Heute werden es, wie die „Voss. Ztg.“ schreibt, 125 Jahre, seit die Preußische Hauptbank, jetzige Deutsche Reichsbank, durch König Friedrich den Großen begründet ward. Ihr erstes Heim befand sich in dem vor zwei Jahrhunderten (1690) von Nering er⸗ richteten Vorderhause des ehemaligen Jägerhofs, Jägerstraße 35, Nauf dessen Grundstück in den Jahren 1869 bis 1876 vom Baurath
Hitzig das jetzige stattliche Bauwerk mit einem Flächenraum von
niedrigsten nördlich von Schottland und über West⸗ Rußland.
6078 qm und mit einem Kostenaufwande von 4 ½ Millionen Mark errichtet ward.
Auf dem Dönhoffsplatz sind jetzt, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, die beiden neu angelegten Springbrunnen in Thätigkeit gesetzt. Das Wasser sammelt sich in Becken von Tropfstein und rings herum sind hübsche Gewächse angepflanzt. z sbir 8
1 II oe 9 hchüms.;.
Die Stadt Stralsund hat, wie die „Nat.⸗Ztg.“ berichtet, dem Staatssekretär des Innern, Vize⸗Präsidenten des Staats⸗ Ministeriumns Dr. von Boetticher, und dem DOber⸗ Präsidenten von Pommern, Grafen Behr⸗Negendank, das Ehrenbürgerrecht verliehen. Die beiden bedeutenden, künstlerisch auf Pergament vom Königlichen Hof⸗Lithographen C. Hacker, Berlin, ausgeführten Urkunden zeigen die heraldischen, im gothischen Stil der hervorragendsten Stralsunder Bauten, dargestellten Wappen der Em⸗ pfänger, umgeben von gleichfalls gothischem Maßwerk, in welchem bezügliche Ansichten der Stadt nebst dem Sitzungssaale des Rath⸗ hauses angebracht sind. Echt silberne Kapseln nebst Einband mit Quastenschnüren in den Stadtfarben umgaben das große Insiegel der Stadt als Abschluß.
Schwelm, 16. Juni. (Köln. Ztg.) Gestern feierte die hiesige Bürgerschaft das 400 jährige Erinnerungsfest an den Tag, wo Schwelm durch den Herzog Wilhelm III. von Jülich⸗Kleve⸗Berg zur Stadt erhoben und ihr dadurch die Stadtprivilegien ge⸗ währt wurden (16. Juni 1590). Zugleich fand die CEinweihung des neuen Krieger⸗ und Kaiser⸗Wilhelm⸗Denkmals statt. Bei der Feier war auch der Regierungs⸗Präsident Winzer aus Arns⸗ berg zugegen.
München, 16. Juni. Die „Allg. Ztg.“ veröffentlicht folgenden Aufruf an das bayerische Volk zur Errichtung eines Denkmals für den Fürsten von Bismarck am Starnbergersee: „Nach einer an Bedeutung und Erfolgen unerreichten Fülle des Schaffens ist der Reichskanzler Fürst von Bismarck in das heimische Asyl der Ruhe und Ehre im stillen Sachsenwalde eingezogen. Der Dank des deut⸗ schen Volkes hat ihm das Geleite gegeben, nicht um flüchtig zu ver⸗ rauschen, sondern um ewig mit dem Namen des größten deutschen Staatsmannes verbunden zu bleiben. Ihm, dem treuen Berather dreier Kaiser, dankt Deutschland Einheit und Größe, Frieden und Wohlffahrt. Er hat das zerrissene Vaterland im Deoutschen — RNeiche —geeinigt — und — mit gestärkt; er hat deutsche Ehre und deutschen Fleiß in allen Theilen der Erde geschützt; er hat den Weltfrieden mit starker Hand gehütet; er hat den Friedensarbeiten des deutschen Volkes einen sicheren Boden
eschaffen, er hat zum Wohle der Schwachen und Armen neue große Anfhaben an den Staat gestellt. Und wir Bayern fügen hinzu: Er hat im Deutschen Reiche Bayerns Rechte allezeit in Treue geachtet und uns Freundschaft gehalten in allen Dingen. Wir Bayern wollen ihm darum ein Denkmal in unserem Lande setzen. Auf den Höhen, die den Starnbergersee umgeben, im Angesicht der großen Berge an den südlichen Grenzen des Reichs wollen wir einen schattenspendenden Hain schaffen und in seiner Mitte einen Thurm bauen, so gewaltig wie der Mann, dessen Namen er tragen wird, ein weithin redendes Denkmal bayerischen Dankes, zugleich ein Zeichen ewiger Gemeinschaft von Süd und Nord im Deutschen Reich Hier soll den Deutschen eine Weihestätte erstehen, wohin sie ziehen, um Stolz Wund Freude, Kraft und Klarheit, in schweren Stunden Aufrichtung der Herzen und Hingebung an das Vaterland zu schöpfen aus des großen Kanzlers Leben. In dieser Absicht haben sich Männer aus allen Theilen unseres bayerischen Vaterlandes ver⸗ einigt. Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent, Prinz Luitpold von Bayern, haben die Gnade gehabt, unter voller Zustimmung zu unseren Bestrebungen das Allerhöchste Protektorat zu übernehmen. Für unser Unternehmen sind, wenn es des großen
Wetterbericht vom 17. Juni, 8 Morgens 8 Uhr.
Temperatur
—₰½
haus. 147. Heilbronn.
illim.
8 l
Stationen. Wind. Wetter.
u. d. Meeressp. red in N
Bar. auf 0 Gr
2
=2
5 bedeckt halb bed. Nebel Dunst
Mullaghmore 5 3 2 2 2 wolkig 2 1 1
Aberdeen. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Haparanda. St. Petersbrg. Moskau...
Cork, Queens⸗ town
Cherbourg er..
