Alsdann ergriff Freiherr von Schorlemer⸗Alst das Wort, um unter wiederholtem lebhaften Beifall der Ver⸗ sammlung auf die Pflichten der Katholiken hinzu⸗ weisen, welche ihnen die Kaiser lichen Erlasse auferlegen. Es sei sehr zu beklagen, daß die Arbeitgeber vielfach glaubten, nachdem die Ausstandsnoth und die Angst einigermaßen ge⸗ schwunden, die Hände in den Schooß legen zu können. Es gelte jetzt mehr denn je, die Kluft zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu überbrücken. Darum freue er sich der Manifestation der Versammlung an Se. Majestät; es sei sicher, daß sie Seinem Herzen wohlthun werde, und daß Diejenigen Unrecht welche den Intentionen Sr. Majestät auf diesem Gebiet noch widersprechen. 8
In der geschlossenen Versammlung des Katholiken⸗ tages am Dienstag wurde folgende Resolution angenommen:
Mit Rücksicht auf das starke Wachsthum der Bevölkerung in Berlin, den immer fühlbarer werdenden Mangelan katholischen Kirchen und mehr noch an Geistlichen daselbst, auf das un⸗ bestreitbare Unvermögen der Berliner Katholiken und der Diözese Breslau, aus eigenen Kräften genügend Abhülfe zu schaffen: fordert die Generalversammlung der Katholiken des Deutschen Reichs und nament⸗ lich Preußens auf, dem außerordentlichen kirchlichen Nothstand der zum großen Theil aus allen Gegenden Deutschlands zugezogenen BerlinerKatho⸗ liken nachhaltige Aufmerksamkeit zuzuwenden, und richtet insbesondere an die katholische Presse das Ersuchen, ihre Sammlungen im Inter⸗ esse besserer Fürsorge für die Katholiken Berlins fortzusetzen bezw. solche Sammlungen zu eröffnen, empfiehlt aber gleichzeitig zur Er⸗ leichterung eines planmäßigen Vorgehens, den Ertrag dem Bonifacius⸗ verein zur Verwendung für Berlin zugehen zu lassen.
Weiter kamen noch folgende Resolutionen zur An⸗ nahme: “
1) Der unter dem Ehrenpräsidivm des hochwürdigsten Herrn Erz⸗ bischofs von Köln bestehende Afrikaverein deutscher Katho⸗ liken fördert wesentlich die von Sr. Heiligkeit dem Papste ins Leben gerufenen und gegenwärtig über ganz Europa verbreiteten Be⸗ strebungen zur Unterdrückung der Sklaverei und des Sklaven⸗ handels in Afrika, insbesondere durch Unterstützung der in jenem Erdtheil thätigen Missionsgesellschaften. Aus diesem Grunde und mit Rücksicht auf die namentlich in letzterer Zeit von den verschiedensten Missionsgenossenschaften an den Afrikaverein erhobenen bedeutenden Ansprüche wird der Beitritt zu demfelben und dessen thatkräftige Unterstützung allen Katholiken Deutschlands angelegentlichst empfoblen.
2) Angesichts der hervorragenden Verdienste, welche sich unsere religiösen Orden und Kongregationen um die Verbreitung des Christenthums und die Begründung der wahren Kultur und Civili⸗ sation selbst nach dem Urtheil hervorragender und kompetenter Männer andersgläubigen Bekenntnisses erworben haben und noch immer erwerben, die nachdrückliche Forderung zu wiederholen, daß end⸗ lich die kulturkämpferischen gesetzlichen Bestimmungen, welche eine Reihe dieser Ordensgenossenschaften, die sämmtlich in allen deutschen Schutzgebieten zur Missionsarbeit unbeschränkt zugelassen sind, von dem Boden des Deutschen Reichs ausschließen und diese Ordens⸗ gesellschaften hindern, hier Noviziat⸗, Missions⸗ und Studirhäuser zu errichten, in Wegfall kommen. 8
In der dritten öffentlichen Versammlung am Mittwoch sprach sich Dr. Porsch (Breslau) für die Rückberufung aller Orden, auch der Jesuiten, aus. Dr. Sieben sprach über Staatskirchenthum, besonders in Bayern, Kaufmann Racké (Mainz) über Kirche und Kultur und Dr. Freiherr von Hert⸗ ling über Görres. Dr. Lieber (Camberg) erörterte die Lage des Papstes und verlangte die Wiederherstellung der terri⸗ torialen Souveränetät desselben.
Bayern.
München, 27. August. Das „Gesetz⸗ und Verord⸗ nungsblatt für das Königreich Bayern“ veröffentlicht folgenden Erlaß Sr. Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten:
„Der heutige Tag, welcher dem Gedächtnisse Meines un⸗ vergeßlichen Herrn Vaters geweiht war, hat Mich tief ergriffen und freudigst bewegt. Die Huldigung, die den Manen des großen Königs dargebracht wurde, hat erneut und glänzend be⸗ kundet, daß aller Bayern Herzen von der Liebe zum Herrscher⸗ hause und zum Vaterlande erfüllt sind. Wie in Mir der Ein⸗ druck des Festes ein unauslöschlicher ist, so wird, dessen bin Ich gewiß, die Erinnerung an dasselbe in den Kreisen aller Betheiligten fort⸗ dauern. Des höchstseligen Königs Andenken, stets lebendig im Volke, wird immer von Neuem den einigenden Gedanken gemeinsamer Pflege und Mehrung der ideellen Güter wach erhalten.
