Se. Majestät der Kaiser verließ alsdann die Börse
und begab Sich zu Fuß nach dem alten Börsenplatz zur Grund⸗ steinlegung su das Denkmal Kaiser Wilhelm’s I. Se. Majestät wurde hier von dem Präsidenten des Comités, dem Präsidenten der Bürgerschaft Heinrich Claussen mit folgender Ansprache empfangen:
„Kaiserliche Majestät! Eine größere Freude konnte uns Bremern nicht bereitet werden, eine größere Ehre nicht widerfahren, als daß Ew. Majestät huldvoll geruhen, den Grundstein des Denkmals zu legen, durch das Bremen seiner Liebe für das Vaterland und das Kaiserhaus Ausdruck geben will. 1.1.“
Dies Denkmal soll die Erinnerung an die Persönlichkeit unseres allgeliebten Kaisers Wilhelm I., des verehrten Herrschers, des bewun⸗ derten Helden, von dessen Tugenden und Thaten das deutsche Volk nie müde werden wird, zu erzählen und erzählen zu hören, in der Bremischen Bevölkerung sür immer lebendig erhalten. “
Zugleich aber soll es sein ein Zeichen zum ewigen Gedächtniß der großen, durch ihn herbeigeführten Ereignisse, die, gleich gewaltigen weltgeschichtlichen Grenzmarken, zwei Zeiten von einander scheiden.
Denn mit Kaiser Wilhelm schließt für Deutschland ein Zeitalter ab, es beginnt ein neues und, so Gott will und wie wir vertrauen, ein besseres und glücklicheres.
Wohl hat Deutschland auch vordem gute und schlimme Zeiten erlebt; aber die guten waren selten und kurz, der bösen waren viele und ihre Dauer war endlos.
Mehr als einmal konnte es scheinen, als ob Deutschland dem Untergange verfallen sei und auf deutschem Boden nur noch ein Denkmal zu errichten übrig bleibe, mit der Inschrift: „Hier war einst Deutschland.“ .
Und die Ursache von all diesem Unglück war alle Jahrhunderte hindurch immer die gleiche: die Unfähigkeit der Deutschen, zu einer festen, dauernden staatlichen Einigung zu gelangen.
Deshalb verzehrte sich Deutschland in inneren Zwisten; deshalb trennten sich wichtige Glieder vom Körper des Reichs, um ein ge⸗ sondertes Dasein zu führen; deshalb wurde es die Beute seiner Feinde; deshalb verlor es Rang, Ansehen, Unabhängigkeit und Wohl⸗ stand; nur seine gesunde Natur hat dem deutschen Volke die Kraft gegeben, alle diese Drangsale zu überstehen und sich nach allen Ein⸗ bußen doch wieder empor zu arbeiten.
Zwar ist die Ursache dieser schweren Leiden nie ganz verkannt worden, niemals hat es an mahnenden Rufern gefehlt.
Aber in dem unaufhörlich lärmenden Streite der Einzelinteressen verhallte die Stimme des nationalen Gewissens, und Zeiten auf Zeiten mußten vergehen, bis das deutsche Volk ihr Gehör schenkte und end⸗ lich Preußen es unternehmen konnte, den alten Fluch zu lösen, den Kampf um Deutschlands Einigung zu wagen.
Dann kam die glorreiche Zeit, in der jeder Widerstand gebrochen, die Feinde Deutschlands in unvergeßlichen Siegen niedergeworfen, alte Grenzlande zurückgewonnen, das Deutsche Reich auf festen Funda⸗ menten neu begründet wurde, die Zeit, als deren Sinnbild Deutsch⸗ land das herrlichste aller Denkmäler errichten konnte, hoch auf den Bergen am Rhein, die Siegerin Germania, in der Hand die wieder errungene Kaiserkrone. 1“
Der Held aber, der alles dies vollendet hat, der, als die Zeit sich erfüllt hatte und es nothwendig geworden war, den letzten ent⸗ scheidenden Schritt zu thun, nicht zögerte, das Schwert zu ergreifen, um die unwürdigen Banden, die Deutschland so lange umstrickt hielten, zu zerhauen; der es herausgeführt hat aus dem Sumpf der Niedrigkeit auf die lichten Höhen, wo es sich seines Daseins freuen darf, der es zum Herrn des eigenen Geschicks gemacht hat, sodaß es stolz der Welt zurufen kann: „Ich will den Frieden, aber ich fürchte keinen Feind!“ das ist Kaiser Wilhelm. 1“
Mit ihm beginnt für Deutschland die neue Zeit, die Zeit der Reife, des Vollbringens; die Zeit, für welche die ganze vorhergehende deutsche Geschichte nur eine Vorbereitung, nur eine harte, lange, will's Gott nun abgeschlossene Lehrzeit gewesen ist.
Daher erblicken die Deutschen in Kaiser Wilhelm die Verkörperung der erneuten Größe des Vaterlandes; er ist der Bezwinger der Feinde Deutschlands, der Bändiger der inneren Zwietracht, der Einiger des deutschen Volkes, der Wiederhersteller des Reichs.
Dieser selbe mächtige Herrscher aber ist zugleich der edele, pflicht⸗ treue, schlichte Mann von goldenem Herzen, von tiefer, echter Fröm⸗ migkeit und wahrer Seelengröße, der die gewonnene Macht nur an⸗ gewandt hat, um Deutschland und der Welt den Frieden zu sichern und Segen zu verbreiten.
Ein Vorbild seines Volkes in jeder Mannestugend, vereinigte er alles in sich, was deutsche Herzen zu Bewunderung, Verehrung und begeisterter Liebe hinreißen kann. 4
Daher erheben sich aller Orten Denkmäler, um der spätesten Nachwelt zu bekunden, wie das deutsche Volk der Gegenwart sich
lücklich preist, einen solchen Herrscher sein Eigen genannt, eine solche eit erlebt zu haben. 1
Die Nachwelt aber wird sagen, daß nie ein Fürst Größeres für sein Volk gethan, ihm ein köstlicheres Vermächtniß hinterlassen hat, als Kaiser Wilhelm I. gesegneten Andenkens!
