Mannigfaltiges.
AMAeber den demnächst vollendeten Neubau der Moltkebrücke meldet die „Voss. Ztg.“: Gegenwärtig ist man beschäftigt, eine pro⸗ visorische Gasbeleuchtung anzulegen, da die für das Geländer be⸗ stimmten figurenreichen Bronzekandelaber noch in Lauchhammer gegossen werden. Mit Rücksicht auf die bevorstehende Eröffnung ist die Herstellung der Fahrbahn im vollsten Gange, auch sind die Trophäengruppen auf den Vorpfeilern mit Adler und Eule (als dem Sinnbild der Wissenschaft) vom Bildhauer Böse vollendet worden. Die Porträtköpfe in den Schlußsteinen hat man zum Theil schon abgerüstet; dieselben sitzen vortrefflich in den reich gestalteten Schilden und zeigen oberhalb wie unterhalb in der Mitte den Kopf des Grafen Moltke (von Reinhold Begas), zu den Seiten aber Blücher und den alten Derfflinger, sowie zwei Feldherren des Alter⸗ thums, ausgeführt von Professor Carl Begas. Die Architektur der in rothem Mainsandstein trefflich ausgeführten Brücke rührt von dem bei der städtischen Verwaltung beschäftigten Regierungs Bau⸗ meister Otto Stahn her, der söoeben den zweiten Preis für das
Kyffhänserdenkmal gewonnen hat. I E
Nach dem Bericht über das sechste Geschäftsjahr des Deutschen Offizier⸗Vereins vom 1. April 1889 bis 31. März 1890 betrug die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder: am 31. März 1890 31 326, am 31. März 1889 27 565. Es traten also im Laufe des Jahres
hinzu 3761. Außerdem wurden Jahreskarten an außerordentliche Mitglieder ausgegeben 3017 gegen 2907 im Vorjahre. Der Umsatz an direkten Verkäufen an die Mitglieder betrug im sechsten Geschäftsjahre 4 588 799,70 ℳ, gegen 3506 258,60 ℳ in 1888/89. Von obiger Ziffer entfallen auf den eigenen Werfstättenbetrieb 1 710 629,95 ℳ Der Bruttogewinn beträgt nach bereits erfolgter Abschreibung auf Waaren 233 949,55 ℳ, wovon für Reservestellun⸗ gen u. s. w. oerwendet werden 36 700 ℳ Es ergiebt sich demnach ein Reinerträgniß gemäß §. 28 des Statuts in Höhe von 197 249,55 ℳ Dasselbe ist durch Comitébeschluß vom 10. Juni 1890 auf Grund §. 28 des Statuts wie nachstehend vertheilt worden:
1) Verzinsung: 5 % erbalten die bis 1. April 1889 ausgegebenen 1 930 000 ℳ Antheilscheine für di Zeit bis 31. März 1890 96 500 ℳ, 4 % Interimszinsen erhalten 1 000 000 ℳ Antheils⸗ scheine II. Serie vom Tage der Einzahlung bis 31. März 1890. 12 343,90 ℳ, zusammen 108 843,90 ℳ
2) Zur Amortisation des Garantiefonds laut §. 28 des Statuts werden 42 000 ℳ, nebst 5 % Agio 2100 ℳ, zusammen 44 100 ℳ verwendet.
3) Dem Reservefonds ist der gleiche Betrag mit 44 100 ℳ zugewiesen worden, und der verbleibende Rest von 205,65 ℳ wird auf das neue Geschäftsjahr 1890/91 vorgetragen.
Ulm, 28. Juni. (W. T. B.) Die Vorfeier des Münster⸗ festes begann heute Nachmittag 4 Uhr mit einem Umzuge der Schul⸗ jugend durch die reichgeschmückte Stadt. Auf dem Münsterplatze fand E11 statt. Um 8 Uhr wurde großer Zapfenstreich aus⸗ geführt; um 8 ½ Uhr sammelte sich die Bürgerschaft auf dem Platze vor dem Hauptportal des Möünsters, woselbst Musikaufführungen stattfanden. Die Bürgerschaft sang den Choral „Nun danket Alle Gott“ und hierauf „Deutschland, Deutschland über Alles“. Um 9 Uhr fand bengalische Beleuchtung des Münsters statt. 8 Zur Theilnahme an der Münster⸗Feier sind hier eingetroffen: Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen, als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers, Prinz Wilhelm von Württem⸗ berg, der Fürst von Hohenzollern, Prinz Bernhard von Sachsen⸗ Weimar und der Chef des Generalstabes der Armee, General ver Kavallerie Graf von Waldersee. 1 b — 29. Juni. (W. T. B) An dem beute im Rathésaale statt⸗ gehabten Galadiner nahmen Theil: Se Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen, Prinz und Prinzessin Wilhelm von Württemberg, Prinz Arnulph von Bayern, Prinz Bernbard von Sachsen⸗Weimar, der Fürst von Hohenzollern, der Präsident des württembergischen Staats⸗Ministeriums Freiherr von Mittnacht, der preußische Staats⸗Minister Dr. von Goßler, die Generalität, die württembergischen Staats⸗Minister und andere distinguirte Personen. Die Zahl der Gedecke betrug 82. Der Ober⸗Bürgermeister Heim brachte den ersten Toast auf Se. Majestät den Kaiser, den König und die Königin von Württemberg und den Prinz⸗Regenten von Bayern aus. Als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers erwiderte Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold auf den Toast des Ober⸗Bürgermeisters, indem er versicherte: Se. Majestät der Kaiser nehme mit Seinem hoben Verbündeten, dem König ü ein lebhaftes Interesse an dem herrlichen Münsterbau. Se. Königliche Hoheit toastete auf die Stadt Ulm und das württembergische Land. — Um 5 Uhr traf die Königin von Württemberg hier ein, um der heute Abend im Münster statt⸗ findenden Aufführung des Oratoriums „Elias“ von Mendelssohn bei⸗ zuwohnen. Die philosophische Fakultät der Universität Tübingen er⸗ nannte den Baumeister des Münsters Beyxer zum Doktor der hilosophie. — Der für heute beabsichtigte historische Festzug ist wegen egenwetters auf morgen Nachmittag verschoben worden
“
Pest, 28. Juni. Die „Ungarische Post“ dementirt die von Bukarester Blättern verbreitete Nachricht, daß auf ungarischem Gebiet Cholerafälle voragekommen seien Die irrige Nachricht sei in Folge eines am 15. d M. in Haidu Dorogh vorgekommenen 8 durch Magen⸗ bezw. Darmkatarrh eingetretenen Todesfalls ent⸗ standen.
