Prinzessin
Nach beendigter Parade formirten sich die Truppen zum - und rückten unter klingendem Spiel in ihre Quar⸗ iere ab.
Die Fahnen und Standarten wurden heute früh aus dem Königlichen Schlosse abgeholt, und zwar die Standarten durch eine Escadron des Garde⸗Kürassier⸗Regiments um 7 ¼ Uhr, die Fahnen etwas später durch die Leib⸗Compagnie des 1. Garde⸗Regiments z. F., und nach der Parade durch die⸗ selben Truppentheile zurückgebracht. Die Leib Compagnie hatte dabei die Ehre, von Sr. Majestät dem Kaiser und König begleitet zu werden.
Zur Verminderung von Verkehrsstockungen hatten die Truppentheile beim Marsch zu und von der Parade Wege östlich und westlich der Friedrichstraße genommen, und nur die Fahnen⸗Compagnie sowie die Standarten Escadron, die Leib⸗ gendarmerie, das Garde⸗Füsilier⸗Regiment, das Füsilier⸗ Bataillon des Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 1 und das 2. Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment passirten das Hallesche Thor und die Belle⸗Alliancestraße. Abends
6 Uhr findet im Königlichen Schlosse das übliche Parade⸗ Diner statt. Die Tafelmusik wird hierbei von der Regiments⸗ musik des 1. Garde⸗Regiments z. F. und dem Trompetercorps des Regiments der Gardes du Corps ausgeführt.
1 Der Königliche Gesandte in Weimar von Derenthall hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗ Rath Freiherr von Stengel ist hier an⸗ gekommen.
Der Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts Contre⸗ Admiral Holl mann ist von der Reise nach Helgoland hier⸗ her zurückgekehrt.
Der Kaiserlich und Königlich österreichisch⸗ungarische Bot⸗ schafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf Széchényi hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub an⸗ getreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Botschafts⸗ rath Freiherr von und zu Eissenstein als Geschäftsträger.
S. M. Nachtẽ „Hohenzollern“, Kommandant Kapitän zur See von Arnim, ist am 10. August in Wilhelms⸗ haven eingetroffen und an demselben Tage nach Kiel in See gegangen.
Von Seiten des Ministers für Handel und Gewerbe wird in Folge der gemäß §. 47 Abs. 6 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes vom 6. Juli 1884 (R.⸗G.⸗Bl. S. 69) und des §. 1 Fiffe 1 des Gesetzes über die Ausdehnung der Unfall⸗ und rankenversicherung vom 28. Mai 1885 (R.⸗G.⸗Bl. S. 159) stattgehabten Neuwahlen und auf Grund der Bestimmung des §. 48 des erstgenannten Gesetzes die Zusammensetzung der in Preußen errichteten Schiedsgerichte für eine An⸗ zahl von Berufsgenossenschaften, wie des Schiedsgerichts für den gesammten Betrieb der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung bekannt gemacht. Die Be⸗ kanntmachung befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“. In der Zweiten Beilage wird ferner eine Uebersicht der in den deutschen Münzstätten bis Ende Juli 1890 statt⸗ gehabten Ausprägungen von Reichsmünzen ver⸗ öffentlicht.
Sachsen.
Dresden, 11. August. Ihre Majestät die Königin hat sich heute Abend über Köln und Aachen nach Blancken⸗ berghe begeben. 1 1
Das „Dr. Journal“ veröffentlicht eine Bekannlt⸗ machung des Kriegs⸗Ministeriums, wonach Se. Majestät der König in Betreff des 1874 ge⸗ stifteten Erinnerungskreuzes für Theilnahme an dem Feldzuge von 1849 in Holstein nunmehr die Stiftung von Erinnerungskreuzen für diejenigen verfügt hat, welche, ohne an jenem Feldzuge be⸗ theiligt gewesen zu sein, während dessen Dauer im aktiven Dienst gestanden, und für die⸗ jenigen, welche nachweislich in den Jahren 1863 und 1864 an der Bundes⸗Exekution in Holstein theil⸗ genommen haben. Diejenigen Berechtigten, welche außer⸗ halb Sachsens wohnen, haben sich mit ihren Ansprüchen an das Kriegs⸗Ministerium, alle übrigen Berechtigten an die be⸗ treffenden Bezirkskommandos zu wenden.
Württemberg. Frriedrichshafen, 10. August. Gestern empfingen, wie der „St. A. f. W.“ meldet, Ihre Majestäten den Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Luise von Preußen und Ihrer Hoheit der verwittweten Erbprinzessin von Anhalt, Höchstwelche bei den Maäjestäten das Diner einnahmen und hierauf wieder nach Schloß Montfort zurück⸗ kehrten. Am Sonnabend Nachmittag erschienen anläß⸗ li der am nämlichen Tage stattfindenden Jahres⸗ versammlung die Mitglieder des Vereins der württem⸗ bergischen Gemeinde⸗ und Korporations⸗Beamten unter Vorantritt der Militär⸗Musik von Weingarten im Schloßhofe, um Sr. Majestät dem König ihre Huldigungen darzubringen. Ihre Majestäten, umgeben von den hier Mitgliedern der Königlichen Familie und dem Gefolge, erwarteten den Zug vor der in den Schloßhof mün⸗ denden Glasgalerie des Schloßgartens. Der König empfing die Versammlung mit einer Ansprache, worauf der Vor⸗ sitzende Stadtschultheiß und Landtags⸗Abgeordnete Hartranft von Freudenstadt den ehrfurchtsvollen Dank des Vereins aussprach und mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Ihre Majestäten schloß. Nachdem Ihre Majestäten, unter die Versammelten tretend, Sich viele derselben hatten vorstellen lassen, zogen Höchstdieselben Sich zurück, während die Beamten der Einladung zur Besichtigung des Schloß⸗ artens folgten. Nach aufgehobener bS; begaben Sich Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Wilhelm in Begleitung einiger Damen und Herren des Hofes in den Garten des Kur⸗ auses, woselbst ein Mittagessen des Vereins stattgefunden atte. Höchstdieselben bewegten Sich in huldvoller Unter⸗ altung unter den Gemeindebeamten, in deren Mitte der Prinz noch längere Zeit verweilte, nachdem Seine Hohe Ge⸗
mahlin den Garten verlassen hatte. Als Se. Königliche
Hoheit Sich zurückzog, verlieh Stadtschultheiß Hartranft in
kurzer Rede dem tiefempfundenen Dank für die dem Verein u Theil gewordene Ehre Ausdruck sowie den Gefühlen treuer Anhänglichkeit an das Königshaus, welche in dem von den Anwesenden hierauf angestimmten Liede „Preisend mit viel schönen Reden“ Widerhall fanden.