An Ew. Majestät aber, die geruht haben, durch Allerhöchstihre Anwesenheit und Mitwirkung der Feier, die wir jetzt begehen, die höchste Weihe zu verleihen, richte ich im Namen des hier versam⸗ melten Comités, das nur aus freiwilligen Spenden der Bürger das Denkmal errichten läßt, die Bitte, durch die altüberlieferte Form der Hammerschläge auf den, die Urkunden über die heutige Feier um⸗ schließenden Stein den Grund des Denkmals zu legen.“
Se. Majestät that hierauf die Hammerschläge mit dem Spruch: „Den Heimgegangenen zum Gedächtniß, den Lebenden zur Erinnerung und den kommenden Geschlechtern zur Nachei ferung “ 1 1
Präsident Claussen fuhr alsdann fort:
„So ersuche ich denn nunmehr den hohen Senat, diesen Grund⸗ stein des Kaiser Wilhelm⸗Denkmals in seine Obhut zu nehmen und Rr das wir freudig unternommen, seinen Schutz a gedeihen zu lassen.“
Nunmehr erbat sich der Bürgermeister Dr. Pauli Namens der Stadt das Wort:
„Im Namen des Senats erkläre ich, daß derselbe mit Dank und Frenhe dieser Aufforderung entspricht. Dieser Stein wird in sicherer
ut bleiben bis zu dem Tage, wo, wenn die Hülle von dem vollendeten Werke gefallen, hoch zu Roß der Heldenkaiser auf eine jubelnde Menge hinabblicken wird. Dort, auf dem Markte, zur anderen Seite unseres Rathhauses, steht altersgrau, in Stein gehauen, der Held Roland, der sagenumwebte Paladin des gewaltigen Begründers des alten Kaiserreichs. Er wurde mit dem Niedergange des Reichs dem Volke zum Sinnbild des freien, selbständigen Gemeinwesens. Mit dem Denkmal aber, das über diesem Stein sich erheben soll, wird das neue Reich uns vor die Seele treten. Es wird unserem Volke stets ins Bewußtsein rufen, daß es nicht genug gethan ist mit Selbständigkeit und Freiheit des Gemeinwesens, sondern daß nur die feste Zugehörigkeit zu einem großen Ganzen, die freudige Unterordnung unter die Führung eines macht⸗ vollen Hauptes der Nation die volle Gewähr ihres Wohlergehens geben kann. Daran soll uns und die künftigen Geschlechter dieser Stadt das Standbild mahnen, das hier dem Unver⸗ geßlichen erstehen soll, — ein Symbol der Einheit, ein Symbol von Kaiser und Reich, denen freiwillig und freudig auch unsere alte Hansestadt die Treue gelobt. Damit zu⸗ gleich aber soll für alle Zeit die Erinnerung fortleben, daß der Enkel es war, unser erhabener Kaiser Wilhelm II., der des Standbildes Grundstein weihte: er, der das Werk des großen Ahnen fortführend, in kraftvoller Hand das Szepter des neuen Reiches hält, und dem mit der gesammten Nation auch die Bevölkerung dieser Stadt die innigste Verehrung und Liebe entgegenbringt. Des zum Zeugniß fordere ich Sie insgesammt auf, mit mir einzustimmen in den Ruf: Lange lebe unser allergnädigster Kaiser!“
Unter unausgesetzten stürmischen Focrafen begab Sich Se. Majestät der Kaiser dann auf kurze Zeit in den Raths⸗
keller und fuhren! von da, überall begeistert begrüßt, nach Seinem Absteigequartier zurück.
Während des Festmahls im Rathhaussaale erhob sich der Bürgermeister zu folgendem Trinkspruch:
„Die Halle, in der wir die Ehre haben, uns um Ew. Kaiserliche Majestät versammelt zu finden war Jahrhunderte 9” der Mittel⸗ punkt des politischen Lebens dieser Stadt, zumal in den Jahrhunderten, wo Hader und Zwietracht deutsches Land zerrütteten und feindliche Kriegsvölker es verwüsteten. Auf diesem dunklen Hintergrunde hebt sich leuchtend das Bild ab, welches die politische Gegenwart uns bietet. Aus dem Wirrsale jener trüben Zeiten unserer Geschichte treten zwei Namen hervor, welche die Wendung zum Besseren vorbereiteten und dieselbe unter Gottes Beistand in unseren Tagen glücklich und glorreich durchgeführt haben. Diese Namen sind Brandenburg und hnheszeent Mit diesen Namen ist alles Große und Herrliche ver⸗
