1890 / 107 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

einen überraschend malerischen Anblick dar. Zwischen hoben Bäumen blieb der Ausblick in eine weite Fluß⸗ und Wiesenlandschaft frei. Ein erhöhter Ehrensitz erhob sich rechts unter einem prunkvollen Baldachin. Die Ehrengeschenke und zahlreichen Blumen⸗ und Kranzspenden standen und lagen in schöner Gruppirung um die Stufen des für den Jubilar bestimmten Platzes. Die Mitglieder des Berliner Theaters und zahlreicher anderer hiesiger Bühnen, sowie Abgeordnete zahlreicher Vereine und Theater hatten sich in festlichem Gewande versammelt. Bei seinem Eintritt wurde der Jubilar von einem Festchor empfangen. Im Namen des Festcomités brachte

r. Dr. Gumbinner die erste Begrüßung dar, an welche

ch die des Regisseurs des Berliner Theaters schloß. Hr.

arnay erwiderte darauf in einer ebenso gemüthvollen als launigen Rede; er betonte sein herzliches Verhältniß zu seinen Mit⸗ wirkenden und stellte als das höchste Ziel irdischen Glückes das Streben nach dem Idealen hin, dem er und sein ganzes Haus sich geweiht habe. Daran schlossen sich zahlreiche Beglückwünschungen der Vereine und Institute. Mehrere Theater haben den Jubilar zum Ehrenmitglied ernannt. Unter lebhaftem Beifall überreichte Theodor Liedtke eine Anzahl Adressen von auswärtigen Theatern mit dem Bemerken, daß auf der Post und der Bahn noch viel mehr lägen. Drei Studirende der Friedrich⸗ Wilhelms⸗Universität erschienen mit einer poetischen Ansprache. In zahlreichen Reden wurden so Ludwig Barnay's Verdienste als dar⸗ stellender Künstler, Regisseur und Theaterdirektor wie seine mensch⸗ lichen Tugenden nach allen Richtungen gewürdigt, und für Alle fand der Jubilar ein ungekünsteltes aus dem Herzen kommendes Wort. Mit einem Festchor schloß die Feier, welche dem Jubilar die freudige Verehrung und herzliche Liebe offenbart hat, die er in deutschen und in außerdeutschen Landen genießt, stimmungsvoll ab. Bei jeder neuen

Huldigung gab das Publikum, welches den ganzen Theaterraum füllte,

seine freudige Zustimmung durch lebhaften Beifall zu erkennen.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. ““

Die Seommersaison beginnt am Sonnabend, 10. Mai. Ein Repertoirewechsel ist, wie zu erwarten war, mit dem Abschluß der Wintersaison nicht verknüpft, denn der „Arme Jonathan“ erlebt bald ein neues Jubiläum. Den Theaterbesuchern steht aber vom 10. Mai ab der schöne Concertpark offen, der mit seinem reichen, bunten Programm zum dritten Male, seitdem Direktor Fritzsche diese glänzende Sommerschöpfung im Norden Berlins begründete, sich als einer der reizvollsten Zielpunkte für Einheimische und Fremde erproben wird.

Central⸗Theater.

Das Central⸗Theater hat am vergangenen Dienstag seine Winter⸗ Saison geschlossen. Die Abschiedsvorstellung war insofern von beson⸗ derem Interesse, als sie die letzte in dem bisherigen Gebäude war, denn der geplante Umbau, mit dem demnächst begonnen wird, dürfte dem Theater ein wesentlich anderes Aussehen als bisher geben; wird doch selbst der Name nicht mehr derselbe bleiben, sondern nach der Wieder⸗Eröffnung in „Thomas⸗Theater“ umgewandelt werden. Diese Aenderung hat insofern ihre Berechtigung, als Hr. Direktor Thomas seit Uebernahme des Instituts dem Unternehmen durch seine künstlerische Thätigkeit einen neuen Aufschwung bereitet und ihm neue Freunde erworben hat. Hr. Thomas darf auf eine an Erfolgen reiche Zeit in dem alten Hause zurücksehen; eine ganze Reihe der von ihm zur Aufführung gebrachten Possen hat es zu einer recht stattlichen Zahl von Wiederholungen gebracht und auch die letzte, „Ein fideles Haus“, reihte sich den früher gegebenen würdig an. Die Abschiedsvorstellung gestal tete sich somit zu einem wehmüthig festlichen Akt und brachte für die bewährte Thomas'’sche Truppe der anerkennenden Ovationen die reiche Fülle. Lebhafter Beifall erschallte, als Hr. Thomas seine Abschiedsworte an das Publikum gerichtet hatte und die Hoffnung aussprach, daß auch im neuen Hause ihm die Gunst der Berliner treu bleiben möge. Diese Hoffnung wird ihn nicht täuschen und auch das Thomas⸗Theater dürfte wieder alle Verehrer der Thomas'schen Muse so zahlreich wie früher in seinen Räumen versammelt sehen.

Mannigfaltiges.

Ddie Ausstellung der Schmuck, und Juwelierarbeiten im Königlichen Kunstgewerbe⸗Museum wird, da eine Ver⸗ längerung nicht stattfinden kann, dem Programm entsprechend am Sonntag, den 11. Mai geschlossen.

In der wissenschaftlichen Abtheilung der Gartenbau⸗Aus⸗ stellung wurden die Arbeiten von Professor Dr. Zettnow⸗Berlin

mit einer silbernen Medaille ausgezeichnet. Die Firma W. Wendt⸗Berlin erhielt ferner für ihre Dekoration zu einer „Trauung im Hause“ den ersten Preis von 200 ℳ, desgleichen der Architekt Th. Prüfer für die zu dieser Dekoration gelieferten kirchlichen Geräthe einen Preis von 100

Die hiesige Firma V. Manheimer hat aus Veranlassung ihres fünfzigjährigen Geschäftsjubiläums, dem „Confectionär“ zufolge, 40 000 zur Unterstützung hülfsbedürftiger Mäntel⸗ näherinnen gestiftet.