Sachsen⸗Meiningen.
Meiningen, 10. August. Nach erfolgter beiderseitiger Ratifikation ist der zwischen der hiesigen und preußischen Re⸗ gierung unterm 24. Oktober v. J. abgeschlossene Staats⸗ vertrag, betreffend den Bau einer Eisenbahn von Zeitz nach Camburg, gestern amtlich verkündet worden.
Reuß j. L.
Gera, 10. August. Das neue Steuergesetz, mit welchem die Selbsteinschätzung verbunden ist, ist, wie der „Weim. Ztg.“ mitgetheilt wird, nunmehr publizirt worden und gelangt bereits bei der demnächstigen Veranlagung zur Einkommensteuer für 1891 zur Anwendung.
Helgoland.
Helgoland, 11. August. Der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher nebst Ge⸗ mahlin und der Geheime Legations⸗Rath Lindau sind heute Nachmittag 3 Uhr mit dem Aviso „Pfeil“ von hier abgereist. Das Manöver⸗Geschwader hat mit den Avisos und der Torpedoflottille in der vergangenen Nacht die Küste von Helgoland wieder verlassen. Die zurückgelassene deutsche Wache besteht aus 1 Unteroffizier und 10 Matrosen.
“ Großbritannien und Irland. — London, 12. August. Ihre Majestät die Königin besichtigte, wie „W. T. B.“ meldet, gestern an Bord der „Alberta“ das auf der Rhede von Cowes angekommene österreichisch⸗ungarische Evolutions⸗Geschwader. Erzherzog Stephan und die Offiziere des Geschwaders folgten einer Einladung nach Schloß Osborne, wo ihnen zu Ehren ein Festmahl stattfand.
Im Oberhause legte gestern der Marquis von Salisbury das englisch⸗französische Abkommen Betreffs der respektiven Interessen⸗Sphären in Afrika vor und erklärte: Erstens solle das Abkommen nur die Zweideutigkeit in der Stellung Englands zu Sansibar und Frankreichs zu Madagaskar be⸗ seitigen; praktisch habe das Abkommen in dieser Beziehung nicht viel Wirkung. Zweitens sei es erwünscht gewesen, Angesichts der modernen Lehre von dem Rechte auf das Hinterland, welche Frankreich gewisser⸗ maßen berechtigte, südlich seiner mittelländischen Besitzungen soweit vorzudringen, als ihm beliebte, eine Grenzlinie zu ziehen, sowie die Aktionssphäre Frankreichs und der Niger⸗Compagnie zu trennen; der letzteren solle bei Feststellung der Details Sokolo zuerkannt werden. Durch Noten⸗ austausch hätten Frankreich und England anerkannt, daß das Abkommen keinerlei Rechte der Türkeiauf die Länder südlich von Tripolis berühre. In Betreff der englisch⸗ französischen Beziehungen und Einflußsphären in anderen Theilen von Afrika werde eine gemischte Kommission im Herbst verhandeln, aber zu ihren Be⸗ schlüssen sei beiderseitige Zustimmung erforderlich. In der Sitzung des Unterhauses am Sonnabend wurden zuvörderst verschiedene Posten des Armeebudgets genehmigt. An⸗ läßlich des für das Auswärtige Amtgeforderten Credits erbat sich M. Fergusson Auskunft über verschiedene Punkte im Zusammenhange mit auswärtigen Angelegenheiten und unterzog sodann das afrikanische Abkommen mit Deutschland einer eingehenden und zumeist abfälligen Kritik. Samuel Smith tadelte die Anerkennung der fran⸗ zösischen Oberhoheit über Madagaskar und drückte die Hoffnung aus, England werde sich sein Einmischungsrecht vor⸗ behalten, um Ungerechtigkeiten gegen die Bevölkerung der Insel oder Behelligung der englischen Missionare zu verhindern. Nachdem noch andere Abgeordnete sich über denselben Gegenstand ge⸗ äußert, ersuchte der Unter⸗Staatssekretär für auswärtige An⸗ gelegenheiten, Sir James Fergusson, die Debatte nicht weiter fortzusetzen, da das englisch⸗französische Abkommen mit Bezug auf Afrika nicht vor nächstem Montag veröffentlicht werden könnte und es nichts nütze, ein imaginäres Abkommen zu erörtern. Die Debatte wurde sodann bis Montag vertagt.
In der Kaserne des Train⸗Corps in Chatham wurde gestern durch unzufriedene Soldaten eine Anzahl Pferdegeschirre und Sattelzeug vernichtet. Die Mannschaft beklagt sich über den Sonntagsdienst. In Folge einer in der vorigen Woche bei dem Corps vorgefallenen Meuterei sind zwei Unteroffiziere entlassen und einer verhaftet worden. Zur Aufrechthaltung der Ordnung sind Truppen konsignirt.
Frankreich.
Paris, 11. August. Wie der „Temps“ vernimmt, haben die hier versammelten General⸗Konsuln der Ver⸗ einigten Staaten ihre Berathungen über die Mac Kinley⸗Bill beendet und beschlossen, bei Anwendung der⸗ selben Milderungen anzuempfehlen. Minister Ribot -K durch den Gesandten Whitelaw⸗Reid verständigt werden.
Wie verschiedene Blätter melden, überreichte der hiesige patriotische Armenierverein dem Minister des Aeußern Ribot eine Petition, in welcher die französische Regierung aufgefordert wird, sie möge Angesichts der Lage in Armenien bei der Pforte die Durchführung des Artikels 61 des Berliner Vertrages (Einführung von Ameliorationen und Reformen in den von Armeniern bewohnten Provinzen) veranlassen. 1 G Türkei.
