burger
der Krankheit der Erbprinzessin hatten sich nach Regens⸗ Berichten der „Allg. Ztg.“ am Krankenbett der⸗ selben eingefunden: die Schwester der verblichenen Fürstin, Ihre Majestät die Kaiserin und Königin von Oesterreich⸗ Ungarn, dann Se. Königliche Hoheit der Herzog Don Miguel von Braganza, Gemahl der verstorbenen Prinzessin Louise,
geb. Prinzessin von Thurn und Taxis, ferner Herzog Max
Emanuel und Herzog Ludwig. Ihre Majestät die Kaiserin
von Oesterreich reiste heute zum Besuch ihrer Tochter, der
München abgehalten werde.
Prinzessin Gisela, hierher, kehrt aber zu der Beisetzungs⸗
feierlichkeit nach Regensburg zurück. Heute, als am Todestage weiland Ihrer Majestät der Königin⸗Mutter von Bayern, wurde zufolge Aller⸗ höchster Anordnung Vormittags 11 Uhr in der St. Cajetans⸗ Hofkirche ein feierliches Seelenamt abgehalten, welchem Se.
Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent mit sämmtlichen hier an⸗
wesenden Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses sowie der Erzbischof beiwohnten und das unter Assistenz des Klerus von St. Cajetan von dem Stiftpropst Ritter von Türk celebrirt wurde. “ ͤbe München⸗Freysing D. Thoma hat dem Lokal⸗Comité für en Katholikentag mitgetheilt: der Papst sei damit ein⸗ erstanden, daß der Katholikentag in diesem Jahre nicht in
Kissingen, 18. Mai. (W. T. B.) Die Königin⸗ Wittwe Marie von Hannover ist in Begleitung der Prinzessinnen Friederike und Mary heute früh 7 Uhr aus Gmunden zum Kurgebrauch hier angekommen.
Württemberg.
„Stuttgart, 17. Mai. (St.⸗A. f. W.) Durch den gestern Abend überraschend schnell erfolgten Hingang des Hofjäger⸗ neisters Grafen von Urkull⸗Gyllenband, in welchem Se. Majestät der König einen seiner ältesten und treuesten
iener verloren hat, ist Se. Majestät schmerzlich berührt worden. Allerhöchstderselbe hat sofort den Hinterbliebenen seine wärmste Theilnahme ausgesprochen. Der Präsident des Landgerichts Ravensburg von Lan⸗ derer ist zum Mitglied des Staatsgerichtshofes ernannt worden.
Baden.
Karlsruhe, 17. Mai. (Karlsr. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen hat vorgestern Abend um 7 Uhr die Rückreise nach Stockholm angetreten. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin geleiteten den Kronprinzen zum Bahnhof. — Heute früh 5 Uhr traf Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch von Rußland hier ein und stieg bei Sr. Groß⸗ herzoglicheen Hoheit dem Prinzen Wilhelm und seiner Nichte, Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm, ab. Heute Vormittag besuchte Se. Königliche Hoheit der Großherzog den Großfürsten, welcher die Ab⸗ sicht hatte, um 12 Uhr den Großherzoglichen Herrschaften einen Besuch abzustatten, sich aber auf die Bitten Ihrer Königlichen Hoheiten davon abhalten ließ. Der Großherzog und die Großherzogin folgten um 12 ½ Uhr einer Einladung um Frühstück bei dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm. Um diese Zeit traf auch Ihre Königliche Hoheit die Gräfin Trani aus Baden⸗Baden zum Besuch der Höch⸗ sten Herrschaften ein und nahm gleichfalls an dem Frühstück Theil. Der Großfürst reiste um 2 ½ Uhr nach Stuttgart zum Besuch seiner Schwester, Ihrer Majestät der Königin Olga von Württemberg; der Großherzog verabschiedete sich von Höchstdemselben am Haupt⸗Bahnhof.
— Die Erste Kammer berieth heute über die Petition des Oberbadischen Weinbauvereins, betreffend die Besteue⸗ rung des als Haustrunk verwendeten Brannt⸗ weins. Der Antrag der Kommission, „die Bittschriften in dem Sinne der Großherzoglichen Regierung empfehlend zu überweisen, daß den Beschwerden über das Branntweinsteuer⸗ gesetz thunlichst Abhülfe geschaffen werde,“ wurde angenommen. Alsdann genehmigte die Kammer, in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Zweiten Kammer, das Budget des Finanz⸗Ministeriums, — Tit. “ Ausgaben und Tit. III der Einnahmen — sowie die Nach— träge dazu; ferner das Budget des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts — Tit. I — VII, XI und XII der Ausgaben und Tit. I und II der Einnahmen. — Die Zweite Kammer nahm in ihrer gestrigen Sitzung den Entwurf des Berggesetzes einstimmig an und ge⸗ nehmigte heute die Nachtrage zu den Budgets des Ministeriums des Innern und des Finanz⸗ Ministeriums.
Freiburg, 19. Mai. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Fürstin⸗Mutter von Hohenzollern hat sich zum Besuche ihrer Tochter, der Gräfin von Flandern, nach Brüssel begeben.
Lübeck.
Lübeck, 16. Mai. (Wes.⸗Ztg.) Der Senat verlangt 1 000 000 ℳ für weitere Hafenbauten, um Lübeck nach Herstellung des Nord⸗Ostsee⸗Kanals konkurrenzfähig gegenüber den Nachbarhäfen zu erhalten.
Deutsche Kolonien.
Am 14. Mai ist, einem Telegramm des L“ Sansibar zufolge, Mikindani ohne Kampf von dem Reichskommissar besetzt worden. In der Umgegend von Lindi haben kleinere siegreiche Gefechte gegen die Araber⸗Chefs stattgefunden, welche inzwischen ihre Unterwerfung angekündigt haben,
Oesterreich⸗Ungarn.
