1890 / 148 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

2*

18 Hamburg, 20.

maschinellen Einrichtungen noch nicht auf Kolonialwollen eingerichtet sind, ohne Rücksicht auf die Parität der überseeischen Märkte, ihren dringendsten Bedarf deckten. Dadurch entstand eine Preis⸗ für deutsche Wolle, welche es jedem Interessenten, der

auf die Wollmärkte Rücksicht zu nehmen gezwungen ist, fast nmöglich machte, zu kaufen; das kleine Quantum wurde von jenen

tofffabrikanten mit Leichtigkeit aufgenommen. Einen Schluß aus

em Marktverlauf auf die Lage des Artikels Wolle ziehen zu wollen, erbietet sich aus obigen Gründen von selbst. Jedenfalls ist die Tendenz für das deutsche Produkt augenblicklich eine recht feste.

Verkehrs⸗Anstalten. Juni. (W. T. B.) 1 „Rhenania’“ der Hamburg⸗Amerikanischen fahrt⸗Aktiengefellschaft ist, von West⸗Indien gestern 10 Uhr Abends in Havre eingetroffen. B

FTFheater und Mufik. 1 Kroll's Theater. 2 Die Aufführung von Flotow’s „Martha“ am Mittwoch muß

Der Postdampfer Packet⸗ kommend,

M“ ““

sowohl was die Einzelleistungen der Mitwirkenden, wie das Zu⸗

sammenspiel anlangt als eine der vorzüglichsten Leistungen dieser Bühne in der laufenden Sommersaison bezeichnet werden. Neben Fr. Sembrich, welche die Titelpartie zum ersten Male in deutscher Sprache sang, theilten sich Fr. Heink als Nancy, Hr. Cronberger als Lionel und Hr. Riechmann als Plumkett in die Ehren des Abends. AUAnton Erl, der Tenorist der Dresdener Hofbühne, singt am Montag den Georg Brown in der „Weißen Dame“. Angelina Luger, die rühmlich bekannte Altistin, früher dem Verband der hiesigen Hofoper angehörend und seit Jahren eines der hervorragend⸗ sten Mitglieder des Stadt⸗Theaters in Frankfurt a. /M., eröffnet am Dienstag einen auf mehrere Abende berechneten Gastspieleyklus. Am Sonntag findet die diesjährige erste Aufführung von „Silvana“ statt.

Mannigfaltiges.

Der Grundstein für des Hauptgebäude des Kaiser⸗ und Kaiserin⸗Friedrich⸗Kinder⸗Krankenhauses ist heute in Gegenwart Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen, Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen Victoria und Margarethe, sowie des Bräutigams der Erstgenannten, Sr. Durchlaucht des Prinzen Adolf zu Schaumburg⸗Lippe, feierlich gelegt worden. Auf dem hoch im Norden in der Reinickendorferstraße, Nr. 32, belegenen Terrain war ein imposantes Kaiserzelt aufgerichret, in dessen Hintergrund vor dem goldenen Reichsbanner die vom Bildhauer Schweinitz im Mai 1888 gemeißelte Büste Kaiser Friedrich's stand. Flaggenmaste und Guir⸗ landen umgaben im Uebrigen den weiten Raum, in dessen Mitte in der mit Eichenlaub ausgelegten Vertiefung der aus Hausteinen gemauerte Grundstein lag. Zahlreiche Ehrengäste waren von dem Comité zur würdigen Feier geladen worden, unter ihnen die Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und Herrfurth, der Ober⸗Präsident Dr. von Achenbach, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, der Polizei⸗Präsident von Berlin Freiherr von Richthofen, der Ober⸗Bürgermeister Dr. von Forcken⸗ beck, sowie Stadträthe und Stadtverordnete. Punkt 11 Uhr fuhr die Kaiserin Friedrich mit den Mitgliedern ihrer Familie an dem Portal in der Exerzierstraße vor; nachdem sie unter dem Kaiserzelt Platz genommen hatte, eröffnete der Sängerbund des Berliner Lehrervereins unter Leitung des Professors Felix Schmidt die Feier mit dem Hymnus von S. Jadassohn „Gott ist groß und allmächtig“. Dann nahm Geheimer Medizinal⸗Rath Dr. Virchow als Vorsitzender des Comités das Wort zur Festansprache. Der designirte Arzt der Anstalt und Schriftführer des Comités Dr. Baginsky ver⸗ las nunmehr die vom Maler Schoppmeyer kunstvoll ausgestattete Stiftungsurkunde. Nachdem hierauf der Sängerchor den von Stange komponirten Königspsalm „Herr, der König freut sich in Deiner Kraft“ gesungen hatte, erfolgte die Vollziehung der Stiftungsurkunde durch die Kaiserin, den Ober⸗Bürgermeister, den Stadt⸗ verordnetenvorsteher und die Mitglieder des Vorstandes. Nunmehr nahm Ober⸗Bürgermeister Dr. von Forckenbeck das Wort, um der Kaiserin den Dank der Stadt auszusprechen und das Gelöbniß ab⸗ zugeben, die Anstalt treu bewahren zu wollen. Im Namen der Stadtverordneten⸗Versammlung sprach sodann der Vorsteher Dr. Stryck, um allen Denen zu danken, welche an dem Werke be⸗ theiligt sind, den edlen Männern und Frauen, welche es angeregt und thätig gefördert, denen besonders auch, welche so reiche Gaben

gespendet haben. Nunmehr wurde die Grundsteinlegung selbst vollzogen. Die ersten drei Hammerschläge gab die Kaiserin, dann folgten die Prinzessinnen, die Ehrenzäste und die am Werk selbst Betheiligten und endlich die ausführenden Architekten Baurath Schmieden und Architekt Speer. Der Gesang der Beethoven’'schen Hymne „Die Himmel rühmen“ schloß die Feier, an die sich eine Besichtigung der bisher ausgeführten Bauten schloß.