Schmiedeberg im Riesengebirge, 29. April (N. A. Z.) Auf einem Felsen des Hendelberges bei Krummhübel hat man kürzlich ein 2 Fuß lunges und 1 Fuß tiefes sogenanntes „Opferbecken“ ent⸗ deckt, welches augenscheinlich von Menschenhänden angelegt ist.

Kiel, 28. April. (Kiel. Ztg.)) Für den am 19. Mai v. J. im Gefecht bei Bagamoyo bei Erstürmung des befestigten Lagers Buschiri's gefallenen Unter⸗Lieutenant zur See Schelle ist auf Veranlassung des Marine⸗Offiziercorps in der hiesigen Werkstatt des Bild⸗ und Steinhauermeisters Müllenhoff ein Grabmal ange⸗ fertigt. Dasselbe, ein etwa 2 ½ m hoher Obelisk aus polirtem schwedischen Granit von schwarzer Farbe, trägt mit vergoldeten Buchstaben die Inschrift: „Hier ruhet in Golt der Unter⸗Lieutenant zur See Max Schelle von S. M. Kreuzer „Schwalbe’. 24 Jahre alt, fiel er am 19. Mai 1889 beim Sturm auf die befestigte Stellung Bagamovo, Allen voran, als Erster im feindlichen Lager.“ Der Obelisk ruht auf einem Doppelsockel aus belgischem Granit. Die Absendung erfolgt mit dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Adler“ am 31. Mai d J. von Bremerhaven aus, mit welchem auch der Ablösungstransport für S. M. Kreuzer „Schwalbe“ nach Sansibar instradirt wird.

Saarbrücken, 1. Mai. (Saarbr. Ztg.) Die feierliche Uebertragung der Gebeine der auf dem großen Exerzierplatze hier beerdigten, in der Spicherer Schlacht am 6. August 1870 ge⸗ fallenen Krieger nach dem Ehrenthal erfolgte gestern Nach⸗ mittag unter Betheiligung unserer Garnison, der Kriegervereine und fast der gesammten Bürgerschaft. Eine zahllose Menschenmenge von nah und fern wohnte dem ergreifenden Akt, welcher den würdigsten Verlauf nahm, bei.

Stuttgart, 27. April. (Allg. Ztg.) Auf dem hochgelegenen, nach dem verstorbenen Herzog Eugen von Württemberg so benannten Eugens⸗Platz, den früher die jetzt in der Nähe, nur etwas tiefer aufgestellte Büste dieses Prinzen schmückte, fand beute durch den Verein zur Förderung der Kunst, dessen Präsident Prinz Hermann zu Sachsen⸗Weimar ist, die feierliche Enthüllung des von Ihrer Majestät der Königin gestifteten Monumental⸗ brunnens mit der überlebensgroßen Figur der Galathea statt. Die letztere sowie das gleich ihr im reichsten Barockstil ge⸗ haltene architfektonische Beiwerk ist die Schöpfung des in Berlin lebenden Architekten und Bildhauers Otto Rieth, dessen Modell zwar bei der vorhergegangenen Konkurrenz nicht mit dem ersten Preis gekrönt, aber doch von der Königin in Uebereinstimmung mit dem Geschmack vieler Kunstverständiger zur Ausführung gewählt wurde. Den überaus gelungenen Bronzeguß der Figur und der Brunnen⸗ schale hat Paul Stotz in Stuttgart besorgt. Um 11 Uhr Vorm ittags versammelten sich der Präsident und die Mitglieder des genannten Vereins, sowie die zu der Feier geladenen Gäste im neuen Festsaal des Königlichen Museums der bildenden Künste, woselbst Professor Lemcke die nach Form und Inhalt gleich vollendete Festrede hielt. Mit schwungvollen Worten dankte sodann der Präsident des Vereins auf dem Platze selbst der hohen Stifterin, welche, obwohl kaum von längerer Krankheit genesen, den Enthüllungsakt mit ihrer Gegen⸗ wart beehrte, und dem Künstler. In dem Augenblick, da die Hülle der Galathea fiel, begannen auch die Wasser des Brunnens und der Cascade ihr plätscherndes Spiel.

Moskau. (Hall. Ztg.) Eine

centralasiatische Aus⸗ stellung wird Ende dieses Jahres im geschichtlichen Museum zu Moskau eröffnet werden und vier Monate dauern. Zur Aursstellung gelangen Sammlungen des mittelasiatischen Thier⸗, Pflanzen⸗ und Steinreiches, sowie mittelastatische Alterthümer, Gegenstände der Hauswirthschaft und Industrieerzeugnisse.

brochenen Morganza⸗Dammes Louisiana ist voll von Flüchtlingen. 6 Neger büßten in Folge des

Dammbruches ihr Leben e 1 bruchist bei Martinez unterhalb Baton Rouge erfolgt 1500 Arbeiter

grenzende

fluenza, velche einen

New⸗York, 30. April. (A. C.) Der Passagierdampfer

„H. B Plant“ brannte auf dem See Beresford in Florida bis Wasserspiegel nieder, wobei drei Mitglieder der Mannschaft um⸗ amen. gestern im Flusse St. John bei Jacksonville in Brand. Er war mit Menschen gefüllt, unter denen eine Zeitlang große Panik

herrschte.

Ein anderer Passagierdampfer „Andrew Jackson“ gerieth

Mehrere Personen sprangen ins Wasser. Der Dampfer

brannte bis zum Wasserspiegel nieder. Drei Personen, zwei Männer

und eine Frau, ertranken.

Philadelphia, 28. April. (A. C.) Der unterhalb des ge⸗ Rouge in

liegende Ort Baton

ein. Ein anderer ungeheurer Damm⸗

sind mit 4 Dampfern beschäftigt, die Oeffnung zu schließen. Die an⸗ Ebene ist auf Meilen überschwemmt Der. außer⸗ ordentlich hohe Wasserstand des Flusses hat in Folge der Damm⸗ brüche abgenommen.

