ich dadurch vor den Nachtheilen zu bewahren, welche ihnen durch das
des Anfangs der Vorlesungen unausbleiblich erwachsen
üssen. Zugleich ersuchen wir hiermit die Eltern und Vormünder der Studirenden, auch ihrerseits zur Beobachtung dieses wichtigen Punktes der akademischen Disziplin möglichst mitzuwirken. In Ansehung der⸗ —. Studirenden, welche auf Grund vorschriftsmäßiger Dürftig⸗ eitsattese die Wohlthat der Stundung des Honorars für die Vorlesungen in Anspruch zu nehmen beabsichtigen oder um
ein akademisches Stipendium sich bewerben wollen, bemerken wir, daß nach den gesetlichen Vorschriften derartige Gesuche bei Vermeidun t
der Nichtberücksichtigung, und zwar die Stundungsgesuche innerha der ersten Woche und die Gesuche um Verleihung eines Stipen⸗
diums innerhalb der ersten vierzehn Tage nach dem gesetzlichen
Anfang des Semesters von den Petenten in Person eingereicht wer⸗
den müssen, und daß von denjenigen Studirenden, welchen die Wohl⸗ that der Stundung bereits zuerkannt worden ist, unter dem Präjudiz
Spzäter
des Verlustes ihrer Berechtigung von dem erhaltenen Stundungs⸗ schein innerhalb der ersten Woche nach dem gesetzlichen Anfang des Semesters bei der Quästur Gebrauch gemacht werden muß.
Bonn, den 26. März 1890.
Rektor und Senat der Rheinischen Friedrich⸗Wilhelms⸗ Universität. II.
Die Immatrikulation für das bevorstehende Studien⸗Semester findet vom 16. April cr. an bis zum 7. Mai inkl. statt. können nach den bestehenden Vorschriften nur diejenigen Studirenden noch immatrikulirt werden, welche die Verzögerung ihrer
Anmeldung nach Nachweisung gültiger Verhinderungsgründe zu ent⸗
schuldigen vermögen.
papiere, 2) kommen,
Behufs der Immatrikulation haben 1) die⸗ jenigen Studirenden, welche die Universitätsstudien beginnen, insofern 1. Inländer sind, ein vorschriftsmäßiges Schulzeugniß und, falls sie usländer sind, einen Paß oder sonstige ausreichende Legitimations⸗ diejenigen, welche von anderen außer den vorstehend bezeichneten Papieren
Universitäten noch ein
vollständiges Abgangszeugniß von jeder früher besuchten Universität vor⸗
zulegen. Diejenigen Inländer, welche keine Merunh be⸗ standen, beim Besuch der Universität auch nur die Absicht haben, sich eine allgemeine Bildung für die höheren Lebenskreise oder eine besondere Bildung für ein gewisses Berufsfach zu geben, ohne daß sie sich für den eigentlichen gelehrten Staats⸗oder Kirchendienft bestimmen, können auf Grund des §. 3 der Vorschriften vom 1. Oktober 1879 nur nach vorgängiger, ihnen hierzu Seitens des Königlichen Univer⸗ sitäts⸗Kuratoriums ertheilter Erlaubniß immatrikulirt werden. Bonn, den 26. März 1890. Die Immatrikulations⸗Kommission.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 29. März.
Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sich gestern Mittag nach der Turnlehrer⸗Bildungsanstalt, um da⸗ selbst der Schlußvorstellung der Eleven dieser Anstalt bei⸗ zuwohnen. 1 Heute Vormittag konferirten Se. Majestät mit dem Reichs⸗ kanzler, hörten darauf die Vorträge des Ober⸗Quartier⸗ meisters, General⸗Lieutenants von Holleben und des Chefs des Militärkabinets, nahmen Mittags zahlreiche militärische Mel⸗ dungen entgegen und empfingen sodann noch den Regierungs⸗ Präsidenten der Hohenzollernschen Lande, Freiherrn von Frank.
2 Uhr Nachmittags anberaumten
Zu der heute um nbera Schlußsitzung der Internationalen Arbeiterschutz⸗
Konferenz hatten sich die Delegirten vollzählig im großen Kongreßsaal des Reichskanzler⸗Palais eingefunden.
Nach Verlesung des Schlußprotokolls und dessen Voll⸗ iehung durch die Vertreter der einzelnen an der Konferenz
theiligten Staaten hielt der Minister für Handel und Ge⸗ werbe Freiherr von Berlepsch in französischer Sprache nach⸗ stehende Ansprache: 1 6
Meine Herren! 1“ 8
Unsere Arbeit ist beendet, heute noch trennen sich die Mitglieder „der internationalen Konferenz zur Regelung der Arbeit in den industriellen Etablissements und in den Berg⸗ werken“, und da liegt wohl für jeden Einzelnen von uns die Frage nahe, ob die angestrengte, gewissenhafte Arbeit, der wir uns 14 Tage lang hingegeben haben, ob der Austausch der Meinungen, die freundschaftlichen Beziehungen, die wir zu einander gewonnen haben, ver⸗ loren sein oder ob sie dauernde Früchte tragen werden. Wir sind nicht in der Lage, eine bestimmte Antwort auf diese Frage zu geben, denn wir waren nicht berufen, internationale Vereinbarungen über das uns vorgelegte Programm zu treffen, sondern nur Gut⸗ achten urnd Wünsche zu formuliren, die der Erwägung der hohen Regierungen, welche ihre Delegirten hierher sandten, unter⸗ liegen werden. Wohl aber sind wir in der Lage, die Frage zu beantworten, ob wir glauben, eine Grundlage gefunden zu haben, auf welcher der Gedanke, der arbeitenden Klasse in den industriellen Staaten Europas einen erhöhten Schutz, eine größere Sicherung ihrer materiellen, physischen, moralischen und intellektuellen Kräfte zu gewähren, fortleben und weiter ausgestaltet werden kann. schene mich nicht, meine Herren, diese Frage in Ihrem Namen zu bejahen.
