—ye,f
gut über die Hülfsroute Razice —Pisek — Tabor — Wessely geleitet. Bis zur Behebung dieser Verkehrsstörung dürsten mehrere Tage verstreichen. Auch in der Strecke Blowitz⸗ Nezwestitz der Linie Wien—Eger ist der Personen⸗, Gepäck⸗ und Eilgutverkehr in Folge drobender Bahnbeschädigung durch Hochwasser eingestellt und wird dieser Verkehr durch einige Tage über die Hülfs⸗ route Horazdowitz — Babin — Klattau — Pilsen geleitet werden. Der Personen⸗, Gepäck⸗ und Eilgutverkehr zwischen Pilsen — Nezwestic und Horazdowitz — Babin— Blowitz wird durch Lokalzüge besorgt.
Aus London, 1. September, wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Der Stand des Nils, welcher jetzt bis auf einen Fuß ebenso hoch gestiegen ist wie im Jahre 1887, giebt zu ernstlichen Bedenken An⸗ laß. Im genannten Jahre verursachte das Hochwasser bekanntlich großen Schaden.
Lissa. 2. September. Ueber das in Nr. 212 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ gemeldete Eisenbahnunglück auf der Strecke Czempin — Schrimm schreibt die „Pos. Ztg.“: „Der Zug Nr. 1276 erfaßte zwischen Chalany und Sooldry ein Fuhrwerk, welches wahrscheinlich die Strecke passiren wollte. Doch ist nicht ausgeschlossen, daß, da die Chaussee dort vielfach nahe der Strecke einherläuft, ja die Geleise sogar theilweise auf der Chaussee dahinführen, die Pferde des Fuhrwerks scheuten und dieses in die gefährliche Nähe des Zuges brachten. Auf dem Fuhr⸗ werk saßen außer dem Kutscher zwei Personen. Letztere sind todt, der Kutscher ist verschwunden und soll bis heute noch nicht zum Vorschein gekommen sein. Auch ein Pferd ist getödtet. Die Maschine erlitt mancherlei Beschädigungen. Heute früh begab sich der Königliche Staatsanwalt von hier nach dem Unglücksorte, um dort die nöthigen Erhebungen anzustellen.
Langenberg (Rheinland), 2. September. Der „Köln. Ztg.“ wird geschrieben: Am 20 jährigen Gedenktage von Sedan wurde heute unser Kriegerdenkmal enthüllt, nachdem schon vor neunzehn Jahren der Grundstein an anderer Stelle gelegt war. Das Denkmal, dessen Unterbau ein monumentaler Brunnen bildet, erregt durch seine einfachen und doch edlen Formen allgemeine Bewunderung und ist nach Entwürfen des Bauraths Pflaume in Köln gearbeitet. Außer den üblichen Inschriften zeigt der Unterbau die Reliefbilder der Kaiser Wilhelm und Friedrich, ausgeführt von dem in Rom lebenden Bild⸗ hauer Wilhelm Neumann. Dieser junge Künstler, ein Sohn des bergischen Landes, ist auch der Schöpfer der herrlichen Gestalt der Muse der Geschichte, welche das ganze Denkmal krönt.
München, 3. September. Der von der hiesigen Abtheilung des Kolonialvereins zu Ehren von Dr. Carl Peters veranstaltete Fest⸗ abend war, laut Meldung des „W. T. B.“, äußerst zahlreich besucht und verlief in sehr gehobener Stimmung. Nachdem der Vereinskassirer von Pfister ein Hoch auf Se. Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten und auf Se. Majestät den Kaiser ausgebracht hatte, feierte der Vize⸗Präsident des Vereins Goetz Dr. Peters als denjenigen Afrikaforscher, welcher mit kleinsten Mitteln das Größte erkämpft habe. Dr. Peters dankte, schilderte in kurzen Umrissen seinen Zug und was er erreicht, und schloß mit einem Hoch auf den Münchener Zweigverein. Mit dem Absingen patriotischer Lieder endete die Feier.
Pforzheim, 1. September. Gestern hat laut Mittheilung der „Karlsr. Ztg.“ hier die Enthüllungsfeier des Kaiser Wil⸗ helm⸗Denkmals stattgefunden. Festredner war der Landtags⸗ Abgeordnete Fabrikant Wittum. Das Denkmal ist von dem Bild⸗ hauer Bärwald gefertigt. Ober⸗Bürgermeister Habermehl übernahm das Denkmal Namens der Stadt. An den Stufen des Denkmals wurden viele Kränze niedergelegt.
Ulm, 30. August. Der Kameruner Dualla⸗Knabe, welchen der bisherige Gouverneur von Kamerun Freiherr von Soden der Familie des Oberförsters Bürger in Langenau zur Erziehung an⸗ vertraut hatte, ist, wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, wieder in seine Heimath abgereist. Vor der Abreise wurde er in Langenau von Stadtpfarrer Dr. Köstlin evangelisch getauft. Ndine Ndumbe war 2 ¼ Jahr in Deutschland und spricht nun deutsch. Er wird sich mit Dr. Zintgraff in Hamburg auf einem Dampfer der westafrikanischen Woermann⸗Linie einschiffen.