—,— U& SS C⸗
— Donnerstag: heiter wolkenlos bedeckt
—9 ,-—9 E 0 —
Wartburg. von Richard
00SI*S
2222ö2ö2ö2- &SA;G
3 bedeckt 3 Dunst 2 Nebel 3 Regen 4 2 2
— 8 00
bedeckt bedeckt bedeckt 3 bedeckt
1 wolkenlos 6 bedeckt 2 Dunst wolkig heiter Z heiter 3 bedeckt 2 wolkenlos 3 wolkig wolkig heiter
amburg.. Swinemünde Neufahrwasser Memel 759 Paris . 167 Münster 763 Karlsruhe.. 7567 Wiesbaden . 766 München. 768 Chemnitz 765 Berlin. 763 Wien 766 Breslau 764 Ile d'Aix. 768 I141686
Donnerstag: Freitag : Sonnabend:
Freitag:
—J—AASéöAhhh-ONAhANOAhg 2SIE†cenr†anecebcececeoeeeengn
Uebersicht der Witterung. Wallner-Theater. Mittwoch: 12. Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Wien. Zum 12. Male: Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac und A. Millaud. Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung: Großes Garten⸗Concert. orstellung 7 ½ Uhr. onnerstag u, folg. Tage: Gastspiel von Therese Biedermann. Mamsell Nitonche.
Außer in Süd⸗ und Südost⸗Europa hat der Luft druck allenthalben abgenommen; am höchsten ist derselbe über Frankreich und Süd⸗Deutschland, am
Unter dem Einflusse schwacher westlicher und südwestlicher Winde ist in Central⸗Europa bei d im Norden trüber, vielfach nebliger im Süden eed heiterer Witterung die Temperatur gestiegen, indessen liegt dieselbe allenthalben noch unter der normalen. Nennenswerthe Niederschläge werden aus Deutsch⸗ land nicht gemeldet, Helgoland hatte Nachts Gewitter.
Deutsche Seewarte.
1 68 unüberwindlichen.—Kratt — ste
Königliche Schauspiele. Vorstellung. Romantische Oper in 4 Akten von Carl Reinthaler. gleichnamigem Schauspiel von H. Bulthaupt. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Kahl.
Schauspielhaus. 152. Vorstellung. Don Carlos, Infant von Spanien. zügen von Schiller. In Scene gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient.
Taunhäuser und der Sängerkrieg auf der Große romantische Oper in 3 Akten Wagner. Schauspielhaus. 153. Vorstellung Die Quitzow’s. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch.
Beutsches Theater. Mittwoch: Der Richter von Zalamea. Faust, I. Theil. 1r9 Faust’s Tod. Iu““” Der Unterstaatssekretär.
Berliner Theater. Mittwoch: Der Probe⸗ pfeil. (Friedr. Mitterwurzer. Ludwig Barnay.)
Donnerstag: Doctor Wespe. Hut. (Friedr. Mitterwurzer.) 39. Abonnements⸗Vorstellung. Probepfeil. — Anfang 7 ½ Uhr.
Hictoria-Theater. Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern . . von Alex. Moszkowski und ˖-———VM Miuuusik von C. A. Raida.
“ Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung. öu“ 8*
Staatsmannes würdig werden soll, reichliche Mittel nothwendig. Wir stellen daher an das ganze bayerische Volk die dringende Bitte, sich warmen Herzens an unserm Akt vaterländischen Dankes durch Einzahlung von Geldbeiträgen zu betheiligen.“
Aus der oberen sächsischen Schweiz, 15. Juni. (Dresd. Journ.) Das Unwetter der letzten Tage, welches erst heute früh endigte, hat im hiesigen und benachbarten böhmischen Gebirgsgebiete merkliche Spuren seiner Heftigkeit hinterlassen. Sämmtliche Gebirgs⸗ bäche und Flüsse bringen gewaltige Wassermassen zu Thal und führen Gerölle, Sandmassen und Waldboden mit sich. Die Kirnitzsch ist aus ihren Ufern getreten und überfluthet stellenweise die Thalwiesen. Wild schäumend und überstürzend, führt die Kamnitz ihre aus dem Rosen⸗ und Kaltenberggebjete kommenden Fluthen der Elbe zu, welche seit gestern merklich gestiegen ist. Seit heute Mittag sind aber die höheren Felsengruppen vund Berge den Wolken⸗ und Nebelschleiern endlich wieder entrissen. Das Regenwetter war vom Freitag bis Sonnabend Abend so heftig, daß die Steinbruch⸗ und Forstarbeiten völlig ein⸗ gestellt werden mußten. Die Steinbruchhalden der Postelwitzer Brüche z. B. zeigen tiefe Risse und breite Furchen; große Stein⸗ und Schuttmassen liegen am Elbufer, theilweise selbst im Strom⸗ bette.
Darmstadt, 15. Juni. (Köln. Ztg.) Heute, am Geburtstage des Abtes Vogler — geb. 15. Juni 1749 in Würzburg, gest. 6. Mai 1814 dahier — wurde auf dem Mathildenplatz dessen Denk⸗ mal enthüllt. Das Denkmal, entworfen und modellirt von Professor Robert Henze in Dresden, besteht aus einer Bronze⸗Büste des ge⸗ feierten Tonkünstlers und Lehrers von C. M. von Weber und Meyer⸗ beer auf einem 3 m hohen Postament von Meißener Granit.
