1890 / 113 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Vorrichtungen im Souterrain, bevor sie die eigentliche Waschküche erreicht. Das Wärterinnen⸗Personal und der Assistenz⸗Arzt sind in dem Pavillon gleichsam abgeschlossen, sodaß sie nur nach statt⸗ gehabter Desinfektion mit der Außenwelt in Berührung kommen. In gleicher Weise wird bei dem Bau des Scharlach⸗Pavillons und dessen Einrichtungen verfahren werden; auch dieser Pavillon soll noch in diesem Jahre dem Gebrauch übergeben werden. Die beiden anderen Infektions⸗Abtheilungen sind für Keuchhusten und Masern bestimmt Die jetzt dem Comité aus der Schenkung Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich reicher zugeflossenen Mittel gestatten nun auch einen rascheren Fortschritt der noch rückständigen Baulichkeiten.

Im Herrenhause wird, wie die „Post“ vernimmt, zu Ehren 2 Fürsten Bismarck eine Marmorbüste desselben Aufstellung nden.

Die zum Besten des Frauenvereins für Krankenpflege in den Kolonien stattfindende Ausstellung afrikanischer Geräthschaften, Waffen ꝛc. in der Kriegs⸗Akademie (Dorotheen⸗ straße 58) ist noch durch eine Sammlung des soeben aus Ost⸗Afrika zurückgekehrten Majors Liebert bereichert worden. In dieser Samm⸗ lung befinden sich u. A. ein Tigerfell, Geschenk Emin Pascha's, und die große Medizin Buschiri's’“ Am Dienstag besuchte Ihre Majestät die Kaiserin und Königin die Ausstellung, welche nur noch bis nächsten Montag, von 3—7 Uhr Nachmittags (und Sonntag von 12—5 Uhr), zugänglich sein wird.

Morgen Mittag 12 Uhr findet die Beerdigung des ver⸗ storbenen Generals der Kavallerie z. D. von Rauch, zuletzt Chef der Landgendarmerie, von der Invalidenhauskirche aus, auf dem In⸗ validenkirchhof statt.

Das wissenschaftliche Theater der „Urania“ hat sein Repertoire schon wieder um eine interessante Nummer bereichert: am gestrigen Abend sprach Dr. P. Schwahn über „Die Erscheinungen der Gletscherwelt“ und verstand es, in anziehendem und leicht ver⸗ ständlichem Vortrage die Zuhörer über die Entstehung der Gletscher, die Theorie ihrer Bewegung, die Verheerungen durch dieselben u. s. w. zu unterrichten.

Für die Berliner Spielplatz⸗Gesellschaft hat der damit beauftragte Ausschuß die Satzungen aufgestellt. Der Platz befindet sich, der „N. A. Ztg.“ zufolge, verlängerte Motz⸗ und Luther⸗ straßen⸗Ecke; er ist umzäunt, geebnet und besäet. Die nothwendigen Baulichkeiten werden in kürzester Zeit zur Aufstellung gelangen. Am Sonnabend, den 10. d, Abends 8 Uhr, wird in der Aula des Falk⸗ Reealgymnasiums, W., Lützowstraße 84, die erste Generalver⸗ sammlung stattfinden.

Breslau, 7. Mai. (Schles. Ztg.) Auf dem dem Brauerei⸗ besitzer Haase gehörigen Grundstücke, Breitestraße Nr. 1 ist ein ziem⸗ lich bedeutender Münzenfund gemacht worden. Ein von Hrn Haase als zuverlässig bezeichneter Bericht hierüber meldet: Bei dem Ab⸗ bruch des Hauses Breitestraße Nr. 1 wurden von dem Maurer Paul Türk Dienstag Nachmittag in dem ersten Stockwerk (Laurentiusstraße 20) unter einer Treppe, von einem Brette bedeckt, Silbermünzen aufge⸗ funden. Nach ungefährer Schätzung hat der Fund den Werth von etwa 400 Das Gewicht betrug 152 6 Pfund. Eine größere Anzahl Thalerstücke von Friedrich dem Großen, meist aus dem Jahre 1786, war in Form einer Rolle in Leinwand eingenäht; eine andere Rolle, in Sebäena verpackt, enthielt Zweigroschenstücke, während in einem börsenartigen Beutel von grober Leinwand eine bedeutende Anzahl der

verschiedensten Münzen enthalten war. Außerdem fanden sich in einer Blechkassette verschiedene seltene Stücke, darunter ein Georgs⸗ thaler und eine Denkmünze auf Ludwig XVI. von Frankreich und Marie Antoinette; die eine Seite der letzterwähnten Münze zeigt ein Schaffot mit der Guillotine und dem Henker, welcher einen abgeschlagenen menschlichen Kopf emporhält. Ein Thaler, der wie neu aussieht und die Jabreszahl 1810 trägt, läßt vermuthen, daß der ganze Schatz nicht lange nach dem Jahre

1810 an die Fundstelle gebracht worden ist. Interesse erregt auch ein alter Steuerzettel, der zusammen mit den Münzen gefunden wurde. Goldmünzen sind nicht gefunden worden. Auf die von der Polizei gemachte Anzeige hin ist der Silberfund amtlich versiegelt worden. Nach einem anderen Bericht hat der Fund einen Werth von etwa 1000 Unter den Münzen befindet sich auch eine russische Münze vom Jahre 1738 in der Größe eines Fünfmarkstücks mit dem Bilde der Kaiserin Katharina. Die auf die Hinrichtung Ludwig XVI und seiner Gemahlin sich beziehende Denkmünze trägt eine Inschrift in deutscher Sprache und ist mit den Daten des 21. Januar und des 16. Oktober 1793 bezeichnet.