Der Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Seeküsten erläßt in den Zeitungen eine Bekanntmachung, daß kranke Kinder, namentlich solche, die an Skropheln, Blutarmuth, Schwäche oder beginnender Schwindsucht leiden, in den vier Seehospizen des Vereins Pflege finden gegen ein Entgelt von 10 (für Bemittelte 15 ℳ) die Woche Das Hospiz in Norderney mit 240 Betten ist das ganze Jahr geöffnet. Die übrigen seit Anfang dieses Monats geöffneten, befinden sich in Wyk. Gr. Müritz und Zoppot bei Danzig.

Die in verschiedenen Theilen Deutschlands veranstalteten Samm⸗ lungen für die Errichtung eines Kaiser Friedrich⸗Denkmals bei Wörth haben bis jetzt, wie die „Voss. Ztg“ mit⸗ theilt, einen Ertrag von ungefähr 200 000 geliefert, so⸗ daß die Vorbereitungen der Ausführung nächstens in An⸗ griff genommen werden können. Die volle Hälfte der Summe ist durch Sammlungen in der Armee beigesteuert worden, während Berlin verhältnißmäßig nicht sehr erhebliche Beiträge gezeichnet hat. Der Grund dafür ist nach Ansicht des Comités darin zu suchen, daß die Absicht bestand, in Berlin selbst dem Kaiser Friedrich aus städtischen Mitteln und freiwilligen Beiträgen ein Denkmal zu errichten. Nachdem aber nunmehr Se. Majestät der Kaiser erklärt hat, daß Er die Errichtung dieses Denkmals als Seine eigene Aufgabe ansehe, eine Sammlung zu diesem Zweck also nicht mehr stattfinden wird, liegt der Gedanke nahe, das aus frei⸗ willigen Beiträgen zu errichtende Wörther Denkmal, das Denkmal zur Erinnerung an die größte Schlacht, welche Kaiser Friedrich selbst⸗ ständig gewonnen, um so würdiger zu gestalten. Das Comits richtet deshalb an Diejenigen, welche ihrer Verehrung für das Andenken Kaiser Friedrich's durch Beiträge zu dem Berliner Denkmal Aus⸗ druck zu geben gedachten, das Ersuchen, solche Beiträge jetzt dem Wörther Denkmal zuzuwenden und zu diesem Zweck an den Schatz⸗ meister des Comités, Geheimen Ober⸗Finanz⸗Rath Dr. Rüdorff, Prä⸗ sidenten der Preußischen Central⸗Bodenkredit⸗Aktiengesellschaft (Unter den Linden 34) gelangen zu lassen.

2995 Festkarten zum 10. deutschen Bundesschießen sind bereits zur Ausgabe gekommen. Zur Zeit werden täglich etwa 2 300 neue Karten ausgefertigt. Die Festzugskommission hat nunmehr fest⸗ gesetzt, daß die am Festzug theilnehmenden Schützen sich von 10 Uhr ab in den Zelten und den angrenzenden Wegen sammeln, während der historische Festzug sich auf der Siegesallee ordnen soll. Um 11 Uhr erfolgt die Aufstellung des Zuges. An die Spitze kommen die Amerikaner und die übrigen außerdeutschen Schützen, daran schließt sich der historische Festzug und hierauf folgen die deutschen Schützen nach Provinzen und Ländern geordnet. Innerhalb der einzelnen Provinzial⸗ bezw. Landesgruppen stellen sich die Vereine nach den alphabetisch geordneten Städten. Punkt 12 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung, um 3 Uhr soll er auf dem Festplatz eintreffen, wo um 3 ½ Uhr das große Festbankett beginnen wird. Zu der am 29. d. M. stattfindenden Generalprobe und dem Probebankett mit Damen werden schon jetzt Karten zum Preise von 4 ausgegeben.

Der 22. d. M. ist, wie die „B. B. Ztg.“ schreibt, der erste Jubiläumstag der Berliner Pferdebahn, und zwar blickt die Pferde⸗Eisenbahn Berlin⸗Charlottenburg auf ein 25jähriges Be⸗ stehen zurück. Am 23. März 1865 schon war dem Kapitän A. F. Moller aus Kopenhagen die Konzession zum Bau dieser Pferde⸗Eisenbahn ertheilt worden; bereits während des Baues wurde die⸗ selbe an eine Aktien⸗Kommanditgesellschaft „Berliner Pferde⸗ Eifenbahngesellschaft. E. Besekow’“ mit einem Grundkapital von 840 000 abgetreten. Die Konstruktionen der Bahn und der Wagen waren ursprünglich in allen wesentlichen Theilen nur eine Copie der 5 Kopenhagen ausgeführten Bahn. Der Ober⸗Ingenieur Culiin und die Ingenieure J. und O. Büsing leiteten den Bau der anfänglich 7800 m langen Bahn, die Betriebseröffnung fand am 22. Juni 1865 mit 18 Wagen statt. Die Linie vergrößerte sich am 1. November 1871 um die Strecke Charlottenburg Westend, am 3. Juli 1876 folgte die Strecke Großer Stern —Zoologischer Garten, am 11. Mai 1879 die Strecke Westend Spandauer Berg, am 3. Mai 1880 die Strecke Hardenbergstraße —Zoologischer Garten. Im Jahre 1878 wurde die Legung eines zweiten Geleises vom Kupfer⸗ graben bis Charlottenburg vollendet, womit schon im Jahre 1875

begonnen worden war. Die Gesellschaft besitzt jetzt ca. 40 Wagen und mehr als 200 Pferde.