London, 26. Juni. (A. C.) In Lowestoft wurde gestern das größte Rettungsboot, welches der englische Rettungsdienst besitzt, eingeweiht. Das Boot erhielt den Namen „Stock Exchange“, weil die Mitglieder der Londoner Aktienbörse die Baukosten bestritten baben. — Auf dem Promenaden⸗Pier in South⸗ Shields wurde gestern ein Denkmal enthüllt, welches die Erfin⸗ dung des Rettungsboots verewigt. In South⸗Shields wurde 1790 das erste Rettungsboot gebaut nach einem Modell des Anstreicher⸗ gesellen William Wouldhave, der als der Erfinder des Rettungsboots zu betrachten ist. Am 30. Juni 1790 wurde zum ersten Male eine schiffbrüchige Mannschaft mittels eines „life boat“ gelandet. Das Denkmal besteht aus einer Trinkfontaine mit entsprechender Inschrift. Wenige Tage vorher starb in seinem 77. Lebensjahre Admiral John Roß Ward, der seit länger als 30 Jahren Herz und Seele des
nationalen Rettungsboot⸗Instituts gewesen.
Paris, 25. Juni. (Voss. Ztg.) Die Statistik der Stadt Paris für 1889 ist erschienen und bringt neue Aufschlüsse über die Wirkungen der Weltausstellung Es wurden im genannten Jahre 4 703 000 hl Wein getrunken oder 400 000 mehr als im Vor⸗ jahre. Dazu 165 000 hl Älkobol und Branntwein, gegen 147 000. An Schlachtfleisch wurden 195 Millionen Kilogramm verzehrt, gegen 184 Millionen im Vorjahre. Dadurch ergab die städtische Ver⸗ brauchssteuer ein Mehr von 10 Millionen, also reichlich so viel als die Stadt Ausgaben für die Weltausstellung zu bestreiten batte. Die riesigsten Ziffern bietet der Personenverkehr. Die Omnibus⸗ gesellschaft beförderte 217 335 755 Fahrgäste, fast 50 Millionen mehr als im Vorjahre; die beiden Pferdebahngesellschaften zählten 46 417 000 Fahrgäste, die Dampfer auf der Seine 32 885 000. Dabei waren im Laufe des Jahres gegen 10 000 Droschken, Kremser, Deckwagen und senstige Fuhrwerke mehr als im Vorjahre in Thätigkeit. Auf den Bahnhöfen stiegen 48 580 283 Personen aus, während 49 388 540 abreisten, d. h fast das Doppelte des Vorjahres. Wie immer, so bildeten auch diesmal die Reisenden der Pariser Umgebung die Mehrbeit. Deshalb zählte auch der Bahnbhof Saint Lazare, welcher stets den meisten Nahverkehr Versailles, Saint⸗Cloud, Gürtelbabn, Saint⸗Germain u. s. w.) esitzt, die größte Zabl auf, nämlich etwas über 15 Millionen Reisende. Die Zahl der Bankerotte war indessen nicht geringer als gewöhnlich, indem ihrer 1947, mit einer Schuldenlast von 364 Millionen, verzeichnet wurden. Die Weltausstellung hat übrigens auch dazu beigetragen; sie hatte viele Bankerotte, darunter die mehrerer Theater, zu verzeichnen. Aber die meisten der mehr als 400 Geschäftsleute, welche Betriebe in der Weltausstellung eröffneten, haben gute, viele sogar fehr glänzende Ergebnisse erzielt.
Madrid. 30. Juni. (W. T. B.) Aus Gandia werden vor⸗ gestern 3 Cholera⸗Erkrankungen und 3 Todesfälle, aus Montichelvo und aus Benicol je eine Erkrankang gemeldet.
Bern, 30. Juni. (W. T. B.) Morgen wird die Touristen⸗ bahn Interlaken — Lauterbrunnen — Grindelwald dem Betriebe übergeben werden.
Brüssel, 28. Juni. Ueber das in Nr. 155 des „R. u St.⸗A.“ bereits gemeldete Schiffsunglück im Kanal La Manche bringt die „Magd. Ztg.“ folgende nähere Mittheilung: Nach dem Bericht des Kapitäns Visman vom „Prins Frederik“ ist die Katastrophe in der folgenden Weise vor sich gegangen: Der Dampfer „Prins Frederik“, welcher der niederländischen Seedampfer⸗Gesellschaft „Nederland“ gehört, war am Morgen des 25. Juni von Amsterdam nach Java abgereist. Am Abend des 25. Juni war der „Prins Frederik’ in den Kanal La Manche gelangt und stand eben im Begriff, bei Falmouth vorbeizufahren, als ein von Southampton auslaufender englischer Dampfer der „Marpessa“, welcher nach Biskaya fuhr, in heftiger Weise gegen die rechte Flanke des „Prins Frederik“ anprallte. Da kein Nebelwetter herrschte, so läßt sich der Zusammenstoß nur dadurch erklären, daß der „Marpessa“ den Hafen von Portsmouth mit einer Geschwindigkeit verließ, welche nach dem Seegesetz nur in offenem Meere zulässig ist. Der Maschinist des englischen Dampfers konnte nicht mehr zur rechten Zeit Gegendampf geben. Der „Prins
rederik“ hatte durch den Zusammenstoß an seiner rechten
lanke ein so furchtbares Leck erhalten, daß das Wasser eindrang und der Dampfer unter dem Jammergeschrei der Passagiere zu sinken begann. Glücklicherweise hatte der „Marpessa“ trotz der Wucht des Zusammenstoßes keinen Schaden gelitten und konnte daber sofort ans Rettungswerk gehen. Die Mannschaften beider Schiffe thaten bei den Rettungsarbeiten mehr als ihre Pflicht. Obwohl der „Prins Frederik“ in kaum fünf Minuten versank, wurden doch alle Rettungs⸗ boote desselben unter Leitung des kaltblütigen Kapitäns Visman flott
Hudikswall bis Ljusne erstreckte. klirrten die Fensterscheiben; den Scheeren wurde das Phänomen beobachtet.
