1890 / 171 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Jul 1890 18:00:01 GMT) scan diff

die Truppen daselbst. Major Wissmann besetzt das erstürmte, nörd⸗ lich an der Rukvro⸗Bay gelegene Masoko, wohin die „Harmonie“ dirigirt wird, welche nach Eintreffen S. M. Krzr. „Schwalbe“ in dieser Bay ihre Landung dort ausführt. 8

Dieser Plan wurde ohne Störung zur Ausführung gebracht und befand sich am 3. Mai gegen Mittag das gesammte Expeditions⸗ Corps des Majors Wissmann in Masoko marschfertig an Land.

S. M. Krzr. „Schwalbe“ kehrte um 1 ¾ Uhr nach Kilwa zurück und machte die Meldung, daß Major Wissmann am Abend des Tages bis Mnago eine Stunde südlich von Kilwa marschiren und am 4. Mai Morgens Kilwa angreifen werde.

Die Verbindung zwischen Major Wissmann und mir wurde durch den längs der Küste fahrenden Dampfer „München“ erhalten.

Den Bericht des Korvetten⸗Kapitäns Hirschberg über die Fahrt nach dem Süden und die Landung in Kisiwani und Rukyro⸗Bay füge ich gehorsamst bei. (Vgl. unten.)

Ich kann hierbei nicht unerwähnt lassen, daß lediglich dem Ein⸗ greifen des Korvetten⸗Kapitäns Hirschberg und seiner großen Kenntniß des Fahrwassers des Mafia⸗Kanals es zu verdanken ist, daß die Flottille überhaupt den Süden erreicht hat; es ist mir dies auch wiederholentlich durch Major Wissmann in anerkennendster Weise ausgesprochen worden, welcher mir ebenfalls erklärte, ohne die Hülfe der Marine hätte er die Expedition aufgeben müssen. Es hatte auch gerade an diesen Tagen derartig geweht und war solche hohe See, wie sie Jahre lang nicht gewesen sein soll. 1 8

Um 6 Uhr Nachmittags am 3. Mai ließ ich durch S. M. S. S. „Schwalbe“ und „Carola“, welch letzteres Schiff sich etwas näher an die Stadt, ungefähr 1 ¼ Seemeilen entfernt, hingelegt hatte, zur genauen Feststellung der Entfernung einige Schüsse feuern.

Für das sich anschließende Bombardement war S. M. Kreuzer „Schwalbe“ der südlich der Stadt gelegene Palmenwald, welcher vom Feinde stark in Gräben besetzt war, und der südliche Theil der Stadt zur Beschießung zugetheilt, während S. M. S. „Carola“ ebenfalls den südlichen Theil, die Mitte der Stadt und die Strand⸗ befestigungen unter Feuer zu nehmen hatte. 1

Es gelang sowohl S. M. Krz. „Schwalbe“ durch gute Schüsse den Palmenwald vom Feinde zu säubern, als auch S. M. S. „Ca⸗ rola“ die Stadt in Brand zu schießen, welches Feuer sich sehr ver⸗ größerte und in 3 bis 4 Stunden einen großen Theil der Stadt in Asche legte. Durch 8,7 cm⸗-Granaten und einzelne Schüsse der Schiffsgeschütze wurde der Feind während der ganzen Nacht beun⸗ ruhigt und am Löschen des Feuers verbindert Während des Brandes muß ein großer Theil der Munitionsvorräthe des Feindes in die Luft geflogen sein, wie nach den häufigen Explosionen angenommen werden muß. .““ 1

Bei Tagesanbruch wurde das Feuer von beiden Schiffen heftiger

aufgenommen. Es gelang hierbei wiederum S. M. S. „Carola“, den Südtbeil der Stadt in Brand zu schießen. Das Feuer nahm mit der Zeit solche Dimensionen an, daß später unsere eingerückten Truppen es löschen mußten, um nicht die ganze Stadt niederbrennen u lassen. Es hatte von Bord aus den Anschein, daß der Feind die Stadt und den südlichen Palmenwald geräumt hatte, nur noch im Norden der Stadt, am Strande und auf dem Singmo⸗Hügel hielt er Stand. Gegen letzteren ließ ich einige Schüsse von S. M. Krzr. „Schwalbe“ feuern, welche den Feind vertribben. 18

Gegen den Norden der Stadt ließ ich um 8 ½ Uhr die Boots⸗ dioision unter Korvetten⸗Kapitän Hirschberg vorgehen, welche auch bald in ein Feuergefecht verwickelt wurde, welches den Feind nach kurzer Erwiderung des Feuers vertrieb, während die Schiffe den nördlichen Theil der Stadt ebenfalls unter Feuer nahmen.

Ordre de bataille der Bootsdivision. Dampfpinnaß S. M. Krzr. „Schwalbe“. Kommandoboot: Korvetten⸗Kapitän Hirschberg. Signal⸗Offizier: Lieutenant zur See Borgnis. S. M. Krzr. „Schwalbe“

Jolle Kutter Lieutenant z. S. Bode. S. M. S, „Carola“

II. Kutter I. Kutter Barkaß Dampfpinnaß Lieutenant z. S. Lieutenant z. S. Lieutenant z. S. Kapitän⸗Lieutenant Stechow. von Studnitz. Brinkmann. Benzler.

Die Einrichtung, welche ich in den Booten mit den Zurrpivot⸗ böcken zur Aufnahme der Revolver⸗Kanonen getroffen hatte, hat sich sehr gut bewährt. 8 . 1

Da gerade Niedrigwasser war, war eine Landung so gut wie aus⸗ geschlossen, wegen des vorliegenden Schlicks und Mangrovenstümpfe. Ich ließ daher nur die Bootsbesatzungen in die Boote gehen, um den feindlichen Geschossen möglichst wenig Ziele zu bieten. Mit dieser Expedition der Bootsdivision bezweckte ich gleichzeitig, den Feind zum Zeigen seiner Absichten zu zwingen, indem ich ihn glauben machen wollte, eine Landung im Norden sei beabsichtigt. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß der Feind die Stadt befinitiv geräumt haben sollte, ich vermuthete einen Hinterhalt, worin ich durch die Menschenmassen auf Singino Hill bestärkt wurde.

Es war dies auch der Grund, warum ich nicht das ganze Landungs⸗ corps ausschiffte und die Stadt besetzte, da ich nicht stark genug war, die Stadt im Falle eines energischen Angriffs lange allein zu halten und ich nicht wußte, wann Major Wissmann eintreffen würde, von dem bis dahin weder etwas zu sehen noch zu hören gewesen war; der e beafeitense Küstendampfer hatte ihn ebenfalls aus dem Gesicht verloren.

