1890 / 113 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

§. 57. Das Gewerbegericht, welches als Einigungsamt thätig wird, soll neben dem Vorsitzenden mit vier Beisitzern, Arbeitgeber und Arbeiter in gleicher Zahl, besetzt sein. Die Zuziehung der Beisitzer erfolgt, sofern durch das Statut nicht Anderes bestimmt ist, durch den Vor⸗

Einigungsamt kann sich durch Zuziehung von Vertrauens⸗ männern der Arbeitgeber und Arbeiter in gleicher Zahl ergänzen. Dies muß geschehen, wenn es von den Vertretern beider Theile unter

Bezeichnung der zuzuziehenden Vertrauensmänner beantragt wird. Die Beisitzer und Vertrauensmänner dürfen nicht zu den Be⸗ theiligten gehören. Befinden sich unter den Beisitzern unbetheiligte Arbeiter nicht in genügender Zahl, so werden die fehlenden durch Vertrauensmänner ersetzt, welche von den Vertretern der Arbeitgeber beziehungsweise der Arbeiter zu wählen sind.

§. 58.

Das Einigungsamt hat durch Vernehmung der Vertreter beider

Theile die Streitpunkte und die für die Beurtheilung derselben in

Betracht kommenden Verhältnisse festzustellen. Es ist befugt, zur

der letzteren Auskunftspersonen vorzuladen und zu ver⸗ nehmen.

Jedem Beisitzer und Vertrauensmann steht das Recht zu, durch

den Vorsitzenden Fragen an die Vertreter und Auskunftspersonen

zu richten.

§. 59.

Nach erfolgter Klarstellung der Verhältnisse ist in gemeinsamer Verhandlung jedem Theile Gelegenheit zu geben, sich über das Vor⸗ bringen des anderen Theiles, sowie über die vorliegenden Aussagen der Auskunftspersonen zu äußern. Demnächst findet ein Einigungs⸗

versuch zwischen den streitenden statt.

Kommt eine Vereinbarung zu Stande, so ist der Inhalt derselben durch eine von sämmtlichen Mitgliedern des Einigungsamts und von den Vertretern beider Theile zu unterzeichnende Bekanntmachung zu

veröffentlichen. 6s §. 61.

Kommt eine Vereinbarung nicht zu Stande, so hat das Einigungs⸗ amt einen Schiedsspruch abzugeben, welcher sich auf alle zwischen den Parteien streitigen Fragen zu erstrecken hat. 2

Die Beschlußfassung über den Schiedsspruch erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit. Stehen bei der Beschlußfassung über den Schieds⸗ spruch die Stimmen sämmtlicher für die Arbeitgeber zugezogenen Beisitzer und Vertrauensmänner denjenigen sämmtlicher für die Arbeiter zugezogenen gegenüber, so kann der Vorsitzende sich seiner Stimme enthalten und feststellen, daß ein Schiedsspruch nicht zu Stande ge⸗ kommen ist. §. 62.

Ist ein Schiedsspruch zu Stande gekommen, so ist derselbe den Vertretern beider Theile mit der Aufforderung zu eröffnen, sich binnen einer zu bestimmenden Frist darüber zu erklären, oh⸗ sie sich dem Schiedsspruche unterwerfen. Die Nichtabgabe der Erklärung binnen er bestimmten Frist gilt als Ablehnung der Unterwerfung.

Nach Ablauf der Frist hat das Einigungsamt eine von sämmt⸗

lichen Mitgliedern desselben unterzeichnete öffentliche Bekanntmachung zu erlassen, welche den abgegebenen Schiedsspruch und die darauf abgegebenen Erklärungen der Parteien enthält. 65. Ist weder eine Vereinbarung (§. 60) noch ein Schiedsspruch zu Stande gekommen, so ist dies von dem Vorsitzenden des Einigungs⸗ amts öffentlich bekannt zu machen.

2 Vierter Abschnitt. Verfahren vor dem Gemeindevorsteber. §. 64. 8 Ist ein zuständiges Gewerbegericht nicht vorhanden, so kann bei Streitigkeiten der in Nr. 1 und 3 des §. 3 btzeichneten Art jede artei die vorläufige Entscheidung durch den Vorsteher der Gemeinde (Bürgermeister, Schultheiß, Ortsvorsteher u. s. w.) nachsuchen. Zu⸗ ständig ist der Vorsteher der Gemeinde, in deren Bezirk die streitige Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnisse zu erfüllen ist.

Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, ihre Ausführungen und Beweismittel in einem Termin vorzubringen. Eine Beweisaufnahme durch Ersuchen anderer Behörden findet nicht statt; Vereidigungen sind nicht zulässig. G

Kommt ein Vergleich zu Stande, so ist ein Protokoll darüber aufzunehmen und von den Parteien und dem Gemeindevorsteher zu unterschreiben. 1G

Die Entscheidung des Gemeindevorstehers ist schriftlich abzufassen;

sie geht in Rechtskraft über, wenn nicht binnen einer Nothfrist von

zehn Tagen von einer der Parteien Klage bei dem ordentlichen Gericht

erhoben wird. Die Frist beginnt mit der Verkündung, gegen eine

bei der Verkündung nicht anwesende Partei mit der Behändigung der Entscheidung.