Bonn. (Nat.⸗Ztg.) Eine eigenartige Reliquie Ludwig van Beethoven’'s ist durch Verfügung Sr. Majestät des Kaisers und Königs aus der Königlichen Bibliothek in Berlin dem Beethoven⸗Hause zu Bonn überwiesen worden; nämlich die vier „Gehörmaschinen“, welche der Hofmechaniker Maelzel, der bekannte Erfinder des Metronoms, in den Jahren 1813 und 1814 für den gehörleidenden Meister fertigte Es sind wunderlich geformte Hörrohre aus Messingblech. Zwei derselben von ungewöhnlicher Länge, etwa 70 ecm lang, enden in einer Art von Kessel, deren einer ringsum geschlossen und an der Oberseite siebartig durchlöchert ist; der andere oben offen, aber so, daß das eigentliche zum Ohr führende lange Rohr mit einem breiten Trichter kurz über dem Boden mündet. Bei der Erkrankung der Hörnerven, an der Beethoven litt, konnten indeß solche schall⸗ verstärkenden Apparate keine dauernde Besserung der Hörfähigkeit herbeiführen. An den Instrumenten befinden sich auch noch die Messingspangen und die Seidenbänder, mit welchen der Meister sich diese Maschinen am Haupte befestigte.

Heamburg. (Soz. Corr.) Der Hamburger Verein für Volkskaffeehallen, welcher im Januar d. J. 11, im Februar 14 und im März 15 Speise⸗ und Kaffeehallen im Be⸗ trieb hatte, gab gegen Bezahlung im 1. Quartal 1890 ab: 119 710 ganze Portionen Mittagessen, 80 782 einzelne Portionen Suppen, 126 845 einzelne Portionen Kartoffeln mit Gemüse, 45 532 einzelne Portionen Fleisch, 537 496 Tassen Kaffee, 17 259 Tassen Chokolade, 19 380 Tassen Bouillon, 13 940 Gläser Milch, 43 718 Flaschen Braunbier, 238 418 Seidel leichtes Lagerbier, 235 769 Rund⸗ stücke, 21 538 Schnitte Brot, 216 196 Stücke Kuchen, 36 912 Eier, 71 546 Knackwürste, 70 763 Cigarren. Hoffentlich regen die Erfolge S Hamburger Instituts zu ähnlichen Schöpfungen in anderen tädten an.

Straßburg. (Karlsr. Ztg) Anläßlich der bevorstehenden 450 jährigen Gedenkfeier der Erfindung der Buch⸗ druckerkunst beabsichtigt eine hiesige Druckerei mit Unterstützung aus städtischen Mitteln eine Sammlung Original⸗Abdrücke vom Formschneiderarbeiten aus dem 16. und 17. Jahrhundert herauszu⸗ geben. Zu Ehren der vom 28. Juni bis 1. Juli hier tagenden Generalversammlung der Deutschen Buchdruckergenossen⸗ schaft soll auf Beschluß des Gemeinderaths eine Münster⸗ beleuchtung veranstaltet werden.

Metz, 3. Mai. (Frkf. Journ.) Bekanntlich ist Lothringen noch immer reich an schädlichen Thieren, obwohl für die Er⸗ legung von Wölfen, Kreuzottern und Fisc- ottern Preise von der Regierung gezahlt werden und die Jagd auf dieselben in Folge dessen sehr lebhaft betrieben wird. Einem Ausweise der Bezirksverwaltung von Lothringen zufolge wurden während des verflossenen Rechnungs⸗ jahres an schädlichen Thieren erlegt bezw nach Erlegung zur Erlangung einer Prämie angemeldet: Wölfe 4, Wildschweine 127, Fischottern 29. Die dafür bewilligten Prämien betrugen: für die Wölfe 40 ℳ, für die Wildschweine 1151 ℳ, für die Fischottern 217,50

New⸗York, 8. Mai. (W. T. B.) Das Armen⸗ und Irrenhaus bei Norwich (New⸗York) ist gestern Abend durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Dreizehn Personen, darunter 11 Idioten, sind in den Flammen umgekommen.

Wetterbericht vom 9 Mai,

Morgens 8 Uhr.

Sucher.

Stationen. Wind. Wetter.

W. Taubert.

4 halb bed.

2 bedeckt

2 wolkig

3 bedeckt

4 wolkenlos still wolkig NNO 2 bedeckt

Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm .

aparanda .

Wagner.

Tell. N Abedeckt 9 Anfarg 7 Uhr. ONO 5 Regen 10 ”” 3wolkig 11

von L. van Beethoven. sischen von F. Treitschke. Anfang 7 Uhr Schauspielhaus. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. Schlegel's Uebersetzung. 1 Tanz von E. 84* gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient —2 Direktion: Hr. Steinmann. Sonntag: Opernhaus. Ring des Nibelungen. aagner. Dritter Abend. 3 Aufzügen und einem Vorspiel Kammersänger Gudehus, vom Kgl. Hof⸗Theater in Dresden, als Gast) Schauspielhaus. Schauspiel in 5 Aufzügen von