Um 8 Uhr 30 Minuten jedoch, als durch das Feuer der Boots⸗ division die letzten Feinde vertrieben waren und eine nach nördlicher Richtung durch Kapitän⸗Lieutenant Benzler ausgeführte Rekognos⸗ zirung den Abzug des Feindes festgestellt hatte, kamen plötzlich die ersten Wissmann⸗Truppen im Süden der Stadt in Sicht, welche darauf, nachdem die Bootsdivision und die Schiffe das Feuer ein⸗ gestellt hatten, Kilwa, welches vollständig geräumt gefunden wurde, besetzten. 8

Nach Aussage einiger schnell zurückkehrenden Inder, zu deren Aufnahme die englische Korpette „Turquoise“ am 1. Mai mit mir zusammen vor Kilwa eintraf, hätte sich der Besatzung, nachdem die Stadt in Brand geschossen war, eine Panik bemächtigt, und hätte sie sich allmählich, die Letzten des Morgens bei Beginn unserer letzten Beschießung, fortgezogen. Ein Theil 400 bis 600 Mann stark soll nach dem Rufidji⸗Delta geflohen sein. Es sollen dies haupt⸗ sächlich Araber und Beludschen sein, während die Schwarzen nach Platz, etwa 9 Stunden von Kilwa entfernt, sich begeben haben

ollen.

Gleichzeitig nach Eintreffen der Wissmann⸗Leute landete Korvetten⸗ Kapitän Hleschberg gleichfalls in der Stadt und stellte die Verbin⸗ dung mit Major Wissmann her, indem er durch Lieutenant zur See von Studnitz und eine starke Patrouille eine Mittheilung über⸗ mitteln ließ. 1

Major Wissmann war, nachdem er von Masoko am 3. Mai ab⸗ marschirt war, wiederholt auf feindliche Trupps gestoßen, hatte sie jedoch alle mit Verlusten zurückgeschlagen. Sein Verlust betrug drei Todte, von denen einer durch ein Versehen mit seinem eigenen Gewehr erschossen wurde. ö

Gleich am Nachmittage des Tages begann die Ausschiffung der auf der „Harmonie“ verladenen Geschütze, Proviant ꝛc., wobei ich unsere Dampfbeiboote zum Schleppen der Leichter behülflich sein ließ.

Die Stadt wurde, soweit es zur Freilegung des Schußfeldes nothwendig war, noch zerstört und aus einem Komplex geeigneter Steinhäuser mit Wellblech und Erde eine Befestigung deT zeten und mit vier Feldgeschützen armirt. 1“

An Kriegsmaterial sind erbeutet worden sechs Geschütze, welche in der Seebefestigung gestanden haben. Später ist noch ein siebentes im Walde gefunden, ebenso kleinere Lager von neuen Waffen (Vorder⸗ ladern). Die Geschütze haben 10,5 und 7,4 cm Kaliber, schossen Vollkugeln, richtige Büchsen⸗Kartätschen und gehackte Eisenstücke, auch

hatten sie unsere Granatsplitter gesammelt und an den Bettungen aufgehäuft.

Von den Geschützen habe ich drei an Bord genommen, und zwar S. M. S. „Carola“ zwei, S. M. Krzr. „Schwalbe“ eins, und hat Major Wissmann die anderen vier erhalten.

Daß Kilwa so leicht in unsere Hände gelangt ist, ist in erster Linie der Wirksamkeit unseres Bombardements zuzuschreiben, auch glaubten sich die Leute eingeschlossen, als sie hörten, daß Major Wissmann mit großer Truppenmacht vom Süden der Stadt heranzog, während sie im Norden die durch Feuer vorbereitete Landung der Marine befürchteten.

Unsere Leute schossen sehr gut, fast alle Granaten krepirten günstig, und haben die Häuser sowohl als die Befestigungen, die theilweise zerstört waren, arge Beschädigungen erlitten.

Der Verlust an Menschenleben ist nicht festzustellen, da alle Todten fortgeschleppt wurden. Zwei Leichen mit Granatsplitter⸗ wunden wurden außerhalb der Stadt vorgefundeu.

Ich erwähne lobend die vorzügliche Leitung des Feuers S. M. S. „Carola“ durch den Batterie⸗Offizier, Lieutenant zur See Scheibel; die Schützen, welche den Ort in Brand schossen, waren Obermatrose Sollmann und Obermatrose Bahlow und hat besonders ersterer sich durch ruhiges und sicheres Schießen ausgezeichnet. Von den Revolver⸗ kanonenschützen hat besonders der Obermatrose Wedhorn durch vor⸗ zügliches und ruhiges Schießen sich bei meiner Rekognoszirungsfahrt mit der Dampfpinnaß am 29. März ausgezeichnet, trotzdem die Ge⸗ schosse dicht am Boot einschlugen.

Die Befestigungsarbeiten waren am 9. Mai soweit gediehen, daß der Abmarsch von 900 Sudanesen nach Lindi stattfinden konnte.

Da während der ganzen Zeit in Kilwa schlechtes Wetter mit starken Regenböen herrschte und draußen also schwere See zu er⸗ warten war, und mit Rücksicht auf die sich absolut seeuntüchtig gezeigt habende „Harmonie“ nahm ich einen Theil der für den Angriff auf Lindi bestimmten Truppen an Bord, während S. M. Krzr. „Schwalbe“ und „Barawa“ den Rest an Bord nahmen. Die Ein⸗ schiffung begann am 9. Mai, Morgens 6 l Uhr, und wurde zuerst die „Barawa“ beladen, dann S. M. Krzr. „Schwalbe“, welche beide, um rechtzeitig vor Lindi eintreffen zu können, bereits Mittags voraus⸗ gingen, während S. M. S. „Carola“ Nachmittags folgte. Morgens um 1 Uhr wurde S M. Krzr. „Schwalbe“ an vorher verabredeten Sternsignalen gesichtet unod erkannt.

Bei Tagesanbruch befanden sich die Schiffe in der Nähe von Lindi woselbst am 10. Mai Morgens 9 Uhr eingelaufen wurde.

