ernennen und mit der Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten einstweilen den Staats⸗Minister, Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Grafen von Bismarck⸗Schön⸗ hausen zu beauftragen. Ew. Excellenz ersuche ich ergebenst, dem Hause der Abgeordneten hiervon gefälligst Kenntniß geben zu wollen. Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums. von Boetticher.

Auf der Tagesordnung stand zunächst die Vereidigung des neu eingetretenen Mitgliedes Freiherrn von Gersdorff auf die Verfassung.

Die Vereidigung erfolgte in der vorgeschriebenen Weise.

In einmaliger Schlußberathung wurde darauf der Ge⸗ setzentwurf, betreffend den Territorialersatz für die Abtretung der Braunschweigischen Hoheitsrechteüber die Goslarsche Stadtforst und den Rechtszustand der Stadtforst, ohne Debatte mit einigen vom Referenten Geheimen Ober⸗Justiz⸗Rath Eggeling beantragten redaktio⸗ nellen Aenderungen angenommen; ebenso unverändert die Gesetzentwürfe, betreffend Abänderungen der gesetzlichen Bestimmungen über des Ministers der öffentlichen Arbeiten und des Ministers für Handel und Gewerbe, und betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaus⸗ halts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1889/90, auf den Antrag des Referenten Ober⸗Bürgermeister König.

Der Ober⸗Bürgermeister Adickes berichtete sodann Namens der Kommission für Eisenbahn⸗Angelegenheiten über den Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der für Rech⸗ nung des preußischen Staats verwalteten Eisenbahnen im Betriebsjahre 1888/89 und empfahl den Kommissionsantrag, den Bericht durch Kenntnißnahme für erledigt zu erklären.

Graf von Mirbach trug in Anknüpfung an diesen Bericht eine Reihe von Beschwerden vor, die die Landwirth⸗ schaft des Ostens allgemein erhebe. Man dürfe den Aus⸗ wanderungsagenten durch Maßnahmen der Staatsbahn⸗ verwaltung ihr Handwerk, die Landbewohner zur Auswande⸗ rung nach Amerika zu verlocken, auch nicht indirekt erleichtern, zumal wenn man nach wie vor eine Ermäßigung der Getreidetarife nach dem Westen nicht eintreten lasse, und andererseits der Zuzug von polnischen und russischen Arbeitern als Ersatz verboten sei.

Der Regierungs⸗Kommissar Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Fleck erwiderte, daß bezüglich der ersteren Beschwerde den Gründen werde nachgegangen werden, welche die Direktion der Ostbahn zu ihrer Maßnahme veranlaßt hätten. Die Wünsche auf Ermäßigung der Getreidetarife nach dem Westen seien wiederholt erwogen worden, ihrer Erfüllung ständen aber die erheblichen Interessen der westlichen und süd⸗ lichen Landestheile entgegen.

Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode schloß sich den Ausführungen des Grafen von Mirbach in allen Theilen an, desgleichen bezüglich der Auswandererfrage, der sog. Sachsengängerei, Graf von Frankenberg, der gleichzeitig anfragte, ob der ermäßigte Tarif für Torfstreu weiter beibehalten werden würde.

Der Minister für Landwirthschaft ꝛc. Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen bemerkte, daß einseitigen Tarif⸗ ermäßigungen vom Osten nach dem Westen der Umstand ent⸗ gegenstehe, daß solche nach den Staatsverträgen auch dem Aus⸗ lande zu Gute kommen und eventuell den Zollschutz ganz be⸗

itigen würden. Für Torfstreu habe der Minister der Eisenbahnen die Fortdauer des ermäßigten Tarifs bis zum 31. August bereits angeordnet. Die Frage des Auswanderungs⸗ wesens werde noch erwogen; Abhülfe der Beschwerden werde wenigstens auf dem Gebiete des Agentenunwesens sicher zu erreichen sein. Den mißlichen Verhältnissen des Ostens werde die Staatsregierung unausgesetzt die lebhafteste Fürsorge widmen. Nachdem Graf von Mirbach und Graf UdozuStol⸗ berg⸗Wernigerode nochmals das Wort ergriffen hatten, wurde der Kommissionsantrag angenommen.

Der Bericht über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Zeitraums vom 1. Oktober 1888 bis dahin 1889, und der Bericht über die bisherige Ausführung von Bestimmungen verschiedener Eisenbahnverstaat⸗ lichungsgesetze wurden vom Hause ohne Diskussion durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (34.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Ange⸗ legenheiten Dr. von Goßler beiwohnte, theilte der Präsident ein von dem Vize⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums ein⸗ Pgangenes Schreiben mit, dessen Wortlaut bereits in dem

ericht über die Sitzung des Herrenhauses mitgetheilt ist.

Darauf wurde die Berathung des Etats des Ministe⸗ riums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten fortgesetzt und zwar beim Kapitel „Höhere Lehranstalten“.

Abg. Metzler erklärt, daß in seiner Vaterstadt Frank⸗ furt nicht, wie es nach den Aeußerungen des Abg. Stöcker scheinen könne, nur konfessionelle Schulen beständen, sondern nur die Volksschulen und Mittelschulen seien konfessionell, die höheren Lehranstalten wie in allen anderen Städten den Schülern aller Konfessionen geöffnet und Frankfurt sei stolz dakauf, daß durch dieses Verhältniß der Frieden unter den Konfessionen nicht gestört worden sei. 9

Abg. Bachem glaubt aus den Aeußerungen des Ministers schließen zu dürfen, daß die Schulverwaltung bemüht sei, auch in den höheren Lehranstalten möglichst den konfessionellen Standpunkt zu wahren. Dann wolle er aber die Zahlen, welche der Herr Minister gegeben habe, nach der katholischen Seite hin etwas ergänzen. Die Schüler der höheren Lehr⸗ anstalten seien zu 74 Proz. Evangelische, 17 Proz. Katholiken und 9 Proz. Juden. Die katholische Bevölkerung zähle 34 Proz. der Gesammtbevölkerung und damit stehe doch die Zahl der katholischen Schüler höherer Lehranstalten im Miß⸗ verhältniß. Da müsse eine Besserung herbeigeführt werden.