Montreal, 6. Mai, Abends. (R. C.) Die später eingelaufenen Berichte über den Brand des Irrenhauses in Longue bestätigen, daß das Haus völlig niedergebrannt ist. Nur die Mauern stehen noch. Der Verlust an Menschenleben läßt sich zur Zeit noch nicht feststellen, wenn er überhaupt je be⸗ stimmt werden kann, da alle Bücher des Irrenhauses, die einzigen Schriftstücke, welche Aufschluß geben können, verbrannt sind. Von den 1300 Insassen sind 1100 geborgen, viele aber haben sich in die Wälder geflüchtet. Die Leichen sind völlig verkohlt und nicht eine Spur ist in der Asche aufzufinden. Das aus Ziegelsteinen auf⸗ geführte Irrenhaus war sechs Stockwerke hoch. Das Feuer brach in der zweiten Abtheilung auf der Frauenseite in einem oberen Stockwerke aus, wo eine Irrsinnige einige Sachen in einem Schranke anzündete. Die Flammen verbreiteten sich mit rasender Geschwindigkeit durch den Luftschacht und umhüllten bald das ganze Gehäude. Die Feuerwehr von Montreal that ihr Bestes, nach fünf Minuten aber war kein Wasser mehr da Das Benehmen einiger Irr⸗ sinniger war höchst peinlich. Sie jubelten über die Ausbreitung des Feuers und jauchzten, als die Flammen sich ihnen näherten. Erst als die Mauern über ihrem Kopfe einstürzten, hörten sie auf, ihre lärmende Freude zu bezeugen. Die Umgekommenen sind sämmtlich Frauen. Alle männlichen Insassen wurden gerettet. Während der Feuersbrunst machten drei Nonnen einen heldenmüthigen Versuch, eine kranke barmherzige Schwester zu retten. Die Flammen überwältigten sie jedoch und alle vier kamen um. Auch verschiedene Feuerwehrleute wurden verletzt.

7. Mat. Die Zahl der Todten scheint nicht größer als 40 zu sein. Viele Irrsinnige haben starke Brandwunden erlitten. . an Eigenthum wird auf 700 000 bis 1 000 000 Doll. geschätzt.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Meerane, 9. Mai. (W. T. B.) Die Arbeiter der hiesigen Färbereien haben nunmehr sämmtlich die Ar⸗

beit niedergelegt.

Wien, 9. Mai. (W. T. B.) In Ebergassing haben die Arbeiter der Teppich⸗ und Möbelstoff⸗Fabriken von Philipp Haas Söhne heute früh die Arbeit bedingungslos wieder aufgenommen. Die Gesellschaft hatte die geforderte dreißig⸗prozentige Lohnerhöhung und jede weitere Verhandlung mit den Arbeitern überhaupt vor Wiederaufnahme der Arbeit abgelehnt.

Budapest, 9. Mai. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm die Vorlage, betreffend die Regelung der Handels⸗ beziehungen mit der Türkei, ohne Debatte an.

Rom, 9. Mai. (W. T. B.) Heute Morgen 8 Uhr celebirte der Papst im Konsistorial⸗Saal eine Messe für die deutschen Pilger und empfing später die Pilger besonders im Clementinen⸗Saal, wobei er sich durch die Reihen der Pilger hindurch bewegte und sich mit ihnen unterhielt. Der Empfang dauerte bis Mittag.

Madrid, 8. Mai. (W. T. B.) Die Strikes in Barcelona und Valencia sind beinahe beendigt; der größte Theil der Strikenden hat die Arbeit wieder auf⸗ genommen, einige Fabriken sind jedoch noch geschlossen. Der Strike dauert fort in Coruna und Alcoy; in Antequera hat er an Ausdehnung abgenommen.

Sansibar, 9. Mai. (W. T. B.) Ein britischer Kreuzer hat eine Dhau mit 40 Sklaven aufgebracht. vollständiger Schiffscordon ist um Pemba gebildet worden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

88* nach . Dirigent: Kapellmeister 8 8 1 Concert-Park. Direktion:

Sonnabend: Zum Jonathan. Operette in 3 Akten. Millöcker. Ansang 7 Uhr.

Um 6 Uhr: Großes Doppel⸗Concert

115. Vorstellung. Der Sturm.

Musik von Graeb. In Scene Musikalische Anfang 7 Uhr. 112. Vorstellung. Der Bühnenfestspiel von Rich. Götterdämmerung in (Siegfried: Hr. Anfang 6 ½ Uhr.

116. Vorstellung. Sonnabend:

Wilhelm burg.

Schiller. von Robert Buchholz. Sonntag: Marquise.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater und Julius

113. Male: Musik von Carl

Eröffnung des Concert⸗Parks. Auftreten der sämmt⸗ lichen Gesangs⸗ und Instrumental⸗Künstler. Sonntag: Der arme Jonathan. vollen Park um 4 Uhr: Großes Doppel⸗Concert.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten

trg. S Zum 90 Male: Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. Deutsch

——

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Helene Richter mit Hrn. Gustav Rudolph (Taucha Hainichen). Frl. Elsa Wendeborn mit Hrn. Eugen Dalla Riva (Erlau). Frl. Pauline Tilgner mit Hrn. Gutsbesitzer Ernst Riediger (Malkwitz Paschwitz) Frl. Martha Schütte mit Hrn. Regierungs⸗⸗Assessor Theodor Parisius (Minden i. W. —Kassel). Frl. Lieschen Schütte mit Hrn. Dr med Otto Sonnenburg (Minden i. W.) Frl. Katharina Zeller mit Hrn. Karl Huesker (Paderborn Gescher). Frl. Martha Richter mit Hrn. Dr. med. Weilliam Bergen (Nörten Göt ingen).

Verehelicht: Hr. Hauptmann Reinhold Schröter mit Frl. Vally v. Wentzky und Petersheyde

Fritzsche. Der arme

Im pracht⸗

Marqnise.

Anfanc 7 ½ Uhr. s Hr. Dr. Heinrich Krantz mit Frl.

athrinchen Schütz (Nideggen). Hr. Gymnasial⸗ lehrer H. Kröncke mit Frl. Agnes Seidler (Ein⸗ beck) Hr. Max Wilke mit Frl. Luise Scheidt

Point

zwolkig 10 SNO

Z bedecktu) 8 Swinemünde NO 4 Nebel 8 Neufahrwasser NNO 3 Nebel 10 Tb ONO 4 bedeckt 10 Yaris- . NW eMReger⸗ 12 Münster. .. NO 4 wolkenlos 14 Karlsruhe .. SW 2 bedeckt) 14 Wiesbaden. S 3 bedeckt 14 München .. 53 SW A bedeckt 12 Chemnitz .. 1 NO Berlin. 753 NNO

2heiter¹) 16 1 4 bedeckt 11

Wien 749 NW 1 bedeckt5) 14

Breslau 751 NNO

Ile d'Aix. 751 SO

2 bedeckt 14 Nima .. 754 WSW

G“ 1 wolki 11 WI868 olkic

1 wolkig 16 ¹) Nebelig.