unden, was in stetem Fortschreiten die neue Zeit hat heranreifen sehen, was das heutige Geschlecht mit Stolz und Freude erfüllt. Bremen hat im Jahre 1866 ohne Zaudern sich der Seite an⸗ geschlossen, welche zum Norddeutschen Bunde leitete, es ist in den denkwürdigen Monaten 1870/71 mit nie irre werdender Zuversicht den Begebenheiten gefolgt, welche auf feindlichem Boden den erhabenen Hohenzollern⸗König mit der Kaiserwürde umkleideten. So ist es denn nur die Bethätigung oft bewährter treuer Gesinnung, wenn der Jubel der Begeisterung, welcher vor 21 Jahren dem hohen Schirmherrn des Norddeutschen Bundes in dieser Stadt und in dieser Halle entgegenbrauste, heute voll und kräftig wieder erschallt. — Gilt es doch, Ew. Kaiserliche Majestät, in Höchst⸗ dessen fester Hand nunmehr die hohe Wacht des Reiches sicher ruht, zu feiern. — Die Reihe der Bildnisse Deutscher Kaiser, welche die Decke dieser Halle schmücken, endet mit dem des Kaisers Sigis⸗ mund. Und an diesen Kaiser knüpft sich eine grade in der gegen⸗ wärtigen Stunde bedeutsame Erinnerung. Aus seinem Besitz gingen die Brandenburgischen Marken mit der Kurwürde über an den Burg⸗ grafen von Nürnberg, Friedrich VI. aus dem Hause Zollern! In dem Jubel, welcher heute die Straßen unserer froh erregten Stadt durch⸗ wogt, huldigt Bremen Ew. Kaiserlichen Majestät, dem mächtigen Kriegsherrn zu Lande und zu Wasser, dem Hort des Friedens nach Außen, der friedlichen Entwickelung im Innern. Gott segne Ew. Kaiserliche Majestät in den Arbeiten für die Wohlfahrt des Reiches! Eine köstliche Ehre ist es mir, diese Versammlung auf⸗ fordern zu dürfen, die Gefühle, von denen Ew. Kaiserlichen Majestät gegenüber Senat und Bürgerschaft Bremens und alle Anwesenden beseelt sind, zum gemeinsamen Ausdruck zu bringen. Die Herren wollen sich mir anschließen in dem Rufe: Se. Majestät, unser meengölenchtzgsics Allergnädigster Kaiser, Kaiser Wilhelm II., Er ebe hoch!“
Se. Majestät der Kaiser richtete in Seiner Er⸗ widerung zunächst herzliche Dankesworte für den Ihm Seitens der Bevölkerung Bremens bereiteten Empfang an den Bürger⸗ meister Buff:
Er habe wohl empfunden, daß dieser Empfang aus warmem Herzen gekommen sei, und der Jubel der Bevölkerung haben Seinem Herzen wohlgethan. Vor 21 Jahren sei Er in Bremen gewesen; diese festliche Halle habe schon damals einen unauslöschlichen Ein⸗ druck auf Ihn gemacht. Bürgermeister Buff habe in freundlicher Weise Seiner Familie Erwähnung gethan, das habe Ihn besonders gefreut. Die Tradition Seines Hauses sei immer die gewesen, daß der Herrscher sein Amt von Gott erhalten und daß er dessen Willen auszuführen habe. Als Er damals in diesem Saale geweilt, habe Er nicht geahnt, daß Er einmal als Deutscher Kaiser hier stehen würde. Die höchste Pflicht des Herrschers sei, für die Erhaltung des Friedens zu sorgen. Im Inlande fühle man sich hingezogen zu den Seestädten. Er könne sagen, man habe großen Respekt vor Bremen, wo Solidität unter den Handelsherren und treuer deutscher Bürgersinn wohne. Davon hätten auch der Ihm heute bereitete Empfang und die heute gehörten Reden von Neuem Zeugniß abgelegt. Was an Ihm liege, so wolle Er dafür sorgen, daß Bremens Ent⸗ wicklung sich ungestört vollziehen könne. Er erhebe Sein Glas, gefüllt mit deutschem Wein, auf das Blühen, Wachsen und Gedeihen Bremens. Er wiederhole, daß Er Alles einsetzen werde, den Frieden zu erhalten. In dieser Gesinnung leere Er das Glas und rufe: „Die Stadt Bremen und ihr Senet, sie leben hoch!“
Nachmittags 4 ½ Uhr verließ Se. Majestät der Kaiser Bremen mittels Sonderzuges und traf um 6 Uhr in Bremer⸗ haven ein. Allerhöchstderselbe schritt die Front der als Ehren⸗ Compagnie vor dem Bahnhofe aufgestellten Matrosen⸗Artillerie⸗ Abtheilung ab und erwiderte auf die Ansprache des Stadt⸗ Direktors Gebhardt, daß Er der Entwicklung Bremerhavens mit Interesse folge. Unter dem Jubel der Bevölkerung fuhr Se. Majestät alsdann durch Bremerhaven und Geestemünde nach den Hafenanlagen. Allerhöchstderselbe trug Marine⸗ Uniform.