Baden⸗Baden, 13. Juni. (Köln. Ztg.) Seit 40 Jahren ist es in diesem Sommer das erste Mal, daß die von der verewigten Kaiserin Augusta bewohnten Zimmer im Meßmer'schen Hause leer stehen. Die Großherzogin Luise hat nun diese Zimmer genau in der Einrichtung, wie sie die Kaiferin verließ, erhalten lassen und in denselben die Ausstellung einer größeren Anzahl von Bild⸗ nissen der heimgegangenen Kaiserin veranstaltet. Der Besuch dieser Räume ist gegen ein mäßiges Eintrittsgeld gestattet, das zum Besten des hier im Bau begriffenen Ludwig⸗Wilhelms⸗Pflegehauses verwandt werden soll. Sscr
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Prag, 16. Juni. (W. T. B.) Ars Reichenberg, Kratzau, Tannwald, Friedland, Trautenau, Jungbunzlau, Pardubitz sfowie dem Abhange des Riesengebirges wird Hochwasser gemeldet; in einzelnen Städten sind Theile von Straßen überschwemmt und die verursachten Schäden groß. Das Wasser soll noch im
Steigen sein. ◻ St. Petersburg, 15 Juni. (Die Gefängniß⸗Aus⸗ FIlung) Die mit dem internatisnaten K eß für Gefängniß⸗ wesen in Verbindung stehende und nunmehr in der Michael⸗Mareége eröffnete Gefängniß⸗Ausstellung bietet viel Sehenswerthes. Gleich am Eingange hat Deutschland seinen Platz gefunden und sieht man hier Preußen, Baden. Bayern, Württemberg und Hamburg ver⸗ treten. Originell sind für Preußen die künstlichen Blumen aus Plötzensee, für Württemberg die Hopfenanlagen aus Draht. Die von Deutschland ausgestellten Gegenstände zeichnen sich durch solide Arbeit und technische Vollkommenheit aus, und eine lobenswerthe Einrichtung ist dadurch getroffen, „ daß man an der Farbe der Zettel an den Gegenständen sofort erkennen kann, ob die Arbeiten in Einzelhaft (weiß), gemeinsamer Haft (rosa), oder in Anstalten für Minderjährige (blau) angefertigt worden sind. Die nicht offizielle kleine englische Ausstellung be⸗ findet sich dicht hinter der deutschen, und gleich nach dieser kommt Oesterreich, das sich durch sehr hübsche Holzschnitzereien und Handarbeiten auszeichnet. Auffallend sondert sich Ungarn von Oesterreich ab. Die großartige belgische Ausstellung liefert den Beweis, daß die Gefängnißarbeit in Belgien hauptsächlich für Staats⸗ bedürfnisse ausgenützt wird. In Belgien ist das Spstem der Einzel⸗ zellen das überwiegende. Stoffe aus Leinen, Baumwolle, Wolle werden in den Gefängnissen angefertigt und aus denselben Kleider und Wäsche für die Sträflinge selbst, sowie für das belgische Militär hergestellt. Strohgeflechte, Schuhwerk ꝛc., billige Kleidung, Cartonnagearbeiten
Frriedrich-Wilhelmsädtisches Theater und Julius
Concert-Park. Direktion:
Mittwoch: Opern⸗ Mittwoch: Zum 152
Das Käthchen von
Text frei nach H. von Kleist's und Julius Bauer.
Anfang 7 Uhr. Laternenfest.
Trauerfpiel in 5 Auf⸗ mental⸗Künstler.
Anfang 7 Uhr.
Opernhaus. 148. Vorstellung.
Anfang 7 Uhr.
ink Anfang 7 Uhr. —Se.
leuchtung des Sommergartens:
19 Zum 109. Male:
Mein neuer treten sämmtlicher Spezialitäten.
Der
Male: Jonathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Musik von Carl Millöcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Hr. Kapellmeister Knoll Anfang 7 ÜUhr.
Im prachwollen Park um 6 Uhr: Orientalisches Auftreten erster Gesangs⸗ und Instru⸗
Donnerstag; Im Theater: Der arme Jonathan. Im Park: Großes Doppel⸗Concert. UrSs t r
Kroll's Theater. Mittwoch: Martha. (Lady Harriet: Fr. Marcella Sembrich, als Gast.) Donnerstag: Orpheus. (Orpheus: Fr. Ernestine
Täglich: Bei günstigem Wetter der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be⸗ Großes Concert. Anfang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr.
Belle-Alliance-Theater. Mittwoch: Zur 75jährigen Jubiläumsfeier der Schlacht bei Belle⸗ Alliance: Großes Volksfest zu halben Kassenpreisen Der Nautilus.
Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Militär⸗Doppel⸗Concert mit Schlachtenmusik. Auf⸗ — Brillante Illu⸗ mination des ganzen Garten⸗Etablissements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.
sind in besonderer Güte ausgestellt, und eine sehr schöne Abtheilung der belgischen Ausstellung bildet diejenige der Anstalten für Minder⸗ jährige. Dänemark weist Sachen größter Einfachheit für die Be⸗ dürfnisse der ärmeren Klassen auf. Der Platz für S panien ist noch leer; die Gegenstände sind bis heute nicht eingetroffen. Die Ausstellung Frankreichs ist eine höchst instruktive. Es sind nur Proben von Sträflingsarbeiten — keine Ver⸗ kaufsartikel — in allen Arbeitsstadien vorhanden, dagegen liefert Frankreich in Wort und Bild eine vollkommene historische Ent⸗ wickelung des Strafsystems und der französischen Gefängniß⸗ einrichtungen seit dem Mittelalter bis zur neuesten Zeit. In Italien scheint, der Ausstellung nach zu urtheilen, das Streben nach land⸗ wirthschaftlichen Kolonien für die Gefangenen die Hauptrolle zu spielen; man ist offenbar bemüht, letztere hauptsächlich zu Arbeiten unter freiem Himmel zu verwenden. Japan brinzt schöne Holzarbeiten, Inkrustationen und kunstvoll gewirkte Teppiche; Griechenland Kleidungsstücke, Flechtwerk, musikalische Instrumente; Norwegen und Schweden hauptsächlich Holzarbeiten; die Schweiz Handarbeiten u s. w. Die russische Ausstellung ist in ihrer Art, wenn auch nicht so glänzend wie einige ausländische, doch sehr interessant. Sie ist in 12 Klassen eingetheilt, in denen sich alle Gouvernements, mit Ausnahme Kur⸗ lands, präsentiren; für die vorzügliche kurländische Abtheilung mit ihren ausgezeichneten Arbeiten ist ein eigener Pavillon errichtet. Den Schluß des europäischen Rußlands macht Finland, welches ebenso vorzügliche Gefängnißeinrichtungen als Sträflingsarbeiten aufzu⸗ weisen hat. Dann folgt die Abtheilung des fernen Ostens Hier sieht man sorgfältig ausgeführte Modelle der großen für den Transport der Sträflinge auf den sibirischen Flüssen bestimmten Barken, des Dampfers der „Freiwilligen Flotte“ mit seinen ingeniösen Ein⸗ richtungen zum Transport nach Sachalin, den Glanzpunkt der Aus⸗ stellung, nämlich die Abrheilung Nertschinsk, die Modelle der Gold⸗ wäschereien Müblen ꝛc, Silber⸗ und Goldpyramiden und eine Aus⸗ stellung der Insel Sachalin selbst. Dieser kurze Bericht wird genügen, um darzuthun, daß die Gefängniß⸗Ausstellung ein instruktives Bild der Einrichtungen in den einzelnen Ländern liefert.