²) Abends Gewitter. ³) und Abends Gewitter. ⁴) Abends vedacnittag⸗ ⁵) Alpen und Süd⸗Ungarn Gewitter.

b Uebersicht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung hat sich im Allgemeinen wenig verändert. Bei im Norden mäßigen, nörd⸗ lichen bis östlichen, im Süden schwachen, meist süd⸗ westlichen Winden und durchschnittlich wenig ver⸗ änderter Temperatur, ist das Wetter in Deutschland vorwiegend trübe und an der Küste neblig. In Süddeutschland fanden vielfach Gewitter mit Regen⸗ fällen statt; auch aus den österreichischen Alpen sowie aus Süd⸗Ungarn werden heftige Gewitter ge⸗

Deutsche Seewarte.

haus. 111. V Fidelio. Oper in 2 Akten

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ Musit von G. A. Raida.

Deutsches Theater. Sonnabend: Egmont. Sonntag: Egmont. Montag: Die Stützen der Gesellschaft.

Berliner Theater. Sonnabend: Eva. (Hedw.

Niemann.) Sonntag:

Montag:

Wallenstein’s Tod.

Tessing-Theater. Sonnabend: Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann. Sonntag: Die große Glocke. Lustspiel in 4 Akten von Oscar Blumenthal. Montag: Der Fall Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und A. d'Artois.

Wallner-Theater. Sonnabend: Zum 1. Male: Hänschen. (B86b6.) Schwank in 3 Akten von A. Hennequin und E. de Najac. Hierauf: Neu einstudirt: Guten Morgen, Herr Fischer. Vaudeville⸗Burleske in 1 Akt nach Lockroy von W. Friedrich. Musik von Ed. Stiegmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Der Sommergarten ist geöffnet.

Sonntag und Montag: Hänschen. Guten Morgen, Herr Fischer.

Im schattigen prachtvollen Sommergarten: Großes Garten⸗Concert.

Nictoria-Theater. Sonnabend: Zum 263. M.: Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson.

2 Ballet von C. Severini. Anfang 7 ½ Uhr. Hj

Sonntag:

Kroll’s Theater. Sonnabend: Eröffnung der Opern⸗Saison. Martha. (Lyonel: Hr. Emil Götze, Kgl. preuß. Kammersänger, als Gast.)

Bei günstigem Wetter: Großes Doppel⸗Concert.

Sonntag: Die Zauberflöte.

Mittwoch, 14. Mai: Erstes Auftreten der Kgl. preuß. Kammersängerin Marcella Sembrich. Die Regimentstochter. v“

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Zum 69. Male: Der Nantilus. Großes Ausstattungs⸗ stück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nach Jules Verne von Carl Pander. Musik von E. Christiani und A. Wicher.

Im prachtvollen glänzend renovirten Sommergarten Großes Militär. Doppel⸗Concert. Auftreten sämmt⸗ licher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 722

Sonnabend: Zum 90. Male: Der Goldfuchs. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Elv. Couplets theilweise von Gustay Görß Musik von Franz Roth. Aafang 7 ½ Uhr

Sonntag, Mittags 12 Uhr: Matinée zu einem wohlthätigen Zweck. Unter gefälliger Mitwirkung sämmtlicher Mitglieder des Adolph Ernst⸗Theaters.

Aülrania, Invalidenstraße 57/62. 12 11 Uhr. Sonnabend, schichte der Urwelt.

8

Geöffnet von Wum 8 Uhr: Die Ge⸗

(Geboren:

(Kettwig). Hr. Dr. med Rodolf Schumann mit Frl. Käthe Eckert (Markranstädt Leipzig). Hr. Fritz Baum mit Frl. Helene Delahaye (Düren —Aachen). Hr. Bruno Lanagner mit Frl. Sophie Mundhenk (Breslau). Hr. Max Thiele mit Frl. Frieda Kraetke (Berlin). Hr. Real⸗Gymnasiallehrer Dr. Paul Schasheitlein mit Frle Martha Bernhard (Charlottenburg).

Ein Sohn: Hrn. H. Sgperling (Berlin) Hrn. Dr Kall Pfeiffer (Wendessen). Hrn. Mühlenbesitzer C. Kalms (Polsnitz bei Freiburg i. Schl.). Hrn. Dr Hugo Haenisch (Breslau). Hrn Hellmuth Schulz (Meierbusch). Hrn. Dr Hermann Schmidt (Höchst a. Main). Eine Tochter: Hrn Dr. med. Moritz Müller (Bad Elster). Hrn. Franz Heusmann (Königsdorf bei Köln).

Gestorben: Hr. Gustav von Rauch, Königlicher

General der Kavallerie z. D (Berlin). Hr. Ober⸗

förster a. D. A. L Frömbling (Harburg).

Hr. Amtsgerichts⸗Rath Johann Friedrich Kern

(Hameln). Hr. Ortsvorsteher Wilhelm Boden⸗

burg (Glinde). Hr. Hotelbesitzer Simon

Goroll (Laurahütte). Hr. Robert Kuhlmey

(Berlin). Hr. Rentier Friedrich Spaarwald (Berlin). Hr Albert Keßler (Berlin).

Berlin:

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilag

.

