1890 / 101 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Es war eine Serenade für Flöte, Oboe 2 Klarinetten, 2 Hörner, 2 Fagotts, Cello und Contrabaß, die als Manuskript hier zum ersten Mal aufgeführt wurde. Das durchweg klar erscheinende Werk enthält einen Reichthum ansprechender Melodien, der sich in allen vier Abschnitten: in dem einleitenden Andante und Allegro, dem Scherzo, dem Intermezzo und dem Finale auf das Wohlthuendste bemerkbar macht, ohne daß der Komponist einen großen, der Sinfonie ähnlichen Styl in der Durchführung zu verfolgen beabsichtigt, was bei der Titelbezeichnung auch nicht er⸗ forderlich war. Die Anwendung des Cellos und Contrabasses zwischen den Blasinstrumenten war dem Totaleindruck des Werkes sehr günstig. Reicher Beifall folgte der Aufführung, an der sich bewährte Mit⸗ glieder des Philharmonischen Orchesters betheiligt hatten. Außerdem trug die stets gern gehörte Klaviervirtuosin Frl. Emma Koch das Es-dur-Concert von Liszt vor und erntete durch ihr sauberes und brillantes Spiel gleichfalls lebhaften Beifall. In der Begleitung dieses Concerts wie in der Ausführung einiger beliebten Ouverturen von Wagner, Cherubini und Berlioz leistete das Orchester unter Kogel's Leitung wiederum höchst Lobenswerthes.

Auf die am Bußtage in der Philharmonie stattfindende, Auf⸗ führung des Paulus“ von Mendelssohn durch den Schnöpf'schen Gesangverein, unter Mitwirkung der Fr. Schmidt⸗Köhne und des Hrn. von Milde, machen wir hier noch besonders auf⸗

Mannigfaltiges.

Die „N. A. Ztg“. veröffentlicht folgendes Dankschreiben der Fürstin Bismarck:

8 88 zahlreichen lieben Freunden und Bekannten, die mich an meinem Geburtstage durch ihre Glückwünsche erfreut haben, sage ich dafür meinen herzlichsten Dank. Gern hätte ich diesen einem Jeden durch einen besonderen Brief ausgesprochen, aber dazu fehlen mir Kräfte und Gesundheit, und so hoffe ich, daß Alle mir nachsichtig gestatten werden, meine Dankesschuld auf diesem Wege abzutragen. Friedrichsruh, im April 1890. Fürstin Bismarck.“

Der Berlin⸗Potsdamer Reiter⸗Verein, dessen Schirm⸗ herr Se. Majestät der Kaiser ist, wird in diesem Monat sein erstes diesjähriges Rennen abhalten. Der Verein, welcher jetzt in das 33. Jahr seines Bestehens getreten ist, zählt gegenwärtig 267 Mit⸗ glieder, zu denen Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Albrecht, Friedrich Leopold und Georg von Preußen gehören. Seit seiner Errichtung im Jahre 1857 hat der Verein 423 Rennen abgehalten, in denen 1997 Pferde gestartet haben. Im vorigen Jahre wurden 69 Rennpreise im Werthe von 4160 vertheilt.

Die Jury der großen „Internationalen Gartenbau⸗ Ausftellang⸗ hat unter ihrem Obmann, dem Hofmarschall von St. Paul⸗Illaire, heute früh um 9 Uhr ihre Thäͤtigkeit begonnen. Unter den fremden Ausstellern sind es diesmal vor Allem die Belgier, welche wahrhaft Hervorragendes geleistet haben. Adolf D'Haene aus Gent hat allein 10 vollbeladene Eisenbahnwaggons hierher ge⸗ bracht und mit seinen Pflanzen, die einen Werth von gegen 40 000 repräsentiren, 500 qm besetzt Ihm verdankt die Schau u. A. jene wunderbare gärtnerische Dekoration des im Saale links von der Kuppelhalle aufgerichteten Prachtzeltes. Der Genter Vuylsteke hat die kostbaren Orchideenblüthen, 800 an der Zahl, ge⸗ liefert, aus denen die hervorragendsten Bindereien von J. C. Schmidt, Gustav Schmidt und Thiel die Bouauets fertigen sollen, welche morgen bei der Eröffnungsfeier in dem rechts von der Kuppelhalle liegenden Empfangssaal mit seinem Thronhimmel und den beiden Rauch'schen Victorien gleichfalls eine Schöpfung Jaffé's Ihrer Majestät der Kaiserin, Ihren Königlichen Hoheiten der Prinzessin Friedrich Carl und der Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen überreicht werden sollen. Die gärtnerische Deko⸗ ration dieses Empfangsraumes entstammt im Uebrigen den Gewächshäusern der Firma J. C. Schmidt, welche auch jenen mächtigen Blumen⸗ korb gefertigt hat, der hoch von der Decke herabhängt und von einem riesigen Adler gleichsam getragen wird. Auch D'Haene hat eine ganze Fülle von Orchideenpflanzen ausgestellt, darunter auch eine Gruppe von Neuheiten, die in ihrer Massenhaftigkeit selbst den verwöhnten Kenner überraschen Originell sind

