1890 / 151 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

für das demselben durch die Zustimmung der Delegation ausgesprochene Vertrauen und bemerkte dabei, daß der Minister des Aeußeren Betreffs Bulgariens Alles gesagt habe, was er habe sagen können. Was Serbien anbeträfe, so hätten die Aeußerungen des serbischen Gesandten Simitsch recht wenig an der dortigen Situation geändert. Die Regie⸗ rung beobachte mit wachsamem Auge die Ereignisse in Serbien;

zu weiterem Vorgehen läge kein Anlaß vor. Großbritannien und Irland.

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London, 23. Juni. der jüngst zum Herzog von Clarence und Avondale ernannte Prinz Albert Victor den Eid und nahm darauf seinen Pairssitz zur Linken des Thrones ein.

Im Unterhause beantwortete der Unter⸗Staatssekretär

Fergusson eine bezügliche Anfrage dahin: die Regierung sei nicht der Ansicht, daß das seiner Zeit zwischen England und Frankreich getroffene Abkommen über die Unab⸗ hängigkeit Sansibars durch eine mit voller Zustimmung des Sultans erfolgende Uebernahme des englischen Protek⸗ torats über Sansibar irgendwie berührt werde. Die Absicht Englands, das Protektorat über Sansibar zu übernehmen, sei der französischen Regierung mitgetheilt worden. Dem fran⸗ zösischen Minister habe aber diese Mittheilung noch nicht vorgelegen, als er seine auf Sansibar bezügliche Erklärung in der französischen Kammer abgegeben habe. Der erste Lord des Schatzes Smith kündigte an, daß die Regierung die Be⸗ stimmung der Lokalsteuer⸗Bill, durch welche die Graf⸗ schaftsräthe ermächtigt werden, Schankgerechtigkeiten anzukaufen, zurückgezogen habe. Die für diesen Ankauf n Ansatz gebrachte Geldsumme solle angesammelt werden, bis das Parlament über deren Verwendung bestimme. Der Antrag der Regierung auf Niedersetzung eines Ausschusses wegen Fortberathung der dem Parlament gemachten Vorlagen in der nächsten Session desselben Parlaments wurde nach längerer Debatte ohne besondere Abstimmung an⸗ genommen. 1

Die heutige „Times“ sagt:

„Wir wissen nur zu gut, daß der am Sonnabend in der franzö⸗ sischen Deputirtenkammer erhobene Protest gegen die Anerkennung des britischen Protektorats über Sansibar in Wirklichkeit gegen die ge⸗ plante Abtretung Helgolands gerichtet ist. Wir wünschen, auf gutem Fuße mit unserem nächsten europäischen Nachbar zu bleiben, und es ist nicht unsere Schuld, wenn Reibungen in Egypten, Neufundland und anderwärts entstanden sind; aber so sehr wir auch bestrebt sein mögen, uns das Wohlwollen Frankreichs zu sichern, ermangeln wir gänzlich, die Macht des in einigen französischen Zeitungen entwickelten Arguments einzusehen, daß England verpflichtet sei, Helgoland in seinen Händen zu behalten, damit die Franzosen im Falle eines Krieges mit Deutschland im Stande sein mögen, wirksame Flottenoperationen in der Nordsee auszuführen.“

In einem Eisenbahncoupé wurde, der „A. C.“ zufolge, auf der Fahrt von Woolwich nach London am 20. d. M der General⸗Major Charles B. Brackenbury, Direktor der Artillerie⸗Schule in Woolwich, vom Schlage gerührt. Der Dahingeschiedene, einer der wissenschaftlich gebildetsten Offiziere der britischen Armee, wurde 1837

eboren und trat 1856 als Lieutenant in die Königliche Artillerie.

achdem er die Belagerung von Sebastopol mitgemacht und einige Jahre in Indien gedient, fungirte er im deutsch⸗französischen Krieg von 1870/71 als Vertreter des britischen nationalen Vereins für die Krankenpflege im Kriege. Für seine Dienste in dieser Eigen⸗ schaft erhielt er von der französischen Regierung das Offizierkreuz der Ehrenlegion, vom Deutschen Kaiser das Eiserne Kreuz und vom König von Bayern den St. Michaels⸗Orden. Im Ashanti⸗ kriege zeichnete er sich in der Schlacht von Amoaful und bei der Einnahme von Kumassie aus. Im Zulukriege war er Chef des Generalstabes, und in dem Feldzuge im Sudan, 1884—85, befehligte er eine Kolonne, die bei Kirbekan einen harten Strauß mit dem Feinde hatte. In Anerkennung seiner Dienste in diesem Feldzuge wurde Brackenbury zum General⸗Major befördert. Erwähnt sei auch, daß der Verstorbene den böhmischen Feldzug im preußischen Hauptquartier, den Feld⸗ zug von Le Mans im Jahre 1871 mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl von Preußen mitmachte, die russische Armee während des Feldzuges 1877 in Bulgarien begleitete und mit der Vorhut Gourko's den Balkan überschritt. Brackenbury glänzte auch als Schriftsteller auf militärischem und geschichtlichem Gebiete. Ein Leben Friedrich's des Großen und ein Werk über den Winter⸗ feldzug des Prinzen Friedrich Karl, 1870 71, gehören zu seinen besten Leistungen.

In Neufundland hat (wie schon telegraphisch gemeldet) zwischen den einheimischen und französischen Fischern endlich ein blutiger Zusammenstoß stattgefunden. Ein amerikanisches Blatt stellt in einem Bericht aus St. George Bay den Vorgang folgendermaßen dar:

In Port La Port kamen etwa gleichzeitig 20 Schooner mit etwa 200 französischen und britischen Fischern an, um Köder zu fangen. Die britischen Fischer warfen ihre Netze zuerst aus und sicherten sich die besten Stellungen. Die Franzosen, welche nichts fingen, beriefen sich zuerst auf ihr Recht, und da dies nichts half, nahmen sie ihre Zuflucht zu Gewaltmaßregeln. Da sie indeß in der Minderheit waren, wurden sie leicht zurückgetrieben. Schußwaffen wurden nicht in Anwendung ge⸗ bracht, aber mit Knütt eln, Ruderstangen, Bootshaken u. s. w. wurde hart gekämpft. Getödtet wurde Niemand, aber es mangelte nicht an Knochenbrüchen und blutigen Köpfen. Auf die Kunde von dem Kon⸗ flikt eilten das britische Schiff „Pelican“ und das französische Ka⸗ nonenboot „Laperouse“ nach dem Kampfschauplatz. Da die Briten sich mit dem erforderlichen Köder versehen hatten, segelten sie weg, und die Franzosen fischen nun an derselben Stelle,

Frankreich.