Abg. Rickert betont, daß es mehr in seiner Absicht ge⸗ legen habe, den Minister zum Sprechen zu veranlassen, als dem Abg. Stöcker, dessen Ansichten er ja kenne, zu antworten. Doch habe der Minister seine letzten Gedanken noch nicht aus⸗ gesprochen. Der Abg. Stöcker habe aber nicht bloß von einer schul⸗ technischen Frage gesprochen, sondern offen und versteckt die Juden verdächtigt, ihren Charakter als einen solchen bezeichnet, der geeignet sei, die christlichen Kinder zuzverderben, und ihnen die Förderung der Umsturztendenzen vorgeworfen. Das könne er nicht für harmlose Auseinandersetzungen halten. Der Abg. Stöcker halte die jetzige Zeit, wo so große Umwälzungen im inneren Leben sich vollziehen, für geeignet, sein 1880 begonnenes Werk wieder aufzunehmen; darin täusche er sich jedoch. Wenn der Abg. Stöcker besondere jüdische Schulen verlange, so widerspreche das den gesetzlichen Bestimmungen des Landrechts; und nun verlangten die Herren von der Rechten eine tief einschneidende Aenderung der Schulgesetzgebung. Die zweite Rede des Abg. Stöcker lasse keinen Zweifel über die antisemitische Tendenz. Wenn der Abg. Stöcker es für eines Parlamentariers unwürdig e. vonz Hetzreden zu sprechen, so müsse er (Redner) es ür unwürdig halten, daß ein Geistlicher solche Hetzreden gegen einen großen Theil unseres Volks halte. Des Abg. Stöcker Ver⸗ gangenheit sei ja bekannt; der Prozeß Bäcker habe ergeben, daß der Abg. Stöcker Behauptungen aufgestellt habe, die mit der Wahrheit nicht übereinstimmten. Wenn der Abg. Stöcker behaupte, der alte Fritz sei Antisemit gewesen, so ergäben die Schriften dieses Königs das Gegentheil. (Schluß des Blattes.) (Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Herren⸗ hauses und des Hauses der Abgeordneten befinden

sich in der Zweiten Beilage.)

Im 4. Wahlkreise des Regierungsbezirks Magdeburg Stadt Magdeburg) ist bei der Nachwahl zum Reichstage an Stelle des Schriftstellers von Vollmar, welcher für diesen Wahlkreis die Annahme des Mandats abgelehnt hat, der Sozialdemokrat Bock in Gotha mit 18 455 Stimmen, etwa 1200 Stimmen über die absolute Majorität, zum Mitgliede des Reichstages gewählt worden.

Meiningen, 20. März. (W. T. B.) Bei der Nach⸗ wahl für den 1. hiesigen Reichstags⸗Wahlkreis an Stelle Baumbach's, welcher doppelt gewählt war und sein hiesiges Mandat nicht angenommen hatte, wurde Thomas (bfrs.) mit 9660 Stimmen zum Reichstags⸗Abgeordneten gewählt; der Gegenkandidat Zeitz erhielt 6821 Stimmen.

Bei dem Herrenhause ist zu dem Gesetzentwurf, betreffend die Bildung von Rentengütern, von dem Grafen von Mirbach der Antrag eingebracht worden, dem §. 1 Absatz 4 folgende Fassung zu geben:

„Sofern das Rentengut durch Abgrenzung entsteht, muß es frei von den Hypotheken⸗ und Grundschulden des Grundstücks, von dem es abgetrennt wird, begründet werden.“

Das zweite Verzeichniß der bei dem Herrenhause eingegangenen Petitionen ist erschienen. Von den 44 Peti⸗ tionen sind 38 der Kommission für Petitionen, 4 der Kom⸗ mission für den Staatshaushalts⸗Etat und die Finanz⸗ angelegenheiten, 1 der Kommission für Agrarverhältnisse und 1 der X. Kommission überwiesen worden.

Im ersten Merseburger Wahlbezirk (Liebenwerda, Torgau) ist an Stelle des verstorbenen Gutsbesitzers Knauer der Rittergutsbesitzer Stephann auf Martinskirchen (freikons.) mit 298 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Ab⸗ geordneten gewählt worden. Der Rittergutsbesitzer Delius

2

auf Großtreben (nationalliberal) erhielt 3 Stimmen.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Sektion des Rechtsschutzvereins der Bergarbeiter der fiskalischen Gruben des Saargebiets lehnte, wie dem „Frankf. J.“ aus Saarbrücken geschrieben wird, einstimmig ein Eingehen auf die bekannte Resolutien der Herren Bunte, Schröder und Genossen, die eine Auslieferung der Gruben an die Arbeiter ver⸗ langt, ab. 8

Aus den Verhandlungen in den wiederholt hier erwähnten Bergmanns⸗Versammlungen, welche am letzten Sonntag in Dudweiler stattfanden, führen wir nach der „Saarbr. Ztg.“ noch folgende Einzelbeiten an. Der Bergmann Joh. Strauß I (Schiffweiler) verlangte, daß alle Gemaßregelten wieder angelegt würden, „weil Niemand dabci sei, der einen todtgeschlagen habe“. Ferner stellte der Berg⸗ mann Wilbelm Wunn (Dudweiler) folgende ungeheuerliche Forderung: „Wenn wir nun einmal striken sollten, so müßte ein Kontributions⸗ recht im ganzen Saarrevier eingeführt werden (Zuruf: Was ist das ?) Ich werde es sofort erklären. Der Fiskus muß verpflichtet sein, vom 3. Tage des Strikes jedem Arbeiter die Hälfte des Lohnes zu restituiren. (Einzelne Stimmen: Jawobl!) Der Schichtlohn beträgt im Durchschnitt 4 ℳ, also wären 2 zu verlangen. Und das muß uns schriftlich ge⸗ geben werden“. Redner verbreitete sich dann eingebend über die Lohn⸗ frage.“ Höchst merkwürdig sind auch die Angaben über die Zahl der an den Dudweiler Versammlungen Theilnehmenden. Kundige Augenzeugen haben berichtet, daß solche nicht 1000 überstig. Die „Dudweiler Zeitung; meint, es seien 2000. gewesen. In der „Trierischen Landeszeitung“ liest man: „In der gestern stattgehabten Versammlung der Bergleute des ganzen Saarreviers waren etwa 5000 Bergleute anwesend.“ Die „Saar⸗ zeitung“ berichtet: „Heute fanden in drei Lokalen Bergarbeiter⸗ Versammlungen statt, zu denen sich etwa 12, 000 Bergleute aus dem ganzen Saarrevier eingefunden hatten.“ Dem „Berliner Tageblatt“ telegraphirt man, 13,000 Mann seien es gewesen. Die Mrierische Landeszeitung“ berichtet: „Die Abgg. Dasbach und Fuchs erhielten ein Dank⸗ und Zustimmungs⸗ Telegramm Namens 18 000 Bergleuten des Saar⸗Kohlengebietes.“