Die Entscheidungen des Gemeindevorstehers sind von Amtswegen für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht auszusprechen, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachtheil bringen würde; auch kann sie von einer vorgängigen Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

Ist rechtzeitig Klage erhoben, so findet der §. 647 der Civil⸗ prozeßordnung entsprechende Anwendung.

§. 66.

Die vor dem Gemeindevorsteher geschlossenen Vergleiche, sowie die rechtskräftigen oder vollstreckbaren Entscheidungen desselben sind, sofern die Partei es beantragt, auf Ersuchen des Gemeindevorstehers durch die Ortspolizeibehörde nach den Vorschriften über das Ver⸗ waltungszwangsverfahren zu vollstrecken. Ein unmittelbarer Zwang zur Vornahme einer Handlung ist nur im Falle des §. 130 der Ge⸗ werbeordnung zulässig. Wo ein Verwaltungszwangsverfahren nicht besteht, finden die Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Fe en g.

Der Gemeindevorsteher kann die Wahrnehmung der ihm nach den §§. 64 bis 66 obliegenden Geschäfte mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde einem Stellvertreter übertragen. erselbe muß aus der Mitte der Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung auf mindestens ein Jahr berufen werden. Die Berufung ist öffentlich bekannt zu machen.

Durch Anordnung der Landes⸗Centralbehörde kann an Stelle des Gemeindevorstehers ein zur Vornahme von Sühneverhandlungen über streitige Rechtsangelegenheiten staatlich bestelltes Organ mit Wahr⸗ nehmung der in den §§. 64 bis 66 aufgeführten Geschäfte beauftragt werden. Die Anordnung ist öffentlich bekannt zu machen. 8

Fünfter Abschnitt. Schlußbestimmungen. „, 8. 69. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf Streitigkeiten der Vorstände der Reichs⸗ und Staatsdruckereien, der staatlichen Münzanstalten, sowie der unter der Militär⸗ oder der Marineverwaltung oder der Staatseisenbahnverwaltung stehenden Betriebsanlagen mit den in v beschäftigten Arbeitern.

. 40.

Auf Streitigkeiten der in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungs⸗ anstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben beschäftigten Arbeiter mit ihren Arbeitgebern finden die Bestimmungen dieses Gesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß die Errichtung von Gewerbe⸗ gerichten, deren Zuständigkeit auf die vorbezeichneten Betriebe beschränkt wird, unabhängig von den Voraussetzungen des §. 1 Absatz 4 durch Anordnung der Landes⸗Centralbehörde erfolgen kann.

Für die auf Grund der letzteren Bestimmung errichteten Gewerbe⸗ gerichte gelten nachstehende besondere Vorschriften:

1) Die Bestimmung des letzten Satzes in Absatz 2 des §. 4 findet

keine Anwendung.

3 88 8 1I1 82 8 2 8

2) Die Kosten der Gewerbegerichte werden, soweit sie in deren Einnahmen nicht Deckung finden, vom Staat getragen.

3) Der Vorsitzende und dessen Stellvertreter werden von der Landes⸗Centralbehörde ernannt. Zur Bewirkung der Zustellungen können an Stelle der Gerichtsvollzieher oder Gemeindebeamten (§. 20 Absatz 2) andere Beamte verwendet werden. 3 1b

4) Inwieweit den Arbeitgebern im Sinne der §§. 10 bis 12 die mit der Leitung eines Betriebes oder eines bestimmten Zweiges des⸗ selben betrauten Stellvertreter der selbständigen Gewerbetreibenden gleichstehen, wird durch Anordnung der Landes⸗Centralbehörde bestimmt.

5) Die Bestimmung des §. 57 Absatz 3 findet, soweit sie sich auf Beisitzer bezieht, keine Anwendung. 1“

§. 71. *

Der §. 120 a der Gewerbeordnung wird aufgehoben.

Soweit auf denselben zur Bezeichnung der im Absatz 1 daselbst erwähnten Streitigkeiten in anderen Gesetzesstellen Bezug genommen wird, tritt der §. 3 Absatz 1 dieses Gesetzes an seine Stelle.

Soweit nach den gesetzlichen Vorschriften über die Kranken⸗ versicherung der Arbeiter die Entscheidung von Streitigkeiten über die Berechnung und Anrechnung von Versicherungsbeiträgen in Gemäßheit der Bestimmungen des §. 120 a der Gewerbeordnung zu erfolgen hatte, finden die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes über das Verfahren vor dem Gemeindevorsteher auch dann Anwendung, wenn es sich um Versicherungsbeiträge anderer, als der im §. 2 bezeichneten Arbeiter handelt. Die Zuständigkeit des Gemeindevorstehers wird in diesem Falle nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Gewerbegericht für die Gemeinde errichtet ist.

§. 72.

Die Zuständigkeit der Innungsschiedsgerichte (Gewerbeordnung §. 97a Nr. 6, § 100 i Absatz 2) erleidet durch dieses Gesetz keine Einschränkung. 8

Das Gleiche gilt, sofern ein nach Maßgabe dieses Gesetzes er⸗ richtetes Gewerbegericht nicht vorhanden ist, von der Zuständigkeit der Innungen (Gewerbeordnung §. 97 Nr. 4, §. 100 e Nr. 1) und der auf Grund der Landesgesetze zur Entscheidung von Streitigkeiten der im §. 3 bezeichneten Art berufenen besonderen Behörden.

