ch zu Fee mehrerer Experimente die außerordentlichen Erfindungen und Fort⸗ schritte auf diesem Gebiet in anregender Weise vor. Wohin die photographische Kunst gelangt ist, ersieht man aus der Mitthei⸗ lung, daß man jetzt den Photographen mit seinem Apparat zu sich in die Wohnung bestellen und sich ohne weitere Vorbereitung blitz⸗ artig photographiren lassen kann. Die Experimente glückten freilich gestern nicht immer, weil die Handlanger sich etwas ungeschickt be⸗ nahmen. Dies wird aber durch die Uebung bald vermieden werden. Der über zwei Stunden dauernde Vortrag, der auch in der Form ut war, dürfte das Interesse zahlreicher Kreise eine lange Zeit wach⸗ alten.
Vom 10. deutschen Bundesschießen wird weiter berichtet: Das große Konkurrenzschießen um die 20 Ebhrenbecher hatte gestern Nachmittag das lebhafteste Interesse aller Schützenkreise wachgerufen. Für alle 112 Scheiben waren Anmeldungen eingegangen, nur wenige der Eingezeichneten blieben diesem Hauptmettkampf fern. Um 3 Uhr 32 Min. begann auf der ganzen Linie das Feuer. Schon nach 17 ½ Min. konnten dem ersten Sieger jubelnde Ovationen dargebracht werden. Es war H. Heinze⸗Löbau i. S., dem die Ehre zufiel, den ersten Becher dieser Abtheilung errungen zu haben. 18 Min. gebrauchte zu den geforderten 90 Doppelpunkten Franz⸗Ritzl⸗ Fügen (Tirol), 19 ¾ Min. Karl Faitichteonüh 21 Min. Freiherr von Nesselrode⸗Tegernsee, 21 ⁄10⁰% Min. Alexander Keseberg⸗ Weißenfels, 218 10%0 Min. Gustav Zimmermann⸗New⸗YPork, 21 1% Min. Anton Herrmgnn⸗Dillingen, 23 ½ Min. Bern⸗ hard Glaß⸗Zwickau, 24 ½ Min. Fheinn Janotta⸗Troppau und 25 Min. Dr. Rummel⸗Halle. — Auf Feld holte sich den ersten Becher in 18 ½ Min. mit 92 Schuß B. Hinsch in Hamburg; es folgten in 19 Min. Rud. Elmer⸗St. Gallen (83 Schuß), in 19 ½ Min. Emil Schwerin⸗Berlin (99 Schuß), in 20 ¾ Min. Max von Dall Armi⸗München (124 Schuß), in 22 ½ Min. H. Ganzloser⸗Oberndorf (118 Schuß), in 22 ¾ Min. Oehring⸗Eisleben (113 Schuß) und Zickenheimer⸗Mainz (137 Schuß), in 23 ½¼ Min. Möller⸗Altona (140 Schuß), in 23 ½ Min. Härtelt⸗Liegnitz (128 Schuß) und in 24 ½ Min. Ingenius Ritzl aus Fügen in Tirol. “
Das gestrige Mahl der Schützen in der großen Festhalle unter dem Vorsitz des Festpräsidenten Diersch erhielt durch die von der Wiener Schützenkapelle ausgeführte Tafelmusik eine besondere
eihe. 8 8 1 gestrige Monstre⸗Concert übte trotz des überaus ungünstigen Wetters eine gewaltige Anziehungskraft aus; allein an den Kassen des Hauptfestplatzes sind gegen 12 000 Billets à 1 ℳ gelöst worden. Des Regens wegen mußte leider darauf verzichtet werden, das Concert im Freien abzuhalten. Die für das Concert engagirten 4. Musicorps, die des 2. Garde⸗Regiments, der 1. Garde⸗Ulanen, der Eisenbahn⸗Brigade und der Garde⸗Pioniere mußten auf den Orchestern der von der Menge vollbesetzten Halle Platz nehmen. Erst gegen SZeluß der Goneerts Arr, der Regen nac; sodaß auch das Schlachtenfeuerwerk noch abgebrannt werden konnte, S
Die beim Bundesschießen betheiligten italienischen Schützen begaben sich gestern unter Führung des Abg. Adamoli nach Char⸗ lottenburg, um einen kostbaren, aus Rom übersandten Kranz im Mausoleum am Grabe Kaiser Wilhelm 8 I. niederzulegen. Morgen werden die Italiener eine gleiche Huldigung den Manen des Kaisers Friedrich darbringen. Sie werden sich zu diesem Zweck gemeinsam nach der Friedenskirche in Potsdam be⸗
geben. — Die Aufnahme, welche die Italiener in Berlin gefun⸗ den haben, hat in Italien freudigsten Widerhall gefunden. Der Prä⸗ sident des italienischen Schützenbundes, General Pelloux, hat durch den Generalsekretär Fabrizi den hier weilenden Italienern eine Depesche übersenden lassen, in der er ihnen seinen Dank für die würdige Vertretung Italiens ausspricht und die Bitte daran knüpft, dem Central⸗Ausschuß des Bundesschießens die lebhaften Gefühle der Dankbarkeit für die prächtige Aufnahme auszu⸗ drücken und hinzuzufügen, daß die italienischen Schützen den lebhaften Wunsch haben, bei dem nächsten italienischen Schützenfest die ihren Landsleuten gegenüber geübte Gastfreundschaft erwidern zu dürfen. Die gleiche Gesinnung giebt sich in einem Briefe lund, den der Präsident des National⸗Schützenfestes in Rom, Baron Lazzaroni, hierher gerichtet hat, und dem eine kostbare und prächtige Ehren⸗ gabe beigefügt war.