eine Pflanze mit hängenden, unten gerollten Blättern befindet. Historisches Interesse hat jene mächtige Äzalee an der Nordwand des zweiten rechten Seitensaales. Es ist die erste ihrer Art, die gefüllt gezogen wurde; seitdem sind 40 Jahre vergangen, die Pflanze ist aber immer noch von üppiger Fülle. Unter den von D'Haene ausgestellten Rhododendren befinden sich solche, welche eine Temperatur von 25 ° R. ausgehalten haben. Die vom selben Züchter vorgeführte Acacia verticyllata ist wohl das stärkste Exemplar, welches in Europa existirt. Insgesammt hat sich D'Haene an 45 Kon⸗ kurrenzen betheiligt. Neben ihm verdient unter den Belgiern vor Allem Binke ⸗Brügge, als Orchideenzüchter Erwähnung. Er hat im Vorgarten des Ausstellungspalastes ein ganzes Warmhaus mit weit über 800 Pflanzen bestellt. Als Neuheit führt er hier außerdem eine Trevesia Burkii vor, das ein⸗ zige Exemplar, welches in Europa existirt. Von Vinke stammt auch der herrliche Palmenflor, welcher die große Mittelhalle des Ausstel⸗ lungsgebäudes ziert. Die Halle ist gewonnen worden durch Heraus⸗ nehmen einiger Wände; Hr. Baumeister Radler hat ihr dann seine eigenartige, an einen blumengeschmückten Schloßbof erinnernde Ge⸗ staltung gegeben. Als Azaleenzüchter brillirt der schon erwähnte Genter Vuylsteke, herrliche Anthurien bringt Louis de Smeth⸗Gent, kostbare Palmen Petrik⸗Gent, Azaleen, Orchideen u. dgl. Pen⸗ ters⸗Brüssel. Unter den englischen Ausstellern sei an erster Stelle Sander & Co.⸗St. Albans erwähnt. Hr. Sander ist ein geborener Bremer, der auch schriftstellerisch hervor⸗ getreten ist. Von seinem großen Werk „Reichenbachia“ ist der erste Theil der Königin von England gewidmet; die Widmung des neu erschienenen zweiten Theiles hat soeben Ihre Majestät die Kaiserin Auguste Victoria angenommen. Ihren Namen trägt auch eine neue Orchideenart, Cattleya Augustae Vietoriae, die auf der hiesigen Schau zum ersten Mal blühend vorgeführt wird und durch die zarte Pracht der Blume entzückt. Frankreich zeigt uns vor Allem seine Bedeutung als Gemüse bauendes Land. Auf der Schau ist es durch eine der bedeutendsten Pariser Firmen, Vilmorin⸗ Andrieux u. Co., vertreten. Aus Italien sind u. A. Dammann u. Co⸗Neapel mit einer leider auf dem Transport etwas beschädigten Kollektion von Samen erschienen. Aus Kopenhagen ist Prof. Carl Hansen mit einer einzig dastehenden Sammlung von Zweigen und Zapfen der Koniferen hier eingetroffen. Einen ganz besonderen Schmuck hat der „Marinesaal“ erhalten, einen Schmuck, der eine Fülle pietät⸗ voller Erinnerungen wachruft. Hier haben ahe die herrlichen Palmen einen geweihten Platz erhalten, welche Jahrzehnte hindurch den Wintergarten des Königlichen Palais geziert haben. Was aber den Werth des Arrangements noch erhöht, das ist der Umstand, daß der Königliche Gartenverwalter Habermann, dem der Wintergarten so lange unterstellt war, genau die gleiche Art der Aufstellung der ein⸗ zelnen Pflanzen gewählt hat, wie sie den Anordnungen der hoch⸗ seligen Kaiserin:Augusta gemäß im Palais erfolgt war. Im Uebrigen ist der Marinesaal mit den beiden Herwarth'schen Dioramen von F. Mäcker dekorirt; er ist einer der vielen Glanzpunkte der Schau. Gärtnerisches Interesse bietet sodann vor Allem auch der zweite linke Nebensaal mit der reichen Kollektion aus dem Janicki'schen Garten. Janicki, von früheren Schauen her bekannt, ist der Arrangeur der sogenannten Kaisergruppe, er zeigt sich diesmal auch als trefflicher Cultivateur. Seine blühenden Chamaerops excelsa finden die Be⸗ wunderung aller Kenner. Die Mitte des Janicki'schen Saales nimmt ein mächtiger bepflanzter Blumenkorb ein. In den drei Verbindungs⸗ sälen zwischen der Mittelhalle und dem Marinesaal findet man eine ganze Reihe dekorativer Gruppen. Um einen vom Bildhauer Schurig⸗ Dresden reizvoll modellirten und farbig gehaltenen Spring⸗ brunnen hat Kommerzien⸗Rath Dellschau⸗Pankow, einer der wenigen Liebhaber in Berlin, welcher Sortimente von Azaleen hält, seine Prachtexemplare gruppirt. In dem zweiten Saal findet man die Erzeugnisse der berühmten Gärtnerei von Gust. Ad. Schmidt⸗FEckartsberg, im dritten endlich haben Lackner⸗ Steglitz 150 getriebene Fliedersträuche, Gustav Schmidt⸗Weißensee eine ganze Gruppe blühender Treibsträucher und Carl Kotte⸗Süd⸗ ende Lilium Harrisii ausgestellt. Die rechte Langhalle zu Seiten des Ausstellungsgebäudes ist den Rosenzüchtern eingeräumt; es seien nur die Namen Joh. Bacher⸗Pankow, Kiesewetter⸗ Genthin, Rossig⸗Laubegast, Emil Dietze⸗Steglitz, Carl Görms⸗Potsdam und Bunzel⸗Niederschönweide genannt, um anzudeuten, welche entzückende Rosenpracht sich hier vor⸗ findet. Mit Nelken brillirt hier außerdem Studier⸗Lichter⸗

ferner die in Formen gezogenen Crotons, unter denen sich z. B

felde, mit den schwierig zu ziebenden Neuholländern Vischer⸗ Leipzig. Etwas eigenartig nimmt sich inmitten dieser Blüthenprach ein „Erbbegräbniß“ aus, das Jawer⸗Niederschönhausen als Aus stellungssbjekt gewählt hat. Unter den in der Maschinenhalle aus⸗ gestellten Sachen seien in erster Reihe die mit Trauben besetzten Weinstöcke und die fruchtüberladenen Bohnensträuche von Leb run. Lichterfelde sowie die blühenden und fruchttragenden Johannis⸗ un Stachelbeeren von Buntzel erwähnt.

Bremen, 24. April. (W. T. B.) Die Rettungsstation Amrum telegraphirt: Am 23. April von dem bei Amrum gestran⸗ deten deutschen Fischkutter „Cranz“, Kapitän Hinrich, 3 Per sonen gerettet durch das Rettungsboot „Theodor Preußer Sturm aus West⸗Südwest, hohe Brandung. Das Rettungsboo war 16 Stunden unterwegs.