Paris, 23. Juni. In der Deputirtenkammer wünschte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Deputirte Brisson heute die Regierung betreffs Sansibars zu inter⸗ pelliren. Der Minister des Auswärtigen Ribot erwiderte, die Regierung werde in der nächsten Sitzung kund geben, ob sie die Interpellation annehmen könne. Brisson erklärte darauf: er wünsche die Regierung nicht betreffs schwebender, sondern vergangener Unterhandlungen zu interpelliren. Es handle sich darum, zu erfahren, was seit 1886 vorgegangen sei, wie man von der Begrenzung der Gebiete im Innern von Afrika zur Besitznahme des Küstengebiets gekommen sei. Im Jahre 1862 habe Frankreich Konzessionen gemacht, denn Sansibar sei für rankreich das Land der Kapitulationen gewesen. In dem deutsch⸗englischen Vertrage handle es sich um das ganze Gebiet von Sansibar; dieses Gebiet sei bis jetzt reservirt gewesen. Die Aufgabe von Sansibar würde aber in ganz Afrika einen dem französischen Prestige gefährlichen Widerhall erzeugen; er ersuche die Regierung, die Debatte auf morgen festzustellen. Der Minister des Auswärtigen erwiderte: er sei soeben erst von der Interpellation benachrichtigt worden; es sei un⸗ möglich, die Vergangenheit zu besprechen, ohne die Gegenwart und die Zukunst zu berühren. Die Regierung sei wachsam, Nichts werde in Sansibar ohne vorheriges Einverständniß mit

Im Oberhause leistete heute

Frankreich geschehen. Die Kammer setzte alsdann die De⸗ batte der Interpellation auf morgen fest.

Der von der Untersuchungskommission über den Crédit Foncier erstattete Bericht enthielt gewisse Vor⸗ behalte. Der Ministerrath beschloß in Folge dessen, den Bericht Christophle mitzutheilen und ihn zur Ertheilung näherer Auskunft in einem Gegenbericht aufzufordern.

Zu dem Festmahl, welches der deutsche Botschafter Graf Münster am Sonnabend zu Ehren des Präsidenten der Republik gab, kamen Herr und Frau Carnot um 7 ½ Uhr, von einer Abtheilung berittener Garde geleitet, vor dem glänzend beleuchteten Botschaftshotel der Rue de Lille an⸗ 5 Graf Münster empfing seine Gäste auf dem Perron, ot Frau Carnot den Arm und führte sie in den Festsaal des ersten Stockes, wo die Tischgesellschaft schon versammelt war. Sogleich wurde angekündigt: „Monsieur le Président de la République est servi!“ Herr Carnot nahm an der reich mit Blumen und Aufsätzen geschmückten Tafel den Platz des Hausherrn ein; ihm zur Rechten saßen Fr. Jules Roche, Hr. Ribot, Frl. von Freycinet, Hr. Lozé, Graf d'Arco; zu seiner Linken Comtesse Marie zu Münster, Hr. von Freycinet, Lady Lilton, Graf d'Ormesson, Comtesse Thusnelda von Münster, eine Schwester des Botschafters, Oberst Lichten⸗ stein; Graf Münster, welcher dem Staatsoberhaupte gegenüber saß, hatte zu seiner Rechten Frau Carnot, Essad⸗Pascha, Fr. Lozé, Major Teulza, Baron von Huene; zu seiner Linken Fr. Beng e Handels⸗Minister Roche, Gräfin d'Ormesson, Lord Lytton, Comtesse Julia von Münster, eben⸗ falls eine Schwester des Botschafters, und General Brugere. Nach aufgehobener Tafel begab sich die Gesellschaft in die Salons des Erdgeschosses, wo die Unterhaltung bis 11 Uhr fortgesetzt wurde.

Der hohe Rath für Handel und Industrie hielt am Freitag abermals eine stark besuchte Sitzung unter dem Präsidium des Handels⸗Ministers Jules Rocher. Mit 26 Stimmen gegen 18 Enthaltungen sprach sich der Rath für die Schaffung eines Minimaltarifs jenen Ländern gegenüber aus, welche Frankreich die gleiche Begünstigung ge⸗ währen. Mit 27 gegen 13 Stimmen und 4 Enthaltungen wurde be⸗ schlossen, daß dieser Tarif für eine bestimmte Zeit und unter der Bedingung der Gegenseitigkeit von Seiten des Auslandes gewährt werden sollte. Die Dauer dieser Konvention wurde einmüthig auf höchstens fünf Jahre festgesetzt. Endlich war der Conseil supérieur der Ansicht, daß neben dem Minimaltarif auch ein Generaltarif geschaffen werden sollte.