Spandau, 19. Juni. Zur Angelegenheit der jüngst bier statt⸗ gehabten Pulver⸗Explosion wird dem „Dtsch. Tagebl.“ ge⸗ schrieben: Der Aufbau der zerstörten und die Wiederherstellung der beschädigten Baulichkeiten der Pulverfabrik bei Spandau wird mit möglichster Eile betrieben. Zahlreiche Bauhandwerker sind zu gleicher Zeit mit den Arbeiten betraut worden. Binnen drei Wochen dürfte der Betrieb wohl nahezu in bisherigem Umfange wieder aufgenommen werden können. In einzelnen Abtheilungen wird auch jetzt schon gearbeitet. Von den bei der Katastrophe Verletzten ist nur noch einer bettlägerig. Die übrigen Verwundungen sind ganz leichter Natur und meist schon völlig geheilt. Uebrigens beruhen, alle Angaben über die Ursache der Explosion auf gänzlich unbegründeten Vermuthungen. Die Entstehungsursache wird niemals genau festgestellt werden können, da alle diejenigen Gegenstände, welche

zu der Entzündung vielleicht beigetragen haben können, total vernichtet sind und daher jede Untersuchung vergeblich sein würde.

Jauer, 17 Juni. (Schl. Ztg) Heute erfolgte die Uebergabe des Inventars des hiesigen Gymnasiums an den Staat. An⸗ dem Gebäude müssen noch größere Umbauten mit einem Kosten⸗ aufwande von etwa 20 000 vorgenommen werden, zu deren Aus⸗ führung die Stadtgemeinde verpflichtet ist.

Kanth (Schlesien), 18. Juni. Der „Köln. Ztg“ wird ge⸗ schrieben: Die Wiederkehr des 75. Jahrestages der Schlacht bei Belle⸗Alliance bringt auch die Thatsache wieder in Erinnerung, daß noch heute auf dem benachbarten Gute Krieblowitz, das Fürst Blücher von Friedrich Wilhelm III als Dotation erhalten hat, in einem Seitengebäude des der Familie Blücher gehörigen Schlosses der Reisewagen steht, den Napoleon I. in der Schlacht bei Belle⸗ Alliance mit sich geführt hat. Diesen Wagen nebst sechs Grau⸗ schimmeln hatte die Stadt Paris dem aus Elba zurückkehrenden Bonaparte geschenkt. 8

Elberfeld, 18. Juni. (Elbf. Zig) Die silberne Medaille, welche die Kaiserin Friedrich als Ehrenpreis für das Preis⸗ wettfliegen stiftete, das die vereinigten Gesellschaften für Brief⸗ taubenzucht im nächsten Monat von San Remo ab veranstalten, ist nebst einem Begleitschreiben des Ober⸗Hofmeisters Grafen Seckendorff hier eingetroffen. Der sehr werthvolle Ehrenpreis befindet sich in einem geschmackvollen Lederetui. Die Medaille ist von schwerem, massivem Silber. Die Vorderseite zeigt das Bild Kaiser Friedrich's mit der Inschrift: Fridericus imperator rex; die Rückseite trägt die Krone mit dem Reichsadler.

Werden, 16. Juni. (Düss. Anz.) Die hiesige Königsbrücke, welche das Standbild Kaiser Wilhelms I. trägt (Geschenk des ver⸗ storbenen Hrn. Karl Forstmann), soll noch einen weiteren Schmuck erhalten. Hr. Julius Forstmann aus Linz will seiner Vaterstadt ein Standbild des Mitbegründers und ersten Kanzlers des neuen Deutschen Reichs schenken. Dasselbe soll dem Kaiserdenkmal gegen⸗ über auf demselben Pfeiler stehen und von demselben Künstler Bild⸗ hauer Wilhelm Albermann in Köln, der auch ein geborer ist, in ähnlicher Weise ausgeführt werden.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene

8 Depeschen.

(W. T. B.) Der Tuchfabri⸗ kantenverein für Aachen und Remscheid hat be⸗ schlossen, jährlich zwei Tuch⸗Auktionen in Aachen zu veranstalten; die erste soll im November stattfinden. Der⸗ selbe Verein hat gegenüber der von den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika beabsichtigten Erhöhung des auf Tuchwaaren an den Handels⸗Minister eine Letition um Schutz der Interessen der deutschen Industrie abgesandt.

Wien, 20. Juni. (W. T. B.) Die Besserung in dem Befinden des Ministers des Auswärtigen Grafen Kälnoky schreitet langsam vorwärts; derselbe wird noch einige Tage das Bett hüten müssen.

Aachen, 20. Juni.

Wetterbericht vom 20. Juni, M orgens 8 Ubr.

0 Gr

u. d. Meeressp. red in Millim

Giuseppe

8 -

Wetter. von

50 C. = 4 R.

Temperatur in 0 Celsius

Bar. au

Dirigent: 6 bedeckt 2 wolkig

2 heiter

2 bedeckt

2 bedeckt

2 wolkenlos 1 wolkenlos 1 halb bed.

Aberdeen.

bristiansund W. Taubert.

Laparanda V Petersbrg.

Sonntag: Moskau.. ag

—22ö2ö2SNö2ö= ¶cncn Gzʒecn o⸗ 00 00o 2OSG—

63— Cherbourg. 766 elder.. 762 760 amburg .. 762 Swinemünde 760 Neufahrwasser 758 Memel... 758

3 wolkig 3 bedeckt 2 halb bed. 3 wolkig 3 bedeckt 4 bedeckt 1 bedeckt 3 bedeckt 2heiter 3 halb bed. 4 halb bed. ¹) NW 2 Regen WNW ZRegen NW 3 halb bed. W 3 Regen 11 Sonntag: ONO „3 wolkenlos 16 wurzer. still Dunst 18 Montag: still wolkenlos 21

7 Uhr.

Tell. fang 7 Uhr.

EI668 Karlsruhe.. 767 Wiesbaden. 766 München 767 Chemnitz. 764 Berlin.... 762 1 763 761 768 762 763

Sonntag:

SGG. SUgz

NW

Stet

1) Nachm. und Abends starker Regen.

Uebersicht der Witterung. Ein barometrisches Maximum über 765 mm liegt über Frankreich und Südwest⸗Deutschland, ein Mi⸗ nimum unter 753 mm nördlich von Schottland. In Deutschland ist bei vorwiegend westlicher Luft⸗ strömung das Wetter kühl, im Südwesten vielfach heiter, im Uebrigen trübe; meist ist daselbst Regen gefallen, zu München 25 mm. Riga meldet 32 mm Regen. Triest und Bregenz hatten gestern Gewitter. “““ Deutsche Seewarte

Wien.