Wien, 24. April. Das „K. K. Telegraphen⸗Correspondenz⸗ Bureau“ meldet aus Biala: Gestern Abend sammelten sich am Ringplatz in Biala ca. 1000 excedirende Arbeiter, durchzogen die Vorstadt Lipnik, drangen in die Schankhäuser ein und beraubten dieselben. Ein Detachement Kavallerie und eine Compagnie Infanterie schritten ein. Als gegen den kommandirenden Rittmeister zwei Revolver⸗ schüsse fielen, griffen die Truppen an; die Menge widersetzte sich, worauf die Infanterie mit dem Bajonett einschritt und, als dies erfolglos blieb, zwei scharfe Salven abgab. Hierauf ging die Menge auseinander. Drei der Excedenten wurden getödtet, 12, ver⸗ wundet, darunter 10 lebensgefährlich. Die Excesse kamen vollständig unverhofft. Die Ursache ist bisher nicht ermittelt. Den scharfe Salven, die das Militär abgab, gingen erfolglose, blinde voran Militär⸗ sowie Gendarmerie⸗Patrouillen durchstreifen die Stadt und Umgebung. Gegen zehn Rädelsführer ist die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden.

Paris, 24. April. (W. T. B.) Im Theater der Bouffes Parisiens brach gestern Vormittag Feuer aus, welches jedoch 8 und ohne erheblichen Schaden verursacht zu haben, gelöscht wurde. 1

während der Schießübungen an Bord des Dampfers „Requin“ ei Geschütz und verwundete 8 Mann.

New⸗York, 22. April. (A. C.) Während eines Stierkampfes in Guadalajara (Mexiko) stürzte das Amphitheater, auf welchem Tausende von Zuschauern saßen, theilweise ein. Hunderte 8 Personen trugen mehr oder weniger erhebliche Verletzungen avon.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Paris, 24. April. (W. T. B.) Der Präsident Carno traf heute früh 9 Uhr vor Villefranche ein, dejeunirte auf und begab sich 11 Uhr 30 Minuten Mitlags an Land.

Washington, 24. April. (W. T. B.) Nach dem An⸗ trage der republikanischen Partei im Senat und im Re⸗ prasentantenhause wird die Basis der Silbervorlage in der Art festgesetzt, daß das Schatzamt beauftragt wird, Silberbarren bis zum Betrage von 4 ½ Millionen Unzen fre⸗ silver monatlich anzukaufen und in Zahlung dafür Schatz noten auszugeben, welche jederzeit beim Schatzamt einlösbar sind. Die eingelösten Noten dürfen wieder ausgegeben werden, doch darf kein Betrag an Noten ausstehen, für den nicht im Schatzamt die betreffenden gekauften Silberbarren vorhanden sind.

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rsten Beilage.)

8 Wetterbericht vom 24 April, Morgens 8 Uhr.

fang 7 Uhr.

Stationen Mullaghmore 753 Aberdeen . 750 Christiansund 745 Kopenhagen. 755 Stockholm. 751.

Haparanda. 751 Moskau. 765

Cork, Queens⸗ ee“ 757 Helbher. ... 746 Sylt 754 3 halb bed. Hamburg 757 4 bedeckt ) Swinemünde 758. 2 Regen²) Neufahrwasser 758 S 1 bedeckt Memel 757 S 2bedeckt EIIENNbLöbö 3 Regen Münster.. 758 Abedeckt Karlsruhe .. 792 3 Regenz) Wiesbaden. 761 still Regen München .. 763 bedeckt Chemnitz.. 762 wolkig Berlin. 769 halb bed. ⁴) Wien 1417653 bedeckt Breslau. . . 761 bedeckt Jie d'Aix. 768 Nebel Triest 760 heiter

1) Nachm. Gewitter und Regen. ²) Nachm. Ge⸗

witter., ³) Abends Gewitter. ⁴¹) Nachm. Regen. Uebersicht der Witterung.

Ein Minimum unter 744 mm liegt über dem norwegischen Meere, gegenüber einem Maximum von etwa 770 mm bei Biarritz. Bei mäͤßiger, meist südwestlicher Luftströmung ist das Wetter in Cen⸗ tral⸗Europa kühler und vorwiegend trübe; meistens ist Regen gefallen. Zwischen Rhein und Oder fanden

Gewitter statt. 1 Deutsche Seewarte.

W. Taubert.

Bar, auf 0 Gr

u. d. Meeressp. in 0 Celsius

obto 2-cO0O0 [50 C. = 40 R.

Temperatur

5 bedeckt 2 bedeckt 3 bedeckt 2 bedeckt 4 bedeckt still Nebel 1 bedeckt

red. in Millim.

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Sonnabend: Gioconda.

Howard.

wolkig 2 wolkig Wildniß. Sonnabend:

Sonntag:

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Sonnabend: Der Weg schauer.

Sonntag:

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Sonntag:

Rigobert.

Ritter. band. Idee von Fritz 7 ½ Uhr

Theater 3 Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Freitag: Opern⸗ haus. 97. Vorstellung. Marie, oder: Die Tochter des Regiments. Komische Oper in 2 Akten von Donizetti. Text nach dem Französischen des St. Georges. Zum Schluß: Tanz. 1) Walzer, aus⸗

geführt von Frl. Stoßmeister u. Frl. Bethge. 2) La Se⸗

Armband.

Anfang 7 ½ Uhr.

guidilla, ausgeführt von Frl. dell' Era, Hrn. Glase⸗ mann und dem weiblichen Corps de Ballet. An⸗

Schauspielhaus. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. Schlegel's Uebersetzung. Tanz von E. Graeb

gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Musikalische Direktion: Hr. Steinmann.

Oper in 4 Akten von A. Ponchielli. Text von Tobia Gorrio. Uebersetzung von C. Niese. Ballet von Emil Graeb. Anfang 7 Uhr Schauspielhaus. Trauerspiel in 5 Aufzü Gottschall. Anfang 7 Uhr. 8

Beutsches Theater. Freitag: Der Sohn der

Mein Leopold. Die nächste Aufführung von Das Käthchen von Heilbronn findet am Montag statt.

Verliner Theater. Freitag: 31. Abonnements⸗ Vorstellung. Uriel Acosta.