1111A““ Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent von Bayern ist heute früh 7 Uhr hier eingetroffen. Da derselbe incognito reiste, so fand kein offizieller Empfang statt. Se. Majestät der Kaiser und Kö nig und die Erzherzogin Adelgunde, sowie der bayerische Ge⸗ sandte Graf von Bray⸗Steinburg hatten sich zur Begrüßung auf dem Bahnhof eingefunden. Im Laufe des Vormittags stattete Se. Majestät der Kaiser und König Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten einen Besuch ab, welchen dieser bald darauf erwiderte und dann die hier anwesenden Erzherzöge besuchte. Am Nachmittag nahm der Prinz⸗Regent die land⸗ und forstwirthschaftliche Ausstellung in Augenschein.
Anläßlich des Ablebens der Erbprinzessin von Thurn und Taxis ist eine sechswöchentliche Hof⸗ trauer vom 20. d. M. ab angeordnet worden. 1
Nach Vornahme der Delegationswahlen in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses, bei welchen aus Böhmen auch die Vertreter der Deutschen, ‚Dr. von Plener, Ruß, Baernreither und Stöhr, gewählt wurden, bat der Abg. Graf Lazansky den Vorsitzenden, Vize⸗Präsidenten Freiherrn von Chlumecky, dem Präsidenten Smolka die Glückwünsche zu seiner Genesung auszudrücken. ZSe Vorsitzende gedachte hierauf der eifrigen Thätigkeit, Pflichttreue und Opferwilligkeit des Hauses, dankte den Abgeordneten für ihre kräftige, hingebungsvolle Unter⸗ stützung, betonte, daß er sich bemüht habe, die Würde des Hauses zu wahren und theilte sodann die herzlichsten Grüße des Prafidenten Smolka mit. Der Abg. Jaworski dankte dem Vorsitzenden für seine hingebungsvolle Amtsführung. — Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. b 1 8
— 19. Mai.. 2.) Eime hier eingetroffene Deputation preußischer Offiziere begiebt sich morgen in das Brucker Lager, um der Detailinspizirung der dort ver⸗ sammelten Truppen durch den Kaiser beizuwohnen.
Prag, 19. Mai. (W. T. B.) Im Landtage wurden heute die Ausgleichsvorlagen, betreffend die Kurien⸗ bildung, ferner diejenigen die Landtagsmandate des Großgrundbesitzes betreffend, nach welchen den Deutschen zwanzig Mandate zugewiesen werden, vertheilt. Ein Bericht des Landes⸗Ausschusses beantragt einen Beitrag von zwei Millionen aus Landesmitteln zur Schiffbar⸗ machung der Moldau.
Peterwardein, 19. Mai. (W. T. B.) Zu der Jubiläumsfeier des den Namen des Kaisers Alexan⸗ der führenden Infanterie⸗Regiments Nr. 61 traf der Militär⸗Attaché der russischen Botschaft in Wien, Oberst⸗ Lieutenant Zujew hier ein und wurde mit besonderer Auszeichnung empfangen. Vormittags wurde in der Festungs⸗ kapelle griechisch⸗katholischer Gottesdienst abgehalten. Hierauf defilirte das Regiment vor Zujew, welcher in voller Gala⸗ Uniform erschienen war. Mittags fand im Offizierskasino ein Diner statt, an welchem das gesammte Offiziercorps, sowie die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden theilnahmen. Im Laufe des Vormittags war eine Depesche des Kaisers Alexanoer eingetroffen, in welcher derselbe in huldvollsten Worten sein musterhaftes Regiment begrüßte und erklärte, er sei stolz, Inhaber desselben zu sein. Anknüpfend an diese De⸗ pesche, brachte der Regiments⸗Commandeur Oberst Hofmann bei dem Diner den ersten Toast aus, in dem er hervorhob, das Regiment sei von Stolz erfüllt über die Worte des Kaisers Alexander, welche zwischen dem Regiment und dessen Inhaber ein neues Band bildeten. Das Regiment sei von dem innigsten und ergebensten Dank für Se. Maäjestät erfüllt. Die Rede schloß mit einem dreimaligen Hurrah auf den Kaiser, worauf 24 Kanonenschüsse abgegeben wurden und die Musik die russische Hymne intonirte. Zujew erwiderte mit einem drei⸗ maligen Hoch auf den Kaiser von Oesterreich und schloß: Gott erhalte und beschütze Se. Majestät viele Jahre. Hierauf spielte die Musik die österreichische Volkshymne, während wiederum 24 Kanonenschüsse abgefeuert wurden.
Großbritannien und Irland. ““ der Prinz Heinrich von Preußen fuhr heute Morgen mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin von Wales nach Chatham, um dem Prinzen Georg von Wales, welcher sich in dem Kanonen⸗ boot „Thrush“ nach Amerika begiebt, Lebewohl zu sagen. Aus Toronto in Canada meldet ein Telegramm des Reuter’'schen Bureaus vom 15. Mai: Im canadischen Unter⸗ hause erklärte Mitchell: es gehe das Gerücht, daß zur Zeit in Washington Verhandlungen geführt würden über die Fischerei im atlantischen Ocean, und daß eine Be⸗ gleichung der Angelegenheit schon erzielt sei. Es heiße auch, daß die Vereinigten Staaten ihren Standpunkt, die Behrin gssee als mare clausum zu betrachten, aufgegeben hätten, wodurch den Fischern der verschiedenen Länder das Recht des Robbenfangs gewährt würde. Er bat das Ministerium um Auskunft. Der Premier⸗Minister Sir John Macdonald erwiderte: er sei nicht in der Lage, die gestellten Fragen vollständig zu beantworten. Die in Rede stehenden Verhandlungen verliefen jedoch sehr glatt, und es stehe das erfreulichste Resultat zu hoffen. Am nächsten Freitag könne er sich wahrscheinlich offener äußern. 1 1
Frankreich.