Da die Wasserverhältnisse auf der Barre, 6,5 m Wasser und dabei hohe Dünung, die das Schiff stark stampfen ließ, trotzdem es Hochwasser war, ein Einlaufen S. M. S. „Carola“ nicht gestatteten, ankerte ich vor der Barre, ungefähr 2 Seemeilen von der Stadt ab, und eröffnete aus den Buggeschützen das Feuer auf den nördlichen Theil Lindis, wo sich viele Menschen befanden, während ich mit den Booten je eine Compagnie der Wissmann⸗Truppen auf „München“ und „Vesuv“ und die dritte mit den Schiffsbooten durch „München“ nach der Stadt schleppen ließ. Zur Bedeckung fuhr die mit einer Revolverkanone armirte Dampfpinnaß unter Lieutenant zur See Brinkmann mit, welche beim Einlaufen in Lindi wiederholentlich auf bewaffnete Leute am Strande feuerte.

Inzwischen waren S. M. Kreuzer „Schwalbe“ und Dampfer „Barawa“ eingelaufen und begannen ebenfalls an der Leeseite mit der Ausschiffung der Truppen Plötzlich erhielt S. M. Kreuzer „Schwalbe“ von beiden Flußufern Gewehrfeuer, welches sofort mit Geschützen, Revolverkanonen und Gewehren auf 500 m wirksam erwidert wurde und den Feind vom Strande trieb. Sowie die Dampfer „München“ und „Vesuv“ und die Boote S. M. S. „Carola“ ankamen, landeten gleichzeitig mit diesen auch Wissmann⸗ Truppen in den Booten S. M. Kreuzer „Schwalbe“, welche die Lieutenants zur See Borgnis und Bode führten. Da sich wiederum bewaffnete Leute am Strande zeigten, auch Gewehrschüsfe fielen, so fand ein heftiges Gewehr⸗ und Revolverkanonenfeuer aus den Bosoten statt. Der Feind wich fechtend aus der Stadt und kamen am 10. und in der Nacht vom 10. bis 11. verschiedene kleine Gefechte vor, bei denen der Feind Todte und Verwundete hatte. Deutscherseits wurde ein weißer Unteroffizier schwer verwundet.

Mehrere bei dem Vormarsch der Truppen durch die Stadt vor⸗ gefundene Leichen ließen erkennen, daß das Geschützfeuer der Schiffe sehr wirksam gewesen war.

Ebenso wie in Kilwa wurde, soweit es zur Vertheidigung noth⸗ wendig war, die Stadt niedergebrannt und eine provisorische Befesti⸗ gung angelegt.

Da S. M. Krzr. „Schwalbe“ zur Vorbereitung und Sicherung der Landung vor Mikindani, wo aber, da schon nach Sansibar Frie⸗ densvnterhändler an den Reichs⸗Kommissar gekommen waren, kein Widerstand zu erwarten war, mir ausreichend erschien und S. M. S. „Carola“ überhaupt nicht thätig in die Aktien mit eingreifen Lonnte, da die Einfahrt in den Mikindani⸗Hafen eine derartig enge und ge⸗ wundene ist, daß mir bei Erkundigungen bei ortskundigen Kapitänen von einem Einlaufen mit einem Schiffe von der Größe S. M. S. „Carola“ entschieden abgerathen wurde, da selbst kleinere Dampfer beim Drehen festkommen, theilte ich dem Reichskommissar mit, daß ich am 11. nach Sansibar zurückgehen würde. Da er erklärte, es sei ihm sehr er⸗ wünscht, durch das Erscheinen S. M. S. „Carola“ auf die Mikindani⸗ leute einen moralischen Eindruck auszuüben, lief ich, bevor ich nach Sansibar ging, in die Bucht von Mikindani ein, blieb einige Zeit dort liegen an einem Platze, von welchem ich von der im Innern der Bucht gelegenen Stadt zu sehen war, und trat gegen 6 Uhr Nachmittags die Rückreise nach Sansibar an, woselbst ich am 12. d. M. Abends ankerte.

Am 13. Morgens ging ich nach Dar⸗es⸗Salaam, um Erkundi⸗ gungen einzuziehen, ob Nachrichten von den von Kilwa nach Norden abgezogenen 600 Kilwaleuten da seien, da die Möglichkeit nicht aus⸗ geschlossen war, daß diese Leute während der schwachen Besetzung dieser Station einen Putsch in Dar⸗es⸗Salaam versuchen würden. Da jedoch keinerlei Befürchtungen vorlagen, verließ ich Dar⸗es⸗Salaam am folgenden Tage, nachdem ich die im Süden verschossene Munition aus den hier lagernden Beständen aufgefüllt hatte, und lief nach Saadani. *

Ich hatte gehört, daß die Araber in Sansibar einen Versuch machen wollten, zwei dort gefangene Araber zu befreien. Ich trat mit dem Stationschef in Verbindung, er erklärte mir jedoch, daß er, unter Zuziehung der mit dem Engländer Stockes heruntergekommenen zuverlässigen Karawanenleute, jedem Angriffe gewachsen sei.

Ich ging daher am 15. nach Sansibar zurück, w oselbst auch der Reichskommissar nach der Besetzung von Mikindani am 17. Mittags mit dem Dampfer „München’ eintraf. 8

Die Besetzung von Mikindani hat in folgender Weise stattge⸗

funden: Schon vor meinem Abgang waren Abgesandte der aus der Stadt Lindi geflohenen Leute gekommen und hatten um Frieden gebeten, der selbstredend bewilligt wurde, und fingen die Leute an, in die ver⸗ lassenen Häuser zurückzukehren; ebenso waren aus Kilwa— Kisiwani vier höhere Araber, darunter ein italienischer Renegat, Frieden er⸗ bittend, nach Lindi gekommen. 8 888

Am 13., Vormittags 10 Uhr, verließen S. M. Krzr. Schwalbe“. Dampfer „Barawa“, „Vesuv“ und „München“ Lindi und ankerten Nachmittags 4 Uhr im inneren Hafen von Mikindani. Schon vor der Einfahrt in den Hafen kam ein Boot mit Parlamentärflagge, Frieden suchend längsseits. Die in der Bucht liegenden Dörfer Pemba, Moita, Mikumba, Kinigi und Kimberi zeigten weiße Flaggen; nur das Dorf Mitengi zeigte keine, da sein Häuptling Abdurrachman keinen Frieden machen wollte, aber entflohen war. 3

Der Reichskommissar landete mit den Abgesandten und theilte dem Wali mit, daß am Morgen des nächsten Tages die Truppen die Ortschaften besetzen würden, was auch ohne jeden störenden Vorfall sich vollzog. Auch die Mitengileute unterwarfen sich, nachdem sie mit Beschießen und Niederbrennen ihres Orts bedroht worden

waren. b S. M. Krzr. „Schwalbe“ hat Befehl von mir erhalten, bis zur

Fertigstellung der provisorischen Befestigung in Mikindani zu bleiben, 1

dann über Lindi und Kilma nach Sansibar zurückzukehren und den

Aufenthalt in den genannten Plätzen nach Lage der Verhältnisse und

nach Rücksprache mit den Stationschefs zu bestimmen. Valette.