So groß uns Allen zunächst die Schwierigkeiten erschienen, die Frage des Schutzes der Arbeit durch ihre Beschränkung nach Art, Zeit und Dauer auch nur von einem einheitlichen Sesichtswunkt aus zu betrachten, so sicher sind wir zu dem Resultat gelangt, daß es einheitliche internationale Gesichts⸗ vunkte giebt, nach denen die Lösung dieser Frage von den Regie⸗ rungen der einzelnen Länder ins Auge gefaßt werden kann, welche die eigenthümlichen Verhältnisse ihres Landes zu berücksichtigen haben werden.
Diese gewonnenen Gesichtspunkte lassen sich meines Erachtens dahin zusammenfassen, daß es für dasjenige, was die Gesetzgebung oder die Sitten eines jeden Landes der arbeitenden Klasse gewähren follten, nur eine Grenze giebt, nämlich die Sicherheit der Existenz und das Gedethen der Industrie, von dem auch das Gedeihen der arbeitenden Klasse abhängig ist.
Ich meine, daß wenn wir uns in der Ueberzeugung trennen können, daß dieser Satz immer mehr Wahrheit werden wird, wir mit Befrievigung auf unsere gemeinsame Arbeit zurückdlicken können. Wir werden sie mit gutem Gewissen den hohen Regierungen, die uns de⸗ legirten, vorlegen, deren Erwägungen es vorbehalten bleibt, welche Folgen sie derselben geben wollen. 8
Zu meiner hohen Freude aber darf ich es Ihnen, meine Herren, schon heufe ausfprechen, daß Se. Majestät der Kaiser, mein Aller⸗ grärigster Herr, dessen Einladung zur Konferenz Ihre hohen Regie⸗ rungen in so entgegenkommender Weise gefolgt sind, mich beauftragt hat, Ihnen seinen wärmsten Dank auszusprechen für die sachkundige, eingebende und erfolgreiche Arbeit, mit welcher Jeder von Ihnen an den Verhandlungen der Konferenz sich betheiligt hat. 8* 1“
Möge Gottes Segen dazu helfen, daß die Saat, die wir mit
unseren schwachen Kräften in s
8
*
unseren Verhandlungen gesät haben, hundert⸗ und tausendfältige Frucht trage.
Die Ansprache fand den lautesten Beifall der Delegirten.
Hierauf erhob sich der englische Vertreter Sir John orst
in Erwiderung in englischer S
Sprache, deren
Inhalt etwa folgender war: n b — deutung, im Namen seiner Kollegen Sr. Majestät dem Kaiser u danken dafür, daß derselbe die Konferenz in Berlin zu⸗ e hen, deren Ergebnisse außerordentlich erfreuliche seien. Diese Konferenz werde hoffentlich nicht die letzte sein, und wenn Millionen von Kindern dem Elend entzogen und ebenso⸗ viel Frauen dem häuslichen Leben wiedergegeben sein würden, so werde man sich mit Dankbarkeit der Initiative Sr. Majestät erinnern. Nachdem darauf noch der belgische Minister Jacobs seine Befriedigung über den Verlauf der Verhandlungen kundgegeben und insbesondere dem Vorsitzenden, Minister S. von Berlepsch den Dank der Delegirten für die eitung ausgesprochen hatte, sowie die Vertreter Italiens und Spaniens, Boccardo und Decastro, sich diesem Danke ange⸗ schlossen hatten, wurde die Konferenz um 3 Uhr 25 Minuten im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs geschlossen.
Vor dem offiziellen Schluß der Konferenz und aus Anlaß des Abschlusses ihrer Arbeiten waren die Mitglieder der Konferenz gestern Abend auf Einladung ihres Vorsitzenden, des Ministers für Handel und Gewerbe, Freiherrn von Berlepsch zu einem Festmahl im Kaiserhof versammelt. An der in Hufeisensorm aufgestellten Tafel nahmen 70 Personen Theil. In der Mitte saß der Vor⸗ sitzende, Minister für Handel und Gewerbe, Freiherr von Berlepsch; ihm zur Rechten Jules Simon, zur Linken Fürst⸗ bischof Dr. Kopp. Gegenüber an der inneren Seite der Tafel in der Mitte hatte der Unter⸗Staatssekretär Magdeburg Platz genommen, ihm zur Rechten der Delegirte Dänemarks, Ge⸗ heime Etats⸗Rath Tietgen, zur Linken der Delegirte Oester⸗ reich⸗Ungarns, Kaiserliche und Königliche Ministerial⸗ Rath Beéla Freiherr von Weigelsperg. Der Letztere erhob sich bald nach Beginn der Tafel, um in französischer Sprache die Gäste aufzufordern, auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu trinken, worauf der Minister für Handel und Gewerbe, gleichfalls in französischer Sprache, die Monarchen und Regierungen der auf der Konferenz ver⸗ tretenen Staaten leben ließ. Alsdann ergriff der Minister in deutscher Sprache das Wort zu folgender Rede:
„Ich bitte um die Erlaubniß, meine verehrten Herren Kollegen, ab⸗ weichend von den Vorschriften der Geschäftsordnung, die bisher den Gang unserer Verhandlungen geregelt hat, einige Worte in deutscher Sprache an Sie zu richten, weil ich der Meinung bin, daß, wenn es sich um den Ausdruck weniger von Reflexionen des Verstandes als von Empfindungen des Herzens handelt, man sich seiner Muttersprache bedienen soll, der Sprache, die man von der Mutter gelernt hat, die für uns der Ur⸗ quell aller guten und edlen Regungen ist, und zu diesen guten Regungen rechne ich auch die der Dankbarkeit. Sie ist es, die mich jetzt treibt, zu Ihnen zu sprechen. .