Paoari 18 (WWW1u] Der Großffürst Georg Michailowitsch von Rußland ist gestern hier angekommen.
An Stelle des verstorbenen Vice⸗Admirals Du Petit⸗ Thouars ist der Vice⸗Admiral Duperre, Seepräfekt in Toulon, zum Kommandanten des Mittelmeer⸗ Geschwaders ernannt worden.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer beantragte der Deputirte David, daß kein Senator oder Deputirter zum Gouverneur oder Sous⸗Gouverneur des Crédit Foncier oder überhaupt einer Bank in Frankreich ernannt werde. Die Dringlichkeit dieses Antrags wurde mit 449 gegen 11 Stimmen beschlossen und der Antrag den Bureaus über⸗ wiesen. Hierauf begründete der Deputirte Laur seine Inter⸗ pellation über den wucherischen Aufkaufvon Petroleum in längerer Rede. Der Justiz⸗Minister Fallières er⸗ klärte, die vorgebrachten Anklagen gehörten vor die Tribunale, nicht auf die Tribüne; die Besitzer der Raffinerien selbst ver⸗ langten vor Gericht gestellt zu werden, um sich vertheidigen zu können: die Petroleumhausse rühre von dem Zolltarif her, nicht von dem wucherischen Aufkauf. Schließlich wurde die einfache Tagesordnung mit 420 gegen 50 Stim⸗ men angenommen. Der Deputirte Laur wünschte hierauf seine Interpellation über die Ver⸗ vendung der Sparkassengelder auf Montag zu ver⸗ kagen, der Finanz⸗Minister Rouvier verlangte jedoch sofortige Berathung. Die Sitzung wurde deshalb suspendirt, damit Laur seine auf die Interpellation bezüglichen Schriftstücke herbeiholen könne. Nach Wiederaufnahme der Sitzung warf Laur dem Finanz⸗Minister vor, Börsengeschäfte mit den Geldern der Depositenkasse der Sparkassen gemacht zu hahen. Abrede und gab detaillirte Aufklärungen, indem er die An— gaben Laur's vollständig widerlegte. Die Deputirtenkammer nahm unter dem Eindruck der Rede Rouvier's die Abstimmung vor und nahm mit 368 von 374 Stimmen eine Tage
Se. Königliche Hoheit
Der Finanz⸗Minister Rouvier stellte das formell in
ordnung an, welche die Erklärungen der Regierung billigt, worauf die Sitzung aufgehoben wurde.
Rußland und Polen.
St. Petersburg, 15. Mai. (St. Pet. Ztg.) Vom Kommunikations⸗Ministerium ist, der „Now. Wr.“ zufolge, eine Kommission zur Ausarbeitung der Frage der Vereinigung der Temporären Staatsbahn⸗Ver⸗ waltung mit dem genannten Ministerium niedergesetzt worden. Die Temporäre Staatsbahn⸗Verwaltung wurde im Jahre 1881 zur Leitung des Baues der Baskuntschak⸗ und Katharinen⸗ Bahn gebildet. Mit der Zeit erweiterte sich jedoch das Thätigkeits⸗ gebiet dieser Verwaltung, und gegenwärtig leitet sie nicht nur den Bau aller neuen Bahnen, sondern sie verwaltet auch die Exploitation aller neuerbauten Staatsbahnen oder in staatlichen Betrieb übergegangenen Privatbahnen. In Bezug auf die höchste Eisenbahn⸗Instanz (das Eisen⸗ bahn⸗Departement) bildet nun die Temporäre Ver⸗ waltung nur eine ganz überflüssige Instanz in den Wechsel⸗ beziehungen zwischen dem Departement und den Chess der Staatsbahnen. Jede Verfügung des Departements, die für alle Bahnen des Reichs obligatorisch ist, geht den Staatsbahnen nicht anders als durch die Vermittelung dieser Temporären Verwaltung zu. Man kann sich nun denken, wieviel dabei, Dank dem allen selbständigen Behörden eigenen Streben nach Unabhängigkeit, unnütze Kanzleiarbeit entsteht. Um die Temporäre Verwaltung, die jetzt am Nepfki⸗ Prospekt ein Privathaus einnimmt, im Ministerium selbst unterzubringen, wird bei demselben noch in diesem Jahre ein Anbau errichtet.
Das Justiz⸗Ministerium hat neuausgearbeitete Be⸗ stimmungen bezüglich der Liquidirung von Aktien⸗, Kredit⸗ und industriellen Unternehmungen dem Finanz⸗Ministerium zur Begutachtung vorgelegt. In diesem Projekt wird namentlich eine persönliche und besitzliche Ver⸗ antwortlichkeit der Liquidationskommissionen festgesetzt.
Ein neuer Seehafen ersten Ranges soll im Asowschen Meer angelegt werden, und zwar beim Kap Belossaraiskaja. Außerdem wird der Bau von vier ins⸗ gesammt 40 Werst langen Molen in der Bucht von Tagan rog geplant. Die „Pet. Wed.“ berichten, daß die Kosten dieser kolossalen Anlagen, wegen welcher der Minister der Kommuni⸗ kationen bereits im Minister⸗Comité vorstellig geworden, sich auf 18 Millionen Rubel belaufen würden.