New⸗York. Im Sadavaga⸗See bei Whitingham im Staat Maine giebt es eine schwimmende Insel. Die Insel hat einen Flächenraum von 150 Acres. Ihre Haupteigenthümlichkeit besteht darin, daß sie jeden Tag ihre Lage ändert. Liegt sie z. B. heute in der Nähe des nördlichen Seeufers, so befindet sie sich morgen auf der entgegengesetzten Seite des Sees. Uebermorgen nähert sie sich dann dem östlichen und am Tage darauf dem westlichen Ufer. Der Pflanzen⸗ wuchs auf der Insel ist ein sehr üppiger, es finden sich dort außer einem förmlichen Preißelbeerenwalde auch Bäume von 20—30 Fuß Höhe. .
New⸗York, 11. Juni. (A. C.) In San Diego, Cali⸗
fornien, wurden heute zwei leichte Erdist ö6 e verspürt. — Eine Räuber⸗ bande brachte gestern einen Eisen bahnzug zwischen Camden und
tages.
Reichs⸗
gmn 1ee
Iins Mlc, Inn
1ö““ 11““ “ Schlußbericht der gestrigen (18.) Sitzung des Reichs⸗ Fortsetzung der Zweiten Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, bekresfend die Gewerbegerichte. Nachdem §. 2 unverändert angenommen war, schreitet man zur Berathung des §. 3.
§. 3 regelt die Zuständigkeit der Gewerbegerichte.
Letztere sollen zuständig sein für Streitigkeiten über den An⸗
tritt, die Fortsetzung oder die Auflösung des Arbeitsverhält⸗
nisses, über Leistungen und Entschädigungsansprüche aus dem⸗ selben, über Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge und
ber Ansprüche, welche auf Grund der Uebernahme einer ge⸗ meinsamen Arbeit von Arbeitern desselben Arbeitgebers gegen einander erhoben werden. Auch ausbedungene Konventional⸗ strafen sollen der Entscheidung der Gewerbegerichte unterliegen.
8 Die Abgg. von Cuny und Meyer (Berlin) beantragen, dem
§. 3 folgenden Absatz hinzuzufügen:
„Streitigkeiten über eine Konventionalstrafe, welche für den Fall bedungen ist, daß der Arbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhält⸗ nisses ein solches bei anderen Arbeitgebern eingeht oder ein eigenes V. errichtet, gehören nicht zur Zuständigkeit der Gewerbe⸗ gerichte.
Abg. von Cuny: Die Konventionalstrafen, welche sich
auf den Konkurrenzkampf zwischen den Arbeitgebern unter
einander beziehen, unter dieses Gesetz zu subsumiren, würde mit der Idee des Gesetzes und auch mit Zweckmäßigkeits⸗ gründen im Widerspruch stehen. Konventionalstrafen dieser
Art werden erst wirksam nach Beendigung des Arbeitsverhält⸗
nisses. Es handelt sich dabei überhaupt um sehr feine und
schwierige „Rechtsfragen, deren Entscheidung volle Un⸗ parteilichkeit erfordert. Aus diesen Gründen gehören
sie nicht vor ein Gericht von J
1 1 Rtitk ire e Parlamentarische Nachrichten. “
Terxareana, Arkanfas, zum Enkgleifen und beraubte hieräuf den
Waggon der Expreß⸗Company. Die Räuber tödteten den Expreß⸗ boten und entwendeten alsdann aus dem Zuge Werthsachen im Be⸗ trage von 5000 bis 10 000 Dollars. behelligt. b
MNach Schluß der Redaktion eingegangene 1”“ Depeschen. 18
Madrid, 17. Juni. (W. T. B.) Der vom Gesund⸗ heitsrath über die Krankheitsfälle in Puebla de Rugat erstattete Bericht spricht sich zwar nicht Bestimmtheit für das Vorhandensein der Cholera aus, empfiehlt aber gleichwohl, Vorsichtsmaßregeln gegen die Verbreitung der Krankheit zu treffen. In Folge dessen wurde die bereits gemeldete Isolirung der infizirten Distrikte durch einen Truppen kordon von der Regierung an geordnet.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Landrath Haenel von Cronenthal (Großkölzig). — Frl. Anna Zelle mit Hrn. Gotthold Lessing (Berlin —Meseberg b. Gransee). — Beeck mit Hrn. Apotheker Max von Treuenfels (Berlin). — Frl. Martha Eschert mit Hrn.
Fritzsche. Der arme
Dirigent:
Schäfer mit Hrn. Friedrich Jaeniche (Alexisbad — Berlin). — Frl. Else Meinshausen mit Hrn.