Der Marine⸗Minister hat am Freitag mittelst tele⸗ graphischer Depesche die sofortige Ausrüstung nach⸗ stehender Fahrzeuge angeordnet: des Kreuzers „Nielly“, der Torpedoboote für die hohe See „Dehorter“ und „Bouet⸗Villaumez“ sowie der Torpedoschiffe 70, 71 und 72 in Cherbourg, der Kreuzer „Star“, „Primauguet“ und „Rigault de Genouilly“, des Torpedoschiffs 73 in Brest, der Torpedoschiffe 69 und 74 in Lorient bezw. Rochefort. Diese Fahrzeuge müssen binnen längstens zehn Tagen seebereit sein und sollen nach den ergangenen Befehlen womöglich noch früher ausgerüstet sein. Am 1. Juli werden sie zum Mittelmeer⸗Geschwader und der Panzer⸗Division des Nordens stoßen, welche an jenem Tage im Hafen von Brest einzutreffen haben. Am 5. beginnen die Gesammtmanöver dieser auf den Kriegsfuß gestellten Flotte, welche am 13. zur Feier des Nationalfestes nach Brest zurückkebren und sich am 16. von da nach Cherbourg begeben soll. Der Mobilmachungsbefehl ist bis zum letzten Augenblick streng geheim gehalten worden, um das System der Reserve in Brest und Cherbourg genau prüfen zu können. be“

Rußland und Polen. 8

St. Petersburg, 24. Juni. (W. T. B.) Die Be⸗ stimmungen des Miiliärgesetzes über den Eintritt vhsdHeh Offiziere in russische Dienste werden offiziell aufgehoben. Italien. 8 8

Rom, 23. Juni. In der Kammer ist, dem „W. T. B.“ zufolge, heute ein Grünbuch überdie Berliner Konferenz vertheilt worden, welches 76 Dokumente enthält, die sich auf die Einberufung, die Arbeiten und die Beschlüsse der Kon⸗ ferenz sowie auf den Bericht der italienischen Delegirten be⸗ ziehen. In der heutigen Sitzung der Kammer wurde die Debatte über den letzten Theil des Budgets, betreffend die Einnahmen, geschlossen. Die morgen stattfindende Abstimmung wird eine geheime sein. Der Gesetzentwurf über die Neuordnung der Finanz⸗ lage der Stadt Rom setzt Seitens des Staats einen jähr⸗ lichen Zuschuß im Betrage von 2 ½ Millionen Lire für die Binszahlung bis zur gänzlichen Tilgung der Schuld fest und efreit das Munizipium von der Verpflichtung zu den Tiber⸗ Regulirungsarbeiten; dagegen übernimmt die Regierung die Verwaltung des städtischen Octrois, der Kommune hieraus den Betrag von vier Millionen vergütend, während der ver⸗ bleibende Fehlbetrag von zwei Millionen durch neue Steuern aufzubringen ist. Falls der Stadtrath diesen Bedingungen nicht zustimmt, soll er aufgelöst und eine Königliche Kommission ernannt werden. Der Kammer ist der letzterschienene Bericht über die Verw altung des Kirchengutes im Verwaltungsjahre 1888 89 mitgetheilt worden. Der Erlös für verkaufte Güter erreichte danach bis Ende Juni v. J. die Höhe von 650 Millionen. Es ist eine neue Form geschaffen worden, durch welche fast der ganze immobile Kirchenbesitz in Rente umgewandelt wird. An Private, welche aus dem Patronatstitel darauf einen Anspruch hatten, wurden Güter im Werthe von fast 150 Millionen, welche in früherer Zeit ihren Familien entzogen worden waren, zurückgegeben. Es steht nunmehr fest, daß die Kammer in den ersten Tagen des Juli ihre Arbeiten beenden und sich bis zum Herbst vertagen wird.

Mit Rücksicht auf die Veröffentlichung des deutsch⸗eng⸗ lischen Abkommens bezüglich Afrikas hat der neuernannte Gouverneur der Erythräischen Kolonie, Geneꝛal Gandolfi seinen ursprünglichen Reiseplan geändert. Er wird auf der Fahrt nach Massovah in Alexandria und in Kairo Halt machen und an letzterem Ort mit dem General Dal Verme zusammentreffen, der ihn über das Uebereinkommen mit der englischen Regierung bezüglich der Aktionssphären beider Mächte in Afrika informiren wird; nach den Konferenzen mit Dal Verme und den englischen und egyptischen Behörden wird G Gandolfi die Reise nach seinem Bestimmungsort fort⸗

Die diesjährigen Sommerübungen der Alpen⸗

Regimenter werden in der Weise stattfinden, daß sämmt⸗

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lliche sieben Regimenter in einem Theile des Alpengebietes

konzentrirt werden; wahrscheinlich wird dies in den Cottischen Alpen geschehen, doch ist nicht ausgeschlossen, daß ein Theil der Uebungen auch in den See⸗Alpen abgehalten wird.

General Pelloux wird sich als Vertreter des italienischen Schützenbundes (Società italiana di tiro a segno) zum deutschen Bundesschießen nach Berlin begeben.

In dem heutigen Konsistorium hat der Papst auch den Erzbischof von Wien Gruscha sowie den Suffraganbischof der Diözese Gnesen Andrejewicz als Titularbischof von Philomelium präkonisirt.

Spanien.

Madrid, 23. Juni. (W. T. B.) Seit den letzten telegraphischen Nachrichten sind in Puebla de Rugat eine rkrankung und ein Todesfall, in Montichelvo zwei Er⸗ krankungen und ein Todesfall und in Benignanim weder Todesfälle noch Erkrankungen vorgekommen. Die technische Kommission, die nach Malaga geschickt worden, erklärt, daß die Krankheit, die verdächtig erschien, nur Infektions⸗Fieber war, daß kein Grund zur An⸗ nahme vorliege, es sei das gelbe Fieber, und daß, da keine Erkrankungen weiter stattgefunden, eine Isolirung des Kranken⸗ hauses nicht nöthig sei.

24. Juni. (W. T. B.) Der Gesundheitsrath hat nunmehr das Vorhandensein der asiatischen Cholera in der ganzen Umgegend von Valencia anerkannt. Mit Rücksicht auf die Ausdehnung der Epidemie sind die Ab⸗ sperrungsmaßregeln, welche für die infizirten Ortschaften ein⸗ gerichtet waren, vollständig aufgehoben worden. Seit den letzten gestrigen Nachrichten sind in Puebla de Rugat, in Montichelvo und in Garcia weder neue Erkrankungen noch neue Todesfälle vorgekommen.

Schweiz.

Bern, 24. Juni. (W. T. B.) Der Nationalrath hat nach Anhörung der Berichte der Ausschußmitglieder den Niederlassungsvertrag mit Deutschland ohne Dis⸗ kussion einstimmig genehmigt. Nur in einem neben⸗ sächlichen Punkte soll durch nachträglichen Notenwechsel noch eine vom Ausschuß gewünschte Erklärung ausgetauscht werden.