gemacht. Ebenso hatte der „Marpessa“ sofort seine Rettungsboote herab⸗
gelassen
werden. 1 8 8 glücklich. Ein Marine⸗Lieutenant und sechs
fanden den Tod in den Wellen, da sie bei der Raschheit, mit der der „Prins Frederik“ versank, nicht mehr gerettet werden konnten. Die geretteten Passagier⸗ Von der
auch 1 Verlust ist sehr empfindlich, da sich auf dem untergegangenen Dampfer
außer einer großen Waarenfracht eine Summe von einer Million
Auf diese Weise konnten sämmtliche 93 Passagiere gerettet
Leider war die Mannschaft des „Prins Frederik“ nicht so Matrosen
nach Portsmouth gebracht „Prins Fredertk“ konnte werden. Der materielle
wurden reichen Schiffsladung des
nicht das Geringste gerettet
Gulden in Gold befand. Diese Sendung war Seitens der nieder⸗
ländischen Regierung an den General⸗Gouverneur von Batavia be⸗
stimmt und bei einer 2 ch — 1 sichert. Gegen den Kapitän der „Marpessa“ ist bei der Seebehörde
von Portsmouth bereits die Klage eingereicht worden.
einer Amsterdamer Versicherungsgesellschaft ver⸗
† Stockholm. Wie aus Söderhamn berichtet wird, hat das sich längs der ganzen Küste von Helsingland, von Ueberall erzitterten die Häuser und selbst auf den äußersten Inseln in Der Stoß, der in er Richtung von Norden nach Süden zu gehen schien, war an den Gebirgsabhängen am Heftigsten. Das Erdbeben war von einem
daselbst am 21. Juni Nachmittags ein starkes Erdheben statt⸗ 8
efunden,
donnerähnlichen Getöse begleitet.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen. 1
uUlm, 30. Juni. (W. T. B.) Heute früh 8 Uhr fand im Münster Festgottesdienst statt, welchem die Königin mit den hier anwesenden Fürstlichkeiten, die evangelische und
die katholische Geistlichkeit, die bürgerlichen Kollegien, die Deputationen der Städte mit dem von diesen gestifteten Altar⸗ kelche, die Staatsbeamten und die Generalität beiwohnten. — Um 10 Uhr traf der König hier ein und wurde am Bahnhof von sämmtlichen Prinzen und Fürstlichkeiten und den Vertretern der Stadt empfangen und von der zahlreich anwesenden Volksmenge enthusiastisch begrüßt. Se. Maäjestät überreichte persönlich dem Ober⸗Bürgermeister von Heim, dem Bau⸗ meister des Münsters, Beyer, und dem Dekan Bilfinger die diesen verliehenen Orden. Um 11 Uhr wohnten der König und die Königin dem historischen Festspiel von Karl Oesterlen bei, in welchem die Grundsteinlegung zum Münster am 30. Juni 1377, Kaiser Karl V. und Herzog Christoph zu Wirtemberg in Ulm am 30. Juni 1552 und General “ am 14. September 1704 zur Darstellung kamen. Um 3 Uhr beabsichtigt der König den Festzug mit anzusehen. Um 4 Uhr erfolgt die Abreise nach Friedrichshafen. Um 8 Uhr Abends findet ein Festbankett statt. 288 Wien, 30. Juni. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser und König beehrte gestern Nachmittag den Grafen Kälnoky abermals mit einem Besuch. Heute nahm der Kaiser und König im Beisein des Kultus⸗Ministers Freiherrn von Gautsch den Eid des Wiener Fürst⸗Erzbischofs Dr. Gruscha entgegen. In der Hofburg⸗Pfarrkirche wurde unter dem üblichen Ceremoniell dem neuernannten Kardinal Duna⸗ jewski durch den Kaiser und König der Kardinalshut auf⸗ gesetzt. Nach der Ceremonie empfing der Kaiser den Kardinal Dunajewski und den päpstlichen Nobelgardisten Mattei in Audienz. Am Abend findet zu Ehren des Kardinals im Marmorsaale Hoftafel statt. 8 Pest, 30. Juni. (W. T. B.) Der Handels⸗Minister hat eine siebentägige Observation für Schiffe, die aus Alicante, Taragona, allen dazwischen liegenden Häfen und von den Balearen ankommen, angeordnet. Helsingör, 30. Juni. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser ist heute Vormittag 11 ¼ Uhr in Begleitung S Majestät des Königs von Dänemark, der Königliche Prinzen sowie der Prinzessin Waldemar und der Erbprinzessin⸗ Wittwe Elisabeth von Anhalt hier angekommen. Nach herzlichem Abschied setzte Se. Majestät die Reise nach Christiania fort. Der König, welcher die Uniform seines preußischen Ulanenregiments trug, kehrte in Begleitung der übrigen hohen nach der Abreise des Kaisers nach Kopenhagen zurück.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Wetterbericht vom 30. Juni, äufer Morgens 8 Uhr. Isendend,
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp
über 760 mm
Wetter.
Wind. V
Stationen.
Temperatur in 0 Celsius
München meldet
red. in Millim.
Mullaghmore 740 SW. 5 heiter
nach dem wo starke südwestliche bis nordvestliche Winde aufgetreten sind; ein barometrisches Maximum liegt über Südwest⸗Europa. Bei schwacher südlicher bis westlicher Luftbewegung ist das Wetter in Deutschland kühl und vielfach heiter. In Nordwest⸗Deutschland fanden Gewitter
nordwestlichen Frankreich ent⸗
und Julius Bauer.
Concert.
statt. Gesangs⸗Künstler.
Regen.