7172 Festkarten sind nunmehr schon zum Bundesschießen aus⸗ gegeben, und noch fortgesetzt treffen neue Schützen ein. Noch nie ist bei einem Bundesschießen so viel geschossen worden wie hier in Berlin. In der letzten Nacht hatte man im Schießbureau bis 2 Uhr zu thun, um nur die laufenden Geschäfte zu bewältigen, um 7 Uhr früh mußten alle Beamten schon wieder auf dem Posten sein.
Ratibor, 7. Juli. Ein bedauerlicher Unfall ist, wie der „Oberschles. Anz.“ meldet, gestern dem Erbprinzen von Ratibor begegnet. Der Erbprinz begab sich Vormittags zu Wagen in den Wald, um zu pirschen. Bei der Fahrt auf schlechtem Wege erhielt der Pirschwagen einen heftigen Stoß, in Folge dessen der Kutscher vom Bock geschleudert wurde. Während der begleitende Jäger absprang, um den Wagen zu halten, versuchte der Erbprinz die fallen⸗ den Zügel zu ergreifen und lehnte sich hierzu in lebhafter Be wegung
Wetterbericht vom 9. Juli, In Deutschland
Morgens 8 Uhr.
V Wind.
Wetter.
8 Statione
auf den Bock hinüber. Auf unaufgeklärte Weise blieben bierbei die Hähne der Büchse hängen und beide Läufe entluden sich. Beide Kugeln durchdrangen die Muskeln des linken Oberarms, ohne indessen Knochen oder Arterien zu berühren. Der Zustand des Verletzten ist durchaus befriedigend.
Friedrichsruh, 8. Juli. (W. T. B.) Heute Mittag gegen 1 Uhr traf eine Deputation von 22 New⸗Yorker Inde⸗ pendent⸗Schützen hier ein. Dieselbe wurde vom Oberförster Lange empfangen und nach dem Schlosse geleitet. Nachdem der Präsi⸗ dent Weber dem Fürsten Bismarck für die Erlaubniß, ihn zu besuchen, gedankt hatte, hieß der Füest die Schützen herzlichst willkommen und gab seiner Freude über die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika Ausdruck. Fürst Bismarck lud die Herren zum Früh⸗ stück ein, welches fast drei Stunden währte und in heiterster Stim⸗ mung verlief. Nach Aufhebung der Tafel gab der Fürst seinen Gästen das Geleit bis zur Sägemühle und verabschiedete sich alsdann von ihnen in herzlichster Weise.
Chemnitz, 8. Juli. (W. T. B.) Von dem hiesigen Zweig⸗ Comité wurde dem Central⸗Comité zur Errichtung eines Nakional⸗ denkmals für den Fürsten von Bismarck in der Reichs⸗ hauptstadt die erste Rate von 6000 ℳ überwiesen.
Baden, 5. Juli. (Karlsr. Zig.) Der Ausstellung von Porträts weiland Ihrer Majestat der Kaiserin Augusta im Meßmer'schen Hause sind auf Wunsch Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin die im Besitze der Stadtgemeinde befindlichen Handschreiben weiland Ihrer Majestäten des Kaisers Wil⸗ helm I und der Kaiserin Augusta beigegeben worden.
Oldenburg, 7. Juli. Am Sonnabend Nachmittag zwischen 4 und 6 Uhr zog sich eine Windhose durch einen großen Theil unseres Herzogthums. Soweit bis jetzt die Nachrichten reichen, ge⸗ wahrte man sie, so schreibt die „Oldenb. Ztg.“, zuerst in der Ge⸗ meinde Wardenburg. Von dort nahm sie ihren Kurs über Tweel⸗ bäke, Neuenwege und Wüsting, wandte sich dann in näͤrdlicher Richtung nach Ohmstede. Von hier zog sie in nerdöstlicher Richtung weiter nach Varel. Diese Windhose hat auf ihrem ganzen weiten Zuge zum Theil bedeutenden Schaden angerichtet. In Tweelbäke wurde eine bedeutende Anzahl Tannen in etwa Meterhöhe abgedreht, verschiedene kleinere Häuser wurden gänzlich zerstört und unter den Trümmern wäre beinahe eine alte Frau verschüttet worden, nur mit genauer Noth wurde sie gerettet. Auf der Strecke von Tweelbäke über Neuenwege bis Wüsting wurden im Ganzen 16 bis 20 Gebäude entweder gänzlich zerstört, abgedeckt oder sonst erhehblich beschädigt. Als die Windhose die Hunte passirte, sog sie sich voll Wasser, welches sie über Ohmstede fallen ließ, wodurch hier eine theilweise Ueber⸗ schwemmung entstand. Auch in Neuenbrok wurden mehrere Häuser abgedeckt und in Oldenbrok wurde ein Arbeiterhaus fast gänzlich demolirt. Auf dem Wege von Neuenbrok nach Oldenbrok wurden die frisch aufgestellten Heuhocken in alle vier Winde geblasen. Das Vieh auf den Weiden wurde durch das elementare Ereigniß so erschreckt, daß es vor diesem die Flucht ergriff und vielfach in die Grähen gerietb. Nach der Schätzung eines Beobachters der Naturerscheinung in Wüsting hatte der eigentliche Wirbelsturm einen Durchmesser von 70 bis 80 m und sein Fortschreiten war etwa die Geschwindigkeit eines langsam fahrenden Güterzuges. Man konnte immer deutlich beobachten, wo er in seinem Fortschreiten bald auf offenem Gelände alles Kraut, Gras, Erde durch die Luft wirbelte, daß es aussah, wie ein Bienenschwarm; bald wieder, wenn er Häuser und Gehöfte traf, mächtige Staubwolken erregte, Dachstücke, Stroh ꝛc. hoch hob, Torf in die Luft führte, als wenn mächtige Schaaren Krähen sich tummelten, bald wenn er über Bäche und die Hunte fegte, wie man das aufgezogene Wasser glänzend schimmern sab. Sämmtliche Gebäude, die von der Windhose ge⸗ troffen wurden, sind sehr beschädigt, viele total zusammengebrochen. Die Bahn, welche die Windsbraut genommen, ist überall durch ge⸗ knickte und umgerissene Bäume gekennzeichnet. Eichenstämme von 50 bis 60 cm Durchmesser, die ein Mann nicht zu umklammern ver⸗ mag, wurden abgebrochen und fortgetragen.