Ich habe Ihnen, meine verehrten Kollegen von der internationalen Arbeiterschutz⸗Konferenz, deren Präsident gewesen zu sein mir stets zur höchsten Ehre gereichen wird, zu danken für den Eifer, mit dem Sie sich der Lösung der hohen, uns gestellten Aufgabe hingegeben haben, für die Bereitwilligkeit, mit der Sie Ihre reichen Kenntnisse und Erfahrungen der Konferenz zur Verfügung gestellt haben. Ich habe Ihnen zu danken für den Fleiß, mit dem Sie sich den Arbeiten und Mühen unseres vierzehntägigen Zusammenseins unterzogen haben, vor Allem aber für das freundliche Entgegenkommen, das Sie, Einer der Meinung des Anderen gewährt haben, um den Zweck der Konferenz zu sichern und zu fördern. Niemals, meine Herren, hat Sie das Gefühl ver⸗ lassen, daß Sie berufen waren, zum ersten Male in internationaler Vereinigung über Fragen zu berathen, deren Lösung nur denkbar ist, wenn Herz und Kopf, Gemüth und Verstand als gleichberechtigte Faktoren herbeigerufen werden. Und Sie haben Zeugniß davon abgelegt, daß die Bestrebungen, die auf die Besserung der Lage der arbeitenden Klassen gerichtet sind, eine so mächtige moralische Kraft besitzen, daß die Grenzen der Länder keine unüberwindlichen Hin⸗ dernisse für Sie sind, wenn Sie das große Ziel im Auge behalten und nicht die Form als das Wesentliche voranstellen. 8
Ich habe Ihnen aber, meine verehrten Herren Kollegen, noch für etwas Anderes zu danken, und das bewegt mich heute, wo ich zum letzten Mal, nicht offiziell, zu Ihnen sprechen darf, am lebhaftesten, nämlich für die Art und den Sinn, in der Sie und mit dem Sie sich an den Verhandlungen der Konferenz betheiligt haben. Obgleich von den Herren Delegirten der verschiedenen Nationen kaum Einer dem Andern persönlich bekannt war, obgleich wir Alle bei der Be⸗ rathung der uns vorgelegten Fragen mehr oder weniger durch die besonderen Interessen unseres Heimathlandes, durch die bisherige Ent⸗ wickelung und Gestaltung unserer Gesetzgebung, durch Instruktionen unserer Regierungen gebunden waren, so ist es doch gelungen, in Ein⸗ müthigkeit einen großen Erfolg zu erzielen, und kein Mißton, auch nicht einer, hat ihn im Laufe unserer Verhandlungen getrübt. Ich glaube, meine verehrten Herren Kollegen, wir dürfen uns ohne Ueber⸗ hebung rühmen, den Beweis geführt zu haben, daß es große und wichtige Gebiete giebt, Gebiete, die sowohl materielle, wie sittliche und religiöse Interessen umfassen, auf denen die Nationen Europas sich ohne Vorurtheil und Mißtrauen brüderlich die Hand reichen können zur Anbahnung, Fortsetzung und Vollendung eines großen und guten Werkes. 88
Es ist mein lebhafter Wunsch, daß Sie Alle diese Ueberzeugung mit mir theilen und bereit sein möchten, sie so entschieden stets und allerwärts zu vertreten, wie ich es zu thun entschlossen bin. Es ist aber nicht nur mein, sondern auch meiner hier anwesenden Landsleute lebhafter Wunsch, daß Sie Alle neben der Befriedigung über das gelungene Werk eine angenehme persönliche Erinnerung an die gemeinsam verlebte Zeit, an die gemeinsam vollbrachte Arbeit mit in die Heimath nehmen möchten Ich darf Ihnen die Versicherung aus⸗ sprechen, daß für uns deutsche Landsleute die Erinnerungen an den Verkehr mit Ihnen, meine Herren Kollegen, stets eine der be⸗ friedigendsten und freundlichsten unseres Lebens sind. Und nun bitte ich Sie, meine verehrten Landsleute, mit mir in ein kräftiges Hoch auf unsere Kollegen einzustimmen.“
Diesen Trinkspruch erwiderte der Delegirte Dänemarks, Geheime Etats⸗Rath Tietgen mit folgender Ansprache:
Monsieur le Ministre, Président de la Conférence! Dans le nom des délégués de la conférence j'ai l'honneur de présenter nos remerciments des aimables paroles que Votre Excellence vient d'exprimer à notre égard. Je suivrai l'exemple donné en m’'émancipant de la langue de la conférence. Comme je crains que vous ne me comprendriez pas, si je aussi me servais de ma langue maternelle, je me permettrai, avec la sanction de mes collegues, de m'exprimer en allemand. 8
Die Lösung jeder moralischen und sittlichen Aufgabe hängt von den Gesinnungen ab, mit welchen man sich an die Arbeit begiebt. Die Ausführung aber, wie es der Dichter ausdrückt: Soll das Werk den Meister loben, doch der Segen kommt von oben, — es muß in Liebe angefangen, in Hoffnung und Glauben fort⸗ geführt werden. Wollen wir uns nun aufrichtig die Frage stellen, mit welchen Gesinnungen wir hierher gekommen sind, dann darf ich wohl von Allen sagen, daß wir von der Liebe zur Aufgabe beseelt waren, für die Verbesserung der Lage unserer wenig günstig gestellten Mitbrüder einzutreten; aber wenn wir auch Alle die Hoff⸗ nung hegten, daß uns die Aufgabe gelingen sollte, war diese Hoff⸗ nung bei Manchen schwach, bei den Meisten eine Hoffnung gegen Hoffman. und bei Keinem, darf ich wohl sagen, ein fester Glaube an das Gelingen zugegen. 8
Dagegen ha Hte uns vom ersten Augenblick an eine ganz andere Gesinnung entgegen von unserem verehrten Präsidenten; wir empfanden
gleich, daß bei ihm war nicht nur die Liebe glühend, die Hoffnung
Es sei ihm von besonderer Be⸗
stark, sondern auch der Glauben fest, daß es für ihn eine Lebens⸗
aufgabe war, und allmählich inspirirte er auch uns seine Gedanken und seine Gesinnungen, — und der Zweifel schwieg, der Erfolg war gesichert.
Eine Verhandlung zu leiten, bleibt immer eine schwierige Auf-⸗
gabe, selbst wenn die Theilnehmer demselben Volke angehören, aber schwieriger wird sie, wenn sie aller Länder Völker gehören, und am allerschwierigsten, wenn die Verhandlungen eine ganz neue und höchst wichtige Frage bezwecken.
