Reichstage bekannten Antrag auf Einführung des gesetzlichen elfstündigen Maximalarbeitstages wieder ein. Die Beschluß⸗ fassung wurde auf heute vertagt.
— Im 5. Potsdamer Reichstagswahlkreise (Ober⸗ barnim) ist bei der stattgefundenen Stichwahl der Oberlehrer Dr. Althaus (freisinnig) mit 7448 Stimmen zum Mitgliede des Reichstages gewählt worden; Landrath von Bethmann⸗ Hollweg (kons.) hat 6236 Stimmen erhalten.
Veröffentlichaagen des Kaiserlichen Gesundhei amts. Nr. 23. — Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten der Berichtswoche. — Cholera auf Java. — Oeffentliches Ge⸗ heitswesen in der Provinz Schleswig⸗Holstein 1886/88 — Sterbe⸗ fälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Land⸗ bezirken. — Sterblichkeit in deutschen Orten ꝛc. 1889, 4. Viertel⸗ jahr. — Desgl. in größeren Verwaltungsgebieten des In⸗ und Aus⸗ landes. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volks⸗ krankheiten. — Thierseuchen in Italien, 29. Dezember — 30. März. — Schweinediphtherie in Dänemark. — Veterinär⸗polizeiliche Maß⸗ regeln. — Medizinal⸗Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich) Hühner⸗ cholera. — (Preußen.) Trinkwasserbeschaffung in den Kasernen ꝛc. — (Italien.) Gesundheitspflege ꝛc. Ausführungsbestimmungen. — (Spanien.) Sanitätsdienst in den Kustenorten. (Schluß.) — Recht⸗ sprechung. Butterverfälschungen. (Schluß.) — Kongresse, Verhand⸗ lungen gesetzgebender Körperschaften, Vereine u. s. w. (Brastlien, Argentinien, Uruguay.) Sanitäts⸗Regulativ. Entwurf der Ausführungs⸗ bestimmungen. „
Centralblatt der Bauverwaltung. Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Nr. 24. — Inhalt: Amtliches: Allerhöchster Erlaß vom 3. Mai 1890. — Cir⸗ kular⸗Erlaß vom 31. Mai 1890, betreffend die Stellung der bisherigen technischen Hülfsarbeiter bei den Königlichen Regierungen. — Personal⸗ Nachrichten. — Nichtamtliches: Hülfsmittel für die Annahme und Abfertigung der Züge auf dem Haupt⸗Personenbahnhofe in Frankfurt a. M. (Schluß). — Vom Panama⸗Kanal. — Kaiser Wilhelm⸗Denk⸗ mal für die Rheinprovinz. (Fortsetzung). — Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm 1. in Berlin. — Vermischtes: Stellung der bis⸗ herigen technischen Hülfsarbeiter bei den Königlichen Regierungen. — Preisbewerbung für ein Kaiser Wilhelm⸗Denkmal in Köln. — Feier der Vollendung des Hauptthurmes vom Ulmer Münster. — Inter⸗ nationale Elektrische Ausstellung in Frankfurt a. M. 1891. — Bild⸗ hauerbewerbung für das Kriegerdenkmal in Indianopolis. — Erste italienische Ausstellung für Architektur. — Verschub⸗Bahnhof in Chi⸗ cago. — Bücherschau.
“ Kunst und Wissenschaft.
In der gestrigen Mittheilung über die Beobachtung der Sonnen⸗ finsterniß auf der Königlichen Sternwarte muß es zum Schluß heißen: 8 1 ⸗. „Dieses Ergebniß, welches mit ähnlichen Ermittelungen aus den letzten Jahren ungefähr übereinstimmt, liefert einen Beitrag zu der allmählichen weiteren Verbesserung der Grundlagen dieser Voraus⸗
1 1“ 8
berechnungen.“ 1
1 Berliner Theater. Christine Hebbel wird am Sonnabend als zweite Debut
Desdemona spielen. Wallner⸗Theater. 8 Frl. Therese Biedermann, welche gleich bei ihrem ersten Auftreten in „Mamsell Nitouche“ einen glänzenden Erfolg erzielte, ist vom Wallner⸗Theater für eine Reihe von Jahren gewonnen und
fest engagirt worden. Kroll's Theater.
Bei der Wiederaufnahme von Weber’s „Sylvana“ am Freitag darf das Publikum die trefflichen Vertreterinnen der weiblichen Haupt⸗ rollen vom vorigen Jahre, Ernestine Heink (Dryada) und Marie Hadinger (Sylvana) auch in dieser Saison begrüßen. Hr. Riechmann singt den Ratto, welchen früher Hr. Dr. Basch sang,
den Rheingrafen Hr. Marx, den Gerold Hr. Cronberger den Abt Hr. Lurgenstein. — Die vorletzte Gastrolle der Fr. Mareella Sembrich, welche auf Sonnabend angesetzt ist, wird „Lucia von Lammermoor“ sein. In dem diesmaligen Gastspieleyelus der Sängerin, der hinsichtlich des Andrangs von Seiten des Publikums selbst die berühmten Patti⸗Abende hinter sich läßt, hat Fr. Sembrich die Partie noch nicht gesungen. Mannigfaltiges. Die Kaiser Wilhelm⸗Brücke, deren südliches Trottoir in Folge der vor einigen Monaten stattgefundenen Gasexplosion durch einen Bretterverschlag abgesperrt war, ist nunmehr, wie die „N. A. Ztg.“ mittheilt, wieder in ihrer vollen Breite dem Verkehr 8eg da die seiner Zeit zerstörten Granitplatten durch neue er⸗ setzt sind.