Zur Organisation des Ansiedelungswesens in fernen Osten ist eine Kommission niedergesetzt, die aus Vertretern der Ministerien des Innern und der Domänen be⸗ steht. Es wird Bodenbeschaffenheit in all den Theilen des Süd⸗Ussuri⸗Gebiets vorzunehmen, die für die Ansiedler bestimmt sind. Außerden werden denjenigen Ansiedlern Belohnungen und Prämien i
Aussicht gestellt, die die eigenartige chinesische Felderbestellung g
einführen, die ein gutes Mittel gegen den Getreiderost bildet⸗
Zur Arbeiterfrage meldet die „Now. Wr.“, daß der Minister des Innern die Statuten einer Gesellschaft zum Schutze minderjähriger Arbeiter in Werk⸗ stätten und Fabriken bestätigt hat. Mitglieder der Gesell⸗ schaft können Personen beiderlei Geschlechts werden; dieselben haben nicht nur einen gewissen Jahresbeitrag zu zahlen, son dern auch praktisch Aufsicht zu uͤben über das Leben und die Behandlung der ihrer Pflege anvertrauten Arbeiterjugend.
— (W. T. B.) Der Landwirthschaftlichen Akademie zu Moskau (bekannt durch die unaufhörlichen Studenten⸗ unruhen) ist die Aufnahme von Studenten für das kommende Lehrjahr 1890/91 untersagt.
Sebastopol, 18. Mai. (W. T. B.) Der Kronprinz von Italien ging am letzten Sonnabend an Bord des russischen Kriegsschiffes „Eriklik“, traf heute Morgen in Nalta ein und begab sich von dort zu Wagen hierher, wo festlicher Empfang durch die Spitzen der Behörden stattfand. Der Kronprinz beabsichtigt, einige Tage hier zu verweilen, um die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.
Italien.
Rom, 17. Mai. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Crispi legte heute den vom Senat modifizirten Gesetz⸗ entwurf über die frommen Stiftungen (opere pie) der Deputirtenkammer vor und sprach dabei den Wunsch aus, daß der Entwurf der gleichen Kommission über⸗ wiesen werde, welche ihn schon bei der früheren Durch⸗ berathung geprüft hat. Die Kammer gab diesem Wunsche Folge. — In seiner Antwort auf die Inter⸗ pellation Odescalchi’s — „ob die Regierung den Be⸗ schlüssen der Berliner Arbeiterschutz⸗Konferenz entsprechende legislative Maßnahmen zu beantragen beabsichtige“ — be⸗ merkte Crispi: die Berliner Konferenz berühre andere Länder mehr als Italien, dessen Arbeiter in der Mehrzahl auf den Feldern beschäftigt seien; außerdem habe sich die Regierung bezüglich Einführung der Konferenzbeschlüsse volle Freiheit des Handelns vorbehalten. Das in⸗ dustrielle Leben Italiens sei erst am Beginn, daher könne es unmöglich Verpflichtungen eingehen, welche die Ent⸗ wicklung hemmen würden. Der Minister⸗Präsident erinnerte an all das, was Italien zum Wohl der arbeitenden Klassen gethan habe, an die Gesetzentwürfe, welche gegenwärtig der Kammer vorlägen und welche sich den Entschlüssen der Berliner Konferenz anpaßten, und erklärte weiter: die Regierung werde sich stets die Arbeiterfrage angelegen sein lassen. Der Minister für Landwirthschaft Bicelifügte hinzu: es sei nothwendig, das gegenwärtige Gesetz über die Kinder⸗ arbeit zu verbessern und außerdem einen Gesetzentwurf zur Regelung der Frauenarbeit vorzulegen. Außer dem gegenwärtig der Kammer zur Berathung vorliegenden Arbeiter⸗ Unfallversicherungsgesetz würden noch andere derartige Vorlagen gemacht werden, um die Beschlüsse der Berliner Konferenz zur Anwendung zu bringen.
— 18. Mai. (W. T. B.) Bei dem heutigen Schluß des ersten nationalen Schützenfestes vertheilten der König und die Königin die Preise. Der Minister⸗Präsident Crispi äußerte in einer beifällig aufgenommenen Rede: diese Probe, welche doch eine Waffenprobe gewesen sei, scheine ein Pfand des Friedens und der Liebe zwischen der italienischen und anderen Nationen gewesen zu sein.
Der Papst wird in der zweiten Hälfte des Juni ein Konsistorium abhalten, in welchem drei Kardinäle er⸗ nannt werden sollen.
— 19. Mai. (W. T. B.) Die von mehreren Blättern gebrachte Meldung über eine Zusammenkunft des Königs Humbert mit dem Präsidenten Carnot in Spezzia wird für vollständig unbegründe erklär
nun geplant, genaue Untersuchungen der
Belgien. Brüssel, 18. Mai. (W. T. B.) Im Laufe der Be⸗ rathung des außerordentlichen Budgets in der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte der Kriegs⸗Minister: in Folge der mit Kanonen belgischen Fabrikats gemachten zu⸗ friedenstellenden Erfahrungen werde künftig keine Kanone mehr im Auslande bestellt werden. — 0 anson und Genossen haben einen Gesetzentw urf eingebracht, welcher die Arbeitgeber verpflichtet, ihre Arbeiter beiderlei Geschlechts gegen Betriebsunfälle zu versichern. Türkei.
Konstantinopel, 18. Mai. Die „Agence de Constantinople“ meldet: Nachdem die Pforte russische Note wegen Zahlung der rückstä ndigen Kriegs⸗ entschädigung bisher unbeantwortet gelassen, richtete der russische Botschafter Nelidow neuerdings eine Note an die Pforte, in welcher derselbe verlangt, daß die Einnahmen aus der neuen Finanzoperation vor Allem zur Be⸗ friedigung Rußlands verwendet werden müßten.
Rumänien.