Bremerhaven, 22. April. Bei dem an Bord der „Fulda“ gestern Abend 7 Uhr stattgehabten Diner erwiderte Se. Majestät der Kaiser auf die Ansprache des Vorsitzenden des Verwaltungsraths des „Norddeutschen Lloyd“ etwa Fol⸗ gendes:
„Er danke und spreche Seine Freude darüber aus, daß es Ihm ver⸗ gönnt sei, das Treiben, Schaffen und Wollen des Lloyd kennen zu lernen; jeder Erfolg des Lloyd erfülle Ihn mit Stolz, denn dessen Schiffe, welche von dem großen Emporium nach allen Windrichtungen ausgingen, seien Gegenstand nicht nur unserer, sondern auch fremder Bewunderung, sie seien Zeugen der tüchtigen Leistungen in der Schiffsbautechnik der Handelsmarine, überall könnten sie sich mit Stolz blicken lassen. Selbstverständlich sei Sein Streben auf den Frieden gerichtet, Handel und Wandel könnten nur blühen, wenn durch den Frieden der sichere Geschäftsgang verbürgt wäre. Als Freund des Seewesens verfolge Er die Erscheinungen der Natur. Als Er zum ersten Male die Ostsee mit einem Geschwader befahren, habe es sich um einen Kurswechsel gehandelt. Derselbe habe stattgefunden, aber die Schiffe seien dabei im Nebel getrennt worden; mit einem Male sei aus dem Nebel hoch über den Wolken die deutsche Flagge auf⸗ getaucht — ein überraschender Anblick, welcher Alle zur Bewunderung der Naturerscheinung hingerissen habe; später sei das ganze Geschwader, tadellos den neuen Kurs steuernd, aufgetaucht, nachdem der Nebel sich zerstreut: Dies sei Ihm als Bild erschienen. Welch' dunkle Stunden auch über unser Vaterland kommen möchten, wir würden dennoch in rüstigem Vorwärtsstreben unser Ziel erreichen nach dem schönen Grundsatz: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst Niemand auf der Welt.“ Wenn in der Presse und dem öffentlichen Leben Anzeichen von Gefahren hervorträten, so solle man getrost denken, daß es lange nicht immer so schlimm sei, wie es aus⸗ sehe. Man solle Ihm vertrauen, daß Er den Frieden schützen werde, und wenn in der Presse mitunter Seine Worte anders gedeutet würden, so solle man des alten Worts eingedenk sein, das einst auch ein Kaiser gesprochen: „Ein Kaiserwort soll man nicht drehen noch deuteln.“ Er bitte die Anwesenden, auf das stete Vor⸗ wärtsstreben und das Gedeihen des Lloyd ein Hoch auszubringen.“
Die Worte Sr. Majestät des Kaisers riefen stürmische
Begeisterung hervor. 1
Mit Rücksicht auf die eingetretene Besserung des Gesund heitszustandes der Schweine in Dänemark hat der Reichs⸗ kanzler auf Grund des §. 2 der Kaiserlichen Verordnung vom 29. November 1887 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 529) die
Einfuhr lebender Schweine aus Dänemark auf dem Seewege zum Zwecke der Schlachtung in den Ankunftshäfen
unter bestimmten Vorsichtsmaßregeln gestattet. Die Regierungs⸗Präsidenten der preußischen Küstenbezirke
sind angewiesen, die Bedingungen, unter welchen die Einfuhr der Schweine erfolgen darf, zur öffentlichen Kenntniß zu
bringen.
Die Personenwagen der Berliner Stadtbahn erfreuen sich ihrer zweckmäßigen Einrichtung wegen einer all⸗ gemeinen Beliebtheit beim Publikum; besonders angenehm
wird das Sitzen in den geräumigen, lichten Coupés auf zwar etwas schmalen, jedoch weit von einander gerückten
Bänken, das verhältnißmäßig ruhige Fahren in den Wagen bequeme Ein⸗ und Aussteigen
und vorzugsweise das 2 3 empfunden. Es sind daher auch schon öfters Wünsche lau geworden, daß die für den Fernverkehr bestimmten Per⸗
sonenwagen eine ähnliche Einrichtung, durch welche das Ein⸗und
Aussteigen erleichtert würde, erhalten möchten, indem dabei ange nommen wird, daß eine solche Einrichtung sich ohne Weiteres über⸗
tragen lasse. So brachte vor Kurzem auch eine hiesige Zeitung zu⸗
treffende Mittheilungen über die Einrichtung der Stadtbahnwagen
und sprach dabei die an sich richtige Ansicht aus, daß, da durch
die tiefe Lage des Fußbodens und des ganzen Wagenkastens
auch der Schwerpunkt tiefer gelegt sei, derartige Wagen in
Schnellzügen jedenfalls ruhiger gehen würden, als die ge⸗
wöhnlichen Personenwagen, und daß sie deshalb wahrscheinlich
auch betriebssicherer sein würden.
Wie uns von sachverständiger Seite mitgetheilt wird, liegen jedoch sehr gewichtige Bedenken vor, bei den gewöhn⸗
lichen Personenwagen den Fußboden eben so tief zu legen wie bei den Stadtbahnwagen. Bei der Wahl der Bauart für diese Wagen mußte verhältnisse der
zuwenden, so mußte man sich entschließen, in der ganzen Welt gekbräuchlichen und Bauart der Personenwagen abzuweichen und den Fußboden
tiefer zu legen. Hierbei haben die Räder nicht mehr Platz unter dem Fußboden, trelen vielmehr unterhalb der sth eiserne
und sind nur durch
bänke in den Wagen Buffer und Zug⸗
Radkasten verdeckt. Da für die haken durch internationale Vereinbarungen Höhenmaße über Schienenoberkante
schwere Konstruktion erforderlich, um die Buffer in genügend sicherer Weise anbringen zu können, die Tragfedern haben über den Achsbuchsen keinen Platz und tief unterhalb derselben angebracht werden, ist die Anbringung der Bremsen sehr für die Wagen des allgemeinen Verkehrs
ebenso
Betriebssicherheit von der größten Bedeutung sind, lassen sich
nicht anbringen, und endlich liegen alle Theile des Unter⸗ gestells, der Achsen, Räder, Federn, Achsbüchsen u. s. w. so versteckt, daß die Revision dieser Theile überaus schwierig ist.
Alle diese Uebelstände mußten mit der Tieflage des Fuß⸗
bodens bei den Stadtbahnwagen in den Kauf genommen
werden, doch konnte dies auch unbedenklich geschehen, weil bei der mäßigen Geschwindigkeit der Stadtbahnzüge und ihrer geringen Zugstärke keine triebssicherheit zu erwarten war.
werden sollten; bei dem
eingestellt Zugapparate
schweren Züge durchgehenden
Fehlen der
sehr unangenehm fühlbar machen; die Erschütterungen des
Wagens durch die Buffer, welche nicht wie sonst direkt
durch das kräftige Untergestell aufgenommen werden können, würden sehr heftig sein und könnten schon bei leichten Unfällen zu einer
gelöste Reifenstücke in das werden, auch nicht möglich sein, die versteckt liegenden Theile am Untergestell so sorgfältig zu revidiren, wie dies bei den
Wageninnere
Schnellzügen unbedingt erforderlich ist. Es ist daher leider nicht möglich, auch bei den gewöhnlichen Personenwagen den Reisenden die Annehmlichkeit des erleichterten Ein⸗ und Aus⸗
steigens, wie auf der Stadtbahn, zu bieten, da diese Annehm⸗ lichkeit nur erkauft werden könnte durch eine nicht zulässige Verringerung der Betriebssicherheit.