Gleichzeitig wird der vorstehend erwähnte, von dem Komman⸗ danten S. M. Kreuzers „Schwalbe“, Korvetten⸗Kapitän Hirschberg,

an Korvetten⸗Kapitän Valette gerichtete Bericht über die Fahrt

nach dem Süden, Landung in Kisiwani und Rukyro⸗Bai, Beschießung Kilwas und Angriff der Bootsdivision, d. d. Kilwa⸗ Kivinji, 5. Mai mitgetheilt:

„Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich in Verfolg der hohen Ver⸗ fügung vom 4. Mai 1890 J. No. 563 gehorsamst zu berichten wie folgt:

„Harmonie“, „Barawa“ und „München“ verließen, um Vor⸗

prung zu gewinnen, sobald sie fertig, am 30. April um 6 ½ bezw. 7 und 7 ½ Uhr den Hafen. S. M. Krzr. „Schwalbe“ nahm 9 Offiziere, 16 Unteroffiziere, 355 Mann und Offiziergepäck in 1 ½ Stunden an Bord. Als Beförderungsmittel dienten 3 Schiffsboote: 1 Kutter, 2 Jollen, 1 Jolle von Land und 2 Whale⸗Boote. Dies gute Resultat konnte erzielt werden, da ganz glattes Wasser war und die Entfernung von Land 150 m betrug.

Die Whale⸗Boote wurden an den Davits der eingeschwungenen Pieras und Kutter behufs späterer Benutzung bei der Ausschiffung geheißt. 3 Nachdem Hr. Major Wissmann sich eingeschifft hatte, verließ S. M. Krzr. „Schwalbe“ 8 Uhr 30 Minuten den Hafen. Die voraufgegangenen Dampfer waren bald eingeholt und arbeiteten die⸗ selben gegen Windstärke 4 in den Böen bis 7 und hohe kurze See nur mühsam gegenan. Harmonie“ machte nur 3 bis 4 Seemeilen über den Grund und waren die Bewegungen dieses Fahrzeugs besorgnißerregend; sie schöpfte an beiden Seiten und schien mehr unter wie über Wasser. Da Wind und Seegang Nachmittags zunahmen und an der Nordspitze Mafias noch Verschlimmerung zu erwarten war, mußte die Absicht, an der Außenkante Mafias Nachts weiter zu fahren, aufgegeben werden. Ich nahm daher den Kurs auf die Insel Nord⸗Fanjove, „Harmonie“ und „München“ folgten auf Signal, „Barawa“ kam in einer Regenboe aus Sicht; nachdem ich Harmonie“ und „München“ auf den richtigen Kurs gebracht, suchte ich „Barawa“ auf, brachte sie auf Kurs, lief an „München“ und „Harmonie“ vorbei und erreichte mit Dunkelwerden den Anker⸗ platz bei Fanjove, wohin ich die Schiffe durch Blicke des Nachtsignal⸗ apparates dirigirte.

Mit Hellwerden sollte am nächsten Morgen die Fahrt unter dem Schutz der Riffe fortgesetzt werden, es konnte dies aber wegen dicken Wetters, Negenböen, erst um 7 Uhr geschehen.

Selbst in dem beinahe ruhigen Wasser innerhalb der Riffe und Windstärke 4 konnte in Rücksicht auf „Harmonie“ nur ca. 5 See⸗ meilen Fahrt gemacht werden. Es war nun die Absicht, die Innen⸗ passage durch den Süd⸗Mafia⸗Kanal, welcher vor Dunkelwerden er⸗ reicht werden konnte, wenn irgend des Wetters wegen dies möglich, zu verlassen und die Nacht hindurch nach Kilwa⸗Kisiwani zu gehen. Aber schon in dem etwas offenen, aber doch immer noch geschützten Fahrwasser des Süd⸗Mafia⸗Kanals arbeitete die „Harmonie“ wieder derartig, daß eine Nachtfahrt in offener See nicht ausführbar erschien. Auch mußte ich der Ansicht des Majors Wissmann beistimmen, daß die Leute der „Harmonie“, wenn bei, der Landung Wider⸗ stand eintreten sollte, nicht gefechtsfähig sein würden. Es wurde daher beschlossen, zu ankern. Da „Harmonie“ zurück⸗ geblieben war, und ich ihre Signale nicht erkennen konnte, lief ich zurück, sie meldete, daß sie nicht im Stande sei, offene See zu halten. Es wurde also bei Simaga geankert und beschlossen, unter Aufgabe der Geheimhaltung der Expedition, sowie der Absicht füdlich zu landen, die Innenpassage weiter zu benutzen, dieselbe durch Kilwa⸗ Main⸗Paß zu verlassen, so 89 nur ein kurzer Weg auf offener See zurückzulegen blieb. Aber selbst dies kurze Stück Seefahrt wollte ich ungern der „Harmonie“ zutrauen und bestätigte sich meine Meinung durch die Angabe des Führers der „Harmonie“, Grafen feil, und des Chefs des auf dem Fahrzeuge eingeschifften Batai ons, von Zelewski. Ein Kentern ist ernstlich befürchtet, die Existenz der Truppen war sehr schlimm, sie rollten apathisch mehr unter wie über Wasser hin und her, warmes Essen war nicht herzustellen bei den Bewegungen des Schiffs und gegen die Regengüsse war wenig Schutz.

Ich wäre nun bereit gewesen, noch 200 Mann mehr an Bord zu nehmen, um die „Harmonie“ zu entlasten, und halte Hrn. Major Wissmann vorgeschlagen, die „Harmonie“ nach Kilwa⸗Kivinji gehen zu lassen, dort noch einen Theil der Leute auf „Max“ und „Vesuv“ überzuschiffen und dann „Harmonie“ zurückzulassen und auf den Rest der Leute zu verzichten; Chef von Zelewski erklärte aber, er hielte die Truppen, geschwächt durch Seekrankheit, nicht für fähig, selbst bei dem mäßigen Seegang umzuschiffen, ohne Verluste an Menschen⸗ leben und viel Waffen.