Calcutta, 29. April. (A. C.) In, Calcutta ist die In⸗ großen Theil der Einwohnerschaft ergriffen Im Oberlande aber herrscht

hat, allmählich im Erlöschen begriffen. letzten

sie noch immer und mehrere Todesfälle sind in der Zeit in Simla vorgekommen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Potsdam, 2. Mai. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser besichtigte heute Vormittag auf dem Bornstedter Felde die drei Bataillone des 1. Garde⸗Regiments zu Fuß. Der Fürst von Hohenzollern, der Prinz Rup⸗ precht von Bayern, der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, der Erbprinz von Hohenzollern mit Gemahlin, viele fremde Offiziere und eine glänzende Suite wohnten der Besichtigung bei. Zum Schluß fand eine Gefechtsübung im Feuer statt, zu welcher das Garde⸗Husaren⸗Regiment und das Regiment der Gardes du Corps durch Alarmirung herbeigerufen waren. Nach der Uebung richtete Se. Majestät eine kurze An⸗ sprache an das 1. Garde⸗Regiment, dessen Oberst von Plessen ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser ausbrachte, in welches das Regiment begeistert einstimmte. Se. Majestät ritt mi den genannten Fürstlichkeiten an der Spitze des Regiments in die Stadt zurück und nach der Kaserne des Regiments.

Hannover, 2. Mai. (W. T. B.) Sämmtliche aus der Provinz eingegangenen Nachrichten bestätigen, daß der gestrige Tag überall ruhig und ordnungsmäßig ver⸗

laufen ist. B Paris, 2. Mai. (W. T. B.) Aus Tourcoing von heute Vormittag hier eingegangene Meldungen bezeichnen die Lage daselbst als ernst. In 26 Etablissements strikt die Arbeiterschaft. Aus Roubaix sind 5000 strikende Arbeiter nach Tourcoing gekommen und ver⸗ breiten sich in der ganzen Stadt. An mehreren Punkten ist es zu Ordnungsstörungen und Gewalt⸗ thätigkeiten gekommen. Die Einfriedigungen von mehreren Fabrikanlagen wurdenk niedergerissen. Die Behörden haben um Verstärkung der Truppen nachgesucht. 8 Mons, 2. Mai. (W. T. B.) Die Arbeit ist überal wieder aufgenommen worden. Die Befürchtungen, daß in der Borinage eine allgemeine Arbeitseinstellung erfolgen

würde, haben sich somit nicht bestätigt.

Wetterbericht vom 2. Mat, Morgens 8 Uhr.

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Temperatur

Beaumarchais. fang 7 Uhr.

Stationen.

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Direktion: Hr

Sonntag:

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abend:

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Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 104. Vorstellung. Die Hochzeit des Figaro. Komische Oper in 4 Akten von Mozart. Dirigent: Kapellmeister Kahl. An⸗

Schauspielhaus. Zauber⸗Komödie Nach A. W. v. S Tanz gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Musikalische Steinmann. Opernhaus. Ring des Nibelungen von Richard Wagner. Vor⸗ Das Rheingold.

Schlegel's Uebersetzung.

Anfang 7 ½ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Text von

Sonnabend:

108. Vorstellung. Der Sturm. nathan.

in 5 Aufzügen von Shakespeare. Musik von

In Scene Hr. Kapellmeister Federmann

von E. Graeb.

Anfang 7 Uhr. 105. Vorstellung. Der

Anfang 7 Uhr. burg. Sonnabend:

Musik von C. A. Raida. Ballet von C. Severini.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ Zum 83. Male:

Ulrania, Invalidenstraße 57/62. Geöffnet von 12 11 Uhr. Sonnabend, um 5 ½ Uhr: Hr. Dr. Potonis: Was sind Blumen? und um 8 Uhr Die Geschichte der Urwelt.

Friedrich -Wilhelmstädtisches Theater. *

2 EEmRnenmeemmmemmemm;nüemmnmenmnnnn Zum 106 Male: Der arme Jo⸗ Ip Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millszcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Der arme Jonathan. EEE11““

Familien⸗Nachrichten.

1“

Verlobt: Frl. Paula Gudden mit Hrn. Theodo Reintjes (Kleve). Frl. Minni Moock mit Hrn Dr. med. Anton Pfeiffer (Wiesbaden). Frl. Helene Schmücking mit Hrn. Friedrich Schriever (Helmstedt —- Mörse). Frl. Emma Dörpmund mit Hrn. Lehrer Gustav Steding (Benstorf Herkensen). Frl. Claire Matthieu mit Hrn.

Dirigent:

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Marqnise.

Moskau. wolkenlos

Cork, Queens- ööö—658 Cherbourg. 759 146769 759 Hamburg . . 758 Scwinemünde 759 Neufahrwasser 763 Meme ..41764 halb bed. 18 Paris. 75 Aheiter 10 T55728 2 bedeckt 11 Karlsruhe.. 756 4 Regen 10 Wiesbaden. 756 still bedeckt 13 756 6 bedeckt 10 2 wolkig 15 2 wolkigz) 15 3 heiter 10 2 bedeckt 12 3 bedeckt 11 758 4 wolkig 8 760 8 1 Regen 11

Regen 9 Dunst wolkenlos 9 halb bed. 10 wolkig ¹) 13 heiter²) 16 bedeckt 12

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1) Dunst, Thau. ²) Abends Gewitter.

Uebersicht der Witterung.

Auf dem ganzen Gebiete, außer im Südwesten, hat der Luftdruck abgenommen; ein barometrisches Minimum liegt über Süddeutschland, daselbst Regen⸗ wetter mit elektrischen Entladungen hervorrufend. Im nördlichen Deutschland dauert die schwache östliche Luftströmung bei meist warmer, theilweise eiterer Witterung fort. In Friedrichshafen fielen 39 mm Gewitterregen. An der ostpreußischen Küste stiegen die Nachmittagstemperaturen bis auf 24 Grad. Deutsche Seewarte 8

³) Thau.

Schauspielhaus 109 Vorstellung. Die Quitzow’s. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Faust’s Tod.

Sonntag: Der Sohn der Wildniß.

Montag: Götz von Berlichingen.