Der ruhige Gang der Stadtbahnwagen ist übr igens nur zum geringsten Theil auf die Bauart derselben zurückzuführen, von wesentlicherem Einfluß hierauf ist die geringe Zug⸗ geschwindigkeit, sowie die vielfach gekrümmte Lage der Stadt⸗ bahn. Bekanntlich nehmen auch in den Schnellzügen Wagen, die im geraden Geleise schlecht laufen, alsbald einen ruhigen der Zug durch Krümmungen fährt.
Die unausgesetzten Bemühungen, durch verbesserte Bauart und Anwendung besonderer Einrichtungen die Personenwagen
Gang an, wenn
in den Schnellzügen und besonders die Schlußwagen zu einem
ruhigen Lauf zu veranlassen, haben bisher nur theilweisen Erfolg gehabt; hoffentlich wird durch die in Aussicht genommene Einführung von vierachsigen Personenwagen eine wesentliche
Besserung in dieser Beziehung herbeigeführt werden.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich portugiesischen Hofe Freiherr von Waecker⸗Gotter ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Lissabon zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte in Teheran Freiherr Schenck zu Schweinsberg hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Während der Abwesenheit desselben fungirt der Legations⸗Sekretär von Portatius als Ge⸗
Urlaub angetreten.
scharageer. 8
auf die eigenthümlichen Betriebs⸗ Stadtbahn Bedacht genommen werden; es kam vor allen Dingen darauf an, den Wechsel der Personen auf den Stationen zu beschleunigen, um die Auf⸗ enthalte auf den vielen Stationen möglichst abzukürzen. Da es aus andern Gründen nicht angängig erschien, zum Zweck des leichteren Ein⸗ und Aussteigens hohe Perrons an⸗ von der bewährten
bestimmte festgesett sind, so wird durch die Tieflage des Fußbodens eine besondere, sehr
müssen sehr
erschwert. Die vorgeschrie⸗ benen sogenannten durchgehenden Zugapparate, welche für die
Gefährdung der Be⸗ „Anders würde es jedoch sein, wenn derartige Wagen in die schnellfahrenden
würden sich Stöße während der Fahrt und besonders beim Anfahren
Zerstörung des Wagenkastens führen; bei Radreifenbrüchen ist die Gefahr sehr groß, daß ab⸗ geschleudert würde es bei den kurzen Aufenthalten
der Erbgroßherzog und die
Der General⸗Lieutenant von Teichman und Lo⸗ gischen, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, hat sich zur Musterung des Fuß⸗Artillerie⸗Regiments von Dieskau (Schlesischen) Nr. 6 zunächst nach Neisse begeben.
Der General⸗Major Prinz Albert von Sachsen⸗ Altenburg, Herzog zu Sachsen, Durchlaucht, Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, ist nach Beendigung seines Urlaubs von Dessau hierher zurückgekehrt. 1
S. M. Kreuzer⸗Korvette „Ariadne“, Kommandant Kapitän zur See Claussen von Finck, ist am 19. April cr. in Havana eingetroffen und beabsichtigt, am 24. dess. Mts. die Reise näͤch Norfolk fortzusetzen.
Das Uebungs⸗Geschwader, bestehend aus S. M. Panzer⸗ schiffen „Kaiser“ (Flaggschiff), „‚Deutschland“, „Preußen“, „Friedrich der Große“ und S. M. Kreuzer⸗Korvette „Irene“, Geschwader⸗Chef Contre⸗Admiral Hollmann, sowie S. M. Aviso „Pfeil“ sind am 20. April vor Dover eingetroffen und haben noch am Vormittag desselben Tages die Reise nach Wilhelmshaven fortgesetzt.
S. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän von Henk, ist am 21. April c. in Syra eingetroffen und .““ am 22. dess. Mts. nach Alexandrien in See zu gehen.
S. M. Kanonenboot „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Ascher, beabsichtigt, am 23. April c. von Hongkong
Wiesbaden, 21. April. Ihre Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit die Erzherzogin Valerie ist heute aus Pots⸗ dam hier wieder eingetroffen.
Bayern.
München, 21. April. Die Inthronisation des Erzbischofs Thoma hat heute Nachmittag stattgefunden. Die Straßen, durch welche sich der Zug bewegte, waren festlich geschmückt. Die Einsetzungs⸗Ceremonien wurden im Dom von dem päpstlichen Nuntius Agliardi elebrirt.