(Hedwig Niemann.) A tempo. Der Weg durch'’'s Fenster. Gewitterschauer. (Hedwig Niemann.)

Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann. Sonnabend: Der Fall Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von Die Ehre. von Hermann Sudermann.

Wallner-Th 9 Posse in 3 Akten nach dem Franzö⸗ sischen der Grenet⸗Dancourt u. Burone von Hans Vorher: Zum 7. Male: Schwank in 1 Akt nach einer vorhandenen

Sonnabend und folg Tage: Rigobert. Das

Victoria-Theater. Stanley in Afrika. von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson. Musik von C. A. Raida.

Freitag: Zum 99. Male:

101. Vorstellung. Der Sturm. und Julius Bauer. Musik von

In Seene Hr Kavpellmeister Federmann.

Sonnabend:

Anfang 7 Uhr.

Opernhaus. 98. Vorstellung.

burg. Freitag:

von Robert Buchholz. Sonnabend: Marquise.

Katharina Rudolf

102. Vorstellung. gen von

Freitag: Geschlossen. Sonnabend: II

Der Pfarrer von Kirchfeld. Rosina: Jane di Vigne.) Belle-Alliance-Theater.

gänzlich neuer Ausstattung: Nautilus.

1— Verne von Carl Pander. Zum 1. Male: A tempo. und A. Wicher.

durch’'s Fenster. Gewitter⸗

Central-Theater.

Nur noch 5 Vorstellungen. heater Freitag: Die Ehre 43. Male: Ein fideles Haus. Mannstädt.

7 ½ Uhr.

Sonnabend:

Montag:

Musik

A. Dumas und A. d'’Artois. Schauspiel in 4 Akten

Zum 7. Male:

eater. Freitag:

Das Arm⸗ Freitagt

76. Male: Der Goldfuchs.

Mai und Franz Guthery. Anfang

Franz Roth. Anfang 7 ½ Uhr

Freitag: Zum 249. M.: Zeitgemälde in 10 Bildern 12 11 Uhr. Potonié: Die Geschichte der Urwelt.

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Freitag, Ballet von C. Severini

Dieselbe Vorstellung.

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Friedrich-Wilhelmstädtisches Der arme Jo⸗ nathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Anfang 7 Uhr. Der arme Jonathan.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗

Zum 76. Male: Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. Anfang 7 ½ Uhr.

Kroll’s Theater. Italienische Opern⸗Saison.

Barbiere di Siviglia.

Zum 56. Male: Der Großes Ausstattungsstück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Musik von E. Christiani Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend u. folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Direktion:

Posse mit Gesang in 4 Akten nach einer vorhandenen Idee von W von G. Steffens.

Dieselbe Vorstellung.

Vorletzte Vorstellung in dieser Saison. Zum Besten der unter dem Protektorat Ihrer Ma-. Hrn. B. jestät der Kaiserin und Königin stehenden Sanitäts⸗ wachen im 28. Polizei⸗Revier: Ein fideles Haus.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72. Benefiz für Edmund Schmasow. Zum

4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von

Der Sommergarten ist geöffnet.

Urania, Invalidenstraße 57 /62. Öum 5 ½ Uhr: Was sind Blumen und um 8 Uhr:

Theater. Concert-Haus, Leipzigerstr. 48 (früher Bilfe). Karl Meyder⸗Concert. Freitag, 25. April: Letzter

Wagner⸗Abend.

Dirigent:

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Margarethe Loimann mit Hra⸗ Architekten Ernst Schultz (Franzensbad— Berlin).

Marquise. Frl. Lisbeth Schaumburg mit Hrn. Guts

Deutsch besitzer Mathes Kreuzberger (Batschken Dörsch⸗

8 8 kehmen). Frl. Sophie Ralle mit Hrn. Kauf⸗ mann Herman Weschke (Nordhausen Halle a. S.).

1““ Frl. Charlotte Giesecke mit Hrn. Sec.

Alphonse Devrient EeA““

Frl. Alice Hundrieser mit Hrn. Ingenieur

helm Stellmacher (Königsberg —-Arbon, Schweiz)

- Frl. Elisabeth Tamcke mit Hrn. W. Holst

b (Scheessel Bremen).

Verehelicht: Hr. Dr. Max Korth mit Frl. Bertha Duve (Dargun) Hr. Landgerichts Rath Dr. jur. Karl Paul mit Frl. Margarethe Degen (Leipzig). Hr. Gustav Holtz mit Frl. Henriette Fahrbach (San Francisco, Kal.). Hr. Dr. phil. W. Berg mit Frl. Vally Irgahn (Roß leben). Hr. Emil Henniges mit Frl. Adolfine bennihs (Breslau). Hr. Friedrich Jay mit

rl. Melitta Günther (Leipzig). 8 8

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Stadtrath Hanssen (Elmshorn). Hrn. Dr. Bißmeyer (Andernach). Hrn. Fabrikanten Eugen Kallenberg (Ludwigs- burg). Hrn. F. W. Dannhäuser (Leipzig). Eine Tochter: Hrn. Regierungs⸗Rath a. D. Dr. Arthur v. Studnitz (Trachenberge bei Dresden). Hrn. Architekten Linker (Leipzig). Hrn. Peter Koths (Duisburg). Hrn. Rud. Schwarz (Berlin). Hrn. Rudolf Geist (Berlin).

Obladen (Köln). Hrn. P. Awe (Rostock).

Gestorben: Hr. Kommerzien⸗Rath Johann Fran Brückner (Kalbe a. S.). Hr. Fabrikant Ludwig Schweizer (Stuttgart). Hr. Buchdruckerei⸗ besitzer Vincenz Bartelt (Falkenberg O.⸗S.). . Frau Betty Dehn, geb. Fuchs (Rostock). Kaufmann Karl Schrimpff (Iserlohn). Friedrich Bonert (Berlin).

1u“ 2 Freitag: Mit

Emil Thomas. Freitag: Zum

Anfang

Gesangsposse in

Redacteur: J. V.: Siemenroth. Berlin: . Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ b Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32A2.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Geöffnet von Hr. Dr.