Verliner Theater. Sonnabend: Die wilde

Jagd. (Hedwig Niemann.) Sonntag: A tempo. Der Weg durch'’s Fenster. Gewitterschauer. (Hedwig Niemann.) Montag: Hamlet.

Tessing-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Ein Besuch. Schauspiel in 2 Akten von Eduard Brandes. Hierauf: Zum 1. Male: Mädchen⸗ rache. Lustspiel in 2 Akten von Eduard Bauern⸗

feld. Sonntag: Ein Besuch. Hierauf: Mädchen⸗ Montag: Die Ehre.

rache.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 14. Male: Rigobert. Posse in 3 Akten nach dem Franzö⸗ sischen der Grenet⸗Dancourt u. Burone von Hans Ritter. Vorher: Zum 14. Male: Das Arm⸗ band. Schwank in 1 Akt nach einer vorhan enen Feäbvon Fritz Mai und Franz Guthery. Anfang

r.

Sonntag u. folg. Tage: Rigobert. Das

Armband. (Letzte Sonntags⸗Aufführung.)

Victoria-Theater. Sonnabend: Zum 256. M.: Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern

von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson.

Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. von Robert Buchholz. Anfang 7 ¼ Uhr. Sonntag: Marquise. .“

Kroll’'s Theater. Italienische Opern⸗Saison.

Sonnabend: Geschlossen.

Sonntag: Letzte Sonntags⸗Vorstellung. Traviata mit Sgra. Prevosti. 89 1“

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Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum 63. Male: Der Nautilus. Großes Ausstattungs⸗ stück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Verne von Carl Pander. Musik von E. Christiani und A. Wicher.

Im prachtvollen glänzend renovirten Sommergarten (vornehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement der Residenz): Großes Doppel⸗Concert. Auftreten der Original⸗Salon⸗Gesangs⸗Humoristen Frisch und

lott und der Wiener Original⸗Duettisten Paula und

udwig Tellheim, sowiezder Contra⸗Altistin Frl. Elise

Münichsdorfer. Brillante Illumination des ganzen Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Idolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72.

Sonnabend: Zum 83. Male: Der Goldfuchs. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß Musik von Franz Roth. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Der Sommergarten ist geöffnet.

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rl. Ida Leuckfeld mit Hrn. Heinrich Mackensen (Nordhausen Mannheim). Frl. Bertha Bel mit Hrn. Jean Flamm (Lindenthal-—Köln). Verehelicht: Hr. Apothekenbesitzer Karl Thiele mit Frl. Gertrud Kletke (Breslau) Hr. Dr. Hans Knod mit Frl. Emmy v. Eupen (Essen a. d. Ruhr). Hr. Hugo Schwartze mit Frl.

Deutsch ver Kirsten ectester hae. ERea,

Gertrud Roehr (Berlin). Hr. Lieutenant Hans

v. Webern mit Frl. Adele Rymultowski und Kornitz (Schwengfeld). Hr. Moritz Lenzberg mit Frl. Marie Seiff (Lemgo). Hr. Dr. A Feehg mit Frl. Josefine Brenner (Eitorf a. d. Sieg).

Gebsren: Ein Sohn: Hrn. Gustav Ritter (Burtscheid). Hrn. Berthold Möller (Rostock). Hrn. Karl Bobzien (Wismar). Hrn. Paul Welter (Köln Lindenthal). Hrn. W. Schmidt (Röbel). Eine Tochter: Hrn. Lieut. Seeliger (Hannover). Hrn. Hugo Hoffer (Berlin). Hrn. Paul Willing (Berlin). 2 August Scheiding (Berlin). Hrn. Karl

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ing (Berlin).

Hrn. Rechtsanwalt Pulst (Lüchow). Hrn.

Gerichts⸗Assessor Baier (Eschwege). Hrn. Kreis⸗ sekretär W. Hillmer (Sulingen).

Gestorben: Hr Pfarrer Eduard Frank (Preisnitz). Hr. Rendant a. D. Paul Schwing (Breslau). Hr. Louis Scholz (Berlin)

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: gS Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Neun Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

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Berlin, Freitag, den 2. Mai

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Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Ueber den Ausfall der für den ersten Mai von den Arbeitern ins Werk gesetzten Kundgebungen theilen wir zunächst folgende Mecdungen des „Wolff'schen Bureaus“ aus deutschen Städten mit:

In Hamburg und Altona verlief der Tag rubig; in allen Staatsbetrieben wurde gearbeitet, ebenso in den meisten Fabriken; die

auhandwerker, Schiffsbauer ꝛc. feierten zum größten Theil. Auf der We ft von Blohm und Voß sind von 2500 Arbeitern 500 er⸗ schienen; Plakate theilen mit, daß die Feiernden vor dem 6. d. nicht wieder angestellt werden würden. Auf anderen Schiffswerften ist ein ähnliches Verhältniß; bei Jannssen und Schmilinski arbeiten von 218 Arbeitern 70; auf der Staatswerft arbeiten Alle bis auf 70 Mann. Die feiernden Arbeiter haben sich in die Umgegend begeben, von Er⸗ zessen ist bisher nichts betannt geworden; auf der Elbe fahren Polizeibarkassen, um event. einzuschreiten. Da die Ansammlung von Arbeitern in Horn bereits eine bedenklich große war, so wurde ein neuer Zug von Arbeitern, welcher sich dorthin begeben wollte, polizeilich aufgelöst, was ohne Muͤhe gelang. Abzeichen und Embleme werden nicht getragen; öffentliche Versammlungen und Tanzvergnügungen sind jetzt auch in Altona verboten. Die Arbeiterverbände be⸗ schlossen, morgen früh wieder auf den Baustätten zu erscheinen. Mehrere Meister hatten die Gesellen, welche zu feiern beabsichtigten, bereits estern abgelohnt. In Altona wurde nur partiell von den

rbeitern gefeiert. Die Feiernden machten einen Ausflug. Auf etwa 12 Neubauten wurde gearbeitet.

In Bremen, Bremerhaven und Geestemünde sind am gestrigen Abend und während der Nacht keinerlei Ruhestörungen vor⸗ gekommen.