Klose (Breslau —Alt⸗Jauernick bei Königszeit). — Frl. Käthe Milner mit Hrn. ajetan (Groß Lichterfelde — Bonn). — Frl. Lina
1199 119182189999
Eduard Speyer (München —Köln). Verehelicht: Hr. Oberst Loeser mit Frl. Eva Bollmann (Dresden) — Hr. Hugo Topp mit Frl. Alma Hille (Hamburg). — Hr. Bernhard Gradt mit Frl. Helene Kuntze (Berlin). —
vor und nach
i-at Gn dn nn Hr. Oskar E. A. Wießner mit Frl. Johanne
Margarethe Müller (New⸗York— Dresden). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Amtmann Leese⸗ mann (Haßlinghausen)). — Hrn. H. Schmidt Heyn (Elbing). Hrn. Revier⸗ förster G. Karna - Tochter: Hrn. Hauptmann Thelemann (Koblenz). — Hrn. Apothekenbesitzer R. Mattern (Stras⸗ burg in Westpr.) 8 Gestorben: Frau Adolfine Gräfin von Haeseler, geb. von dem Knesebeck (Berlin). — Hr. Dr. med. Friedrich Arndt (Stralsund). — Hr. Theodor Sander (Hannover). — Hr. Referendar Karl
— Zwillinge: 6
Mamsell Nitouche. Getffnet von 12 — 11 Uhr. wissenschaftlichen Theater.
zettel. [13804]
Musik von M. Hervé. Anfang des Concerts 6 ½,
E Fn E1“
Mittwoch: Zum 302. M.:
Neu eröffnet.
Richard Nathanson.
Wagner in München. Ballet von C. Severini. b 8
Mrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.
Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Täglich Vorstellung im Näheres die Anschlag⸗
National⸗Panorama. Herwarthstr. 4, Königsplatz.
Das alte Rom
mit d. Triumphzuge Kaiser Constantins i. J. 312 n. Chr. v. d. Kgl. Prof. J. Bühlmann u. Alex Täglich geöffnet v. Mor⸗ gens 9 Uhr bis zur Dunkelheit. Eintritt 1 ℳ
Taunus (Stralsund) — Frl. Anna Herter (Mag⸗ deburg). — Hr. Gießereibesitzer Karl Rößler (Berlin). — Frau Louise Braatz, geb. Stapelfeldt (Stettin). — Frau Auguste Gabel, geb. Zimmer⸗ mann (Berlin).
Redacteur: Dr. H. Klee. * Berlin:
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. 2
S—, nn. Sieben Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage),
und die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffent⸗ lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche vom 9. bis 14. Juni 1890.
Kaufmann Fried. Spitta (Brandenburg a. H.).
Die Passagiere wurden nicht
Frl. Sophie von Berge mit Hrn. Frl. Lonny 8
Georg Schmidt (Berlin— Steglitz). — Frl. Elise 8
Dr. Johannes
Wittig mit Hrn. Max Hofmann (Hilbersdorf — Niederlichtenau) — Frl. Bella Ellinger mit Hrn.
8 5
8 8
r. Paul Eckert mit Frl. Emma Schmidt (Potsdam).
8 8* 8
(Rostock). — Hrn. Schiffbau⸗Ingenieur Bruno ossentiner Hütte). — Eine
Frl. Olga von Arnauld mit Hrn. Theodor
Verlag der Exvedition (J. V.: Heidrich).
5 8
also nur Arbeiter. ganz kleine
8 die Hausindustriellen zwei
vor die berufenen “ Gerichte. Im Ge⸗ gensatz zu der großen Mehrheit der Streitobjekte, welche zur Kompetenz der Gewerbegerichte gehören, handelt es sich hierbei häufig um sehr hohe Summen, die in die Tausende gehen. Stellt man dafür die Zuständigkeit der Gewerbegerichte fest, so würde die Garantie, welche Kollegialgerichte geben, den Parteien entzogen sein. Ebenso würde das Rechtsmittel der Revision beim Reichsgericht nicht anzubringen sein, weil die Revision voraussetzt, daß das letzte Urtheil von einem Ober⸗ Landesgericht gefällt ist, während bei der Kompetenz der Gewerbegerichte das Landgericht die Berufungsinstanz bilden würde. Aus diesen Gründen empfehlen wir die Annahme unse res Antrages.
Bundeskommissar Geheimer Regierungs⸗Rath Hoffmann giebt anheim, den Antrag von Cuny anzunehmen, womit der bestehende Rechtszustand aufrecht erhalten bleibe. Nach der Judikatur des Reichsgerichts sollen Streitigkeiten dieser be⸗ sonderen Art zur Kompetenz der ordentlichen Gerichte gehören. Es handle sich auch nicht um Dinge, welche besonderer Be⸗ chleunigung bedürften. Da außerdem oft recht hohe Streit⸗ ummen in Betracht kämen, so sei es nicht zweckmäßig, den streitenden Parteien die Wohlthat mehrerer Instanzen zu be⸗ schränken.
5. 3 wird mit dem Antrag von Cuny angenommen.
ach §. 32 sollen zur Zuständigkeit der Gewerbegerichte auch gehören Streitigkeiten zwischen Gewerbetreibenden und solchen Personen, welche außerhalb der Arbeitsstätten für die ersteren mit Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind (Hausgewerbetreibende), aber nur, wenn sie die Rohsto e und Halbfabrikate geliefert erhalten; auch auf die Streitigkeiten Derjenigen, welche sich Rohstoffe und Halb⸗ selbst beschaffen, soll die Zuständigkeit durch Orts⸗
atut ausgedehnt werden können.
— beantragen, diese zuletzt bezeichneten Streitigkeiten auch unbe ingt der Zu⸗ ständigkeit der Gewerbegerichte zu unterstellen, während Eberty und Genossen beantragen, auf die Hausgewerbetreibenden überhaupt oder für gewisse Klassen derselben die Zuständigkeit des Gewerbegerichts auszudehnen durch das Statut oder durch Anordnung der Landes⸗Centralbehörde.