Unser verehrter Präsident hat sich auch dieser Schwierigkeit gewachsen gezeigt; mit Festigkeit, aber nie fehlendem Entgegenkommen, mit Klarheit und Sachkenntniß hat er unsere Verhandlungen geleitet und auch dadurch in hohem Grade zum Erfolge beigetragen.
Wenn auch unser Programm nur einen bescheidenen Theil von den edlen Gedanken, die Se. Majestät der Kaiser auf die Tages⸗ ordnung der Welt gesetzt hat, umfaßt hat, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß die Konferenz durch ihre Beschlüsse die Wohlfahrt von Millionen befördern wird, daß der erste Schritt auf einer Bahn gemacht worden ist, deren in der Zukunft noch manche⸗
folgen werden.
Wie und wo läßt sich heute nicht sagen, aber die Bahn ist ge⸗ brochen, und so lange unter den arbeitenden Bevölkerungen noch eine Thräne abzutrocknen, ein Mangel geistig oder körperlich abzuhelfen, werden die internationalen Arbeiterschutz⸗Konferenzen nicht unterbleiben.
An dieser ersten Konferenz Theil genommen zu haben betrachten wir Alle als eine große Ehre, und wir danken Ihnen, Herr Minister und Präsident, daß Sie uns zu Erfolg geführt haben.
Se. Majestät der Kaiser hätte keine glücklichere Wahl als An⸗ führer treffen können; wir wollen hoffen, daß der Segen von oben nicht fehlen werde, sodaß das Werk den Meister lobet.
Das sei unser Wunsch und unser Dank, indem wir auf Se. Excellenz, Herrn Freiherrn von Berlepsch, unsern verehrten Präsidenten, ein Hoch ausbringen.
Eine ganze Reihe weiterer Toaste gab der Befriedigung aller Anwesenden über den erfreulichen Verlauf der Konferenz⸗ Verhandlungen und über die erzielten Ergebnisse Ausdruck. Wir heben hiervon nur kurz hervor einen Trinkspruch des Fürstbischofs Dr. Kopp auf den Vertreter Frankreichs Jules Simon, einen Trinkspruch des Direktors im Auswärtigen Amt, Wirklichen Geheimen Legations⸗Raths Reichardt auf die Frauen und Kinder der Anwesenden, deren Schutz er über den Schutz der Frauen und Kinder der Arbeiter nicht zu vergessen bat. Der ungarische Ministerial⸗Rath Dr. Schnierer toastete auf den Unter⸗Staatssekretär Magdeburg und der österreichische Ministerial⸗Rath Dr. Migerka auf die Mitglieder des Bureaus, welches die Arbeiten der Konferenz wesentlich gefördert habe. Zum Schluß hielt noch Jules Simon eine mit lebhaftem Beifall aufgenommene Rede über die humanitären Zwecke der Konferenz und ihre Bedeutung für die physische und moralische Entwicklung der Menschheit. Der freundliche Verkehr, der sich zwischen den Vertretern der verschiedenen Nationen im Laufe der Konferenz entwickelt hat, fand somit in dem Festmahl Ageglagsetis mit Befriedigung aufgenommenen harmonischen
uß.
Fürst von Bismarck fuhr gestern Nachmittag nach dem Mausoleum, um vor seiner Abreise noch einmal Abschied zu nehmen von der irdischen Hülle seines Kaiserlichen Herrn. Er verweilte längere Zeit in der Gruft in stillem Gedenken am Sarge des Kaisers.
Auch heute liegen wieder mehrere Kundgebungen der Dankbarkeit und Verehrung für den scheidenden Kanzler vor. So hat die Stadtverordnetenversammlung von Darmstadt im Hinblick auf den bevorstehenden Geburtstag des Fürsten, als Ausdruck der Verehrung und um der Dankbarkeit für seine unsterblichen Verdienste um das deutsche Vaterland Ausdruck zu geben, beschlossen, dem Fürsten das Ehren⸗ bürgerrecht der Stadt Darmstadt zu verleihen.
Bismarck⸗Feierlichkeiten sind für die nächsten Tage auch in Dresden, Meißen, für die ganze Pfalz in Kaisers⸗ lautern, und in Karlsruhe beschlossen worden. In Kreuz⸗ nach hat der nationalliberale Wahlverein eine Adresse an den Fürsten in Umlauf gesetzt.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial⸗Rath Heller, Königlich bayerischer Ober⸗ Rechnungs⸗Rath Geiger und Großherzoglich mecklenburgischer Ober⸗Zolldirektor Oldenburg sind von Berlin abgereist.
Zur Abstattung persönlicher Meldungen bei Sr. Majestät dem Kaiser und Könige sind hier eingetroffen: der General der Infanterie von der Burg, kommandirender General des II. Armee⸗Corps, der General⸗Lieutenant von Seeckt, komman⸗ dirender General des V. Armee⸗Corps, der General⸗Lieutenant von Keßler, bisher Commandeur der 28. Division, welcher vor Kurzem zum General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗Wesens ernannt worden ist, der General⸗ Lieutenant von Fischer I. von der Armee, bisher Kommandant von Königsberg, der General⸗Lieutenant Freiherr Roeder von Diersburg, Commandeur der 3. Division, der General⸗Lieute⸗ nant von Fischer II., bisher Commandeur der 14. Division, an⸗ läßlich seiner Ernennung zum Gouverneur von Metz, der General⸗Lieutenant von Albedyll, Commandeur der 4. Di⸗ vision, und der General⸗Lieutenant von Jarotzky von der Armee, bisher Commandeur der 15. Infanterie⸗Brigade.
Der General⸗Lieutenant Freiherr von Troschke, Chef der Remontirungs⸗Abtheilung im Kriegs⸗Ministerium, ist nach v ü seines Urlaubs von Halberstadt hierher zurück⸗ gekehrt.
S. M. Kbt. „Wolf“, Kommandant Kapitän⸗Lieutenant Credner, ist am 29. März in Hiogo angekommen und beab⸗ sichtigt, am 8. April nach Yokohama in See zu gehen.
In der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Bekannt⸗ machung des Ministers für Handel und Gewerbe, betreffend die Unfallversicherung für Bauarbeiter, und zwar über die Zusammensetzung mehrerer in Preußen errichteter Schiedsgerichte für die auf Grund des §. 4 Abs. 3 des Bau⸗Unfallversicherungsgesetzes vom 11. Juli 1887 für leistungsfähig erklärten Kommunalverbände und anderen öffentlichen Korporationen, veröffentlicht.