Der Nationalrath hat ferner die Fortsetzung der jetzigen Session auf den 22. September zur Berathung des Zolltarifs und des Modus der Verfassunge angesetzt. ““ MNiiederlande.

Haag, 23. Juni. (W. T. B.) Nach einer aus Atschin eingegangenen amtlichen Meldung griffen die nieder⸗ ländischen Truppen am 13. Juni Kwalabagoh und Ohlegadja an, vertrieben die Atschinesen und besetzten Ohlegadja. Der diesseitige Verlust betrug 3 Verwundete. Die Truppenabtheilung trat am 17. Juni den Rückmarsch nach Edi an.

Dänemark.

Kopenhagen, 23. Juni. (W. T. B.) Für den bevor⸗ stehenden Besuch Sr. Majestät des Deutschen Kaisers sind zum Ehrendienst befohlen: Vize⸗Admiral Meldal, Oberst Dalberg und der Adjutant des Königs, Oberst⸗Lieute⸗ nant von Lövenfeldt. Zum Ehrendienst bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich ist der Contre⸗Admiral

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Vereinigte Staaten. Washington, 23. (A. C.) Der Staatssekretär Blaine empfiehlt in einer Zuschrift an den Kongreß die Annahme eines Zusatzes zur Tarifvorlage, kraft dessen der Präsident ermächtigt werden soll, die Häfen der Vereinigten Staaten als frei zu erklären für solche Produkte irgend einer amerkkanischen Nation, auf welche kein Ausfuhrzoll erhoben wird, so lange eine solche Nation den Fabrikaten und Erzeugnissen der Ver⸗ einigten Staaten zollfreien Zulaß gewährt. In der vor⸗ gestrigen Sitzung des Senats brachte Mr. Hale ein Amendement zur Tarifvorlage ein, welches mit dem in der Zuschrift Blaine's enthaltenen Vorschlage übereinstimmt.

Der Präsident des Repräsentantenhauses, Mr. Reed, hat die vom Senat modifizirte Silbervorlage an den Münzausschuß zurückgesandt aus dem Grunde, weil der Senat der Vorlage eine Klausel hinzugefügt hat, die Geld für die Silberprägung bewilligt. Die Demokraten pro⸗ testirten gegen diesen Schritt und eine von Mr. Mills (Texas) beantragte Resolution, daß der Präsident inkorrekt gehandelt, wurde nach erregter Debatte mit 121 gegen 117 Stimmen angenommen.

Der Kongreß genehmigte die Anti⸗Trust⸗Bill.

Brasilien. Rio de Janeiro, 23. Juni. (W. T. B.) Die neue brasilianische Verfassung ist vom Minister⸗ Präsidenten da Fonseca unterzeichnet und gestern Abend veröffentlicht worden. Der Inhalt entspricht den früher von den brasilianischen Blättern darüber gebrachten Mittheilungen. Die Regierung hat den aus spanischen Häfen kom⸗ menden Schiffen gegenüber die Quarantäne angeordnet.

Nach in Buenos⸗Aires eingegangenen Nachrichten aus Entre⸗Rios dauert dort die aufständische Bewegung fort; die beunruhigenden Anzeichen mehren sich.

San Salvador. Eine telegraphische Nachricht des „Reuter'schen Bureaus“ aus San Salvador meldet: Präsident General Menendez sei am Sonntag am Schlusse eines Erinnerungs⸗Banketts an den vor 50 Jahren erfolgten Ein⸗ tritt in Salvador und an die Niederlage der Partei Zaldivar plötzlich gestorben. Während der hierdurch hervorgerufenen Panik wären General Marcia und einige Andere getödtet worden und General Carlos Czeta, der Befehlshaber der Truppen, hätte die Führung der Geschäfte an sich genommen; im Uebrigen herrsche Ruhe.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (25.) Sitzung des Reichstages, welcher am Tisch des Bundesraths der Reichskanzler von Caprivi sowie die Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, von Verdy du Vernois, Freiherr von Berlepsch, und die Staatssekretäre Freiherr von Marschall und Freiherr von Maltzahn, nebst Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zuhe Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1890/91 auf Grund der in zweiter Berathung unverändert angenommenen Vorlage.

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Juni.

minderung der thatsächlichen Präsenzzeit bei

genommen.

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Staatssekretär Freiherr von Marschall wies darau hin, daß seit der zweiten Lesung durch den deutsch⸗englischen Vertrag eine für die Zukunft unserer kolonialpolitischen Verhältnisse schwerwiegende Aenderung eingetreten sei. Nach Ratifizirung des Vertrages durch gegenseitigen Noten⸗ austausch werde ein alle Punkte der Verhandlungen umschließendes Uebereinkommen geplant. Ein wichtiger Punkt des Ueber⸗ einkommens sei dem englischen Parlament zur Entscheidung unterbreitet. Je nach dem Ausfall derselben werde auch eine entsprechende Vorlage an den Reichstag kommen. Die Möglichkeit sei nicht ausgeschlossen, daß dies noch in der gegenwärtigen Tagung geschehe. In diesem Augenblick, wo die Verhandlungen noch im Gange sind, in eine Diskussion des Ver⸗ trages einzutreten, sei unerwünscht und könnte unter Umständen nachtheilig sein. Die Vertreter der verbündeten Regierungen würden auch nicht in der Lage sein, die Einzelheiten zu begründen. Wenn deshalb an den Reichstag die Bitte ergehe, in eine solche Diskussion nicht einzutreten, so dürfe man der Erfüllung dieser Bitte um so sicherer sein, als das Abkommen auf den Etat einen Einfluß nicht ausüben werde und die ver⸗ bündeten Regierungen durch dasselbe in die Lage versetzt werden, den Wünschen des Reichstages in der ersten und zweiten Berathung, sobald als möglich mit einem Plane bezüglich der weiteren Entwickelung in Ost⸗Afrika hervorzutreten, Rechnung zu tragen. Die Grundlage des Vertrages bilde eben die Abgrenzung der Interessensphäre. Sei diese erfolgt, so würden die verbündeten Regierungen einen solchen Plan vorlegen, und dieselben seien entschlossen, die Interessen der Finanzen des Reichs und der Steuerzahler in vollem Maße zu berücksichtigen.