In Lübeck war Alles ruhig, nirgends wurde gefeiert.

In Köln hatten sich nach den bisherigen Meldungen in allen größeren Etablissements und ebenso in Kalk, Deutz, Mülheim, Ehrenfeld und Nippes sämmtliche Arbeiter zur Arbeit eingefunden. Die Wenigen, welche feiern, gehören anscheinend kleineren Fabriken an oder sind ganz stellungslos. Gegen 11 Uhr Vormittags durchzogen 200 250 Feiernde in vollkommener Ruhe die Hauptstraßen von Süden nach Norden, um die dortigen Vergnügungs⸗ etablissements aufzusuchen.

In Essen a. d. Ruhr ist der Tag ohne Demonstration verlaufen. Die großen Werke von Krupp's Gußstahlfabrik sowie das Walzwerk von Schulz und Knaudt und die Zechen sind in Betrieb. Gefeiert wurde nirgends.

In Elberfeld und Barmen Arbeit.

In Bochum und in der Umgegend herrschte alltägliches Leben; nirgends war eine Veränderung bemerkbar, Alles arbeitete. .

In Gelsenkirchen sind die Arbeiter auf allen Werken voll⸗ zählig zur Arbeit angetreten. Demonstrationen sind im Gelsen⸗ kirchener Kreise nicht vorgekommen. Auch im ganzen Essener und Gelsenkirchener Revier ist, wie aus Bergeborbeck be⸗ richtet wird, überall gearbeitet worden. Demonstrationen sind nicht vorgekommen.

Aus Saarbrücken wird berichtet, daß weder in der Stadt selest noch in einem einzigen Orte des Saarreviers die Arbeiter gefeiert haben. Es herrschte vollkommene Ruhe.

Im Aachener Industriebezirke wurde überall gearbeitet. Die Ruhe ist nirgends gestört worden.

In Bonn wurde in allen Betrieben, auch in der Umgegend voll gearbeitet, und nirgends war eine Neigung, die Ordnung zu stören, bemerkbar.

Die Stadt Frankfurt a. M. zeigte dasselbe Aussehen wie an gewöhnlichen Werktagen, auch war der Arbeiterzufluß von Aus⸗ wärts Morgens kein anderer als sonst. Auf den zahlreichen Neubauten und in den meisten Werkstätten und Fabriken herrscht die gewohnte Thätigkeit. Am Vormittag fand eine vorzugsweise von Schrei⸗ nern, Schuhmachern und Schneidern besuchte Versammlung statt. Am Nachmittag begaben sich die Feiernden nach Isenburg.

In Straßburg i. Els. ist der Tag ohne jegliche Störung der Ordnung verlaufen. Von hiesigen Arbeitern wurde nicht gefeiert.

In der Stadt Leipzig war Alles ruhig. Gegen 1500 Per⸗ sonen machten Morgens einen Spaziergang nach Oetsch. In den großen Spinnereien sind die Arbeiter vollzählig er⸗ schienen. Die Fabriken sind sämmtlich in Thätigkeit, an den Neu⸗ bauten wird überall gearbeitet. 3

In Dresden verlief auch der Nachmittag, obgleich eine größere Anzahl von Arbeitern feierte, ruhig. Die in Loschwitz ver⸗ sammelten 8000 Personen sind in Abtheilungen Abends nach Dresden zurückgekehrt.

Aus Chemnitz wird berichtet, daß nach den vorliegenden Nach⸗ richten aus 139 Fabriken des Chemnitzer Industriebezirks (einschließlich Limbach) von 30 818 Arbeitern nur 3 ohne Entschul⸗ digung gefehlt haben. Ruhestörungen sind während des Tages nicht vorgekommen. Abends fanden in der Stadt und Umgegend Versamm lungen statt, welche von den Behörden genehmigt sind. Wie heute gemeldet wird, ist auch die Nacht ruhig verlaufen, obwohl mehrere sozialistische Versammlungen gestern Abend stattfanden. Verhaftungen sind nicht vorgekommen.

In Zwickau wurde in allen Fabriken und Betrieben gearbeitet. Nur vereinzelt begegnete man feiernden Arbeitern. Oeffentliche Manifestationen sind nicht vorgekommen.

Aus Freiberg i. S. wird telegraphirt, daß in den fiskalischen Erzbergwerken und Hütten, in den Maschinen⸗, Papier⸗ und Cigarrenfabriken, sowie in den Fabriken für Superphosphat und für Lederzurichtung der Stadt und der Umgegend alle Leute arbeiteten. Abends sollte ein Fest im Glückauf⸗Saale stattfinden.

In Breslau herrschte die größte Ruhe. Von Ausständen ist nichts bekannt geworden; dasselbe gilt von der Umgegend. Auch sind keine Anzeichen vorhanden, nach welchen für den Abend Unruhen zu befürchten wären. Der Geschäftsverkehr war der alltägliche. In sämmtlichen Industriebezirken des Riesengebirges wurde gearbeitet. Ruhestörungen sind nicht vorgeko'mmen. In Sagan

war Alles ruhig an der

verhielten sich die dortigen etwa 2000 Arbeiter vollständig ruhig

und arbeiteten. Vier rothe Fahnen sind von der Polizei be⸗ schlagnahmt worden. In Görlitz war Alles ruhig; sämmt⸗ liche Arbeiter in den Fabriken und Werkstätten arbeiteten.

In Kottbus sowie in Spremberg und Forst wurde überall gearbeitet; es herrschte vollkommene Ruhe. Abends sollten ver⸗ schiedene Versammlungen stattfinden.

b In Sprottau ist der Tag ohne jegliche Ruhestörung ver⸗ aufen.

In Frankfurt a. O. ist der Tag ziemlich ruhig verlaufen. In den Fabriken und Werkstätten wurde gearbeitet, nur die Schuh⸗ macher haben gefeiert. Während des Tages wurde eine Ver⸗ sammlung abgehalten, in welcher beschlossen wurde, eine Petition an den Reichstag zu richten um Einführung der Beschlüsse der Pariser internationalen Konferenz. Abends sollte eine große Ver⸗ sammlung der Metallarbeiter stattfinden.