Bukarest, 19. Mai. (W. T. B.) Der Prinz Friedrich August von Sachsen ist gestern hier eingetroffen. Der Erbprinz hatte den Prinzen in Giurgewo, der König hier am Bahnhof empfangen. Abends fand zu Ehren des Prinzen ein Galadiner im Schlosse statt.
Das „Amtsblatt“ veröffentlicht das Gesetz, betreffend die Handelskonvention mit Serbien, zu welcher die Ratifikationen am letzten Sonnabend ausgetauscht worden waren.
Der „Polit. Corresp.“ zufolge, ist der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Konversion der sechsprozentigen rumä⸗ nischen Rente nunmehr festgestellt. Derselbe stellt dem Finanz⸗Minister die öffentliche Subskription oder feste Begebung an inländische oder ausländische Banquiers frei. Der späteste Termin für die Dauer der Tilgung ist auf 1924 festgesetzt.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Washington, 16. Mai. (A. C.) Der Senat nahm gestern die Debatte über die Silber⸗ vorlage des Senators Jones (Nevada) wieder auf. Mr. Teller setzte seine Kritik der Maßregel fort und erklärte, sie gehe nicht weit genug. Er und Mr. Jones (Arkansas) sprachen zu Gunsten einer freien Prägung von Silberdollars.
Das Repräsentantenhaus setzte heute die Debatte über die Tarifvorlage fort. Einige von Mr. Me Kinley beantragte Amendements wurden genehmigt, darunter eines für die Erhöhung des Zolles auf gläserne Lampen⸗ cylinder.
Der Justizausschuß des Senats hat sich gegen die Vorlage geäußert, welche die Fabrikation und das Drucken von Werthpapieren für ausländische Regierungen gestattet.
Brasilien. Rio de Janeiro, 18. Mai. (W. T. B.) Die Regierung beschloß, daß die Zölle vom 1. Juli ab bis zum Mindestbetrage von 20 Proz. in Gold gezahlt werden sollen.
Barlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (9.) Sitzung des Reichstages, welcher
die Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Freiherr von Berlepsch nebst Kommissarien beiwohnten, wurde die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die A bänderung der Gewerbeordnung, fortgesetzt.
Abg. Grillenberger sprach die Hoffnung aus, daß diesmal aus der Berathung der Arbeiterschutzgesetzgebung wenigstens etwas herauskommen werde, nachdem früher alle Versuche des Reichstages vergebens gewesen seien und die Ar⸗ beiterversicherung sich anerkanntermaßen nicht als ausreichend erwiesen habe. Die neuen Rathgeber der Krone seien zu der Ueberzeugung gekommen, daß es so nicht weiter gehen könne, sondern etwas zum Schutze der Arbeiter geschehen müsse. Die Vorlage sei eine direkte Folge der modernen Arbeiter⸗ bewegung, wie sie besonders auf dem letzten inter⸗ nationalen Arbeiterkongreß zum Ausdruck gekommen sei. Der von seiner Partei eingebrachte Gegenentwurf bezwecke keineswegs lediglich eine Demonstration, wie die „Frankfurter Zeitung“ behauptet habe. Wenn etwas Ge⸗ deihliches aus den Verhandlungen herauskommen solle, so müßten sich die anderen Gesellschaftsklassen den Sozaldemokraten wohlwollender gegenüberstellen und das Vorurtheil aufgeben, daß diese nur demonstriren wollten. Die Kaiserlichen Erlasse vom Februar hätten den Sozialdemokraten nicht den Wind aus den Segeln genommen, im Gegen⸗ theil, die Arbeiter hätten sich gesagt, wenn ei mal etwas geschehen solle, müßten sie gerade Sozialdemokraten in den Reichstag senden, damit die Arbeiter⸗ schutzgesetzzebung nicht so verfahren werde wie die Arbeiter⸗ versicherung. Die Kaiserlichen Erlasse seien zwar, wie von den Arbeitern, so auch von allen Parteien Anfangs sympathisch begrüßt worden, aber nach den Wahlen sei das Unternehmerthum mit seiner Ansicht offen hervorgetreten, daß die Erlasse zu weit gingen. Ein Theil der Verheißungen der Erlasse sei auch in der Regierungsvorlage nicht erfüllt worden, wie z. B. diejenigen über die gesetzliche Gleichberech⸗ tigung der Arbeiter und die wirthschaftlichen Bedürfnisse der⸗ selben.
1 Schluß des Blattes sprach der weiter.
Abg. Grillenberger
— In der heutigen (62.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirlhschaft ꝛc. Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen, der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von Goßler, der Minister des Innern Herrfurth und der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch beiwohnten, wurde zunächst in der Schluß⸗ abstimmung der Gesetzentwurf, betreffend die Unter⸗ haltung der nicht schiffbaren Flüsse in der Pro⸗ vinz Schlesien, im Ganzen angenommen und darauf die
weite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die velteltung eines Nachtrags zum Staatshaushalts⸗ Ztat für das Jahr vom 1. April 1890 91 fortgesetzt, und zwar bei den Ausgaben für die diätarisch oder gegen Lohn beschäftigten Beamten und Bediensteten 1 325 000 ℳ
Die Kommission beantragt:
Die Vermehrung der etatsmäßigen Stellen im V dn diätarisch beschäͤftigten Beamten llgemein in E ziehen. 1
erhältniß zu wägung zu
Dagegen beantragt Abg. Dr. Sattler: Der Nr. I, 2 die Bezeichnung I, 4 zu geben und folgenden Zusatz anzufügen: unnd dem nächstjährigen Etat eine vollständige Uebersicht der bei sämmtlichen Verwaltungen gezahlten Diätensätze anzufügen. Abg. Dr. Sattler empfahl seinen Antrag, durch den die Sachlage erst aufgeklärt werde. Albg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch meinte, daß der Antrag über das Ziel hinausgehe; es bestehe kein Miß⸗ verhältniß zwischen den etatsmäßigen und diätarischen Beamten. 1 Abg. Bro emel hielt eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen für nothwendig; grundsätzlich sollten zwei Drittel der
die letzte
Beamten etatsmäßig, ein Drittel diätarisch angestellt sein. Es empfehle sich die Annahme des vom Abg. Dr. Sattler bean⸗ tragten Zusatzes zu dem Kommissionsvorschlage. Abg. Bachem (Mülheim) schloß sich führungen an.