Gegen die Entscheidungen der Innungen und der Innungsschieds⸗ gerichte steht binnen zehn Tagen die Berufung auf den Rechtsweg durch Erhebung der Klage bei dem ordentlichen Gericht offen.

§. 73.

Die auf Grund des § 120 a Absatz 3 der Gewerbeordnung er⸗ 19.. Schiedsgerichte gelten als Gewerbegerichte im Sinne dieses Gesetzes.

vie mit Rücksicht auf die Vorschriften desselben über die Zu⸗ sammensetzung der Gewerbegerichte und das Verfahren erforderlichen Aenderungen der geltenden Ortsstatuten sind ohne Verzug vorzunehmen. Ist eine erforderliche Aenderung binnen zwei Monaten nach dem In⸗ krafttreten dieses Gesetzes nicht erfolgt, so ist sie durch die Landes⸗ Centralbehörde zu verfügen.

Nachdem die erforderlichen Aenderungen getroffen sind, finden die Vorschriften dieses Gesetzes auch auf die vorher anhängig gewordenen Streitigkeiten Anwendung.

18

Streitigkeiten, welche, bevor ein für dieselben zuständiges Gewerbe⸗ gericht bestand, anhängig geworden sind, werden von den bis dahin zuständig gewesenen Behörden erledigt.

§ 75.

Die Centralbehörden der Bundesstaaten bestimmen, welche Ver⸗ bände als weitere Kommunalverbände im Sinne dieses Gesetzes anzu⸗ sehen, von welchen Organen der Gemeinden und weiteren Kommunal⸗ verbände die Statuten über Errichtung von Gewerbegerichten zu beschließen, und von welchen Staats⸗ oder Gemeindeorganen die übrigen in diesem Gesetze den Staats⸗ oder Gemeindebehörden, sowie den Vertretungen der Gemeinden und weiteren Kommunalverbände zugewiesenen Verrichtungen wahrzunehmen sind.

Dieses Gesetz tritt mit dem

Urkundlich ꝛc.

Gegeben ꝛc. 1

In der Begründung heißt ee: 8 G

Der §. 120a der Gewerbeordnung verweist für die Streitigkeiten der selbständigen Gewerbetreibenden mit ihren Arbeitern, soweit für diese Angelegenheiten nicht besondere Behörden bestehen, auf die Ent⸗ scheidung der Gemeindebehörde, läßt jedoch zu, daß statt dessen durch Ortsstatut Schiedsgerichte, welche durch die Gemeindebehörde unter gleichmäßiger Zuziehung von Arbeitgebern und Arbeitern zu bilden sind, mit der Entscheidung betraut werden. Die letztere Bestimmung hat ihren Zweck, für die Streitigkeiten, welche im gewerblichen Verkehr aus dem Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern entspringen, eine in besonderem Maße des Vertrauens der Betheiligten versicherte und besonders schleunige Rechtspflege zu schaffen, nur in unvoll⸗ kommener Weise erreicht. Nachdem längere Zeit hindurch die statutarische Errichtung von gewerblichen Schiedsgerichten sich nicht über einen sehr geringen Umfang hinaus erhoben hatte, ist zwar in neuerer Zeit ein bemerkenswerther Fortschritt in dieser Beziehung eingetreten; die wünschenswerthe Ausdehnung hat die Ein⸗ richtung jedoch noch keineswegs erreicht, und gerade die in erböhtem Maße sich geltend machende Bereitwilligkeit der betheiligten Kreise, die Einsetzung gewerblicher Genossengerichte zu fördern, hat das Un⸗ zureichende der geltenden gesetzlichen Bestimmungen deutlich hervyr⸗ treten lassen. Der Mangel ist hauptsächlich darin zu erblicken, baß die Gewerbeordnung es sowohl an jeder näheren Ausführung des Prinzips über die Zusammensetzung der Schiedsgerichte, wie auch an allen Bestimmungen über die prozessualen Befugnisse der Gerichte, über das Verfahren vor denselben und über die Rechtswirkung ihrer Entscheidungen fehlen läßt. Die hieraus sich ergebende Unsicherheit hat einerseits die Ausbreitung der Institution erschwert uno anderer⸗ seits bei den ins Leben gerufenen Schiedsgerichten eine das Maß des Erwünschten übersteigende Verschiedenheit der Einrichtungen zur Folge gehabt. Anch der Wirksamkeit der Gerichte selbst ist aus diesem Grunde eine vieiefach ungleichmäßige geblieben.

Das Bedürfniß nach einer Ergänzung und Verbesserung der geltenden Bestimmungen ist seit geraumer Zeit anerkannt, und an Versuchen in dieser Richtung hat es nicht gefehlt. Bereits in den Jahren 1873 und 1874 und nochmals im Jahre 1878 sind dem Reichstage entsprechende Vorlagen gemacht worden, ohne daß dieselben jedoch zur Verabschiedung hätten gebracht werden können. Neuerdings hat der Reichstag in der vorletzten Session den Gegenstand wiederum in Erörterung gezogen und in der Sitzung vom 12. Januar v. J. eine Resolution beschlossen, durch welche unter Hervorhebung einzelner als maßgebend angesehener Gesichtspunkte die verbündeten Regierungen um Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Einführung von Gewerbe⸗ gerichten ersucht wurden.