Ehe Ich aus Regensburg scheide, drängt es Mich, Meinem leb⸗ haftesten Dank Ausdruck zu geben. Dieser Dank gilt dem Landtage, welcher das nun in der Walhalla befindliche Standbild zu errichten beschloß; er gilt den Mitgliedern der beiden Kammern des Landtages, welche Mich bei der feierlichen Enthüllung des Standbildes so zahl⸗ reich umgaben; er gilt den Künstlern, die hier mitwirkten; er gilt der Stadt Regensburg und der Oberpfall, wo Mir heute wieder so viele Beweise treuester Anhänglichkeit zu Theil wurden. Prachtvöll war der Schmuck der Straßen und Häuser; ungezählt waren die Massen, die Mich begrüßt en; Vereinigungen aller Art halfen durch ihre Anwesenheit und Thätigkeit das Fest verherrlichen; mit patrio⸗ tischer Begeisterung hatte heute das ganze Land den Blick zur Wal⸗ halla gerichtet. Möge Gottes reichster Segen Bayern schützen und schirmen in alle Zeit! v1“
Regensburg, 25. August 1890. Luitpold,
des Königreichs Bayern Verwes
Zu Ehren des hier anwesenden Vize⸗Präsidenten des preußischen Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern von Boetticher und des gleichfalls hier anwesenden Königlich sächsischen Gesandten in Berlin und Bevollmächtigten zum Bundesrath Grafen von Hohenthal⸗ Bergen fand, der „Allg. Ztg.“ zufolge, bei dem Minister⸗ Präsidenten Freiherrn von Crailsheim ein Diner statt.
Die von Pöcking über das Befinden des Hrn. Ministers a. D. Dr. Freiherrn von Lutz eingetroffenen Nach⸗ richten lauten fortwährend beunruhigend.
Sachsen.
Dresden, 28. August. Gestern sind dem „W. T. B.“ zufolge hier die Arbeiten zur Legung eines unterirdischen Kabels von Dresden über Hof nach München be⸗ gonnen worden.
Baden.
Karlsruhe, 26. August. Die von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog nach dem Vorbeimarsch der Ver⸗ eine des Höhgauer Militärvereins⸗Verbandes in Stockach (siehe Nr. 206 des „R.⸗ u. St.⸗A.“) gehaltene Ansprache hatte nach der „Karlsr. Ztg.“ ungefähr folgenden Wortlaut:
„Werthe Freunde! Es erübrigt mir, nachdem Ihr verehrter Gauvorstand Ihnen in so eingehender Weise geschildert hat, was Geschichte heißt, meinen Dank auszusprechen, daß Sie den durch den Gauvorstand kundgegebenen Gesinnun gen so lebhaft zugestimmt haben. Ich habe die werthe Pflicht, auch noch besonders dafür zu danken, daß Sie und die Vertretung der Stadt und des Festes, das Gott sei Dank doch noch mit Sonnenschein gesegnet worden ist. mich in Ihrer Mitte besitzen wollten. Gerade der Umstand, daß Sie bei so schlechtem Weiter den weiten Weg nicht gescheut haben, ist mir Beweis dafür, daß Sie festhalten wollen an der Gesinnung Ihrer Vereinigung. Ich empfehle Ihnen, an diesen Grundsätz en treu und fest zu halten und
— ich spreche hauptsächlich zu den Aelteren von Ihnen — sie auf die nach⸗ kommende Generation zu übertragen. Ich richte mich an die Aelteren, welche den Ernst von 1870 kennen, wo die Landwehr mitgefochten hat und welche wiederum eintreten wird, wenn der Ruf an sie ergeh⸗n sollte. Ich wende mich an Sie mit der Bitte: Tragen Sie dazu bei, daß dieser Geist nicht verloren geht, daß er neu geboren wird und daß das, was 1870 geschaffen, erhalten bleibt. Sprechen Sie bei jeder Gelegenheit mit der Jugend von der Vergangenheit, von der Erhal⸗ tung, Förderung und Stärkung des Reichs. Wie ich Sie vorhin vorbeimarschiren sah, nicht im gewöhnlichen Schritt, sondern im Parademarsch, kam mir lebhaft der Gedanke an die Wacht am Rhein, worin es heißt: „Lieb’' Vaterland, magst ruhig sein“. Ja, wenn das Vaterland solche Männer und Krieger besitzt, von solchem Geiste beseelt, wie er unter Ihnen sich kund giebt, ja, dann kann es ruhig sein. Und hierfür sage ich Ihnen meinen besonderen Dank. Ich nehme Abschied mit dem Wunsche, daß, wenn es mir nochmals vergönnt sein sollte, Ihnen ins Auge zu schauen, wir dies mit Ehren und Freuden thun können. Und zur Bekräftigung, daß Sie das, was Ihnen zunächst am Herzen liegt, ich meine unser Land Baden, auch herzlich lieben, fordere ich Sie auf, mit mir in den Ruf einzustimmen — und gedenken Sie auch dabei aller der Ihrigen — unser Land Baden lebe hoch!!“ Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.
Weimar, 27. August. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin haben, der „Th. C.“ zufolge, am Montag Aufenthalt in Neustadt a. O. ge⸗ nommen. Zu Ehren des hohen Besuchs hatte die Stadt einen reichen Festschmuck angelegt.
Der Staats⸗Minister Frhr. von Groß ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.
Im Spätherbst wird die Landessynode des Groß⸗ herzogthums sich zu einer längeren Tagung hier versammeln. Oldenburg.
(H.) Oldenburg, 27. August. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat gestern die Sommer⸗Residenz Rastede verlassen und sich für kurze Zeit auf Reisen begeben. In der ersten Septemberwoche wird Höchstderselbe auf dem Jagdschloß Güldenstein eintreffen und demnächst in tin Aufenthalt nehmen.
Sachsen⸗Altenburg.
Altenburg, 25. August. Se. Hoheit der Herzog ist (wie schon kurz erwähnt) am 21. d. von dem Jagdschlosse in Hummelshain über Gmunden, wo Höchstderselbe einige Tage verweilen wird, in Begleitung des Hofmarschalls von der Schulenburg, des Hof⸗Stallmeisters von Ziegesar und des persönlichen Adjutanten von Sydow zur Abhaltung von Gemsjagden in das von Höchstdemselben erpachtete Jagdgebiet in Tirol abgereist und wird während der Jagden, die etwa bis zum 11. September ausgedehnt werden, Wohnung in dem Jagdhause Waidmannsheil bei Seefeld nehmen.
Schwarzburg⸗Rudolstadt.