Augenscheinlich bezweckt man mit diesen Zahlenübertreibungen der Dudweiler Versammlung eine größere Bedeutung zu geben, als sie in Wirklichkeit hat. 1

In der „Westf. Volkeztg.“ in Bochum befindet sich folgende Erklärung des Bergmanns Johann Weber, die wir nach der „Rh.⸗Westf. Zta.“ wiedergeben: „Wie ich aus der gestrigen Nummer der „Westfälischen Volkszeitung“ ersehe, hat der frühere Bergmann und jetzige Flaschenbierhändler Siegel aus Dorstfeld in einer Bergarbeiterversammlung zu Buer behauptet, ich hätte im vorigen Jahre aus der Strikeunterstützungskasse 100 unter⸗ schlagen. Indem ich diese Behauptung als eine bodenlose Ver⸗ leumdung zurückweise, sehe ich mich veranlaßt, einige milde Beiträge zur Charakteristik der Leute zu liefern, welche zur Zeit an die Spitze des Bergarbeiter Verbandes sich gedrängt haben und denselben durch ihr sinnloses Vorgehen zu Grunde richten: 1) Als im Mai vorigen Jahres von Berlin aus 307 an meine Adresse zu Unterstützungs⸗ zwecken gelangt waren, machte mir Bunte den Vorschlag, wir sollten das Geld miteinander theilen. Ich habe diesen Vorschlag mit Entrüstung zurückgewiesen. 2) An die Adresse von Schröder, Bunte und Siegel sind während des Strikes viele tausend Mark zu Unterstützungszwecken eingegangen, darunter aus Elberfeld zum Beispiel nicht weniger als 6000 Wo ist dieses Geld geblieben, resp. wie ist es verwandt worden? 3) Mit welchen Mitteln hat Hr. Siegel seine Reisen in Sachsen und Schlesien, Hr. Schröder seine Reisen im Saar⸗Revier bestritten? 4) Mit welchem Gelde haben die Hrrn. Siegel, Bunte und Schröder ihre Bier⸗, resp. Cigarrengeschäfte gegründet? Im Namen vieler Kameraden erbitte ich mir vorerst Auskunft auf diese Fragen. Sind dieselben beantwortet, so werde ich den Bieder⸗ männern weiter zu Leibe gehen. Was meine Kassenführung angeht, so hat mein Kassabuch der Staatsanwaltschaft zur Einsicht vorgelegen, und sind s. Z. die Gelder bei hiesigen Bürgern, bei denen ich dieselben, ehe ich verhaftet wurde, vor den langen Fingern gewisser „Führer“ in Sicherheit gebracht hatte, unversehrt aufgefunden worden. So stehen die Sachen, und nun bin ich neugierig, was die „Herren“ antworten werden.“

Das in dem Berich d sammlung von Berg⸗ leuten in gl. .69 d. Bl.) erwähnte Auf⸗ treten gegen das unge zenehmen der jüngeren Bergarbeiter bestand, der Ztg.“ zufolge, in folgendem von dem Deputirten Bauch eingebrachten Antrage: „In die Arbeits⸗ ordnung sollen folgende Bestimmungen aufgenommen werden: Die jugendlichen Bergarbeiter haben die älteren mit, Sie“ anzureden und zuerst zu grüßen; das Tabackrauchen ist den jüngeren Leuten in der Grube und in den Grubenräumen strengstens untersagt; Hauer und ältere Schlepper sind berechtigt, die jüngeren auch außerhalb der Grube zu verwarnen; Zuwiderhandlungen werden den Steigern an⸗ gezeigt und von der Verwaltung aus bestraft.“ Obgleich die Ver⸗ sammlung den in diesen Sätzen enthaltenen Gedanken zustimmte, wurde doch kein bestimmter Beschluß gefaßt. 3

Der Verband sächsischer Berg⸗ und Hüttenarbeiter in Zwickau soll in der diesjährigen Generalversammlung, welche am 23. d. M. in Oelsnitz i. E. stattfindet, einen Beschluß darüber fassen, ob und in welcher Weise der Verbandsvorstand in die Berg⸗ arbeiterbewegung bezüglich Schichtenzeit, Lohnregelungsfrage, Arbeiterordnung ꝛc. eingreifen soll.

Einer Meldung des „Braunschweiger Tabl.“ zufolge ist der Strike auf den Gruben „Prinz Wilhelm“ und „Nordschacht“ rach Aufbesserung der Löhne und Entlassung einer Anzahl fremder Arbeiter ebenfalls beseitigt. Auf allen Braunkohlenguben herrscht jetzt wieder vollständige Ruhe und ungestörter Betrieb.

Aus Weißenfels wird der „Hall. Ztg.“ über eine Lohn⸗ bewegung unter den Bergarbeitern der dortigen Gegend unter dem 19. d. M. geschrieben: Im Zeitz⸗Luckenauer Rexrier haben heute und gestern auf zwei Gruben die Arbeiter sich geweigert, unter den bisherigen Bedingungen anzufahren. Sie verlangen Sstündige Arbeitszeit, Lohnerhöhung, Abschaffung der Akkordarbeit. Den Bergwerksbesitzern ist diese Strikebewegurg, nach⸗ dem auf vielen Werken eine Lohnerhöhung um 10—14 v. H. bereits bewilligt, auf anderen zum 1. April eintreten soll, über⸗ raschend gekommen. Sie haben sich aber dahin geeinigt, gegen unberechtigte und unerfüllbare Forderungen geschlossen und energisch vorzugehen und sich nicht einer nach dem andern durch einen auf den einzelnen Gruben vom Zaune gebrochenen Strike zu Lohnerhöhungen über das Bewilligte hinaus zwingen zu lassen. In unserem Braun⸗ kohlenbecken liegen die Verhältnisse für die Arbeiter ungleich günstiger als in den rheinisch⸗westfälischen Steinkohlenrevieren.