Dem gegenwärtigen Entwurf ist im Allgemeinen die oben erwähnte Vorlage vom Jahre 1878 unter thunlichster Berücksichtigung der zu derselben vom Reichstage auf Grund der Kommissionsberathung in zweiter Lesung gefaßten Beschlüsse zu Grunde gelegt. Im Ein⸗ zelnen sind indeß, wie schon aus der äußeren Gestalt des Entwurfs ersichtlich ist, nicht unerhebliche Aenderungen und Ergänzungen vor⸗ genommen. Der Zweck des Entwurfs geht ebenso, wie derjenige der früheren Vorlage, nicht auf die Beseitigung, sondern nur auf die weitere Ausgestaltung und Entwickelung des im §. 120 a der Gewerbe- ordnung hinsichtlich der gewerblichen Schiedsgerichte aufgestellten Der Gedanke, in erster Linie den Gemeinden die Ein⸗

etzung der bezeichneten Gerichte zu überlassen und deren Ein⸗ gliederung in den Gemeindeorganismus unter Berücksichtigung der örtlichen Einrichtungen und Bedürfnisse zu ermöglichen, hat sich, ungeachtet der bei der Ausführung aus den oben angegebenen Gründen hervorgetretenen Schwierigkeiten, im Allgemeinen als ein berechtigter erwiesen. Es liegt keine Veranlassung vor, denselben aufzugeben. Insbesondere kann die größere Uebereinstimmung, welche hinsichtlich der Einrichtung der Gewerbegerichte durch entsprechende gesetzliche Vor⸗ schriften anzustreben ist, den in der Gewerbeordnung für die Einsetzung der Gerichte vorgesehenen Weg nicht als ungeeignet erscheinen lassen;

in Kraft.

vena.

denn diese Uebereinstimmung wird sich auf die wesentlichen Grundlagen

der Organisation sowie auf solche Bestimmunger zu beschränken haben, welche, wie diejenigen über das Verfahren, die Rechte der Betheiligten unmittelbar berühren. Im Uebrigen dürfen bei einer Institution, deren ersprießliche Wirksamkeit nur bei enügender Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse sich erwarten läßt, Verschiedenheiten im Einzelnen nicht ausgeschlossen werden. Auch in der Frage, ob für einen bestimmten Ort überhaupt ein Gewerbegericht eingesetzt werden foll, bleibt am geeignetsten die Initiative zunächst den Gemeinden überlassen, da diese der Regel nach am ersten in der Lage sein werden, zu beurtheilen, ob nach den gewerblichen Verhältnissen ihres Bezirks das Bedürfniß und die Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines solchen Sondergerichts vorhanden sind. Daß von diesem Standpunkt aus der Entwurf nicht zu einer obligatorischen Einführung der Gewerbegerichte für alle Theile des Reichsgebietes gelangen kann, ergiebt sich von selbst. Für eine derartige Verallgemeinerung der Einrichtung fehlt es ebenso sehr an einem Bedürfniß, wie an den Voraussetzungen praktischer Durchführbarkeit. Soweit sich unter besonderen Umständen ein Zwang zur Einsetzung von Gewerbegerichten gegenüber den betheiligten Gemeinden als nothwendig erweisen kann, wird die Möglichkeit hierzu auf anderem Wege zu schaffen sein.

Abweichend von der Vorlage vom Jahre 1878 enthält ferner der vorliegende Entwurf im dritten Abschnitt eine Reihe von Bestim⸗ mungen, durch welche das Gewerbegericht berufen wird, unter gewissen Voraussetzungen als Einigungsamt thätig zu werden. Bei den in neuerer Zeit vorgekommenen Arbeiterausständen ist es mehrfach als ein schwerwiegenden Uebelstand empfunden worden, daß es auch bei vorhandener Geneigtheit zu Einigungsverhandlungen auf beiden Seiten zur wirklichen Einleitung solcher gar nicht oder nicht rechtzeitig ge⸗ kommen ist, weil es an einem Organe fehlte, welches geeignet und berufen gewesen wäre, die Leitung solcher Verhandlungen und die Ver⸗ mittelung zwischen den streitenden Parteien in die Hand zu nehmen. Es wird wenigstens der Versuch zu machen sein, durch Schaffung eines solchen Organes und durch einige Bestimmungen über das bei den Verhand⸗ lungen innezuhaltende Verfahren eine friedliche Erledigung der zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die billigen Bedingungen des Arbeits⸗ vertrages entstehenden Meinungsverschiedenheiten zu erleichtern und die für beide Theile mit schweren Opfern verbundenen Arbeits⸗ einstellungen thunlichst zu vermeiden oder, wo sie entstanden sind, möglichst rasch zu beseitigen. Die Hoffnung, daß es den Gewerbe⸗ gerichten gelingen wird, durch eine auf Sachkunde beruhende un⸗ parteiische Rechtsprechung das Vertrauen der Arbeitgeber und Arbeiter zu gewinnen, läßt es gerechtfertigt erscheinen, sie zu einer Thätigkeit zu berufen, deren Erfolg in erster Linie durch die Vertrautheit mit den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern und durch das Vertrauen der Betheiligten bedingt ist.