1ö“
81
Bremen, 3. September. Ueber den gestern gemeldeten Brand von Lührs' Tivoli bringt die „Weser⸗Ztg.“ heute folgendes Nähere: Das Theatergebäude und das an der Weide belegene Vor⸗ haus sind bis auf einige Umfassungsmauern gänzlich vernichtet. Ver⸗ brannt sind diverse neue Dekorationen und Zimmer⸗ ausstattungen, welche Eigenthum des Hrn. Direktors Senger waren. Auch verschiedene Mitglieder des Theaterpersonals haben den Verlust von Garderobe zu beklagen, während Hrn. Lührs etwa 60 Kisten mit Theaterkostümen vernichtet worden sind. Bei der Schnelligkeit, mit welcher das Feuer um sich griff, konnte fast nichts von beweglichen Gegenständen gerettet werden. Von den Wachsfiguren in Castan's Panoptikum, das im oberen Saale des Frontgebäudes untergebracht war, konnten nur vier Stück gerettet werden, die übrigen wurden ein Raub der Flammen. Es war dies für die draußen Stehenden ein seltenes Schauspiel, der ganze Raum war von Flammen und Rauch erfüllt, und es machte den Eindruck, als wenn die bunt kostümirten Theilnehmer eines Maskenballs keinen Ausweg hätten finden können und nun im Feuermeer elend zu Grunde gehen mußten. Das Lührs sche Wohnhaus wurde nur wenig am Dach beschädigt. Die Nebenhäuser wurden vor Schaden bewahrt. Sehr gefährdet war die Nienaber'sche Reitbahn auf der Brake. Leider ist bei den Löscharbeiten der Feuerwehrmann Möwes, welcher Frau und Kinder hat, verunglückt. Derselbe gerieth unter eine einstürzende Mauer, erlitt einen Bruch des Rückgrates und liegt im Krankenhause bedenklich darnieder.
London, 2. September. Die „A. C.“ meldet: Der gestern in Quebec angekommene Dampfer „Vancouver“ von der „Dominion⸗ Linie pafssirte in der Meerenge von Belle Isle während dichten Nebels eine Menge Eisberge. Als das Schiff langsam dahinfuhr, stieß es an einen eine englische Meile langen Eisberg, ohne jedoch beschädigt zu werden.
London, 2. September. Die „A. C.“ schreibt: In Kanada macht gegenwärtig ein Projekt viel von sich reden, über den Atlantischen Ozean in 84 Stunden zu fahren. Um es zu ermöglichen, besteht die Absicht, eine Eisenbahn von Quebec bis an einen Punkt der Küste von Labrador zu bauen, etwa zwischen der Meerenge von Belle Isle und Cap Weebrick oder Hamilton⸗ Inlet und von dort aus Schnelldampfer nach Milford Haven in Wales fahren zu lassen. Der östlichste Punkt der Küste von Labrador ist Europa etwa 900 englische Meilen näher als Quebec und Portland, während Milford Haven in Wales Amerika volle 300 engl. Meilen näher ist als Liverpool. Auf diese Weise würden über 1000 engl. Meilen gespart, sodaß es wohl möglich wäre, die Fahrt über den Atlantischen Ozean alsdann in 4 Tagen, wenn nicht gar in 3 ½ Tagen zurückzulegen. Die Eisen⸗ bahnfahrt von Ost⸗Labrador nach Quebec würde jedenfalls nicht mehr als 18 — 20 Stunden in Anspruch nehmen. Zur Zeit braucht man zu der Reise von Liverpool bis Quebec volle 9 Tage.
Turin, 3. September. Wie die „Magd. Ztg.“ schreibt, sind die Leichname des verunglückten Grafen Villanova und seiner sechs Genossen in einem Gletscher auf dem Montblanc aufgefunden worden.
Neapel. Ueber den bereits in Nr. 207 des „R. u. St.⸗A.“ erwähnten neuen Ausbruch des Vesuv berichtet die „Wes. Ztg.“ folgendes Nähere: Auf der Seite des Torre del Greco und Pompelis hat sich ein neuer Krater in den letzten Tagen geöffnet, der seinen Strom in das darunter liegende Thal ununterbrochen voll glühender Lava hinabsendet. Die Hauptmündung des Kraters zeigt eine Oeffnung von 50 qm und ist von drei anderen kleineren Oeffnungen umgeben. Zu Torre del Greco, zu San Guiseppe di Ottaiano, zu Somma und im Thale von Pompeji vernimmt man fortwährend ein donnerähnliches Geräusch, das durch den Ausbruch des schrecklichen Vulkans verursacht wird. Im Thale von Pompeji ist dabei die merkwürdige Erscheinung beobachtet worden, daß in Folge der Eruption die Metalle und besonders das Silber Oxyd ansetzen. Der Mündung des Kraters kann man sich nicht nähern, auch nicht zu normalen Zeiten, da der Schlund umgeben ist von gewaltigen schroff abfallenden Fels⸗ stücken. Jene, welche sich nach den bedrohten Ortschaften begeben haben, um die Eruption zu beobachten, erzählen, daß der Erd⸗
boden unter ihren Füßen zitterte. Man könne daraus die ge⸗ waltige Explosionskraft dieser vulkanischen Massen entnehmen, und man fürchtet, daß das Bisherige nur ein Vorspiel von noch größeren kommenden Schrecknissen sein wird. Es ist die Beobachtung gemacht worden, daß es leicht sein dürfte, dem Feuerstrom eine andere Richtung zu geben, um ihn von dem bedrohten Thal von Pompeji abzulenken. Es wäre hierzu nur nöthig, ein schmales Bett zu graben, um die Lava nach dem großen Thal von Terzigni und Ottaiano hinzulenken.
New⸗York, 30. August. Der „Voss. Ztg.“ wird mitgetheilt: Ein Arbeiter der Elektrischen Beleuchtungsgesellschaft faßte unvor⸗ sichtiger Weise einen Leitungsdraht an, durch den der Strom ging, und wurde sofort getödtet. Die Hand des Unglücklichen war fast ganz durchgebrannt. Auch in Wheeling, West⸗Virginien, kamen zwei Leute einer von einer außerordentlich starken Dynamomaschine gespeisten elektrischen Leitung zu nahe und fielen auf der Stelle todt auf den Draht nieder. Als die Herbeieilenden sie aufheben wollten, erhielten auch sie starke elektrische Schläge.