Ich muß hierbei bemerken, ebenso ruhig wie die Leute sitzen, wenn sie erst an Bord sind und ihnen ihr Platz angewiesen ist, wie sie im Sitzen, im Hucken, an einander gelehnt schlafen, mit Hart⸗ brod und Reis vollständig zufrieden sind, bei überkommenden Seen und Regengüssen unter ihrer Decke zusammenkriechen und Alles über sich ergehen lassen (Nähe der Maschine, Kessel, Backofen waren sehr gesucht), dabei vergnügt, sowie die Sonne durchkommt, sich kindisch über die Sirene freuend; ebenso wie sich die Leute zum Massen⸗ trankvort bei beschränktem Raum eignen, so ungeschickt sind sie beim Ein⸗ und Ausschiffen, wenn etwas Seegang ist. Seefallreeps ver⸗ längern die Einschiffungsdauer bedeutend, Fallreepstreppen ohne Ge⸗ länder erklimmen sie wie Sturmleitern.

Es mußte daher zunächst mit S. M. S. „Carola“ behufs Be⸗ schaffung weiterer Hülfsmittel in Verbindung getreten werden.

S. M. Krzr. „Schwalbe“ lief daher mit Tagesanbruch nach Kilwa, „Harmonie“ folgte langsam, „Barawa“ und „München“ erhielten Befehl, die Reise nach Kilwa⸗Kisiwani, Jewe⸗Riff westlich lassend, so daß sie von Kilwa möglichst nicht gesehen wurden, fortzusetzen.

Nachdem ich von der Meldung bei Ew. Hochwohlgeboren über die Lage der Sache mit Major Wissmann von der Berathung, bei welcher Ew. Hochwohlgeboren Masoko in der Rukyro⸗Bai als Landungsplatz für die Truppen der „Harmonie“ bezeichnet hatten, zurückkehrte, verließ ich die Rhede durch den Kilwa⸗Main⸗Paß mit möglichst nördlichem Kurse, um die Fahrtrichtung zu markiren, holte Mittags „Barawa“ und „München“ ein, setzte mich an die Spitze und lief 2 Uhr 50 Minuten in Kilwa⸗Kisiwani ein, Geschütze und Revolver⸗Kanonen fertig zum Feuern, die Schützen hinter Brustwehr von Hängematten, zum Schutz und Auflage für Gewehre, vertheilt. Wir erhielten kein Feuer.

An der Innenseite der Halbinsel, dem Mündungspunkt der Fähre zwischen der Landzunge und Kisiwani, wurde gelandet; wenn auch der Strand bewaldet und nur ein kleiner Fleck offenen Sand⸗ strandes vorhanden war, so wäre im Fall des Widerstandes bei der geringen Entfernung von 200 m der Strand gegen Geschützfener vom Feinde doch nicht zu halten gewesen. Lieutenant zur See Borgnis landete die ersten Truppen und besetzten Chef von End und Lieutenant von Perbandt mit der Avantgarde schnell den Strand und das vor⸗ liegende waldige Hügelland. 8

Es fand keine Feindseligkeit statt, in einer Stunde waren 9 Offi⸗ ziere, 371 Mann und eine Schnellfeuerkanone, die schon in Sansibar an Bord genommen war, von der „Schwalbe“ ausgeschifft, mit den⸗ selben Booten wie oben gesagt. Dann wurden 400 Mann von der „Barawa“ und 4 Reitesel von der „München“ mit Hülfe der „Schwalbe“⸗Boote gelandet, um 5 Uhr 15 Minuten war alles im Marsch. Das Landen der Truppen, Rangiren und Abmarsch machten einen guten Eindruck und war die Leistung nicht übel in Anbetracht der übe tandenen ungewohnten See⸗ fahrt und Seekrankheit. Auch sämmtliche eingeschifften europäischen Offiziere auf der „Schwalbe“, mit Ausnahme des Majors Wissmann, hatten von der Seekrankheit zu leiden, auf den anderen Schiffen war die Existenz schlimmer.

8

heute in Oelsnitz mehrere Etablissements besichtigt.

Majestät

8

Major Wissmann, daß die Schutztruppe in Masoko, 1 Stunde vom Landunagsplatz angekommen sei und „Harmonie⸗ bereits dort sei. Die Patrouille war von Arabern angegriffen und einem Mann mit einem Messer der Arm aufgeschlitzt, ein Araber war erschossen. Der Ver⸗ wundete wurde ins Lazareth aufgenommen.

Am 3. ging S. M. Krzr. „Schwalbe“ 5 Uhr 45 Minuten a. m aus Kisiwani und über die Rukyro⸗Barre in die Bai, hier wurden die 400 Mann der „Harmonie“ von 9 Uhr 10 Minuten bis 11 Uhr 10 Minuten gelandet, da S. M. Krzr. „Schwalbe“ eine Seemeile abbleiben mußte, wurde das Dampfbeiboot mit zur Hülfe genommen.

Der von Ew. Hochwoblgeboren bezeichnete Landungsplatz der Einschnitt bei dem Dorfe Masoko erwies sich als außerordentlich günstig. Die Boote konnten bei Niedrigwasser bis dicht an den Sandstrand, rechts und links sind Korallenriffe. Um 12 Uhr waren die Boote wieder eingesetzt und ging ich, Ammann⸗Riff an St. B. lassend, nach Kilwa. 8

8

Das 1. und 2. Bataillon des Kaiser Alexander⸗Garde Grenadier⸗Regiments Nr. 1 haben sich heute früh auf einige Tage zur Schießübung nach Jüterbog begeben.

S. M. Schiffsjungen⸗Schulschiff, Ariadne“, Kommandant Kapitän zur See Claussen von Finck, ist am 15. Juli in Plymouth eingetroffen. S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Credner, ist am 15. Juli in Hakodate eingetroffen und beabsichtigt, am 21. wieder in See zu gehen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ wird eine Bekanntmachung des Ministers für Handel und Gewerbe, betreffend die Unfallversicherung, bezw. die auf Grund der Unfallversicherungsgesetze in Preußen errichteten Schiedsgerichte veröffentlicht.

Graudenz, 17. Juli. (W. T. B.) Bei der gestrigen Präsentationswahl für das Herrenhaus wurden General⸗ Landschaftsdirektor von Koerber⸗Koerberode⸗Graudenz und Rittmeister von Vogel⸗Nielub⸗Briesen mit 15 Stimmen der Deutschen gegen 13 Stimmen der Polen gewählt.

Bayern.

München, 16. Juli. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Arnulf haben sich, wie die M. „Allg. Ztg.“ meldet, gestern zu mehrwöchigem Aufenthalt auf ihre Besitzung Schloß Leopoldstein in Steiermark begeben, wo ihr Sohn, Prinz Heinrich, schon seit dem 1. Juli weilt.