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8

eiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger. b

Berlin, Freitag, den 9. Mai

No. 113.

1890.

Parlamentarische Nachrichten. 1.

Scchlußbericht der gestrigen (12.) Sitzung des Herren⸗ hauses. Fortsetzung der Berathung des Staatshaus⸗ halts⸗Etats.

Bei Besprechung der Petition des Freiherrn von Hammer⸗ stein zu Lüneburg und Genossen, althannöverschen Verwal⸗ tungsbeamten, betreffend ihre Diensteinkommens⸗ bezw. Pen⸗ sionsverhältnisse, bittet der Ober⸗Bürgexmeister Struck⸗ mann um die Erhöhung des Gehalts der Landräthe, das sich gegenwärtig zwischen 3600 und 4800 bewege und weder der Stellung der betreffenden Beamten noch derjenigen gleichartiger Beamten in anderen Ressorts und im Kommunal⸗ dienst entspreche. Für eine große Zahl von Landräthen, die nicht aus dem Grundbesitzerstande, sondern aus dem Beamten⸗ stande hervorgingen, habe diese ungenügende Bemessung des Gehalts sehr unliebsame Folgen. 1 18

Der Minister des Innern Herrfurth erwidert, daß für die Besoldung der althannöverschen Verwaltungsbeamten kein Fonds vorhanden, eine Erhöhung der Bezüge also nur im Gnadenwege möglich sei. Die Gehälter der Landräthe seien allerdings so niedrig, daß die Auswahl derselben fast nur auf Beamte mit Privatvermögen beschränkt sei. Wünschens⸗ werth wäre es also gewiß, wenn der Staat recht bald in die finanzielle Lage käme, sich dieser Beamten anzunehmen.

Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf: Die Landrathsposten in Hannover sind nur Uebergangsposten für höhere Stellen und als solche sehr gesucht, eine Gehalts⸗ erhöhung ist daher nicht erforderlich, wohl aber eine solche der Bezüge fur Bureaubedürfnisse. 8 Ueber die Petition geht das Haus zur Tagesordnung über.

Ober⸗Bürgermeister Schmieding tritt für die Entlastung der Kommunen von denjenigen Polizeikosten ein, welche die Städte im Interesse des Staates aufzubringen haben.

Von dem Freiherrn von Durant und dem Ober⸗Bürger⸗ meister Dr. Miquel ist eine Resolution eingegangen, welche die Staatsregierung auffordert, die Reform der direkten Steuern dem Landtage thunlichst bald vorzulegen.

Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel: Das Haus hat gestern eine Resolution abgelehnt, nach welcher eine Steuerreform noch in dieser Session gefordert wurde. Danach könnte es nach außen hin scheinen, als ob das Herrenhaus überhaupt eine solche Reform nicht wolle. Durch unsere Resolution soll dieser Schein vermieden werden. Ein weiterer Grund für unsere Resolution ist der, daß wir auch die Gewerbesteuer für reformbedürftig halten und deshalb von der direkten Steuer im Allgemeinen gesprochen haben. Der entscheidendste Grund für unseren Antrag ist aber der: Der Herr Minister hat sich gestern so ausgesprochen, als ob wir bei Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution zu unserem Etat auf den Zusammenhang der Reform mit der Ueber⸗ weisung der Grund⸗ und Gebäudesteuer an die Gemeinden verzichten würden. Ich will nicht präjudiziren und damit dem Beispiele des Ministers folgen, als ob sich das Haus mit der heutigen Resolution für den Zusammenhang ausspreche. Alle diese Fragen befinden sich in einem so ungeklärten Stadium, daß wir uns ihnen gegenüber am besten ganz neutral halten, dieses Verfahren befolgen wir in unserer Resolution.

Freiherr von Durant tritt dieser Begründung bei; er hätte gern die Gewerbesteuer ebenfalls als reformbedürftig betont, acceptire aber die allgemeine Form der Fassung des Ober Bürgermeisters Dr. Miquel, welche weder der Haltung der Regierung noch der des Hauses irgendwie präjudizire.

Ohne weitere Debatte wird diese Resolution einstimmig angenommen.

Das Haus wendet sich hierauf zur Spezialberathung des Kultus⸗Etats.

Die Petition des Pfarrers Ziegler zu Würdenhain bei Liebenwerda um Anrechnung der im Schulamte zugebrachten Dienstzeit bei Bemessung der Alterszulage wird nach dem Referat des Herrn von Wilamowitz⸗Möllendorf der Regierung zur Erwägung überwiesen.

Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode beantragt die Annahme folgender Resolution: Die Staatsregierung zu er⸗ suchen, dem Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen der evangelischen Kirche die unter Ablösung der Stolgebühren erforderlichen Mittel zugewendet werden.

Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode: Die letzten Reste des Kulturkampfs sind bis auf das Civilehegesetz beseitigt. Dieses letztere wird aber voraussichtlich bestehen bleiben, und wir werden uns damit abzufinden haben. Ich habe seiner Zeit dieses Gesetz für einen Fehler gehalten und dagegen ge⸗ stimmt; daß die unvermittelte Ausführung des Ge⸗ setzes schädliche Folgen haben würde, hat die Regie⸗ rung in dem §. 54 des Gesetzes, welches von der Stolgebührenentschädigung handelt, anerkannt. Die brennende Frage der heutigen Zeit ist die Sozialdemokratie, eine religiöse und wirthschaftliche Irrlehre. Auf wirth⸗ schaftlichem Gebiet muß sie vom Staat, auf religiösem von der Kirche bekämpft werden. Auch vom allgemein politischen Standpunkt aus haben wir die Pflicht, wenigstens über den Punkt uns zu äußern, über den eine Einigung am ehesten möglich ist; ich lasse die Frage der allgemeinen höheren Dotationen der evangelischen Kirche ganz bei Seite. In den Centren der industriellen Bewegung ist diese Frage eine der brennendsten; wir dürfen nicht zögern, sie einer Erledigung zuzuführen. Bei der Ausarbeitung des bezüglichen Gesetzes müssen die berufenen Organe der Kirche gehört werden. Ich hoffe, mein Antrag wird mit großer Majorität vom ganzen Hause angenommen werden.

Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel: Ich erkläre meine Zu⸗ stimmung zu dem Antrage, der die Erfüllung eines im Gesetz

egebenen und in den thatsächlichen Verhältnissen durchaus egründeten Versprechens bezweckt. Wenn es in dem Antrage heißt, es solle der evangelischen „Kirche“ die Entschädigung zugewendet werden, so will der Antragsteller damit gewiß nicht der speziellen Regelung der Frage irgendwie präjudiziren; es kommt nicht darauf an, die Kirche in ihrer Gesammt⸗ heit zu entschädigen, sondern die einzelnen Gemeinden

Staats nicht ausgereicht haben

Finanz⸗Minister Dr. von Scholz: Ich könnte mich mit einer zustimmenden Erklärung begnügen, wenn richt der vor⸗ liegende Antrag von dem 1s Vorredner in einer Weise interpretirt wäre, welche den Widerspruch der Regierung heraus⸗ fordert. Der Graf zu Stolberg hat in seiner Begründung des An⸗ trags keine Verpflichtung des Staats konstruirt, sondern bloß auf seine allgemeine moralische Verpflichtung hingewiesen, die Kirche im Kampfe gegen die Umsturzbewegungen zu stärken. Der Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel hat aber die Sache so dargestellt, als sei eine gesetzliche Verpflichtung des Staats zur Dotation der Kirche als Entschädigung für die durch das Civilstandsgesetz hervorgerufenen Nachtheile vorhanden. Dem⸗ gegenüber bitte ich nicht zu vergessen, daß die Regierung in der Thronrede des Jahres 1888 bereits eine Regelung dieser Frage durch eine Gehaltserhöhung der Geistlichen in Aussicht stellte. Das war der Standpunkt der Regierung. Deshalb hat sie zunächst eine Erhöhung des detreffenden Etats⸗ titels um 750 000 vorgeschlagen, und als sich ergab, daß diese Summe unzulänglich war, erfolgte eine weitere Er⸗ höhung um 1 400 000 Es ist auch damals in den Ver⸗ handlungen mit beiden Häusern des Landtages anerkannt worden, daß die Regierung ihrer Verpflichtung vollständig nach⸗ gekommen sei. Es ist aber etwas ganz Anderes, wenn man von dem Versprechen, welches damals im §. 54 des Gesetzes vom 9. April 1874 gegeben wurde, die einzelne Frage der Stol⸗ gebühren loslöst. Es schweben gegenwärtig bei den kirchlichen Behörden Verhandlungen über die materielle Lage der Kirche. Die Regierung hat Bericht über den Gang dieser Verhand⸗ lungen gefordert und erwartet Auskunft, wieweit Staatshülfe verlangt wird. Sie wird dies Verlangen in wohlwollendste Erwägung ziehen. Wie jetzt aber die Sache liegt, sind wir außer Stande, eine Zusage oder ein Versprechen zu geben.

Wirklicher Geheimer Rath von Kleist⸗Retzow spricht dem Minister seinen Dank für die Bereitwilligkeit, den zur Sprache gebrachten Nothständen abzuhelfen, aus. Aber eine Gesetzesbestimmung, wie die im §. 54 des Gesetzes von 1875, lasse sich unmöglich durch eine einfache Erklärung des Ministers aus der Welt schafen. Der Noth werde sich am besten durch Provinzialgesetze abhelfen lassen, und es würde dann den einzelnen Gemeinden eine Ablösung der Stolgebühren möglich gemacht werden müssen. Bei der Bereitwilligkeit des Ministers, Beträge für diese Zwecke bereit zu stellen, werde es den Pro⸗ vinzialsynoden leicht sein, noch in diesem Sommer der Regie⸗ rung ihre Vorschläge zu machen. Im nächsten Winter werde es dann möglich sein, sich mit den nöthigen gesetzgeberischen Vorschlägen zu beschäftigen. 1

schlägen zu besch Pe von Scholz: Die 2 Millionen sind doch vom Landtage angenommen worden; facta loquuntur. Hätte man diese Summe nicht als eine Entschädigung in dieser Richtung angesehen, so wäre das doch irgendwie zum Ausdruck gekommen. Ueber die Frage der Entschädigung der Gemeinden, welche schon abgelöst haben, wird allerdings nicht leicht hinweg⸗ zukommen sein.

Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf sieht sich genöthigt, nach den Ausführungen des Finanz⸗Ministers ganz unbedingt für den Antrag zu stimmen. Dem Wohlwollen, welches sich im §. 54 gegen die Kirche und ihre Diener aus⸗ spreche, sei durch die Verwendung der 2 Millionen nicht ent⸗ fernt genügt. Die Inhaber der Maximalstellen hätten davon nicht einen Pfennig abbekommen. Hoffentlich werde nach der Annahme des Antrages die Regierung einschließlich des Finanz⸗Ministers die Mittel zur Ausführung desselben bis zur nächsten Session finden und flüssig machen.

Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel: Wenn der Minister moralisch eine Verpflichtung des Staats anerkennt, so kommt es auf die prinzipielle Meinungsverschiedenheit nicht so sehr an. Es handelt sich nicht um eine Dotation der Kirche, sondern um eine Entschädigung der Gemeinden, die Jeder billigen muß, dem das Gemeindeleben am Herzen liegt.