Gera, 27. August. Die „Gesetz⸗Sammlung für das Fürstenthum Reuß j. L.“ veröffentlicht eine Ministerial⸗ Bekanntmachung vom 21. August d. F., betreffend die mit dem Königreich Sachsen abgeschlossenen Staats⸗ verträge wegen des Baues einer Eisenbahn von Schön⸗ berg nach Hirschberg und wegen Abtretung des reußischen Theiles der Schönberg⸗Schleizer Eisen⸗ bahn an das Königreich Sachsen sowie wegen der Herstellung einer Verbindungsbahn zwischen den Bahnlinien Gößnitz — Gera und Weischlitz — Wolfsgefährt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 28. August. Für die bevorstehenden Manöver⸗ reisen Sr. Majestät des Kaisers und Königs sind, wie „W. T. B.“ nach authentischer Mittheilung meldet, die Dis⸗ positionen dahin getroffen, daß Allerhöchstderselbe am 3. Sep⸗ tember früh in Deschen eintreffen und von dort am 6. Sep⸗ tember hierher zurückkehren wird. Am Abend des 9. September begiebt sich Se. MajeRaf nach Mähren, um den dort statt⸗ findenden Manövern beizuwohnen. Die Abreise nach
Schlesien zu den dort stattfindenden preußischen Manövern ist auf den 17. September festgesetzt, von dort wird der Kaiser am 20. September früh wieder hier eintreffen.
Großbritannien und Irland.
London, 27. August. Die Königin hat, wie die „A. C.“ meldet, am 25. d. M. Osborne verlassen und sich in Begleitung des Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Battenberg sowie des Herzogs und der Herzogin von Connaught nach Balmoral in den schottischen Hochlanden begeben, wo der Hof bis gegen Mitte November weilen wird.
Es liegt jetzt der vom Auswärtigen Amt veröffentlichte volle Wortlaut des kolonialen Abkommens zwi⸗ schen Großbritannien und Portugal vor, der die vor einigen Tagen publizirten Hauptumrisse der Konvention nicht wesentlich verändert, indeß in manchen Details er⸗ gänzt und einige dunkle und zweifelhafte Punkte auf⸗ klärt. So besitzt Portugal auf dem Zambesi von Zumbo nach den Katima⸗Stromschnellen nur Wegerechte, aber keine Territorialrechte, während England in jenem Theile des unteren Zambesi, über welche Por⸗ tugal Kontrole ausübt, ähnliche Wege⸗ und Baurechte besitzt. Portugal ist verpflichtet, eine Eisenbahn zur Erleichterung der Verbindung zwischen britischem Gebiet und der Pungwe⸗Bai zu bauen sowie absolute Durch⸗ fahrtsfreiheit zu gewähren und die telegraphische Verbindung zwischen der Küste und dem Flusse Ruo aufrechtzuhalten. Portugal macht sich auch verbindlich, einer britischen Gesellschaft 10 Morgen Land für Transitverschiffungszwecke an der Mündung des Chinde, eines der Nebenflüsse des Zambesi, zu verpachten.
Ueber den Verbleib des Geschwaders, welches bei den kürzlichen Flottenübungen die Rolle des Angreifers spielte oder vielmehr spielen sollte, wußte man bis gestern nicht das Geringste. Beunruhigung ruft dieser Umstand aber nicht 5z Man nimmt an, daß Admiral Seymour sich mit
einer Flotte nach den Azoren begeben hat und seine Schiffe auf dem weiten Ocean einige taktische Uebungen machen läßt.
Frankreich.
Paris, 28. August. Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich, Königin von Ungarn, hat, dem „W. T. B.“ zufolge, heute früh Paris wieder verlassen und ist nach Cherbourg gereist, um daselbst ihre Yacht zu besteigen.
Wie die Blätter melden, werden 2 Torpedoboote nach Toulon abgehen, um dort das englische Mittelmeer⸗ Geschwader zu begrüßen.
Die „Justice“ meldet, daß von 1900 Konskribirte 1 890 geistliche Lehramtskandidaten dispensirt wurden. Da man weiß, daß die Kirche keine schwächlichen Leute in die Orden aufnimmt, so wünscht das Blatt, daß man Vergleiche darüber anstelle, ob bei anderen Civil⸗Lehr⸗ anstalten ebenso viele dispensirt würden. v“
Rußland und Polen. 1 St. Petersburg, 28. August. Gestern fand, wie „W. T. B.“ meldet, in Zarskoe⸗Selo die Beerdigung des früheren Finanz⸗Ministers von Reutern statt; der Groß⸗ fürst Wladimir, die Minister und zahlreiche andere distinguirte Persönlichkeiten, sowie Deputationen der Börsen⸗Comités und
Banken wohnten der Trauerfeier bei. —
Bulgarien. 3 8
Sofia, 28. August. Ein Theil der Reservisten der
Jahrgänge 1882 und 1883 ist nach einer Meldung des
„W. T. B.“ zu vierzehntägigen Uebungen mit dem Mannlicher⸗Gewehr einberufen wordeen.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Washington .August. Im Senat empfahl heute, wie „W. T. B.“ meldet, bei der Debatte über die Tarifvorlage der Senator Davis von Minnesota gegen Frankreich, England und Deutsch⸗ land wegen Nichtzulassung amerikanischen Fleisches Repressalien in Anwendung zu bringen.
New⸗York, 27. August. Die Republikaner von Ohio ernannten neuerlich Mac Kinley zum republi⸗ kanischen Kandidaten für die Repräsentankenkammer. In
seiner Kandidatenrede sprach Mac Kinley die Zuversicht aus,
die nach ihm benannte Bill werde angenommen werden und dem Lande eine in der Geschichte noch nicht dagewesene Prosperität bringen.
San Salvador. Heute in New⸗York eingetroffene Depeschen melden, General Ezeta habe nunmehr das Frie⸗ densprotokoll mit Guatemala unterzeichnet.
Argentinien. Buenos Aires, 28. August. Ein
Telegramm des „Reuter’'schen Bureaus“ meldet: Die „Union
Civica“ wird demnächst eine Versammlung berufen, in welcher dem Verlangen Ausdruck gegeben wird, daß die Minister Roca und Levalle ihre Portefeuilles niederlegen; man sieht in politischen Kreisen diesem Schritte mit Besorgniß entgegen.
Ein neuer Gesetzentwurf ist eingebracht worden, durch welchen die Provinzialkammern von La Plata zu einer neuen Emission von Cedulas Serie Q bis zum Betrage von 10 Millionen Dollars ermächtigt werden.
Der Senat hat das allgemeine Amnestiegesetz angenommen.