Konstantinopel, 12. August. Der „Agence de Con⸗ stantinople“ zufolge hat die Regierung die Mutesarrifs von Ismid und Biledjik, an deren Amtssitzen die beim Bau der anatolischen Bahnen Angestellten striken, abgesetzt. Zur “ des Gebiets sind weitere 2 Escadronslabgesandt worden. Der Baudirektor Kapusen, dessen Entführung Seitens der Ausständischen angedroht worden war, ist gestern unbehelligt zurückgekehrt.
Griechenland.
Athen, 11. August. (W. T. B.) Zum Kriegs⸗
Minister ist Tsancado, zum Unterrichts⸗Minister
Canacaris ernannt. Das Kabinet ist nunmehr wieder vollzählig. Bulgarien. 8 Sofia, 12. August. (W. T. B.) Die Minister Stambulow, Schiwkow und Tontschew sind gestern hierher zurückgekehrt und reisen heute zur Begegnung mit dem Prinzen Ferdinand nach Widdin ab. Von dort begiebt sich der Prinz nach dem Lager von Kula zur Truppen⸗ in pigirung. Hierauf erfolgt die Abreise des Prinzen nach Sofia. 1 18
Amerikͤa.
Argentinien. Buenos⸗Aires, 11. August. (W. T. B.) Die Freudenkundgebungen anläßlich des Sturzes Dr. Celman's endeten heute mit Massenversammlungen zu Ehren des Präsidenten der Uni n civica, Dr. Alem, an denen sich etwa 60 000 Personen betheiligten. Die Straßen der Stadt waren beflaggt, es wurden zahlreiche patriotische Reden gehalten. Für die künftige Prasidentenwahl wurde Mitré als Kandidat ausgerufen.
Afrika.
Transvaal. (A. C.) In der Resolution des Volksraads, welche den Swazilandvertrag mit Großbritannien genehmigt, wird das Bedauern ausgesprochen, daß Groß⸗ britannien die Ansprüche des Transvaals auf Swaziland nicht anerkannt habe, jedoch zugegeben, daß es wünschenswerth sei, daß das Transvaal freundschaftliche Beziehungen zu Groß⸗ britannien unterhalte. Letztere Macht werde hoffentlich ihre Versprechungen erfüllen und die Ansprüche Transvaals in Wiedererwägungziehen, sobald die jesige Regierung fest begründet sei. Die Resolution betrachtet den Vertrag als zeitweilige Maß⸗ regel, wodurch die Rechte der südafrikanischen Republik auf das Gebiet an der östlichen Grenze nicht berührt würden, und betont ausdrücklich, daß das Transvaal sich in keine Streitig⸗ keiten einmischen wolle, welche zwischen Großbritannien und anderen Mächten bezüglich des über die Nord⸗ und Nord west⸗ grenze hinaus liegenden Gebietes entstehen könnten. Die Resolution fordert die Regierung schließlich auf, mit Groß⸗ britannien Verhandlungen anzuknüpfen, um gewisse Stücke Land, welche außerhalb der jetzigen Grenze liegen, dem Trans⸗ vaal einzuverleiben.
X. Internationaler medizinischer Kongreß.
Die medizinisch⸗wissenschaftliche Ausstellung ist gestern Mittag mit Ansprachen des Geheimen Medizinal⸗Raths, Professor Dr Virchow geschlossen worden. Der Gelehrte dankte den Ausstellern und vor Allen mit warmen Worten dem Direktor der Schau, Kommerzien⸗Rath Dörffel, der mit großer Sachkenntniß die Geschäfte geleitet hatte. Er verwies sodann auf ein Mißverständniß des bisherigen General⸗Sekretärs Dr. Lassar, der unbegründet den Gedanken einer Verlängerung der Ausstellung ausgesprochen, und
schloß endlich mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser.
Sowohl in der Maschinenhalle wie auch im großen Ausstellungs⸗ gebäude wurde alsdann dem Geheimen Medizinal⸗Rath Virchow Dank und Anerkennung ausgesprochen.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In Herne fand am Sonntag eine von ca. 270 Bergleuten besuchte Versammlung der Zahlstelle Herne des alten Berg⸗ arbeiterverbandes statt, welche sich mit der Gründung eines Konsumvereins, mit Verbandsangelegenheiten ꝛc. beschäftigte. In Bezug auf ersteren Punkt beantwortete das Mitglied des Central⸗ Vorstandes Jos. Schröter die Frage, was die Veranlassung gegeben habe, solche Vereine ins Leben zu rufen, dahin, daß den Leuten im vorigen Jahre, als der Strike ausbrach, der Kredit verweigert worden sei; sodann sei man sicher vor Waarenfälschungen und man bekomme die Waare be⸗ deutend billiger Den Verdienst, den die Geschäftsleute hätten, könne man auch selbst einheimsen. Jedes Mitglied des Konsumvereins hat 3 ℳ Einschreibegeld und 50 ℳ zum Betriebskapital zu zahlen, letztere Summe in monatlichen Raten. Am 17. d. M. findet in dieser An⸗ gelegenheit in Gelsenkirchen eine Generalversammlung statt; hierzu wurden zwei Deputirte gewählt. — In Bezug auf den zweiten Punkt sich neben dem vorgenannten Sprecher ein zweites Mitglied des Central⸗Vorstandes, Joh. Meier; seine Ausführungen gipfelten nach einem Bericht der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ darin, daß das einzige Heil der Bergarbeiter in dem alten Verband zu suchen sei und daß sich deshalb möglichst alle Bergleute in den⸗ selben aufnehmen lassen müßten. Obschon die Anwesenden den Sprechern Beifall klatschten, schienen dieselben doch ihrem Rathe be⸗ züglich der Aufnahme in den Verband nur sehr spärlich Folge zu leisten, denn bei Erledigung der Punkte „Aufnahme neuer Mitglieder und Zahlung der Beiträge“ hatte, wie das genannte Blatt bemerkt, die Mehrzahl den Saal verlassen.