1 Abg. Bödiker bestritt, daß die Budgetkommission ohne Weiteres eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen in Aus⸗ sicht genommen habe; es handle sich nur darum, das Ver⸗ hältniß der etatsmäßigen Stellen zu den diätarischen für die letzteren etwas günstiger zu gestalten.
Der Titel wird genehmigt. Zu Stellenzulagen sind 1 170 000 ℳ ausgeworfen.
Abg. Rickert beantragte, die Summe in das Ertra⸗ ordinarium zu verweisen, und zwar mit folgendem Dispositiv: Zu einmaligen außerordentlichen Verwendungen für Beamte in ausnahmsweise schwierigen Stellungen ihrer Kategorie. Abg. Broemel empfahl diesen Antrag, weil das Prinzip der Stellenzulagen bedenklich sei. Die Form der Bewilligung im Extraordinarium solle die Annahme verhindern, daß die als Stellenzulagen bewilligten Summen auch im nächsten Etat bewilligt werden würden. Auch die Stel enzulagen
diesen Aus⸗
müßten auf eine festere Grundlage als auf das Belieben der Regierung allein gestellt werden. Unter⸗Staatssekretär Meinecke bat, den Antrag Rickert abzulehnen. Mit demselben schwände die Hoffnung der Empfänger einer Zulage im laufenden Jahre, sie dauernd zu erhalten. Die Regierung lege Werth darauf, daß das Institut der Gewährung der Stellenzulage als ein richtiges von dem Hause anerkannt werde; dieses Anerkenntniß fehle, wenn die Stellenzulagen in das Extraordinarium verlegt würden. Die ganze Bewilligung würde dann nur den Charakter einer Remuneration auf ein Jahr erhalten. Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum meinte, daß Stellenzulagen nicht gewirthschaftet werden könne; eine gute und sparsame Verwaltung müsse für besonders schwierige und gefährliche Stellen Zulagen gewähren können. Es empfehle
sich, die Sache so zu lassen, wie die Budgetkommission vor⸗
schlage.
Abg. Dr. Sattler bemerkte, daß die Tragweite des ganzen Schrittes sich nicht übersehen lasse. Persönlich wäre er nicht abgeneigt, dem Antrage Rickert zuzustimmen; viel⸗ leicht ließe sich aber dasselbe erreichen, wenn man die Summe im Ordinarium stehen ließe und statt „Stellenzulagen“ sagte „einmalige außerordentliche Verwendungen“.
Abg. Rickert bemerkte, daß sein Antrag nicht gegen das Prinzip der Stellenzulagen gerichtet sei. Der Antrag bezwecke lediglich, dem Abgeordnetenhause das Recht zu wahren, bei der Vergebung der Stellenzulagen an die einzelnen Kategorien von Beamten mitzuwirken. Wer die Beamten, denen in diesem Jahre Stellenzulagen bewilligt würden, nicht in die Täuschung versetzen wollte, daß sie diese auch für die Dauer erhalten würden, müßte damit einverstanden sein, die Stellen⸗ zulagen in das Extraordinarium zu setzen. Stellenzulagen
nach dem Vorschlage der Regierung stellten einen Dispositions⸗
fonds dar, der unter Umständen sehr bedenklich werden könnte. (Schluß des Blattes.)
(Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichs tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich 8 5
in der Ersten Beilage.)
Verkehrs⸗Anstalten. j
Hamburg, LEC16 1 Post dampfer „Wieland“ der Hamburg⸗Amerikanisch Packetfahrt⸗ 17
Aktiengesellschaft hat, von New⸗York kommend, heute Morgen
Seilly passirt.
— 18 WMi (W. T. W.) Sie „Valesia⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft sind, v Hambur kommend, gestern in St. Thom as eingetroffen.
I EISIe „Thalia“ ist heute Nachmittag hier eingetroffen. S (Ph) Iee Union⸗Dampfer
„Dane“ ist heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen.
Lloyddampfer
Ritter an hervorragender Stelle stehen, wurde freundlich aufgenommen; lebhafter entwickelte sich der Beifall des Publikums nach dem zweiten Akt und der Schlußakt bestätigte den durchschlagenden Erfolg. Der Aufführung ist nicht die Schlegel⸗Tieck'sche Uebersetzung zu Grunde gelegt worden. Rudolph Genée hat das Werk fast voll⸗ ständig neu übersetzt und für die Bühne bearbeitet. Er hat die beiden ersten Akte in einen Akt zusammengezogen, den dritten und vierten ebenfalls, und den fünften mit einigen Abänderungen als den dritten und letzten seiner Bearbeitung angefügt. Er hat auch hin und wieder versucht, die Wortspiele zu modernisiren, und einzelne Säͤtze als Erläuterungen oder Verbindungsglieder eingeschoben. Um den leichten, scherzhaften Charakter der Komödie mehr in die Erscheinung treten zu lassen, ist dieselbe von Richard Genée mit musikalischen Beigaben ausgestattet worden, welche als leich flüssige Melodien die Handlung der verschiedenen Aufzüge einleiten und zumeiler begleiten. Die Darstellung war in den komischen Rollen eine vorzügliche. An erster Stelle ist Hrn. Grube in der Rolle des spanischen Ritters ungetheiltes Lob zu spenden; die schlottrigen langen Beine, die selt⸗ same Ausstaffirung, das Mienenspiel erinnerten lebhaft an den unver⸗ gleichlichen Don Quixote; seine dummen Liebesseufzer, seine ge⸗ spreizte Rede und sein muthiges Heroenspiel als Hektor er⸗ regten als Gegensatz zu seiner dürren, dürftigen Gestalt große Heiterkeit. Ihm zunächst stand der pedantische Schulmeister des Hrn. Krause; Hr. Vollmer brachte seine gute Laune besonders als bäurischer kampflustiger Pompejus zur Geltung Das Bauernmädel Jaquenetta spielte Frl. Kramm mit wenig Worten, aber in einer durch Derbheit und Urmüchsigkeit belustigenden Maske und mit gut beobachteten Geberden. Von den Darstellern der edlen Damen und Herren sind Frl. Meyer, Frl. Kester und die Herren Ludwig und Keßler mit Anerkennung zu nennen.