Die durch Staatsvertrag zwischen Bayern und Württemberg vom 10. Februar 1887 zu Stande ekommene 5,23 km lange Bahnlinie von Hergatz (an der Bahnlinie Lindau Kempten) nach Wangen wurde gestern dem Verkehr übergeben. Es verkehren täglich nach jeder Richtung 6 Züge; der erste Personenzug wurde heute Morgen 5 ¼ Uhr in Wangen abgefertigt. Zwischen Hergatz und dem Schwarzen⸗ see wird die Wasserscheide zwischen der Leiblach und der Argen mittels eines 6 m tiefen Einschnittes durchbrochen. Außer⸗ u Schwierigkeiten bot der Uebergang über die Argen, mit 3 Oeffnungen, welches imposante Bauwerk von der württembergischen Bauunternehmung hergestellt wurde. (Vgl. auch Württemberg.) 8 Sachsen.

Dresden, 16. Juli. Se. Majestät der König hat, wie dem „Dresd. Journ.“ berichtet wird, auf seiner Reise 1 Alsdann rfolgte die Abfahrt nach Neundorf, hierauf die Weiterfahrt zu Wagen nach Schneckengrün und von dort mit der Eisenbahn nach Greiz, woselbst die Ankunft um 12 Uhr 40 Minuten statt⸗ and. Se. Durchlaucht der Fürst war mit dem Regierungs⸗

Präsidenten Dr. Mortag, dem Kammerherrn von Frege und

anderen Herren zur Begrüßung anwesend. Die Auffahrt nach dem Schlosse erfolgte in vierspännigem Staatswagen. Se. jestä der Bevölkerung jubelnd begrüßt.

Württemberg. ö

Stuttg 6. Juli. Zum Besuch Ihrer König⸗ lichen Majestäten traf gestern Mittag in Friedrichs⸗ hafen Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Therese von Bayern in Begleitung der Hofdame Gräfin Oberndorff ein. Höchstdieselbe nahm an der Königlichen Tafel Theil und kehrte gegen Abend wieder nach Villa Amsee zurück.

Dem „Oberschwäb. Anzeiger“ zufolge hat gestern Mittag die feierliche Eröffnung der Eisenbahnlinie Wangen Hergatz stattgefunden. Die Stadt Wangen war festlich geschmückt; die Festgäste wurden bei der Rückkehr von Hergatz im Festzuge mit drei Musikkapellen in die Stadt geleitet. Um 4 Uhr fand in der alten Post ein Festmahl von 100 Gedecken statt. An der Spitze der württembergischen Festgäste befand sich der Minister⸗Präfident Dr. Frhr. von Mittnacht mit einer Zahl von Beamten des Departements, sowie der Präsident der Kammer der Standesherren Fürst Waldburg⸗Zeil⸗T rauch⸗ burg. An der Spitze der bayerischen Vertreter erschien der General⸗Direktor Schnorr von Carolsfeld. Beim Fest⸗ mahl brachte Fürst Zeil den ersten Toast auf Se. Majestät den König von Württemberg und Se. Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten von Bayern aus. Minister⸗ Präsident Freiherr von Mittnacht toastirte in Erwiderung eines auf ihn ausgebrachten Trinkspruchs auf die Stadt Wangen.

Baden.

Karlsruhe, 15. Juli. Ihre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin ist, der „Karlsr. Ztg.“ zufolge, gestern früh nach St. Moritz im Ober⸗Engadin abgereist, wo Höchst⸗ dieselbe etwa fünf Wochen zum Gebrauch einer Kur ver⸗ weilen wird. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog begleitete seine hohe Gemahlin bis Basel und kehrte von da wieder nach Freiburg zurück.

Hessen.

Darmstadt, 16. Juli. (Darmst. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Alix nebst Gefolge sind heute Vormittag von Jagdschloß Wolfsgarten hier eingetroffen.

Oldenburg.

(H) Oldenburg, 15. Juli. Durch Landesherrliche Verordnung ist Behu der demnächstigen Einberufung des

b Bereits 8 Uhr 20 Minuten p m hatte ich eine Depesche von Landtages die Vornahme der Neuwahlen zum ordent⸗

li chen Landtage des Großherzogthums angeordnet worden.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 17. Juli. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig, ist gestern Abend hier eingetroffen und alsbald nach Baden weitergereist.

Mit den am 14. d. M. vollzogenen Wahlen im Buko⸗ winaer Großgrundbesitz sind die neuen Landesvertre⸗ tungen von Mähren, Schlesien, Steiermark, Salz⸗ burg, Vorarlberg und der Bukowina gebildet. In den Landtagswahlen tritt nunmehr eine Pause ein, da die Wahlen in Kärnten erst am 20. August ihren Anfang nehmen. Die Wahlen für den oberösterreichischen Landtag sind bisher noch nicht ausgeschrieben, während der niederösterreichische Landtag, dessen Mandat erst im September abläuft, noch nicht auf⸗ gelöst ist. Das Stärkeverhältniß der Parteien in den neugewählten Landtagen stellt sich, der „Presse“ zufolge, wie folgt:

In Mähren verfügen die Deutschen über 51 Stimmen (bisher 49). Die Mittelpartei behielt ihre 8, die Feudalen ihre 5 Stimmen. Der Altczechenklub dürfte, da sich ihm, wie es heißt, auch 5 von den 6 gewählten Bauern⸗Kandidaten anschließen werden, 30 Mitalieder (früher 33) zählen. Hiezu kommen der sechste gewählte Bauern⸗ Kandidat (Jungczeche) Minister Baron Prazak, dann die Virilstimmen des Kardinals von Olmütz und des Bischofs Bauer von Brünn. Die Deutschliberalen erhielten durch ihre neuen Wahlsiege die absolute Mehrheit des Landtages. In Schlesien ist die deutschfortschrittliche Partei mit 22 (bisher 23) Stimmen vertreten. 1 Stimme errangen die Antisemiten, die früher unvertreten waren. Die Czechen haben 3 (3), die Polen 3 (3) Stimmen, nur sind bierbei an die Stelle von drei deutsch⸗ freundlichen Slaven drei Nationale getreten, sodaß die Slaven nun⸗ mehr die Landgemeinden beberrschen. In Steiermark verfügen die deutschfortschrittlichen Abgeordneten mit der Bauernpartei über 39 (40) Stimmen 1 Stimme gehört auch jetzt den Antisemiten. Ihnen stehen 12 (11) Klerikale und 8 (8) Slovenen gegenüber. Mit dem Verlust eines Landgemeinden⸗ sitzes ist den Deutschen die sichere Zweidrittelmehrheit verloren ge⸗ gangen. Virilstimmen besitzen die Fürstbischöfe von Graz und Mar⸗ burg und der Rektor der Grazer Universität. In Salzburg zählen die deutschfortschrittliche Partei 10 (11), die klerikale (einschließlich der Vrrilstimme des Erzbischofs) 10 (13), die deutschkonservative oder Lienbacher Partei 6 (3) Stimmen. In Vorarlberg werden neben 16 Klerikalen (17) nunmehr 4 Liberale (3) sitzen, zu welch ersteren noch die Virilstimme des bischöflichen Generalvicars kommt. In der Bukowina wird die autonomistische Rechte mit der Regierungs⸗ partei 27 (25), die liberale Linke 4 (6) Stimmen zählen.