Biedermann.

Zönigliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 150, Sesteeg Othello. Oper in 4 Akten

erdi. Für die deutsche Bühne übertragen von Max Kalbeck. In Sceene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater

Kapellmeister Schauspielhaus. Zauber⸗Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. 1 5 Uebersetzung. Tanz gesetzt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Musikalische Direktion: Hr. Steinmann. 1 Opernhaus. 151. Vorstellung. Oper in 4 Akten von G. Verdi. Ghislanzoni, für die deutsche Bühne bearbeitet von Julius Schanz.

Schauspielhaus. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. An⸗

Zeutsches Theater. Sonnabend: Der Unter⸗

staatssekretär. Der Richter von Zalamea. Montag: Der Widerspänstigen Zähmung. Lammermoor.

Berliner Theater. Sonnabend: Othello. 1 Der Probevpfeil. Ludw. Barnavy.)

Kean. Anfang 7 ½ Uhr.

Wallner-Theater. Sonnabend: 15. Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in 1 dISäen 1 Male: K. audeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilh vedu e-hen 3.. n un ern von H. Meilhac Vor der Vorstellung, Großes Garten⸗Concert. der Vorstellung 7 ½ Uhr. Sonntag u Mamsell Nitouche.

von Alex. Moszkowski und Musik von C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr.

Text von Arrigo Botto. .

Sonntag:

Sucher. Anfang 7 Uhr.

155. Vorstellung. Der Sturm.

Direktion: Zum 155

Concert-Park. Musik von 1. :

von E. Graeb. In Scene

Anfang 7 Uhr. und Julius Bauer. Aida. Text von Antonio

Ballet von Paul Taglioni. Anfang 8 der Rosenkönigin.

156. Vorstellung. Wilhelm 1 Künstler. Sonntag:

Kroll’'s Theater.

Hr. Warmuth, als Gast.) Sonntag: Silvana. Montag:

weiße Dame.

8

(Friedr. Mitter⸗

Belle-Alliance-Theater. Mamsell Nitouche. 112. Male: Der Nantilus. Militär⸗Doppel⸗Concert.

Spezialitäten. Garten⸗Etablissements. der Vorstellung 7 ½ Uhr.

Musik von M. Hervs. bei günstiger Witterung: Anfang des Concerts 6 ½,

folg. Tage: Gastspiel von Therese

Bictoria-Theater. Sonnabend: Zum 305. M.: Stauley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern Richard Natbanson. Ballet von C. Severini.

Dieselbe Vorstellung.

Male: Jonathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Musik von Carl Millöcker. In Secene gesetzt von Julius Fritzsche. Hr. Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Uhr.

Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Rosen⸗

est. Erwachen der Rosenkönigin. Huldigungs⸗Chor. Vertheilung von 1000 Stück Rosen, unter Mitwirkung von 3 Musik⸗Corps. Auftreten sämmtlicher Instrumental⸗ und Gesangs⸗

9 Im Theater: Der arme Jonathan. Im Park: Großes Doppel⸗Concert. 8 54

Sonnabend:

Gastspiel von Fr. Marcella Sembrich. Lucia von (Lucia: Fr. Sembrich. Edgardo:

Gastspiel des Hrn.

Taglich: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be⸗ Sommergartens: Anfang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr.

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Auftreten sämmtlicher Brillante Illumination des Anfang des Concerts 6 Uhr,

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im I Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.

AmA—õõ—— 2 be

8 Familien⸗Nachrichten. und Verlobt: Frl. Elisabeth Möller mit Hrn. Buch⸗ Julius Fritzsche. druckereibesitzer Hans Heinicke (Heidelberg). Der arme Frl. Elise Winser mit Hrn. Kaufmann Arnold Grothausen (Berlin). Frl. Emma Vörkel mit Hrn. Hofgerichtsnotar B. 5. Dahlberg (Friedenau —Stockholm). Frl. Margarethe Frenger mit Hrn. Kaufmann Richard Erbe (Charlottenburg Berlin). Frl. Becca Wolfes mit Hrn. Lud⸗ wig Herz (Hamburg) Frl. Luise Borberg mit Hrn, Dr med. Franz Alberti (Hamm i. W.— Halle a. S). Frl. Martha von Frisch mit Hrn. Charles von der Vos (Klocksin Itzehoe). Verehelicht: Hr. A. G. Hermann mit Frl. Sophie Sinn (Aachen Bonn). Hr. Franz Thomsen mit Frl. Henny Metz (Hamburg) 9 Hr. Heinrich Grube mit Frl. Marie Schoon vJ (Eimsbüttel). Hr. Heinrich Herffs mit Frl. Gertrud Blatzheim (Kaldenkirchen Köln). Vorletztes Geboren: Ein Sohn: Hrn. Paul Webs (Breslau). Hen. Dr. Oeser (Ohlau). Hrn. Willy Weber (Hamburg). Hrn. Paul Fahnkow (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Baumeister Bruno Rückardt (Lindenau). Hrn. Prof. Vitt. Grünwald (Livorno). Hrn. Paul Sieben. Hrn. Forst⸗Assessor Rauhut (Tangerhütte). Gestorben: Hr. Geh. Ministerial⸗Rath a. D. Losehand (Schwerin). Hr Ingenieur Ludwig Buömann (Köln⸗Nippes). Hr. Rentier Wil⸗ helm Bengelsdorff (Berlin). Frau Wilhelmine G Köhne, geb. Zahrt (Berlin). Hr. Franz Leb⸗ 1“ mann (Berlin). Frau Ober⸗Zollrevisor Schoeller,

Sonnabend: Zum geb. Sonnen (Köln).

Dirigent:

Anton Erl. Die

Großes Concert.

Redacteur: Dr. H. Klee.