Ohne weitere Debatte wurde der Nachtra gs⸗Etat an⸗ genommen.

Darauf begann die zweite Lesung des Gesetzentwurfs,

betreffend die Friedens⸗Präsenzstärke des deutschen Heeres. Nach der von der Kommission unverändert ange⸗ nommenen Vorlage soll die Friedenspräsenz vom 1. Oktober 1890 ab um 18 574 Mann vermehrt, also auf 486 983 Mann gebracht werden. . Die Abgg. Dr. Bamberger u. Gen. beantragten die jährliche Bewilligung der Friedenspräsenzstärke und ferner die gesetzliche Einführung der zweijährigen Dienstzeit durch ent⸗ sprechende Abänderung der Reichsverfassung.

Auf Antrag des Abg. Rickert wurde beschlossen, daß über die vom Abg. Dr. Windthorst gestellten und von der Kommission empfohlenen Resolutionen sofort in zweiter Lesung nach Abschluß der Debatte abgestimmt werden soll.

Referent Abg. Graf Stolberg nahm zunächst darauf Bezug, daß die Mehrheit der Kommission sich davon überzeugt habe, daß eine dauernde Vermehrung der französischen Streit⸗ kräfte seit 1887 diesen ein Uebergewicht gegeben habe, das wir auszugleichen bestrebt sein müßten. Die später hervorgetre⸗ tenen Bedenken seien auf die Aeußerungen des Kriegs⸗ Ministers und die Zukunftspläne der Militärverwaltung zurückzuführen. Der Reichstag müsse der Regierung für diese offenen Erklärungen nur dankbar sein. Die Deutschen seien ein friedliches Volk, dem jede Angriffs⸗ lust fern liege, das Niemanden bedrohe. Für die Expansions⸗ kraft, welche uns wie jedem lebenskräftigen Organismus inne wohnt, ständen uns weite Gebiete in anderen Welttheilen offen. An und für sich bestehe also kein Bedürfniß, die Streitkräfte zu vermehren; solche Vermehrungen würden nur durch das Fortschreiten der Organisation der Nachbar⸗ staaten bedingt. Zu Erklärungen für die Zukunft sollte man den Kriegs⸗Minister nicht drängen, man verlange damit von ihm Unmögliches. Man solle also den Blick nicht in die ungewisse Zukunft, sondern auf die konkrete Gegenwart richten, und für die Vorlage stimmen, wenn man ihre Nothwendigkeit anerkenne. Die Anträge Bamberger seien für die Regierung, wie diese in der Kommission erklärt habe, unannehmbar; ihre Annahme würde also mit der Verwerfung der Vorlage gleichbedeutend sein. Redner empfiehlt dann die Resolutionen Windthorst, welche folgendermaßen lauten:

„1) Die Erwartung auszusprechen, daß die verbündeten Regie⸗ rungen Abstand nehmen werden von der Verfolgung von Plänen, durch welche die Heranziehung aller wehrfähigen Mannschaften zum aktiven Dienst durchgeführt werden soll, indem dadurch dem Deutschen Reich geradezu unerschwingliche Kosten erwachsen müßten.

2) die Erwartung auszusprechen, daß die verbündeten Regierungen in eine etwaige weitere Vorlage Behufs Abänderung des Gesetzes über die Friedenspräsenzstärke des Heeres unter Aufhebung der Fristbestim⸗ mung des Septennats das Etatsjahr als Bewilligungsfrist aufnehmen werden, während der Reichstag es sich vorbehält, auch bei sonstiger sich ergebender geeigneter Gelegenheit die Durchführung dieser Aenderung der Frist zur Geltung zu bringen.

3) Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine baldige Herab⸗ er aktiven Armee, sei es durch die thatsächliche Verlängerung der Rekrutenvakanz, sei es durch die Vermehrung der Dispositionsbeurlaubungen, eintreten zu lassen. 4) Die verbündeten Regierungen zu ersugen, die Einführung der gesetzlichen zweijährigen Dienstzeit für die Fußtruppen in ernstliche Erwägung zu ziehen.“

Bei Schluß des Berichts sprach der Abg. Rickert für die Anträge Bamberger.

(Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs⸗ tages befindet sich in der Ersten Beilage.)

Die Budget⸗Kommission des Reichstages hat die Forderungen des Nachtrags⸗Etats für die Gehaltserhöhung der unteren Beamten nach der Vorlage unverändert an⸗ genommen. Sie genehmigte ferner dieselben Resolutionen wie der preußische Landtag bezüglich der Vermehrung der etats⸗ mäßigen Stellen und der Abgrenzung nach Dienstaltersstufen. Endlich regelte sie die Gehaltsaufbesserung der etatsmäßigen Beamten der Betriebsverwaltung der Reichs⸗Eisenbahnen (Tariftlasse V. des Wohnungsgeldzuschusses) folgendermaßen: Es werden im Gehalt erhöht die Stations⸗Vorsteher II. Klasse, die Stations⸗Kassenrendanten und Güter⸗Expedienten II. Klasse, die Werkmeister, die Bahnmeister I. Klasse, die Betriebs⸗ Sekretäre, die Telegraphen⸗Controleure, die Zeichner und Kanzlisten I. Klasse, die Stations⸗Aufseher und Stations⸗ Afsiczenten, die Stations⸗Assistenten für den Expedilionsdienst, die Materialienverwalter II. Klasse, die Lokomotivführer, die Zugführer und die Ober⸗Packmeister. Die Gehaltsverbesserungen der diätarisch angestellten Beamten (2 ½ Mill. Mark) wurden nach der Vorlage bewilligt. Zu Stellenzulagen wurden 540 000 mit dem Vermerk bewilligt, daß Bewilligungen aus diesem Fonds nur für das Etatsjahr 1890/91 zulässig sein sollten. Das Gesetz wurde darauf einstimmig an⸗