Der Finanz⸗Minister erklärte einer bei ihm vorstellig gewordenen Deputation, er werde das Budget um 15 Millionen vermindern.
Nr. 34 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 26. August hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand: Volkskrankheiten in der Berichtswoche. — Cholera in Spanien. — Cholera in Klein⸗Asien. — Cholera in Mesopotamien. — Influenza in Japan. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, Juli. — Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Volkskrankheiten. — Thierseuchen in der Schweiz, 2. Vierteljahr. — Veterinärpolizeiliche Maßregeln. — Medizinal⸗ Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Erlaß, betr. den Verkehr mit Schweinedärmen. — (Mecklenburg⸗Schwerin) Belehrung über Perlsucht. — (Braunschweig.) Nachprüfung der Hebammen. Wochen⸗ betifieber. — (Lippe.) Feilhalten von Heilmitteln. — Rechtsprechung.
Getreide, Mehl. — Kongresse, Verhandlungen gesetzgebender Körper⸗
schaften, Vereine u. s. w. 16. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. — Internationaler land⸗ und forst⸗ wissenschaftlicher Kongreß in Wien.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die Bestimmung einer vor dem Inkrafttreten der Deutschen Civilprozeßordnung abgeschlossenen und sodann von Jahr zu Jahr stillschweigend prolongirten Versicherungspolice: „Die Ent⸗ scheidung von Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und dem Ver⸗ sicherten soll durch zwei Schiedsrichter und event. einen Obmann erfolgen; gegen deren Ausspruch finden die gesetzlichen Rechtsmittel statt“ — ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 22. Februar 1890, auch gegenwärtig unter der Herrschaft der Civilprozeßordnung rechtswirksam; der Rechtsweg ist demnach für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und dem Versicherten unzulässig.
— Die vierjährige Verjährungsfrist der persönlichen For⸗ derung von Hypothekzinsen⸗Rückständen (preuß. Gej. vom 31. März 1838 § 2 Z. 5) wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civil⸗ senats, vem 23. April 1890, durch die Anstellung der hypotheta⸗ rischen Klage des persönlichen Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner unterbrochen.
— Ausländer, welche als Kläger auftreten, haben nach § 85 des deutschen Gerichtskostengesetzes das Dreifache des nach §. 81 vom inländischen Antragsteller für jede Instanz zu zahlenden Gebühren⸗ vorschusses als Vorschuß zu zahlen, und vor Zahlung dieses Vor⸗ schusses ist regelmäßig die Vornahme jeder gerichtlichen Handlung abzulehnen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 24. Mai 1890 ausgesprochen, daß, wenn in der Berufungsinstanz der ausländische Berufungskläger die Einzahlung des Vorschusses unter lassen hat, der Beklagte sich die Sistirung des Verfahrens bis auf Weiteres nicht gefallen zu lassen braucht, sondern beantragen kann, daß der Kläger mit seinem Rechtsmittel abzuweisen sei.
Statistik und Volkswirthschaft.
“ 62 1““ Ueber die Hauptergebnisse der Volkszählung
vom 1. Dezember 1885 im Großherzogthum Hessen bringt das soeben erschienene 2. Heft des 34. Bandes der „Bei⸗ träge zur Statistik des Großherzogthums Hessen“ tabellarische Uebersichten. Nach denselben ergab die letzte Volks⸗ zählung eine ortsanwesende Bevölkerung von 956 611 Köpfen. Es wurden weiter 202 997 Haushaltungen und 136 275 bewohnte Gebäude ermittelt.
Das Gebiet des Großherzogthums umfaßt nach dem Stand des Haupt⸗Centralkatasters für das Jahr 1885/86 eine Fläche von 7681,83 qakm. Von der Gesammtfläche sind 49,6 % Ackerland und Grabgärten, 13,1 % Wiesen, Grasgärten und Wicken, 1,4 % Wein⸗ berge, 31,2 % Wald, zusammen 95,3 % produktive Fläche.
8
11“
Aluf 1 akm berechnen sich im Durchschnitt 124,5 Einwohner.
Seit dem Jahre 1880, in welchem sich die Bevölkerung des Großherzogthums auf 936 340 Köpfe belief, also innerhalb 5 Jahre, hat sich eine Zunahme von 2,16 % der Bevölkerung von 1880 er⸗ geben. Es kommt das einer durchschnittlichen jährlichen Vermehrung von 0,43 % gleich, gegen 1,18 % in der vorhergehenden Zählungs⸗ periode 1875/80, 0,92 % in der Zählungsperiode 1871/75 und 0,63 % in der Periode 1867/71. Die jünaste Periode mit einer durchschnittlich jährlichen Zunahme von nur 0,43 % zeigt biernach seit 1867 die bei weitem kleinste Vermehrungsziffer. Hinsichtlich der Größe der durch⸗ schnittlichen jährlichen prozentualen Bevölkerungszunahme während der letzten Volkszählungsperiode 1880/85 nimmt das Großherzogthum Hessen unter den Staaten des Deutschen Reichs die siebzehnte Stelle ein.
Die Bevölkerung setzte sich im Jahre 1885 aus 473 740 männ⸗ lichen und 482 871 weiblichen Personen zusammen. Auf je 100 Ein⸗ wohner kommen daher 49,52 männliche und 50,48 weibliche, gegen 49,65 männliche und 50,35 weibliche im Jahre 1880. Auf je 1000 männliche Personen kamen im Jahre 1885 1019 weibliche, dagegen im Jahre 1880 1014, was im Deutschen Reich mit 1043 bezw. 1039 der Fall war.
Wie in anderen Staaten die weibliche Bevölkerung überwiegt, so tritt sie auch im Großherzogthum Hessen mit einem Uebergewicht hervor, von den Provinzen jedoch nur in Starkenburg und Ober⸗ hessen, während sie in Rbeinhessen in Folge des starken Garnison⸗ standes in Mainz und Kassel von der männlichen Berölkerung über⸗ troffen wird. Gegen das Jahr 1880 hat sich der Ueberschuß der weiblichen Bevölkerung in der Provinz Starkenburg und im Groß⸗ herzogthum etwas vermehrt, in der Provinz Oberhessen etwas ver⸗ mindert, während der Ueberschuß der männlichen Bevölkerung in Rheinhessen ctwas geringer geworden ist. Von den Kreisen weist allein Mainz (mit 8063 aktiven Militärpersonen) einen Ueberschuß der männlichen Bevökerung auf. Daselbst kamen auf 1000 männliche nur 917 weibliche Personen.