54 mm . 18 Deutsche Seewarte. Im
Park:
4 bedeckt 3 bedeckt 3 wolkig 2 Regen 1 Regen 1 bedeckt
Aberdeen. 748
Cbristiansund 753 NW
Kopenhagen. 756 aparanda . 746 SSW
St. Petersb. 753 989
Moskau . . 761
Cork, Queens- vewmn. 743 Cherbourg . 749 754 756 758 758 757 755
G
Collatinus.
lbedeckt
6 Regen
1 wolkig
2 halb bed. 2 halb bed. ¹) 3 wolkig
3 beiter
4 wolkig
756 2 Regen 757 4 wolkig²) 760 still wolkig 15 759 N 1 halb bed. 13 761 SO 3 wolkig¹) 12 760 WSW 2 heiter 13 759 WNW Z wolkig) 13 762 NW 1 wolkig 14 761 W 3 bedeckt 14 759 WSW 5 Regen 16 . [756 W 2 halb bed. 18 758 still Regen 23
g
G
Donnerstag:
8GE
SSSGx⸗
S6CG S8 88
Wien.
und A. Millaud.
Ocs Stst.
0
——— Anfang 7 ¼½ Uhr
¹) Gestern Vormittags und Nachmittags Gewitter
und Regen. ²) Gestern Nachm Gewitter. ³) Nachts Regen ⁴) Gestern Vormittags Regen.
Uebersicht der Witterung.
Ein tiefes barometrisches Minimum unter 740 mm
ist westlich von Schottland erschienen, einen Aus⸗
Dienstag
Theater⸗Anzeigen.
“ Herdeanelat Mittwoch: Erstes Auftreten des Hrn. Heinrich
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. 1““ Anfang 7 ½ Uhr.
MWallner-Theater. Dienstag: 25 Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in Zum 25. Male: . Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac
Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung: Großes Garten⸗Concert. der Vorstellung 7 ½ Uhr.
Mittwoch u. folg. Tage: Biedermann. Mamsell Nitouche. 1
Victoria-Theater. Stauley in Afrika. von Alex. Moszkowski Musik von C. A. Raida.
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.
PFriedrich-Wilhelmstädtisches Theater und Concert-Park.
von Fr. Angelina Luger. uger.)
Brutus und
Bötel. Der Troubadour.
Der Veilchenfresser. 8 lleuchtung des Sommergartens:
122. Male: Der Nantilus.
Mamsell Nitouche. Mülitär⸗Doppel⸗Concert. Spezialitäten. Garten⸗Etablissements.
der Vorstellung 7 ½ Uhr.
Musik von M. Herré. Anfang des Concerts 6 ½,
Gaftspi 1 1 Gaftspiel von R-
Jonathau. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann Musik von Carl Millbcker. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Hr. Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Uhr Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Doppel⸗ Auftreten sämmtlicher Instrumental⸗ und
Mittwoch: Im Theater: Der arme Jonathan. Orientalisches Laternenfest. Bilder. 3 Musikcorps. Militär⸗Kapelle in Uniform
Kroll's Theater. Dienstag: Letztes Gastspiel Der Prophet.
Täglich: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be⸗ Großes Concert.
Anfang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr. g 8
Belle-Alliance-Theater. Dienstag:
Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Auftreten sämmtlicher Brillante Illumination des ganzen Anfang des Concerts 6 Uhr,
Frl. Evi Zacharias mit Hrn. Ricardi Rodrigre; (Hamburg — Cornna). — Frl. Anna Engemann Dirigent: mit Hrn. Franz Lemke (Guhrau). — Frl. Anna Münchmeyer mit Hrn. Superintendenten Bunne⸗ mann (Göttingen — Neustadt a. R.). — . Elisabeth Henze mit Hrn. * Dr. Walter Gaß (Berlin— Bruchsal). — Frl. Hertha Lippert mit Hrn. Second⸗Lieutenant Reinhard Bunsen (Hamvburg— Stettin) — Frl. Anna Thieme mit
Lebende (. Hrn. Otto Thiede (Leipzig).
ß mit Frl. Hermine Schmidt (Alfeld). — Hr. Apotheker Franz Kaernbach mit Frl. Martha Eichhorn (Friedland O.⸗S. — Königswartha i. S.). — Hr. Hermann Sagert mit Frl. Frida Haller (Rostock).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Erbpächter P. Barten (Reddelich)h. — Hrn. Prof. Schechter (London). — Hrn. Oberlehrer Dr. Lenßen (Barmen). — Hrn. Otto Krüger (Uchtenhagen i P.). Eine Tochter: Hrn. Dr. P. Römer (Elberfeld). — Hrn. Karl Appel (Altona). — Hrn. Alfred Winkhaus (Oeckinghausen b. Karthausen, Westf.). — Hrn. Heinrich Bethke (Magdeburg). — Hru. Dr. Arthur Hartmann (Berlin).
(Fides:
Unger (Oberwiesa). — Hr. Dr. med. Heinr. Hense (Borna). — Frl. Mathilde Buck (Bad Rehburg). Ottilie Devaranne, geb.
(Berlin). — Lr. Hugo Zacharias (Berlin).
. 2 Dienstaz: Zum 315. M.: Zeitgemälde in 10 Bildern und Richard Nathanson. Ballet von C. Severini.
b 1
Geöffnet vor 12 — 11 Uhr. wissenschaftlichen Theater. zettel.
Krania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof) Täglich Vorstellung im Näheres die Anschlag⸗
Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin: Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich).
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
1 — — —
Direktion: Julius m 165. Meale:
Fritzsche. Der arme
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Emma Lachmann mit Hrn. Bürger⸗ meister Otto Lachmann (Justroschin —Zduny).
Acht Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage
des Hauses anwesend zu sein. Ich habe mich auch in einer Beziehung
England. Dies habe ich nicht gesagt, sondern nach dem Stenogramm
Daauf Seite 539 des stenographischen Berichts und lautet folgender⸗ maßen: „Ich glaube, ich kann getrost die Behauptung wagen — und
Gestorben: Hr. Oberförster a. D. Heinr. Benno ihrer großen Masse mehr absolut belastet ist als die englische in
Neumann
8 Vol ssen⸗ — Fr. Mittwoch: Großes Volksfest zu halben Kassen SBressan) 2— r Rentier Geoeg Wübelm Morel
dächtniß richtig sei, auf das Protokoll der Kommission bezogen.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗
zum Deu ½ 156.
ste Beilage
Lmnece un ünilich Prerschen,
Berlin, Montag, den 30. Juni 8
—gg—
——y ———
Parlamentarische Nachrichten.