Statistik und Volkswirthschaft. Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg meldet „W. T. B.“, daß mehrere Firmen der Hafenpolizei Dampfer zur Verfügung gestellt haben, mit denen dieselbe alle Wasserwege abpatrouillirt, um die neu an⸗ genommenen Leute gegen die strikenden Ewerführer zu schützen. Bis jetzt ist die Polizei in 13 Fällen eingeschritten und hat mehrere Verhaftungen vorgenommen. Auf dem Lande streifen fortwährend größere HetEne umher. Der Verein der Hamburger Spediteure

ielt eine Sitzung ab, in welcher der Ausstand der Ewerführer als force majeure erklärt und beschlossen wurde, die Ewerführer⸗Baasen bei der Beseitigung des Strikes energisch zu unterstützen. 25 Arbeit⸗ geber haben 235 Maurern die Erhöhung des Minimallohns auf 65 pro Stunde, sowie den neunstündigen Arbeitstag bewilligt. Die Striken⸗ den beschlossen, daß möglichst viele Gesellen abreisen, aber 13 be⸗ stimmte Städte in Deutschland meiden sollen. Der Ausbruch eines allgemeinen Strikes der Maurer wird am 12. d. M. er⸗ wartet. Die unter den neuen Bedingungen arbeitenden Maurer müssen 2 Wochen lang täglich 2 ℳ, später 1 in die Strikekasse zahlen.

In Stettin hat, wie die „Ostsee⸗Ztg.“ berichtet, der Arbeit⸗ geberbund der Maurer⸗ und Zimmergeschäfte Stettins Sund Umgegend in einer Versammlung sich vorgestern mit der über den Arbeitsplatz des Zimmermeisters Hagenau von den Zimmergesellen ver⸗ hängten Arbeitssperre und den hiergegen zutreffenden Maßnahmen beschäftigt. Es wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, vom nächsten Montag ab auf sämmtlichen Bauten, Zimmerplätzen und Werkstätten die Arbeit einzustellen, sämmtliche Leute zu entlassen und erst dann wieder einzustellen, wenn in einer neu einzuberufenden Versammlung des Bundes die Wiederaufnahme der Arbeit beschlossen worden ist. Ausgenommen von der Entlassung sind die Lehrburschen und betreffs der Poliere soll den Arbeitgebern die Entlassung oder Nichtentlassung frei stehen. Der „Köln. Ztg.“ wird aus Stettin unter dem 7. d. M. geschrieben: Auf Grundeines gegenseitigen Abkommens der Schiffswerften wurden dieser Tage auf den Werften von Bremerhaven solche Zimmerleute entlassen, die nach Ausbruch eines Ausstandes auf der Werft des „Vulcan“ von Stettin nach dort gekommen waren

In Mainz haben demselben Blatte zufolge die Schuhmacher am Dienstag in einer Versammlung beschlossen, die Arbeit nieder⸗ zulegen, Falls die Schuhfabrikanten nicht bis zum gestrigen Donnerstag die Forderungen der Arbeiter in Bezug auf einen neuen Lohntarif angenommen haben.

Wie die „Madb Ztg.“ aus Nordhausen berichtet, erklärt das dortige Comité der Maurer in einer Bekanntmachung den Arbeit⸗ gebern gegenüber, daß, wenn die letzteren am 19. Mat d. J. den ge⸗ wünschten Lohn nicht bewilligen, die Arbeit eingestellt wird.

In Nauen ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Strike der Cigarrenarbeiter beendigt; den Arbeitern wurde eine Lohn⸗ erhöhung bewilligt. Die Urheber des Strikes wurden dauernd entlassen.

Aus Mülhausen theilt die „N. Mülh. Ztg.“ mit, daß der dortige Ausstand der Zimmerleute und Schreiner seit vor⸗ gestern beendet ist. Von beiden Seiten, sowohl von den Arbeitgebern als auch von den Arbeitnehmern, sollen noch Zugeständnisse gemacht worden sein.

Ueber den Weberausstand in Gera berichtet die „G. Ztg.“, daß die Antwort auf einen vorgestern von den Ausständigen gefaßten Vermittelungsbeschluß im verneinenden Sinne erfolgt ist. Wie das Blatt hört, hatte das Ausstandscomité sich an den fürstlichen Landrath. Behufs nochmaliger Uebernahme der Vermittler⸗Rolle zwischen den Ausständigen und den Fabrikanten gewendet; der Landrath trat denn auch mit entsprechender Anfrage an die maßgebenden Kreise heran, erhielt aber den Bescheid, daß die Fabrikanten auf ihrer Forderung beharren, indem sie weitere Zugeständnisse nicht mehr zu machen haben.

Aus Greiz schreibt man dem „Chemn. Tgabl.“, daß auch die dortigen Weberei⸗ und Färbereiarbeiter in den Strike ein⸗ treten wollen. Wenn eine Verständigung bei den ersten Verhand⸗ lungen nicht erzielt wird, werden demnach in einigen Tagen auch in Greiz ca. 5000 Mann striken. Die Agitation für den Ausstand geht von Gera aus, da mehrere Greizer Fabrikanten für die durch den Strike in Gera gesperrten Fabriken arbeiten sollen und dadurch von den Geraer Arbeitern nichts erreicht werden könnte.