Die ortsanwesende Bevölkerung des Großherzogthums setzte sich nach den Erhebangen über die Staatsangehörigkeit in 1880 bezw. 1885 zusammen: aus 94,05 bezw. 92,85 % Angehörigen des Groß⸗ herzogthums, aus 5,53 bezw. 6,81 % Angehörigen anderer deutscher Bundesstaaten, demnach aus 99,58 bezw. 99,66 % Reichsangehörigen und aus 0,42 bezw. 0,34 % Reichsausländern. Es ergiebt sich aus der vorstehenden Zusammenstellung, daß die Angehörigen anderer deutscher Bundesstaaten im Jahre 1885 einen erheblich größeren Bestandtheil der Gesammtbevölkerung des Großherzog⸗ thums Hessen bildeten als im Jahre 1880. Ihre Zahl ist um 25,9 %, diejenige der hessischen Staatsangehörigen nur um 0,9 % gewachsen, während die Zahl der Reichsausländer um 18,9 % ab⸗ genommen hat. Die im Großberzogthum anwesenden Angehörigen anderer deutscher Bundesstaaten sind nicht weiter unterschieden worden, dagegen die Reichsausländer. Unter diesen befanden sich 964 Oester⸗ reicher (dazu 76 Ungarn), 579 Schweizer, 450 Angehörige der Ver⸗ einigten Staaten von Amerika, 301 Briten, 190 Russen, 182 Nieder⸗
länder, 151 Italiener, 119 Franzosen; 254 Personen gehörten anderen
außerdeutschen Ländern an.
Die Bevölkerung des Großherzogthums setzte sich dem Familien⸗ stand nach am 1. Dezember 1885 zusammen cus 573 994 Ledigen, 319 340 Verheiratheten, 62 350 Verwittweten und 927 Geschiedenen. Vyon je 1000 Personen waren bei den Ledigen 513 männlich und
487 weiblich, bei den Verheiratheten 498 männlich und 502 weiblich,
bei den Verwittweten 316 männlich und 684 weiblich, bei den Geschiedenen
312 männlich und 688 weiblich. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, daß
unter den Ledigen mehr männliche Personen als weibliche vorkommen, daß
dagegen die Zahl der weiblichen Verheiratheten, Verwittweten und Geschiedenen diejenige der männlichen übertrifft.
leichwohl befinden sich unter dem männlichen Geschlecht verhältnißmäßig mehr Ehe⸗ männer als unter dem weiblichen Ehefrauen, weil das Uebergewicht des weiblichen Geschlechts in der Gefammtbevölkerung relativ stärker ist als in der Familienstandskategorie der Verheiratheten. Die Zahl der Verwittweten und Geschiedenen ist bei dem weiblichen Geschlecht mehr als doppelt so groß als bei dem männlichen Gegenüber dem Stand vor fünf
ZJZahren hat im Jahre 1885 die Zahl der Ledigen und der Ge⸗
schiedenen beiderlei Geschlechts zugenommen. Dagegen ist die Zahl der Verheiratheten relativ zurückgegangen. Relativ gleich geblieben ist die Zahl der Wittwer, während diejenige der Wittwen gestiegen ist. — Auf dem Lande leben verhältnißmäßig weniger Ledige, aber mehr Verheirathete und Verwittwete als in den Städten, welche Verschiedenheiten in dem nicht unerheblichen Antheil, welchen die zu⸗ meist der Kategorie der Ledigen angehörigen Militärpersonen, Arbeiter, Dienstboten, Schüler ꝛc. an der städtischen Bevölkerung nehmen, be⸗ gründet erscheinen Dem Religionsbekenntniß nach waren von der Gesammtbevölke⸗ rung am 1. Dezember 1885 67,31 % evangelisch, 29,11 % katholisch, 0,83 % sonst christlich, 2,73 % jüdisch und 0,02 % ohne oder mit unbestimmter Religionsangabe. Gegen den Stand von 1880 hat die evangelische Bevölkerung um 2,1 % und die katholische um 3,4 % zu⸗ genommen, während die jüdische sich um 2,4 % vermindert hat. Unter der männlichen Bevölkerung leben verhältnißmäßig etwas mehr Ervangelische und sonstige Christen, als unter der weiblichen, während unter letzterer etwas mehr Katholiken und Juden vorkommen. Die Anzahl der Mischehen betrug nach dem Stand vom 1. De⸗ zember 1885 auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung 14 750,
nach dem Stand vom 5. Juni 1882 auf Grund der Ergebnisse der
Berufszählung 14 101. Die Mischehen vermehrten sich also innerhalb etwa 3 ½ Jahren um 642. In Prozenten der Gesammtzahl der Ehen bestanden im Jahre 1885 9,3 Mischehen, im Jahre 1882 8,7, im Jabre 1864 6,5, im Jahre 1861 6,4. Hiernach ist die Zahl der Miischehen im Zunehmen begriffen. Am zahlreichsten sind die Misch⸗
ehen in der Provinz Rheinhessen mit 16,7 % der Ehen im Ganzen;
sodann in Starkenburg mit 8,6 %, während in Oberhessen nur 2,5 % vorkommen. Die Zahl der Geburten vom 1. Dezember 1880 bis 30. No⸗ vember 1885 betrug 158 554, die der Gestorbenen in demselben Zeit⸗ raum 111 804, mithin Geburts⸗Ueberschuß 46 750. Da die letzte Volkszählung eine Bevölkerungszunahme nur von 20 271 Köpfen ergab, so stellt sich ein Verlust von 26 479 Personen heraus, welcher von einem Mehrbetrag der Weggezegenen über die Zugezogenen her⸗ rührt. In Prozenten der Bevölkerung beträgt dieser Verlust 2,83. Bei den Personen männlichen Geschlechts ist er viel beträchtlicher als bei denjenigen weiblichen Geschlechts; bei jenen berechnet er sich auf 3,33, bei diesen nur auf 2,33 %.