Die „Voss. Ztg.“ berichtet aus Ratibor vom 19. d. M., daf sich die Walzwerkarbeiter der Redenhütte im Ausstand be finden; sie verlangen höhere Löhne.

In Bezug auf den Ausstand der Riemendrehergesellen in Barmen berichtet die „Elbf. Ztg.“, daß eine aus fünf Personen bestehende Deputation nach Berlin abgereist sei, um beim Minister des Innern gegen das Seitens der Polizeiverwaltung er⸗ gangene Verbot der Versammlungen vorstellig zu werden. Der „Barm. Ztg.“ zufolge hat vorgestern wieder eine beträchtliche Anzahl der Ausstehenden die Arbeit aufgenommen, sodaß die Zahl der Strikenden jetzt noch auf kaum 200 geschätzt wird.

Inzwischen wird heute vom „W. T. B.“ gemeldet, daß die Riemendrehereibesitzer in einer gestrigen Versammlung in Anbetracht, daß nur noch 170 Gesellen die Arbeit nicht wieder aufgenommen, beschlossen haben, die angekündigte Betriebssperre nicht eintreten zu lassen.

Aus Magdeburg meldet die „Magd. Ztg.“, daß die in der Fliesengießerei der Thonwaarenfabrik der Magdeburger Bau⸗ und Kreditbank beschäftigten Männer und Mädchen die Arbeit eingestellt haben; sie verlangen Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde. In der Nähmaschinenfabrik von Mundlos u. Co. strikt ein Theil der Arbeiter; hier verlangt man eine 20 % Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit. Auch in der Schröder'schen Dampfschneidemühle ist ein Strike aus⸗ gebrochen. Die Maschinenfabriken von Herm. Laaß u. Comp., Giesau, Rudolph u. Comp. sollen ihren Arbeitern zur Vermeidung eines Strikes schon Lohnaufbesserungen bewilligt haben. Ueberall, bemerkt das Blatt wieder, soll es sich in den übrigen Fabriken regen, um Erhöhung der Lohnsätze und Abkürzung der Arbeits⸗ zeit zu erringen.

Aus Aachen berichtet die „Köln. Ztg.“: Die bis zum 17. d. M. noch ausständischen Weber der Tuchfabrik von Julius Wehn haben die Arbeit freiwillig und ohne daß ihnen irgendwelches Zu⸗ geständniß gemacht worden wäre, aufgenommen. In der Tuchfabrik von Louis Spier dauert der Ausstand der Weber und Webe⸗ rinnen fort.

Aus Görlitz schreibt man der „Schles. Ztg.“, daß am Montag bei verschiedenen dortigen Bauten die Zimmergesellen von ihren Meistern entlassen worden, weil sie sich weigerten, die Vertrags⸗ bücher zu unterschreiben und sich der damit verbundenen Kontrole zu unterwerfen. Mehrere dadurch arbeitslos gewordene Gesellen bega⸗ ben sich auf andere Bauten, um dort die Gesellen aufzustacheln und zur Niederlegung der Arbeit zu veranlassen; zwei der Aufwiegler wurden verhaftet. Die Maurergesellen agitiren jetzt noch heimlich für den Strike; bestimmte Anzeichen sprechen dafür, daß eine Arbeitseinstellung wahrscheinlich nach dem Feste eintreten wird.

In Halle fand vorgestern eine Versammlung von Fabrik⸗ arbeitern statt, welche sich mit einem in der Fabrik von Vaas u. Littmann ausgebrochenen Strike beschäftigte. Es wurde, der „Hall. Ztg.“ zu⸗ folge, beschlossen, die Strikenden in ihrem Vorgehen zu unterstützen. Falls die Fabrik den geforderten Lohn⸗ satz (pro Stunde 5 und für die Ueberstunden 10 mehr) nicht bewilligt, soll der Strike fortgesetzt werden. Den Arbeitern der Dehne’schen Maschinenfabrik ist kürzlich eröffnet worden, daß am 1. April d. J. ihnen freiwillig eine Lohn⸗

erhöhung von 15 % für die Tagesarbeit und 20 % für die Ueber⸗

stunden gewährt werden solle.

arbeitern, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, weitere

sämmtlicher dortigen Maschinenfabriken

Hier, in Berlin, macht die Lohnbewegung unter den Fersenti⸗ ortschritte. Nachdem in den letzten Tagen über die hiesigen Firmen C. Het⸗ schingk, C. L. Schultze jr, C. J. Cabanis u. Sohn die Sperre verhängt worden, weitere Firmen aber in nächster Zeit für die Sperre in Aussicht genommen sind, ist gestern in einer Versammlung der Berliner Färberei⸗ besitzer beschlossen worden, zum 1. April eine Aufbesserung der Löhne eintreten zu lassen. Da diese Maßregel jedoch nur durch Erhöhung der Preise für Färberei⸗Arbeiten zu ermöglichen ist, ge⸗ langte der weitere Beschluß zur einstimmigen Annahme, der Kund⸗ schaft ungesäumt Kenntniß zu geben, daß die Anfang dieses Jahres festgesetzten Preise am 1. April eine Erhöhung erfahren werden.

Aus Stuttgart berichtet die „Frkf. Ztg.“: Zwischen den Schlossern und Maschinenbauern und ihren Arbeit⸗ gebern ist eine Einigung zu Stande gekommen, worüber das „N. Tagbl.“ das Nähere mittheilt: Die Forderung einer zehn⸗ stündigen Normalarbeitszeit ist angenommen, letztere wird in sämmtlichen Werkstätten Stuttgarts am 31. März eingeführt. Die Frage der Lohnerhöhung ist derart geregelt, daß die Arbeiter für zehnstündige Arbeitsleistung den gleichen Taglohn erhalten wie seither bei 11 stündiger Arbeits⸗ zeit; zudem ist ihnen noch ein besonderer Zuschlag von 5 % bewilligt worden. Die weiteren Forderungen der Arbeiter sind durch Entgegen⸗ kommen von beiden Seiten erledigt worden, so daß es zu dem be⸗ fürchteten Ausstand nicht kommt. Die Bewegung im Flaschner⸗ gewerbe dauert fort, die bisherigen Unterhandlungen haben noch zu keinem Ziel geführt. Als neuestes in der gegenwärtigen Arbeiter⸗ bewegung hier ist ein in Aussicht stehender Gärtnerstrike zu ver⸗ zeichnen.