New⸗York. In New⸗York trat, wie die „Ostsee Ztg.“ mit⸗ theilt, am 1. d. M. ein Gesetz in Kraft, welches Knaben im Alter
von unter 16 Jahren das Rauchen in der Oeffentlichkeit bei einer
Geldbuße von 10 bis 20 Doll. verbietet.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
16“ Flensburg, 4. September, Mitiags. Die Parade des IX. Armee⸗Corps vor Sr. Majestät dem Kaiser ist
glänzend verlaufen. Nachdem Se. Majestat, gefolgt von Ihrer Majestät der Kaiserin, welche im offenen Wagen fuhr, die Front der Truppen entlang geritten war, erfolgte ein zweimaliger Vorbeimarsch. Nach der Parade kehrte Se. Majestät der Kaiser zu Pferde an der Spitze der Fahnen⸗Compagnie nach Flensburg zurück und ließ letztere in der Nähe des Rath⸗ hauses an Sich vorbeidefiliren. Hierauf fand ein Frühstück im Rathhause statt, zu welchem 50 Einladungen ergangen waren. Von den Volksmassen, welche das Paradefeld um⸗ gaben und alle von dort zur Stadt führenden Straßen füllten, wurden Ihre Majestäten mit ununterbrochenen ju belnden Zurufen begrüßt. 1
Hirschberg i. Schl., 4. September. (W. T. B.) Di Gebirgsflüsse steigen rasch. Der Bober ist seit gester um 2 m gestiegen.
London, 4. September. (W. T. B.) Die „Times“ verbreitet folgende Meldung aus Sansibar von gestern der deutsche Postdampfer „Reichstag“ hätte beim Verlasse
der Rhede von Sansibar mit dem daselbst vor Anker liegenden
großen Dampfer des Sultans „Nyanza“ kollidirt und letzteren stark beschädigt. Bei der Ankunft im inneren Hafen von Dar⸗es⸗Salaam aber sei der „Reichstag“ gestrandet. Ein deutscher Kreuzer sei zur Hülfeleistung dahin abgegangen.
Amiens, 4. September. (W. T. B.) Der von Calais kom mende Expreßzug ist heute Nacht unweit Amiens ent
gleist. Ein Eisenbahnbediensteter wurde getödtet,
einer schwer und ein anderer leicht verwundet. New⸗York, 4. September. (W. T. B.) Ein Telegramn
des „Ne w⸗York Herald“ aus Guatemala meldet, daß sich
gestern vor dem dortigen amerikanischen Gesand
schaftsgebäude Pöbelhaufen zusammenrotteten, die
eine drohende Haltung zeigten. Das Gesandtschaftsgebäude
ist von Polizei bewacht. Die Sympathie⸗Kundgebungen für Christine Barrundia, die sich in strengster Haft
befindet, dauern fort. (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Mlullaghmore 766
4 Aufzügen von Verdi. Deutscher Text von Grün⸗ baum. Tanz von E. Graeb. Anfang 7 Uhr.
Wetterbericht vom 4. September, Morgens 8 Uhr.
Stationen. Wind. Wetter.
Bar. auf 0 Gr u. d. Meeressp red. in Millim. Temperatur — in ° Celsius
5 Regen Aberdeen 764 1 halb bed. Cbristiansund 758. 1 Regen Kopenhagen. 769 1 halb bed. Stockholm. 769 E“
1
1
aparanda . 766 bedeckt t. Peterbb. 769 wolkenles Moskau . 761 wolkenlos Cork, Queens⸗ h77909 3 Regen Cherbourg. 770 3 bedeckt Helder 767 1 Nebel Sylt 767 3 Dunst mburg 769 2 wolkenlos winemünde 768 4 heiter Neufahrwasser 766 z bedeckt Memel 7766 3 heiter Paris 770 1 Regen Münster. 769 1 bedeckt Karlsruhe.. 770 W z heiter Wiesbaden. 770 still wolkig München. 770 NW 3 Regen Chemnitz. 769 N. 1 bedeckt Berlin 768 NNW 3 wolkig Wien 764 W 4 Regen Breslau 764 NNW 4Regen 16 Ile d'Aix.. 772 NO 4 wolkenlos Rizga 763 O 2 beiter Triest 764 SSO I wolkig
Uebersicht der Witterung.
Auch heut zeigt die Luftdruckvertheilung wenig Aenderung. Die Depression im Südosten scheint sich langsam auszugleichen. Die schwache, vor⸗ wiegend nördliche Luftströmung dauert bei meist kühler, im Westen vielfach heiterem, im Osten trübem Wetter fort. Breslau meldet 43, Prag 21, Krakau 21 mm Regen. ehies. Fas 8
Deutsche Seewarte.
——öööööNööö— Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Freitag: Opernhaus. 164. Vorstellung: Ein Maskenball. Oper in
Schauspielhaus. 169. Vorstellung. Haus Lange. “ in 4 Aufzügen von Paul Heyse. Anfang r. Sonnabend: Opernhaus. 165. Vorstellung. Tristan und Isolde in 3 Akten von Richard Wagner. (Isolde: Frl. Malten, Königl. Sächsische Kammersängerin, als Gast.) Anfang 6 ½ Uhr. Schauspielhaus. 170. Vorstellung. Die Quitzow’s. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.
Beutsches Theater. Freitag: Das Winter⸗ märchen.
Sonnabend: Der Compagnon
Sonntag: Das Wintermärchen.
; w —2 Berliner Theater. Freitag: 1. Abonnements⸗ Vorstellung. Maria Stuart. Sonnabend: Hamlet. Sonntag: Maria Stuart.
Tessing-Theater. Freitag: Die Ehre. Schau⸗ pier. in 4 Akten von Hermann Sudermann. Anfang r. Sonnabend: Zum ersten Male: Margot. Lust⸗ spiel in 3 Akten von Henri Meilhac.
Wallner-Theater. Freitag: Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac und A. Millaud. Musik von M. Hervé Anrang der Vorstelluna 7 ¼ Uhr.
Sonnabend und die folgenden Tage: Mamsell Nitonche. 8
Bictoria-Theater. Freitag: Zum 11. Male: Mit gänzlich neuer Ausstattung. Die Million oder Vivat Imperator. Modernes Ausstattungs⸗ stück in 12 Bildern von Alex. Moszkowski und Rich. Nathanson. Musik von C. A. Raida. Ballet von Gredelue. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Direktion: Julius Fritzsche. Freitag: Zum 14. Male mit durchaus neuer Austattung: Die Puppenfee. Pantomimisches Divertissement von Feßsreiher und Gaul. Musik von Jos. Beyer.
rrangirt von J. Haßreiter, K. K. Hofballetmeister aus Wien. Dirigent: Hr. Kapellmeister Knoll.