Die Arbeiterschutz⸗Kommission nahm gestern §. 139 (Ausnahmen, welche bezüglich der in 886 135, 136 und 137 vorgesehenen Arbeitsbeschränkungen durch die Behörde zuzulassen sind) an, ebenso Absatz 1 des §. 139a, welcher lautet: „Der Bundesrath ist ermächtigt: 1) Die Verwendung von Arbeiterinnen sowie von jugendlichen Arbeitern für gewisse Fabri⸗ kationszweige, welche mit besonderen Gefahren für die Gesundheit oder die Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich zu untersagen oder von besonderen Bedingungen abhängig zu machen.“ Da⸗ gegen wurde Absatz 2, welcher den Bundesrath ermächtigt, die Verwendung von Arbeiterinnen über 16 Jahre in der Nacht⸗ zeit für gewisse Fabrikationszweige, in welchen sie bisher üblich war, unter den durch die Rücksicht auf Gesundheit und Sittlich⸗ keit gebotenen Bedingungen zu gestatten, abgelehnt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur wirthschaftlichen Lage.

„Aus Danzig schreibt man uns: Die Landwirthschaft befindet sich in wenig günstiger Lage und leidet durch den Abzug der Arbeiter nach Westen, welcher immer größeren Umfang annimmt. Selbst gegen sehr hohe Löhne sind landwirthschaftliche Arbeiter nur schwer zu erlangen. Veränderungen in der Lage des Großgewerbes sind im Winter nicht zu bemerken gewesen. Handwerk und Kleingewerbe leiden durch Absatzmangel in Folge geschwächter Kaufkraft des länd⸗ lichen Besitzes. 1

Das Wirthschaftsjahr 1889.

Die Handelskammer von Barmen äußert sich in ihrem Jahres⸗ bericht über die allgemeine Lage während des Jahres 1889 wie folgt:

Die Rückschau auf das Jahr 1889 gewährt insoweit eine gewisse Befriedigung, als das Gesammtergebniß der industriellen Thätigkeit unseres Bezirks im Großen und Ganzen ein günstigeres gewesen ist, als im Jahre vorher, von dem wirt ein keineswegs erfreuliches Bild zu entwerfen s. Zt. uns gezwungen saben. Freilich war die Besserung keine durchgreifende und allseitige, und müssen wir sogar einzelne Industrien, so namentlich die Knopf⸗Industrie, leider gänzlich kavon ausnehmen. Die günstigere Entwickelung des Geschäfts ver⸗ danken wir in erster Linie den friedlichen politischen Verhältnissen, die das in diesem Punkte seit langer Zeit mangelnde Vertrauen wieder⸗ bergestellt haben, daneben aber auch der gesunden Lage aller Rohstoff⸗ märkte.

Von nachtheiligem Einfluß auf die Gestaltung unseres geschäft⸗ lichen Lebens war eine crhebliche Lohnsteigeruns, hervorgerufen durch einen im Monat März hereingebrochenen Arbeiterstrike, sowie die bekannte Preiserhöhung der Kohlen.

Auch in unserem Handwerkerstande pussirte erfreulicherweise ein regeres Leben, was im Zusammenschluß zu Innungen und in der Errichtung von Handwerker⸗Fortbildungsschulen sich besonders kund gab. Die geschäftlichen Ergebnisse der Gewerbe waren durchweg be⸗ friedigende.

Die städtische Armenverwaltung blieb im vergangenen Jahre in ihren Ausgaben wesentlich unter der dafür angesetzten Summe; die segensreichen Folgen des Krankenkassen⸗ und Unfall⸗ versicherungsgesetzes machen sich von Jahr zu Jahr deutlicher bemerkbar.

Die Handelskammer von Offenbach urtheilt über das ver⸗ gangene Jahr in ihrem Jahresbericht folgendermaßen:

Der im wechselvollen Laufe der wirthschaftlichen Bewegung schon in den letzten Monaten des Jahres 1886 in seinen Anfängen vor⸗ handene und bereits im Jahre 1887 zu einer vollen Gesundung der wirthschaftlichen Verhältnisse führende Aufschwung hat im Wirthschafts⸗ jahr 1889 in gleicher Weise wie im Vorjahr unter dem fördernden Einflusse einer friedlichen, von ernsteren Bedrohnissen völlig frei ge⸗ bliebenen politischen Gesammtlage eine gesteigerte Fortsetzung erfahren, allem Anscheine nach aber damit zugleich auch seinen Höhepunkt erreicht.

Wenn man allerdings lediglich den statistischen Anschreibungen über den die Grenzen des deutschen Zollvereins hin und her überschreitenden Güterverkehr für die Beurtheilung der allgemeinen Handelsbewegung maßgebend sein lassen könnte, so würde 1889 freilich schon als eine Etappe wirthschaftlichen Niederganges zu gelten haben; denn in noch höherem Maße, als es zum Theil bereits im Vorjahre der Fall war, haben verschiedene Industrien recht erhebliche Einbußen in ihrer Waarenausfuhr zu verzeichnen gehabt; darunter vor Allem die für das gesammte nationalwirthschaftliche Getriebe so weit reichenden Großindustrien der Textil⸗ und der Eisenbranche, sowie die früher so exportstarke Glas⸗ und Thon⸗ und Steinwaaren⸗Industrie.