Die Dekorationen erfreuten mehr durch einfache Vornehmheit und künstlerischen Geschmack, als durch blendende Pracht; die und Parkscenerien boten einen stimmungsvollen Hintergrund für das romantische heitere Spiel dar.
Deutsches Theater. Reihe von Neuaufführungen vor, welche zumeist Shakespeare’'sche
arten⸗
die künftige Saison eine
ohne
† die übrigen Rollen eine
Stücke betreffen. Für den Beginn der Saison ist das „Winter⸗ märchen“ bestimmt. Sodann folgen „König Richard der Zweite“, „Antonius und Cleopatra“ und „Cymbelin“ in einer neuen Bearbei⸗ tung Außerdem sind für „Sakantala“ und „Mariag Stuart“ die Ausstattungsarbeiten bereits im Gange. Den Beschluß Saison wird ein Cyklus der Shakespeare'schen „Königsdramen“ bilden. Berliner Theater.
in Sonnabend gelangte Alex. Dumas' Lustspiel „Kean
ufführung und fand bei vortrefflicher Besetzung aller Rollen den verdienten reichen Beifall „Kean“ gehört zu den Theaterstücken deren Wirkung auf die gelungene Wiedergabe Hau - ruht; die Gestalt, die in der Mitte der Ha 1 der englische Schauspieler Kean, ist der Träger des Gedank des ganzen Stückes und, wenn er seiner Aufgabe nicht gewachf kann das tüchtige Spiel aller uüͤbrigen Darsteller den Mangel nicht ausgleichen. diesem Grunde pflegt auch . Lustspiel bei gelegent Gastspielen beliebter Charakter⸗ darsteller haͤufig gegeben zu werden, und Hr. Direktor Barnay, der vorgestern in seinem eigenen Hause die Titelrolle spielte, konnte uns seine bei früheren Gastspielen bewährte Meisterschaft in der Dar⸗ stellung des Kean aufs Neue bethätigen. In allen Scenen ist er der gleichmäßig gewandte, Ton und Maß auf Zeste treffende und be⸗ herrschende Schauspieler, dem Geist, Witz und warme Empfindung ebenso in dem vornehmen Salon wie in der Schenke in der jeder Stelle angemessenen Weise zur Verfügung stehen. — Die vorgestrige Vorste lung zeichnete sich aber dadurch ganz besonders aus, daß auch verständige und eigenartige Wiederzabe erfuhren; namentlich waren es die Damen Tondeur, Butze und Hock und die Hrrn. Stahl, Conrad und Ba sil, welche sich um das tüchtige Ensemble hervorragend verdient machten.
292 „„ indlung
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus g
Am Sonnabend gelangte auf der Königlichen Bühne Shake⸗ 28 28 3½ . 889 252 8 2 7„ speares Lustspiel „Verlorene Liebesmüh“ in neuer Form und neuem Gewande zur Aufführung, ein weiterer Beweis dafür, daß die Neueinstudirung klassischer Dramen auf dieser Kunststätte lebhaft und
mit schönstem Erfolge fortgesetzt wird. „Verlorene Liebesmüh“ steht,
was die kräftige Entwickelung der Handlung, was Tiefe und Innig⸗ keit der geweckten Empfindung anbetrifft, hinter dem „Sommernachts⸗ traum“ und „Was ihr wollt“, den — verdientermaßen — beliebtesten und gefälligsten Shakespeare’schen Komödien, zurück. Das neckische Tändelspiel der vier verliebten Paare hietet den Shakespeare immer willkommenen Stoff zu einem fröhlichen Wort⸗ und Witz⸗ turnier dar, welchem durch die Gestalten des Bauern Schädel, des spanischen Ritters Armado, des Bauernmädchens Jaquenetta derb⸗ komische Elemente eingefügt sind. Die romantischen Herren von Navarra, welche die Liebe auf drei Jahre verschwören, um ihr an dem Tage ihres Schwurs schon zu erliegen, sammt den französischen Pamen mit ihrer Zierlichkeit und ihrer galanten, halb spöttischen, halb zärtlich höfischen Unterhaltung sind wohl geeignet, die Zuschauer in die Zeit der Romantik zurück zu versetzen, aber zu eigentlich frischer und lebensvoller Wirkung konnten sie nicht gelangen.