8b der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers wird ein Privilegium wegen Aus⸗ fertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Viersen, Regierungsbezirk Düsseldorf, im Betrage von 300000 ℳ veröffentlicht.
In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „R. u. St.⸗A.“ wird ein Allerhöchster Erlaß wegen Aenderung einiger Verwaltungsbezirke von Eisenbahn⸗Direktionen veröffentlicht.
8
bildes König Ludwig's I.
geleitet.
Bayern.
Muünchen, 28. März. Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Karl Theodor werden sich, der „Allg. Ztg.“ zufolge, mit ihren beiden Söhnen, den
rinzen Ludwig und Franz Joseph, am 1. April nach er Villa Obermais bei Meran begeben, um daselbst einen weimonatlichen Aufenthalt zu nehmen. — Die Kammer der Abgeordneten setzte in ihrer estrigen Abendsitzung die Berathung des Kultus⸗
Etats fort und erledigte die ursprünglich abgelehnten Posi⸗ tionen der Universitäten durchweg nach den Ausschußanträgen. Lediglich bei der Technischen Hochschule München wurde ab⸗ weichend vom Ausschußantrag das Gehalt für einen neuen Professor der Thierzucht und Fütterungslehre genehmigt. In ihrer heutigen Sitzung genehmigte die Kammer die
lebernahme des Neustädter Gymnasiums auf Staatskosten.
Eine längere Erörterung knüpfte sich an die Forderung
ür zwei Akademie⸗Professoren, wovon schließlich mit 84 gegen 5 Stimmen nur einer bewilligt wurde, trotzdem der Minister Freiherr von Crailsheim, sowie die Abgg. von Schauß,
9 übler und Freiherr von Stauffenberg entschieden
afür eintraten. Für die feierliche Enthüllung des Stand⸗ in der Walhalla am 25. August
wurden 15 000 ℳ bewilligt. In der heutigen Abend⸗
sitzung bewilligte die Kammer nach sehr erregter Debatte
anstatt der für Erwerbung neuer Kunstwerke geforderten 120 000 ℳ nur 60 000 ℳ Die in dem Kultus⸗Etat für Neu⸗ ten geforderten Titel wurden zumeist bewilligt.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 28. März. (W. T. B.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz von Wales und der Prinz Georg von Großbritannien trafen heute Nachmittag hier ein und wurden am Bahnhofe von Sr. Hoheit dem Herzog, welcher Mittags von Gotha hier angekommen war, sowie Ihren Königlichen Hoheiten dem Herzog von Edinburg, dem Erbgroßherzog von Hessen und dem Prinzen Alfred empfangen und nach dem Palais des Herzogs von Edinburg
2
Dessau, 28. März.
nahm in seiner gestrigen Sitzung die Gesetzentwürfe, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes vom 18. April 1888 über die Einführung einer Ein⸗ kommensteuer und einer festen Grundsteuer, betref⸗ fend eine weitere Abänderung der Kreisordnung, und betreffend Abänderungen der Gemeinde⸗, Stadt⸗ und Dorf⸗Ordnung in dritter Lesung an und setzte hierauf die 1 Berathung des Haupt⸗Finanz⸗Etats für 1890/91 ort. 18
OesterreichUngarn.
Wien, 28. März. (W. T. B.) Wie das „Fremden⸗ blatt“ meldet, haben die Mitglieder der deutsch⸗czechi⸗ chen Ausgleichskonferenz die offizielle Einladung erhalten, sich am 14. April in Wien zu versammeln
Großbritannien und Irland. “ London, 28. März. (A. C.) Die Königin traf vor⸗ gestern Nachmittag wohlbehalten in Aix⸗les⸗Bains ein und stieg in der Villa Victoria ab. Vom Bahnhof bis zur Villa bildeten Dragoner und Chasseurs Spalier; diese Truppen
werden während der Anwesenheit Ihrer Majestät in der Stadt
8
ihre Ehrenwache bilden. Der Herzog von Rutland, Kanzler des Herzogthums Lancaster, hat sich nach Aix⸗les⸗ Bains begeben, um als dienstthuender Minister bei der Königin Victoria zu fungiren.
„Der Prinz von Wales hat beschlossen, Ostern an der Riviera zuzubringen und wird sich zu diesem Behuf nächsten Montag von Coburg nach Cannes begeben, wo Se. Königliche Hoheit etwa 14 Tage zu verweilen gedenkt.
Der König von Belgien sowie der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg⸗Strelitz sind zum Besuch in London angekommen.
Lord Granville, Lord Herschell, Lord Kimberley und die meisten übrigen liberalen Pairs haben, gestützt auf ein altes Vorrecht der Mitglieder des Oberhauses,
einen förmlichen Protest unterzeichnet gegen den Beschluß
des Oberhauses, welcher den Bericht der Parnell⸗
Kommisson genehmigt und den Richtern für ihren Eifer
und ihre Unparteilichkeit Dank abstattet. Der Protest wird im Journal des Hauses eingetragen werden. Ein ähnlicher Protest wurde vor mehreren Jahren gegen die Annahme des irischen Verbrechenverhütungs⸗Gesetzes unterzeichnet und im Journal der Pairskammer eingetragen.