Gleichwohl hat auch Deutschland an dem im Jahre 1889 im Bereiche der Weltwirthschaft zweifellos, und zwar gegen das Vorjahr in noch gesteigertem Maße vorhanden gewesenen wirthschaftlichen Aufschwung in hohem Grade Theil gehabt. Neben dem Rückgang in der Ausfuhr, welchem übrigens auch in einzelnen Branchen, beispielsweise in verschiedenen Zweigen der chemischen In⸗ dustrie, recht erfreuliche Steigerungen des Exporthandels gegenüber⸗ stehen, war stellenweise eine starke Mehreinfuhr, namentlich auch in Fabri⸗ katen, zu verzeichnen. Dies ist in mehrfacher Beziehung beachtenswerth. Einerseits wird durch diese Verstärkung der Einfuhr an Fabrikaten, an welcher gerade auch die in der Ausfuhr rückgängigen Branchen der Textil⸗, Eisen⸗, Glas⸗ und Thonwaaren⸗Industrie stark betheiligt waren, der Nachweis erbracht, daß ein Ueberfluß an unabgesetzten Waaren auf dem heimischen Markte trotz der Abnahme des Exvortes im Allgemeinen noch nicht vorhanden gewesen ist. Auf der anderen Seite weist die lebhaftere Industriethätigkeit in Deutschland, auf welche sowohl aus der starken Zunahme der Ein⸗ fuhr an Rohstoffen für die verschiedensten Fabrikationen, insbesondere auch für die weniger stark am Exvort bethei⸗ ligten Branchen, als auch aus den abermals höhere Zahlen aufweisenden Anschreibungen des gesammten Verkehrswesens, sowie überhaupt aus unserer Kenntniß der Gestaltung der Industriever⸗ hältnisse im Jahre 1889 und damit übereinstimmenden anderwei⸗ tigen Berichten über eine mit einer stark steigenden Tendenz der Löhne Hand in Hand gehende vermehrte Fabrikthätigkeit zweifellos zu schließen ist, auf eine erheblich gesteigerte Verbrauchs⸗ und Aufnahmefähigkeit des inländischen Marktes hin. 1 18

Von dem Vorhandensein eines dem Rückgang unseres Ausfuhr⸗ handels entsprechenden Niedergangs unserer Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkte kann in keinem Falle die Rede sein. Es hat vielmehr die reichlichere heimische Nachfrage dazu geführt, daß dem leichteren deutschen Geschäfte, welches üͤberdies in dem Maße verlockender er⸗ scheinen muß, als vielfach die deutschen Zahlungsverhältnisse besser sind als manche ausländische, in höherem Maße nachgegangen und darüber das schwierigere ausländische Geschäft etwas mehr in den Hintergrund geschoben wurde.

Kunst und Wissenschaft.

Der Maler Konrad Siemenroth, der zuerst durch sein Gemälde „Fürst Bismarck zum Vortrag bei Kaiser Wilhelm I.“ und dann durch das Porträt des Papstes Leo XIII., welche beide im Kunst⸗ druck vervielfältigt sind, in weiteren Kreisen bekannt wurde, arbeitet jetzt, wie das „Berl. Fremdenbl.“ mittheilt, auf Allerhöchste Bestellung an einem großen Gemälde „Die Uebernahme des Protekto⸗ rats über den Johanniter⸗Orden durch Kaiser Wil⸗ helm II. im August 1889 in der Kirche zu Sonnenburg.“

Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen. Portugal. 1 Durch eine in der Nr. 129 des „Diario do Governo“ vom 10. Juni 1890 veröffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern ist der Hafen von Pernambuco für seit 1. Mai von Gelbfieber „verseucht“ erklärt worden

Handel und Gewerbe.

5 2 geltenden Frachtsatz von 11,07 Kop. per Pud für Kerosin und Kerosinprodukte in ihren Cisternen⸗Waggons von 750 Pud

Prostken der preußischen Südostbahn eingeführt.

Berlin, 22. Juni.

tikels haben die Wollmärkte einschließlich des Berliner einen ziemlich günstigen Verlauf genommen

Was speziell den Berliner Wollmarkt betrifft, so war das dem

offenen Markt zugeführte Quantum bedeutend geringer als in den

Vorjabren und betrug nur ca. 12 000 Ctr.; die Läger in der Stadt

enthielten ebenfalls kleinere Quantitäten als sonst, weil ver⸗

schiedene Interessenten wegen der unsicheren Lage des Geschäfts sich von größeren Unternehmungen fern gehalten hatten. Der Handel auf

dem Markte entwickelte sich ziemlich früh und gestaltete sich allmählich

zu einem flotten, sodaß gegen Mittag 3 des Quantums verkauft war.

Hauptkäufer waren sächsische und lausitzer Fabrikanten, welche je nach

Qualität und Wäsche für feinere Wollen 6— 10 ℳ, für mittlere bis

15 billigere Preise als im Vorjahre anlegten Spekulanten und

Kämmer griffen fast garnicht ein. Auf den Stadtlägern blieb es recht

still und dürfte der Wollmarkt wenig Spuren seiner Existenz zurück⸗

gelassen haben. Im Ganzen sollten 1500 2000 Ctr. in die Hände

der Konsumenten übergegangen sein, welche zur Hälfte auf Fabrikanten

und zur Hälfte guf. Kammgarnspinner sich vertheilen. Die hier

gezahlten Preise waren analog denen auf dem offenen Markte

und zwar für feinere Wollen 150 160 ℳ, bessere Sachen darüber,

für mittlere 125 140 je nach Qualität und Wäsche. Vor⸗

pommern brachten 125 130 ℳ, Hinterpommern 130 140 Die

Zurückhaltung der Kämmer und das Fernbleiben mehrerer von ihnen,

welche alljährlich den hiesigen Markt besucht haben, beweisen, daß die

hiesigen Preise nicht für spekulationsfähig im Verhältniß zu den⸗

jenigen der überseeischen gehalten werden. Diejenigen unserer inlän⸗ dischen Fabrikanten, welche für ihr noch das deutsche Pro⸗ dukt verarbeiten, sind in der Lage, höhere Preise dafür anzulegen, als solche im Weltmarkt Geltung haben, und bei dem kleinen Quantum besserer Wollen, die bei uns auf den Märkten zum Verkauf kommen, gelingt es den Verkäufern auch leicht, ihre Wollen zu guten Preisen an den Mann zu bringen. Von dem Ausfall der demnächst beginnen⸗ den Londoner Auktion wird es abhängen, welche Gestaltung die Preise für unser inländisches Produkt nehmen werden.