Zum Ausstand der Grubenarbeiter in England meldet „W. T. B.“ aus London: Die Konferenz der Grubenbesitzer mit den Delegirten der ausständigen Grubenarbeiter hat heute in Westminster stattgefunden. In derselben wurde eine Einigung erzielt. Die Grubenbesitzer boten den Delegirten eine Lohnerhöhung von 5 % jetzt und eine gleiche Lohnerhöhung am 1. August an. Die Delegirten nahmen diesen Vorschlag an und die Arbeit wird nunmehr sofort wieder aufgenommen werden. 8. 8

Zur Lage der Zuckerindustrie

stellen wir hier einzelne neuere Mittheilungen aus verschiedenen Be⸗ zirken zusammen. 8

Im Regierungsbezirk Potsdam hat die diesjährige Betriebszeit der Zuckerfabriken bis Mitte Dezember gedauert, entsprach jedoch nicht den gehegten Erwartungen. Wenngleich die Rübenernte an Menge eine recht ergiebige war und rund 200 Ctr. und darüber vom Morgen gewonnen wurden, so blieb doch der Zuckergehalt der Rüben gegen den des Vorjahres um 1 ½ bis 2 % zurück. Die hierdurch bedingte Er⸗ höhung der Fabrikationskosten wurde durch die geringe Steigerung der Preise des Zuckers nicht ausgeglichen.

Auch in Posen haben die Zuckerfabriken ihre Campagne ge⸗ schlossen. Obwohl der Zuckergehalt der Rüben durch Regenwetter kurz vor der Ernte etwas beeinträchtigt worden, ist doch die Ausbeute eine gute gewesen; die Lage der Zuckerindustrie ist daher trotz der neuerdings etwas gefallenen Zuckerpreise eine befriedigende.

Im Regierungsbezirk Breslau hatte die Rübenzuckerfabrikation ein reichliches und zum Theil sehr gutes Rohmaterial, die Ver⸗ arbeitung ging gut von Statten, aber die Zuckerpreise gingen zurück. Ueber die Rentabilität der Zuckerproduktion der inzwischen beendeten Zuckercampagne war bis jetzt ein Urtheil noch nicht zu gewinnen.

Im Hannoverschen ist die Campagne der Zuckerfabriken in Folge des vermehrten Anbaues von Zuckerrüben und der guten und ergiebigen Rübenernte fast überall etwa 14 Tage später als sonst beendet worden.

ur Lage der Landwirthschaft.

Die 1889er Ernte stellt sich im Regierungsbezirk Potsda eine sehr wenig günstige dar. Der Getreideertrag ist weit hinter dem einer Mittelernte zurückgeblieben und die inzwischen gestiegenen Korn⸗ preise vermögen den Schaden, welchen der Mengeausfall gebracht hat, nicht auszugleichen, weil die Landwirthe im Allgemeinen nur wenig Getreide zum Verkauf übrig haben. Besonders fühlbar macht sich der geringe Strohertrag, namentlich wo nur wenig Kles⸗ und Wiesenheu eingebracht worden ist. Soweit Waldbesitz vorhanden, wird dort bereits seit längerer Zeit Laubstreu in den Ställen ver⸗ wendet, in einigen Kreistheilen haben jedoch die Besitzer schon jetzt auf Verminderung ihres Viehbestandes Bedacht genommen, und wenn sie auch in Anbetracht der gegenwärtig günstigen Viehpreise gegen einen augenblicklichen Schaden bei dem Verkaufe gesichert sind, so tritt doch hierdurch die bei jeder Einschränkung der Viehhaltung un⸗ ausbleibliche Benachtheiligung des landwirthschaftlichen Betriebes für die Folgezeit ein.

Auch im Regierungsbezirk Köslin ist die Landwirthschaft trotz der besseren Getreide⸗ und Viehpreise in Folge der vorjährigen schlechten Getreideernte nach wie vor in übler Lage. Der Stroh⸗ mangel bereitet große Verlegenheiten; er würde sich noch fühlbarer machen, wenn nicht die im Allgemeinen gute Ernte an Kartoffeln und Rüben die Verluste ausgliche.

Kohlenproduktion und wirthschaftliche Lag

e.

Die Förderung und der Absatz von Steinkohle in Nieder⸗

schlesien haben, wie uns von dort geschrieben wird, im verflossenen Vierteljahre gegen das Vorvierteljahr erheblich zugenommen. Die Förderung stieg von 783 805 auf 876 453 t und somit um 11,9 %, desgleichen der Absatz von 727 430 auf 809 060 t oder um 11,2 %ỹ. Gegen das vierte Vierteljahr des Vorjahres ist die Förderung um 1,6 und der Absatz um 0,1 % gestiegen. Der vermehrten Förderung entsprechend wurden im Berichts⸗ vierteljahre 14 981 Arbeiter gegen 14 032 im Vorvierteljahre, also 949 oder 6,7 % mehr beschäftigt. Gegen das gleiche Vierteljahr des Vorjahres ist eine Zunahme der Belegschaft um 7,3 % zu verzeichnen. Der Gesundheitszustand der Arbeiter war befriedigend; die Zahl der tödtlichen Verungluückungen betrug 3. —In den industriellen Gebirgskreisen waren die Arbeiter in den Fabriken bei ausreichenden Löhnen voll beschäftigt, nur die Lohnweber, welche in ihrer Behausung arbeiten, klagten über unzureichenden Ver⸗ dienst. Ein großer Theil der Weberbevölkerung im Kreise Glatz, namentlich die kräftigeren Arbeiter, suchten und fanden in den neu⸗ erschlossenen Steinbrüchen bei Friedrichsdorf und Rückers bessere und lohnendere Beschäftigung.