In Königsberg i. Pr. ist der Tag ruhig verlaufen, nur eine geringe Zahl von Arbeitern feierte. Aus größeren Fabriken und Be⸗ trieben sind keine Ausstände gemeldet.

.

Aus Danzig wird berichtet, daß in deor Danziger Oel⸗ mühle 300 Mann feierten; ferner sind 100 Erdarbeiter und 60 Böttchergesellen von der Arbeit fortgeblieben. Die Ansamm⸗ lungen auf den öffentlichen Plätzen konnten ohne Mühe zer⸗ streut werden. Nach Marienburg ist auf Ersuchen des dor⸗ tigen Bürgermeisters eine Compagnie Infanterie abgesandt worden.

In Kiel ist der Tag in vollkommenster Ruhe verlaufen.

Die Stadt Rostock zeigte im Ganzen das alltägliche Aussehen. Es fand keine Arbeitseinstellung statt außer bei den Bau⸗ arbeitern, welche zum großen Theil feierten. In einer um 10 Uhr Vormittags abgehaltenen Versammlung, welche von etwa 800 Personen besucht war, wurde die Einführung der achtstündigen Ar⸗ beitszeit empfohlen. Die Versammlung verlief ruhig.

In Posen verlief der Tag ruhig; es hatte nirgends die Absicht geherrscht, zu feiern. In allen Fabriken, auf den Festungs⸗ und Privatbauten und in den Werkstälten wurde gearbeitet; nirgends sind Ruhestörungen vorgekommen. Aus der Provinz laufen gleiche Nach⸗ richten ein.

In der Stadt Hannover herrschte vollständige Ruhe; in den Fabriken wurde gearbeitet.

In Kassel ist der Tag in vollkommener Ruhe verlaufen; überall wurde gearbeitet. Am Abend fand ein Fest mit Tanz und Rede statt.

In sämmtlichen Fabriken der Stadt Potsdam wurde

gearbeitet, in der Stadt und in Nowawes war Alles ruhig. 8 In München ist der Tag überall ruhig verlaufen. An den Versammlungen, die Vormittags abgehalten und in denen Reden gehalten wurden, nahmen gegen 500 Papier⸗ und Lederarbeiter, 2500 Holz⸗ und Metallarbeiter, 400 Schneider und 700 Erd⸗ und Steinarbeiter Theil. Dieselben veranstalteten Nachmittags Ausflüge. Eine gemäßigteFest⸗ zeitung wurde in vielen Exemplaren vertheilt. Die am Abend ver⸗ anstalteten Feste verliefen ungestört. Auch in Augsburg ist der Tag ruhig verlaufen und ist überall gearbeitet worden. Eine am Abend stattgehabte, von etwa 5000 Personen besuchte Versamm⸗ lung stimmte den Beschlüssen des Pariser Kongresses zu.

In Nürnberg fanden, nachdem am Tage in allen Werkstätten wie gewöhnlich gearbeitet worden war, Abends 8 Uhr in vier großen Lokalen Arbeiter⸗Versammlungen statt, in welchen Reden zu Gunsten des achtstündigen Arbeitstages gehalten wurden. Von 9 Uhr ab schlossen sich daran gesellige Unterhaltungen, an welchen auch Arbeiterinnen und Frauen theil⸗ nahmen. Die Lokale waren den einzelnen Gewerken von dem leitenden Comité zugewiesen worden. Die öffentliche Ruhe ist nirgends gestört worden.

In Braunschweig wurde in allen großen Fabriken, auf den meisten Bauten und Werkstätten gearbeitet. Das Betragen der geringen Anzahl von Feiernden, die meist junge Leute sind, ist bis jetzt verhältnißmäßig tadellos. Eine Volksversammlung verlief ruhig. Heute wird gemeldet, daß auch die Nacht in voll⸗ ständiger Ruhe und Ordnung verlaufen ist. Die Betheiligung an der Arbeiterfeier, sowie an den Versammlungen war eine durchweg spärliche.

In Karlsruhe baben mit wenigen Ausnahmen alle Arheiter gearbeitet. Die Schmiede und Wagenbauer, die seit Montag die Arbeit eingestellt hatten, haben die Arbeit wieder auf⸗ genommen.

In Weimar, Jena und in Eisenach haben keine Arbeiter⸗ kundgebungen stattgefunden. Ueberall wurde gearbeitet. In Apolda wurde nirgends gefeiert; die Ruhe ist nicht gestört worden.