Die Wortwitze und Gedankenblitze, welche im Dialog auftauchen, müssen pfeilschnell hin und wieder fliegen, wenn sie erheitern sollen; dabei müssen sie klar und ausdrucksvoll vorgetragen werden, damit der Zuhörer dem eilenden Gedankenspiel mit Verständniß folgen kann; auf unserer Bühne ergiebt sich aber trotz allen gegensätzlichen Be⸗ mühens eine gewisse Schwerfälligkeit des Vortrags, welche das flüchtige Wortspiel gleichsam lähmt. — Eindrucksvoller erwies sich das derbkomische Element mit seinem urwüchsigen, unfreiwilligen Witz. Don Armado, der stolze, hoh köpfige Spanier, der dummschlaue Bauer Schädel, der pedantische Schulmeister Ho⸗ lofernes erregten stürmische Heiterkeit welche in dem bäuerischen Festspiel ihren Höhepunkt erreichte. Demgemäß ruhte auch der Erfolg wesentlich auf der kräftigen und künstlerischen Wieder⸗ gabe dieser Scenen; der erste Akt, in welchem die Edeldamen und
Die beiden Lustspiele „A tempo“ und „Der Weg durch's Fenster“, in denen Hedwig Niemann ihre jüngsten Erfolge errang, kommen gemeinschaftlich mit Hopfen’s „Herenfang“ am Donnerstag zum letzten Male in dieser Saison zur Aufführung.
Lessing⸗Theater.
Morgen tritt Frl. Elsa Kübling in der Aufführung von Oscar Blumenthal's Lustspiel „Die große Glocke“ als Constanze Gunder⸗ mann zum ersten Male auf. Das Werk hat auch bei seiner erneuten Wiederholung den lautesten Beifall des Publikums errungen. — Frl. Emmy Neumann und Hr. Oscar Sauer sind nach ihren beifällig aufgenommenen Gastrollen von der Direktion des Lessing⸗Theaters auf je drei Jahre als Mitglieder des Instituts verpflichtet worden.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Mit den Parkfesten ist für den Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Concertgarten eine sehr glückliche Einrichtung getroffen; denn das Publikum hatte sich am letzten Sonnabend, als das erste diesjährige mit dem Programm: „Wer Vieles bringt, wird Jedem etwas brin⸗ gen“, stattfand, in großer Zahl eingefunden. Das prächtige Wetter unterstübte das Unternehmen aufs Beste, so daß der Fülle musika⸗ lischer, gesanglicher und humoristischer Vorträge bis zum mitternächt⸗ lichen Ausgange das gespannteste Interesse und fröhlichster Beifall entgegengebracht wurde.
Kroll's Theater. 8 Die zweite Gastrolle des Königlich preußischen Kammersängers Hrn. Emil Götze als Mar in Weber's „Freischütz“ hatte am Sonnabend wieder den großen Saal des Theaters vollständig gefüllt Hr. Götze sang diese Partie in Berlin zum ersten Male und erntet damit wieder reiche und lebhafte Beifallsbezeugungen, obwohl sie ihr im Ganzen weniger Gelegenheit bietet, seine großen Stimmmittel z entfalten, und obwohl sie der Eigenart seiner Stimme, welch für rein lyrische Partien wie die des Max zu voll und groß ist weniger entspricht. Es zeigte sich dies namentlich in de Arie „durch die Waͤlder, durch die Auen“. Um so wirkungs voller trat sie in dem Terzett des zweiten Aktes und i den dramatisch belebteren Momenten der Schlußscene hervor, w neben dem bestrickenden Wohllaut auch die Kraft der Stimm Gelegenheit hatte, sich zur Gelt. ng zu bringen; und hier that sie es denn auch in vollem Maße und erzielte damit wieder unbestreitba Erfolg. Die anderen drei Hauptpartien waren in den bewährten Händen dreier vom vorigen Sommer her bekannter Künstler: di Rolle des Caspar ließ von Neuem die Vorzüge der tiefen kräftigen Baßstimme des Hrn. Riechmann erkennen, Frl. Schacko (Aennchen) ist eine anmuthige gewandte Soubrette, die für die Zukunft noch viel verspricht, während Fr. Hadin ger⸗Poincilit durch di Sauberkeit des Vortrags ihrer Arien, besonders von „Und ob Wolke sie verhüllet“, sich auch dann volle Anerkennung wirbt, wo die Stimme, wenn sie sich in den höchsten Lagen bewegt, an Frische etwas zu wünschen übrig läßt. Im Uebrigen that auch das Orchester in der Wieder⸗ gabe der melodienreichen Musik seine volle Schuldigkeit, die Chöre konnten gleichfalls den an die Kroll'sche Sommerbühne berechtigter Weise zu stellenden Anforderungen genügen. Der Aufenthalt im Garten vor und nach der Vorstellung und während der Pausen ent⸗ schädigt für das Opfer, welches man etwa in heißen Tagen durch den Besuch des Theaters dem körperlichen Wohlbehagen bringt, ganz ab⸗ gesehen davon, daß die Kunstleistungen der Bühne, nach den bisheri⸗ gen Erfahrungen zu urtheilen, schon an sich reichen Genußz gewähren.
Das hat sich auch wieder am Sonntag bei der zweiten Gastrolle der Fr. Marcella Sembrich als Amina in Bellini's „Nacht⸗ wandlerin“ bewährt. Fr. Sembrich hat mit dieser Rolle wieder eine Meisterleistung ersten Ranges in Gesang und Spiel geboten. Wir wüßten in der That nicht, welche andere Künstlerin ihr in Bezug auf Wohllaut und Schmelz der Stimme, wie in Bezug auf den Glanz, welcher ihre Koloratur auszeichnet, an die Seite zu stellen wäre. Bei so vielen Sängerinnen bleibt man kühl und empfindet man nichts, als Bewunderung über die Kunstfertigkeit des Vortrags; Fr. Sembrich versteht aber auch zu erwärmen, sodaß der kritische Kopf wie das fühlende Herz die gleiche Befriedigung finden. Mühelos