Abg. Schier: Die Hausgewerbetreibenden, welche selbst wieder Arbeiter beschäftigen, haben eigentlich zwei Seelen in ihrer Brust, je nachdem sie sich als Arbeitgeber oder als Arbeitnehmer fühlen, und es ist daher mit Recht die Frage dem Ortsstatut überlassen, ob sie als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber wahlberechtigt sind. Viele Hausindustrielle be⸗ schäftigen mitunter bis zu 5b Arbeiter und sind that⸗ sächlich selbst Großindustrielle oder mindestens Fabrikanten, und es ist mir nicht erfindlich, warum die Sozialdemokraten ihre menschliche Nächstenliebe auf diese Fabrikanten aus⸗ dehnen. Diese haben es auch nicht nöthig, die Wohl⸗ thaten dieses Ge etzes zu genießen. Es handelt sich bei ihren Streitigkeiten mit ihren Auftraggebern auch um andere Objekte, als sonst zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Bei der Unterstellung dieser Streitigkeiten unter die Gewerbegerichte wären auch nur zwei Instanzen, im ordentlichen Gerichts⸗ verfahren dagegen drei vorhanden. Die Kommissionsfassung ist auch korrekter als der Antrag Eberty, zumal in §. 1 be⸗ schlossen ist, daß die Aufsichtsbehörde nicht aus Zweckmäßigkeits⸗ gründen die Genehmigung eines Ortsstatuts versagen darf. Die Kommissionsfassung schlägt zwischen den beiden Anträgen den richtigen Mittelweg ein.
Abg. Dreesbach: Die Kommissionsfassung wird zu Schwierigkeiten Anlaß geben. Diese Hausindustriellen sind keine selbständigen Fabrikanten, weil sie für bestimmte Gewerbetreibende industrielle Produkte fertigstellen; sie sind Nach der Kommissionsfassung würden auch ausindustrielle von diesem Gesetz ausgeschlossen ntrag Eberty ist ebenfalls nicht genügend. Daß die He 1 Seelen in ihrer Brust haben, ist nicht richtig, und das Gesetz selbst überläßt ja dem Ortsstatut die Entscheidung der Frage, ob sie bei den Wahlen als Arbeitgeber oder Arbeit⸗ nehmer zu betrachten seien. Die Streitigkeiten zwischen ihnen und ihren Auftraggebern 288 rein gewerblicher Natur. Schließen wir sie also vom Gesetz aus, so gilt dasselbe nur 1“ 8 8*
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für einen Bruchtheil der Arbeiter. Daß wir unsere Fürsorge auch auf diese Fabrikanten, wie der Vorredner sagke, aus⸗ dehnen, ist kein Widerspruch; denn wir betrachten die Leute nicht als Fabrikanten, und ferner ist nirgends in einem so⸗ zialdemokratischen Programm der Satz aufgestellt, daß wir tugscaenc für Arbeiter sorgen wollen; wir streben auch nach einer Besserstellung der gesammten Bevölkerung.
⸗Abg. Eberty: Die Fassung des §. 3a durch die Kom⸗ mission, so sehr deren Bemühen, die Hausindustrie in das Gesetz hineinzuziehen, auch anzuerkennen ist giebt doch durch die Art der Definition zur Bemängelun Anlaß. Solche De⸗ finitionen haben zum Gegenstand die Festleguag von That⸗ sachen; das bewegliche Leben spottet aber jeder Festlegung und läßt sich nicht in eine derartige gesetzliche efinition einspannen. Deshalb wollen wir die Sache dem Statut oder den An⸗ ordnungen der Landes⸗Centralbehörde überlassen. Der Theorie von dem mangelnden guten Willen, oder dem mangelnden Verständniß der Gemeinden muß ich entgegentreten. Die Ge⸗ meinden haben ja auch das Interesse, soviel als möglich 1-1S.e. der Kompetenz der ordentlichen Gerichte zu über⸗ weisen.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann: Es liegt kein Interesse vor, die Hausindustrie schlechthin unter dasGesetzzu stellen, wenn das Gesetz nur die Möglichkeit giebt, daß jeder Zweig derselben durch das Ortsstatut unter das Gesetz gestellt werden kann. Man wird den Gemeinden vertrauen dürfen, daß sie das Rechte treffen, ob ein Zweig der Hausindustrie sich für das Gewerbegericht eignet oder nicht. Der Begriff des Hausgewerbes ist ein fließender, und im einzelnen Fall mag es zweifelhaft sein, ob eine bestimmte Art des Betriebes unter den Begriff „Haus⸗ industrie“ fällt oder nicht. Wenn nun die Hausindustrie im Allgemeinen unter das Gesetz fällt, so wird die Zuständigkeit des Gewerbegerichts im einzelnen dis. zweifelhaft bleiben, und dieselben Streitigkeiten wi 1 bald von den Gewerbegerichten entschieden werden, je nachdem diese oder jene angerufen werden und sich für zuständig er⸗ klären. Ich bitte Sie, den Antrag Eberty anzunehmen.