Hier in Berlin erfolgten, wie wir der „B. Börs.⸗Ztg.“ ent⸗ nehmen, neuerdings Arbeitseinstellungen in der Tuchfabrik von John Blackburn in Niederschönweide, in der Fabrik von Labenow u. Co., Greifswalderstraße wegen Nichtbewilligung der gestellten Forderungen auf Arbeitsverkürzung und Lohnerhöhung ꝛc. Die Schuhmacher haben bis auf Weiteres über 53 Werkstätten die Sperre verhängt. Die ausgesperrten Kistenmacher beab⸗ sichtigen, eine Produktiv⸗Genossenschaft zu gründen. Die Former und Berufsgenossen (76 an der Zahl) der Eisengießerei⸗Aktien⸗ Gesellschaft, vormals Hartung, haben die Arbeit eingestellt. Die letzte Versammlung der strikenden Cartonarbeiterinnen und Arbeiter am Mittwoch war nur mäßig besucht, da inzwischen ein nicht unerheblicher Theil der Strikenden, besonders aus der Ed. Jakobsohn'schen Fabrik, die Arbeit wieder aufgenommen hat. Unter diesen Umständen beschloß die Versammlung die Aufhebung des Generalstrikes.

8 vJn

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi

In Folge der nach mehrige Zusammensetzung der in

Bekanntmachung, betreffend die See⸗Unfailverf 5 52 Abs. 1 des See⸗Unfallversicherungsgesetzes vom 13. Juli 1887 (Reichs⸗Gesetzblatt S. 329) vollzogenen Neuwahlen wird gemäß §. 53 a. a. O. die nun⸗ reußen für die unten genannte Berufsgenossenschaft bestehenden Schiedsgerichte nachstehend bekannt gemacht.

Deutsches Reich.

icherung.

Name, Stand und Wohnort

Sitz des des Schieds⸗ Vor⸗

gerichts. sitzenden.

Berufs⸗ Bezirk genossen⸗ des schaft. Schiedsgerichts.

des stell⸗

Vor⸗ sitzenden.

Laufende Nr.

vertretenden

V Berufs⸗ Bezirk

genossen⸗ des schaft. Schiedsgerichts.

der stellvertretenden Beisitzer.

der

Beisitzer.

Laufende Nr.

Name, Stand und Wohnort

Sitz des des Schieds⸗ Vor⸗ gerichts. sitzenden.

des stell⸗ V vertretenden Vor⸗

V sitzenden.

der stellvertretenden Beisitzer.

der

Beisitzer.

Richard, Bürgermeister in Papenburg.

See⸗ Berufs⸗ genossen⸗

schaft.

Sektion I. Papen⸗ Regierungsbezirke burg. Aurich und Osna- brück, die Groß⸗- herzoglich Olden⸗ burgischen Aemter Friesoythe und Westerstede, sowie das sonstige Ems⸗

gebiet und das

Rheingebiet.

Goldbeck⸗ Paulsen, Provinz Schles⸗ wig⸗Holstein mit Ausschluß der der Sektion III. über⸗ wiesenen Theile u. das Fisftsgtbn

Königlicher Rath in Kiel.

übeck.

Löwenherz,

Königlicher

Amtsrichter in Papenburg.

Löwe, V Königlicher Amtsgerichts⸗ Amtsgerichts⸗ Rath in Kiel. 1I

1. Suerken, Jacob, in Papenburg.

1. Pooker, Andreas in Ostrhauder⸗ fehn.

2. Kneppe, R., in

8 Weener.

„Cassens, T. 1. Uffken, Rein⸗

J, in Große⸗ hard, in Emden.

fehn. 2. de Buhr, J. W., 8 in Warsingsfehn.

Visser, 1. van Oterendorp,

Menno, J. C., Altschiffer

Schiffs⸗ in Norden.

kapitän in 2. Düring, Joh.,

Emden. Altschiffer in Emden.

3. Tjarks Tjark, H. Altschiffer in Carolinensiel.

4. Ulfers, Ulr. 1. Luers, Herm., H., Alt⸗ Altschiffer in schiffer in Emden. Carolinen⸗ 2. Müller, J. H., siel. Altschiffer in Emden.

3. Störmer, Cas⸗ per, Steuer⸗ mann in Mitte⸗

Großefehn.

1. Seibel, J. 1. Schweffel, J., W., in Kiel. in Kiel.

2. Ihms, Chr., in

9. 02

See⸗ Sektion V. Berufs⸗ Provinz Pom⸗ genossen⸗ smern, die Groß⸗ herzogthümer Mecklenburg⸗ Schwerin u. Meck⸗ lenburg⸗Strelitz und das sonstige Odergebiet.

Sektion VI. Provinzen Ost⸗ u. 2. Lange, Ferd., 1. Andersen, J., Westpreußen. in Kiel. in Kiel. 2. Diederichsen, H., in Kiel 3. Meier, Al⸗ 1. Michelsen, bert, Wein⸗ Christian, Ka⸗ händler, pitän in Apen⸗ früher reade. Schiffskapi⸗ 2. Lund, r tän, Norder⸗ Peter, Gast⸗ chaussee bei wirth, Fisch⸗ Apenrade. händler u. Boot⸗ führer in Apen⸗

rade. 3. Fischer, Carl, apitän, In⸗ haber einer Wasch⸗ u. Bade⸗ anstalt in Apen⸗ rade. 1. Vogt, Peter, Peter Schiffskapitän Schiffskapi⸗ in Apenrade. tän in Apen⸗ 2. Bruhn, Chri⸗ rade. stian J., Schiffs⸗ kapitän in Apen⸗ rade. 3 Christensen, Rasmus, in Apenrade.

Lorenz

4. Hansen,

Der Minister für Handel und Gewerbe. In Vertretung: Magdeburg.

Wellmann, Königlicher 4 Landgerichts⸗ Rath in Stettin.