In Eschweiler fand gleichfalls am Sonntag eine außerordent⸗ liche Generalversammlung der dortigen Bergarbeiter statt, zu welcher zwei aus der Bergarbeiter⸗Bewegung im Ruhrkohlengebiet be⸗ kannte frühere Bergleute Frielinghaus, Redacteur des neuen Berg⸗ arbeiterblattes, und Brodam aus Gelsenkirchen erschienen waren, um die Bergleute für die Beschickung des Bergarbeitertages in Heäne zu gewinnen und Propaganda für die „Bergarbeiter⸗
eitung“ zu machen. Die beiden Redner aus Gelsenkirchen schilderten, wie die Bergleute im dortigen Revier sich orga⸗ nisirt hätten, und empfahlen dieses den Bergleuten in Eschweiler zur Nachahmung. Mindestens über ganz Deutschland müßte sich ein allgemeiner Bergarbeiterverband erstrecken, dann könne man auch etwas erreichen. Der deutsche Bergarbeiterverband zähle im rheinisch⸗westfälischen Kohlengebiete bereits 33 000 Mit⸗ glieder, und der Bergarbeitertag in Halle werde gewiß noch wesentlich zur Hebung des Verbandes beitragen. othwendig sei die Gründung von freien Unterstützungskassen und von Konsumgenossenschaften, dann könne man nöͤthigenfalls den Kampf mit dem Kapital aufnehmen. Sie wollten allerdings keinen Streit, sondern den Frieden, aber sie wollten sich nicht jeden beliebigen Lohn diktiren lassen. Die Industrie fange an zu flauen, und dann werde man gewiß versuchen, die im vorigen Jahre bewilligten Lohn⸗ erhöhungen rückgängig zu machen. Diese Ausführungen fanden der „Rh.⸗W. Ztg.“ zufolge vielen Beifall und man beschloß, den Dele⸗ girtentag in Halle durch einen, resp. wenn das Geld reicht, durch zwei Vertreter zu beschicken. Die Versammlung war von etwas über 200 Bergleuten besucht und sehr animirt. — Am Morgen des Tages hatte in Höngen gleichfalls eine Versammlung stattgefunden; auch dort wurde ein Delegirter für Halle gewählt.
Aus Hamburg wird der „Nat.⸗Ztg.“ unter dem 10. d. M. geschrieben: Der Strike der hiesigen Zimmerer, Fabrik⸗ arbeiter, Ewerführer u. s. w. ist so gut wie verloren, trotzdem die Führer der Sozialdemokratie ihn zur Partei⸗ sache erklärt und alle Mittel in Bewegung gesetzt haben, um die Strikenden pekuniär zu unterstützen. Letztere gebrauchen pro Woche mindestens 20 000 ℳ Unterstützung, und diese Summe kommt bei Weitem nicht ein. Bis jetzt sa⸗ bei der Redaktion des „Echo“, der Central⸗Sammelstelle, circa 50 000 ℳ von auswärts eingelaufen; eine ebenso große Summe
die Lohnbewegung“.
achtstündigen
In Anbhbetracht der
haben die Hamhurger Arbeiter aufgebracht, sodaß im Ganzen bis jetzt etwa 100 000 ℳ zur Verfügung standen. Der Strike dauert aber bereits drei Monate, und es läßt sich daher denken, daß die Nothlage unter den Strikenden eine große ist. Von einem wirklichen Strike kann eigentlich keine Rede mehr sein, denn alle Arbeitsstellen sind schon seit langer Zeit besetzt. Die Bewegung nahm vor vielen Wochen, wie bekannt, dadurch ihren Anfang, daß die Zimmerer und Maurer zugleich mit einer Lohnerhöhung eine Verkürzung der Arbeitszeit durchsetzen wollten; andere Gewerkschaften, wie die der Ewerführer folgten. Den Arbeitgebern gelang es bald, da die Lohnsätze in Ham⸗
burg recht hoch waren, Arbeitskräfte von auswärts heranzuschaffen,
für die von den Arbeitgebern bewilligten Löhne sehr gern arbeiteten. Angesichts des herausfordernden Benehmens einzelner Gewerkschaften verlangten nun die Arbeitgeber, daß die Arbeiter aus den Fachvereinen, welche die Stützpunkte der Lohnbewegung waren,
austreten sollten. Die Arbeiter weigerten sich zum Theil, und es
kam zu einer großen Aussperrung. Nach einigen Wochen unter⸗ schrieben bereits Schaaren von Arbeitern den Revers, und heute liegt
die Sache so, daß der Sieg auf der ganzen Linie entschieden ist Die Arbeiter haben auf ihre Forderungen überall verzichtet
und sind auch zum Theil aus den Fachvereinen ausgc⸗
schieden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Lohnbewegung der Arbeiter hier für läagere Zeit stark eingedämmt ist.
In Magdeburg hielt in einer vom Ortsverein Neustadt der Deutschen Schuhmacher und Lederarbeiter einberufenen Gewerkvereins⸗Versammlung, welche aus Neustadt und Magdeburg gut besucht war, der Redacteur des „Lederarbeiter“, L Winter aus
Berrlin, einen Vortrag über den „Achtstun den⸗Arbeitstag und
Der Redner kam, wie wir der „Magdeb.
Ztg.“ entnehmen, zu dem Schluß, daß die Einführung eines
Arbeitstages für jetzt als unmöglich zu be⸗
zeichnen sei, daß aber für eine Verkürzung der jetzigen Arbeitszeit, die oft noch 12 und 14 Stunden betrage, eingetreten werden müsse und sich für den Fabrikbetrieb eine neunstündige, für den Hausbetrieb eine zehnstündige Arbeitszeit empfehle. Was die gegenwärtige Lohnbewegung betreffe, so könne man der⸗
selben eine Berechtigung nicht absprechen; man müsse aber in
besonnener und möglichst in friedlicher Weise vorgehen, ohne es an der nöthigen Energie fehlen zu lassen. Um dies ermöglichen zu können, habe der Gewerkverein seine Kassen errichtet. . . . . Zu be⸗
dauern sei, daß ein großer Theil der deutschen Arbeiter das Nützliche
dieser Einrichtungen nicht einsehe und sich den Gewerkvereinen feind⸗ lichen, radikalen Organisationen, wie die sozialdemokratisch⸗fachvereins⸗ lerische es sei, zuwende.