Die heutige „Allgemeine Ztg.“ schreibt aus diesem Anlaß: „Mit der Inthronisation und dem Ein⸗ zug des neuen Erzbischofs von München⸗Frei⸗ sing hat sich gestern und heute ein für die katholische Kirche in Bayern wichtiges Ereigniß vollzogen. Der seit dem Tode des Erzbischofs Dr. von Steichele verwaiste erste erz⸗ bischöfliche Stuhl des Könignreichs ist durch den bisherigen Bischof von Passau Anton von Thoma mit einem neuen Oberhirten besetzt, welchem nicht allein der Landesregent und der Papst durch vertrauensvolle Nomination und Bestätigung ein ehren⸗ volles Zeugniß seiner besonderen Befähigung für die Leitung der Erzdiözese ausgesprochen haben, sondern dem auch die Zu⸗ neigung und Hochachtung seiner Diözesanen von vornherein in reichem Maße gesichert ist. Hr. von Thoma hat sich namentlich in München selbst durch seine frühere Wirksamkeit in Pfarramt, Lehre und Seelsorge in weitesten Kreisen, in den höchsten Ständen wie beim schlichten Volk, warm empfundene Ver⸗ ehrung erworben, und wie seine Abberufung in die Provinz viel⸗ seitigem lebhaften Bedauern begegnet war, so hat jetzt seine Zurückberufung und Erhebung zur leitenden Stellung als oberster kirchlicher Würdenträger bei Allen, denen die Pflege wahrhaft religiösen Lebens und ein friedliches Verhältniß zwischen Kirche, Staat und Gesellschaft am Herzen liegen, ungetheilte Befriedigung und frendg⸗ Hoffnung für die Zu⸗ kunft hervorgerufen. In diesem Sinne begrüßen den neuen Oberhirten zum Antritt seines hohen, verantwortungsvollen Amtes allerseits aufrichtige Glück⸗- und Segenswünsche, denen Pfennic zum Wohle Bayerns eine segensreiche Erfüllung zu
eil werden wird.“
— Die Kammer der Reichsräthe hat, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, das Gesetz wegen der Vereinigung der pfälzischen Brandversicherung mit den diesrheinischen ohne Erörterung genehmigt. In der allgemeinen Berathung des Kultus⸗Etats erklärte der Fürst Löwenstein, die Regierungsentschließung vom 15. März betreffs der Alt⸗ katholiken habe enttäuscht durch die starke Betonung der Auf⸗ rechterthaltung des Placets. Der Minister Freiherr von Crails⸗ heim bemerkte, wenn der Fürst Löwenstein die damaligen Srörterungen genau verfolgt habe, habe er etwas Anderes nicht erwarten können. Die scharfe Betonung des Placets bei jener Ent⸗ schließung sei hervorgerufen worden durch die Auslassungen der Presse, welche die entgegenkommenden Aeußerungen der Regierung als Rückzug und pater peccavi auszulegen ver⸗ suchte. Dr. Buhl stellte fest, daß der Reichsrath, allerdings unter Widerspruch des Bischofs Stein, fast einhellig den Standpunkt der Regierung gutgeheißen habe.
Der Finanzausschuß der Kammer der Abge⸗ ordneten hat für den Neubau des Justizgebäudes in München 5 990 000 ℳ bewilligt; für Hausteinverkleidung und Eisenkonstruktion wurden der Regierungsforderung 300 000 ℳ zugesetzt; elektrische Beleuchtung bleibt vorbehalten.
Sachsen.
Dresden, 21. April. Aus Mentone wird dem, Dresd. I berichtet, daß Ihre Majestäten der König und die önigin mehrfach Ausflüge nach Cannes und Nizza unter⸗ nommen haben, um den daselbst zur Zeit weilenden Fürstlichkeiten Besuche abzustatten; das Wetter hatte sich in den letzten Tagen regnerisch und kühl ge⸗ staltet. Mit Einladungen zur Tafel bei Ihren Königlichen Majestäten waren beehrt worden: der Gouverneur von Nizza, dessen Generalstabs⸗Chef, der Garnisons⸗Kommandant von Mentone, der Königlich württembergische Gesandte Baron Soden, der ehemalige Königlich bayerische Staats⸗Minister von Pfeuffer Fabrikbesitzer Zschille aus Großenhain u. A. ie Abreise Ihrer- Majestäten von Mentone nach Turin ist auf heute Vormittag, die Rückkehr nach Dresden bis zum 28. d. M. in Aussicht genommen.
Hessen.
Darmstadt, 22. April. (W. T. B.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog sowie Ihre Großherzoglichen oheiten die Prinzessinnen Victoria und Alix und der Prinz Heinrich von Hessen sind heute Mittag zum Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich nach Homburg abgereist.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 21. April. (Th. C.) Ihre Königlichen Hoheiten
Erbgroßherzogin sind gestern von Kassel wieder hierher zurückgekehrt. E1
Schwarzburg⸗Sondershausen.
Sondershausen, 19. April. (Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bl.) Se. “ der Fürst kehrte heute von Gehren hierher
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. April. (W. T. B.) Im Abgeordneten⸗
hause wurde heute bei der fortgesetzten Spezialdebatte über das Budget zunächst der Titel „Ministerraths⸗Prä⸗ sidium“ angenommen. Zu dem Titel „Dispositions⸗ fonds“ erklärte der Minister⸗Präsident Graf Taaffe, der Dispositionsfonds sei keine Vertrauenspost. Die Behauptung, der Ausgleich sei erst in die Wege geleitet worden, nach⸗ dem eine Allerhöchste Willensäußerung vorgelegen habe, sei ungenau; denn schon damals, als er mit der Bildung eines Kabinets betraut worden sei, habe er gleichzeitig den Auftrag erhalten, eine Verständigung zu ermöglichen und zur Wahrheit zu machen. Schon damals habe die Re⸗ gierung sofort Schritte unternommen, um mit den Deutschen eine Verständigung zu erzielen. Dieses Ziel habe die Regierung stets im Auge behalten, jedoch sei die Erreichung desselben gar nicht von ihr allein abhängig gewesen, vielmehr hätte sie ein Entgegenkommen auf beiden Seiten abwarten müssen; auch handele es sich um zwei große Parteien, be⸗ züglich deren man sich erst überzeugen mußte, ob sie eine Verständigung unter einander wünschten. Solche Versuche seien früher gemacht und jetzt wieder aufgenommen worden. Noch sei man nicht am Ziel, werde jedoch mit Gottes Hülfe dahin gelangen. Gegenüber der Behauptung, die Regierung stütze sich auf eine Partei, welche nicht einig sei, warf Graf Taaffe die Frage auf, welche Partei im Hause denn überhaupt einig sei. Die Zusammensetzung Oesterreichs sei anders als die anderer Staaten, in Oesterreich gebe es nicht politische, sondern nationale Parteien, in denen allen sich konservative Männer befänden; auch auf der Linken gebe es keine große einige Partei. Der Ausgleich werde im böh⸗ mischen Landtage zur Erledigung kommen; die Regierung sowohl als ein großer Theil des Hauses wünschten, daß dies recht bald geschehe, deshalb wäre es sehr wünschenswerth, daß die Verhandlungen des Hauses beschleunigt würden. Hierauf wurde der Dispositionsfonds in namentlicher Abstimmung mit 154 gegen 130 Stimmen genehmigt.