Schlußbericht der vorgestrigen (29.) Sitzung des Reichs⸗ tages. Den Antrag auf Vertagung des Reichstages begründete der Staats⸗Minister Dr. von Boetticher durch folgende Rede:
„Ich glavbe kaum, meine Herren, daß es noch vieler Worte be⸗ dürfen wird, um den Antrag, den der Herr Reichskanzler mit Er⸗ mächtigung Sr. Majestät des Kaisers an dieses hohe Haus gestellt hat, zu begründen. Es ist über jeden Zweifel erhaben, daß eine der größten Vorlagen, welche dem Reichstage zugegangen sind, die Novelle zur Gewerbeordnung, keine Aussicht hat, jetzt in continenti erledigt zu werden, und es ist andererseits nur als erwünscht zu betrachten, daß die sehr eingehenden Vorarbeiten, die für die Berathung dieser Novelle Ihre Kommission unternommen hat, nicht dadurch verloren gehen, daß die Session des Reichstages geschlossen wird. Es hat deshalb der Herr Reichskanzler Sr. Majestät den Vorschlag gemacht, den Reichstag jetzt zu vertagen. Es ist als der Vertagungstermin der 8. Juli angenommen worden mit Rücksicht darauf, daß wir der Ueber⸗ zeugung leben können, es werde bis dahin der Reichstag die Geschäfte, auf deren Erledigung die verbündeten Regierungen Werth legen, auch wirklich erledigt haben.
Was den Termin, bis zu welchem die Vertagung vorgeschlagen ist, anlangt, so ist dieser Termin so bemessen, daß die Aussicht besteht, daß die Vorlagen, welche für die dann fortzusetzende Session des Reichstages von den verbündeten Regierungen in Aussicht genommen sind, bis dahin so weit fertig gestellt sein werden, daß der Reichstag in die Verhandlungen eintreten kann.
Wenn ich mich gleich mit einigen Worten über den Antrag des rn. Grafen von Ballestrem äußern darf, so kann ich es nur als in sohem Grade erwünscht bezeichnen, daß die Kommission, welche Sie
eingesetzt haben zur Vorberathung der Gewerbenovelle, schon früher ihre Berathungen aufnimmt, als das Plenum dieses Hauses wieder zusammentreten wird. Es ist großer Werth darauf zu legen, daß die Novelle zur Gewerbeordnung bis zum 1. Januar nächsten Jahres verabschiedet wird, weil anderenfalls die Termine, die für die Geltung des Gesetzes in Aussicht genommen worden sind, hinausgeschoben werden müßten. Eine solche Erledigung bis zum Januar des nächsten Jahres wird aber nur dann erhofft werden können, wenn die Kommission schon vor Zusammentritt des Plenums ihre Berathungen fortsetzt und dadurch die Möglichkeit giebt, daß die Kommissionsberathungen bis zum Zusammentritt des Plenums beendigt werden. Ich begrüße es deshalb mit großer Freude, daß der Graf von Ballestrem diesen Antrag gestellt hat. Ich weiß sehr wohl, meine Herren, daß darüber bei einer früheren Gelegenheit Zweifel geäußert worden sind, ob eine Kommission tagen darf, ohne daß das Plenum tagt. Allein ich habe mich damals, es war im Jahre 1882, dahin ausgesprochen, daß meine Rechtsauffassung dahin geht, daß diesem Tagen einer Kommission, sofern der Reichstag überhaupt berufen und nicht etwa geschlossen ist, kein rechtliches Be⸗ denken entgegensteht. Ich habe mich damals auch, wie ich mich aus dem von mir soeben eingesehenen stenographischen Bericht überzeugt habe, der Zustimmung des Hrn. Abg. Dr. Windthorst zu erfreuen gehabt. Ich sehe deshalb kein Bedenken, daß die Kommission, wie der Hr. Abg. Graf von Ballestrem vorschlägt, bereits am 4. November zusammentritt, und ich möchte Sie deshalb bitten, indem ich mich über die Nr. 3 des Antrags, der ein Internum des Hauses betrifft, nicht weiter äußere, den Antrag des Hrn. Grafen von Ballestrem anzunehmen.
„Als Erwiderung auf die Ausführungen des Abg. Richter äußerte der Staatssekretär Dr. von Boetticher:
Vom Standpunkt der verbündeten Regierungen aus würde ja gar nichts dagegen zu erinnern sein, daß die Vertagung mit dem 4. November bereits ihr Ende nimmt, aber wir sind durchaus nicht in der Lage, mit Sicherheit in Aussicht stellen zu können, daß am 4. November der Reichstag bereits eine solche Fülle von Vorlagen vorfindet, daß er ausreichend beschäftigt ist, und wenn er nicht aus⸗ reichend beschäftigt ist, so wird die Beschlußfähigkeit wahrscheinlich sehr viel zu wünschen übrig lassen und ein solcher Zustand ist höchst unerbaulich.
Meine Herren, ich trete durchaus der Auffassung des Hrn. Abg. von Bennigsen bei. Es steht eine verfassungsmäßige Vorschrift nicht im Wege, daß die Kommission, die Vertrauensmänner des Reichstages, zu einer Zeit zusammentreten, in welcher das Plenum noch nicht be⸗ rufen ist, und weil eine solche verfassungsrechtliche Vorschrift nicht entgegensteht, glaube ich, sollten alle Betheiligten die Leichtigkeit in der Förderung unserer gesetzgeberischen Arbeiten auf diesem Gebiete auch dadurch gewähren, daß sie der Kommission vorher die Gelegen⸗ heit geben, zusammenzutreten, damit der Reichstag auch dieses wich⸗ tige Gesetz demnächst vorbereitet findet und ohne Verzug der Ver⸗ abschiedung entgegenführen kann.