Antwerpen, 7. Juli. (Magd, Ztg.) Die Fischer und See⸗ leute erinnern sich nicht, im Monat Juli einen derartigen Sturm erlebt zu haben, wie er in den beiden letzten Tagen an der ganzen Nordseeküste wüthete. Es war ein förmlicher Orkan, der sich am Abend des 4. Juli entfesselt hatte und ohne jede Unterbrechung bis zum Morgen des 7. Juli dauerte. Der angerichtete Schaden ist ein sehr beträchtlicher. An der belgischen Küste ist der Verlust mehrerer Fischerboote in Nieuport zu beklagen, welche den Hafen nicht erreichen konnten und leider mit Mann und Maus untergingen. Die Befürchtungen, welche man wegen des Schicksals mehrerer Fischerboote in Ostende hegte, haben sich glücklicherweise als unberechtigt bewiesen, da die vermißten Boote alle spät Nachts einliefen. Im Seebade Heyst wurde das ganze Dach des Kursaals herabgerissen und eine Anzahl Badekabinen zerstört. Angesichts des Hafens von Ostende sank der französische Dreimaster
ist das Wetter bei schwacher süd⸗
Deutsche Seewarte.
V
Bar. auf 0 Gr. [u. d. Meeressp
red. in Millim. in ° Celsius
=8 50C. = 40R.
Temperatur
1 heiter bede oß. 2 wolkig si. 4 bedeckt
4 wolkenlos wolkenles
Mullaghmore Aberdeen.. Christiansund Kopenhagen. Stockholm Haparanda. Moskau... Cork, Queens⸗ toww.. Cherbourg Helder.. Sylt Hamburg 5 Swinemünde Neufahrwasser Memel
Püris 1ö“ ünster... Karlsruhe .. Wiesbaden. München .. Chemnitz.. Berlin Breslau .. Ile d'Aix.. Nizza.
7 ½ Uhr.
—
von M. Hervé.
halb bed. heiter
Sealeereeechbeehne
bedeckt 6 wolkig¹) still bedeckt 4 bedeckt 2 wolkig 3 wolkig 4 wolkenlos 5 Regen 2halb bed. 1
8
7 ½ Uhr.
SSGRSESG S5 6⸗s 8 SSt.
Donnerstag: nathan.
8
Uebersicht der Witterung.
Schottlands lag. ist nordnordostwärts nach dem
norwegischen Meere fortgeschritten, während das Doppel⸗Concert. Maximum im Südwesten sich wenig verändert hat. Instrumental⸗Künstler.
Theater⸗Anzeigen. Verliner Theater. Donnerstag: Cornelins
Freitag: Die wilde Jagd. Sonnabend: Der Veilchenfresser. — Anfang
Wallner-Theater. Donnerstag: Zum 34. Male: bedeckt 6 Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 131. Male: Der Nautilns. 4 Bildern von H. Meilhac und A. Millaud. Mustk
Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung:
Großes Garten⸗Concert. Anfang des Concerts 6 ½, Garten⸗Etablissements.
1 der Vorstellung 7 ½ Uhr. wolkig Freitag u. folg. Tage: Mamsell Nitonche.
bedeckt Bictoria-Theater. Donnerstag: Zum 324. M.:
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater und Concert-Park.
Operette in 3 Akten von Hugo Witt⸗
Schützen. Martha.
leuchtung des Sommergartens:
8
der Vorstellung 7 ½ Uhr.
Freitag: Im Theater: Der arme Jonathanu. licher und südwestlicher Luftströmung vorwiegend Im Park: Großes Doppel⸗Concert. Auftreten der trübe und allenthalben wärmer, indessen liegt die . Temperatur fast überall noch unter der normalen. Sumburghed meldet 54 mm Regen.
Gesangs⸗ und Instrumental⸗Künstler. Sonnabend: Intern. Schönheits⸗Kongreß.
Kroll's Theater. Donnerstag: Die beiden
Freitag: Gastspiel des Hrn.
Täglich: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be⸗ Großes Concert.
Anfang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr.
Belle-Alliance-Theater. Donnerstag: Zum
Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Militär⸗Doppel⸗Concert. Auftreten sämmtlicher Spezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Anfang des Concerts 6 Uhr,
Freitag: Großes Elite⸗ und Monstre⸗Concert.
„Berard“ mit 1500 t Gehalt. Die aus 12 Matrosen bestehende Mannschaft wurde durch den rasch entsendeten Dampfer „President Kint“ gerettet. An der französischen Nordseeküste wüthete der Sturm am allerheftigsten, und hier haben wir leider den Verlust vieler Menschenleben zu beklagen. So⸗ sank in Saint⸗Malo die „Jeanne d'Arc“, von deren aus 5 Matrosen bestehender Bemannung nur ein einziger gerettet werden konnte. In Grancamp an der Calvadosküste scheiterte der „Frédéric⸗ Luc“ und von seiner Bemannung sind gleichfalls mehrere ertrunken. Angesichts des Hafens von Boulogne⸗sfur⸗Mer versank ein Fischerboot mir Mann und Maus, ohne daß Hütf⸗ gebracht werden konnte. Bis⸗ her wird die Zahl der ertrunkenen Fischer und Matrosen auf 27 an⸗ gegeben. Wie viele Boote zu Grunde gegangen sind, läßt sich jetzt noch nicht feststellen, da in den meisten Nordseebasen Schiffe fehlen, über deren Schicksal man zur Stunde noch keine Gewißheit hat.