Großbritannien und Irland. London, 21. April. (A. C.) Der Prinz von Wales kehrte am Sonnabend Nachmittag vom Festlande nach London zurück und begab sich bald darauf mit seiner Gemahlin und Familie nach Sandringham, seiner Besitzung in Norfolk, wo ein längerer Aufenthalt in Aussicht genommen ist. Gleich⸗ zeitig ist der Marquis von Salisbury von der Riviera im besten Wohlsein nach London zurückgekehrt.
Der „Morning Post“ zufolge wird die Vorlage zur Reform der Lokalverwaltung in Irland noch vor 1egb der gegenwärtigen Parlaments⸗Session eingebracht werden.
Frankreich. Aijaccio, 22. April. (W. T. B) Der Präsident
Carnot traf unter Glockengeläute gestern Vormittag 10 Uhr hier ein und wurde von den Behörden und den angesehensten Persönlichkeiten der Stadt begrüßt. Eine zahlreiche Volksmenge hatte sich eingefunden. Aus allen Gemeinden Korsikas waren Abord⸗ nungen, mit den Bürgermeistern an der Spitze, hier eingetroffen, um den Präsidenten zu begrüßen. Alle Reden athmeten den patriotischen Geist der Korsen, überall wurde der Präsident mit Begeisterung empfangen. Nach dem Frühstück auf der Präfektur besichtigte der Präsident verschiedene Sehenswürdig⸗ keiten der Stadt, namentlich das Hospital und das Bonaparte⸗Haus, und unternahm später eine Rundfahrt durch die Umgebung der Stadt, auf dem Wege überall von der Bevölkerung freudigst be⸗ grüßt. Die Frauen streuten ihm als Zeichen des Willkommens Reis und Weizen auf den Weg. Nach dem großen Diner im Präfekturgebäude war im Stadthause glänzender Empfang, an welchen sich eine Abendunterhaltung anschloß. Heute be⸗ giebt sich der Präsioent nach Bastia.
Neapel, 21. April. (W. T., B.) In der Rede, welche der Deputirte (frühere Finanz⸗Minister) Magliani bei dem heute hier abgehaltenen Programm⸗Banket hielt, gab derselbe der lebhaftesten Zustimmung zu der von Kaiser Wilhelm zum Wohle der Arbeiter ergriffenen Initiative AusdrucF.. Was das Budget⸗ Gleichgewicht angehe, so würde dasselbe wiederherzustellen sein mit 20 bis 30 Millionen, die man aus einer Re⸗ form der Gesetzgebung über die Spirituosen und den Taback gewinne, und mit 30 bis 40 Millionen Erspar⸗ nissen, die sich in den Ausgaben für die Armee und die Marine machen ließen, ohne der Kraft und Festigkeit der militärischen Organisation zu schaden. Das Land befinde sich in einer Krisis, noch aber sei Nichts verloren. Die wirk⸗ samen Mittel zur Abhülfe lägen in den Händen der Regierung und des Parlaments, denen er seine ehrliche Mitwirkung leihen werde, wenn die öffentliche Meinung ihn unterstütze.
Turin, 22. April. (W. T. B.) Der König und die Königin von Sachsen sind gestern Abend hier einge⸗ troffen und auf dem Bahnhofe von den Herzoginnen Elisabeth und Isabella von Genua, dem Herzog von Aosta und den Spitzen der Behörden empfangen worden. Die Majestäten haben im Palais des Herzogs von Genua Wohnung genommen.
Schweiz.
Bellinzona, 21. April. (W. T. B.) Die Regierung des Kantons Dessin befürchtet, daß heute anläßlich des Zusammentretens des Großen Raths Unruhen statt⸗ finden könnten. Sie hat daher eine Compagnie Infanterie aufgeboten und die Direktion der Gotthardbahn ersucht, heute keine bewaffneten Leute zu transportiren. 8
Belgien. EEEö“
Brüssel, 21. April. (W. T. B.) Dem heute von Lambert de Rothschild zu Ehren Stanley's gegebenen Dejeuner wohnten außer Stanley noch bei: der Ober⸗Hofmarschall Graf John Oultremont, der Chef des Kabinets des Königs, Graf Borchgrave d'Altena, der General van der Smissen, Haupt⸗ mann Reyntiens und Lieutenant Liebrechts, welche während Stanley's Aufenthalt ihm attachirt sind, sowie mehrere Per⸗ sönlichkeiten aus der Gesellschaft und der Kunstwelt.
die Geeignetheit von
Dänemark.
(F) Kopenhagen, 19. April. In der gestern ab gehaltenen Staatsrathssitzung hat der König, wie die „Nat.⸗Tid.“ berichtet, die Minister autorisirt, auf Grund der
von ihnen vorgelegten Aufstellungen die Budgets der res
Ministerien auszufertigen. Dies geschieht unter Bezug nahme auf das provisorische Gesetz vom 1. April d. J., be
treffend die Einnahmen⸗und Ausgabenbewilligung, bis das Finan;
gesetz für das Finanzjahr vom 1. April 1890 bis 31. März 189
erlassen ist. Die ordentlichen Ausgaben des Kriegs Ministeriums sind zu 10 286 309 Kronen und die außer ordentlichen zu 5 678 800 Kronen veranschlagt; unter de
letzteren befindet sich auch die erste Rate von 3 500 000 Kronen zur Erbauung eines Forts auf dem Mittelgrund
im Sund, dessen Gesammtkosten zu 9 000 000 Krone
veranschlagt sind. Das Budget des Marine⸗Ministerium
zeigt 6 620 611 Kronen ordentliche und 1 820 500 Krone
außerordentliche Ausgaben; von den letzteren sind 541 000 Kronen zu Schiffsbauten (außerdem sind hierzu 1 200 000 Kronen in das ordentliche Budget eingestellt), 348 500 Kronen zu Seeminen, 260 000 Kronen zur Anschaffung von Geschütz⸗ material u. s. w. bestimmt. In das Budget des Finan
Ministeriums ist die erste Rate für die Anlage eines Freih
bei Kopenhagen mit 400 000 Kronen eingestellt.