Wie die Morgenblätter aus Cherbourg melden, Eeplede. 8

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Berlin, Donnerstag, den 24. April

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Beilage

Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preuischen 2t

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No. 101.

Parlamentarische Nachrichten.

ScSchlußbericht der gestrigen (47.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsetzung der Berathung über die Anträge der Abgg. von Balan und Gen., Bork und Gen. und des Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch.

Abg. Freiherr von Huene: Wenn der Vorredner klagt, der Eisenbahn⸗Minister könne mit einem Federstriche ganze Industriezweige vernichten, so scheint mir dies ein Katzen⸗ jammer über die Verstaatlichung der Eisenbahnen zu sein. Wer die Verstaatlichung gewollt hat, hat auch die Konsequenzen zu ragen. Der Abg. Graf Kanitz will die Grenze des Ostens wieder der polnischen Arbeiter⸗Einwanderung erschließen. Auch da muß ich sagen: „Tu l'as voulu, George Dandin!“ Wer jener Ausweisungspolitik zugestimmt hat wir haben sie ja be⸗ ämpft —, muß auch die Folgen tragen. Ich gebe zu, daß dem iothleidenden Osten Hülfe geleistet werden muß. Wenn man dafür sorgt, daß es möglich wird, den Veredelungsprozeß der Mühlenfabrikate, der jetzt in den mittleren Provinzen vorgenommen wird, nach dem Osten zu verlegen, so werde ich solchen Maßregeln gern zustimmen; aber von einer Tarif⸗

eform kann ich mir nichts versprechen, da das russische Getreide davon stets den gleichen Nutzen haben wird. Sodann fragt es sich, ob das Getreide aus dem Osten die Konkurrenz mit dem auf dem Wasserwege nach den westlichen Provinzen eingeführten Getreide aushalten wird. Und werden dann nicht durch das billigere Getreide des Ostens die westlichen Landwirthe schwer ge⸗ chädigt werden? Tarifpolitik lasse ich mir im Kampfe gegen as Ausland gefallen, im Kampfe der Industrien im Inlande arf dieselbe kein Platz finden. Den Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz würde ich für annehmbar halten, wenn ich nicht fürchten müßte, daß derselbe nach der heutigen Berathung präjudizirend wirken würde. Ich will die Anträge nicht eisen, sondern möchte sie alle der Tarifkommission

, die sich ja bis jetzt nur mit theoretischen Be⸗

trachtungen beschäftigt hat.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Ich stehe Antrage der Abgg. Graf Kanitz und Genossen nicht in dem Maße prinzipiell feindlich gegenüber wie der Vorredner. Die Nothlage der Landwirthschaft in den Ostprovinzen ist unbestreitbar und erfordert gebieterisch Abhülfe. Die mittleren und westlichen Provinzen müßten im Interesse der leidenden östlichen Landwirthschaft ein geringes Opfer zu bringen bereit sein. Aber der Verlauf der heutigen Debatte hat gezeigt, daß keine Klarheit darüber besteht, was dem Osten zu Gute gethan werden kann, ohne dem übrigen Staat zu viel Opfer zuzumuthen. Es liegt daher im Interesse aller Theile, daß zunächst eine eingehende Prüfung der hier in Betracht kommenden wirthschaftlichen und finanziellen Verhält⸗ nisse stattfinde. Eine Ueberweisung der Anträge an die Tarifkommission würde bei der Geschäftslage zu einem Ergeb⸗ niß nicht mehr führen. Es liegt aber im Interesse der Ost⸗ provinzen, zu wissen, worauf sie rechnen können, um eventuell ihr Streben nach anderen Zielen zu richten, im Interesse der übrigen Landestheile, daß die fortwährende Beunruhigung der⸗ selben aufhöre, und im Interesse des Hauses, daß solche Tarif⸗ fragen nicht zu oft und nicht auf Grund unvollständiger Kenntniß des Materials erörtert werden. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, meinen Antrag anzunehmen.

Abg. Broemel: Daß die Tarif⸗ und Zollpolitik die Ver⸗ hältnisse im Osten nicht gebessert hat, hat der Abg. Graf Kanitz offen ausgesprochen, das erfüllt uns Gegner der Schutz⸗ zollpolitik mit Genugthuung, wenn wir auch die Thatsache be⸗ dauern. Eine Erleichterung der Produktion ist nur durch Er⸗ leichterung des Verkehrs zu erreichen. Von diesem Stand⸗ punkte aus haben auch wir uns mit der Frage schon be⸗ schäftigt und den Antrag auf eine allgemeine Tarifherab⸗ setzung eingebracht; wir würden auch für besondere Fälle solche Tarifermäßigungen annehmen. Die Aufhebung des Identitätsnachweises wäre die zunächst zu erstrebende Aufgabe, vielleicht gelingt es jetzt, nachdem, wie der Herr Reichskanzler hervorhob, die einzelnen Ressortchefs mehr Selbständigkeit haben, diese Maßregel durchzusetzen. Alle, welche für die östlichen Provinzen etwas erreichen wollen, sollten sich zur Erlangung dieses Ziels vereinen.

Abg. von Jazdzewski: Sie verlangen gleiches Maß und Recht für Alle, uns Polen gewährt man gleiches Recht nicht. Die Ausweisungsmaßregel von 1885 hat sich auch wirthschaftlich als eine verkehrte erwiesen. Der Abg. Graf Kanitz hat selbst zugegeben, daß die Ausweisungen nichts ge⸗ nutzt haben. Man beschwert sich über die Ueberschwemmung des Westens mit polnischen Arbeitern. So werden Sie mit Ihren eigenen Waffen bestraft.