Das Volksschulwesen im Herzogthum Sachsen⸗
Meiningen. 4 Eine am 26. d. M. in Meiningen erschienene statistische Ver⸗ gleichung des Volksschulwesens im Herzogthum von 1880 und 1890 bekundet eine stetig fortschreitende Entwickelung. In den 16 Schul⸗ aufsichtskreisen mit 310 Schulorten und 324 Schulen waren im
Jahre 1880 insgesammt 493, im Jahre 1890 dagegen 590
angestellt, also 97 mehr als vor 10 Jahren. In Zeitraum hat sich die Zahl der Schulkinder von 34 390 auf 39 301, also um 4911 erhöht. Auf je einen Lehrer kamen durch⸗ schnittlich 1880 70, 1890 dagegen nur noch 66 Kinder. Dem Reli⸗ gionsbekenntniß nach sind 38 821 Kinder evangelisch, 226 katholisch, 208 israelitisch und 46 gehören zu keiner der drei Konfessionen. Es
bestehen neben den öffentlichen Volksschulen noch 17 Privatschulen
mit 27 Lehrern und 605 Schülern.
Kunst und Wissenschaft.
2₰ In Bezug auf die Verwaltung und Aufstellung
der Sammlungen der hiesigen Königlichen Museen
während des Etatsjahres 1. April 1889/90 erscheinen folgende Mittheilungen von allgemeinem Interesse:
1 In der Gemälde⸗Galerie wurde eine Reinigung der
Rafael'’schen Teppiche vorgenommen, durch welche die Wirkung dieser edlen Kunsterzeugnisse wesentlich gehoben wurde.
Während von der Publikation der Generalverwaltung über die Gemälde⸗Galerie die 4. Lieferung erschien, ist im verflossenen Etatsjahre auch mit der Herausgabe der von der Firma Hanfstängl in München nach den vorzüglichsten Bildern der Galerie angefertigten photographischen Auf⸗ nahmen der Anfang gemacht und dadurch, wie gehofft werden darf, ein nicht unwichtiger Schritt zu größerer Ver⸗ — der Kenntniß von den Hauptwerken der Galerie geschehen.
Die Aufstellung der Sammlung der antiken Skulp⸗ turen, welche besonders unter dem allgemein fühlbaren Mangel an Raum zu leiden hat, erfuhr in dem an der West⸗ seite des Alten Museums gelegenen früher sogenannten Kaisersaal eine wesentliche Umgestaltung, welche hauptsächlich dazu bestimmt war, die in der Sammlung enthaltenen her⸗ vorragenden Werke der attischen Kunst aus der Fülle des übrigen Materials herauszuheben und zu einer ihrer Be⸗ deutung entsprechenden Wirkung zu bringen.
Da die Depoträume dieser Abtheilung bereits vollständig in Anspruch genommen sind, durch die erfolgte Umstellung aber eine weitere Magazinirung von Bildwerken unumgäng⸗ lich nothwendig wurde, mußte das kleine griechische Kabinet als Depotraum benutzt und bis auf Weiteres für das Publikum geschlossen werden.
Die Sammlung der Bildwerke christlichen Zeit⸗ alters hat in dem sich räumlich an die Sammlung der antiken Bildwerke anschließenden Theile, welcher die italienischen Skulpturen umfaßt, der in jener stattgehabten Umstellung entsprechend, ebenfalls eine Aenderung der Auf⸗ stellung in Verbindung mit einer anderweiten Anordnung der Scheerwände erfahren.
Dem Antiquarium mußte zu der im verflossenen Rechnungsjahre bewirkten Aufstellung der cyprischen Alter⸗ thümer der westliche Uebergang zum Kupferstich⸗Kabinet im Treppenhause des Neuen Museums überwiesen werden.
Der zu wechselnden Ausstellungen bestimmte Oberlicht⸗ saal des Kupferstichkabinets ist zu Beginn des vorigen Etatsjahres fertiggestellt worden, sodaß die erste, die Entwicke⸗ lung des Kupferstichs in Deutschland unter Ausschluß der Radir⸗ und Schabkunst ꝛc. zur Anschauung bringende Aus⸗ stellung am 14. Mai v. J. zur Eröffnung gelangen konnte.
Die egyptische Abtheilung eröffnete am 30. Juni v. J. die früher von der ethnologischen Abtheilung inne⸗ gehabten, jetzt zur Aufstellung der vorderasiatischen Alter⸗ thümer benutzten Säle dem Publikum. Außer den zum alten Besitz gehörigen assyrischen und babylonischen Denkmälern enthalten diese Räume die Funde der babylonischen und der ersten nordsyrischen Expedition sowie andere zum Theil hervor⸗ ragende neue Erwerbungen.
Ein Theil der Sammlung egyptischer Alterthümer mußte auch ferner dem Publikum verschlossen bleiben, da die Auf⸗ stellung und die damit Hand in Hand gehende Inventarisation und Katalogisirung wegen der außerordentlichen Fülle des Materials geraume Zeit in Anspruch nehmen.
Im Museum für Völkerkunde fand im Laufe des Etatsjahres 1890/91 die Eröffnung des 1. und 2. Saales der ostasiatischen und eines Theils der indonesischen Sammlung im 2. Stockwerk sowie des 5. Saales der prähistorischen Abtheilung statt.
Das Kunstgewerbe⸗Museum hat mit dem Beginn des vorigen Etatsjahres einen in gewisser Hinsicht bedeutungs⸗ vollen Abschnitt zu verzeichnen, da von jenem Zeitpunkt ab das bisher an 3 Wochentagen erhobene Eintrittsgeld in Weg⸗ fall kam. Die Zahl der Besucher der Sammlung dieses Museums hat sich in Folge dessen wesentlich gehoben. Die Steigerung, von welcher ein Theil wohl auch den stattgehabten Sonder⸗Ausstellungen zuzuschreiben ist, be⸗ trug bei 105 131 Besuchern gegen 74 538 im Vorjahre 41 Proz. Bemerkenswerth ist, daß der gesammte Bestand der Stoffsammlungen des Museums in der Zeit vom November 1889 bis März 1890 in 8 verschiedenen Gruppen im Lichthof des Kunstgewerbe⸗-Museums zur Ausstellung gelangte und durch gleichzeitig im Museum gehaltene öffentliche Vorträge erläutert wurde.