8 Wie „W. T. B.“ aus Cardiff berichtet, haben die Eisen⸗ bahn⸗Direktoren nach längerer Berathung die ermäßigten For⸗ derungen der Strikenden abgelehnt; die Letzteren haben be⸗ schlossen, keine weiteren Zugeständnisse zu machen.
In Malaga wurde gestern, einem Wolff'schen Telegramm zu⸗ folge, eine Schaar strikender Weiber durch die Bürgergarde
auseinander gebracht.
Aus New⸗York theilt ein Telegramm des „W. T. B.“ mit, daß die Heizer der Hudson⸗River⸗Strecke von der New⸗ VYork⸗Central⸗Railway sich den Strikenden angeschlossen
haben. An 1000 Polizisten sind auf der nördlichen Haupt⸗ strecke aufgestellt, um etwaige Versuche der Ausständigen, den Verkehr zu unterbrechen, zu verhindern. Den Weg nach
Dewitt in der Nähe von Syracuse haben die Strikenden blockirt.
Die Direktoren der Bahn haben bis jetzt alle Vorschläge zu ei
schiedsrichterlichen Beilegung zurückgewiesen. “
Kunst und Wissenschaft. b
Gestern Nachmittag fand in Wien, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, unter allgemeinster Theilnahme der Bevölkerung das feierliche Leichenbegängniß Eduard von Bauernfeld'’s statt. Die Leiche wurde in der Stephanskirche eingesegnet, wo sich unter den Trauergästen u. A. der Minister von Gautsch, der Bürgermeister Prix, der Vize⸗Präsident des Herrenhauses Fürst Czartoryski und der General⸗Intendant der Schauspiele Freiherr von Bezecny befangen. Am Grabe sprachen der Direktor des Burgtheaters Dr. Burckhard und der Präsident der „Concordia“, Professor Wachanek. Mit Bauernfeld starb der Nestor der deutschen Theaterdichter. Er war geboren am 13. Januar 1802 zu Wien und widmete sich ur⸗ sprünglich dem Studium der Rechte, zog sich aber, nachdem er bis zum Jahre 1848 dem österreichischen Staatsdienst angehört hatte, von seiner amtlichen Beschäftigung zurück und widmete sich ganz der litterarischen Thätigkeit. Die Anzahl seiner dramatischen Arbeiten ist eine außerordentlich große, viele davon, wie z. B. „Bürgerlich und Romantisch“, haben sich auf dem Repertoire unserer Bühnen be⸗ hauptet. Noch bis in seine letzten Tage hinein war Bauernfeld mit dichterischen Entwürfen beschäftigt. Das künftige Erträgniß seiner
Stücke vermachte er dem Wiener Zweigverein der Schiller⸗Stiftung,
seine gesammten Manuskripte dem Wiener Stadtarchiv.
8 — Der „Klassische Bilderschatz“ (herausgegeben von F. von Reber und Ad. Bayersdorfer; Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vorm Friedr. Bruckmann in München) enthält auch in seinen neuesten eine Anzahl selten oder noch gar nicht durch Vervielfältigung bekannter Meisterwerke aus der Blüthezeit der Malerei. So bringt die Nr. 20 2. Jahrgangs das Fresko⸗Gemälde von Giotto in San Francesco zu Assisi, den Tod des Edlen von
Celano darstellend, ferner die „Bestattung Marige“ von Vittore
Carpaccio in der Galerie zu Ferrara]. Ein Glanzstück der Nummer
sind die „Regenten des Elisabeth⸗Hospitals in Harlem“ von Frans Hals
(aus dem dortigen Stadthause), denen sich das markige charaktervolle Porträt eines vornehmen Mannes von Rubens aus der Eremitage in St. Petersburg anreiht. Eine köstliche ländliche Idille ist Karel du Jardin's Bild „Vieh auf der Weide“ aus dem Loupre zu Paris, ein liebliches Genrebild das „Concert“ von Gerhard Terburg ebendort. Aus der 21. Lieferung verdient besondere Hervorhebung der „Parnaß“ von Andrea Mantegna, ein Bild, das ebenfalls zu den herrlichsten Schätzen des Louvre gehört. Die Fresco⸗Malerei ist darin vertreten durch des Fiesole „Verkündigung Marige“ im Museum von San Marco zu Florenz und eine jener kraftstrotzenden Männergestalten über den Pfeilern an der Decke der Sistina zu Rom. Sehr inter⸗ essant ist das sprechend lebensvolle Bildniß eines würdigen alten Wundarztes, von Nicolaus Neufchatel (in der Galerie zu Darmstadt). Ein schönes Beispiel alter Freilichtmalerei bietet der Hof eines holländischen Hauses von Pieter de Hooch (in der National⸗Galerie zu London). Das letzte Blatt endlich reproduzirt den sogenannten „Joueur de flüte“, eine elegante musikalische Gesellschaft im Freien, von dem Franzosen Pater, einem Vorgänger Watteau'’s. 1 ülle schöner und kunstgeschichtlich werthvoller Bilder, welche der „Klassische Bilderschatz“ in meist vorzüglich ge⸗ lungenen, direkt nach den Originalen ausgeführten Nachbildungen für den niedrigen Preis von 50 ₰ (für 6 Blätter in groß 40) bietet, verdient das Unternehmen in der That die Beachtung aller kunst⸗ freundlichen Kreise.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
Der Gesundheitszustand in Berlin war in der Woche vom 27. Juli bis 2. August, wenn man von der gesteigerten Sterb⸗ lichkeit der kleinen Kinder an den Sommerdiarrhöen absieht, ein günstiger; die Gesammtsterblichkeit war jedoch eine größere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 25.1). In Folge der anhaltend heißen Temperatur, die in der Berichts⸗ woche vorherrschte, kamen akute Darmkrankheiten in großer Zahl zum Vorschein und endeten in 192 Fällen (gegen 139 der Vorwoche) tödtlich. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war ein gesteigerter, von je 10 (00 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 120 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungs⸗ organe wurden weniger beobachtet, auch blieb die Zahl der durch sie gestorbenen Personen eine kleine. — Das Vorkommen der Infek⸗ tionskrankheiten blieb ein beschränktes. Erkrankungen an Masern wurden nur noch 91 zur Anzeige gebracht und traten nur in Moabit
häufiger zu Tage. Auch Erkrarkungen an Diphtherie zeigten sich in Moabit am zahlreichsten. Erkrankungen an Scharlach und an Unter⸗ leibstyphus kamen nur wenige zur Meldung; desgleichen blieben auch Erkrankungen an Kindbettfieber selten und wurden auch nur wenige Erkrankungen an rosenartigen Entzündungen des Zellengewebes der Haut beobachtet. Zahlreich waren noch immer Erkrankungen an Keuch⸗ husten, doch blieb der Verlauf überwiegend ein milder. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten im Vergleich zur vorhergegangenen Woche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen.