Ostende, 7. Juli. Der schöne Kursaal von Ostende, den alle Besucher des berühmten belgischen Seebades kennen, stand, wie der „N. Pr. Ztg.“ geschrieben wird, gestern in Gefahr, ein Raub der Flammen zu werden. Am 5. Juli gegen 8 Uhr Morgens, waren die Kursaal⸗Beamten eben damit beschäftigt, das Direktions⸗ zimmer, welches hinter dem großen Korzertsaal gelegen ist, in Ordnung zu bringen, als plötzlich eine heftige Gasexplosion er⸗ folgte, welche sofort die Möbel in Brand steckte. Einer der Kursaal⸗ Beamten wurde lebensgefährlich verwundet. Der Knall der Explosion hatte das ganze Personal herbeigerufen, so daß die Löschung des bereits entstandenen Brandes in wenigen Minuten gelang. Der König der Belgier, welcher sich gerade auf seinem Morgenspaziergange befan war einer der Ersten, welche die Unglücksstätte besichtigten. Washington, 6. Juli. (R. B) Der erste Sekretär de französischen Gesandtschaft, Graf Sala, brach gestern ein Bein, als er ein scheu gewordenes Pferd anhalten wollte. Durch seine muthige Handlungsweise verhinderte der Graf, daß eine Anzahl Frauen und Kinder überfahren wurden. 8
New⸗York, 7. Juli. Ueber den schon telegraphisch in Nr. 16 erwähnten Orkan in Nord⸗Dakota meldet ein Kabel⸗Telegramm Ein verheerender Orkan suchte heute Fargo, in Nord⸗Dakota, heim. Es wurden mehrere Personen getödtet und viele verletzt, auch großer Vermögensschaden angerichtet. Auf der Northern „Pacific⸗Eisen bahn wurde ein Zug vom Geleise geweht, wobei mehrere Personen Verletzungen davontrugen. Durch Herabwehen eines Hausdaches wurden 7 Kinder auf der Stelle getödtet und 13 Personen verletzt. Weitere Einzelheiten liegen nicht vor, da die telegraphische Verbindun unterbrochen ist. Fargo ist eine Stadt von 8000 Einwohnern.
New⸗York, 7. Juli. (A. C.) Ein schreckliches Ballon⸗ unglück ereignete sich in Beardstown (Illinois), wobei Samuel Black, ein bekannter Fallschirm⸗Künstler aus dem Westen, getödtet wurde. Er stieg in seinem Ballon auf, bis er eine Höhe von 400 Fuß erreichte, als der TL. durch Funken aus einem großen Schornstein in der Nachbarschaft in Brand gerieth. Der Fallschirm wurde sofort vom Ballon getrennt und fiel brennend zu Boden, während Black pfeilschnell niederstürzte und 2 Meilen von dem Orte, wo er aufgestiegen war, als bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leiche
vorgefunden wurde.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Hamburg, 9. Juli. (W. T. B.) Abend in Tuetge's Etablissement abgehaltenen Versamm⸗
lung des Maurer⸗Fachvereins wurde mit großer Mehr⸗
heit eine Resolution angenommen, dahin gehend, den Maurer⸗ strike für beendet zu erklären und die Arbeit unter den
alten Bedingungen wieder aufzunehmen.
8 London, 9. Zuli. (W. T. B.) „Reuter's Bureau“
meldet aus Sansibar von heute: Dr. Peters ist mi
Gefolge gestern an der Küste eingetroffen und
wird morgen hier erwartet. Alles wohl.
9. Juli. (W. T. B.) Die von den Post⸗ beamten zur Verbesserung ihrer Lage eingeleitete Be wegung dauert fort. Etwa 40 der dem Verein der
Postbeamten angehörigen Beamten entfernten heute gegen
70 dem Verein nicht angehörige Postbeamte gewaltsam aus dem Postbureau. ve an 300 Briefträger des General⸗Post⸗
amts legten heute die Arbeit nieder, nahmen dieselbe jedoch e Lord Campton hat die Vermittelung
äter wieder auf. V spüte. dem General⸗Postmeister Raikes und den Telegraphen⸗
beamten übernommen. “ (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Gunny Detmering mit Hrn. Gerichts⸗Assessor Hermes (Schwerin — Posen).
Verehelicht: Hr. Kgl. Reg.⸗Assessor Wilhelm Augustini mit Frl. Anna Bachmann (Minden — Rostock). — Hr. Johannes Flinsch mit Frl.
1 6 Amanda Lafrenz (Hamburg). — Hr. Ernst Schu⸗
Heinrich Bötel: bert mit Frl. Klara Toepffer (Marschallsheide). (Schweidnitz). — Hr. . mit Frl. Klara Matusch (Berlin). — Hr. Rech⸗ nungs⸗Rath Hermann Lorenz mit Frl. Lina Schmidt (Steglitz).
Geboren: Ein Sohn:
(Hohenlimburg). — bbol a. Rh.). —
Lewens (Hamburg).
zettel.
Krania. Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 10 Bildern 8 88 8 von Aler. Moszloweki und Rich. Nathanson. Musik rzffLandes⸗Ausstelungs Parr (gebrt 8
von C. A. Raida. Ballet von C. Severini. Anfang wissenschaftlichen Theater. Naͤberes die Anschlag⸗
(Dirschau).
Redacteur: Dr. H. Klee.
— — Berlin:
Direktion: Julius Fritzsche.