Im Unterhause kündigte der Leiter des Hauses“ Smith, gestern an, das Haus werde sich voraussichtlich am
1. April für die Osterferien bis zum 14. April vertagen.
Das Budget winrd folglich erst am 17. April vorgelegt
werden. — P. Stanhope fragte an, ob in Anbetracht der Erklärung der britischen Regierung, daß sie auf der Wieder⸗ herstellung des status quo ante in dem strittigen Terri⸗ torium in Süd⸗Afrika Seitens Portugals als Vor⸗ bedingung für die Erörterung der Hauptfrage bestehe, der status quo ante jetzt hinlänglich hergestellt worden sei; wenn so, ob die beiden Regierungen in die Erörterung ihrer resp. Ansprüche in dem Territorium eingetreten seien oder einzutreten beabsichtigten, und welches Verfahren einge⸗ schlagen werden solle, wenn sie sich nicht zu einigen vermöchten. Der Unter⸗Staatssekretär für die auswärtigen Angelegenheiten, Sir James Fergusson, antwortete: „Es ist keine Begrün⸗ dung für die der Regierung zugeschriebene Erklärung vorhanden. Wir bestanden lediglich auf der Zurückziehung der portugiesischen Streitkräfte aus dem britischen Protektorat. Die Wiederher⸗ stellung des status quo ante als einleitender Schritt zu der Erörterung der Hauptfrage wurde nicht als Bedingung ge⸗ stellt — Howorth erkundigte sich, ob im Hinblick auf die großen Gefahren und Unglücksfälle, welche unvermeidlich ent⸗ stehen müßten, wenn eine große Stadt plötzlich in Finsterniß versetzt werde durch einen Ausstand der Gasheizer, die Regierung im Laufe der Session einen Gesetzentw urf ein⸗ zubringen gedenke, um die Macht der Gasheizer, nach Belieben zu striken, in derselben Weise einzuschränken, wie dies bei Matrosen und Postbeamten der Fall ist. Der Erste Lord des Schatzamts, Smith, antwortete: die Regierung erachte es nicht für nothwendig, ein Gesetz in Vorschlag zu bringen, welches sich in die Angelegenheiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern mische. Sie baue viel⸗
(Anh. St.⸗A.) Der L andtag
mehr auf die Mäßigung und gesunde Vernunft der betheiligten Parteien sowie auf die Macht der öffentlichen Meinung. — Alsdann beantragte der Präsident des Handelsamts, Sir Michael Hicks⸗Beach, die zweite Lesung der Vorlage, betreffend die Erhebung und Ablösung des Zehnten. Der Minister erklärte: Die Vorlage kümmere sich nicht um die Bestimmung des Zehnten. Die Regierung sei der Ansicht, daß der Zehnte das Eigenthum der Kirche, und daß das Parla⸗ ment nicht besugt sei, diesen anderen Zwecken zu widmen. Die Vorlage bezwecke, künftighin den Grundbesitzer haftbar für die Zahlung des Zehnten zu machen. In Fällen, wo der Pächter zur Zahlung des Zehnten kontraktlich verpflichtet sei, würde dieser auf den Pachtzins geschlagen werden. Eine zwangsweise oder allgemeine Ablösung des Zehnten sei nicht in Aussicht genommen, aber die Vorlage gewähre Erleichte⸗ rungen für diesen Zweck. Die Ablösung von Kirchenzehnten würden durch jährliche Ratenzahlungen von 4 ½ Proz. der Kapi⸗ talsumme an die Kirchenkommissare für einen Zeitraum von 50 Jahren bewerkstelligt werden können. Die Vorlage, schloß der Antragsteller, sei ein Versuch, beiden Parteien gerecht zu werden, und würde hoffentlich einer Beschwerde Abhülfe ge⸗ währen, welche oft eine gesetzwidrige und gefährliche Agitation verursacht habe. Picton (radikal) bekämpfte die Vorlage und beantragte ihre Verwerfung. Die Debatte, an der sich hauptsächlich wallisische Abgeordnete betheiligten, wurde schließ⸗ lich vertagt und soll heute (Freitag) fortgesetzt werden.
Zu Vertretern der großbritannischen Regierung bei der in Madrid abzuhaltenden internationalen Konferenz zum Schutz des industriellen Eigen⸗ thums sind der Unter⸗Staatssekretär des Innern, Mr. Stuart⸗ Wortley, Mr. Reader Lack vom Patentamt, Sir Henry G. Bergne vom Auswärtigen Amt und Mr. Hughes, ein Industrieller in Sheffield, ernannt worden.
— (W. T. B.) Das Unterhaus nahm heute nach weitägiger Debatte mit 289 gegen 164 Stimmen die Zehnten⸗ ill in zweiter Lesung an.
Frankreich.
Paris, 29. März. (W. T. B.) Die Gräfin von
Paris ist nach Cadix und der Großfürst Michael Michailowitsch nach Cannes abgereist. Im Senat interpellirte gestern L'Angle⸗Beaumanoir in Betreff der ministeriellen Programm⸗Erklärung und fragte, ob das Kabinet mit dem linken Centrum oder mit den Radikalen regieren werde. Freyeinet erwiderte, die Kammern würden das Ministerium nach seinen Thaten be⸗ urtheilen. In Sachen des Handels werde sich die Regierung von den wirklichen Interessen des Landes leiten lassen. Was die auswärtigen Fragen betreffe, so halte er (der Minister), nicht für opportun, dieselben auf der Tribüne zu ver⸗ handeln. Er erwarte vertrauensvoll das Urtheil des Senats. Der Interpellant schlug eine motivirte Tagesordnung vor, Freycinet verlangte jedoch die ein⸗ fache Tagesordnung. Diese wurde denn auch ohne Ab⸗ stimmung angenommen. In der Deputirtenkammer beantragte Granger (Boulangist) die Bewilligung eines Kredits von 100 000 Francs behufs Schadloshaltung der Weißgerberei⸗Arbeiter und verlangte die Dringlich⸗ keit für seinen Antrag. Der Minister des Innern Constans ant⸗ wortete, daß die Bewilligung eines Kredits nicht erforderlich sei, denn es seien Maßregeln getroffen, um die Arbeiter zu unterstützen. Er werde Unterstützungen nur gewähren, wenn die an⸗ gekündigten Manifestationen unterblieben. Die Regierung werde keine Straßenunruhen dulden. Als sodann von vielen Seiten der Schluß der Sitzung verlangt wurde, und dagegen von den boulangistischen Deputirten Widerspruch erhoben war, wiederholte der Minister Constans, daß 100 000 Francs für die Arbeiter zur Verfügung gehalten würden, daß er aber die Unterstützung nicht am Vorabend der Manifestation ge⸗ währen werde. Die Dringlichkeit wurde hiernach mit 329 gegen 51 Stimmen abgelehnt und die Sitzung aufgehoben.