Vorher: Neu einstudirt: Leichte Kavallerie.
Komische Operette in 2 Akten von C. Costa. Musik von Fr. von Suppé. Regie: Hr. Binder. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann.
Sonnabend: Die Puppenfee. Vorher: Leichte Kavallerie. 8 1“
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten ⸗ burg. Freitag: Zum 119. Male: Marquise. Lustspiel in 3 Akten von Sardou. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Die neuen Deko⸗ rationen sind aus dem Atelier der Herren Hartwig, Hinze u. Harder. Anfang 7 ½ Uhr. 1
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Kroll's Theater. Freitag: Das Glöckchen des Eremiten.
Bei guünstigem Wetter vor und nach der Vor⸗ stellung, Abends bei brillanter elektr. Beleuchtung des Sommergartens Großes Concert, Anfang 5 ½, der Vorstellung 7 Uhr.
Sonntag, den 14. September: Schluß der Opern⸗ Saison. .
Belle-Alliance-Theater. Freitag: Zum 18. Male: Der Dorfteufel. Dorfkomödie in 3 Abtheilungen und einem Vorspiel von Ferd. Nes⸗ müller. In Scene gesetzt vom Direktor Sternheim.
Im prachtvollen Sommergarten: Großes Elite⸗ Concert. Auftreten sämmtlicher Spoezialitäten. Brillante Illumination des ganzen Garten⸗Etablisse⸗ menna. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung
r. 1“
Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Adolph Ernst-Theater. Freitag: Zum letzten Male: Der Goldfuchs. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leop. Ely. Couplets theilweise von G. Eörß. Musik von Franz Roth. Anfang 7 ½ Uhr.
Sonnabend: Zum 1. Male: Unsere Don Juans. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph Ferron.
Der Billet⸗Vorverkauf findet von heute ab an der Theater⸗Kasse statt.
Thomas-Theater. Sonnabend, den 6. Sep⸗ tember 1890: Eröffnungs⸗Vorstellung. Fest Ouverture von Gustav Steffens. Zum ersten Male: Der Alpenkönig und der Menschenfeind. Romantisches Volksmärchen in 3 Akten von Ferdinand Raimund,
Musik von Wenzel Müller. In Scene gesetzt vom
Ober⸗Regisseur August Kurz; die vollständig neue Ausstattung an Dekorationen von Lütkemayer in
Coburg. Anfang der Vorstellung um 7 ½ Uhr.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglich Vorstellung im “ Theater. Näheres die Anf zettel.
Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Magdalene Treibmann mit Hrn.
Pastor Philipp Anger (Borna — Kaufingen b. Penig).
— Frl. Marie Schubert mit Hrn. Julius Pemp (Chemnitz — Komotau).
Verehelicht: Hr. Wilhelm Schill mit Frl. Hedwig Schmidt (Friedrichsroda — Schnepfenthal). — Hr. Heinrich Kahlhoefer mit Frl. Martha Haase (Redenhütte — Kattowitz). — Hr. Dr. med.
Emil Hoepner mit Frl. Doris Wilfferodt (Leipzia).
— Hr. Max Wittig mit Frl. Martha Pehah (Löbau i. S.). — Hr. Max Griese mit Frl.
Hedwig Müller (Berlin). — Hr. Dr Konrad
Fröhlich mit Frl. Martha Koepke (Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Könial. Reg.⸗ Baumeister Kette (Breslau). — Hrn Dr. Boen⸗ ninghaus (Breslau). — Hrn. Adolf Hartmann (Hannover). — Eine Tochter: Hrn. Karl Peters (Berlin). — Hrn. Betriebs⸗Inspektor Buff (Berlin). — Hrn. Realgymnasiallehrer Otto Scheffers (Meiningen)n). — Hrn. Walter Scott (Timnikswalde).
Gestorben: Hr. Edmund Baltzer (Berlin). — r. stud. med. Edwin Fahr (Berlin). — Frau lise Voß, geb. Schwanbeck (Friedrichsthal bei
Schwerin). — Frau Vally Hagemann, geb. Richter (Blankenburg a. Harz). — Hr. Julius Lotze (Berlin). — Hr. Wilhelm Richter (Berlin). — Hr. Julius Lüder (Berlin).
Redacteur: Dr. H. Klee. Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗ Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
eichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 4. September
—
Rekursentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts.
(371.) Ein Verletzter hatte sich auf Veranlassung der Berufs⸗
genossenschaft nach beendigtem freiwillig einer Operation
unterzogen, die völlige Durchfübrung der ärztlichen Behandlung aber durch eigenmächtige grundlose Entfernung aus dem Krankenhause ver⸗ eitelt und dadurch das Maß der ihm demnächst verbliebenen Erwerbs⸗ fähigkeit in einem bestimmten, vom bebandelnden Arzte geschätzten Grade beeinträchtigt. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat im Anschluß an seine Entscheidung 752 („Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 358) durch Rekursurtheil vom 2. Juni 1890 ausgesprochen, daß der Verletzte, nachdem einmal durch die Vornahme der Operation das Heilverfahren wieder eröffnet worden war (§. 7 des Unfall⸗ versicherungsgesetzes), verpflichtet gewesen wäre, die Durchführung des⸗ selben im Krankenhause abzuwarten. Demgemäß wurde nach den aus den Entscheidungen 500 und 610 („Amtliche Nachrichten des R.⸗ V.⸗A.“ 1888 Seite 196 und 333) ersichtlichen Grundsätzen bei Be⸗ messung der Rente derjenige Theil der Erwerbsunfähigkeit außer Be⸗ tracht gelassen, welcher nach begründeter ärztlicher Schätzung auf das ordnungswidrige Verhalten des Verletzten zurückgeführt werden konnte.