Die Tauf⸗ und Trauungsziffer der evangelischen Gemeinden in Berlin.

In allen Landestheilen Preußens ist man der alten Sitte treu geblieben, die Kinder taufen und die Neuvermählten kirchlich trauen zu lassen. Nur die Landeshauptstadt macht hiervon eine Ausnahme, und namentlich bei den kirchlichen Trauungen ist der Ausfall recht be⸗ deutend; doch haben sich auch in Berlin in den letzten Jahren diese Zustände erheblich gebessert.

Im Jahre 1888 wurden nach dem kürzlich erschienenen Hefte 107 des amtlichen Quellenwerks „Preußische Statistik“ in Berlin 36 564 Kinder evangelisch getauft und 8688 Paare evangelisch getraut. Unter den ersteren befanden sich 29 983 Kinder aus rein evangelischen Ehen, 2577 aus evangelischen Mischehen und 4004 uneheliche Kinder evangelischer Mütter; unter der Gesammtzahl der Trauungen waren 7993 solche rein evangelischer Paare und 695 dergleichen evangelischer Mischpaare. .

Vergleicht man diese Angaben mit der Zahl der in demselben Jahre bei der evangelischen Bevölkerung vorgekommenen Lebend⸗ geburten bezw. Eheschließungen, so wurden von je 100 Lebendgeborenen

getauft Kinder aus rein evangelischen Ehen 87,9, Kinder aus evan⸗-

gelischen Mischehen 108,0, uneheliche Kinder evangelischer Mütter 76,5, während für das gesammte Staatsgebiet sich die betreffenden Ver⸗ hältnißzahlen auf 96,7 bezw. 86,6 und 86,3 beliefen. Taufen von Kindern aus evangelischen Mischehen, deren Anzahl bei der Berech⸗ nung des Prozentsatzes naturgemäß nur zur Hälfte in Ansatz gebracht werden, kommen also in Berlin verhältnißmäßig häufiger vor, als im ganzen preußischen Staat durchschnittlich; nur die Regierungs⸗ bezirke Posen, Merseburg und Lüneburg weisen in dieser Beziehung noch günstigere Taufziffern auf. Dagegen sind die Antheile der ge⸗ tauften Kinder aus rein evangelischen Ehen und von unehelichen Müttern niedriger als in jeder Provinz oder in jedem Regierungs⸗ bezirke des Staats. Welche Aenderungen im Laufe des letzten Jahr⸗ fünfts auf diesem Gebiete vor sich gegangen sind, erhellt aus folgender Nachweisung. Von je 100 in Berlin Lebendgeborenen wurden getauft b Kinder Kinder uneheliche im Jahre aus rein evang. aus erang. Keinder erang. Ehen Mischehen Mütter 1884 85, 108,0 1 8— 8 . 886 ö6 1901,9 1887 S 1007 1888 108,0 5.

Auf je 100 bürgerliche Eheschließungen entfielen in Berlin bei rein evangelischen Paaren 63,8, bei evangelischen Mischpaaren 61,8 Trauungen gegen 93,0 bezw. 91,1 im Gesammtstaat. Die Ber⸗ liner Trauungsziffer für die erstere ist die niedrigste, dagegen ist diejenige für evangelische Mischpaare immer noch höher als in ver⸗ schiedenen anderen Landestheilen (Regierungsbezirke Gumbinnen, Münster, Aachen und Sigmaringen). In den letzten fünf Jahren entfielen in der Landeshauptstadt auf je 100 bürgerliche Ehe⸗ schließungen:

—₰—

—9ᷣ=S

—2ög2ö=g2ög

œroroe

bei rein bei evang. cvangel. Misch⸗

61,0

58,5

61,2

62,8

63,8 1

Trauungen, während in den ersten Jahren nach der Einführung des Civilstandsgesetzes, nämlich 1875, nur 27,2 bezw. 16,5, 1876 nur 29,9 bezw. 21,2, 1877 aber 32,1 bezw. 24,7 % der betreffenden Paare ihre Ehebündnisse kirchlich einsegnen ließen.

im Jahre

8

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Der Deutsche Verein für öffentliche Gesundheits⸗ pflege

wird seine diesjährige Versammlung in Braunschweig in de 2g vom 13. bis 16. September 1890, unmittelbar vor der am 18. Sep tember beginnenden Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzt in Bremen, abhalten. Die vorläufige Tagesordnung, wie sie Ausschuß in seiner vor Kurzem in Frankfurt a. M. abgehalt Sitzung festgestellt hat, umfaßt folgende Berathungsgegenstände: Krankenhäuser für kleinere Städte und ländliche Kreise, Filteranlag für städtische Wasserleitungen, Kühlhäuser für Schlachthöfe, Des⸗ infektion von Wohnungen, Das Wohnhaus der Arbeiter, Baum⸗ pflanzungen und Gartenanlagen in Städten. Beitrittserklärungen zu dem Deutschen Verein für öffentliche Gesundheitspflege (Jahresbeitrag 6 ℳ) sind an den ständigen Sekretär des Vereins, Dr. Alexander Spieß, Frankfurt a. M., Neue Mainzerstraße 24, zu richten.

Kunst und Wissenschaft.

Religionsbekenntniß und Lebensalter der auf den preußischen Universitäten unter Einbeziehung von Münster und Braunsberg Studirenden.