Berlin: Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen

ganzen

dener

Erste Beilag

v

8-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger

Berlin, Freitag, den 20. Juni

Poarlamentarische Nachrichten. 1 u“ Schlußbericht der gestrigen (21.) Sitzung des Reichs⸗ Ge Fortsetzung der zweiten Berathung der Vorlage über

die Gewerbeordnung. 3

n der Debatte über §. 14, deren Anfang wir schon gestern mittheilten, hielt der Staats⸗Minister Dr. von Boetticher folgende (gestern schon kurz skizzirte) Rede: .

Meine Perren! Ich muß Sie bitten, den Antrag Eberty abzu⸗ lehnen und es bei den Beschlüssen Ihrer Kommission zu belassen, von denen ich übrigens auch nicht mit Sicherheit die Ueberzeugung aus⸗ sprechen kann, daß sie den Beifall der verbündeten Regierungen finden werden. Weiter zu gehen, als Ihre Kommission es in dem in §. 14 zum Ausdruck gekommenen Kompromiß gethan hat, würde ich unter allen Umständen für das Zustandekommen des Gesetzes bedenklich baltegz e der Argumentation des Hrn. Abg. Eberty erlaube ich mir folgende Bemerkung. Es ist nicht richtig und der Herc Abge⸗ ordnete bewegt sich in einem Irrthum, wenn er die gewerblichen Schiedsgerichte als kommunale Institutionen ansieht. Nirgendwo ist den Kommunen die Befugniß beigelegt, diese Schiedsgerichte als kommunale Institutionen einzurichten, wenn man nicht auf die Bestim⸗ mung des §. 120a der Gewerbeordnung, welche aber gerade durch dieses Gesetz eine Aenderung erfahren soll, zurückgehen will.

Die Gerichte, um die es sich in der gegenwärtigen Vorlage handelt, sind ebenso wie alle anderen staatliche Gerichte; und nur rücksichtlich der Zusammensetzung dieser Gerichte will man durch dieses Gesetz eine Abweichung von der Zusammensetzung der staatlichen Gerichte herbeiführen insofern, als man Arbeiter und Arbeitgeber in diesen Gerichten vertreten sein läßt, und den Kommunen durch die Befugniß, eine Regelung durch das Ortsstatut vorzunehmen, eine gewisse Einwirkung auf diese Gerichte ge⸗ stattet. Das aber ist ein Grundirrthum, daß diese Gerichte quasi als Kommunalgerichte fungiren sollen. Sie sind Staats⸗ gerichte und sprechen in Preußen Recht im Namen des Königs. Schon aus diesem Grunde, meine Hecren, halte ich es durchaus für nöthig, daß der Einfluß des Staats auf die Zusammensetzung dieser Gerichte nicht weiter beschränkt wird, als es durch die bisher gefaßten Beschlüsse geschehen ist. Ich könnte mich ja einfach auf die Analogien, die wir in dieser Beziehung bisher haben, berufen. Meine Herren, alle unsere Handelsgerichte, die gewerblichen Schiedsgerichte am Rhein, die Schiedsgerichte, die wir bei der Unfallversicherung noch vor weni⸗ gen Jahren durch das Gesetz errichtet haben, alle diese Gerichte haben Vorsitzende, welche von der Staatsregierung ernannt beziehungsweise bestätigt werden. Es ist absolut kein Grund erfindlich, hier von diesem Grundsatze abzugehen. Nun hat man ja und ich persönlich wider⸗ strebe diesem Gedanken gar nicht gesagt: wenn einmal ein Kommunalbeamter bereits von der Staatsbehörde bestätigt ist, so kann man ihm auch ohne Weiteres das Zutrauen schenken, daß er die Qualifikation besitzt, als Vorsitzender eines Gewerbegerichts zu fun⸗ giren. Insofern würde ich persönlich aber ich wiederhole es, ich spreche hier nur meine persönliche Meinung, nicht die Meinung der verbündeten Regierungen aus dafür mich interessiren können, daß das Kompromiß, wie es in der Kommission beschlossen ist, auch im Gesetz zum Ausdruck kommt. Weiter zu gehen halte ich aber für sehr bedenklich. Der Hr. Abg. Eberty sagt, ein Gemeindebeamter, der einmal die Richterqualität oder die Qualität zum höheren Verwaltungsdienst erlangt hat, soll auch ohne weitere Bestätigung die Fähigkeit haben, als Vorsitzender in ein gewerbliches Schieds⸗ gericht einzutreten. Ja, meine Herren, ich könnte mich auch selbst mit diesem Vorschage einverstanden erklären, wenn mir nicht aus der Praxis Fälle bekannt wären, wo die Verwendung eines solchen einmal früher mit Richter⸗ oder Verwaltungsbeamten⸗ qualität versehenen Beamten als cines Gewerbe⸗ gerichts doch recht bedenklich wäre. erinnere mich der Fälle, wo höhere Verwaltungsbeamte und Richter, welche im Wege der Disziplinaruntersuchung aus dem Amt nuntfernt worden waren, gleichwohl demnächst im Kommnnaldienst Aufngahme gefunden haben. Meine Herren, das mag an sich ganz zulässig ge⸗ wesen sein, der Fall mag ja überall so gelegen haben, die Staats⸗ behörden, die damals die Bestätigung des Kommunalbeamten nicht haben versagen mögen, zu dieser Nichtversagung ihre guten Gründe haben; aber einen im Wege der Disziplinaruntersuchung aus dem Amt entfernten Staatsbeamten ohne Weiteres zum Vorsitzenden eines Gerichtshofs zu machen und für ihn das Vertrauen in Anspruch zu nehmen, was ein Vorsitzender eines Gerichts nothwendiger Weise haben muß, das, meine Herren, werden Sie mit mir für recht bedenklich ansehen. eshalb der Meinung,

x⸗ Ich

Ich bin eröffnen Sie dadurch, daß Sie den Antrag Eberty annehmen, nicht die Möglichkeit, daß solche Personen, die sich eines allgemeinen Vertrauens nicht erfreuen, ohne Weiteres und ohne Cognition der Staatsbebörden zu Vorsitzenden der Gewerbegerichte gemacht werden können. Ich glaube, Sie werden bei ruhiger Erwägung diesen Grund auch gerade im Interesse derjenigen Personen, welche bei diesen Ge⸗ richten Recht nehmen wollen, für durchschlagend ansehen und anderer⸗ seits zugeben, daß es gar keine Gefahr hat, wenn Sie, abgesehen von den Fällen, die schon durch die Kommissionsbeschlüsse getrosfen sind, die staatliche Cognition bei der Besetzung der Stellen der Vorsitzenden der Gewerbegerichte auch ferner zulassen.