Hier in Berlin war, wie schon gestern angedeutet werden konnte, die gewerkliche und industrielle Thätigkeit am 1. Mai kaum merklich gestört. Bis gegen Abend war aus 51 großen Fabriken gemeldet, daß bei ihnen ruhig gearbeitet werde. Zu erwähnen sind namentlich folgende bekannten Fabriken: Heintze u. Blanckertz (135 männliche und 310 weibliche Arbeiter waren wie sonst zur Stelle), die Berlin⸗Neuendorfer Aktienspinnerei (454 Mann), die deutsche Gummi⸗ und Guttaperchawaaren⸗Fabrik, vormals Volpi u. Schlüter, die deutsche Jutespinnerei und Weberei in Meißen, Filiale Neuendorf (400 Arbeiter), Hoflieferant S J. Arnbeim (100 Mann), Linoleum⸗ und Wachstuch⸗Kompagnie (150) und Hermann Sander (300) in Rixdorf. In dem Centralburau des Vereins Berliner Eisengießereien, Maschinenfabriken und verwandten Betriebe waren bis; zum späten Abend Meldungen eingelaufen, wonach in sechszig Betrieben von 18 818 beschäftigten insgesammt 2995 Arbeiter als feiernd fortblieben. Außerdem wurden Arbeitseinstellungen verschiedensten Umfangs aus 91 größeren Fabriken gemeldet. Es feierten u. A. bei der Allg. Elek⸗ tricitäts⸗Gesellschaft von 536 Arb. 292, bei Borsig von 909 Arb. 32, bei Ludwig Löwe u. Co. von 3800 Arb. 400, bei der Maschinenfabrik vorm. Schwartzkopff von 1335 Arbeitern 86. Besondere Vorkommnisse wurden nicht bekannt. Die Mühle der Berliner Brotfabrik⸗Aktiengesellschaft mußte stillstehen, da die ent⸗ lassenen Arbeiter den zur Fabrik Gehenden auf dem Wege an⸗ hielten und durch Drohungen einschüchterten, so daß von 52 nur 16 antraten, die mit Nebenarbeiten beschäftigt wurden. In einigen Tagen sein. Am Friedrichshain hatten sich Vormittags die ausständischen Schuhmacher gesammelt, um im geschlossenen Zuge nach dem Moabiter Schützenhause am Plötzensee zu marschiren. Im Moabiter Schützen⸗ hause hatten sich auch die Mitglieder und Gäste der sozialistischen Wahlvereine des V. und VI. Reichstagswahlkreises und die Seifensieder am Nachmittag versammelt. Weit über 6000 Per⸗ sonen, Männer, Frauen und Kinder, füllten das Lokal und die angrenzenden Theile der Jungfernhaide. Die Männer trugen ebenso wie viele Frauen meist brennend rothe Blumen oder Kravatten. Nach Wilmersdorf waren die Schneider und Schneiderinnen geladen und in Zahl von etwa 800 am Nach⸗ mittag der Einladung gefolgt. Der entlegene Volksgarten, den man vom Bahnhof erst in einer halben Stunde erreicht, war das aus⸗ erwählte Lokal. Schmargendorf war Nachmittags wie ausgestorben. Im „Waldkater“ hatten sich 110 Drechsler und Bildhauer für kurze Zeit angesiedelt und etwa 50—60 Stepper und Vorrichter von Stiefelschäften erfüllten einen Theil des Waldes mit Gesang.

Aus dem Auslande liegen folgende telegraphischen Mel dungen vor: r .

Aus Wien wird berichtet: (Nachmittag 2 Uhr.) Bis jetzt ist die Ruhe in dem Wiener Polizeiravon und in den Landbezirken in keiner Weise gestört worden. In den Bezirken Baden und Neunkirchen wird in den meisten Fabriken gearbeitet; auch in Brünn ist alles ruhig, es fanden vielfache Arbeiterkundgebungen für die Aufrechterhaltung der Ruhe statt; bis auf Proßnitz und Lunden⸗ burg, wo die Ausschreitungen vom Militär unterdrückt wurden, ist die Ruhe im Lande nicht gestört worden; in Linz fand eine 1 4stündige von 450 Herseafn besuchte Arbeiterversammlung statt, welche in vollster Ruhe verlief; in Klagenfurt wurde eine Arbeiterversammlung abgehalten, in welcher namentlich betont wurde, daß die Forderungen nur auf gesetzlichem Wege erstrebt werden dürften.

(Abends 6 Uhr.) Bisher ist aus keinem Stadttheile eine Störung der Ordnung gemeldet. Vormittags fanden über 60 Arbeiter⸗ versammlungen statt; alle votirten den achtstündigen Arbeitstag und sprachen sich für die Fernhaltung verdächtiger Elemente aus.

dürfte der Betrieb wieder in vollem Gange

egen

1 Uhr begann der Zug des Menschenstromes nach dem Prater und gegen 5 Uhr waren an 40 000 Personen dort zusammengeströmt. In den zum Prater fübrenden Straßen sind viele Läden und insbesondere die Branntweinschänken geschlossen. Um 3 Uhr unternahm der Statt⸗ halter Graf Kielmannsegg eine Rundfahrt durch den Prater. Die übliche Praterfahrt entbehrte zum Theil des gewohnten Glanzes; vom Hofe nahmen an derselben die Erzherzöge Otto und Ludwig Viector Theil. Der Rennplatz in der Freudenau war nur schwach besucht; unter den Anwesenden beanden sich der Erzherzog Wilhelm und der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky. In den Werk⸗ stätten der Staatsbahnen in Wien, Linz, Salzburg, Knittelfeld, Gmünd, Pilsen und Schönberg wurde überall ordnungsmäßig ge⸗ arbeitet. In Anerkennung dieser Haltung hat der Präsident Czedik telegraphisch die Freigabe des Restes des Tages ver⸗ fügt. Aus Schlesien, Ober⸗Oesterreich, Steier⸗ mark, Kärnten, der Bukowina, Mähren und Galizien sind durchaus befriedigende Berichte eingegangen. Die Arbeiter der Waffenfabrik in Steyr beschlossen, eine Petition um gesetzliche Durchführung des Pariser Programms an das Abgeordnetenhaus zu richten. In Böhmen war Alles ruhig; einzelne anti⸗ semitische Hetzversuche wurden unterdrückt und die Hetzer verhaftet. Die Arbeiterversammlungen sind überall ordnungsmäßig verlaufen. Von den Wiener Abendblättern ist nur die „Wiener Abendpost“ heute erschienen. Die Haltung der Arbeiter im Prater war während des ganzen Nachmittags musterhaft. Ueberall herrscht die beste Stimmung, und irgendwelche Ausschreitungen sind nicht vorgekmmen. Um 6 Uhr begann der Abmarsch der Arbeiter aus dem Prater, unter Hoch⸗ und Hurrahrufen und dem Ab⸗ singen eines Arbeiterliedes. Der Ausmarsch der Arbeiter aus dem Prater vollzog sich in vollster Ordnung. In dem ganzen hiesigen Polizeirayon ist kein Zwischenfall vorgekommen. Der aus Proßnitz gemeldete Angriff auf die Frohnveste wurde vom Militär ohne Anwendung von Waffengewalt zurück⸗ gewiesen; die Excesse dauerten bis Mittag. Zehn Excedenten wurden verhaftet, die militärische Besatzung wurde durch 2 Compagnien verstärkt. Die einzige Ruhestörung wird aus dem Bezirk Favoriten gemeldet, wo etwa 200 Individuen sich angesammelt hatten und die heimkehrenden Arbeiter erwarteten. Die Aufforderung der Polizei zum Auseinandergehen beantworteten dieselben mit Johlen und Steinwürfen. Die aus dem Prater zurückkommenden Arbeiter ergriffen sofort Partet für die Polizei und halfen bei der Festnahme der Excedenten.