.(872.) Einem verletzten Arbeiter war in der ersten Woche nach Eintritt des Unfalls von dem behandelnden Krankenkassenarzte empfohlen worden, im Interesse einer möglichst vollständigen Heilung eine angeblich gefahrlose Operation an sich vornehmen zu lassen, was der Verletzte indessen ablehnte. Als die Be⸗ rufsgenossenschaft lange nach Beendigung des Heilverfahrens hiervon “ erhielt, entzog sie dem Verletzten die bis dahin bewilligte Rente besonders aus dem Grunde, weil anzunehmen sei, daß, wenn der Verletzte seiner Zeit die Operation hätte vor⸗ nehmen lassen, inzwischen eine erhebliche Erhöhung seiner Erwerbs⸗ fähigkeit eingetreten sein würde. Nachdem das Schiedsgericht die frühere Rente wiederhergestellt hatte, hat das Reichs⸗Versicherungs⸗ amt mittelst Entscheidung vom 9. Juni 1890 den Rekurs der Berufsgenossenschaft zurückgewiesen. Die Unterwerfung unter die in Rede stehende ärztliche Maßregel ist dem Kläger nicht nach Ein⸗ tritt der Fürsorgepflicht der Berufsgenossenschaft von einem zuständigen genossenschaftlichen Organ abverlangt, sondern nur beiläufig vom Arzt zu einer Zeit nahe gelegt worden, als die Beklagte einen ent⸗ scheidenden selbständigen Einfluß auf den Fortgang des Heilverfahrens zu nehmen an sich gesetzlich noch nicht berechtigt war und sich denselben auch nicht durch etwaige Herbeiführung eines Einverständ⸗ nisses mit der betheiligten Krankenkasse gesichert hatte. Dabei kann es dahin gestellt bleiben, welche Folgen daraus herzuleiten sein möchten, wenn die Beklagte im Wege des Einvernehmens mit der betheiligten Krankenkasse (zu vergleichen „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1887 Seite 55, Rekursentscheidung 552, ebenda 1888 Seite 284 oben, 1889 Seite 133, Bescheid 756, ebenda Seite 361) schon während der ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall einen wirksamen Einfluß auf die Gestaltung des Heilverfahrens gewonnen und alsdann den Kläger, unter Belehrung desselben über die nach⸗ theiligen Folgen einer etwaigen Weigerung, zur Duldung der opera⸗ Maßnahme — deren Zulässigkeit vorausgesetzt — aufgefordert ätte.
„ 6873.) Das Reichs⸗Versicherungsamt hat auf den Rekurs einer Berufsgenossenschaft mittelst Entscheidung vom 3. Februar 1890 ausgesprochen, daß die dem Heilzweck nicht dienliche, eher schädliche Behandlung durch Kurpfuscher einen Einfluß auf die Höhe der Rente nicht hat, wenn der Verletzte ohne vorsätzlich⸗gesetzwidriges Verhalten, in guter Absicht und seiner Einsicht entsprechend, der in manchen Gegenden verbreiteten, wenn auch nicht zu billigenden Gewohnheit folgend, bei Arm⸗ oder Beinbrüchen, Verrenkungen und ähnlichen Verletzungen die Behandlung durch einen Kurpfuscher derjenigen durch einen approbirten Arzt vorzieht. Dies war auch die Meinung des Reichs⸗Versicherungsamts bei dem Bescheide 130, „Amtliche Nach⸗ richten des R.⸗V.⸗A.“ 1886 Seite 17 und in den Rekursentscheidungen 2 8 610, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1886 Seite 196 und 333. 8
(874.) Ein Arbeiter, welcher durch einen Betriesunfall einen Beinbruch erlitten hatte, brach nach einiger Zeit, als der Knochen⸗ bruch zwar verheilt, das Bein jedoch noch nicht wieder vpöllig ge⸗ brauchsfähig geworden war, das Bein in Folge eines Falles auf ebener Erde außerhalb des Betriebes von Neuem, und zwar genau an der alten Stelle. Nachdem es durch die ärztlichen Gutachten als sehr wahrscheinlich hingestellt worden war, daß die Schwäche und ge⸗ minderte Widerstandsfähigkeit der alten Bruchstelle zur Herbeiführung des neuen Bruchs wesentlich beigetragen hatte, hat das Reichs⸗ Versicherungsamt durch Entscheidung vom 3. März 1890 die betheiligte Berufsgenossenschaft auch für die Folgen des neuen Unfalls entschä⸗ digungspflichtig erklärt, da der ältere Betriebsunfall als mitwirkende Ursache für dessen Herbeiführung angesehen werden mußte. In dem der Entscheidung 462 („Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 83) zu Grunde liegenden Falle fehlte es an einem derartigen ursächlichen Zusammenhange zwischen der früheren und der späteren Verletzung.
(875.) Aus Anlaß der Beschwerde eines zur Selbstversicherung verpflichteten Baugewerbetreibenden hat das Reichs⸗Versicherungsamt am 25. Juni 1890 beschlossen, daß aus den allgemeinen im Wesentlichen auch hier zutreffenden Gründen des Bescheides 616 („Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 335) die Prämien der selbstversicherungs⸗ pflichtigen Gewerbetreibenden nachträglich nur für das dem laufenden Jahre vorhergehende Kalenderjahr von den Versicherungsanstalten der Baugewerks⸗Berufsgenossenschaften beansprucht werden dürfen. Dar Wahrung dieser Frist genügt es, wenn der Vorstand bis zum 31. De⸗ zember des laufenden Jahres dem Gewerbetreibenden die Höhe der von ihm für das Vorjahr zu zahlenden Prämie bekannt giebt und ihm dabei eröffnet, daß dieselbe in die Heberolle für das letzte Vierteljahr des laufenden Jahres werde eingestellt werden.