Vier Jahrzehnte sind, wie die „Voss Ztg.“ schreibt, heute ver⸗ gangen, seit in Gegenwart des Königs Friedrich Wilhelm IV. die Grundsteinlegung zu dem National⸗Krieger⸗Denkmal im Invalidenpark vollzogen wurde, welches dem Andenken der in den Kämpfen 1848 und 1849 gefallenen preußischen Soldaten ge⸗ widmet ist. Die Ausführung des etwa 38 m hohen Monuments erfolgte nach Brunckow's Entwurf unter Stüler's und Soller's Leitung in den Jahren 1851 — 1854. Die Kosten beliefen sich auf 52 000 Thaler und wurden auf Anregung des „Unterstützungs⸗ Comités von Berg und Mark“ durch freiwillige Beiträge in Preußen aufgebracht. Auf dem Kapitäl der Denksäule erhebt sich ein 2 m hoher Adler, der seine Schwingen 7 ½ m weit ausbreitet. Die aus Eisen in korinthischem Stile hergestellte Säule ist aus drei⸗ mal zwölf Theilen zu ammengesetzt und hat ein Gewicht von 1400 Centnern. In der nächsten Umgebung des Denkmals befinden sich die mit Epheu bewachsenen Grabhügel von achtzehn am 18. und 19. März 1848 zu Berlin gefallenen Soldaten. Das Ganze wird an der Vorderseite durch ein Eisengitter, an den übrigen Seiten durch eine mit militärischen Abzeichen verzierte Sandsteinmauer abgeschlossen, an welcher 38 Marmortafeln mit den Namen sämmtlicher s. Z. ge⸗ fallener preußischer Krieger (etwa 500) befestigt sind.
Ueber einen Zusammenstoß zweier Ringbahnzüge geht der „N. A. Ztg.“ folgende Meldung zu: Am 16. Tuni Nachmittags 3 Uhr, fuhren auf Bahnhof Westend bei gleichzeitiger Abfahrt der nach Charlottenburg ausfahrende Südringzug und der nach Grune⸗ wald ausfahrende verspätete Anschluß Personenzug in Folge Schad⸗ haftigkeit einer Weiche zusammen. Hierbei entgleisten die beiden Zugmaschinen und fünf Wagen. Von den Passagieren ist Niemand, von dem Bahnpersonal sind ein Lokomotivführer und die beiden Heizer leicht verletzt. Die entgleisten Maschinen und Wagen sind unerheblich beschädigt. Der Betrieb auf der Stadt⸗ und Ringbahn wurde, mit Aubnahme zwischen Westend und Char⸗ lottenburg, auf allen Linien aufrecht erhalten. Die Aufgleisung der entgleisten Fahrzeuge und die Instandsetzung der beschädigten Geleise wurde in der Nacht so zeitig beendet, daß der gegen 5 Uhr beginnende Betrieb wieder in vollem Umfange aufgenommen werden konnte.
Der Kaufmann Mertens aus Berlin verunglückte, wie das „Dtsch. Tagebl.“ mittheilt, am 16. Juni auf Capri durch einen Sturz von einer Terrasse des Villenkomplexes des Hotels Pagano. Mertens war sofort todt.
lato w, 15. Juni. (Danz. Allg. Ztg.) Heute fand hier beim schönsten Wetter die feierliche Enthüllung des neuerrichteten Kaiser Wilhelm⸗Denkmals statt. Die Stadt hatte ein prächtiges Festkleid angelegt, fast jedes Haus war mit Fahnen und Guirlanden reichlich geschmückt.
Hirschberg i. Schl., 17. Juni. Wie dem „Boten aus dem Riesengebirge“ von der Schneekoppe geschrieben wird, war dort das Unwetter am letzten Sonnabend ein ganz außergewöhnliches. Im Laufe des Nachmittags goß der Regen in Strömen, sodaß die Bezeichnung „wolkenbruchartig“ ihre volle Berechtigung hatte. Der Zickzackweg glich einem vielgewundenen Bächlein, und die verschiedenen Pfade, die von der Riesenbaude nach allen Richtungen des Hochplateaus führen, waren wasservoll. Die wenigen Gäste, welche am Vormittag auf der Koppe Einkehr gehalten hatten und denselben Tag sich noch weitere Ziele gesteckt hatten, mußten zur Nacht dort verbleiben. Nur ein junger Mann aus Breslau vollführte unter Zuhülfe⸗ nahme eines Führers den Abstieg übers Gehänge. Das Wagniß war kein leichtes, denn der orkanartige Sturm drohte die Passanten in den Biegungen am Koppenkegel hinab nach dem Riesen⸗
grunde zu schleudern. Daher mußte der Führer den Touristen fest am Arme fassen und die ganze physische Kraft auf dem gefahr⸗ vollen Abstiege zur Anwendung bringen. Der meteorologische Beobachter auf der Koppe, Wächter Kirchschläger, hat von Sonnabend früh bis zum Sonntag früh 83,1 mm in seinem Regenmesser vor⸗ gefunden, eine Menge, die den wolkenbruchartigen Niedergang des Regens bestätigt. In den Vorbergen diesseits der Koppe, die 1000 m tiefer liegen, sind in dem gleichen Zeitraume nur 53,7 mm von den Regenstationen gemessen worden. b ; Am 15. Juni, dem Sterbetage des Kaisers Friedrich, ist hier, wie der „Mgd. Ztg.“ geschrieben wird, ein sechs Meter hohes, aus Sandstein hergestelltes Zwei⸗Kaiser⸗Denkmal feierlichst ent⸗ hüllt worden. Unter den wohlgetroffenen Brustbildern der beiden verstorbenen Kaiser liest man die bekannten Worte: „Ich habe nicht Zeit, müde zu sein“, und: „Lerne leiden ohne zu klagen!“ Auf einer blauen Marmortafel steht die Widmung: „In dankbarer Treue ge⸗ widmet ihren beiden unvergeßlichen Kaisern Wilhelm I. und Fried⸗ rich III von dem Militärverein Petersdorf unter Bethätigung der ganzen Gemeinde.“
Frankfurt a. M., 18. Juni. (W. T. B.) Das hiesige Zweig⸗Comité zur Errichtung eines National⸗Denkmals für den Fürsten Bismarck in der Reichshauptstadt hat dem Haupt⸗Comité in Berlin durch den Schatzmeister Otto von Neufville als erste Rate 15 000 ℳ überwiesen.