Der von den Stadtverordneten in Prag als Vertreter für die deutsche Sektion in den Landesschulraͤth gewählte Direktor Heinrich veröffentlicht eine Erklärung, worin er behauptet, daß seine Wahl in den Landesschulrath ohne sein Iechen erfolgt sei. Ferner weist er auf seinen an den

rafen Taaffe gerichteten Brief hin, worin er geschrieben habe, Graf Taaffe könne ohne Sorge sein, er werde das ihm übertragene Mandat mit Ruhe, Takt und Objektivität aus⸗ üben und im geeigneten Moment zurücktreten. Dabei bleibe es.

Das heutige „Fremdenblatt“ stellt die Angaben richtig, welche ein Artikel des „Glas Crnagorza“ über die

urückweisung serbischer Schweine und serbischen

etreides an der ungarischen Grenze und über das Verhalten der Regierung Oesterreich⸗ Ungarns anläßlich der Aufhebung des Salzmonopols in Serbien enchält. Gegenüber dem Wunsche des „Glas Crnagorza“, dieses Ungemach möge dazu führen, daß die Serben ihre überaus traurigen häuslichen Zwistigkeiten ver⸗ gessen und sich zur Vertheidigung ihres Herdes allesammt vereinigen, erklärt das „Fremdenblatt“: „Nirgends würde eine so heilsame Wendung der gegenwärtigen Zustände in Serbien freudiger begrüßt werden, als in Oesterreich⸗Ungarn. Die Konsolidirung der serbischen Verhältnisse entspricht unseren Wünschen und unseren Interessen in gleichem Maße. Sie würden eine Gewähr bieten für die Erhaltung und Pflege guter nachbarlicher Beziehungen, welche gerade durch die Impulse der Parteileidenschaften so sehr erschwert wird.“

Wie der „Reichswehr“ aus Serajewo gemeldet wird, wird heuer neben dem gewöhnlichen Rekrutenkontingent für die bosnisch⸗herzegowinischen Landestruppen anch noch die Mannschaft für ein neu aufzustellendes neuntes Infanterie⸗Bataillon aufgebracht. Je eine Compagnie dieses Bataillons wird in den respektiven Ergänzungsbezirks⸗ Stationen aufgestellt, und zwar die erste in Serajewo, die zweite in Banjaluka, die dritte in Dolnia⸗Tuzla, die vierte in Monstar. Wie man der „D. Ztg.“ berichtet, wird zu den Schlußübungen in Bruck an der Leitha ein bosnisch⸗ herzegowinisches Infanterie⸗Bataillon beigezogen werden.

Großbritannien und Irland. London, 16. Juli. Der Prinz und die Prinzessin von Wales gaben, wie die „Allg. Corr.“ berichtet, vorgestern Nachmittag in Marlborough House eine große Garten⸗ gesellschaft, welcher Ihre Majestäten die Königin und die Kaiserin Friedrich, die Prinzessinnen Victoria und und Margarethe, Prinz Adolf von Schaumburg⸗Lippe, der Herzog und die Herzogin von Edinburg, der Herzog und die Herzogin von Connaught und die übrigen Mitglieder der Köviglichen sowie die gesammte hoffähige Gesellschaft Londons eiwohnten. Zwei Militärkapellen concertirten in den Anlagen, in denen sich auch zahlreiche Zelte für die Einnahme von Erfrischungen befanden. Es waren über 3000 Personen zu⸗ gegen. Heute reisten, dem „W. T. B.“ zufolge, Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich nebst Prinzessinnen⸗ Töchtern Victoria und Fäggereh. und Prinz Adolf von Schaumburg Nachmittags Uhr 10 inuten mittels Sonderzuges von Schloß Windsor nach Portsmouth ab. Ihre Majestät die Königin Victoria, der Herzog von Connaught und Gemahlin, die Prinzessin Christian zu Schleswig⸗Holstein mit ihren Töchtern gaben der Kaiserin das Geleit zum Bahn⸗ hof, wo eine Ehrenwache Aufstellung genommen hatte. Der Herzog von Connaught geleitete die hohen Herrschaften noch bis Portsmouth. Die Kaiserin Friedrich und die Prinzessinnen Töchter begaben sich dann sofort an Bord der Kaiserlichen Nacht „Victoria and Albert“, um daselbst zu übernachten und morgen früh die Fahrt nach Gibraltar anzutreten. 1 Im Stadthause von Westminster wurde vorgestern der Kongreß zur Förderung des Weltfriedens eröffnet. Der Kongreß ist aus Vertretern der Vereinigten Staaten und verschiedener europäischen Nationen zusammengesetzt. Mr. Dudley Field aus New⸗York, welcher präfidirte, hielt

w Y

die Eröffnungsrede, im Verlauf welcher er, nach der Z u. A. mit Bezug auf das englisch⸗deutsche Abkommen sagte: „Alle Ehre gebührt England und Deutschland, den beiden großen teutonischen Nationen Europas dafür, daß sie eine Streitfrage friedlich lösten, welche vor zwei Jahrhunderten einen verheerenden Krieg veranlaßt haben würde.“ In seiner gestrigen Zweiten Sitzung unter dem Vorsitz des englischen Parlamentsmitgliedes Sir Wilfrid Lawson nahm der Kongreß u. A. nachstehende Resolution an: „Der Kongreß ist der Meinung, daß die Brüderschaft der Menschen als noth⸗ wendige Folge eine Brüderschaft von Nationen in welcher die Interessen Aller als identisch anerkannt sind, in sich schließt. Der Kongreß hegt die Ueberzeugung, daß die wahre Grundlage für einen dauernden Frieden in der An⸗ wendung dieses großen Grundsatzes Seitens der Nationen in allen ihren Beziehungen zu einander gefunden wird.“ In der Nachmittagssitzung wurde ein Ausschuß ernannt, der ein Schreiben an die gekrönten Häupter Europas in Betreff der Aufrechterhaltung des Weltfriedens entwerfen soll. 1