Königsberg). — Frl. Henriette Apotheker J. Eliascheff (Wi
Auftreten der Gesangs⸗ und
Familien⸗Nachrichten.
um 174. Male: Der arme Io⸗ Verlobt: Frl. Alma Riedel mit Hrn. Rich. Hart⸗ 8 8 mann (Berlin). — Frl. Johanna volc:s er mann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. Hrn. Dr. Rudolf Gettkaut (Bad Naubeim — 8 8 683 In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Das Minimum, welches gestern an der Ostküste Herr Kapellmeister Federmann. Anfang 7 Uhr. Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes
Schapiro mit Hrn. ndau in Kurland — 1 8
Petersburg). — Frl. Else Hagens mit Hrn. Sec.⸗, und das Verzeichniß der Prämien der ge⸗ Lieutenant Nahrath (Zovpot). — Frl. Marie zogenen 240 Serien des vormals Kurhessischen
Mellin mit Hrn. Julius Brehse (Berlin —Leipzig). Staatslotterie⸗Anlehens vom Jahre 1845.
Verlag der Expedition (J. V.: Heidrich).
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
In einer gestern
— Fr. verw. Major Martha Mund, geb. Lucas, mit Hrn. Lieut. von Knobloch (Hannover). — Frl.
— Hr. Paul Boege mit Frl. Minna Zimmer Hr. Ferdinand von Baumbach
Hrn. Bürgermeister Kossel (Tessin). — Hrn. Dr. med. von der Crone Hrn. Peter Langen (Mül⸗ Hrn. Oskar Balcke (Berlin). — Hrn. Otto Grützmacher (Berlin). — Eine Tochter: Hrn. Gustav Richter (Berlin). — Hrn. 8 Max Hoffmann (Quedlinburg). — Hrn. Eduard
Gestorben: Hr. Karl von Velsen (Bocholt). — 8 rl. Bertha Welk (Hamburg). — Hr. Lothar reiherr von Konitz (Berlin). — Fr. Mathilde Schröder, geb. Röhrs (Bremen). — Hr. Fritz Clausen von Finck (Schöneiche). — Frl. Karoline Ernst (Berlin). — Hr. Cand. med. Max Albert
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt⸗
zum Deu 164.
—
Erste Beilage
Berlin, Mittwoch, den 9. Juli
Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi chen Staats⸗Anzeiger
1890.
Deutsches Reich. UNebersicht
der in den deutschen Münzstätten bis Ende Juni 1890 stattgehabten Ausprägungen von Reichsmünzen.
☚ᷣαm̃t
1) Im Monat Juni Goldmünzen
Silbermünzen
Nickelmünzen Kupfermünzen
1890 sind geprägt Doppel⸗
1 Kronen worden in: kronen
ℳ
Halbe Heivon 1 Fünf⸗ Zwei⸗ Ein⸗ Kronen nung
Fünfzig⸗ Zwanzig⸗
8 S 2 ennig⸗
markstücke markstücke markstücke vfemnng rfennng ℳ ℳ ℳ ℳ
Zwanzig⸗ Zehn⸗ Fünf⸗ Zwei⸗ Ein⸗ pfennigstuͤcke
pfennigstücke pfennigstücke pfennigstücke pfennigstücke ℳ ₰ ℳ J2₰ ₰ ℳ ₰
1“ München . .. Muldner Hütte Ganttgart. Karlsruhe.. Hamburg ....
—
1 702 20 23 872 55 19 836 65 he — — — 8 005 35 49 860/80 — — — —
1114“*“ 2 360— —- —+ 33000 — 10000— “ 49 980 70 — — 2420 —
Summe 1.
2) Vorber waren geprägt⸗) 1 938 649 520,4726 696 010 27 969 925,1121641770,74 104 195,104 964 606,178 990 334 71 486 b52 —
3 885 961 80 27 268 524 60] 13 346 784 65
133 025 70 338725 37222 — 4 930 393 93
65 153 — ees 6 213 20
3) Gesammt⸗Ausprägung 1 938 649 520475 555 07077 980 925 T12107177072 107 155 107 9672 606,178 990 3377 286 552 —
4) Hiervon sind wieder
eingezogen 1 070 680 y1 309 540 9 720
7 415 72876 2358 2 976 —
3 952 1228027S578 =12880 857 20—621257
b 1962 815 93 9 60 998 80 347 05 28/52 24 53
1937578 82075 386 17027 960 205 2220 925 515 ℳ
X Bleiben.
*) Vergl. den „Reichs⸗Anzeiger“ vom 9. Juni 1890 Nr. 137. 8 8 h
Berlin, den 8. Juli 1890.
74 096 780[104 956 7301178 987575 71 835576 —
3 952 115 20]) 27 400 549 20]0 13 380 375 15
527518925219677925
452 25 008,85 % —
8 R chs Schatzamts. Biester.
Hauptbuchhalte
44 732 974,55 ℳ 11 177 970,32 ℳ
8 Die Missionen in Afrika. Ein füddeutsches Blatt hatte jüngst angebliche Aeußerungen
des Reichskommissars Majors Wissmann über die Thätigkeit
der Missionen in Afrika veröffentlicht, welche bezüglich der evangelischen Missionen abfällig, bezüglich der katholischen an⸗ erkennend lauteten. Hierdurch waren verschiedene Gegen⸗ erklärungen von evangelischer Seite veranlaßt worden. In einer Zuschrift an die „Post“ spricht sich nun Major Wissmann über die fragliche Angelegenheit folgendermaßen aus:
. 1. „Lauterberg a. Harz, 6. Juli.
Meine Aeußerungen über evangelische Missionen in Afrika be⸗ treffend, bitte ich Sie, Nachstehendes zu veröffentlichen, da es mir be⸗ sonders bei meinem jetzigen Gesundheitszustande nicht möglich ist, die vielfachen brieflichen Anfragen zu beantworten. Auch eingesandte Artikel, unter denen mir der in der „Täglichen Rundschau“ vom 3. Juli von Dr. theol. Warneck geschriebene von großer Unkenntniß der Verhältnisse Zeugniß giebt, möchte ich vorläufig durch Nach⸗ stehendes erledigen.