(878.) In einem Kreise ist es üblich, daß die größeren Grund⸗ besitzer an landwirthschaftliche Arbeiter (sogenannte Heuerleute) auf ihren Bauernstellen Wohnungen nebst etwas Ackerland gegen geringe Pacht und mit der Verpflichtung vergeben, auf dem Bauernhofe gegen billige Vergütung mit Handdiensten im landwirthschaftlichen Betriebe des Verpächters Hülfe zu leisten. Um sich einen Nebenverdienst zu beschaffen, arbeiten diese Heuerleute auch als landwirthschaft⸗ liche Tagelöhner bei Anderen oder führen Baureparaturen an landwirthschaftlichen Gebaäuden ohne Gehülfen aus. Sie arbeiten gegen Tagelohn, zuweilen anch gegen Akkordlohn, und es werden der Regel nach die Materialien von den Gebäude⸗ besitzern geliefert. Die Heuerleute arbeiten durchschnittlich in dieser Weise nicht mehr als fünfzig Tage im Jahre. In Uebereinstimmung mit dem Vorstande der zuständigen landwirth⸗ schaftlichen Berufsgenossenschaft und im Anschluß an den Bescheid 701, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 194, hat das Reichs⸗Versicherungsamt unter dem 25. Juni 1890 entschieden, daß diese Heuerleute bei den erwähnten Bauarbeiten der Regel nach als
beiter der Gebäudebesitzer anzusehen und daher gemäß §. 1 Absatz 4
des vEöö bei der zuständigen landwirthschaft⸗ lichen Berufsgenossenschaft versichert sind. Ihrer im Wesentlichen wirthschaftlich abhängigen Stellung würde es nicht entsprechen, wenn man sie bei der Ausführung der Baureparaturarbeiten als selbst⸗ ständige Gewerbetreibende und Unternehmer behandelte. Soweit sie in Tagelohn oder für Lohnzahlungen nach Aufmaß arbeiten, „sind sie lediglich Tagelohn⸗ oder Akkordarbeiter der Gebäudebesitzer. Aber auch dann, wenn ihnen einmal eine Arbeit in Pausch und Bogen aufgetragen ist, erscheint die Ge⸗ sammtsumme des hieraus fließenden Verdienstes regelmäßig nur als ein Entgelt für die bei der eigentlichen Bauarbeit oder für deren Vorbereitung aufgewendete Arbeitszeit und Arbeitsleistung unter Einschluß des Werthsersatzes für das etwa ausnahmsweise von ihnen gelieferte Material. Ein Unternehmergewinn wird nicht erzielt.
Rundschau über den Getreidehandel im Monat Juli.
lebh Die Witterung des Juli hat den Getreidehandel nicht minder e
aft gehalten, als die des Vormonats, denn Regen hielt an, und der nicht mehr aufzuhaltende Schnitt des Roggens wurde bei nassem Wetter begonnen, da große Güter nicht über die Schnittreife hinaus warten können, und die kleineren Wirthschaften zur zeitigen Bergung der Roggenernte infolge des Strohmangels gezwungen waren; ein großer Theil unseres diesjährigen Roggens wurde daher feucht in die Scheune gebracht. Gegen Ende des Monats wurde die Witterung beständiger, und diejenigen Gegenden, die noch nicht ge⸗ schnitten hatten, konnten unter besseren Bedingungen ihr Korn einholen. Das Urtheil über die Roggenernte hat inzwischen durch die Erdruschresultate schon festere Gestalt gewonnen, entspricht aber nicht den frohen Hoffnungen, welche man früher gehegt hatte. Die starken Werthunterschiede, welche für den an den Markt kommenden neuen Roggen bezahlt werden, die zwischen 154 und 166 ℳ per Tounne schwanken, beweisen schon, wie verschiedenartig die Beschaffenheit aus⸗ fällt. In Folge der starken Garbenzahl ist der quantitative Ertrag allerdings größer als im Vorjahre, allein es muß abgewartet werden, ob nicht dieses Plus durch die Qualitätdifferenz ausgeglichen wird. Die jedenfalls zum Theil schlechte Beschaffenheit des Roggens wird um so fühlbarer, als die Vorräthe alter Waare, die zur Vermischung und Verbesserung des neuen Gewächses dienen könnte, vollständig ge⸗ räumt sind, und dasselbe in einem nie erlebten Maße auch Betreffs unserer russischen Roggenvorräthe der Fall ist. Später wird nun rus⸗ sische Zufuhr ja nicht ausbleiben, für die erste Zeit aber ist daran für Berlin und Mitteldeutschland wenig zu denken, da die Quantitäten, welche unterwegs sind, zumeist niederländischen, belgischen und skandi⸗ navischen Häfen zuschwimmen. Erschöpfung der Vorräthe alter Ernte herrscht auch in den Niederlanden und Schweden und Norwegen. Ueber die Roggenernte Rußlands liegen aus den südlichen Gouver⸗ nements meist günstige Berichte vor, im Nordosten und anscheinend auch im Norden sind dagegen die Meinungen weniger gut, da nord⸗ russische Getreidefirmen sich an den Terminmärkten für spätere Termine als spekulative Käufer zeigten.
Ueber Deutschlands Ernte in anderen Getreidearten läßt sich im Allgemeinen nur vermuthungsweise ein Urtheil fällen; immerhin ist anzunehmen, daß ähnliche Schäden wie bei Roggen weder beim Weizen, noch bei der Gerste, am allerwenigsten aber bei Hafer zu konstatiren sind. Besonders der letztere hat von der Witterung ganz ungewöhnlich profitirt, der Stand ist dicht, die Qualität nach bis⸗ herigen Erstlingsproben schwer, und die Hoffnungen sind allgemein derart geschwellt, daß der Konsum nur noch widerstrebend, und nur den täglichen Bedarf deckend, das alte Gewächs kauft. Auch für Weizen hat der Regen nicht soviel wie beim Roggen geschadet, wenn auch Lagerkorn sehr viel vorkommen wird, die seit Ende Juli herr⸗ schende warme Witterung aber auffallend genützt.