Die Königlich bayerische Staatsbahn verzeichnete für den Monat Mai d. J. an Einnahmen aus dem Personenverkehr 3 120 804 ℳ, aus dem Güterverkehr 5 806 319 ℳ, in Summa 8 927 123 (628 521 mehr als im Mai 1889). Die Einnahme bis Ende Mai 1890 betrug 39 031 928 (3 033 250 mehr als

im Vorjahre). 23 JFunti (W BS) handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Juni Juli 4,25 ℳ, pr. August 4,22 ½ ℳ, pr. September 4,20 ℳ, pr. Oktober 4,20 ℳ, pr. November 4,20 ℳ, pr. Dezember 4,20 ℳ, pr. Januar 4,17 ½ ℳ, pr. Februar 4,17 ½ ℳ, pr. März 4,15 ℳ, pr. April 4,15 ℳ, pr. Mai 4,15 ℳ. Umsatz 95 000 kg Fest. Bremen, 23. Juni. (W. T. B) emittirenden 12 Millionen Mark 3 ½ oiger anleihe . der Oldenburger Spar⸗ und Leihbant bestehendes Konsortium zum Course von 96 ½ % erhalten.

Bremer Staats⸗

bahn (gesammtes Netz) vom 11. bis 20. Juni: 264 578 Fl., Mehr⸗ einnahme 9368 Fl.; die Einnahmen des alten Netzes betrugen in derselben Zeit 205 339 Fl., Mehreinnahme 16 159 Fl. .

24. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Generalversamm⸗ lung der Oesterreichischen Lokaleisenbahn⸗Gesellschaft waren 13 760 Aktien mit 2752 Stimmen vertreten; es wurde die Vertheilung einer Dividende von 4 % oder 8 Fl. pro Aktie vom 1, Juli d. J. ab beschlossen und dem Vorstand Decharge ertheilt.

Pest, 23. Juni. (W. T. B.) Der Einlösungscours der Coupons von der ungarischen Goldrente ist auf 20,34 per Pfd. Sterl. festgesetzt worden. ““

Bradford, 23. Juni. (W. T. B.) Wolle ruhig, Londoner Auktion abwartend, Garne ruhig, in Stoffen für Inland guter Begehr. 8

Paris, 23. Juni. (W. T. B.) Dem „Temps“ zufolge hat der Liquidator für die Gesellschaft zum Bau des Kanals von Korinth den Aktionären mitgetheilt, daß die neu konstituirte „Société Hellénique“ mit einem Aktienkapital von 5 Millionen Francs den Ausbau und den Betrieb des Kanals von Korinth über⸗ nehme.

St. Petersburg, 24. Juni. (W. T. B.) Eine heut ver⸗ öffentlichtes Gesetz bestimmt, daß die ersten 1864 er und die zweiten 1866 er Prämienloose als Kaution bei Regierungsliefe⸗ rungen zu den Preisen anzunehmen seien, welche als Amortisations⸗ preise für dieselben festgesetzt wurden, und daß der Preis der Prämienpfandbriefe (Adels⸗Agrarbank) hierbei demjenigen der 1866 er Loose gleichkomme.

Warschau, 23. Juni. (W. T. B.) In der heutigen General⸗ versammlung der Warschau⸗Wiener Eisenbahn wurde be⸗ schlossen, 9 Rbl. Dividende zu zahlen, eine Extraverloosung von 11 800 Akttien im August 1890 vorzunehmen und am 1. September auszuzahlen, außerdem für den Bahnhofbau in Warschau eine halbe Million und für Straßenbrücken 50 000 Rbl. aus den Extrareserven zu entnehmen. 1

New⸗York, 23. Juni. (W. T. B.) Vis

ible Supply an Weizen 21 089 000 Bufhels, do. an Mais 15 621 000

1 000 2

Submissionen im Auslande.

I. Belgien.

Rathhaus zu Tournay: Bau einer Brücke

1) 28. Juli, 3 Uhr. g m 2 über die Schelde unterhalb der Stadt, und einer desgleichen über den

Schelde⸗Kanal. Voranschlag 122 927 Fr.

2) Nächstens. Brüsseler Börse: 22 kleine Waggons mit Bremsen, zur Materialienbeförderung bestimmt.

3) Nächstens. Station Tournay: Bau einer Wegunterführung mit metallischem Oberbau für den Niveauübergang Nr. 101 (Bleeker⸗ straat, Rangirbahnhof Courtrai). Voranschlag 59 277 Fr.; Sicher⸗

heit 2500 Fr. II. Griechenland.

Nächstens. Sociétée Ehersecy, Gordfrey et Lidelow. Athen: Konstruktion einer Eisenbahn zwischen dem Piräus und der Ortschaft Mezi auf eine Länge von ungefähr 45 km.

Bedingungen durch obengenannte Gesellschaft.

III. Rumänien. 1u6

1) 8. Kalaraschi⸗Regiment in Roman. 13. Juli: Lieferung 314 Kravatten mit Cautchouc⸗Krägen, 628 Paar leinener Fußfetzen, 314 Handtüchern, 105 Päckchen kleiner Ausrüstungsgegenstände, 224 leinenen Futtersäcken für Hafer und 224 Striegell..

2) 13. Dorobantzen⸗Regiment in Jassy. 27. Juni: Lieferung von 1000 Kravatten, 300 Paar leinenen Fußfetzen, 150 Handtüchern und 53 Päckchen kleiner Ausrüstungsgegenstände.

3) 16. Dorobantzen⸗Regiment in Botuschan. 18. Juli: Lieferung von 268 Kravatten, 576 Paar leinenen Fußfetzen, 228 Handtüchern und 96 Päckchen kleiner Ausrüstungsgegenstände.

Näheres an Ort und Stelle. 8 8 1““

Verkehrs⸗Anstalten.

„Wiefand⸗ 8 Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Nach⸗

mittags 4 Uhr auf der Elbe, der Postdampfer „Teutonia“ derselben

8 v1164“

von ihrer Petroleumstation zu Odessa auch für die Station

Die russische Südwestbahn hat den für Grajewo

*

2 (Wollbericht des Ctrbl. f. d. Textill Ind.) In merkwürdigem Gegensatz zu der allgemeinen Lage des Ar⸗

In manchen Fällen kam es sogar zu einem recht flotten Geschäft bei starker Konkurrenz der Käufer.

Kammzug⸗Termin⸗ 4,25 pr

Den Zuschlag auf die zu

hat ein aus der Bremer Bank, der Dresdener Bank und

Wien, 23. Juni. (W. T. B.) Ausweis der Karl⸗Ludwigs-⸗