Während an der männlichen preußischen Bevölkerung die vangelischen mit 64,2 %, die Katholiken mit 34,2 % und die Juden mit 1,3 % antheilig sind, waren unter den auf den preußischen Universitäten (Münster und Braunsberg eingeschlossen) studirenden Preußen 1886/87 nach der „Statistik der preußischen Landes⸗ Universitäten 69,9 % evangelisch, 20,1 % katholisch und 9,6 % jüdisch. Di Abweichung der konfessionellen Zusammen⸗

ies setzung der Studentenschaft von der der männlichen Bevölkerung entspricht im Ganzen der gleichartigen Erscheinung bei den Schülern der höheren Lehranstalten; auch unter diesen waren nach dem „Sta⸗ tistischen Handbuch für den preußischen Staat“ im Winter 1885/86: 72,5 % evangelisch, 17,6 % katholisch und 9,7 % jüdisch. Beide Erscheinungen lassen sich auf dieselben Ursachen zurück führen. Als erste derselben sind die Wohlhabenheitsverhältnisse der betreffenden Bevölkerungstheile, demnächst die Vertheilung der evan gelischen bezw. katholischen und jüdischen Bevölkerung auf die Städte und das platte Land zu bezeichnen. Die ärmste Bevölkerung kann ihre Söhne begreiflicherweisse am wenigsten auf die höheren

2 2 5 . 9

Lehranstalten schicken und studiren lassen, namentlich wenn sie

verhältnißmäßig mehr dem der höheren Schulen entbehrenden

platten Lande als den Städten ngehört. Beides trifft

bei den Katholiken zu, und dadurch erklärt sich der Ausfall, den die Angehörigen dieses Bekenntnisses im jugendlichen Nachwuchs der ge⸗ bildeten Schichten haben, ungezwungen. Das Mehr bei den Evange⸗ lischen und den Juden läßt sich umgekehrt aus der größeren Wohl⸗ habenheit und daraus herleiten, daß die Bevölkerung beider Bekennt⸗ nisse, insbesondere die jüdische, im Ganzen verhältnißmäßig

unter der städtischen Bevölkerung vertreten ist; denn es

der Evangelischen und 82 % der Juden in Städten, während das bei den Katholiken nur mit 31 % der Fall ist.

Was die Zusammensetzung der Studentenschaft der einzelnen Fakultäten nach dem Religionsbekenntniß anlangt, so zeigen zunächst die juristische und die medizinische eine ganz verschiedene konfessionelle Zusammen⸗ setzung: von den reichsinländischen Rechtsbeflissenen waren 7 evangelisch, 19,5 % katholisch und 8,9 % jüdisch, inländischen jungen Medizinern dagegen 58,8 % evan katholisch und 19,6 % jüdisch. Unter den Juristen fi nach erheblich mehr Evangelische als unter den Medizin weniger Katholiken und sehr viel weniger Juden; letztere sir in der medizinischen Fakultät so stark vertreten, daß hier fünfte Student ein Jude ist. Von den der phil is angehörigen Reichsinländern entfielen 75,7 % auf die Evangelischen, 16,4 % auf die Katholiken und die Juden. 1 5

Die im Durchschnitt des Studienjahres 1886,87 auf den preußi⸗ schen Universitäten studirenden Reichsinländer vertheilen sich auf die einzelnen Fakultäten wie folgt: mit 20,1 % auf die evangelisch⸗theo⸗ logische, mit 4,6 % auf die katholisch⸗theologische, mit 16,2 % auf die juristische, mit 27,6 % auf die medizinische und mit 31,5 % auf die philosophische Fakultät. Die drei Hauptbekenntnisse waren in den einzelnen Fakultäten mit nachstehenden Prozentsätzen vertreten: die Evangelischen mit 28,1 % in der evangelisch⸗theologischen, mit 16,0 % in der juristischen, mit 22,6 % in der medizinischen und mit 33,3 % in der philosophischen; die Katholiken mit 24,5 % in der katholisch⸗ theologischen, mit 16,8 % in der juristischen, mit 31,1 % in der medizinischen und mit 27,6 % in der philosophischen; die Juden mit 15,6 % in der juristischen, mit 58,7 % in der medizinischen und mit 25,7 % in der philosophischen Fakultät.

Eine Vergleichung der studirenden Preußen mit der männlichen preußischen Bevölkerung nach dem Religionsbekenntniß ergiebt, daß von 10 000 Evangelischen 9,0, von 10 000 Katholiken 4,9 und von 10 000 Juden 61,2 sich den Universitätsstudien zuwenden, während auf 10 000 männliche Bewohner überhaupt 8,3 Studirende kommen.

Hinsichtlich des Lebensalters der Studirenden ist zu bemerken, daß die katholischen Studenten durchschnittlich das Höchste, die jüdischen das niedrigste Lebensalter haben. Im Alter bis 22 Jahren standen von den evangelischen Studenten 42,5 %, von den katholischen 37,9 % und von den jüdischen 56,6 %. 8 8

†† Von den im Interesse der Denkmalspflege unter⸗ nommenen Arbeiten zur Herstellung der Klosterruine Chorin mußte war wegen Mangels an Geldmitteln während des größten Theils des Sommers Abstand genommen werden, nach erfolgter Nachbewilligung von 3000 aus den Allerhöchst hierzu zur Verfügung gestellten Geldern konnten dieselben im Herbst jedoch von Neuem begonnen und nahezu zum Abschluß gebracht werden. Die Erneuerung des Domes zu Havelberg ist im Wesentlichen vollendet und die Wiedereröffnung des Gottesdienstes wird in diesem alt⸗ ehrwürdigen Baudenkmale erfolgen können, sobald die Orgel welche unter dem langen Bau gelitten hat, einer Aus⸗ besserung unterzogen ist. An der Klosterkirche zu Lehnin haben Bauarbeiten im vergangenen Jahre nicht stattgefunden, jedoch wurde die Ausschmückung des Innern durch Wandgemälde von Professor Schaper soweit vorbereitet, daß der Beginn dieser Arbeiten bevor⸗ steht. Die erforderlichen Mettel werden aus den Geldern, welche der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten für Kunstwerke zur Verfügung gestellt hat, bestritten. 8

Seit einigen Tagen ist im Prunksaale des Rathh Wiesbaden ein zweites vom Bildhauer Professo Schilling⸗Dresden in 1⅛ der natürlichen Größe gefertig für das dortige Kaiser Wilhelm⸗Denkmal ne Juni vorigen Jahres eingetroffenen aufgestellt. Bei . Modell, schreibt der „Rhein Cour.“, sind die einzelnen Andeutungen des Denkmal⸗Comités zur Ausführung gebracht. So ist auch hier wie beim ersten Modell die Auffassung des „segnenden Kaisers“ beibehalten, aber die äußere Erscheinung des allverehrten Monarchen so dargestell wie ihn die Bevölkerung in der Erinnerung hat: iser die Interimsuniform, der Helm und Kaisermantel des wurfs sind hier weggeblieben. Am Postament sind in Wegfall gekommen; im Uebrigen ist die H f Modells beibehalten, auf beiden Seiten welche die Segnungen des Badelebens „Genesf versinnbildliche 1

nicht

S—;, Damit aber diese Reliefs im Verh lein werden, sind sie bei diesem zweiten—

8 ern der ganze verzierte obere Theil des 2 unteren Wulst an ist als in Bronze oder Marmor n der untere Theil des Postaments von polir Granit In die Rückseite des Postaments soll Schrifttafeln eingelassen werden.