Amerika. 8
Vereinigte Staaten. Washington, 19. Apri (Times.) Die Kongreßausschüsse zur Berathung de Silberfrage haben ihre Bemühungen, sich über eine Vo lage zu einigen, aufgegeben. Die Fürsprecher der freien Silberprägung werden jetzt eine Vorlage ausarbeiten, welch die Ausgabe von Silbernoten auf den Betrag des in de Vereinigten Staaten gewonnenen Silbers beschränkt und die Noten in „gesetzlichem Gelde“ einlösbar macht. Sie erwarten, der Präsident werde die Vorlage billigen. 8
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (46.) Sitzung des Hauses de Abgeordneten, welcher der Minister der öffentliche Arbeiten von Maybach und der Finanz⸗Minister Dr. vo Scholz beiwohnten, stand an erster Stelle auf der Tage ordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung de Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung un Vervollständigung des Staatseisenbahnnetzes.
Ohne Debatte wurden bewilligt die Ausgaben für folgend neu zu bauende Linien: von Pretzsch nach Eilenburg, vo Zeitz nach Kamburg, von Deuben nach Korbetha, von Schletta nach Schafstädt mit Abzweigung von Lauchstädt nach Mers burg, von Herbsleben nach Tennstädt, von Langensalza na Gräfentonna, von Döllstädt nach Walschleben, von Georgen thal nach Friedrichroda und von Ilsenburg nach Harzburg.
Bei der Bahnlinie von Hagenow nach Oldesloe mit eine Zweigbahn von Sterley nach Mölln sprach der Abg. Ricker seine Verwunderung aus, daß die früher als selbstverständli betrachtete Fkührung der Linie über Mölln aufgegeben se und wünschte die Fortsetzung der Bahn von Mölln nach de Wandsbeck⸗Oldesloer Bahn. 1
Abg. Peters empfahl die Bewilligung der geforderte Linie, weil dadurch die Verbindung zwischen Berlin und Kie und der gesammten Provinz Schleswig⸗Holstein erheblich ver kürzt werde.
Die Linie wurde hierauf bewilligt.
Bei der Bahn von Tondern nach Hoyer wies der Abg. Francke (Tondern) darauf hin, daß die von dem Flecken Hoyer verlangte Summe für Grunderwerb von der Gemeinde nicht aufgebracht werden könnte.
Der Regierungs⸗Kommissar Geheime Ober⸗Regierungs Rath Dr. Micke bemerkte, daß die Bahn auf der Strecke von Hoyer nach Hoyer⸗Schleuse auf dem dem Fiskus gehörigern Damm gelegt und Grund und Boden von den Interessenten nicht beansprucht werde.
Abg. Hansen machte darauf aufmerksam, daß die Bah nur provisorisch angelegt und durch eine Bahn von Hoye
nach dem Hafen bei Emmerleff ersetzt werden solle, un fragte, ob den Interessenten bei Kassirung der Strecke vo Hoyer nach Hoyer⸗Schleuse das nicht mehr gebrauchte Terrain⸗ zurückgegeben werden werde.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach glaubte, daß das Haus ruhig die Bahn bewilligen und ab warten könne, was weiter komme. Die Regierung habe aller dings die Absicht, dem sehr empfindlichen Mangel eine größeren Hafens an der Westküste von Schleswig⸗Holstei abzuhelfen, und die Vorarbeiten hätten bis j Emmerleff ergeben, aber, daß der Hafen nicht unter 6—7 Mark herzustellen sein würde. Würde der Hafen eingerichtet so werde die Bahn von Hoyer nach Emmerleff geführt un das freiwerdende Terrain dann den Eigenthümern zurück gegeben werden.
Die Linie wurde bewilligt, ebenso nach einer Empfehlun durch den Abg. Jürgensen die Linie von Tönning na Garding, die Verbindung von Geestemünde nach Cuxhave mit Abzweigung nach Bederkesa, die Linien von Detmold na Sandebecke, von Lage nach Hameln, von Homburg v. d. H nach Usingen, von Langenschwalbach nach Zollhaus, von Fröndenberg nach Unna, von Norden nach Norddeich, vo Remscheid nach Solingen, von Ohligs nach Hilden.
Bei der Linie von Hermeskeil nach Wemmetsweiler be antragten die Abgg. Limbourg, Mosler u. Gen., die Staatsregierung aufzufordern, nochmals in eine Prüfung ein zutreten, ob nicht die Linienführung durch das Primsthal der jenigen durch das Lösterthal im Interesse der betheiligten Kreise vorzuziehen sei.
Die Abgg. Lehmann und Knebel befürworteten di Führung durch das Lösterthal, für die auch der Minister de öffentlichen Arbeiten von Maybach und der Regierungs Kommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Micke ein traten, während die Abgg. Mosler, Olzem und Vopeliu empfahlen, die Linie durch das Primsthal zu legen.
Die Linie selbst wurde bewilligt, der Antrag Limbourg abgelehnt, und die die Linie betreffenden Petitionen de Bürgermeistereien Otzenhausen, Hermeskeil und Tholey un des Bürgermeisters Müller von St. Wendel der Regierung als Material überwiesen.
Zur Beschaffung von Betriebsmitteln wurden ohne Debatte 18 559 000 ℳ bewilligt. (Schluß des Blattes.)
(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.)
8