Unnter den Ernteberichten vom Auslande interessiren zunächst die⸗ jenigen Oesterreich⸗Ungarns. Nach den offiziellen Berichten sind die Erträge, welche bei meist schönem Wetter eingeheimst sind, trotz mancher Schäden durch Lagerfrucht und Rost, quantitativ und quali⸗ tativ recht befriedigend. Was bisher allerdings an die Märkte kam, hat keineswegs immer befriedigt. — Recht befriedigt von seiner Ernte ist diesmal Rumänien, und man rüstet sich zu einer flotten Konkurrenz gegenüber dem ungarischen und süd⸗ russischen Handel. Die Ernte Südrußlands in Winterweizen ist quantitativ eine recht große und man schätzt sie an Menge derjenigen von 1887 und 1888 mindestens ebenbürtig, wenn auch die Qualitäten mehrfach gelitten haben. Ueber Sommerweizen dagegen lauten die Berichte weniger günstig. Im Allgemeinen lauten übrigens die russischen Ernteberichte widersprechend, sodaß ein klares Urtheil über die Ernte des gesammten Rußlands noch aussteht. In West⸗ Europa ist die Witterung erst später als in den eben genannten Ländern der Weizenernte zu Hülfe gekommen. In Frankreich hat man wegen des Regenwetters, der die schnittreife Ernte traf, die Hoffnungen wesentlich herabstimmen müssen. Inzwischen haben sich die Aussichten seit Eintritt schönen Wetters wieder erheblich gebessert, zumal im Norden, wo der meiste Weizen überhaupt gebaut wird, die Ernte erst bevorsteht. — Weniger in die Wagschale fallend für den Weltmarkt sind in Bezug auf Mehrbedarf an Weizen die Mittheilungen aus England. n Gerste rechnet man in England wegen des Mangels an Wärme und Sonnenschein nicht auf schöne Farbe und feinschaliges Korn, doch hofft man bei günstigem Erntewetter auf eine — Aus den Berichten der Vereinigten Staaten
merikas ist viel Günstigeres als im Vormonat nicht herauszulesen. Ein Werth ist den ziffermäßigen Angaben über die Ernte nicht bei⸗ zumessen; zu entnehmen ist ihnen nur die Thatsache, daß Amerika eine wesentlich schlechtere Ernte als im Vorjahre hat. Von großer Bedeutung sind die gegen Schluß des Monats eingelaufenen Hiobs⸗ posten über die in Aussicht stehende schwache Maisernte in Folge von unzeitiger Dürre. Ein Aufhören der amerikanischen Maiszufuhr würde trotz guter Haferernte nicht ohne Einfluß auf den diesseitigen Futter⸗ markt bleiben. — Aus Indien liegt noch ein Abschlußbericht der dortigen Regierung über die Ernte vor, nach welchem 6 303 700 To. Weizen geerntet sind gegen 6 362 200 in 1888/89 und 7 259 300 im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, sodaß gegen letztere ein Minus von 955 400 To. konstatirt ist.
Im Getreidehandel hat für Weizen Amerika am Weltmarkt nicht mehr die leitende Stellung behauptet, welche ihr gewöhnlich im Monat Juli mehr noch als in anderen Monaten in früheren Jahren eigenthümlich war. Amerika hat Angesichts der theilweise guten südrussischen, der sehr befriedigenden ungarischen und rumänischen Ernte eine um so stärkere Konkurrenz der Exportländer in Aussicht, als auch West⸗Europa selbst guten Erträgen entgegensah und der verminderte Verbrauch für die neue Campagne nicht unwahrscheinlich war. Dies war der Punkt, um den sich die Aufmerksamkeit der amerikanischen Spekulation drehte. Zum Theil erklärt sich dies auch aus der unlustigen Betheiligung der sonst so wagemuthigen amerikanischen Spekulation. Wenn das Re⸗ sultat des Monats ein mäßiger Aufschwung der amerikanischen Preise ist, so darf dies zumeist den französischen ungünstigen Wetterberichten zugeschrieben werden, während die mehrfachen Klagen über die eigene Ernte erst in zweiter Reihe mitsprechen. 3
1890.
Die Verschiffungen betrugen von Weizen im Juli nach Europa: Quarters. 1890 1889 aus den atlantischen Häfen nach Großbritannien 328 000 156 000 5 „ dem Kontinent 168 500 81 500 aus Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 158 000 217 000 „ dem Kontinent 11 000 12 000
3 2 zusammen 665 500 466 500
Weizenmehl 8 Sack
6 1890 1889
nach Großbritannienn .566 000 637 000
o1.“
zusammen 649 500 667 500
„Indiens Ausfuhr von Weizen betrug im Juli nach Groß⸗
britannien 961 000 Quarters, nach dem europäischen Festlande
105 000 Quarters. Bisher sind die Hoffnungen, welche man bezüglich
des Exports an die letzte Ernte geknüpft hatte, trotz der schließlichen Ausfuhrsteigerung nicht ganz in Erfüllung gegangen.
Die Küstenplätze klagen über schwache Zufuhren, was der Ansicht Vorschub leistet, daß die letztjährige Ernte wohl eher noch schwächer gewesen, als die offiziellen Zahlen dies ausweisen.
Rußland hat aus alter Ernte noch ziemlich große Mengen dem Auslande zur Verfügung gestellt. Gegen⸗ über der Furcht vor einem vielleicht möglichen Preisdruck des frischen Getreides auf die Märkte fiel die Rubelhausse wenig ins Gewicht, doch dürfte dieselbe in der Zukunft sicher noch auf die Preis⸗ gestaltung am Weltmarkt einwirken. Thatsächlich besteht für Roggen zwischen Rußland und Deutschland kein Rendementsverhältniß mehr; dieser Zustand wird sich ändern müssen, bevor zwischen diesen beiden Ländern wieder ein regerer Verkehr entstehen kann. Die Ausfuhr Rußlands betrug in den 4 Wochen, welche mit dem 26. Juli enden: an Weizen 745 196 Quarters und an Roggen 410 515 Quarters.