In der darauf folgenden dritten Berathung des Ges 49 entwurfs, betreffend die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres nahm der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn das Wort zu folgender Ausführung:
Der Herr Vorredner hat mir vorgeworfen, daß ich einige Aeuße⸗ rungen von ihm neulich falsch citirt hätte. Wenn mir dies begegnet wäre, so wäre es wohl erklärlich dadurch, daß mir der stenographische Bericht über seine Rede, als ich sprach, noch nicht vorlag, und daß ich dienstlich verhindert war, bei seinen ersten Ausführungen im Plenum
geirrt, das gebe ich dem Herrn Abgeordneten gern zu. Er hat bei dem Vergleich zwischen Deutschland und den Nachbarstaaten nicht von Frankreich gesprochen.
Der Herr Abgeordnete meinte aber, ich hätte ihm vorgeworfen, gesagt zu haben, in Deutschland zahle man mehr Steuern als in
habe ich gesagt: „Der Hr. Abg. Rickert hat ausgeführt, daß wir pro Kopf höher belastet wären, als Frankreich und England.“ Und die Aeußerung des Hrn. Abg. Rickert, auf welche sich dies bezog, steht
Niemand, auch ein solcher Rechenkünstler wie der Hr. Abg. von Kar⸗ dorff nicht, wird dem entgegentreten —, daß die deutsche Nation in
Folge der Steuern und der staatlichen Gesetzgebung.“ Ich glaube, daß ich nicht unrichtig citirt habe. Dann hat der Herr Abgeordnete, wie schon neulich, darauf auf⸗ merksam gemacht, daß ich angeblich in der Kommission gesagt hätte, es würden dem Reichstage in der nächsten „Session“ Steuervorlagen Paacht werden, während im Bericht steht, „in den nächsten essionen“ — und er hat sich zum Beweise dafür, daß sein Ge⸗
Meine Herren, die Aufzeichnungen des Protokolls Ihrer Kommission kann ich für das, was ich gesagt habe, als bindend nicht anerkennen. Ein Stenograph ist in der Kommission nicht gegenwärtig, und eine Bestimmung, welche die Vertreter der verbündeten Regierungen zur Korrektur des nachgeschriebenen Protokolls verpflichtet, kenne ich nicht. Ich bekenne mich aber vollständig zu dem, was der gedruckte Bericht Ihrer Kommission über meine Ausführungen in der Kommission sagt.
Denn Ihr Herr Referent hat sich an mich gewendet mit dem Er⸗
suchen, ich möchte ihm mittheilen, was ich in der Kommission gesagt
hätte, und ich habe es ihm mitgetheilt, sowie ich es aus dem Ge⸗ dächtniß zwei Tage nach der Sitzung, die an einem Abend stattfand, niedergeschrieben hatte. In dieser Niederschrift findet sich an der betreffenden Stelle das Wort „Sessionen“ statt „Session“. Aber, meine Herren, mag ich gesagt haben „Session“ oder „Sessionen“, das ist wirklich kein sehr großer Unterschied. Denn was habe ich ausgeführt? Ich habe ausgeführt, daß kein Bedürfniß vorliege, gleichzeitig mit dieser Vorlage eine Steuervorlage zu machen. Ich habe gesagt: Die etwa nothwendige Vorlage über eine Verbesserung unserer Einnahme in den Steuern wird später eingebracht werden, aber nicht jetzt, darauf kam es an. Und — dessen wird der Hr. Abg. Rickert sich selbst entsinnen — ich habe in unmittelbarem Anschluß hieran ausgeführt, für das Jahr 1890/91 und 1891/92 seien zweifellos die Mittel da. Ich habe, auch im Plenum, weiter ausgeführt, daß für die Zukunft allerdings möglicher⸗ weise die Einnahmequellen nicht ausreichen werden, um die steigenden G namentlich aus der Alters⸗ und Invalidenversorgung, zu
„Drittens hat der Herr Abgeordnete ein Exemvel bemängelt, welches der frühere Königlich preußische Finanz⸗Minister Dr. v. Scholz im Abgeordnetenbause vor einigen Jahren aufgemacht hat, und auf welches ich mich neulich bezogen habe, und ich war sehr gespannt, zu erfahren, worin die Kritik des Herrn Abgeordneten gegen die Richtig⸗ keit dieser Berechnung liegen würde. Ich kann nicht leugnen, daß ich überrascht und erstaunt war, als er auf die Gebäudesteuer kam. Ja, meine Herren, die Erhöhung der Gebäudesteuer in Preußen ist doch nicht etwa ein Novum, welches in die preußische Gesetzgebung hinein⸗ gekommen ist in den letzten Jahren, sondern sie beruhte einfach darauf, daß bei der Einführung der Grund⸗ und Gebäudesteuer im Jahre 1860 oder 1861 — ich weiß nicht genau, wann es war — bestimmt wurde: von fünfzehn zu fünfzehn Jahren wird die Gebäudesteuer regu⸗ lirt. Und daß die Gebäudesteuer jetzt mehr einbringt — wer sich darüber wundert, muß gegen das Wachsthum von Berlin beispiels⸗ weise die Augen verschließen.
Nun, meine Herren, wenn das Alles war, was der Herr Ab⸗ geordnete Rickert gegen meine finanziellen Aeußerungen neulich hat anführen können, so kann ich mich einfach darauf berufen, was ich neulich gesagt habe, und namentlich auf das Exempel, welches ich Ihnen zur Schilderung der Erfolge unserer Reichsfinanzpolitik in den letzten 10 Jahren vorführte: daß im Jahre 1878/79 die Einzelstaaten an das Reich herausbezahlten netto 70 Millionen, und im Jahre 1889/90 nach Deckung des erheblich gestiegenen eigenen Bedarfs des Reichs im Ordinarium den Einzelstaaten nach Abzug der Matrikular⸗ beiträge noch 138 Millionen überwiesen wurden.