Finanz⸗Minister Dr. von Scholz: Es kommt darauf an, nach Annahme der Resolution der Regierung die Beschluß⸗ fassung zu erleichtern und ihr zu ermöglichen, der Resolution Folge zu geben. Das geschieht aber nicht durch Deduktionen, wie die soeben gehörte des Herrn Vorredners, die mit früheren Erklärungen der Regierung im Widerspruch steht.

Ober⸗Bürgermeister Selke erklärt, aus voller Ueber⸗ zeugung für den Antrag zu stimmen. Die Durchbringung des Civilehegesetzes im Herrenhause wäre 1875 ohne den §. 54 gar nicht möglich gewesen. Die Erfüllung dieses Versprechens müsse mit größter Energie gefordert werden.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler: Die Regierung erkennt ihr Interesse an einem frischen kirchlichen Leben an, sie will den Schwierigkeiten, welche für die evangelische Kirche durch das Civilstandsgesetz entstanden sind, ein Ende machen; dabei kommt es auf die Auslegung von Gesetzesparagraphen nicht an. Die Regierung hat oft gezeigt, daß sie zur Ablösung der Stolgebühren die Hand bieten will. Seit langer Zeit steht sie unausgesetzt in Verhandlungen darüber. Die Frage der Stolgebühren wird in verschiedenen Landestheilen verschieden beurtheilt. In Han⸗ nover ist auf Wunsch der Betheiligten bloß die Gebühr für die Taufe geblieben, in Wiesbaden sind sämmtliche Gebühren auf⸗

ehoben, in Schleswig⸗Holstein ist die Angelegenheit sehr ver⸗

schieden geregelt, in Kassel wird die Ablösung als ein Be⸗ dürfniß bezeichnet. Ich führe dies nur zum Belege dafür an, daß die Auffassung eine sehr unterschiedliche ist. Die damalige Dotation enthält implicite das Ein⸗ geständniß, daß der Staat für die ausgefallenen Gebühren sich als ersatzpflichtig betrachtet. Der Ober⸗Kirchenrath ist mit Er⸗ hebungen beschäftigt, und die Regierung sieht seinen Anträgen entgegen. Die Schwierigkeiten der Ablösung sind sehr erheblich, in Berlin nicht so sehr, wie in andern Städten.

Der Antrag wird hierauf mit großer Mehrheit ange⸗ nommen. F 8

Graf von Mirbach befürwortet eine Besserstellung der Gymnasiallehrer und eine anderweitige Regelung der Ascen⸗ sionsverhältnisse derselben innerhalb der einzelnen Provinzen.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler: Es hat uns sehr leid gethan, daß die Mittel des um auch di

e Gymnasiallehrer

V

in ihren Bezügen besser zu stellen. Den Vorschlägen des Grafen Mirbach wegen der Einführung der Ascension innerhalb der

einzelnen Provinzen stehe ich nicht absolut ablehnend gegenüber;

nur ist es für die Verwaltung ungemein schwierig und ver⸗ antwortungsvoll, eine solche Maßregel schematisch allgemein und rücksichtslos durchzuführen, wenn gleichzeitig vermieden werden soll, den Interessen des Unterrichts selbst Schaden zuzufügen. Seit 6 Jahren bereits wird diese Frage von uns erwogen und noch immer haben wir uns für ein bestimmtes System nicht entscheiden köännen. (Schluß 4 ½ Uhr.)

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Schlußbericht der gestrigen (55.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsetzung der Berathung des Gesetz entwurfs, betreffend die Unterhaltung der nicht schiff⸗ baren Flüsse in der Provinz Schlesien.

Minister für Landwirthschaft ꝛec. Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen: 1—

Meine Herren! Ich halte mich nicht für verpflichtet, auf di Frage meinerseits näher einzugehen, ob bei den früheren Ufer⸗- regulirungen oder Stromregulirungen technische Fehler gemacht worden sind oder nicht. Jedenfalls stehen wir in der Beziehung vollendeten Thatsachen gegenüber, die nur theilweise rückgängig gemacht werden können, und ich meine, da müssen wir uns eben an die jetzigen gesetz⸗ geberischen und Verwaltungsakte, an die thatsächlichen bestehenden Verhältnisse anschließen und versuchen, das unter den gebotenen Ver⸗ hältnissen Beste zu leisten. Und diesen Weg betritt meines Erachtens die Gesetzesvorlage. Ich glaube auch, daß es nicht richtig ist, dem Nähertreten dieses Gesetzentwurfs den dilatorischen Einwand zu machen, daß man warten solle auf eine allgemeine Wassergesetzgebung, auf große durchgreifende Organisation auf administrativem Gebiete. Die Arbeiten, die Wassergesetzgebung zu regeln, schweben seit Jahren, sie haben zeitweise einen Stillstand erhalten durch die Ausarbeitung des bürgerlichen Gesetzbuches und haben diesen Stillstand nothwendig er⸗ halten müssen. Darum sind aber doch diese angehäuften Materialien beisammen und diese gesetzgeberische Arbeit kann jederzeit wiederhol G6 werden. Ich glaube auch, daß jetzt erst der Zeitpunkt gekommen ist, um gesetzgeberisch den Versuch einer umfassenden Wassergesetzgebung zu machen, nachdem durch den publizirten Entwurf des bürgerlicher Gesetzbuches die Frage verneint ist, daß im Wege der Reichs⸗Gesetz⸗ gebung das Privat Wasserrecht geregelt werden soll. Nun wird sich aber bei der weiteren Bearbeitung dieses Gesetzes das ist jetzt schon zu übersehen die außerordentlich große Schwierigkeit ergeben, das öffentliche und das Privatrecht zu trennen. Eine Lösung dieser Gesetzgebung, ohne sich auf beide Gebiete zu erstrecken, halte ich, und ich glaube alle Sachkundigen, für außerordentlich schwierig, und ebenso haben ja alle die Verhandlungen, die im Landes⸗Oekonomie Kollegium, im Landwirthschaftsrath und ähnlichen Versammlungen stattgefunden haben, sich immer um diese beiden Punkte gedreht, inwieweit es möglich wäre, das öffentliche vom Privat⸗Wasserrecht zu lösen. Auf dem Gebiet des Privat⸗Wasserrechts ist das Reich zu⸗ ständig, auf dem des öffentlichen Rechts ist der Partikularstaat zu⸗ ständig. Nun erinnere ich nur an die geographische Lage, in der wir uns in Mitteldeutschland befinden, wo verschiedene andere Staaten partizipiren, und wo jeder Versuch, sich rein auf die privat⸗ rechtliche Lösung zu beschränken, außerordentlichen Schwierigkeiten be⸗ 8 gegnet. Also ich sollte meinen, wir können uns auf diesem Gebiete, wo uns vraktisch zu lösende Aufgaben gestellt werden, nicht vertrösten auf die künftige allgemeine gesetzliche Regelung, auf die allgemeine Gesetzgebung, sondern es ist richtiger, hier anzugreifen und zu sagen: hic Rhodus, hic salta 1 8