Der bulgarische Sanitätsrath hat für die Häfen von Burgas, Varna und Baltschik eine fünftägige Quaran⸗ täne gegen Provenienzen aus Mekka und Djeddah an⸗ geordnet, wofern dieselben in den türkischen Häfen einer ärztlichen Beobachtung noch nicht unterzogen wären. 8
Dänemark.- 8 8
Durch Bekanntmachung des Königlich dänischen Minist eriums für Island vom 2. Juli 1890 sind in Folge des Auftretens der Cholera in Spanien die gesetzlichen Bestimmungen über die gesund⸗ heitspolizeiliche Untersuchung gegenüber den aus den spanischen Mittel⸗ meerhäfen in Island ankommenden Schiffen in Kraft gesetzt worden. Gleichzeitig ist die Einfuhr von gebrauchter Leinewand, gebrauchten Kleidungsstücken, gebrauchtem Bettzeug (soweit diese Gegenstände nicht zum Reisegut von Passagieren gehören), ferner von Lumpen, gebrauchter Watte, Kratzwolle, Papierabfällen, Haaren und Fellen aus den bezeichneten Häfen verbofen worden. l. ☚22
[Handel und zGewerbe.,
Berlin, 10. August. (Wollbericht des Ctrbl. f. d. Textil⸗ Ind) In dem Gange des Geschäfts ist in den letzten acht Tagen eine Veränderung nicht hervorgetreten. Wie bisher waren es in⸗ ländische Fabrikanten, welche am Platze anwesend und auf den Lägern thätig waren. Der Bedarf unserer lausitzer, märkischen und sächsischen Fabrikanten ist selbst bei stillem Geschäftsgang und un⸗ günstiger Konjunktur ein derartig bedeutender geworden, daß die Be⸗ stände an deutschen Wollen knapp ausreichen, um der Nachfrage zu genügen, und da die meisten Konsumenten wenig mehr als ihren dringendsten Bedarf decken, so bleibt der Abzug vom hiesigen Lager ein regelmäßiger. Von den Terminmärkten meldet man täglich höhere Preise, und die feste Tendenz, die sich dort geltend macht, giebt dem effektiven Geschäft einen starken Rückhalt.
— Zwischen dem rheinisch⸗westfälischen Robheisen⸗ verband und dem westfälischen Kokssyndikat hat, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ mittheilt, am 11. August zu Bochum eine längere Besprechung stattgefunden, welche das erfreuliche Ergebniß einer allseitigen Uebereinstimmung über den Kokspreis gehabt hat
Dresden, 12. August. (W. T. B.) Die Aktien des Zell⸗ stoff⸗Vereins, welche am 14. und 15. d. M. zum Course von 123 % zur Subskription gelangen, wurden heute zu 128,50 lebhaft gehandelt.
Leipzig, 11. August. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr August 4,90 ℳ, pr September 4,92 ½ ℳ, pr. Oktober 4,92 ½ ℳ, pr. November 4,92 ½ ℳ, pr. Dezember 4,87 ½¼ ℳ, pr. Januar 4,80 ℳ, pr Februar 4,75 ℳ, pr. März 4,75 ℳ, pr. April 4,70 ℳ, pr. Mai 4,70 ℳ, — Umsatz 225 000 kg. Fest
London, 11. August. (W. T. B.) An der Küste 6 Weizen⸗ ladungen angeboten.
London, 12. August. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos Aires von gestern soll die beabsichtigte Ausgabe von 100 Millionen Dollars Papier⸗ geld, wie folgt, vertheilt werden: 30 Millionen für die National⸗ bank, 20 Millionen für die Regierung, 20 Millionen für die Munizipalität, 30 Millionen für die Hypothekenbank. Wie verlautet, würde Celman in allernächster Zeit nach Europa abreisen. Die finanzielle Lage bessert sich Schritt für Schritt.
Glasgow, 11. August. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 11 410 Tons gegen 7434 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
Bradford, 11. August. (W. T. B.) Wolle sehr ruhig, Croßbreds fest, für Mohairwolle besserer Begehr, für Garne kleine Exportordres, Stoffe ruhig.
New⸗York, 11. August. (W. T. B.) Visible Supply an Weizen 18 490 000 Bushels, do. an Mais 11 103 000 Bushels.
Submissionen im Auslande.
I. Griechenland. 2. September. Athen. Ministerium des Innern: Belag von 12 eisernen Brücken. Gewicht: 477 815 kg. Kaution: 8000 Drachmen. II. Serbien. 13. Dezember. Belgrad. Stadtverwaltung: Wettbewerb in der Ausarbeitung von Plänen für Volksschulen. 2 Preise von 1600 bezw. 600 Fr. 88 8 Näheres an Ort und Stelle.
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Verkehrs⸗Anstalten.
Laut telegraphischer Meldung aus Köln (Rhein) ist die 1. englische Post vom 11. Morgens ausgeblieben; Grund: Zugverspätung auf belgischer Seite in Folge verspäteter Lan⸗ dung des Schiffs.