Koblenz, 12. Juni. (Düss. Anz.) Gestern, am Gedenktage der goldenen Hochzeit weiland Kaiser Wilhelm's I. und der Kaiserin Augusta, wurden die Zinsen der Koblenzer Wil⸗ helm⸗ und Augusta⸗Brautstiftung im Betrage von 500 ℳ einer würdigen armen Braut verliehen, und zwar der im Waisenhaus zu St. Barbara erzogenen Maria Weber.
Trier, 16. Juni. Gestern Abend gegen 10 Uhr wurde hier ein leichter Erdstoß verspürt. Deutlich wahrgenommen hat man ihn, wie die „Tr. Ztg.“ schreibt, nur in den höheren Stockwerken der Häuser. Die Bewohner solcher Stockwerke spürten eine starke Erschütterung und ein eigenthümliches Gepolter, welches die Ver⸗ muthung wachrief, daß irgendwo im Hause die Decke oder eine Wand eingestürzt sei. Besorgte Hausväter durchsuchten ihre Wohnung, ohne jedoch irgend etwas Auffälliges zu finden. Die meisten Personen, die im Freien sich befanden, glaubten plötzlich von einem Schwindel be⸗ fallen zu sein. Jahrhundert in Trier verspürt wurde. ]
Auch aus Schweich a. d. Mosel meldet die „Köln. Ztg.“ eine gleichzeitige Erschütterung welche aus zwei Erdstößen bestand und von Südost nach Nordwest zu verlaufen schien.
München. Der in der gestrigen Nummer des „R.⸗ u. St⸗A.“ veröffentlicte Aufruf für das Bismarck⸗Denkmal am Starnberger See ist, wie die „Allg. Ztg.“ nachträglich bemerkt, von gegen 1000 Personen unterzeichnet. Darunter sämmtliche König⸗ liche Staats⸗Minister, der vortragende General⸗Adjutant Sr. König⸗ lichen Hoheit des Prinz⸗Regenten, General von Freyschlag, viele höhere Militärs, die Chefs höchster Staatsbehörden, eine große An⸗ zahl von Universitäts⸗Professoren, Künstler, hervorragende Mit⸗ glieder des Handelsstandes, sowie viele Personen aller Berufsstände.
Darmstadt, 16. Juni. (Darmst. Ztg.) Die Einweihung des Aussichtsthurmes auf der Tromm ging gestern unter zahl⸗ reicher Betheiligung vor sich. Ober⸗Bürgermeister Ohly hielt die begeistert aufgenommene Festrede. Der Thurm erhielt nach der Prinzessin Irene den Namen „Irene⸗Thurm“.
St. Petersburg, 18. Juni. (W. T. B.) Amtliche Berichte erklären die Zeitungsmeldung von Cholerine⸗Erkrankungen, welche in Taschkent vorgekommen sein sollen, für unbegründet.
Lüttich, 16. Juni. Im Juli vorigen Jahres trat eine Ver⸗ ordnung in Kraft, wonach für jede auf belgischem Gebiet erlegte Fischotter eine Prämie von 10 Franken ausgesetzt wurde. Bis zum 10 Juni wurden für solche Prämien 3680 Franken verausgabt. Die Zeitschrift „Chasse et Péche“ berechnet den Verlust, der durch die Vernichtung dieser 368 Fischottern der belgischen Fischerei inner⸗ halb zwei Jahren erspart bleibt, auf annäͤhernd 1 Million Franken. Die meisten der erlegten Ottern wurden in Tellereisen gefangen oder mit der Büchse geschossen.
Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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zwischen Hamburg, Chemnitz und Neufahrwasser fanden Gewitter slatt.
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ünster. 760 SW 6 wolkenlos Karlsruhe.. 764 SW 4 bedeckt Wiesbaden. 763 W 3 wolkig München. 764 NW 5 Regen Chemnitz. 760 NW 2 bedeckts) Berlin. 757 WNW 4 bedeck¹) weeee still bedeckt Breslau 756 SSW 4 Regen
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Nia 764 ONO 2 heiter Hut. Triesft 763 OSO lI bedeckt Freitag: Probepfeil. Baruay)
Sonnabend:
3 bedeck haus.
Freitag: Seeräuber.
Paul Taglioni. von P. Hertel.
Barnhelm, Uhr.
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I. Theil. Freitag: Sonnabend:
¹) Gestern Nm. Gewitter. ²) Abends Gewitter. 3) Nachts starker Regen. ⁴¹) 5 und 11 Uhr Abends Ge⸗ witter. 1
Uebersicht der Witterung. über Süd⸗Schweden, ein Maximum von etwa Wien. Zum 770 mm über Südwest⸗Europa. Bei schwacher bis frischer südwestlicher und westlicher Luftbewegung ist das Wetter in Central⸗Europa kühl, trübe und regnerisch. In Deutschland ist allenthalben Regen gefallen, in Keitum 29 mm; auf dem Gebiete
Theater⸗Anzeigen.
Vönigliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ 148. Vorstellung. auf der Wartburg. romantische Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Dirigent: Kapellmeister Kahl
Schauspielhaus. 153. Vorstellung. Die Quitzow's. Vaterländisches Drama in 4 von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr. Opernhaus.
Große Ballet in 3 Abtheilungen, nach dem Gedicht des Lord Byron „The Corsair“, von
Schauspielhaus. 154. Vorstellung. M oder: Das Soldatenglück. 1b in 5 Aufzügen von G. E. Lessing. Anfang
Deutsches Theater.
Fanst’s Tod. 1. Der Unterstaatssekretär. Sonntag: Der Richter von Zalamea. reitag: Silvana. —V b Feteca g Vorletztes Gastspiel von Fr. Mar⸗ cella Sembrich. Lucia von Lammermoor. Täglich: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be⸗
Verliner Theater. Donnerstag: Mein neuer Doctor Wespe. (Friedr. Mitterwurzer.) 39. Abonnements⸗Vorstellung. Der
(Friedr.
Wallner-Theater. Donnerstag: 13. Gastspiel von Ein barometrisches Minimum unter 750 mm liegt Therese Theater an der Wien in 3. Male: Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac und A. Millaud. Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung: Großes Garten⸗Concert. der Vorstellung 7 ½ Uhr.
Stauley in Afrika.
Musik von C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr.
Tannhäuser und der Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Große Anfang 7 Uhr.
ufzügen von Ernst Direktion:
Zum 153
Concert-Park.
149. Vorstellung. Der Donnerstag:
und Julius Bauer.
Musik von Gährich, mit Einlagen
Anfang 7 ½ Uhr. 1 Minna von Lust Concert.
mental⸗Künstler. Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Fanst,
Militär⸗Concert. Donnerstag:
Kroll’'s Theater. (Orpheus: Fr. Ernestine Heink)
leuchtung des Sommergartens: Mitterwurzer. — Ludwig
8
Othello. — Anfang 7 ½ Uhr.
Seg Velle-Alliance-Theater. Donnerstag: Zum
110. Male: Der Nauntilus.
Militär⸗Doppel⸗Concert. Spezialitäten. Garten⸗Etablissements. der Vorstellung 7 ½ Uhr. Freitag:
Mamsell Nitouche. Musik von M. Hervé.
Anfang des Concerts 6 ½⅛,
Freitag u. folgende Tage: Gastspiel von Therese Biedermann. Mamsell Nitonche.
Victoria-Theater. Donnerstag: Zum 303. M.: Zeitgemälde in 10 Bildern
von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson. Ballet von C. Severinit.
Irss
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater und Julius Male: Jonathan. Operette in 3 Akten von Musik von Carl Millböcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Hr. Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Uhr. Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Doppel⸗ Auftreten erster Gesangs⸗ und Instru⸗
Sonnabend: Großes Rosenfest. Huldigungs⸗Chor. Vertheilung von 1000 Stück Rosen.
Donnerstag:
Anfang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr.
Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Auftreten Brillante Illumination des ganzen Anfang des Concerts 6 Uhr,
Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12 — 11 Uhr. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel. rexEEErxrSEExIxx.axEmemem
Familien⸗Nachrichten.
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Verlobt: Frl. Elise Hintze mit Hrn. Paul Horn (Brandenburg a. H. — Hamburg). — Frl.
v11““ Alice Gottlieb mit Hrn. Max Löbl (Wien —
11“ Berlin). — Frl. Adele Droßmann mit Hrn. Willy Jössel (Talsen, Kurland — Moskau) — Frl. Marie Knull mit Hrn. Fritz Jürdens (Kiel). — Frl. Anny Winter mit Hrn. Alfred Sichel (Hamburg). — Frl. Katharina Tesdorpf mit Hrn. Karl Weltner (Lübeck — Norgehnen, Gr. Raum). — Frl. Marie Angermann mit Hrn. Kaufmann Robert Michaelis (Berlin). 1b
Verehelicht: Hr. Gg. Riedesel
Fritzsche. Der arme ugo Wittmann
Dirigent: Freiherr zu
(Berlin). — Hr. Karl Klostermann mit Frl. Klara Schaper (Leipzig -Hannover). — Hr. Eduard Hogrefe mit Frl. Meta Quedenfeldt (Semgallen — Königsberg). — Hr. Richard Held mit Frl. Johanna Dietrich (Leipzig). 8
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Karl v. Fürich (Berlin). — Hrn. Gustav Heiter (Berlin). — Hrn. Fritz Engelhardt (Charlottenburg). — Hrn. Ernst Pressprich (Leisnig i. S). — Hrn. Admira⸗ litätsrath Koldewey (Hamburg). — Eine Tochter: Hrn. Ernst Baentsch (Quedlinburg). — Hrn. C. Bove (Wandsbeck). — Hrn. Fritz Paersch (Berlin).
Gestorben: Hr. Amtsrath Karl Ortmann (Schependorf bei Bützow). — Hr. Oberpfarrer Joh. Heinr Becker (Lessenich)h. — Hr. Dr. Her⸗ mann Reinhard (Elbing). — Hr. Rentier Wil⸗ helm Moewes (Berlin). — Hr. Wilhelm Sydow .2 — Hr. Architekt Julius Wedel (Brooklyn, New⸗York).
Redacteur: Dr. H. Klee.
3 Musik⸗Corps.
Orpheus.
Großes Concert.
Sresi-
Berlin: Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
18 Fünf Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage).
sämmtlicher
. entbunden.
Es ist dies das fünfte Erdbeben, welches im laufenden Oberst⸗Lt.