Es handelt sich nun in dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Gesetz, das nur für eine Provinz gelten soll, und ich sabe von vorn herein, daß die Frage überhaupt garnicht erörtert ist und auch nicht hat erörtert werden müssen, ob ähnliche Gesetze für andere Pro⸗ vinzen nöthig sein können. Für die meisten Provinzen sind sie ganz gewiß nicht nöthig, und wir thun nicht gut, diese Frage wieder damit zu kompliziren, sondern wic handeln richtiger, auf dem Gebiet einer Provinz, wo der Nothstand konstatirt, wo er durch die Ueber⸗ schwemmungen in den letzten 10 Jahren wiederholt fühlbar geworden ist, den Versuch zu machen, eine geeignete Regelung zu finden.

Nun ist aber immer wieder und auch heute der Einwurf an dem Gesetzentwurf gemacht worden: warum regelt man das nicht auf dem Gebiet des Genossenschaftswesens, eventuell der Zwangsgenossen⸗ schaften. Ja, meine Herren, darauf kann ich nur dasselbe antworten, was schon vier, fünf Mal geantwortet worden ist, daß ja das Wassergenossenschaftsgesez von 1879 nach wie vor bestehen bleibt und nach wie vor Anwendung findet, daß aber bei Anwendung dieses Gesetzes sich diese Lücke ergeben die wir glauben in der jetzt vorliegenden Vorlage us füllen und lösen zu müssen. Wir würden diese Vorlage nicht bringen, wenn es nicht eben Fälle gäbe, die durch das Gesetz vom 1. April 1879 nicht gedeckt sind, und da meine ich doch, kann die Regierung mit Anspruch auf Beachtung, die doch einigermaßen einen Ueberblick über die Gesammtsachlage hat und praktische Erfahrung auch aus den vielfach gepflogenen Verhandlungen, sagen, eine andere Lösung dieser Frage finden wir nicht. Ich meine, dem gegen⸗ uber ist Niemand berechtigt, hier mit großer Assurance die Ueber⸗ zeugung auszusprechen: die Regierung wird schon einen anderen Weg finden. Ich bitte die Herren, die diese Hoffnung aussprechen, doch die Güte zu haben, bestimmt formulirte Vorschläge zu machen, dann können wir sie respektiren. Ich kann sagen, wir wissen keinen andern Weg, und diejenigen, die behaupten, wir hätten einen andern Weg, sind verpflichtet, nachzuweisen, daß wir im Unrecht sind.

Außerdem meine ich: wiegt denn das Votum eines Provinzial⸗ 8 Landtages so leicht, daß ein einzelner Abgeordneter mit dieser Art von Ueberlegenheit über die Beschlüsse des Provinzial⸗Landtages ab⸗ urtheilen kann, wie es heute hier geschehen ist? Ich meine, die Staats⸗ regierung manifestirt damit einen Beweis der Achtung und des Re⸗ spekts, den sie vor den großen Selbstverwaltungskörperschafen hat, daß sie dem Votum dem fast einstimmigen Votum des Pro⸗ vinzial⸗Landtages ein großes und entscheidendes Gewicht beimißt, und daß sie der Meinung ist, daß diesem Provinzial⸗Landtage min⸗ destens soviel Sachkunde beizumessen ist, wie die, die irgend einem ein zelnen Abgeordneten innewohnen kann. 1

Meine Herren, ich meine, von Seiten des Hrn. Abg. von Huene ist die Bedeutung dieses Gesetzentwurfs so richtig charakterisirt worden, daß ich eigentlich blos bereits Gesagtes wiederholen kann, wenn ich nochmals auf die einzelnen Punkte des §. 1 dieses Gesetzentwurfs ein⸗ gehe. Ich muß das aber doch um so mehr, als auch heute wieder in sehr wohlwollender und freundlicher Weise, die ich anerkenne, aus⸗ gesprochen ist, als handle es sich bei diesem Gesetzentwurf um ein Vertrauensvotum für die Königliche Staatsregierung oder gar für mich persönlich. Das ist in keiner Weise der Fall; es handelt sich hier nicht um ein Vertrauensvotum für meine Person oder für die Königliche Staatsregierung, sondern um ein Vertrauensvotum über die Bedeutung der Selbstverwaltungsorgane, denn der ganze Gesetzentwurf kann überhaupt nicht in Wirksamkeit treten, ohne daß die Barrière, das Thor dazu durch einen Beschluß des Provinzial⸗ ausschusses geöffnet worden ist. Das ist wiederholt gesagt worden, ich muß es aber hier wiederholen. Und nun sollte ich doch glauben,

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