Abg. Porsch: Am sympathischsten ist mir der Antrag Auer. Wir wünschen auch, daß überall die Hausgewerbe⸗ treibenden in den Rahmen dieses Gesetzes fallen. Der Ein⸗ wand des Abg. Dreesbach aber, daß derch die Ortsstatuten Mißbrauch getrieben werden könne dadurch, daß unter Um⸗ ständen es in das Ermessen des Ortsstatuts gestellt sei, ob gewisse Streitigkeiten unter dieses Gesetz fallen oder nicht, ist unberechtigt, denn diejenigen Hausgewerbetreibenden, welche nach §. 3a ohne Weiteres zur Zuständigkeit der Gewerbe⸗
erichte gehören, können durch kein Ortsstatut von der Zu⸗ sändigken der Gewerbegerichte ausgeschlossen werden. 8
Abg. Miquel: Vom Standpunkt der Kürze empfiehlt sich nicht der Antrag Eberty, sondern der Antrag Auer. Der Antrag Eberty ist aber, sofern er nicht obligatorisch das Haus⸗ gewerbe den Gewerbegerichten unterstellen will, für uns unan⸗ nehmbar. Die Schwierigkeiten dieser ganzen Frage würden sich dadurch beseitigen lassen, wenn man von der Charak⸗ terifirung einer bestimmten Person als Hausgewerbetreibenden absähe und die Kompetenzbestimmung lediglich nach der objektiven Beschaffenheit des Streitgegenstandes normirte. Eine und dieselbe Person erscheint einem Dritten gegen⸗ über bald als Arbeiter, bald als Arbeitgeber. Wir haben Tausende von Schuhmachern, die als Meister ein⸗ getragen sind, die auch theilweise für Kunden arbeiten, auch dann und wann Gesellen haben, aber den Frößten Theil des Jahres für einen anderen größeren Arbeitgeber oder für einen
chuhfabrikanten arbeiten. Es würde sehr peinlich berühren, wenn durch Ortsstatut Personen, die sich selbst für Arbeitgeber halten, nun plötzlich für Arbeitnehmer erklärt würden. Anders wäre es, wenn sie nach der Beschaffenheit des Streitgegen⸗ standes einmal als Arbeitgeber und ein anderes Mal als Arbeitnehmer sich dem Gericht unterwerfen. Ich werde zunächst für den Kommissionsantrag stimmen und behalte mir vor, bis zur dritten Lesung einen formulirten Antrag ein⸗ zubringen.
Abg. von Cuny: Für uns Rheinländer wäre der Antrag Eberty ein wahres Unglück. Er ruinirt uns das, was bei uns seit langer Zeit in vortrefflicher Weise geregelt ist. In den Rheinlanden und im Elsaß erstreckt sich die uständigkeit der Gewerbegerichte auch auf das Hausgewerbe. Ich habe außer⸗ ordentlich bedauert, daß der Bundeskommissar nur auf die Ber⸗ liner Verhältnisse exemplifizirt hat und die wichtige Seiden⸗ und Sammetindustrie in der Gegend von Krefeld und die ebenso wichtige bergische Stahl⸗ und Eisenindustrie mit keinem Wort erwähnt hat. Unsere rheinischen Institutionen haben sich ganz vortrefflich bewährt, und ich hoffe, daß man in Zukunft auch auf den Rhein Rücksicht nehmen wird. Das Ortsstatut haben Sie uns durch den unglücklichen Beschluß zu §. 1 recht gründ⸗ lich verleidet; Sie haben uns den Weg, ein unzweckmäßiges Ortsstatut von Aufsichtswegen zu beseitigen, abgeschnitten. Ich bitte Sie, den Kompromißantrag der Kommission anzu⸗ nehmen.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath: Lohmann: Ich be⸗ dauere sehr, den Unwillen des geehrten Vorredners dadurch erregt zu haben, daß ich die Rheinprovinz bei dieser Gelegen⸗ heit nicht erwähnt habe. habe übrigens den Antrag Eberty um deswillen empfohlen, weil er nicht bloß die Berliner, Nürnberger und die rheinischen Verhältnisse berück⸗ sichtigte, sondern die des ganzen Reichs. Die Fassung der Kommifsion dagegen berücksichtigt nur die Verhältnisse der Rheinprovinz. Durch den Antrag Eberty würden die Gewerbegerichte am Rhein nicht ruinirt werden. glaube vielmehr, daß sie, wenn sie nach diesem Gesetze um⸗ gewandelt werden, in ihren Organen Weisheit genug besitzen werden, um das Hausgewerbe wiederum unter die Gewerbe⸗ gerichte zu stellen. 1 “
Abg. Eberty: Ich habe an Berlin bei Einbringung des Abänderungsantrages gar nicht gedacht. Ich möchte ein für alle Mal feststellen, daß der zufällige Umstand, daß ich die Ehre habe, der Stadt Berlin und ihrer Verwaltung zuzu⸗ ehören, gar nichts daran ändert, daß ich Abgeordneter des
reises Waldenburg in Schlesien und Vertreter der ganzen
Nati n bin wie jeder andere Abgeordnete. Die De⸗
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finition der Kommission mag für die rheinische oder sonstige Industrie passen, für die anderen Gegenden paßt sie nicht. Ich bin auf meinen Antrag gekommen durch eine Denkschrift der Handelskammer in Sonnenberg, welche sich vergeblich bemüht, eine Präzisirung dessen, was Haus⸗ industrie ist, zu finden. Wenn man das nicht zu präzisiren vermag, so ist es besser, es dem Ortsstatut zu überlassen, welches jeder Zeit abgeändert werden kann. Die Lokalver⸗ waltung wird mindestens ebenso gut ihre Schuldigkeit thun, wie die obere Verwaltungsbehörde und weiß in diesen lokalen Fragen noch besser Bescheid. Ich bin begierig, wie der Abg. Miquel seinen Antrag formuliren wird. Bis auf Weiteres bitte ich, meinen Antrag, der das geringere Uebel ist, an⸗ zunehmen. —
Die Anträge Auer und Eberty werden abgelehnt und §. 3 a nach dem Kommissionsantrag angenommen.
Nach 8 4 kann die sachliche Zuständigkeit der Gewerbe⸗ gerichte auf bestimmte Arten von Gewerbe⸗ oder Fabrikbetrieben und die örtliche auf bestimmte Theile des Gemeindebezirks be⸗ schränkt werden. Im letzteren Falle sollen die betheiligten Ortsbehörden zuvor gehört werden.