Der „Times“ wird geschrieben: „Man darf sich nicht dem Gedanken hingeben, daß die Regierung ihren Plan, das Parlament im November wieder einzuberufen, modifiziren wird. Der Vorschlag wurde nach reiflicher Er⸗ wägung und unter Beistimmung der liberal⸗unionistischen Führer gemacht. Man darf hinzufügen, daß, während eine Herbstsession bei den Führern der Opposition auf großen Widerstand stößt, viele Mitglieder der liberalen Partei sehr für den Plan eingenommen sind.“

Nachdem der General⸗Postmeister Raikes die Ruhe wiederhergestellt hat, geht er daran, den begründeten Be⸗ schwerden seines Personals im Telegraphen⸗ und Postamt nach Möglichkeit abzuhelfen. Am 14. d. wurde die vom S chatzamtskanzler genehmigte Verordnung des Hrn. Raikes veröffentlicht, welche die Gehälter der Post⸗ sachensortirer und Telegraphisten neu regelt. Die durch⸗ schnittliche Zulage beträgt 10 Pfd. Sterl. das Jahr und es nehmen ungefähr 10 000 Beamte an den Ver⸗ günstigungen theil, welche vom 11. Juli als in Kraft bestehend gelten sollen. 192 Londoner Telegraphisten des Central⸗ Telegraphenbureau's aber, welche am 9. v. M. einen vom General⸗Postmeister dorthin gesandten Hülfsbeamten miß⸗ handelten und beschimpften, werden ausdrücklich von der neuen Gehalts⸗Scala ausgeschlossen, bis sie sich ge⸗ nügend gerechtfertigt haben. Wie der General⸗Postmeister im Unterhause mittheilte, wird die den Telegraphisten ge⸗ währte Gehaltszulage eine jährliche Mehrausgabe von nicht weniger als 200 000 Pfd. Sterl. erheischen. Der Sekretär des Verbandes der Postbeamten, Mahon, läßt trotz der furchtbaren Niederlage seines Vereins die Hoff⸗ nung nicht fahren, daß derselbe sich noch kräftigen könne, um in Zukunft kampffähiger zu sein. Der Strike ist natürlich nunmehr offiziell vom Gewerkverein aufgehoben worden. Jetzt heißt die Losung Organisation. Der Gewerk⸗ verein hat den 400 entlassenen Briefträgern diese Woche noch ihr volles Gehalt ausgezahlt. Wie lange wird er aber zu solchen Unterstützungen im Stande sein?

In der gestrigen Sitzung des Londoner Grafschafts raths gelangte ein Schreiben Lord Rosebery's zur Ver⸗ lesung, worin derselbe die Niederlegung seines Postens als Vorsitzender des Rathes anzeigte. Auf Antrag des zweiten Vorsitzenden, Sir John Lubbock, wurde eine Resolution einstimmig angenommen, welche Bedauern über den Rücktritt Lord Rosebery's ausdrückt und ihm Dank für seine bisherige Mühewaltung abstattet. Die Wahl eines neuen Vorsitzenden wurde auf den 22. d. M. anberaumt. Voraussichtlich wird Sir John Lubbock zum Vorsitzenden gewählt werden, da der Marquis von Ripon den ihm gemachten Antrag, der Nachfolger Lord Rosebery's zu werden, abgelehnt hat.

Nach einer Privatmeldung des „W. T. B.“ aus Cape⸗ town ist an Stelle Sir Gordon Sprigg's der Direktor der britischen südafrikanischen Gesellschaft, Sir Cecil Rhodes, zum Premier⸗Minister der Kapkolonie ernannt worden.

Frankreich.

Paris, 17. Juli. In dem am 15. d. M. unter dem Vorsitz des Präsidenten Carnot gehaltenen Ministerrath wurde, wie das „Journ. des Débats“ meldet, der Bauten⸗Minister Yves Guyot ermächtigt, einen Gesetzentwurf in der Kammer einzubringen, welcher die Beendigung der Binnenschiffahrts⸗Ar⸗ beiten durch die Gründung von besonderen Schiffahrts⸗ Kammern bezweckt. Diese Kammern würden je nach der Bedeutung der Wasserstraßen in Chambres principales und Chambres secondaires zerfallen; von den ersteren sollen nur vier ins Leben gerufen werden für den Norden, den Osten, den Südosten und das Centrum. Diese Kammern sollen das Recht haben, Wegegelder einzuheben, die für den Ausbau der Wasser⸗ straßen verwendet werden sollen. Das Gesetz vom 19. August 1879, welches die Hauptlinien der Kanäle und Flüsse von

1231 auf 3799 km brachte, hatte zur Folge, daß die Zahl der

Tonnen per Kilometer von 2100 auf 3250 Millionen stieg. Die Vorlage wurde 47 Handelskammern unterbreitet und von 40 derselben gutgeheißen.

Die Deputirtenkammer nahm gestern trotz der entgegen⸗ gesetzten Feälekhlungen des Finanz⸗Ministers Rouvier und der Budgetkommission mit 260 gegen 239 Stimmen ein Amendement Léon Say's an, welches von der Gebäudesteuer jene Gebäude ausnimmt, die den Landwirthen zur Wohnung dienen. Der Präsident der Budgetkommission Casimir Périer erklärte, durch die Annahme dieses Amendements, welches die Kammer zur Unthätigkeit verdamme, sei eine Lücke im Gesetze geschaffen, welche man ausfüllen müsse. Auf Ersuchen des Berichterstatters Burdeau wurde hierauf die Sitzung aufgehoben. Während der Aufhebung der Kammer⸗ sitzung Fhrne der Minister⸗Präsident de Freycinet und der

inanz⸗Minister Rouvier der Budgetkommission vor, die Vorlage wegen der Reform der Grundsteuer bis zur nächsten Session zu vertagen und in dieser Session nur die direkten Steuern, wie bei dem letzten Budget, zu votiren. Da die Budgetkommission entgegengesetzter Ansicht war, beschloß die Regierung, die Kammer aufzufordern, die Berathung der Grundsteuervorlage fortzusetzen. Die Kammer wird demgemäß die Berathung heute fortsetzen.

Den Morgenblättern zufolge hätte der höhere Handels⸗ rath eine Herabsetzung der Taxen des Durchgangs⸗ tarifs befürwortet.

Ueber die Versuche, ob es einem vor Anker liegenden Geschwader möglich sei, sich wirksam gegen die Angriffe einer Torpedo⸗Flottille zu schützen, welche, wie bereits erwähnt, die