Patent seiner Charge der Charakter als Oberst verliehen.
Landw. Bezirks
Eisenach⸗Altenburg mit Frl. Hedwig von Wentzel
Deutschen Reichs⸗Anz „ — e
Erste Beilage
Berlin, Mittwoch, den 18. Juni
eiger und Königlich Preußischen Staats⸗
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Armee. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Fetl. Neues Palais, 9. Juni. Eisen⸗ mann, Oberst⸗Lt. à la suite des Königl. Württemberg. Fuß⸗Art. Bats. Nr. 13, unter Enthebung von dem Verhältniß als erster Art. Offizier vom Platz in Mainz, von seinem Kommando nach Preußen
Neues Palais, 13. Juni. Meyer, Gen. Lt. und Präses
des Ing. Comitées, von dem Verhältniß als Mitglied der Studien⸗ kommission der Kriegs⸗Akademie entbunden.
Steinhausen, Gen. Major und Abtheilungs⸗Chef im Neben⸗Etat des Großen General⸗
stabes, zum Mitgliede der Studienkommission der Kriegs⸗Akademie
ernannt. Krokisius, Oberst und Abtheilungs⸗Chef im Kriegs⸗
Ministerium, bis auf Weiteres zur Dienstleistung bei dem Inf. Regt. Nr. 98 kommandirt.
v. Zansen gen. v. d. Osten, Sec. Lt. vom mit Ablauf seines Kommandos bei
2. Pomm. Ulan. Regt. Nr. 9, 5 8 ab auf ein Jahr zur
dem Auswärtigen Amt, vom 1. Juli d. J. Gesandtschaft in Bukarest kommandirt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 13. Juni. v. Niebelschütz, Rittm. a. D., zuletzt à la suite des Thüring. Hus. Regts. Nr. 12, mit seiner Pension und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des genannten Regts., zur Disp. gestellt.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 3. Juni. Frhr. v. Gültlingen, und Commandeur des Trains⸗Bats. Nr. 13, mit einem
10. Juni. v. Pfister, Oberst⸗Lt. und Commandeur des Inf.
Regts. König Wilhelm Nr. 124, v. Schmidt, Oberst⸗Lt. und etatsmäß. Stabsoffizier in demselben Regt., dieser unter Verleihung des Ranges als Regts. Commandeur, Graf v. Scheler, Oberst⸗Lt. und Flügel⸗Adjutant, zu Obersten, mit Patent vom 23. Mai 1890
befördert. Frhr. v. Stetten, Oberst⸗Lt. z. D. und Commandeur des Landw. Bezirks Heilbronn, der Charakter als Oberst, v. Schott,
Frhr. v. Watter, Oberst⸗Lts. und Flügel⸗Adjutanten, der Rang als Regts. Commandeure, verliehen.
Im Beurlaubtenstande. 9. Juni. Ruschke, Pr. Lt. von der Res. des Inf. Regts. König Wilhelm Nr. 124, Frhr. v. Gaisberg⸗Schöckingen, Pr. Lt. von der Inf. 1. Aufgebots des eonberg, Schmidt, Pr. Lt. von der Inf. 2. Auf⸗ gebots des Landw. Bezirks Heilbronn, Kübel, Pr. Lt. von der Inf. 8 1 üe des Landw. Bezirks Stuttgart, zu Hauptleuten be⸗ ördert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 9. Juni. Eisenmann, Oberst⸗Lt. à la snite des Fuß⸗Art. Bats. Nr. 13, unter Enthebung von seinem Kommando nach Preußen, mit Pension und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform, Caspart, Sec. Lt. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich König von Preußen Nr. 125, behufs Auswanderung, der Abschied bewilligt.
10. Juni. v. Imle, Oberst⸗Lt. z D., zuletzt etatsmäß. Stabs⸗ offizier im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, der Charakter alt Oberst verliehen.
Im Beurlaubtenstande. 9. Juni. Hummel, Seec. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Reutlingen, der Abschied bewilligt.
Im Sanitätscorps. 9. Juni. Dr. Süskind, Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Ludwigsburg, der Ab⸗ schied bewilligt.
Parlamentarische Nachrichten.
Schlußbericht der gestrigen (19.) Sitzung des Reichs⸗ tages. Fortsetzung der Zweiten Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, Vesresens die Gewerbegerichte, bei §. 8.
Nach den Abgg. Osann, Meyer, von Cuny, Rintelen ergreift das Wort
Abg. Rickert: Das Gesetz scheint in einem gewissen Zorn gegen die Sozialdemokratie gemacht zu sein. Wenn es wirklich wahr wäre, daß die Sozialdemokraten wesentlich im Alter von 25—30 Jahren stehen, dann ist es doch nicht klug, das offen auszusprechen. Kein Stand und kein Alter schützt vor der Sozialdemokratie, soll es doch sogar sozialdemokratisch gesinnte Millionäe geben, trotzdem das eigent lich ein Widerspruch sein sollte. Man sollte so wenig Schranken als möglich aufrichten, denn sonst wird ein solches Gesetz nicht von der Sympathie der betheiligten Kreise ge⸗ tragen werden. Daß in den rheinischen Gewerbegerichten die Richter 30 Jahre alt sein müssen, beweist nichts. Man kann sich auch in schlechte Gesetze hineinleben und hineingewöhnen. Dresden, Leipzig, die großen Mittelpunkte der Sozialdemo⸗ kratie, haben die Altersgrenze von 25 Jahren. Können doch sogar Reichstagsabgeordnete mit 25 Jahren gewählt werden! Es sollen hier sehr hervorragende Staatsmänner von 25 Jahren gesessen haben. Graf Wilhelm Bismarck war doch aug nicht älter. Wir sollten Zutrauen zu den Arbeitern haben und nicht ihren Vormund spielen wollen. Wenn man gesetzte, reife Männer haben will, dann dürften Richter nur Personen werden, die über 50 oder 60 Jahre alt sind. Bei den Schieds⸗ gerthze für die Unfallversicherung hat das Reich nicht ein o hohes Alter von 30 Jahren für die Beisitzer gefordert. Die Arbeiter wählen schon ohnehin Personen, die ein höheres Lebensalter erreicht haben. Mir scheint überhaupt, daß die Kom mission viel zu ängstlich gewesen ist und zu viel Schul⸗ meisterei an den Tag gelegt hat. Warum soll denn erst ein zweijähriger Aufenthalt ausreichen, um Schiedsrichter zu werden? In einem Jahre kann man die örtlichen Verhältnisse auch genügend kennen lernen, und wenn es nach mir ginge, brauchte man gar keine solche Beschränkung anzunehmen, sondern könnte Alles ruhig den Betheiligten überlassen.