— Wegen Unterbrechung der Südexpreßzug⸗Verbindung nach Lissabon in Folge der an der spanisch⸗vportugiesischen Grenze be⸗ stehenden Quarantäne⸗Maßregeln legen die von England nach Cap⸗ land und Natal fahrenden Schiffe der Union⸗ und Castle⸗Linien bis auf Weiteres nicht mehr in Lissabon an.
In Folge dessen werden die Briefsendungen nach Süd⸗Afrika fortan über England geleitet, und müssen dieselben einen Tag früher als bisher, von Berlin also spätestens am Mittwoch mit Zug 9,21 Abends, zur Absendung gelangen. 1
— Wie aus Muünchen mitgetheilt wird, gelangte in der am 8./9. August 1890 unter dem Vorsitz des Regierungs⸗Direktors von Böhm abgehaltenen 24. Sitzung des bayerischen Eisen bahnrathes der Entwurf der Winter⸗Fahrordnung 1890/91 zur Berathung und Feststellung.
wurde noch über folgende Tariffragen Verhandlung gepflogen:
1) Die Zusammenstellung der mit ministerieller Genehmigung in der Zeit vom 15. März bis einschließlich 30. Juni 1890 ein⸗ geführten und aufgehobenen Ausnahmetarife diente zur Kenntniß.
2) Der Eisenbahnrath spricht sich einstimmig dahin aus, daß Getreidelagerhäusern, deren Besitzer Eigenhandel treiben, die Reexpeditionsbegünstigung grundsätzlich zu verweigern sei. Die vorliegenden Gesuche auf Einbeziehung zweier Getreidelager⸗ häuser in Regensburg und Landshut in das begünstigte Reexpeditions⸗
verfahren für die internationalen Import⸗ und Transit⸗Tarife werden
mit überwiegender Majorität nicht gutgeheißen. 3) Die Beibehaltung der ermäßigten Mais⸗Import⸗Tarife bis auf Weiteres wird einstimmig begutachtet.
4) Der Eisenbahnrath spricht sich einstimmig für die Beibehaltung der seitherigen ermäßigten Tarife im rheinisch⸗westfälisch⸗bayerischen Güterverkehr, speziell für die Artikel Holz, Bier und Eisen aus.
5) Zur Frage, ob und in welcher Form eine anderweitige Tarifirung des Artikels Rund⸗ und Schnittholz geboten sei, wurden folgende Anträge einstimmig gutgeheißen:
a. Es sei erforderlich, der bestehenden Klassifikation für Holz des Spezialtarifs III eine anderweitige Fassung in der Richtung zu geben, daß in Hinkunft die Inanspruchnahme des Spezialtarifs III für das⸗ jenige Rundholz, welches sich seinem Werthe und seiner Beschaffen⸗ heit nach ebensowohl zu Sägereizwecken als für die Cellulose⸗Fabri⸗ kation eigne, verhütet werde. Zu diesem Zweck wäre für das Holz des Spezialtarifs III eine entsprechende Beschränkung in der Dimension nicht blos der Länge, sondern auch der Stärke nach festzusetzen.
b. Es sei für das Rundholz des Spezialtarifs III eine Maximal⸗ dimension von 2,5 m rücksichtlich der Länge und von 0,2 m rücksichtlich der Stärke am Ablasse festzusetzen.
c. Es sei in diesem Fall ein Spielraum von 5 % in maximo der in einen Wagen zur Verladung kommenden „Roller“ (aus der Zahl von „Rollern“ gleicher Längendimension ermittelt) zuzulassen, wobei Rundlinge unter 10 cm außer Betracht bleiben sollen.
Hamburg, 11. August. (W. T. B.) Der Postdampfer „Saxonia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen. b
— 12. August. Der Postdampfer „Rugia' der Ham⸗
burg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktrengesellschaft hat, von New⸗York kommend, gestern 5 Uhr Nachmittags Scilly passirt. 11. August. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Anglian“ ist beute auf der Ausreise in Capetown, der Union⸗ Dampfer „Spartan“ auf der Heimreise in Southampton und der Union⸗Dampfer „Athenian“ auf der Ausreise in Lissabon angekommen. 8
Theater und Musik.
Lessing⸗Theater.
Das Repertoire für die ersten fünf Vorstellungen ist in folgender Weise festgestellt: Sonnabend, 16. August: Zum ersten Male: „Ein Volksfeind“. Schauspiel in 5 Akten von Henrik Ibsen. Sonntag, 17. August: „Ein Volksfeind“. Montag, 18. August: „Die Ehre“. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann. Dienstag, 19. August: „Ein Volksfeind“. Mittwoch, 20. August: „Der Fall Clémenceau“. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und A. d'Artois. Die Tageskasse des Lessing⸗Theaters ist bereits von Donnerstag, 14. August, ab in den Stunden von 10 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Mittags zum Vorverkaufe von Billets zu den angekündigten Vorstellungen geöffnet.
Victoria⸗Theater. 1
Das Victoria⸗Theater begeht am Mittwoch, 13. August ein Erinnerungsfest. Vor Jahresfrist fand an diesem Tage die erste Auf⸗ führung von „Stanley in Afrika“ statt, das sich bisher ohne jed⸗ wede Unterbrechung auf dem Repertoire erhalten hat und gerade jetzt in den letzten Wochen eine ganz ungewöhnliche Zugkraft ausübt. Zu dieser 358. Vorstellung — die in Wahrheit eine Jubelfeier genannt werden kann — treten auch Direktor Litaschy als Stanley und Jenny Heese als Leila wieder auf. Im Hamburger Centralhallen⸗Theater hat das Ausstattungsstück am vorigen Sonnabend gleichfalls einen großen und ungetheilten Erfolg errungen.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
Aus dem reichen Schatze kleiner Operetten, welche die Auf⸗ führungen des neuen pantomimischen Divertissements „Die Puppen⸗ fee“ begleiten werden, läßt die Direktion zunächst Suppé's „Pen⸗ sionat“ in Scene gehen. Das reizende Werk des Wiener Altmeisters hat seit mehr als einem Dezennium das Lampenlicht der Berliner Operettenbühne nicht mehr erblickt und dürfte für einen großen Theil unserer heutigen Theaterbesucher eine vollständige Novität sein.