Italien.
Rom, 28. März. (W. T. B.) Die „Riforma“ dementirt die Nachricht, daß Crispi das Portefeuille des Auswärtigen abgeben wolle, und fügt hinzu, daß trotz seines Wunsches, sich in seiner Amtsthätigkeit eine Erleichterung zu verschaffen, im jetzigen Augenblicke keine Aenderung in der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten opportun sei. Die „Tribuna“ erklärt das Gerücht, wonach die Re⸗ gierung vom Könige die Auflösung der Kammer sowie die Neuwahlen für Mitte April verlangen wolle, für un⸗ begründet.
In San Remo sind der General der Kavallerie, Chef des Generalstabes der Armee, Graf Waldersee und Ge⸗ mahlin aus Berlin eingetroffen und im Hotel „Quisisana“ abgestiegen.
Belgien.
Brüssel, 28. März. (W. T. B.) Die Kommission der Antisklaverei⸗Konferenz, welcher die Frage der Alkohol⸗Getränke überwiesen ist, hat beschlossen, den Handel mit Spirituosen in Territorien, wo der Gebrauch solcher Getränke nicht oder nur wenig besteht, ganz zu untersagen. In anderen Gegenden, innerhalb einer bestimmt begrenzten Zone, soll die Einfuhr einem Zollsystem unterworfen werden; die Festsetzung der Taxe und der Ein⸗ fuhrrechte gab zu Erörterungen Anlaß, welche noch nicht zum Abschluß gelangt sind. 8 ““
Schweden und Norwegen. v
(F.) Stockholm, 24. März. Das von dem Staats⸗ comptoir soeben veröffentlichte, zum Zwecke der Veranlagung zur Grund⸗ und Einkommensteuer (die sog. „Bewilligung“) für das Jahr 1889 aufgestellte Tableau über den Werth des Grundbesitzes und über das Einkommen aus Kapital⸗ besitz, Ausstellungen, Handel, Gewerbe u. s. w. giebt ein ziemlich vollständiges Bild von dem gesammten Nation al⸗ vermögen Schwedens. Nach diesem Tableau hatte der private ländliche Grundbesitz einen Werth von 2 159 304 581 Kronen gegen 2 158 399 496 Kronen im Jahre 1888 und 2 241 688 447 Kronen im Jahre 1885; es ist somit im Laufe der letzten vier Jahre eine wesentliche Verminderung des Werthes des ländlichen Grundbesitzes eingetreten. Der private städtische Grundbesitz repräsentirte einen Werth von 1 351 978 750 Kronen gegen 1 312 949 430 Kronen in 1888 und 1 188 971 193 Kronen im Jahre 1885; hier hat also der Werth im Laufe der letzten vier Jahre um 163 Millionen Kronen zugenommen. Der abgeschätzte Werth des steuerfreien Grund⸗ besitzs betrug 351 999 762 Kronen gegen 338 192 749 Kronen im Jahre 1888 und 317 461 229 Kronen im
Jahre 1885. Von diesem Grundbesitz waren Staats⸗ eigenthum: ländlicher im Werthe von 90 962 631 Kronen und städtischer im Werthe von 80 095 721 Kronen, während Kom⸗ munen, Kirchengemeinden u. s. w. für 180 941 410 Kronen gehörten. Der gesammte ländliche und städtische Grundbesitz im ganzen Königreich hatte mithin im Jahre 1889 einen Werth von 3 863 283 093 Kronen gegen 3 809 541 675 Kronen im Jahre 1888 und 3 748 120 869 Kronen im Jahre 1885. — Bezüglich des Einkommens ist ermittelt, daß im Jahre 1889 26 747290 Kronen aus Kapital⸗ vermögen herrührten; im Jahre 1888 betrugen die Einnahmen aus dieser Quelle 27 151 311 Kronen und im Jahre 1885 27 931 522 Kronen. Die stetige Verminderung dieser Einnahmen wird von dem Staatscomptoir der fort⸗ schreitenden Verringerung des Zinsfußes zugeschrieben. Ferner wurden vereinnahmt: aus Staatsdienst oder Staatspension 63 588 943 Kronen gegen 62 963 835 Kronen im Jahre 1888, aus Privatdienst oder Privatpension 59 534 955 Kronen gegen 57 338 956 Kronen im Jahre 1888 und aus Handel, Gewerbebetrieb u. s. w. 230 943 433 Kronen gegen 207 770 066 Kronen im Jahre 1888. Das Gesammt⸗ einkommen aus vorstehenden Quellen betrug mithin im Jahre 1889 380 814 621 Kronen gegen 355 224 168 Kronen im Jahre 1888. Das gesetzlich steuerfreie Einkommen betrug im Jahre 1889 102 800 385 Kronen, sodaß von 278 014 236 Kronen die Einkommensteuer zu entrichten war. Diese betrug 2 780 142 Kronen, während die Steuer vom ländlichen und städtischen Grundbesitz sich auf 1 323 778 Kronen belief.
Afrika.
Egypten. Kairo, 27. März (R. B.) Eine berittene Truppenabtheilung unter Oberst Wodehouse brach heute auf, um eine Rekognoszirung bis nach dem 100 Meilen südlich von Wady Halfa gelegenen Firkeh vorzunehmen. Die Truppen kehren in zehn Tagen zurück. Es wurde be⸗ schlossen, die Wady Halfa⸗Eisenbahn bis zu einem 4 Meilen von Sarras entfernten Punkte wieder herzustellen.
Dem in Nr. 79 telegraphisch erwähnten, jetzt im Wortlaut vorliegenden Privatbrief der „Kölnischen Volksztg.“ über den Sturz der Araberherrschaft in Uganda entnehmen wir im Nachstehenden einiges Nähere. Zur Erläuterung sei dem Schreiben, dem gen. Blatte folgend, Folgendes voran⸗ geschickt:
„Uganda ist zuerst durch Speke näher bekannt geworden, der längere Zeit bei dem damals noch jungen Kabaka (Kaiser) Mtesa verweilte und ihn als sehr grausam schildert. Eine ganz andere Darstellung hat später Stanley von ihm entworfen, der auf seiner großen Reise quer durch Afrika zwei Mal (Aprel und August 1875) sich bei ihm aufhielt und mit ihm eine Art Freundschaft schloß. Der erste Band seines Werkes „Durch den dunkeln Welttheil“ ist großentheils Uganda gewidmet. Land und Volk haben auf den großen Forscher den tiefsten Eindruck gemacht, und wenn man auch die Farben dieses Gemäldes dämpfen zu dürfen glaubt, so bleibt doch Thatsache, daß dieses verhältnißmäßig geordnete und wohlhabende Land mit seiner fleißigen und intelligenten Bevölkerung eine Ausnahmestellung hoch über sämmt⸗ lichen Negerreichen Afrikas einnimmt.