Vize⸗Präsident Graß Ballestrem rügt den Ausdruck „Schulmeisterei“ als unangemessen.
Abg8 Die Armenunterstützung kann nur dann ein Ausschlußgrund sein, wenn aus derselben eine gewisse wirthschaftliche Unselbständigkeit zu folgern ist, und das ist nur der Fall, wenn die Unterstützung den Charakter der dauernden angenommen hat. Ich bin für die Altersgrenze von 30 Jahren, weil es nicht bloß auf die Kenntniß des Ge⸗ werbes ankommt, sondern auch darauf, daß der Charakter sich ausgebildet hat und sich von allen Einflüssen frei zu halten weiß. Die Ideen der Sozialdemokratie haben etwas so
Verführerisches, so Berückendes, daß die jungen Leute, welche von diesen Gedanken ersfüllt werden, selbstverständlich den Blick für andere Gesichtspunkte verlieren und in eine Einseitigkeit hineingerathen, die mit der Bildung der Charakterstärke nicht gut vereinbar ist. Allerdings genügt zur passiven Wählbarkeit in den Reichstag das 25. Lebensjahr; die Abstimmung des jungen Reichstagsabgeordneten liegt auf der Hand, da er von seiner Partei festgenommen, eingeschult und beeinflußt wird. Im Gericht aber soll doch der Richter selbständig sein Votum abgeben, seine Augen nicht nach außen richten, sondern lediglich auf die Sache, die ihn beschäftigt. Mit dem Unfallversicherungsgesetz haben wir so geringe Erfahrungen emacht, daß wir über die dortigen Altersgrenzen uns noch ein Urtheil bilden können. Außerdem liegt bei diesen Gerichten auch ein staatliches Interesse vor. Für die Schöffen⸗ gerichte ist das 30. Jahr erforderlich und doch handelt es sich da gar nicht um so weittragende, für ganze Arbeiterklassen wichtige Entscheidungen. Auch ich glaube, daß die Wähl⸗
barkeit an einen b1“ Ortsaufenthalt geknüpft werden
muß. Die Richter müssen nicht allein das Vertrauen der Arbeiter, sondern auch der Arbeitgeber haben.
In der Abstimmung werden alle Abänderungsanträge abgelehnt und zwar der Antrag Eberty in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 132 gegen 86 Stimmen; für denselben stimmen die Sozialdemokraten, die Volkspartei, die Freisinnigen, von den Nationalliberalen die Abgg. Böttcher, Büsing, Kraemer, Miquel, Poll, Pieschel, Rösicke, Siegle und vom Centrum der Abg. Franz.
§. 8 wird unverändert nach dem Antrage der Kommission angenommen.
§. 10, wonach der Vorsitzende weder Arbeiter noch Arbeit⸗ geber sein darf, wird ohne Debatte angenommen.
Nach §. 11 müssen die Beisitzer zur Hälfte Arbeiter und zur Hälfte Arbeitgeber sein; die Wahl soll unmittelbar und getein erfolgen, und zwar auf mindestens 1 Jahr und höchstens
Jahre.
Abg. Ackermann will die Bestimmung, daß die Wahl unmittelbar und geheim sein soll, streichen.
Die Sozialdemokraten (Auer und Genossen) beantragen, dif 8 auf 2 Jahre und an einem Sonntag erfolgen zu assen.