Auch ist der Versuch gemacht worden, das Publikum sowie namentlich die näher betheiligten gewerblichen Kreise mit dem Inhalt der Bibliothek und der Ornamentstich⸗ Sammlung des Kunstgewerbe⸗Museums durch Vorträge in dem Museum bekannt zu machen und zu fruchtbringender Benutzung dieser Abtheilung des Museums anzuregen.
— Der „Voss. Ztg.“ wird aus Jüterbog geschrieben: Ein der vielleicht einiges geschichtliche Interesse erregen dürfte, ist ier in einem Garten gemacht worden. Es ist eine 12 cm hohe und 18 ½ em breite Kupferplatte mit Silberüberzug, welche in künst⸗ lerischer Ausführung getriebene Arbeit enthält. Sie zeigt in Front⸗ stellung hoch zu Roß (von links begonnen) den König Friedrich Wilhelm III., den Kaiser Nikolaus von Rußland und den Kaiser Ferdinand von Oesterreich mit Gefolge und im Hintergrunde Kavallerietruppen. Links unten sind Spuren eines Namens zu bemerken und die Buchstaben a. K. T. In der rechten Ecke ist zu lesen „Berlin 1836“.
— Ein Porträt des jungen Goethe, 1776 von dem Maler Krauß für den Verleger Nicolai in Berlin gezeichnet, ist, wie die „Th. C.“ berichtet, dem Goethe⸗National⸗Museum in Weimar durch testamentarische Verfügung des Frl. Jakoby, Schwester des Dr. Joh. Jakoby in Königsberg, zugegangen. Im Auftrag Nicolai's fertigte Chodowiecki nach dieser Zeichnung den Kupferstich an, welcher sich in dem 29. Bande von Nicolai's Allgem. deutschen Bibliothek aus dem Jahre 1776 befindet. Später besaß Zelter das Bild, dann Varnhagen, der es der Familie Jakoby schenkte.
— In den unterirdischen Gewölben der St. Servatiuskirche in Mastricht, sind, nach der „Wes. Ztg.“, die Sarkophage der Bischöfe Monulphus, gestorben in 599, und Gondulphus, Nachfolgers des Ersteren, gefunden worden. Für die Archäologie ist diese Entdeckung von großem Werth. 8
Land⸗ und Forstwirthschaft.
16“ Zur Weinernte. 58 Aus Geisenheim wird der „Elbf. Ztg.“ unter dem 24. d. M. geschrieben: Der Stand unserer Weinberge befriedigt in jeder Be⸗ ziehung. Der Anhang ist ein außerordentlich reicher, sodaß wir in dieser Hinsicht einem vollen Herbste eS Da die Witterung recht günstig ist, veredeln sich die Trauben zusehends. In den Wein⸗ bergen wird eben das „Gipfeln“ vorgenommen. Hierbei werden die diesjährigen Triebe theilweise abgeschnitten; dadurch wird das Wachs⸗ thum des Stockes gestört, die Reife des Holzes aber gefördert. Die Gipfeln selbst werden getrocknet und dienen dann als Viehfutter. Dagegen ist über den Stand der Weinberge Niersteins wie der „Rh. Kur.“ vom 22. d. M. berichtete, nichts sehr Erfreu⸗ liches zu melden. Die anhaltend nasse Witterung hat ein schlechtes und gelbes Aussehen des ganzen Niersteiner Berges zur Folge gehabt.“ Die Weinstöcke hängen in den feineren Lagen ziemlich voll, doch sind die Taruben meist klein und nicht gedrungen. Man setzt im Allgemeinen
keine großen Hoffnungen auf deg Herbst. Die Witterung muß sich noch bedeutend bessern, wenn man eine mittlere Güte ernten soll.
Aus Bingen schreibt man der „Köln. Ztg.“: Der gegenwärtige Stand der Weinberge ist hier und in den Nachbargemarkungen ein recht zufriedenstellender. Die Gluthhitze der ersten Augusthälfte in Verbindung mit der reichlichen Erdfeuchtigkeit hat den Weinstock um Wochen vorwärts gebracht. Die Trauben sind der Reife zusehends näher gekommen; die weißen Trauben werden hell und durchsichtig, die dunkeln Arten nehmen ihre Farben an. Es gilt dies für Bingen sowohl wie für Rüdesheim, Dromersheim, Kempten u. s. w. Besonders hübsch stehen die Frühburgunder, welche in den genannten Gemar⸗ kungen, wie in Ingelheim, Gau⸗Algesheim, Frei⸗Weinheim u. s. w, bereits zu reifen beginnen und auch einen guten Ertrag versprechen. In Heidesheim z. B. werden die Frühburgunder⸗Weinberge schon morgen geschlossen. Für einen guten Herbst im Allgemeinen bedarf es allerdings noch auf sechs Wochen warmen Wetters.
An⸗ und Verkauf von Futterstoffen.
Die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft hat, nachdem die von ihr seit Jahren eingerichteten Vermittelungsstellen für Düngerankauf und Samenverkauf sich außererdentlich bewährt haben, jetzt auch die Vermittelung des An⸗ und Verkaufs von Futterstoffen in die Hand genommen. Es handelt sich dabei darum, den Ankauf preiswürdiger Handelsfuttermittel zu erleichtern, besonders auch Garantien über den Gehalt herbeizuführen und namentlich die Preislage dahin zu klären,
aß der Landwirth die billigsten Quellen zu erfahren in der Lage ist.
Die Deutsche Landwirthschafts⸗Gesellschaft kommt damit den Anregungen nach, welche der Deutsche Larwirthschaftsrath in seiner letzten Sitzung gegeben hat. Ferner soll diese sogenannte Futterstelle der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesell⸗ schaft den Verkauf von Futtermitteln, welche die Land⸗ wirthe produziren, in die Wege leiten. — Bei dem beutigen vorge⸗ schrittenen Betriebe der Landwirthschaft und der Möglichkeit eines reichen Ersatzes von Nährstoffen für Acker und Wiesen einerseits und bei der steten Steigerung der Pferdehaltung für städtische und indu⸗ strielle Verhältnisse in Deutschland ist der Verkauf von Heu und Stroh fün alle diejenigen Landwirthe eine gebotene Maßregel, deren Transportverhältnisse einen solchen gestatten. Die Deutsche Land⸗ wirthschafts⸗Gesellschaft will versuchen, dieses allerdings etwas schwierige Geschäft in bessere Bahnen zu leiten, sowie auch den Ver⸗ kauf von Getreide zu organisiren. Diese Einrichtungen verdienen die Aufmerksamkeit der deutschen Landwirthe und ist zu erwarten, daß die genannten Bestrebungen sich als nutzbar für die Landwirthschaft erweisen mögen.