Abg. von Friesen: Ich muß zugeben, daß auch in meinem engeren Vaterlande Sachsen in Folge dieser Militär⸗ vorlage eine erhebliche Aufregung die Bevölkerung ergriffen hat. Diese Aufregung ist einestheils berechtigt und erklärlich. Man fragt sich, wenn neue Forderungen für die Heeres⸗ vermehrung gestellt werden, natürlich, ob unsere Zustände unsicher geworden sind, ob wir vor neuen Verwickelungen, vor unmittelbarer Kriegsgefahr stehen. Sie ist aber auch un⸗ berechtigter Weise gesteigert worden, einmal durch unsere Ver⸗ handlungen, die wahrlich nicht dazu beigetragen haben, die Gemüther zu beruhigen, und dann durch die gegnerische Presse, welche auch diese Gelegenheit wieder benutzt hat, um Miß⸗ trauen gegen die Regierung, Argwohn gegen die, welche die neuen Forderungen beantragen, und gegen die, die sie bewilligen wollen, in der maßlosesten Weise zu predigen. Wenn uns täglich von der Regierung versichert wird; es ist Friede, und es besteht alle Hoffnung, ihn zu er⸗ halten; wenn der Vertrag mit England abgeschlossen ist, der wiederum die Friedenshoffnungen erhöht, warum dann, so fragt man sich, die neue Erhöhung unserer Streitkräfte? Nun sind wir fest überzeugt, daß nicht bloß die deutschen Regie⸗ rungen und die deutsche Nation in ihrer großen Mehrheit, sondern alle europäischen Regierungen und Nationen in ihrer großen Mehrheit den Frieden wollen. Trotzdem sind innerhalb der Nationen, worauf schon Graf Moltke hingewiesen hat, Parteien vorhanden, welche die Völker in fortwährender Aufregung zu er⸗ halten wissen, welche Haß, Mißtrauen Unzufriedenheit mit allen Verhältnissen säen. Die letzte Konsequenz dieses Hasses, dieses Miß⸗ trauens, dieser Unzufriedenheit ist der Krieg. So lange diese Be⸗ strebungen in allen europäischen Staaten vorhanden sind und gepflegt werden, stehen wir vor einer fortwährenden Kriegs⸗ gefahr; daß diese Parteien, welche alle göttliche und mensch⸗ iche Autorität zu untergraben suchen, Erfolg haben, ist 1859 und 1870 bemerkbar geworden. Neben diesen feindlichen Mächten kommen noch andere in Betracht, von denen ich nicht entscheiden kann, ob sie auch untereinander in Verbindung stehen; es sind diejenigen, welche auf die Börse Einfluß üben. 1840 wollte Louis Philipp den Krieg, sein Minister Thiers wollte ihn, aber er brach nicht aus, und zwar, wie unser Ge⸗ sandter aus Paris berichtete, weil Herr von Roth⸗ schild ihn nicht wollte, der mächtiger sei als der König und die Minister. In anderen Fällen hat die Börse anders gedacht; ich erwähne nur Tonkin. Nun haben die Herren von der jenseitigen Partei, die voriges Jahr in Paris waren und dort die Gräber der Mordbrenner aus der Kommune mit Lorbeeren bekränzt haben, sich in Friedensversicherungen ergangen, die sehr schön, aber nicht recht glaubwürdig sind. Der Abg. Reichensperger hat besonderen Werth auf die Abrüstung gelegt; mir scheinen die Zeit⸗ umstände nicht danach angethan, daß es den Regierungen allein möglich sein würde, zu einem derartigen Abkommen zu gelangen. So lange die erwähnten Parteien noch Einfluß auf die öffentliche Meinung behalten, ist kein europäischer Friedenskongreß in der Lage, Abrüstungsvorschläge zu machen, so lange auch müssen wir nothgedrungen die Opfer bringen, die von uns verlangt werden. Die gegnerische Presse hat es so dargestellt, als ob es sich hier um ganz exorbitante Forderungen han⸗ delte. Es handelt sich in der Hauptsache um eine Vermehrung der Artillerie. Diese Forderung ist gedeckt durch das Vorgehen der anderen Staaten, dem wir zu folgen ver⸗ bunden sind, und durch die Fortschritte der Technik, die tag⸗ täglich auf jedem Gebiete gemacht werden. Ist eine Armee der anderen hinsichtlich der Artillerie nicht gewachsen, so ist sie gezwungen, den Mangel zu decken dadurch, daß sie In⸗ fanterie ins Gefecht führt. Ich will den Ausdruck nicht an⸗ wenden, den man dafür sonst im Munde führt. Die Ver⸗ mehrung der Artillerie ist deshalb gewissermaßen eine sehr bedeutsame Maßregel humanitärer Natur, geeignet, Tausende von Menschenleben zu schonen oder zu retten. Der Abg. Richter hat behauptet, im konstitutionellen Staate dürfe man nicht
4—
große Summen
Ausgaben früͤher bewilligen, als die Deckung da sei. Wir haben es stets als verfassungsmäßig betrachtet, erst die Aus⸗
gaben und deren Nothwendigkeit festzustellen und dann, wenn
sich der Bedarf überblicken läßt, an die Beschaffung der Ein⸗ nahmen zu gehen. Wollen wir die Forderungen für die Armee, die in Frankreich so einhellig bewilligt werden, etwa weniger opferfreudig bewilligen? Was soll es heißen, wenn fortwährend bei solchen nothwendigen Forderungen in das Ausland hinausgerufen wird: Deutschland ist ein armes Land, Deutschland kann diese Lasten nicht aufbringen! Der neue Ver⸗ trag mit England ist bekannt gemacht worden. Vielen scheint es, daß wir hätten mehr von England erlangen können. Ich weiß das nicht, ich bin nicht Diplomat. Hat aber Deutsch⸗ land nicht in diesem Vexrtrage erreicht, was Manche sich davon versprochen haben, so ist der Grund dafür darin zu suchen, daß der Regicrung fortwährend eine prinzipielle Opposition gegenübergetreten ist. Ich bitte, die Vorlage möglichst ein⸗ stimmig anzunehmen. Jede Stimme, die gegen die Vorlage abgegeben wird, ist, wenn auch absichtslos, eine Schwächung der Friedenspolitik der Regierung, eine Vermehrung der Kriegs⸗ gefahr. Der volkswirthschaftliche Aufschwung der letzten Jahr⸗ zehnte ist bei einigen Berufsklassen nicht genügend bemerkbar geworden, bei solchen, die ihre Einnahmen nicht aus eigener Machtvollkommenheit verbessern können, bei der Landwirth⸗ schaft, bei den Beamten und bei den Handwerkern. Hier muß die Gesetzgebung auf Besserung besonders bedacht sein, dann wird auch die Volkskraft im Allgemeinen sich heben. Das System der indirekten Reichseinnahmen muß beibehalten und ausgebaut werden. — Zum Schlusse seiner Ausführungen, die bei der steigenden Unruhe des Hauses im Zusammenhange nicht mehr verständlich werden, geht der Redner auf die als Kompensationen bezeichneten Forderungen der einzährigen Militärbuͤdgetbewilligung und der zweijährigen Dienstzeit ein, wobei er den Charakter beider Forderungen als Kompen⸗ sationen leugnet, während er die zweijährige Dienstzeit, eine Organisationsfrage, als diskutabel erklärt; eine Kompensation wäre sie schon deshalb nicht, weil sie eine Vermehrung der Militärlast im Frieden bedeute. Die Nothwendigkeit der Vor⸗ lage sei unbedingt nachgewiesen, nicht ein Mann, nicht ein Pfennig weniger dürfe bewilligt werden.