Abg. Freiherr von Pfetten beantragt, dafür zu setzen: „Die betheiligten Ortsbehörden sind zuvor zu hören“ und be⸗ gründet diesen Antrag damit, daß den Ortsbehörden ein Recht gegeben werden müsse, gehört zu werden.
Nachdem der Geheime Regierungs⸗Rath Hoffmann für die Ablehnung dieses Antrags eingetreten ist, der materiell keine Aenderung und redaktionell keine Verbesserung enthalte, wird §. 4 mit dem Antrag von Pfetten ange⸗ nommen.
Die §§. 5 und 6 werden ohne Debatte angenommen.
§. 7bestimmt, daß das Gewerbegericht aus einem Vor⸗ sitzenden, mindestens einem Stellvertreter desselben und min⸗
destens vier Beisitzern bestehen soll.
Die Abgg. Auer und Genossen beantragen, acht Beisitzer festzusetzen.
Abg. Heine begründet diesen Antrag damit, daß der Möglichkeit vorgebeugt werden müßte, daß mehrere oder alle Beisitzer am Erscheinen verhindert seien.
Ohne weitere Debatte wird der Antrag Auer abgelehnt, der §. 7 unverändert angenommen.
.„8 besagt, daß Mitglied eines Gewerbegerichts werden darf, wer das 30. Lebensjahr vollendet hat, im Jahre vorher keine Armenunterstützung empfangen oder eine empfangene zurückerstattet hat, und seit mindestens zwei Jahren im Bezirk des Gerichts wohnt oder beschäftigt ist. Von dem Recht der Wahl zum Mitgliede eines Gewerbegerichts soll ausgeschlossen sein, wer nicht Schöffe werden darf.
Abgg. Auer und Genossen beantragen, die Altersgrenze auf das 25. Lebensjahr festzusetzen und die Worte bezüglich der Armenunterstützung zu streichen.
Abg. Eberty beantragt gleichfalls das 25. Lebensjahr als Altersgrenze.
Abg. Eberty: Mein Antrag hat eine Erweiterung der
mindestens
Zahl der Personen zur Folge, die zu Mitgliedern des Schieds⸗ gerichts berufen werden können. Mit diesem Antrage befinden wir uns auf dem Boden der thatsächlichen Verhältnisse; denn die bereits durch Ortsstatut errichteten Gewerbegerichte in Hamburg, Leipzig, Frankfurt a. M. und anderen Orten haben bereits die Feeerigser des 25. Jahres eingeführt, was sich ohne jeden Nachtheil fwährt hat. Die Bestimmung des Entwurfs bedeutet einen Rückschritt, und die Arbeiter, von deren Vertrauen doch das Gesetz getragen werden soll, würden dieselbe als eine Verschlechterung des jetzigen Zu⸗ standes ansehen müssen. Der Hinweis auf die Altersgrenze von 30 Jahren für die Schöffen ist nicht maßgebend, denn die Schöffen haben viel weitergehende Befugnisse und größere moralische Verantwortung.
Abg. Dreesbach: Wo bisher die Wählbarkeit unter 25 Jahren zugelassen ist, haben die Schiedsgerichte keine Ursache zur Klage gegeben. In Frankfurt sind die betheiligten Kreise sehr zufrieden. Wenn man die größere Lebenserfahrung für das 30. Lebensjahr geltend macht, so könnte man mit demselben Rechte auch das 40. Lebensjahr als Altersgrenze fest⸗ setzen. Gar zu junge Leute wird man übrigens nicht nehmen. Man muß den Arbeitern das Vertrauen entgegenbringen, daß sie wissen, was sie zu thun haben. Wenn man alle tüchtigen Leute unter 30 Jahre ausschließt, so wird es umso schwerer werden, die geeigneten Personen für die Schiedsgerichte zu finden. Bei den Kriegsgerichten wird jeder Lieutenant, der nur 19 — 20 Jahre alt ist, als Richter nicht bloß in Streitig⸗ keiten über ein paar Mark, sondern als Richter über Leben und Tod zugelassen. Die Forderung eines zweijährigen Aufenthalts am Ort beschränkt ebenfalls den Kreis der zu dem Amt Be⸗ fähigten; 50 Proz. aller Arbeiter wohnen nicht 2 Jahre an demselben Orte, und zwar nicht aus Lust am Wandern, sondern weil die geschäftlichen Verhältnisse sie dazu zwingen. Ein “ von einem Jahre genügt vollständig, um die Kenntniß der gewerblichen Verhältnisse am Ort zu erlangen. Die Armenunterstützung wünschen wir deshalb herausgelassen, weil in der Bestimmung, welche auf die Wählbarkeit zum Schöffen Bezug nimmt, dieselbe bereits mitenthalten ist.
Abg. Porsch: Daß die Bestimmungen dieses Para⸗ graphen nicht von Mißtrauen gegen die arbeitende Bevölkerung diktirt sind, geht schon daraus eer daß auch die Arbeit⸗ geber davon nicht ausgeschlossen sind. An die Befähigung der Beisitzer, welche durch direkte und geheime Wahl gewählt werden, werden besondere Anforderungen nicht gestellt. Sie funktioniren außerdem in Streitigkeiten über Beträge bis zu 100 ℳ als Instanz, gegen die es keine Berufung giebt; es muß also durch das Alter eine gewisse Garantie für die Qua⸗ lifikation geschaffen werden. Die Ziffer von 30 Jahren ist nicht willkürlich herausgegriffen. Für die Zulassung zum Schöffen, zum Handelsrichter, zur BE“ in kirchlichen Verwaltungsorganen wird dasselbe Alter verlangt. Daß in einigen Ortsstatuten gegenwärtig ein geringeres Alter gefordert wird, kann nicht ausschla gebend sein, um dasselbe für das ganze Reich zu generalisiren. Wir müssen vorsichtig sein,
wenn wir wollen, daß die Schiedsgerichte in der nöthigen Achtung stehen. ““ 11“