Außer in Proßnitz und Lundenburg ist in Mähren die Ordnung nirgends gestört worden. In Proßnitz und Umgegend ist nach den bereits gemeldeten Zwischenfällen bis Mitternacht keine Ruhestörung mehr vorgefallen. Der Exceß in Lundenburg entstand in Folge der Forderung der Arbeiter der dortigen Raffinerie um Lohnerhöhung. Als diese nicht gleich gewährt wurde, rotteten sich die Arbeiter zusammen und wollten die Raffinerie stürmen, woran sie von der Gendarmerie verhindert wurden. Eine Ab⸗ theilung Dragoner zerstreute die Menge, wobei einige leichte Ver⸗ letzungen vorkamen und eine Verhaftung vorgenommen wurde. Gegen⸗ wärtig herrscht vollständige Ruhe. Das Arbeiterfest in Baünn, an welchem etwa 12 000 Personen theilnahmen, verlief voll⸗ kommen ruhig. Das Fest begann und schloß mit dem Absingen der patriotischen Volkshymne unter Hochrufen und lebhaften Beifalls⸗ bezeugungen.

Wie vom heutigen Tage aus Wien gemeldet wird, sprechen sich sämmtliche Zeitungen anerkennend über die ruhige Haltung der Arbeiter am gestrigen Tage in Wien und in Oesterreich⸗ Ungarn aus. ie Arbeiter hätten ihrer Sache damit Dienste ge⸗ leistet, während die vorher vorgekommenen Excesse ihrer Sache nur häͤtten schädlich sein können.

Im Ostrauer und Karwiner Kohlenrevier sind die Belegschaften angefahren, in Wittkowitz, Ratiman, Friedek arbeitet Alles. In Triest und Salzburg wird theilweise gearbeitet, in 8g Krakau voll; in Bielitz, Biala und Umgebung feiern die Arbeiter.

Aus Pest wird gemeldet: Die von etwa 30 000 Theilnehmern besuchte Arbeiterversammlung verlief in bester Ordnung. Die⸗ selbe nahm eine Resolution an, in welcher Arbeiterschutzgesetze ge⸗ fordert und den Pariser Kongreßbeschlüssen zugestimmt wird.

In Prag ging der Arbeiterzug nach der Schützeninsel zu dem großen Meeting ohne Störung von Statten. Vor der Ankunft des gestern Abend 10 Uhr aus Wien eintreffenden Eilzuges der Staatsbahn im hiesigen Bahnhof war vor der Einfuhr zu letzterem ein Keil in die Schienen getrieben worden, was indessen rechtzeitig entdeckt wurde. Zwei Arbeiter wurden als die Schuldigen dem Gericht übergeben. In der Arbeiter⸗ versammlung auf der Schützeninsel führten die Redner aus, die Arbeiterfrage sei international und habe mit der Nationalität nichts zu schaffen. Alle forderten die achtstündige Arbeitszeit und all⸗ gemeines Stimmrecht.

In Lemberg brachte eine Arbeiterversammlung dem Andenken Lassalle's Huldigungen dar und nahm eine Petition an das Abgeordnetenhaus an, in welcher u. A. eine Herabminderung des Heeres gefordert wird.

In Paris kam es zu vereinzelten Ansammlungen; die Zahl der im Ganzen vorgenommenen Verhaftungen beläuft sich auf über 500 Die meisten Morgenblätter vom 2. Mai schreiben den ruhigen Ve

lauf des gestrigen Tages ebenso den Maßnahmen der Regierung, wi

der Haltung der großen Majorität der Bevölkerung zu. In der

Provinz ist die Ruhe nirgends erheblich gestört worden.

Irn Rom fanden Aufläufe und Verhaftungen statt; auch in Livorno, Turin, Mailand kam es zu ungnesentlichen störungen. Weitere Berichte aus Pavia, Mantua, Neapel nb. San Pier dArena melden überall Arbeit und völlig Ruhe.

In Brüssel wie in Gent sind keinerlei Kundgebungen vor gekommen. In den Kohlenbecken von Mons, und Lüttich durchzogen zahlreiche Züge die Gegend, M und rothe Fahnen voran, sangen die Marseillaise und ford den achtstündigen Arbeitstag. Es herrschte jedoch überall Ruhe. Amsterdam zeigte sein gewöhnliches Aussehen; in den Provinze herrschte vollkommene Ruhe.

Ruhe⸗

Charleroi

In London hat die sozialistische Manifestation am Nachmittag

stattgefunden. Nur etwa 1500 Manifestanten marschirten vom „Vic toria⸗Embankment“ des Themse⸗Quais nach Hydepark. Der Ver sammlung wohnten etwa 2000 Personen bei, von denen eine . Zahl lediglich aus Neugierde erschienen war. Nach mehreren mehr oder weniger heftigen Reden zerstreuten sich die Manifestanten in voll⸗ kommener Ruhe. Aussehen.

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London hatte sonst durchaus sein gewöhnliches

In Kopenhagen verlief eine von 20 30 000 Personen besuchte

Versammlung sehr ruhig; ebenso die Demonstration in Stockholm. In Christiania wurde eine Arbeiter⸗Deputation vom Präsidenten des Storthing empfangen; derselbe versprach die Wünsche der Arbeiter dem Stentbiac vorzulegen. In einer Versammlung der Arbeiter wurden die Reden für enthusiastischem Jubel aufgenommen. Der Ordnung zurück; trotz der großen Menschenmenge verlief Alles ruhig. Im Laufe des Nachmittags fand in Madrid in Buen Retiro eine Arbeiterversammlung statt, welche eine Abordnung an

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den Normalarbeitstag mit Zug kehrte in bester