In England herrschte während des Juli eine vorwiegend feste Haltung, die einerseits in ungünstigem Wetter und in Aussicht stehender Ernteverspätung, andererseits aber in stark abnehmenden Zufuhren der einheimischen Landwirthe begründet war. Dem gegen⸗ über waren die auswärtigen Weizenankäufe zeitweise sehr bedeutend, waren aber meist schnell vergriffen, da neben dem großen eigenen Bedarf auch das Festland, besonders Frankreich, australischen und kalifornischen feinen Weizen stark kaufte. Von Mehl waren die Zufuhren nur mäßig, die englischen Müller gelangten daher wieder in bessere Position; auch Ungarn konnte neue Abschlüsse nach Großbritannien machen. Zum Schluß des Monats richteten sich die englischen Anfragen wegen Mehllieferung auch nach den Niederlanden. Die Einfuhr Groß⸗ britanniens und Irlands betrug in den vier Juliwochen an Weizen 5 755 046 Ctr. und an Weizenmehl 868 617 Ctr. — Es schwammen von Weizen und Weizenmehl 8
Anfang Juli Ende Juli
1I1I1X4“*“” 2 165 000 o““ 631 000 584 000 zusammen 3 046 000 2 749 000 gleichzeitig 1889 8 1 937 000 2 144 000 V 1111111“ 605 000
In Frankreich hat sich die schon früher konstatirte schwache Versorgung der Märkte mit einheimischem Gewächs in einer Weise verschärft, daß die verstärkte Hülfe des Auslandes in zunehmendem Maße in Anspruch genommen werden mußte. Da neue direkte An⸗ käufe in den Exportländern nicht rechtzeitig eintreffen konnten, so wurden neben diesen in London größere Abschlüsse schwimmender, ursprünglich für England bestimmter Waare gemacht, und auch von den an der englischen Küste angekommenen Dampfern ein Theil acquirirt. Die vorherige Sorglosigkeit in der Deckung eigenen Bedarfs hatte sich auf die Erwartung eines frühzeitigen Erscheinens neuen Gewächses gestützt, und als diese getäuscht und auch die früher so günstige Ernte⸗ hoffnung überhaupt herabgestimmt wurde, da zeigte der französische Markt seit langer Zeit zum ersten Male wieder größere Anregung Belgien stand in seiner Tendenz unter dem Einfluß der eben ge⸗ nannten Länder. Antwerpen hatte einen regen Bedarf des nach dort gravitirenden Gebiets zu vermitteln und dasselbe läßt sich für die Häfen der Niederlande sagen. In letzterem Lande spielte namentlich Roggen eine bedeutende Rolle, man bewilligte daselbst Preise für die russischen Abladungen, welche die Gebote Deutschlands wesentlich übertrafen und Letzterem die Zufuhr fast ganz abschnitten. — In Oesterreich⸗ Ungarn hat sich bisher der Export noch nicht sonderlich entwickelt, obwohl Wien und Pest ihre Course durch zeitweise starkes Herabsetzen möglichst den auswärtigen Preisverhältnissen anzupassen suchten. Man rechnet erst darauf, wenn feinere Qualitäten, die bisher erst vereinzelt auf den Märkten erscheinen, von den Produzenten zur Anfuhr gelangen werden. Die alten Bestände sind ganz außerordentlich gering.
In Deutschland haben gleichfalls die knappen Vorräthe die Situation im Juli wesentlich verschärft, was im Geschäftsgange des Berliner Marktes deutlich zum Ausdruck gelangte. Hier herrschte Weizen per Juli noch ein starkes Hausse⸗Interesse in kräftiger Hand vereint, während die Lieferungsverpflichtungen sich auf sehr viele Firmen vertheilten. Die Haussepartei hielt wohl auf hohe Preise, machte es im Ganzen aber der Baisse nicht schwer, von ihr Rückdeckung zu erhalten, namentlich so lange die Möglichkeit vorlag, vom Auslande noch rechtzeitig Waare heranzuziehen. Allein die Baisse war sorgloser, als die täglich mahnende Berichterstattung; so kam denn per Juli die Steigerung bis 231 ℳ, das war 30 ℳ über Augusttermin, und nur von dem Belieben der Empfänger hätte es abgehangen, die Forderungen noch wesentlich höher zu steigern. Zwar hatte eine sächsische Firma noch einen größeren Posten zur An⸗ kündigung nach hier gesandt, allein zumeist war die Waare nicht kontraktlich und die Absender hatten neben den Transportkosten noch die hohen Regulirungspreise zu bewilligen. Die starke Differenz zwischen Juli und August hatte dem letzteren gleichfalls vermehrte Aufmerksamkeit zugelenkt. Spätere Sichten gingen mit den vorderen Monaten in der Werthsteigerung nur wenig mit, da sich die Hoffnung einer guten Weizenernte erhielt, immerhin haben sie ihren Werthstand im Juli eher etwas verbessert.
Roggen zog in vollstem Maße die Konsequenzen der Sachlage, wie sie im Junibericht geschildert wurden. Die Knappheit der Waare hielt nicht nur an, sie stieg bis zur völligen Erschöpfung der Bestände, und die Mühlen waren nicht im Stande, das nöthige Rohmaterial zur Aufrechterbhaltung des vollen Betriebes zu erlangen. Russische Zufuhr war sehr schwach, inländisches Gewächs kam in alter Waare fast gar nicht mehr heran und in neuer gegen Monatsschluß nur ver⸗ einzelt und in meist feuchter Beschaffenheit. Unter diesen Verhält⸗ nissen war es ein Glück, daß per Juli keinerlei Interesse bestand, da sicher hierbei die Sachlage sich noch prekärer gestaltet hätte, als bei Weizen. Um so reger entwickelte sich der Handel in anderen Terminen. Die Provinzkundschaft war wenigstens zum Theil zur Ueberlegung der Gefahr gekommen, An- gesichts des Wartens auf die neue Waare, die in den ersten Monaten
jede Zufuhr in den Konsum verschwinden lassen muß, und Angesichts der täglich sich mehrenden Enttäuschungen im Erdrusch, per Herbst in so außerordentlich starker Weise à la baisse engagirt zu sein; sie ging mit starken Deckangen vor, gleichzeitig aber betheiligte sich die Platz⸗ spekulation sehr stark à la hausse und das Resultat war eine nicht unerhebliche Steigerung der Preise. 3