Der Ursprung aller Erörterungen über meine Aeußerungen ist in einer Unterhaltung mit dem Redacteur der Münchener „Allge⸗ meinen Zeitung“ und mit einem Herrn, der von Egypten aus für die „Times“ schrieb, zu suchen. Beide Herren haben nur evangelische und katholische Missionen auseinandergehalten und in Folge dessen meine Ansichten über die englischen Missionen auch auf die deutschen übertragen, während meine Aeußerungen in den Blättern immer mehr entstellt werden. Ich konstatire demgemäß zunächst, daß mein Vor⸗ wurf, politische Beeinflussung ausgeübt zu haben, durch⸗ aus nicht die deutschen Missionare betrifft. Den Hauptmoment meines Gespräches mit den oben er⸗ wähnten Herren bildete der Werth der verschiedenen Mifsionen als jetzt bestehender Kulturfaktor in Deutsch⸗Ost⸗Afrika. In diesem Punkte verdient ohne Zweifel die katholische Mission bei Weitem den Vor⸗ rang. Und zwar sprach ich meine Ansicht dahin aus, daß hieran nicht nur das langjährige Bestehen und die große Erfahrung der katholischen Missionen die Schuld trägt, sondern auch die Leitung derselben. Die Disziplin der katholischen Kirche scheint mir der Hauptfaktor für die Erfolge der römischen Missionen zu sein; der Umstand, daß die katholischen Missionare hinausgehen, um bis an ihr Lebensende zu wirken (eine Heimsendung wegen Krankheit ist nur äußerst selten), und die Thatsache, daß der Kultus der römischen Kirche mit seinen Aeußerlichkeiten dem Wilden leichter Eindruck hinterläßt als die nüchternen Formen der evangelischen Religion, begründen die bei Weitem größeren Erfolge römischer Missionen. Jeder Kenner des Afrikaners oder wilder Völker überhaupt wird mir beipflichten, daß ein Verständniß der christlichen Religion der Liebe bei Völkern derartig niedriger Kultur⸗ stufe nicht zu erwarten ist; daß also der richtige Weg für Missionen der sein muß, daß man den Wilden zu einem höheren Wesen erzieht und ihm dann das Verständniß für die Religion beizubringen sucht.
Dies streben die römischen Missionen an, indem sie den Grund⸗ satz befolgen: Labora et ora und nicht wie die evangelischen Missionen den für Völker auf höherer Kulturstufe passenden Spruch: Ora et labora. — Ein anderer äußerst wichtiger Punkt der großen Erfolge der römischen Missionen ist das von vielen Seiten angegriffene Auf⸗ kaufen von Sklavenkindern. Zunächst ist an und für sich dieses Vor⸗ gehen ein gutes Werk, wenn man bedenkt, was sonst aus den weit von ihrer Heimath, von ihren Eltern weggeschleppten Kindern werden würde. Und dann setzt dieser Kauf ganz allein die Missionen in die Lage, noch zu leitende, zu formende Wesen, Kinder, derartig in ihre Obhut zu bekommen, daß etwas aus ihnen zu machen ist. Ich kenne keine evangelischen Missionen in Aequatorial⸗Ost⸗Afrika, die ein derartiges Material für ihre Arbeit zur Verfügung hatten. Selbst wo evangelische Missionare die Eltern dafür bezahlten, daß sie ihre Kinder zum Unterricht, wenn auch nur auf Stunden, den Missionaren überließen, waren doch keine Erfolge zu erzielen. Ich habe allein aus diesem Grunde junge Missionare kennen gelernt, die, in Afrika angekommen, bitter enttäuscht, sich wieder in die Heimath wünschten, wo ihnen ganz andere Aufgaben eine lohnendere Arbeit versprächen. Daß ich den erangelischen Missionen nicht nur keine Schwierigkeiten oder Hindernisse in Ost⸗Afrika in den Weg gelegt habe, sondern dieselben in jeder mir nur möglichen Weise unterstützt habe, kann ich durch Dankschreiben von Seiten englischer und deutscher Missionen belegen. Daß ich aber glaube, daß bei richtiger Leitung diese Missionen unendlich mehr leisten können, daß ich die ungeheuren Summen, die für englische Missionen nach meiner Ueberzeugung in keinem Verhältniß stehen zu dem Erfolg, besser angewandt wissen möchte, das will ich hier und überall wieder⸗ holen. Ich möchte nicht auf Vorkommnisse eingehen, die mich gerade im letzten Jahre hätten veranlassen können, das Interesse an den evangelischen Missionen zu verlieren. Erörterungen über diesen Punkt passen besser in eine Besprechung mit direkt Betheiligten.
Es ist, möchte ich zum Schlusse erwähnen, mein sehnlicher Wunsch, sobald meine Gesundheit hergestellt ist, auf die hier nur oberflächlich behandelten Gesichtspunkte zurückzukommen und meine langjährigen Erfahrungen und Beobachtungen in Afrika den Herren zur Verfügung zu stellen, die die Organisation und Leitung evangelischer Missionen in Afrika in die Hand genommen haben, nur von dem Wunsche beseelt, auch unsere evangelischen Missionen zu segensreichen
Kulturfaktoren heranwachsen zu sehen. Ich weiß, daß alle Kenner
Afrikas, Kaufleute, Forscher und Soldaten, Deutsche, Engrunder oder welcher Nation sie auch angehören, mit mir in allen eben erwähnten Punkten übereinstimmen.