Stettin.

Dr. Müller, Königlicher Regierungs⸗ Rath in Danzig.

Danzig.

Schütte, 1. Hofrichter,

Königlicher ö 8 ath

in Stettin.

8

Meesser⸗ schmidt, Königlicher Regierungs⸗

Rath in Danzig.

Petersen,

1. Reppenhagen, Wilh, Direktor in Stettin.

2. Wichards, Karl, in Stettin,

1. Kindler, Gustav S

2. Schultze, Franz, in herseg

1. Engelmann, Schiffskapitän u. Konservator in Stettin.

2. Blank, O., Ren⸗ tier, früher Schiffskapitän in Grabow a. O.

3. Deutsch, C., Schiffskapitän, Expert in Gra⸗ bow a. O.

Herm., in Stettin.

Martin, in Rostock.

Böttcher, E., Schiffs⸗ kapitän in Stettin.

1 Hart, Hein⸗ 1. Schramm, L.,

Schiffskapitän in Stettin.

2. Würtz, F., Schißeskapilän in Stettin.

3. Bugs. A., Ka⸗ pitän a. D. in Stettin.

rich Friedr. Christ, Schiffs⸗ kapitän in Stettin.

„Brinkmann, 1. Patzig, Eungen,

H., Konsul in Danzig. in Danzig. 2. Köhne, Albert, in Danzig.

.Gronau, ., 1. Wolff, August,

Stadtrat in Danzig. in Danzig. 2. Klawitter, Ju⸗ lius, in Danzig.

Trautwein, 1. Neubeyser,

Carl, Schiffs⸗ kapitän in Danzig.

Alexander, Schiffskapitän in Danzig.

2. Rother, Kon⸗ stantin, Schiffs⸗

kapitän in Heu⸗

bude bei Danzig.

3. Scheibe, Caesar, Schiffskapitän in St. Albrecht bei Danzig.

Lietz, Karl, 1. Gerlach, Wil⸗

helm, Schiffs⸗ kapitän in Dan⸗

zig.

2. Grohleck, Al⸗ bert, Schiffs⸗ kapitän in Neu⸗ fahrwasser.

Schmidt, Carl, Schiffskapitän in Neufahr⸗ wasser.

Schiffs⸗ kapitän in Danzig.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Deutsche Gesellschaft zur Retkung Schiffbrüchiger

889 bezw. 1888/89.

(Stat. Corr.) Im Frühherbst 1889 waren 100 Jahre ver⸗ flossen seit der Herstellung des ersten Rettungsbootes, mit dessen Hülfe noch im November 1789 sieben Menschen aus größter Gefahr gerettet wurden. Der Erbauer jenes „Lebensbootes“, das den Namen seines Bestellers, des Herzogs von Northumberland, trug, war der Bootsbauer und Schiffszimmermann Henry Greathead in Shields. Das Fahrzeug wurde von ihm nach den Angaben des Kauffahrteikapitäns Michael Rockwood hergestellt, der wenige Jahre früher an der Mündung des Memelflusses (Niemen) durch ein gewöhnliches Memeler Bosot von dem an beiden Enden gleich gebauten, in der Mitte breiten, doppelrudrigen, gradkieligen Muster der altnorwegischen Jölle unter schweren Umständen gerettet worden war. Die Erinnerung an diese vor der deutschen Küste voll⸗ brachte Rettung liegt, wie die neuen Nachforschungen deutlich ergeben haben, den ersten Rettungsböten, welche für den Küstendienst bestimmt worden sind, zum Grunde; auch die vollendetsten späteren Formen führen auf die uralte Seemannserfahrung des Volks zurück, dem die Wikinger entstammen.

Während das Interesse für den Küstenrettungsdienst in England bald in weitere Kreise drang und 1824 zur Errichtung einer organi⸗ sirten Rettungsgesellschaft führte, bedurfte es in Deutschland noch einer mehr als 40jährigen Erfahrung bevor, Aehnliches erreicht wurde. Erst 1865 wurde die „Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiff⸗ brüchiger“ begründet; dafür hat sie sich sehr bald durch die ge⸗ fognen Erfolge ihrer Thätigkeit allgemeine Anerkennung zu erwerben gewußt. Ftict weniger als 1925 Schiffe sind nach den neuesten Mit⸗ theilungen („Von den Küsten und aus See“, Jahrgang 1890, 1. Heft.) dieser unter dem Protektorat Sr. Ftaseteöt des Kaisers stehenden Gesellschaft in den 24 Jahren von 1866 bis 1889 einschließlich an den deutschen Küsten verunglückt, wobei im Ganizen nachweislich 10 439 Personen gefährdet waren. Von den letzteren wurden 9623 gerettet; 816 oder etwas über 7 ¼ % kamen um. Gerettet

wurden durch eigene Hülfe 4066, dur Privathülfe vom Lande 1732, durch Hülfe Seitens anderer chiffe 2053, durch Stationen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger 1772 oder nahezu ein Fünftel aller bezüglichen Personen. Die Zahl der Gefährdeten und Geretteten ist selbstverständlich in den einzelnen Jahren eine sehr verschiedene, je nachdem die böTöö der Schiffahrt günstig oder ungünstig waren. Die höchste Zahl der dürch Stationen der Gesellschaft geretteten Personen wies das Jahr 1873 mit 145, die geringste das Jahr 1886 mit 10 Köpfen auf. Im Jahre 1889 traten 21 Rettungsstationen 27 Mal in Thätigkeit, dar⸗ üunter 11 Mal mit Erfolg; sie haben dabei 29 Menschenleben vor dem Untergang bewahrt. 1 8