Nach den Abgg. Ackermann, Tutzauer und von Cuny führte der Abg. Eberty folgendes aus:

Warum bringt man den Gemeinden stets ein solches Miß⸗ trauen entgegen? Die Gemeinden stehen unter dem Verdacht, etwas Unanständiges oder Schlechtes oder absolut Unverstän⸗ diges zu thun. Wo sind die Beweise dafüc? Wir haben mit der staatlichen Bestätigung sehr üble Erfahrungen ge⸗ macht. Neulich ist ein Stadtrath in Bromberg nicht be⸗ stätigt worden, und in Spandau sind zwei Männer als Mit⸗ glieder der Schuldeputation nicht bestätigt worden, der eine, weil er Redacteur der Lehrerzeitung gewesen. Eine Partei wie die unsere hat eigentlich mit Ihnen das gemeinsame Interesse, das Vertrauen zu den Kommunalverwaltungen nicht zu erschüttern, und man würde es im Lande nicht verstehen, wenn sie nicht diese Gelegenheit benutzte, um so viel wie möglich für die Gemeinden durchzusetzen. Die Nationalliberalen haben 1878 wegen dieser Bestätigungsfrage die damalige Vorlage zum Scheitern gebracht. Bürgermeister und Gemeinde⸗ vertretungen sind Menschen, aber Verwaltungsbehörden sind auch Menschen. Wenn die Gewerbegerichte, welche begründet werden durch Uebereinstimmung der beiden Organe der Ge⸗ meindeverwaltung, keine kommunalen Institutionen sind, dann giebt es überhaupt keine kommunalen Institute mehr. Die Annahme, daß bedenkliche Subjekte Seitens der Ge⸗ meinden zu Vorsitzenden der Gewerbegerichte berufen werden könnten, ist eigentlich eine Beleidigung für alle Gemeinden des Deutschen Reichs. Ueber die Qualifikation der Vorsitzenden haben die Gemeinden ein kompetenteres Urtheil als die Bestätigungsbehörden. Die

Kommission ist uns ja schon etwas entgegengekommen. Ich bitte Sie aber, auch in diesem Punkte entgegenzukommen, der nichts enthält, was gegen das allgemeine Interesse des Staats verstößt. Wir haben jetzt Wünsche zurückgedrängt, um die Verhandlungen nicht hinzuhalten, wir müssen auf dieser Forderung bestehen, die uns im kommunalen Interesse absolut nothwendig erscheint. Staatssekretär Dr. von Boetticher:

„Es war recht charakteristisch, daß der Herr Vorredner saate, man würde es draußen im Lande nicht verstehen, wenn seine Partei diese Gelegenheit nicht benutzte, um so viel wie möglich herauszuschlagen.

Meine Herren, das ist ja vom parteipolitischen Standpunkte aus gewiß ganz erklärlich, aber ich frage Sie: Handelt es sich hbier um eine parteipolitische Sache? Es handelt sich hier lediglich um ein wirthschaftliches Gesetz, das keinen anderen Zweck hat als den, ein in weiten Kreisen bisher als unzweckmäßig erkanntes Gerichtsver⸗ fahren durch ein anderes, besser organisirtes Verfahren zu ersetzen. Nun, meine Herren, handelt es sich gegenüber dieser Aufgabe ganz einfach darum; was ist zur Lösung derselben nothwendig, und wie fördert

man die Aufgaben, die man sich gestellt hat, auf die zweckmäßigste;

Weise. Der Herr Vorredner hat von Mißtrauen gesprochen, das man gegen die Kommunen habe. Davon ist bei mir am allerwenigsten die Rede, denn auch ich bin mehrere Jahre hindurch Kommunalbeamter gewesen und weiß die Gefühle eines Kommunalbeamten vollständig zu würdigen. Ich weiß mich auch davon frei, daß ich irgend welches Mißtrauen gegen irgend welche Kommunalverwaltung hätte, und weiß auch, daß einem Kommunalbeamten mitunter die Regierung recht un⸗ bequem sein kann. Aber darum handelt es sich hier gar nicht. Die Thatsachen, die der Herr Abgeordnete zum Beweise asür, mit wie wenig Wohlwollen die Regierung die Kommunalbeamtes behandele, angeführt hat, sind mir völlig unbekannt. Sie liegen auf dem Gebiet der preußischen Verwaltung und sind nicht meines Ressorts, und ich kann ihm daher bezüglich derselben keine Rede stehen. Ich würde es aber für bedenklich halten, wenn er dieses Thema weiter variiren wollte, denn dann könnte ich ihm auch mit einer ganzen Reihe von That⸗ sachen kommen, wo Kommunalverwaltungen manchmal sehr über die Schnur gehauen und recht unzweckmäßige Sachen gemacht haben. Aber ich lasse das bei Seite, denn darum handelt es sich nicht. Es handelt sich vielmehr einfach darum: was ist norhwendig, damit der Staat seine Verpflichtung, für eine objektive und sachgemäße Rechtsprechung auch bei diesen Gewerbegerichten zu sorgen, erfüllen kann. Da sind nun die verbündeten Re⸗ gierungen und Ihre Kommission einstimmig der Meinung, daß es einer Bestätigung des Vorsitzenden in allen denjenigen Fällen bedarf, in denen sich die Wahl auf eine Person ge⸗ lenkt hat, die sich noch keiner staatlichen Bestätigung erfreut. Sie stützen sich bei dieser Auffassung auf den gegenwärtigen Rechtszustand in einer großen Anzahl von Gerichten ähnlichen Charakters, wie bei den gewerblichen Schiedsgerichten am Rhein und im Elsaß, dem Un⸗ fallschiedsgericht und den Handelsgerichten. Nun frage ich: liegt hier eine Veranlassung vor, von diesem bisber in der Gesetzgebung aner⸗ kannten und durchgeführten Prinzip abzugehen? Auch nicht die min⸗ deste! Der einzige Grund, welcher für die gegentheilige Meinung vorgebracht wird, ist eben der von dem Hrn. Abg. Eberty angeführte: „Wir müssen so viel herausschlagen, wie wir können.“ Um ein „Herausschlagen“ handelt es sich hier aber nicht; hier stehen vielmehr lediglich richtige und zweckmäßige Maßregeln in Frage, und als eine solche richtige und zweckmäßige Mazregel kann ich es nur ansehen, wenn Sie den Antrag des Hrn. Abg. Eberty ablehnen.