Wie ich in meinem letztgeschriebenen Werke „Unter deutscher lagge quer durch Afrika“, so haben sich viele Andere in diesem inne geäußert. Viele haben es unterlassen, um nicht in eine ihnen
unbequeme Polemik hineingezogen zu werden. Diesen Standpunkt aber halte ich für mehr als falsch, denn was kann den Vorkämpfern der christlichen Religion der Wahrheit willkommener sein, als eine Beurtheilung ihrer Thätigkeit von Männern, die das Feld derselben genau kennen. Und sollten selbst meine Aeußerungen für manche Punkte nachhaltig widerlegt werden können, so würden dieselben doch dazu beitragen, den richtigen Weg. der zum Ziele führt, näher zu be⸗ leuchten. Ich bin vorläufig außer Stande, mich über dies Thema weiter auszulassen, und bitte daher, weitere Erörterungen aufzuschieben oder an Hrn. Pastor Diestelkamp in Berlin einzusenden, mit dem ich, sobald meine Gesundheit wieder hergestellt sein wird, in Verbindung zu treten hoffe. 1 Wissmann.“
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus dem westfälischen Kohlenrevier wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Der ehemalige Vorsitzende des Verbandes der Bergleute, Hr. Bunte, hat nunmehr in öffentlichen Versammlungen mitgetheilt, was ihn veranlaßt hat, das Amt eines Vorsitzenden niederzulegen. In den Zweigvereinen (Zahlstellen) des Verbandes hatte sich eine Bewegung dahin geltend gemacht, daß der Vorsitzende für das viele Geld, das er erhalte, monatlich 150 ℳ, doch eigentlich recht wenig thue, da er auch noch ein Taback⸗ und Cigarrengeschäft, das seine Thätigkeit sehr in Anspruch nehme, nebenbei führe. Die Zahlstellen legten also Hrn. Bunte nahe, entweder das Geschäft eingehen zu lassen oder den Posten des Vorsitzenden niederzulegen. Hr. Bunte hat sich zu letzterem entschlossen, weil ihm sein Geschäft auch einen sicheren Gewinn ab⸗ werfe. Es sind nunmehr die drei ehemaligen Kaiserdelegirten aus der Klasse der Arbeiter ausgeschieden. Siegel betreibt ein flottes Flaschenbiergeschäft, Schröder ist Cigarren⸗ und Schuhhändler, und Bunte Taback⸗ und Cigarrenhändler.
Die Sozialdemokraten des oberen Kreises Solingen führten in einer am 6. Juli zu Ohligs abgehaltenen „Arbeiter⸗ versammlung“ ein lärmendes Schauspiel auf, bei welchem es zw'schen dem Reichstags⸗Abgeordneten für Solingen, Schumacher, einem Hrn. Hülle aus Elberfeld und dem Vorsitzenden der Versammlung zu aufgeregten Streitigkeiten kam. Es zeigte sich, daß gegen den Reichstags⸗Abgeordneten Schumacher eine tiefgehende Verstimmung herrscht; der Vorsitzende selbst gestand in dürren Worten ein: ja es herrscht ein Zwie⸗ spalt hier! Anlaß zur Fehde gab die vorgeschlagene Grün⸗ dung eines volksthümlichen Wahlvereins für den Kreis Solingen; Hr. Hülle sprach dafür, der Reichstags⸗Abgeordnete Schumacher da⸗ gegen. Es entstand ein entsetzlicher Tumult, auf dessen Einzelheiten die Köln. Ztg.“ meint nicht weiter eingehen zu können; genug, daß eine fürchterliche Intriguen⸗ und Interessenwirthschaft in den dortigen sozialistischen Kreisen zu Tage trat.
Die provisorischen Mitglieder des Vorstandes des neuen Vereins „Glück auf“ in Duisburg veröffentlichen, wie die „Saarbr. Ztg.“ mittheilt, einen Aufruf „An die Bergarbeiter“ mit der Aufforderung, allerorts zusammenzutreten und Ortsvereine zu errichten. Bezüglich des Programms wird gesagt: „Wir bekennen uns nicht zu jener Richtung, welche durch ihre Thron und Altar um⸗ stürzenden Bestrebungen uns niemals zum Siege führt. Wir stehen fest und treu zu Kaiser und Reich! Wir wollen durch be⸗ gründete und erfüllbare Forderungen eine dauernde Besserstellung unseres Standes herbeiführen und so lange kämpfen, bis unser Ziel erreicht ist. Dabei wollen wir uns streng in dem Rahmen des Gesetzes und des Erreichbaren halten.“
Die Führer der organisirten Arbeiter in Magdeburg, Buckau und Neustadt haben beschlossen, dahin zu wirken, daß in nächster Zeit Strikes Behufs einer Verbesserung der Arbeiterlage nicht stattfinden. Es soll vielmehr vorerst Alles aufgeboten werden, um dort, wo die Arbeitgeber die Arbeiterorganisationen sprengen wollen, den Arbeitern zu heuft zu kommen. Für die ausgesperrten Maurer und Zimmerer in Hamburg wird eifrig gesammelt.
Der vor Kurzem in Dresden gegründete evangelische Arbeiterverein ist durch eine öffentliche Versammlung vor die Oeffentlichkeit getreten, die von gegen 2000 Menschen besucht war, und in der, nach ihrer Eröffnung durch den zweiten Vorsitzenden des Vereins Hrn. Buchdrucker Schiefner, Konsistorial⸗Rath Dr. Dibelius über: „Der Arbeiter und sein Lohn“ sprach. Der würdige Verlauf der Versammlung, der durch Schreien und Lachen der anwesenden Sozialdemokraten nicht gestört werden konnte, führte, wie man der „Post⸗ meldet, dem jungen Verein zahlreiche neue Mitglieder zu.
Nach Beschluß des Central⸗Ausschusses des Landwirthschaftlichen Vereins des Herzogthums Braunschweig sollen auch in diesem Jahre im Herzogthum Erhebungen über den Kontraktbruch länd⸗
licher Arbeiter stattfinden, um auf Grund des gesammelten
Materials beim Herzoglichen Staats⸗Ministerium geeignete Schritte beantragen zu können.