Abg. Freiherr von Plettenberg: Da wir keine Reichseisenbahnen, sondern nur Staatseisenbahnen haben, so würden bei einer Verbilligung der preußischen Tarife die deutschen Nachbarstaaten ihr Getreide zu diesen billigen Sätzen in die preußischen Provinzen hineinfahren, wäh⸗ rend diesen die gleiche Vergünstigung auf den außer⸗ preußischen Bahnen nicht zustände. Als Rheinländer muß ich der Behauptung widersprechen, daß die rheinische Landwirth⸗ schaft besonders glänzend ist, da in Folge der Einfuhr des Getreides der Getreideverkauf in die Hände der Händler gekom⸗ men ist. So ist es dem rheinischen Landmann sehr schwer ge⸗ worden, sein Getreide los zu werden. Würden noch weitere Aus⸗ fuhrwege eröffnet, so würde es noch schlimmer werden. Die auswärtigen Arbeiter verwendet die Industrie, nicht die Land⸗ wirthschaft. Dagegen hat letztere den Löwenantheil an den Schul⸗ und Armenlasten, welche der Provinz durch den Zuzug fremder Arbeiter erwachsen. Wir werden dem Osten entgegen⸗ kommen, so weit es möglich ist. Auf den Körnerbau können wir nicht verzichten. Ich werde für den Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz stimmen.

Abg. Seer: Wir wollen durchaus nicht dem Westen schaden. Wir wollen nur nicht gezwungen sein, alles Getreide nach Berlin zu schicken, wo jetzt allein der Staffeltarif gilt. Wenn man Alles auf einen Markt bringen muß, so werden selbstverständlich die Preise gedrückt. Die Frachtsätze sind

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heute so groß, daß die Preisdifferenz zwischen der Ursprungs⸗ und Verkaufsstelle vollständig aufgehoben wirb, eine Ausfuhr also kaum noch lohnend ist.

Abg. Heineken: Diejenigen, welche eine Tarifermäßigung wünschen, hoffen ihr Getreide im Westen zu theuren Preisen abzusetzen. Sie übersehen dabei aber, daß wir z. B. den wenig kleberhaltigen Weizen des Ostens gar nicht brauchen können und gezwungen sind, unseren Weizen ander⸗ wärts zu beziehen. Unsere Mühlenindustrie arbeitet jetzt schon aunter sehr schwierigen Verhältnissen. Wenn nun die Verbilligung der Frachtsätze sich auch auf Mehl beziehen sollte, so würde sie die Preisdifferenz, welche jetzt z. B. zwischen Frankfurt a. M. und Königsberg besteht, eventuell nicht mehr zu ihren Gunsten ausnutzen und wahr⸗ scheinlich ihren Betrieb gar nicht mehr fortsetzen können. Damit würde aber auch die Landwirthschaft erheblich geschädigt werden. Ich bitte, den Antrag des Abg. Freiherrn von Zedlitz anzunehmen.

Damit schließt die Diskussion; nach einem Schlußwort des Antragstellers Abg. Schoeller wird der Antrag des Abg. Frhrn. von Zedlitz angenommen.

Es folgt die erste Berathung des vom Abg. Letocha vorgeschlagenen Gesetzentwurfs, betreffend das Recht zur Haltung von Bienen. Der Antrag wird auf Wunsch des Antragstellers der um 7 Mitglieder verstärkten Agrar⸗ Kommission überwiesen.

Auf Grund des Berichts der Geschäftsordnungs⸗Kommission beschließt darauf das Haus, daß die Mandate der Abgg. Licht, Mühl und Olzem bezw. des Abg. von Unruh durch Ernennung zu Landgerichts⸗Räthen bezw. zum Amts⸗ gerichts Rath, des Abg. Herwig durch Ernennung zum Direktor der Klosterkammer zu Hannover und des Abg. Dr. von Cuny durch Ernennung zum Honorar⸗Professor der Universität Berlin nicht erloschen sind.

(Schluß 3 ½ Uhr).

8 I

E. Lockhart's Gemälde „Die Feier des fünfzig⸗

jährigen Regierungs⸗Jubiläums der Königin Victoria in der Westminster⸗Abtet zu London am 20. Juni 1887“ kam am letzten Montag in den Räumen des Vereins Berliner Künstler zur Ausstellung. Der Maler hatte entschieden keine leichte Aufgabe, es galt, zwei Momente zu beobachten, von denen jedes an und für sich die colle Kraft eines Künstlers in Anspruch genommen hätte. Erstens handelte es sich um ein Architekturstück der gewaltigsten Art: die Westminster⸗Abtei mit ihren kolossalen Raumverhältnissen, ihrer für den Zeichner schwierigen Perspektive, ihren Licht⸗ und Schatten⸗ wirkungen sollte dargestellt werden, da sie den Schauplatz der Handlung abgiebt; dann kam es darauf san, diese Handlung selbst zu veran⸗ schaulichen, und dies war insofern nicht leicht, da eine nach vielen SIne zählende Menschenmenge bildlich wiedergegeben werden sollte.

Geht man zunächst auf den ersten Theil dieser Aufgabe, den architektonischen ein, so war, wie schon angedeutet, der Maler hier vor die Lösung einer Reihe von Schwierigkeiten gestellt. Die mächtige Halle mit ihrem Hauptschiff, ihren Seitenräumen, ihren mächtigen Pfeilern, dem gothischen Deckengewölbe verlangte das Auge und die Hand eines Meisters, wenn sie in ihrer ganzen Schönheit und Würde zur Geltung kommen sollte. Es kam auf den richtigen Blick an, mit welchem diese Dimensionen gemessen und im richtigen Verhältniß wiedergegeben werden müssen. Hier hat sich der Maler entschieden mit großem Geschick seiner Aufgabe erledigt. Mächtig baut sich vor unseren Augen die Abtei auf, der ernste Charakter, aber auch zugleich der leichte Eindruck der hoch aufstrebenden gothischen Säulen und Bogen wird hier überzeugend wiedergegeben. Eine weitere Schwierigkeit bot das Kolorit dieser eintönigen gelbgrauen Wände und Pfeiler, aber auch hier hat Lockhart sich als gewandter Künstler erwiesen; indem er nämlich von oben herab durch die hochgelegenen Fenster ein gedämpftes Sonnenlicht hereinfallen läßt, bringt er den wichtigsten Theil der Scenerie sowohl in Bezug auf die Architektur wie auch die Figurengruppen zu trefflicher Wirkung und hebt sie von allem Neben⸗ sächlichen oder weniger Wichtigen vortheilhaft ab; sanft schließt sich an diese lichten Partien ein geschickt vermitteltes Helldunkel an, welches im Hintergrunde und in den Seitenlogen je nach der Ent⸗ fernung und Lage in ein stärkeres oder schwächeres Dunkel übergeht. In dieser ehrwürdigen Scenerie sollte ein figurenreicher Akt darge⸗ stellt werden. Von vornherein begegnete der Maler einem Uebelstand inso⸗ fern, als ihm die Größenverhältnisse dieser Figuren gewissermaßen vorge⸗ schrieben waren und zwar durch die Raumverhaͤltnisse der Abtei. Wollte er letztere, wie es kaum anders anging, vom Fußboden bis zur Decke darstellen, so mußten, wenn nicht das Gemälde ganz kolossale Aus⸗ dehnung erhalten sollte, die Figuren ziemlich klein ausfallen. Das hat immer etwas Mißliches; derartige Gemälde, in denen wir Hunderte von Menschen in kaum Fußhöhe dargestellt sehen, machen nur zu leicht den Eindruck des Bilderbogenartigen, und wenn diese Gefahr nicht ganz vermieden wurde, so darf man die Schuld daran nicht dem Maler beimessen, auf den hier das ultra posse nemo obligatur volle Anwendung findet. Das Arrangement ist im Großen und Ganzen ein glückliches; inwieweit das Verdienst daran dem Künstler zuzuschreiben ist, kann nur Derjenige beurtheilen, welcher jener Feier beigewohnt hat. Den Mittelpunkt bildet die Königin Victoria, welche hinter einem Betpult mitten im Schiff sitzt. Ihr zur Linken erblickt