Abg. Porsch: Gegen den Antrag Eberty läßt sich an sich nichts einwenden, aber die Sache erscheint von minimaler Bedeutung gegenüber dem Bestätigungsrecht nach der Fassung der Kommission. Wir müssen es als ein sehr weitgehendes Entgegenkommen der verbündeten Regierungen ansehen, wenn sie von einer Bestätigung absehen wollen für die Gemeinde⸗ beamten, die schon die Königliche Bestätigung gefunden haben.

Die Diskussion wird geschlossen.

Persönlich bemerkt der Abg. Eberty dem Staatssekretär: Es ist doch höchst begreiflich, wenn wir in dieser Sache, da die Parteien doch Grundsätze haben müssen

Vize⸗Präsident Graf Ballestrem: Das liche Bemerkung.

Abg. Eberty (fortfahrend): wir in dieser Sache zu erlangen suchen, was möglich ist.

Vize⸗Präsident Graf Ballestrem: Das ist auch keine persönliche Bemerkung.

Die Anträge Eberty und Auer werden gegen die Stimmen der Freisinnigen, Sozialdemokraten und Volksparteiler abge⸗ lehnt, F. 14 unverändert angenommen.

Nach §. 15 ist das Amt der Beisitzer ein Ehrenamt, dessen Uebernahme nur aus denselben Gründen abgelehnt werden kann, welche zur Ablehnung eines unbesoldeten Gemeindeamts berechtigen.

Abg. Eberty beantragt, über solche schriftlich geltend zu machenden Gründe die Landes⸗Centralbehörde entscheiden zu lassen.

Abg. von Strombeck beantragt, zuzusetzen, daß, wer sechs Jahre lang Beisitzer gewesen in, während der nächsten sechs Jahre die Uebernahme des Amts ablehnen kann. Er hätte gewünscht, daß die Materie der Ablehnungsgründe ein⸗ heitlich für das ganze Reich geregelt werde, unterläßt es aber, einen solchen Antrag, da er keine Aussicht auf Erfolg habe, zu stellen. Jedenfalls müßte die Wahrnehmung des Beisitzeramts während sechs Jahre für die nächsten sechs Jahre als Ablehnungsgrund gelten gelassen werden. Die Städteordnung bestimme, daß, wer drei Jahre ein kommunales Ehrenamt bekleidet habe, dasselbe für die nächsten Jahre ablehnen könne. Es sei aber sehr zweifelhaft, ob diese Bestimmung auch auf die Gewerbe⸗ gerichte Anwendung finde. Die Folge des Mangels einer solchen Bestimmung würde sein, daß Arbeiter und Arbeit⸗ geber Zeitlebens das Beisitzeramt wahrzunehmen gezwungen sein könnten.

Abg. Eberty empfiehlt den Antrag von Strombeck und auch den von ihm gestellten, welcher eine Lücke der Vorlage ausfüllt, da dieselbe keine Bestimmung darüber treffe, welche Behörde entscheiden soll.

Geheimer Regierungs⸗Rath Hoffmann hält die An⸗ nahme des Antrages Eberty für zweckmäßig; der Antrag Strombeck sei dagegen überflüssig, da die landesgesetzlichen Vorschriften wohl ausreichten.

§. 15 wird darauf mit beiden Anträgen angenommen.

Nach §. 16 kann ein Mitglied eines Gewerbegerichts seines Amts durch die höhere Verwaltungsbehörde enthoben werden, wenn Umstände eintreten oder bekannt werden, die

ist keine persön⸗

1890.

seine Wählbarkeit ausschließen. Die Beschwerde soll nicht stattfinden. Wegen grober Verletzung seiner Amtspflicht kann ein Mitglied seines Amts entsetzt werden und zwar durch das Landgericht, in dessen Bezirk das Gewerbegericht liegt. Abg. Wisser beantragt, die Amtsenthebung ebenso wie die Amtsentsetzung durch das Landgericht vornehmen zu lassen. Die eine Maßregel sei ebenso wichtig wie die andere, sodaß Fa. nicht empfehle, dafür zwei verschiedene Instanzen ein⸗ zusetzen.

Abg. Auer beantragt, daß gesagt werde, die Beschwerde gegen die Enthebung vom Amt sei zulässig, ferner, die Be⸗ stimmung über die Amtsentsetzung durch Ürtheil des Land⸗ gerichts überhaupt zu streichen.

Abg. Tutzauer: Die Enthebung vom Amt kann aus ganz geringfügigen Gründen erfolgen, z. B. wenn ein Ge⸗ werberichter eine ganz kleine, vorübergehende Unterstützung

von der Gemeinde erhalten hat.