Kroll’s Theater.
Hr. van Dyck, der unübertreffliche Darsteller und Sänger des Faust, riß auch gestern in der zweiten Aufführung der Oper „Mar⸗ garethe“ das zahlreich erschienene Publikum zu enthusiastischen Beifalls⸗ bezeugungen hin. Frl. Ek (Gretchen) und Hr Riechmann (Mevphisto) trugen, was Spiel und Gesang betrifft, gleichfals nach Kräften zum Gelingen des Ganzen bei, es wurden diese drei Hauptdarsteller durch mehrmaligen Hervorruf ausgezeichnet. Die übrigen Rollen be⸗ fanden sich wiederum in den besten Händen. Chor und Orchester ver⸗ dienen noch ganz besonders lobende Anerkennung. — Heute beginnt Miß Marguerite Macintyre vom Conventgarden⸗Theater in London ihr Gastspiel mit der Leonore in Verdi's „Troubadour“.
Adolph⸗Ernst⸗Theater.
„Der Goldfuchs“ begeht am Donnerstag das Jubiläum der 125. Aufführung. Direktor Ernst wird, wie bei früheren gleichen An⸗ lässen, auch diesmal an die Besucher dieser Vorstellung Souvenir⸗ Notenhefte mit den beliebtesten Couplets aus der Gesangsposse zur Vertheilung gelangen lassen.
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Mannigfaltiges. 8
Ueber die gestern erfolgte Einweihung des neuen Offizier⸗ Kasinos des Garde⸗Füsilier⸗Regiments berichtet die „Staatsb.⸗Ztg.“: Se. Majestät der Kaiser traf gestern kurz vor 5 Uhr vor dem Portal des Kasinos ein und wurde vom Regiments⸗ Commandeur Oberst Graf Keller und dem gesammten Offizier⸗Corps ehrfurchtsvollst begrüßt. Der Kaiser hatte den Ueberrock und Helm der Garde⸗Füsiliere angelegt, auch das Offizier⸗Corps war im Ueber⸗ rock erschienen. Nachdem der Kaiser die Anwesenden begrüßt und viele derselben durch Ansprachen ausgezeichnet, machte derselbe einen Rund⸗ gang durch die Räume des Kasinos. Das Vestibül und das Treppenhaus waren mit Waffen und Emblemen sinnig geschmückt, rechts und links von der ersten Treppe hatte man je eine Ritterrüstung von blinkendem Eisen, Geschenke des Reserve⸗Offizier⸗Corps des Re⸗ iments, aufgestellt. In den oberen Räumen ließ der Kaiser dem Regiment Sein lebensgroßes Oelbild übergeben und geruhte den Dank des Regiments⸗Commandeurs entgegenzunehmen. Bald darauf begab man sich zu Tisch. Die Tafel war in dem neuen großen Eßsaal ge⸗ deckt. Bei Betreten desselben intonirten die Hornisten⸗Corps des 2. und 3. Bataillons die italienische Königsfaagfare auf ihren von Sr. Majestät dem Kaiser im vorigen Jahre aus Italien mitgebrachten Signalhörnern — eine Ueber⸗ raschung, welche dem Kaiser ganz besonders gefiel. Der Kaiser nahm zwischen dem Feldmarschall Grafen Blumenthal und dem Regiments⸗ Commandeur Grafen Keller Platz, gegenüber saßen der kommandirende General Freiherr von Meerscheidt⸗Hüllessem, General von Werder, General⸗Oberst von Pape. Für den jüngeren Theil des Offiziercorps waren die Tafeln in den unteren Räumen, welche durch eine geräumige Veranda vergrößert sind, aufgestellt. Der Kaffee wurde im Garten eingenommen und erst in später Abendstunde schied der Kaiser.
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Im Auftrage Ihrer Majestät der Kaiserin erschien gestern der Kammerherr von dem Knesebeck im Landesausstellungs⸗ park, um die transportable Lazaretheinrichtung eingehend zu besichtigen, welche auf Veranlassung des Central⸗Comités der deut⸗ schen Vereine vom Rothen Kreuz die Hrrn. Dr. Gutsch und Apo⸗ theker Löhlein⸗Karlsruhe und Major a. D. Hahn⸗Dresden dort in einer Vöcker'schen Baracke in zwei Zelten ausgestellt haben. Die hohe Frau hatte schon bei dem Besuch der medizinisch⸗wissenschaftlichen Ausstellung für das hier vorgeführte System lebhaftes Interesse an den Tag gelegt und wünschte nunmehr ganz spezielle Mittheilungen zu empfangen. Was das Gutsch'sche System von anderen unter⸗ scheidet, ist, daß die zur Verpackung der Einrichtungsgegenstände dienenden Kisten als Tische, Schränke u. dgl. Verwendung finden. Ein nach Gutsch'schem System für 100 Kranke und 18 Mann Personal in 5 Kranken⸗ und 2 Wirthschaftsbaracken hergerichtetes Lazareth wiegt mit Einschluß der Baracken und mit Mundvorrath für 11 Tage und Arznei für 4 Wochen 756 Ctr. und läßt sich bequem auf 5 Eisenbahngüterwagen von 30 cbm Laderaum und 100 Doppel⸗Centner Tragkraft verladen. Von diesen 756 Centnern kommen auf die 7 Baracken 537 Centner. Die Einrichtung der 5 Krankenbaracken wiegt 170 Ctr. und zerfällt in 23 Packstücke, die der beiden Wirthschafts⸗ und Verwaltungsbaracken 49 Ctr. Die Koch⸗, Wasch⸗ und Schlachteinrichtung ist speziell durch Major Hahn zusammengestellt, dessen Schwester auch ein kleines Koch⸗ buch für den Felddienst geschrieben hat. Der Gesammtpreis eines vollständigen Gutsch'schen Lazareths beträgt 50 000 ℳ Pro Bett kommen auf das Haus 280 ℳ, auf die Einrichtung 220 ℳ
Der Berliner Schießverein für Offiziere hielt wegen
des frühen Ausrückens vieler Truppentheile zum Manöver sein Königsschießen diesmal bereits am Sonnabend auf dem eigenen