man die damalige Deutsche Kronprinzessin Friedrich, neben ihr die Prin⸗ zessin von Wales, in der Nähe die Prinzessinnen Victoria, Sophie und!

Margarethe. Es würde zu weit gehen, alle die Fürstlichkeiten aufzuführen, denen man auf diesem Bilde begegnet. Mit freudiger Ueberraschung sieht man aus ihrer Schar die prächtige Gestalt des hochseligen Kaisers Friedrich, damals noch Kron⸗ prinzen, emporragen, der, um jene Zeit zwar schon an dem beginnen⸗ den Uebel erkrankt, doch noch durch seine männliche Schönheit die Bewunderung der Engländer erregte; der Maler hat trotz der kleinen Verhältnisse mit großer Treue das Porträt des Kronprinzen wieder⸗ gegeben, nicht minder trefflich auch dasjenige des damaligen Prinzen Wilhelm, unseres jetzigen Kaisers. Gut getroffen sind auch die Porträts anderer deutschen Fürsten, welche dem Fest beiwohnen. Diesen Aller⸗ höchsten Herrschaften reihen sich die zahlreichen hohen Persönlichkeiten des Hofs und der Gesellschaft an, welche theils hinter und neben der Königin Victoria stehen, theils die Seiten des Schiffs bis in den Vorder⸗ grund flankiren. Es war gewiß nicht leicht, sie alle so zu gruppiren, daß man den Gesichtsausdruck wahrnehmen kann und daß ferner nicht eine gewisse Eintönigkeit zu Tage trat, die sehr nahe lag, da die Auf⸗ merksamkeit aller Anwesenden durch eine und dieselbe Ursache, den⸗ selben Gegenstand in Anspruch genommen war. Leicht konnte das

Arrangement ermüdend wirken, zumal da die Galerien bis hoch hinauf mit zuschauenden Personen angefüllt sind, welche der Maler, wenn er

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treu schildern wollte, doch nicht weglassen, aber doch auch nur an⸗ deuten konnte.

Was den Beschauer befremdet, ist das Kolorit des Gemäldes. Der Grundton desselben ist, wie schon oben angedeutet wurde, durch das Gelbgrau der alterthümlichen Abtei gegeben. Um nun der Gefahr, bunt zu malen, zu entgehen, hat Lockhart lieber sehr gedämpfte Farben angewandt, was, wie zugestanden werden soll, schließlich glücklicher und harmonischer wirkt, als stünden all die in den Staatskleidern auftretenden Farben hart und allzu intensiv neben einander. Aber es ist zu viel Roth in den Decken und Teppichen zur Verwendung ge⸗ kommen, welches alle übrigen Farben drückt und viele von ihnen ganz in sich aufsasgt, sodaß man beim ersten Blick auf dem Gemälde fast nur Gelb und Roth zu sehen glaubt. Angesichts der großen Schwierig⸗ keit mag man jedoch annehmen, daß Lockhart seine guten Gründe gehabt hat, diese Töne anzuwenden, mit denen man sich bei näherer Betrachtung des Bildes bald aussöhnt, um so mehr als man überzeugt sein darf, daß hier das Ergebniß einer fleißigen und mühsamen Arbeit geboten wird, der man seine Anerkennung nicht versagen darf.

Leider konnte die Ausstellung des interessanten Werkes nur ganz kurze Zeit stattfinden, sodaß das größere Publikum keine Gelegenheit hatte, es in Augenschein zu nehmen.

Gegenwärtig sind in den Räumen des Ausstellungslokals auch diejenigen Kunstwerke zur Ansicht gebracht, welche der „Verein der Kunstfreunde im preußischen Staat“ für seine Mitglieder bestimmt hat. Es sind durchgängig Sachen, deren Besitz jeden Kunst⸗ liebhaber erfreuen dürfte, so Pflugradt's „Morgenlandschaft aus Mecklenburg“ in ihrem zarten silbergrauen Ton, Flickel's „Dorf⸗ landschaft“, Pape's „Heimkehrendes Fischerboot“’, Feldmann's „Herbsttag im Moor“, Bonte's „Gegend bei Ponteresina“. Von Hartmann ist erworben ein „Thüringisches Marktbild“, von Meißner ein prächtiges Stück: „Waldbach“, von Hertel eines seiner schätzenswerthen „Stillleben“, ferner Bilder von Schleich, Bröker, Wilberg, Söborg u. a. m.