Abg. Ackermann: In Frankfurt a. M., Leipzig, Stutt⸗ gart, Nürnberg gilt das allgemeine direkte und geheime Wahl⸗ recht, in Karlsruhe werden die Beisitzer von den Stadträthen gewählt, in Breslau und Erfurt von den Stadtverordneten, in Dresden von einer aus drei Stadträthen und drei Stadt⸗ verordneten gebildeten Kommission, in Liegnitz wählen die streitenden Parteien für jeden zur Verhandlung kommenden Fall die Beisitzer, in Hamburg wählen die Gewerbekammern die Beisitzer; für die rheinischen Gewerbegerichte werden die Mitglieder von allen Wahlberechtigten gewählt, jedoch sind nur wahl⸗ berechtigt Diejenigen, welche einen gewissen Klassensteuersatz zahlen. Alle diese Gewerbegerichte funktioniren nach den bis⸗ herigen Erfahrungen gleichmäßig gut. Das darf nicht Wun⸗ der nehmen, denn bis jetzt hat es sich nur um Rechtsprechung in Streitigkeiten zwischen einzelnen Personen aus dem Stande der Arbeitgeber und der Arbeiter gehandelt. Da spielt das Wahlsystem keine besondere Rolle. Jetzt aber sollen die Gewerbegerichte auch Einigungsämter sein. Da wird auch die politische Parteistellung zur Geltung ebracht werden. Insbesondere wird die sozialdemokratische
artei sich bemühen, die Richterbank aus ihren Reihen zu be⸗ setzen, und dazu bietet das unmittelbare und geheime Wahl⸗ recht den besonders geeigneten Weg. Wir werden alljährlich hitzige und von Leidenschaft erfüllte Wahlkämpfe haben, wie wir sie jetzt bei den Reichstagswahlen erleben. Das hakten wir für gefährlich und dabei wollen wir nicht mithelfen. Unser Antrag hat freilich keine Aussicht auf Annahme. Wir glaubten ihn aber zur Wahrung unserer Grundsätze wieder⸗ holen zu müssen und die Verantwortlichkeit für die Folgen der Kommissionsbeschlüsse ablehnen zu sollen. Die Kommission will mit ihrem Beschluß das Vertrauen der Ar⸗ beiter zu den Gewerbegerichten gewinnen. Haben wir es denn nur mit der Klasse der Arbeiter zu thun? Meine Partei hat bei allen Gesetzen zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen mitgewirkt. Das thun wir auch hier, aber wir ver⸗ langen auch die nöthige Rücksicht auf die Arbeitgeber. Wie soll ein Arbeitgeber von Beisitzern, die aus einer wüsten Wahlagi⸗ tation hervorgegangen sind, und von denen er weiß, daß sie ihm feindlich gegenüberstehen, die Ruhe und Objektivität erwarten, welche nothwendig sind zu einem gerechten Urtheil? Wir wer⸗ den auf diese Weise das Einigungsamt nicht zu der von uns gewünschten Thätigkeit bringen, der Arbeitgeber wird sich an das Einigungsamt nicht wenden; die ganze Institution wird nach dieser Richtung durch das Wahlsystem lahm gelegt. Die Regierung hat eine Bestimmung über das Wahlsystem in die Vorlage nicht aufgenommen, sondern die Bestimmung darüber den Gemeinden überlassen. Das paßt den Herren auf der Linken nicht, die sonst so eifrig für die Autonomie der Ge⸗ meinden eintreten, wenn es in ihren Kram paßt. Die Sozial⸗ demokraten beantragen, die Wahlen am Sonntag vornehmen 59 lassen. Das zeigt, worauf es hinausgeht; man will die Agitation begünstigen. Derselbe Reichstag, welcher jetzt über die größere Heiligung und Ruhe des Sonntages beschließen soll, wird diese Bestimmung nicht annehmen. Den Arbeitern kann die Zeit und Möglichkeit, sich an der Wahl zu betheiligen, durch die Auswahl einer geeigneten Stunde auch an Wochen⸗ tagen gegeben werden.
Abg. Eberty: Wir vertheidigen die Autonomie der Gemeinden schlechtweg ohne alle politischen Parteizwecke, weil ein staatserhaltendes, konservatives Interesse dafür spricht. Hier handelt es sich darum, zu verhüten, daß nicht die aus Minoritätswahlen hervorgegangenen Gemeindevertretungen Bestimmungen treffen über die Bildung der Gewerbegerichte, vor welchen die große Mehrheit Recht nehmen soll. Wenn Sie die Sympathie der arbeitenden Klassen, auf die es doch hierbei zuerst ankommt, noch unter den Gefrierpunkt herabstimmen wollen, dann nehmen Sie den Antrag an, wozu allerdings keine Aussicht ist. Weshalb die geheime Wahl Mißtrauen bei den Arbeitern hervorrufen soll, vermag ich nicht ohne Weiteres
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einzusehen. Im Interesse des Gesetzes selbst muß die Be⸗ stimmung des Wahlsystems der Agitation entzogen werden.
Abg. Porsch: Es handelt sich hier nicht darum, eine Organisation zu schaffen, die sich Popularität erringen soll, sondern eine solche, die am besten Recht spricht in den bezüg⸗ lichen Streitigkeiten. Wir müssen möglichste Garantieen für eine richtige Rechtsprechung schaffken, daneben aber auch geäußerte Wünsche, wenn sie sachlich berechtigt sind, anerkennen. Eine solche Garantie für die Rechtsfrage ist auch die beschlossene Altersgrenze von 30 Jahren für die Beisitzer. Das hat uns zwar nicht vor dem Vorwurfe der Reaktion bewahrt, aber diese Bestimmung des geheimen Wahlsystems, die auf unseren Antrag eingefügt ist, ist nicht reaktionärer Natur. In der geheimen Wahl sehen wir einen Schutz des freien Wahlrechts gegenüber dem Terrorismus, von welcher Seite er auch ausgehen möge. Wir werden deshalb gegen den Antrag Ackermann stimmen sowie ferner gegen den Antrag Auer, aus den vom Abg. Ackermann auseinandergesetzten Gründen.