kauft an: Kartoffel

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accessive Lieferung; ferner 200 Sack Prima zu 15,50 KFasse, frei Magdeburg, success tsrath der Ostpreußis der Generalversammlun Dividende für die Stan Aktien vorzulegen. th der Schlesischen Feuerversi loß, pro 1889 die Verthei gleich 33 ½ %, gegen 31 8 0

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anz obiger Ge⸗

Prioritäts⸗Aktien und

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eralversammlung der Magdeburg nz pro 1889 genehmigt, 8 üf ie Verlängerung des Notenprivilegs angenommen. Heschäftsberichte der Frankfurter Bank über das 1889 entnehmen wir folgende Mittheilungen. die bestehenden Banknoten⸗Privilegien zu kündigen, hat weder die der Bundesrath Gebrauch gemacht. bniß des Berichtsjahres wird als ü Wechseldiskontirungen ergaben in 1 zeldstandes einen Durchschnittssatz von 2, r sehr lebhafte Börsenverkehr stellt ngen an die Bank, die sich in der Höbe von 8943 Millionen Mark gegen 1888 ausdrücken. Das neue B fast vollendet und soll in Einzug fertig gestellt werden. Ne. diesmaligen Abschreibung von 75 000 ist des Immobilienkonto am 31. Dezember 1889 600 000 ℳ; 50 000 Auslagen stehen für den Neubau noch in Aussicht damit der Buchwerth für die beiden Liegenschaften der zusammen auf ca. 1 050 000 erhöht werden. Der Größere usschuß hat beschlossen, dem Reservefonds anstatt der obli⸗ schen Minimaldotation von 5 % des Reingewinns (d. i. 4ℳ) pro 1889 100 000 3

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30m00Eögn: GC72 528S˙B

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hung der statutarischen Höhe von 4 285 des Aktienkapitals fehlen hiernach Reserve⸗ nds noch 81 221 Für den Pensionsfonds der Bankbeamten und ediensteten erbittet die Verwaltung außer der üblichen Jahres⸗ dotation von zuletzt 12 000 ℳ, für 1889 eine außerordentliche Zubuße von weiteren 20 000 Die Zahl der Beamten und Bediensteten ist in den letzten Jahren mit der Ausdehnung des Geschäfts stetig gewachsen, von 45 in 1888 auf jetzt 68 Angestellte. Die Bilanz ge-. stattet die Ausschüttung einer Dividende von 52 = 6,07 % (1888 46 ½ = 5,42 %). Nach den vorerwähnten Rückstellungen würden 16 187 auf neue Rechnung vorzutragen sein. Die Bilanz der Unionbank in Wien f einen Nettogewinn von 1 500 846 Fl. auf. Der Ve schlägt die Vertheilung einer Dividende von 8 ½ % oder 17 Fl. per Aktie, sowie die Zuweisung von 148 097 Fl. zum Reservefond vor; ferner sollen 74 048 Fl. Tantième vertheilt, 20 000 Fl. dem Pensions⸗ fond zugewiesen und 238 699 Fl. auf neue Rechnung vorgetragen werden. Abgewickelt und nicht verrechnet erscheint der Gewinn aus realisirten 10 Millionen Hypothekenloosen, 6000 Stück Telegraphen⸗ aktien, aus der 8 Millionenkonvertirung der Vaterländischen Spar⸗ kassa, ferner der Theilgewinn von der internationalen Elektrizitäts gesellschaft und der Kaschau⸗Oderberger Konversion, was insgesammt einen Gewinn von ca. 800 000 Fl. repräsentirt. Die Generalversammlung der Ungarischen Kredit bank genehmigte die Vertheilung einer Dividende von 24 Fl., ebenso die Abäanderung des mit der österreichischen Kreditanstalt abgeschlossenen Uebereinkommens. 8 Leipzig, 20. März. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin handel. La Plata. Grundmuster B. pr. März 4,95 ℳ, pr. April 4,95 ℳ, pr. Mai 4,95 ℳ., pr. Juni 4,95 ℳ, pr. Jul 4,95 ℳ, pr. August 4,95 ℳ, pr. September 4,95 ℳ, pr. Okteber 4,95 ℳ, pr. November 4,95 ℳ, pr. Dezember 4,95 Umsatz 45 000 kg. Stetig. 1 Wien, 20. März. (W. T. B.) Die Bilanz der Oester⸗ reichischen Kreditanstalt weist auf: a. an Aktiven: Effekten 2 664 964 Fl., Portefeuille 20 174 800 Fl., Kassabestände 12 620 475 Fl., Vorschüsse auf Effekten 21 151 375 Fl., Inventar 51 750 Fl., Reali⸗ täten 2 739 073 Fl., Debitoren 106 916 227 Fl., insgesammt 166 318 663 Fl.; b. an Passiven: Aktienkapital 40 000 000 Fl. rückständige Dividende 13 436 Fl., Accepte 12 377 520 Fl., Reserve fond⸗Conto 5 759 611 Fl., verzinsliche Einlagen 7 553 471 Fl., Kre toren 95 343 862 Fl., Gewinnsaldo 5 270 764 Fl., insgesammt 166 318 663 Fl. Die Hauptposten des Gewinn⸗Contos sind: Kon sortialgeschäfte 1 321 802 Fl., Effektengewinn 498 233 Fl., Zinsen⸗ Conto 3 285 459 Fl., Provisionen 1 234 733 Fl., Devisen⸗Conto 531 222 Fl. 1 London, 20. März. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗

ladungen angeboten. Wolle geschäftslos,

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SSee 10nag 9. 6 (W. T. B.) weichend, namentlich feine. Garne und Stoffe ruhig, Spinner und Fabrikanten ungenügend beschäftigt. 88 8