Th. Eckenbrecher hat eine Kollektion Aquarellstudien aus⸗ gestellt, tüchtige, an Hildebrandt erinnernde Blätter. Mit Verwun⸗ derung aber wird jeder Besucher fragen, woher Hagemeister den Muth nimmt, seine Skizzenblätter auszustellen. Skizzen gehören eigentlich überhaupt nicht auf Ausstellungen; bringt man sie aber dorthin, so sollten es solche sein, welche nach ihrer Ausführung eine Bereicherung der Kunst erwarten lassen. Diese abschreckenden impressionistischen Schildereien, welche nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Spachtel hingeworfen zu sein scheinen, können nur jeden wirk⸗ lichen Kunstfreund mit Bedauern erfüllen; aber ein Gutes haben sie doch, sie zeigen wieder einmal, was nicht die Aufgabe der Kunst ist.

Die gegenwärtige Ausstellung bietet wieder recht treffliche Sachen, unter denen das überaus bunte und harte Aquarell E d. Meyer's freilich eine unrühmliche Ausnahme macht.

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Statistik und Volkswirthschaft.

8. Zur Arbeiterbewegung.

Der „Kref. Ztg.“ wird aus Bochum geschrieben, daß 46 Zahl⸗ stellen des Bergmännischen Verbandes sich bereit erklärt haben, ihre Einnahme dem neu zu gründenden Verband christlich⸗ patriotischer Bergarbeiter zur Verfügung zu stellen .

In Köln fand am 20. April eine Versammlung von Vertretern rheinischer Tischler⸗Innungen statt, welche, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, folgende Beschlüsse faßten: 1) Bei einem ausbrechenden Aus⸗

stand soll der Innungsvorstand der betreffenden Stadt eine Liste der⸗ jenigen Gesellen, welche die Arbeit niedergelegt haben, an die Obermeister aller angeschlossenen Innungen der Provinz gelangen lassen; die Kollegen verpflichten sich, die betreffenden Gesellen nicht in Arbeit zu nehmen. 2) Die angeschlossenen Innungen verpflichten sich, diejenigen Meister zu unterstützen, welche in Folge des Strikes nicht in der Lage sind, rechtzeitig liefern zu können, derart, daß die Ober⸗ verpflichtet sind, möglichst für Unterbringung solcher Arbeiten zu sorgen.

„Ueber die Arbeiteransstände in Mülhausen i. E. liegen in der „N. Mülh. Ztg.“ folgende weiteren Nachrichten vom 22. d. M. vor: Am 21. waren die Fabriken, in welchen bis dahin noch ein Theil der Arbeiter thätig war, geschlossen, und rauchlos standen die mächtigen Schornsteine da. Eine Ausnahme machte die Fabrik Nägely am Spiegel⸗ thor, in der an diesem Tage die Arbeit wieder aufgenommen wurde, da eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitern erzielt worden war. Am Dienstag wurde auch in den Fabriken von Schäffer in Pfastatt, Dollfus⸗Mieg, Köchlin frères, Frey u. Co, Dreyfus⸗ Lantz, Wallach, Köchlin⸗Buchy und einigen anderen kleineren Fabriken wieder gearbeitet. Diesem erfreulichen Ereigniß steht das Bedauerliche gegenüber, daß seit Dienstag Morgen 2000 Ar⸗ beiter der Gießerei ausstehen. Die Bauarbeiter stehen noch aus; überhaupt ist die Lage noch nicht ohne Bedenken. Ueber die gestern an dieser Stelle bereits erwähnte Versammlung in der Börse berichtet das Blatt des Näheren, daß nach einer ein⸗ leitenden Rede des Vorstehers der Handelskammer, Th. Schlumberger und eines Großindustriellen ein Arbeiter über die allgemeine Lage der Arbeiter sprach die einer Aufbesserung dringend bedürfe. Der in de Versammlung anwesende Unter⸗Staatssekretär von Kölle

nahm sväter das Wort zu einer im versöhnlichen Sinne gehaltenen Rede, welche allseitigen Beifall sand. Als einstweiliges Schluß⸗ ergebniß der Besprechung, sagt die „N. Mülgy. Ztg.“, kann man die Thatsache hinstellen, daß alle Arbeitgeber für die Textilbranche einstimmig den I1 stündigen Arbeitstag annahmen, wogegen auch Seitens der anwesenden Arbeiter⸗Delegirten kein Einspruch erhoben wurde. Hinsichtlich der Lohnfrage fand man es für zweck⸗ entsprechender, dieselbe nicht im Allgemeinen zu regeln, sondern es den einzelnen Fabriken zu überlassen, sich mit ihren Arbeitern darüber zu verständigen,

Aus Gebweiler schreibt man der „Strb. P.“ unter dem 22. d. M.: Allmählich fängt der Ausstand der Mülhauser Arbeiter an, auch hier die Gemüther etwas zu erhitzen. Heute Nachmittag legten 300 Spinner und Spinnerinnen der Rogelet'schen Fabrik in Bühl die Arbeit nieder, ein Theil derselben zog nach Gebweiler, um hier Propaganda zu machen; indeß ist es hier noch immer ziemlich ruhig. Auch aus Thann wird dem Blatte von einer Einwirkung der Mülhauser Arbeiterausstäͤnde berichtet Am Dienstag Nachmittag stellte das Arbeiterpersonal der Märzdorff'schen Fabrik (Druckerei) zu Alt⸗Thann die Arbeit ein. Ein großer Theil des⸗ selben zog nach Thann, woselbst sich die Arbeiter und Arbeiterinnen der Flühr’'schen, Rudols'schen und Sonntag'schen Fabriken (Webereien) anschlossen.

In Erfurt hat der „Mgdb. Ztg.“ zufolge am Montag unter ungemein zahlreicher Theilnahme die Gründung eines evange⸗ lischen Arbeitervereins stattgefunden. Wohl an 300 Arbeiter waren dabei anwesend. Der §. 1 der genehmigten Satzungen lautet: „Der Verein steht auf dem Boden des evangelischen Bekenntnisses, hält treu zu Kaiser und Reich und hat den Zweck: a. das friedliche Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu pflegen und zu wahren, b. den Mitgliedern nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheit zu und dieselben nach Kräften zu unterstützen, c. die sittliche

ung und allgemeine Bildung seiner Mitglieder zu fördern, d. die

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