Diese außerordentliche Bedeutung wurde denn auch in Europa durchaus gewürdigt. Nachdem schon früher arabische Kaufleute (und Sklavenhändler) sich am Victoria⸗See angesiedelt hatten, folgten katholische und protestantische Missionare den Spuren der Entdecker, und bald zählte man die Bekehrten nach Tausenden. Wohl kamen unter Mtesa's wildem Sohne Mwanga schwere Tage für die Mission, und' eine Christenverfolgung schuf zahlreiche Märtyrer; aber den Todesstoß bekam das Missionswerk erst durch die eifer⸗ süchtigen Araber.
Zuerst wurde Mwanga durch eine arabische Verschwörung ge⸗ stürzt, aber auch sein Nachfolger Kiwewe, ein anderer Sohn Mtesa's, war den Christen gewogen. Bald theilte er das Schicksal seines Vorgängers; der von den Arabern eingesetzte Karema war nur 8 1e; in ihren Händen; sämmtliche Missionare wurden ver⸗ rieben.
Oft ist darauf hingewiesen worden, wie verhängnißvoll die dauernde Festsetzung der Araber in Uganda werden müsse, vollends nachdem Emin Pascha, dessen Gebiet von Uganda nur durch die. Landschaft Unyoro getrennt war, zum Rückzug nach vger Küste gezwungen wurde. Jetzt war die dringendste Gefahr vorhanden, daß die Araber des Sudan (Mahdisten) und von Sansibar direkte Fühlung bekommen, sich gegenseitig stützen und so der Islam mit einem großartigen Sklavenhandel im Gefolge auf unabsehbare Zeit neue ausgedehnte Gebiete sich unterwerfen werde.
Glücklicherweise wurde bei diesen Befürchtungen die Widerstands⸗ kraft der Waganda unterschätzt. Anstatt zu feiger Unterwerfung unter die arabische Willkür kam es zu einem blutigen Bürgerkrieg. Mwanga, der bei den Missionaren von Bukumbi am Südende des Victoria⸗Sees eine Zuflucht gefunden und Besserung gelobt hatte, wurde zurückberufen und setzte sich zuerst auf einigen Inseln fest. Wiederholt kamen gute Nachrichten über seine Fortschritte, zuletzt eine lebendige Schilderung, wie seine Leute mehrere Schiffe, veche den Arabern Munition und Verstärkung bringen sollten, wegnahmen. Dieser Vorgang hat vielleicht den Krieg entschieden. Das oben erwähnte Privatschreiben, datirt aus Sansibar, 4,. März, giebt nun einen anschaulichen Bericht über den letzten Akt desselben. Es heißt darin: “
Anfangs Oktober vereinigten sich nach mehreren, nicht immer glücklichen Gefechten die beiden christlichen Armeen, die vom Festlande und die von den Inseln, in der Nähe von Rubaga. Am 4. Oktober griffen sie mit 2000 Gewehren und vielen Lanzen die siegesgewisse mohammedanische Armee, welche angeblich 5000 Gewehre, worunter viele Hinterlader, zählte, an und schlugen sie vollständig. Die Araber nahmen den ihnen angebotenen Pardon, Sicherheit des Lebens und gute Behandlung, nicht an, sondern setzten sich in den Ruinen unserer alten Mission von Rubaga fest, wo sie ihre Anhänger und Sklaven wäh⸗ rend der Nacht wieder sammelten. Am 5. Oktober, Morgens, griffen die Christen diese Position an, dreimal zurückgeworfen, drangen sie beim vierten Sturme in die Ruinen ein und der Sieg war entschieden. Was von den Feinden nicht fiel, suchte sein Heil in der Flucht. Karema selbst wurde von der flüchtenden Masse mitgerissen. Die Christen verfolgten die Flüchtlinge bis an die Grenze von Unyoro, der größte Theil der Araber und ihrer Sklaven fiel, drei wurden gefangen. Einzelne entkamen nach Unyoro, wo Karema seine zer⸗ sprengten Anhänger sammelt. Er hat aufs Neue 700 Mann, mit welchen er sich zu den Mahdisten durchschlagen will. Kabarega von Unyoro gestattet ihm nicht den Aufenthalt im Lande, und Mwanga sandte sofort eine starke Abtheilung an die Grenze von Unyoro. Am 11. Oktober zog Mwanga triumphirend ein, am 12. folgten die Missionare PP. Lourdet und Denoit. Da unser Haus zum Theil zerstört und wegen der darin aufgehäuften Leichen unbe⸗ wohnbar ist, so wies Mwanga den Patres das Haus des früheren Katekiro an, desselben, welcher sie genau ein Jahr vorher, am 12. Ok⸗ tober 1888, aus dem ihrigen vertrieben hatte. Die erste Schlacht wurde auf demselben Hügel geliefert, auf dem die christlichen Pagen 1886 verbrannt wurden, der Entscheidungskampf in den Ruinen unserer Mission, und die Missionare nahmen unter dem Jubel der Bevölkerung Besitz von dem Hause ihres Verfolgers, der im Kriege zu Grunde gegangen. Am 5. Oktober hatten die Christen zahlreiche Verwundete, doch keinen Todten, und Verwundungen heilen bei den Negern fast immer. Trotz den zahlreichen Verlusten während des Krieges hat unsere Christengemeinde sich sehr vermehrt. Mwanga sandte eine Flottille über den See nach Bukumbi, und Msgr. Livinhac schiffte mit zwei Missionaren sich nach