Abg. Singer: Der Reichstag ist hier zum ersten Mal in der Lage, den ersten Angriff auf das geheime, direkte, allgemeine Wahlrecht zurückweisen zu müssen. Schon bei anderen Ge⸗ legenheiten haben wir von großen maßgebenden Parteien die Ansicht aussprechen hören, daß sie das allgemeine, direkte, ge⸗ heime Wahlrecht für die Wurzel alles Uebels halten. Ab⸗ gesehen davon, daß der Antrag Ackermann ja nicht angenommen werden wird, ist es doch nothwendig, diesen ersten Vorstoß zu bekämpsen. Bei der einflußreichen Stellung des Abg. Ackermann in Dresden würde es dort z. B. möglich sein, daß die Innun⸗ gen beauftragt werden, die Beisitzer der Schiedsgerichte zu er⸗ wählen. Wenn den Gemeinden die Bestimmung des Wahl⸗ systems überlassen bleibt, möchten in sehr weiten Industrie⸗ bezirken die Arbeiter vielleicht nicht zu ihrem Rechte kommen, und dadurch würden all die großen Vortheile des Gesetzes illusorisch gemacht werden. Wenn die Schiedsgerichte etwas leisten sollen, müssen sie auf dem Vertrauen der arbeitenden Bevölkerung basiren. Wenn schon bei politischen Wahlen, wo mehr das allgemeine Interesse in Frage kommt, die Unternehmer die Arbeiter beeinflussen, um wieviel mehr werden sie es bei den Wahlen zu den Gewerbegerichten thun, wo ihr eigenes materielles Interesse in Frage kommt! In Arbeiterkreisen wird nur eine Stimme sein, daß die Gewerbe⸗ gerichte nur nützen, wenn dem Arbeiter durch das geheime Wahl⸗ system garantirt wird, daß er Dem frei seine Stimme geben kann, zu dem er das Vertrauen hat, daßer seine Interessen vertreten wird. Nehmen Sie keinesfalls diese allerreaktionärste Bestim⸗ mung, daß die Gemeinden das Wahlsystem wählen sollen, an. Wir beantragen, daß die Wahlen am Sonntag stattfinden. Die Arbeiter werden wirthschaftlich geschädigt, wenn sie ge⸗ zwungen werden, an einem Werktage einen Theil der Arbeits⸗ zeit zu versäumen, um ihr Wahlrecht erfüllen zu können. Die Furcht vor einer Sonntagsentheiligung ist unbegründet. Wenn die Kirchenwahlen wie in Berlin am Sonntag stattfinden, so kann in den Wahlen am Sonntag doch keine besondere Entheiligung des Sonntages ge⸗ funden werden. Die Agitation vollzieht sich vorher, der eigentliche Wahlakt ist mehr ein formeller und irgend welche Befürchtungen wegen der Sonntagsentheiligung sind deshalb unberechtigt und werden auch durch die Vorgänge in Frankfurt, Leipzig, Nürnberg widerlegt. Hr. Miquel wird bezeugen können, daß in Frankfurt, wo die Sozialdemokraten überwiegen, auch die Wahlbewegung sich in großer Ruhe voll⸗ zieht, Sie sollten überhaupt nicht immer die Sozialdemokraten als politische Kinder betrachten, das hat etwas Komisches An⸗ gesichts der Thatsache, daß die sozialdemokratische Partei die stärkste im ganzen Lande ist. Die Wahlperiode sollte fest begrenzt werden. Die Wahl auf mindestens 1 bis höchstens 6 Jahre zu gestatten, ist namentlich für den Anfang bedenklich. Die Gemeinden werden vielleicht, um sich die lästige Arbeit mög⸗ lichst lange vom Halse zu schaffen, die Wahl auf 6 Jahre vor⸗ ziehen, und dazu würden dann für die erste Zeit Beisitzer ge⸗ wählt, und zwar auf lange Zeit, welche vielleicht gar nicht geeignet sind und durch ihre schlechte Amtsführung die ganze Einrichtung diskreditiren.
Abg. von Dziembowski: Wir werden für die geheime und unmittelbare Wahl bei den Schiedsgerichten stimmen, aber gegen die Vornahme der Wahl am Sonntage, weil dadurch die Sonntagsruhe beeinträchtigt werden würde, welche die Arbeiterschutzkommission gerade zu schützen im Begriff steht.
Der Antrag Ackermann wird gegen die Stimmen der Reichspartei und der Deutsch⸗Konservativen abgelehnt; die Anträge der Sozialdemokraten werden gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Volkspartei und einiger Freisinnigen abgelehnt, der §. 11 in der Fassung der Kommission an⸗ genommen.
Niach §. 12 soll wahlberechtigt sein, wer das 25. Lebens⸗ jahr vollendet hat und zwei Jahre im Bezirk des Gerichts ge⸗ wohnt hat oder beschäftigt ist.
Abg. Eberty will auch die weiblichen Arbeiter wahl⸗ berechtigt machen, während die Sozialdemokraten (Auer und Genossen) beantragen, alle Arbeiter (auch die weiblichen) nack vollendetem 21. Lebensjahre für wahlberechtigt zu erklären u zwar, wenn sie zur Zeit der Wahl Wohnung und Beschäfti gung im Bezirk des Gerichts haben. Außerdem beantragen sie, die Bestimmung, daß Mitglieder einer Innun welche ein Schiedsgericht hat, und deren Arbeiter von de Wahlberechtigung und Wählbarkeit ausgeschlossen sein sollen zu streichen.
Abg. Horwitz: Unser Antrag soll keineswegs die erste Etappe zur Frauenemanzipation sein, die sowohl unserer anzen Kulturentwickelung, wie unserer durchschnittlichen ebensanschauung und den natürlichen Grenzen zuwiderläuft die nun einmal gegeben sind und die zu überschreiten für keinen Theil von Vortheil sein kann. Es handelt sich hier nur darum, daß den Frauen ein Recht zur Wahrung ihrer Arbeitsergebnisse eingeräumt werde. In Frankfurt haben die Frauen bereits das aktive Wahlrecht bei dem Schiedsgericht. Hr. Miquel hat mir mitgetheilt, daß sie davon den denkbar be⸗ scheidensten Gebrauch machen, auf deutsch, gar keinen. Diesen Einwurf habe ich erwartet. Sollen wir denn so unbescheiden
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