Internationaler land⸗ und forstwirthschaftlicher
Kongreß.
Bei dem vom 2. bis 6. September d. J. zu Wien statt⸗ findenden internationalen land⸗ und forstwirthschaftlichen Kongreß sind in der Subsektion Veterinärwesen der Sektion Landwirthschaft fol⸗ gende Berathungsgegenstände auf die Tagesordnung gesetzt:
1) „Lungenseuche, ihre Bedeutung für die Landwirthschaft, deren Verbreitung, sowie Maßregeln gegen dieselbe mit besonderer Berück⸗ sichtigung der Schutzimpfung.“
2) „Tuberkulose, deren Diagnostik, ihre wachsende Verbreitung und ihre Bedeutung für die Gesundheit des Menschen.“ 3) „Ueber Schutzimpfung gegen Rauschbrand.“
4) „Ueber Schutzimpfung gegen Milzbrand und rothlauf.“
5) „Ursachen des seuchenartigen Verwerfens.“
Schweine⸗
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
Madrid, 27. August. In der Provinz Toledo kamen, 8
„W. T. B“ zufolge, heute acht Cholerafälle vor, darunter vier mit tödtlichem Ausgange. Der Direktor der Militär⸗Akademie in Toledo ist ebenfalls der Cholera erlegen. In den Provinzen Valencia und Alicante sind noch mehrere Cholera⸗Erkran⸗ kungen aufgetreten. 8
Handel und Gewerbe. “
Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schlesf. Ztg.“: Die Lage des Steinkohlenmarktes ist unverändert geblieben. Das Herannahen der Wintersaison mit den erhöhten Preisen regt zu beschleunigter Deckung des Winterbedarfs an, so daß sämmtliche Gruben die Förderung wieder voll aufnehmen mußten und die geräumten Haldenbestände keine Erneuerung erfahren. Neben dem recht bedeutenden örtlichen Bedarf sind es vornehmlich die Zuckerfabriken, von denen zahlreiche Aufträge eingehen, und obwohl auf den größeren Bahnstationen namhafte Kohlenbestände zu bemerken sind, werden doch unausgesetzt nach Maßgabe des Verbrauchs die Abgänge sofort ergänzt. Auch der Absatz nach Rußland ist, wenngleich noch schwach, wieder aufgenommen worden, Die Koksanstalten erhalten ihre Produktion auf der bisherigen Höhe, obwohl der Absatz der Produktion nicht ganz entspricht, zumal Koks in bedeutenden Mengen aus Oesterreich und Niederschlesien be⸗ zogen werden. Auf den Neuanlagen herrscht eine rege Bauthätigkeit, so daß schon mit Beginn der Wintersaison einige derselben in Be⸗ trieb kommen dürften. Die Stimmung auf dem Markte ist eine zuversichtlich feste.
— In der Generalversammlung der Aktionäre der Rathenower optischen Industrie⸗Anstalt vormals Emil Busch vom 27. d. M. wurde der vom Vorstande vorgelegte Rechnungs⸗Abschluß ür das am 31. März d. J. abgelaufene Geschäftsjahr sowie die in Vorschlag gebrachte Dividende von 6 % — gegen 5 % im Vorjahre
genehmigt und dem Gesellschaftsvorstande Entlastung ertheilt.
— Ueber das neue italienische Bodenkreditinstitut wird aus Rom mitgetheilt: Von dem Aktienkapital übernahm die Banca Nazionale 15 Millionen Lire, welche sie in ersten, von ihr garantirten Hypotheken einbringt; den Rest übernahmen, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, die Immobilien⸗Gesellschaft, das italienische und das deutsche Konsortium mit je 5 Millionen. Eine künftige gänzliche Verschmelzung der neuen Gesellschaft mit der Bodenkredit⸗Abtheilung der National⸗ ank ist in Aussicht genommen.
Leipzig, 27. August. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. September 4,77 ½ ℳ, pr. Oktober 4,77 ½ ℳ, pr. November 4,77 ½ ℳ, pr. Dezember 4,75 ℳ, pr. Januar 4,67 ½ ℳ, pr. Februar 4,60 ℳ, pr. März 4,57 ½ ℳ, b 4,57 ½ ℳ, pr. Mai 4,57 ½ ℳ. — Umsatz 80 000 kg. Ruhig. 8
London, 27. August. (W. T. B.) An der Küste 4 Weizen⸗ ladungen angeboten.
Christiania, 27. August. (W. T. B.) In den Sitzungen der Delegirten verschiedener Handelsvereine Norwegens, welche hier vom 25. bis 27. d. M. unter dem Vorsitz des General⸗ Konsuls Chr. Christophersen stattfanden, wurden verschiedene Resolu⸗ tionen angenommen, welche eine Revisionder Konkursordnung, die Nothwendigkeit der Errichtung von See⸗ und Handels⸗ gerichten im Lande, speziell in Christiania, sowie die Errichtung eines Auskunftsbureaus für den Export empfehlen.
Verkehrs⸗Anstalten. 27. August. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer
e“ hat heute auf der Heimreise Madeira passirt „Dampfer „Drummond Castle“ ist heute on London abgegangen.
Theater und Musik.
K Deutsches Theater. In Shakespeare’'s „Wintermärchen“, welches am Montag, 1. September, zur Aufführung kommt, svielt Fr. Geßner die Hermione, Fr. Sorma die Perdita, Frl. Frauendorfer die Panlina, Frl. Rhoden die Zeit und Frl. Lenau die Mopsa. Die männlichen Hauptrollen
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London, „Roslin Castl und der Castle auf der Ausreise v