Welchen Umfang diese großartige deutsche Schöpfung der Nächsten⸗ liebe im Lauf der Jahre gewonnen hat, erhellt aus folgenden An⸗ gaben über das Rechnungsjahr 1888/89. Die Zahl der Rettungs⸗ stationen belief sich ebenso wie im Vorjahre auf 111, wovon sich 66 an der Ostsee und 45 an der Nordsee befanden; 42 derselben waren mit Rettungeboot und Raketenapparat ausgerüstete, sogenannte Doppel⸗ stationen, 51 nur Boot⸗, 18 nur Raketenstationen. Die Zahl der Bezirksvereine betrug 57, ebenfalls unverändert wie am Schluß des Jahres 1887/88; davon waren 23 Küsten⸗ und 34 binnenländische Vereine. Die Zahl der vaterländischen Vertreterschaften stieg dagegen von 242 auf 249; außerdem wurden im Berichtsjahre drei auslän⸗ dische Vertreterschaften begründet, nämlich zu Honolulu, zu Langkat auf Sumatra und zu Porto Alegre in Brasilien. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder wies ebenfalls eine erfreuliche Steigerung auf, welche ausschließlich durch das Binnenland herbeigeführt wurde, während die Küstengebiete sowohl in dieser Hinsicht wie an Jahres⸗ beiträgen zurückgegangen sind. Am Schlusse des Berichts⸗ jahres waren 48 171 Mitglieder mit 143 130 Jahresbeiträgen vorhanden gegen 47 173 Personen mit 141171 im Vorjahre. An außerordentlichen Beiträgen gingen außerdem 78 850, durch die Sammelbüchsen 22 715, insgesammt also 257 811 ein, gegen das Vorjahr 20 442 weniger. Dabei waren aber zugleich die Ausgaben mit 166 445 um 5 736 geringer als im Rechnungs⸗ jahre 1887/88. Fast ein Drittel der Gesammtausgabe, nämlich 54 031 ℳ, entfiel auf Verwendungen für die Begründung neuer und die Vervollständigung bereits bestehender Stationen.

Nach dem bis er Erreichten darf die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bei der nahe bevorstehenden Feier ihres

in die Zukunft blicken

waltungsrechts. von Karl Habel (C

in Nr. 4 des „Reichs

die Regierungs⸗Präsid

lediglich eine berathe räthen. Für die Kreig

fasser innerhalb diese

erücksichtigt worden. des verdienstlichen üc

jeder Lieferung 1 40 ₰. weiteren Hefte des vorstehend bezeichneten Werkes,

(Eisenbahn⸗Direktionen,

25 jährigen Bestehens getrost in die Vergangenheit und hoffnungsvoll

Literatuir.

Lieferung 2 und .G. Lüderitz'sche

G. A. Grotefond: Lehrbuch des Preußischen Ver⸗

3. Berlin 1889/90. Verlagsbuchhandlung).

Verlag Preis

Die gegenwärtig vorliegenden beiden

dessen erstes Heft

„Anzeigers“ besprochen wurde, bringen zunächst

enten (resp.

die Regierungsabtheilungen für die und Forsten und für das Kirchen⸗ und Schulwesen, ferner die Bezirks⸗ ausschüsse und endlich die staatlichen Organe der Eisenbahnverwaltung Betriebsämter, Kommissariate) nebst den

eine systematische Darstellung der Organisation der Centralbehörden (Einzel⸗Ministerien, Staatsministerium, berathende Centralbehörden [Staatsrath, Volkswirthschaftsrath, Landeseisenbahnrath]) und gehen sodann zur Darlegung der Behörden⸗Organisation in der Provinzial⸗ Bezirks⸗ und Kreisinstanz über. Als handelt die Ober⸗Präsidenten und die unter dem Vorsitze der letzteren amtirenden Provinzialräthe, Provinzial⸗ Medizinalkollegien, während zu den Bezirksbehörden gerechnet werden in Berlin der Polizei⸗Präsident),

Provinzialbehörden werden be⸗

Schulkollegien und Provinzial⸗,

direkten Steuern, Domänen

nde Stellung einnehmenden Bezirks⸗Eisenbahn⸗

sinstanz kommen

Kreis⸗ resp. Stadtausschüsse und die rst seßebenen ecnisger Kriihdeamten (Fra, Medüsnalbeamte,Weibercher.

inspektoren, I

8 a

erkes nicht allzu

in Betracht die Landräthe, die den erstgedachten Beamten bei⸗

Die Darstellung, welche der Ver⸗ gemeinen Rahmens von der Rechtsstellung und dem Wirkungskreis der einzelnen Behörden sowie von dem für dieselben geltenden Geschäftsgang giebt, zeichnet sich überall durch Vollständigkeit, Uebersichtlichkeit und prägnante Kürze aus. den einzelnen Verwaltungsgesetzen sind rechtlichem Gebiet ergangenen wichtigeren Hlechen die einschlägigen C

Außer auch die auf verwaltungs⸗ Ministerial⸗Erlasse, des⸗

ntscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts Wir wünschen, daß die weitere Fortsetzung

lange auf sich warten lassen