Ein Schlußantrag wird abgelehnt.
Abg. Liebermann von Sonnenberg: Mit Rück⸗ sicht auf die Liebenswürdigkeit des Hauses, mir endlich noch das Wort zu gestatten, werde ich nicht alle meine Wider⸗ sprüche gegen das, was vorgebracht ist, begründen, sondern mich kurz fassen. Zu weiteren Auseinandersetzungen wird sich noch Gelegenheit finden. Alle Reden der vereinigten Linken machten den Eindruck chinesischer Schwarzmalerei ohne Perspektive oder mit zu kurzen oder zu langen Perspektiven; solche Bilder werden verzerrt und ungenau. Daß die sozialdemokratische Partei gegen jede Vermehrung des Heeres und gegen das Heer überhaupt ist, liegt auf der Hand; denn sie fürchtet von einer starken Kaiserlichen Armee eine Hinderung der Verwirklichung ihrer weltbeglückenden Pläne und ihrer Absicht, im Namen der Freiheit zu tyrannisiren. Wie weit Ihnen das glückt, hat der 1. Mai bewiesen. Die historische Schnellmalerei des Abg. Bebel sollte auch wohl weniger auf das Haus als in die Ferne wirken, damit seine Parteigenossen sagen: was ist das für ein großer Mann, der ist Bismarck und Moltke in einer Person! Solche Auffassungen stärken dann die Autorität. Wenn Sie auch sagen, in der sozial⸗ demokratischen Partei gebe es keine Autorität, so haben Si doch das Bedürfniß danach, denn ohne Autorität keine Dis
ziplin und ohne Disziplin keine Partei. Die Volksaufgebote, 8
Milizen, für welche der Abg. Bebel schwärmt, können erst wirk⸗
sam in Kraft treten, wenn der Feind im Lande ist, und dann
drücken sie allerdings dem Kriege ein sehr grausames Gepräg auf. Wir müssen aber Vertheidigungskriege auch außerhalb unserer Grenzen führen, und dazu können wir keine Milizen gebrauchen, sondern nur ein disziplinirtes Heer. Alle Redern gegen die Vermehrung der Armee von der linken Seite stellen den Militarismus — übrigens ein schlechtes Ausgestaltung unseres Heerwesens — als dar, der das Geld der Steuerzahler verschlingt nicht wieder herausgiebt, nothwendiger Weise zur armung des Volks und zum Staatsbankerott
einen und Ver⸗
führt.
Auch vom Bundesrathstische ist ein Beispiel angeführt, das zu
dem Mißverständniß führen kann, als sei die Armee ein un⸗
Wort für die Moloch
produktiver Faktor, ich meine das Beispiel von den Versiche⸗
rungsprämien. Ein großer Theil des deutschen Volks wird eine höhere Auffassung von der Armee haben. Tausende wer⸗ den mit mir darin übereinstimmen, daß unsere auf dem alt⸗ germanischen Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht beruhende Armee eine Erziehungsanstalt ersten Ranges ist. Die dafür ver⸗ wendeten Geldmittel sind kein unfruchtbar angelegtes Kapital, wenn nur die Bedürfnisse für das Heer aus dem eigenen Lande gedeckt werden und die Kosten nicht dem Auslande zu⸗ flieen. Der größte Theil des Geldes wird im Lande verwendet, der Bauer wird sein Brot⸗ und seine Wolle los. nisonen!
sehen, daß der Staat durch die Armee Arbeit schafft.
Futtergetreide, sein Vieh, Und welchen Nutzen bringen nicht die Gar⸗ Die Sozialdemokraten, die dem Staat die Aufgabe auferlegen, möglichst viel Arbeit zu verschaffen, müßten gein⸗ 8 Was
würde denn geschehen, wenn nach dem Wunsch der Sozial⸗
demokraten Tausende und Abertausende von Soldaten weniger
bei den Fahnen ständen und sich damit der Lohnkampf wesent⸗
lich verschärfen würde? Folge. Man kann das Wort des Abg. Richter: „Mehr Sol⸗ daten bedeuten weniger Arbeit für produktive Erwerbs⸗ zwecke und mehr Geld auf Kosten der Steuerzahler“ ganz logisch in die andere Form bringen: „Mehr Soldaten bedeuten Verminderung der Konkurrenz unter den Arbeitern und damit Lohnsteigerung, Vermehrung der Arbeitsgelegenheit, Erwei⸗ terung des Absatzes für die Landesprodukte, die für die Armee gebraucht werden; also erhöhte Geldzirkulation, erhöhte Ein⸗ nahmen und damit erhöhte finanzielle Leistungsfähigkeit für weite Kreise des Volks.“ Die Armee ist kein solcher Moloch; aber es giebt einen solchen Moloch, auf den ich noch zurück⸗ kommen werde. Wir haben eine sehr große Geldpumpe, die ufspeichert, die nicht wieder ins Volk zurück⸗
Ein allgemeiner Lohndruck wäre die