1 Bei so geringfügigen Grün⸗ den muß im Instanzenwege festgestellt werden können, ob die⸗ selben auch für die Enthebung maßgebend sind. Die Amts⸗ entsetzung durch das Landgericht wegen grober Verletzung der Amtspflicht muß ganz gestrichen werden, denn was versteht man nicht Alles unter grober Verletzung der Amts⸗ pflicht! In Berlin ist sogar gegen einen Rechtsanwalt ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil er in einer sozial⸗ demokratischen Wählerversammlung gesprochen hat, das hielt man für nicht vereinbar mit dem Amt eines Rechtsanwalts. Bei den Schöffengerichten existirt eine ähnliche Bestimmung wie diese nicht. Schon durch die erste Bestimmung über die Amtsenthebung durch die Verwaltungsbehörde werden alle Fälle getroffen.

Geheimer Regierungs⸗Rath Hoffmann: Gegen den An⸗ trag Auer, die Beschwerde zuzulassen, sind keine erheblichen Bedenken geltend zu machen. Der zweite Theil des Antrags Auer muß aber im Interesse der Gerichte selbst abgelehnt werden. Bei den Schöffengerichten ist es etwas ganz Anderes, denn die Schöffen werden nur zu einzelnen Sitzungen im Jahre hinzugezogen, während die Gewerberichter dauernd thätig sind. Den Antrag Wisser bitte ich gleichfalls ab⸗ zulehnen, da es sich bei der Amtsenthebung um rein formelle Entscheidungen handelt.

AöAbg. Ackermann: Der erste Antrag Auer ist nicht von so großer Bedeutung und ich kann demselben zustimmen. Der Antrag Wisser bedeutet ein Mißtrauen gegen die Verwaltungs⸗ behörden, die eben so richtig und unparteiisch entscheiden wie die ordentlichen Gerichte. Der zweite Theil des Antrags Auer läßt einen Gewerberichter, selbst wenn er sich eine grobe Ver⸗ letzung der Amtspflicht hat zu Schulden kommen lassen, das ganze Jahr hindurch auf seinem Platze. Es kann doch nicht Absicht des Antragstellers sein, zu erklären: grobe Verletzungen der Amts⸗ pflicht sind zulässig. In dem Fall des Berliner Rechtsanwalts

wird wohl nicht nur das Sprechen desselben in der Versamm⸗ lung, sondern was er gesprochen, Gegenstand der Untersuchung gewesen sein. Ist seine Rede unvereinbar mit dem Amte eines Rechtsanwalts, so ist ihm Recht geschehen. Es gehör sich auch nicht für einen Rechtsanwalt, daß er in einer sozial demokratischen Versammlung spricht. Abg. Meyer (Berlin) erklärt sich für den Antrag, d Beschwerde zuzulassen, bittet aber im Uebrigen die Kom missionsfassung unverändert anzunehmen. Der Begriff eine groben Verletzung der Amtspflicht sei einer der bestimmtesten und zweifellosesten in der Rechtssprache. Er nehme daran, daß ein Rechtsanwalt in einer sozialdemokratischen Versammlung spreche, wenn er seiner Ueberzeugung nach Sozial demokrat sei, ebensowenig Anstoß, wie wenn ein Rechtsanwalt, der Zünftler sei, in einer zünftlerischen Versammlung rede. In seiner (Redners) Werthschätzung ständen zünftlerische und sozialdemokratische Versammlungen gleich. In dem Falle des Berliner Rechtsanwalts komme in Betracht, daß die Disziplinar gesetze zwischen einer Verletzung der Amtspflicht und dem Ver⸗ halten außerhalb des Amts unterscheiden. Der Richter, der seine Amtspflicht in grober Weise verletzt habe, müßte entfernt werden. 8 Abg. Wisser bestreitet dem Abg. Ackermann gegenüber, daß sein Antrag ein Mißtrauen gegen die Verwaltungsbehörden ausspreche. 1

Abg. Singer: Durch unseren Antrag auf Zulassung der Beschwerde würden alle Wünsche, die man hat, erfüllt werden. Der Antrag Wisser würde die Landgerichte nur mit formellen Entscheidungen belasten. Mein Antrag würde Dem nicht wunderbar erscheinen, der die Erkenntnisse der sächsischen Ge⸗ richte kennt. In Sachsen ist ein buntes Taschentuch, in welchem rothe Farbe vorhanden war, als ein revolutionäres Anzeichen angesehen und ebenso ein orangefarbenes kleines Stückchen Papier, das ich hier in der Hand habe. Danach muß man zu der Ansicht kommen, daß bei den sächsischen Gerichten Alles möglich ist. Wenn ein Rechtsanwalt nicht in einer sozial⸗ demokratischen Versammlung sprechen darf, könnte es auch für eine grobe Verletzung der Amtspflicht angesehen werden, wenn ein Gewerberichter sich an sozialdemokratischen Bestrebungen betheiligt. Der Abg. Meyer ist nicht sehr objektiv, wenn er zünftlerische und sozialdemokratische Bestrebungen auf ein Niveau erhebt. Nach unseren Erfahrungen der letzten Jahre kann dieser Paragraph ein Mittel werden, um mißliebige Personen aus politischen Gründen vom Amte des Gewerbe⸗ richters zu entfernen.

Abg. Miquel meint, daß man die Worte: „Die Be⸗ schwerde ist nicht zulässig“ einfach weglassen könne. Die Be⸗ stimmungen über die Amtsentsetzung könne man nicht ent⸗ behren; er könne aber nicht glauben, daß ein Gerichtshof bei der Entscheidung von politischen Tendenzen sich leiten lassen könnte.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Was die von dem Hrn. Abg. Miquel angeregte Frage anlangt, so möchte ich mich dahin aussprechen, daß ich es wenn die Herren in den Fällen des Absatz 1 des §. 16 eine Beschwerde zulassen wollen für richtiger halte, diese Absicht dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß die Worte: „Beschwerde findet nicht statt“ gestrichen werden. Für dieses Verfahren sprechen die Gründe, die der Hr. Abg. Dr. Miquel hervorgehoben hat. Würde man hineinschreiben: „Beschwerde

ist zulässig“, so würde dadurch eine mißverständliche Interpretation