Aus Flensburg meldet die dortige Zeitung: Seitens der Glasfabriken Schleswig⸗Holsteins und Hamburgs war am 22. v. M. nach gemeinsamer Verabredung denjenigen Arbeitern, welche dem Fachverein der Glasarbeiter angehören, bekannt gegeben worden, daß Diejenigen, welche nicht bis Sonnabend, den 5. d. M., aus dem Verein ausgetreten seien, sich je nach der Kündigungsfrist bezw. am selben Tage oder am 19. Juli als entlassen anzusehen hätten. Da der Auffor⸗ derung Seitens der Arbeiter der hiesigen Fabrik nicht entsprochen worden ist, so sind die mit vierzehntägiger Kündigungsfrist angestellten Glasarbeiter derselben am letzten Sonnabend abgelohnt worden, die⸗ jenigen mit vierwöchiger Kündigung kommen am 19. d. M. aus der Arbeit. Aehnliches wird aus Bergedorf berichtet, während aus Ottensen noch keine Nachricht vorliegt. Die Fabriken sollen ent⸗ schlossen sein, lieber die Arbeit ganz einzustellen, als von ihrer For⸗ derung abzugehen.
Die Diamantenkrisis in Antwerpen ist, wie der „Voss. Ztg.“ geschrieben wird, nunmehr nach sechsmonatlicher Dauer beendet. Die Einfuhrhändler ungeschliffener Diamanten haben in Folge des großen Ueberflusses derselben ihre S um 15 % heruntersetzen müssen. In dessen haben die Diamantschleifereien ihre Werkstätten wieder geöffnet und die Arbeiter nach sechsmonat⸗ lichem Feiern die Arbeit wieder aufgenommen.
Zur landwirthschaftlichen Lage.
Der im Vergleich zu früheren Jahren nicht unerheblich höhere Preis landwirthschaftlicher Erzeugnisse hat, wie aus dem Regierungsbezirk Marienwerder berichtet wird, dort eine merkliche Besserung in der Lage der Landwirthschaft bisher nicht hervorbringen können. Insbeson⸗ dere haben die höheren Cerealienpreise den Landwirthen wenig oder gar nichts genützt, weil der Erdrusch der letzten Ernte ein so geringes Ergebniß hatte, daß nicht viel zu verkaufen war. Etwas vortheil⸗ hafter haben sich dort die Erträge der Viehhaltung gestaltet, da die Fleischpreise hoch waren; jedoch wurde die Ausnutzung dieses Vortheils durch die Knappheit der Futtervorräthe erschwert. Der seit Jahren konstatirte Mangel an ländlichen Arbeitern wird sich in diesem Jahre wahrscheinlich noch empfind⸗ licher fühlbar machen, als sonst, weil einerseits eine reiche Ernte in Aussicht steht, und weil die Wanderung der Landarbeiter nach den westlichen Provinzen in diesem Jahre noch zahlreicher zu sein scheint als bisher. Die durch das Fortgehen der westpreußischen Arbeiter entstandenen Lücken sind vielfach ausgefüllt worden durch polnische Arbeitskräfte aus Rußland, die trotz aller Grenzüberwachung nach Westpreußen importirt worden sind. Selbst in weiter Entfernung von der Grenze, z. B. im Kreise Marienwerder, trifft man auf Gütern und in bäuerlichen Wirthschaften zahlreiche polnische Arbeiter aus Rußland. Für die Beurtheilung der landwirthschaftlichen Lage bietet auch die Statistik der Zwangversteigerungen einige Anhaltspunkte. Hiernach haben im Reg.⸗Bez. Marienwerder in den Monaten Februar, März und April 42 land⸗ und forstwirthschaftlich benutzte Grundstücke mit 1151 ha Fläche — darunter eins von 329 ha, zwei von 100 — 200 ha, die übrigen unter 100 ha — durch Zwangsversteigerung den Besitzer gewechselt, wobei 362 ha aus polnischer Hand in deutsche und 22 ha aus deutschem Besitz in polnische Hand übergingen. Da in einer national ge⸗ mischten und den nationalen Gegensatz empfindenden Bevölkerung auch wirthschaftliche Vorgänge von Bedeutung für die weitere national⸗ politische Entwickelung sein können, ist dort seit mehreren Jahren die Nationalität der Vorbesitzer und der Erwerber zwangsversteigerter Grundstücke statistisch ermittelt worden. Hierbei hat sich ergeben, daß seit dem 1. Februar 1887 bis zum 30. April 1890 der polnische Besitz bei Zwangsversteigerungen etwa 600 ha an deutsche Erwerber verloren hat.
Die Auswanderung aus Westpreußen.
Das Zahlenverhältniß der Nationalitäten im Regierungsbezirk Ma rienwerder verschiebt sich, wie uns von dort geschrieben wird, durch die viel stärkere Auswanderung der Deutschen fortwährend zu Gunsten der Polen. In den letzten sechs Jahren — vom 1. Mai 1884 bis 30. April 18950 — sind 15 021 Deutsche und 7254 Polen ausgewandert. Es kommen also auf jeden polnischen Auswanderer zwei deutsche, „während in der Aufenthaltsbevölkerung die beiden Nationalitäten gleich stark vertreten sind. Da die Aus⸗ wanderer ganz überwiegend dem Arbeiterstande angehören, und da überdies wegen der ö 3 is
Februar, März und April sind aus dem Regierungsbezirk Marien⸗
werder 917 Personen ausgewandert, von denen 606 der deutschen und
311 der polnischen Nationalität angehörten. 8
Made in Germany.
Aus Fulda schreibt man uns: Die Baumwoll⸗ und Woll⸗ waarenfabrikation geht nach wie vor gut. Das englische Gesetz, wonach die Waaren mit dem Vermerk „made in Germany“ versehen sein müssen, hat der Fabrikation bisher keinen Schaden gebracht; die Aufträge aus England haben sich im Gegentheil sogar vermehrt.