Ueber das oben erwähnte Fest, welches zu Ehren Ihrer Majestäten Abends von der Provinz gegeben wurde, liegt folgende Mittheilung vor:
Ihre Majestäten wurden an dem Eingange des Stände⸗ hauses von dem Herzog und der Herzogin von Ratibor und anderen Herrschaften des hohen schlesischen Adels empfangen. Beim Souper saß Se. Majestät gegenüber dem Herzog von Ratibor und Ihre Majestät die Kaiserin gegen⸗ über dem Ober⸗Präsidenten Dr. von Servdewitz. Neben Ihrer Majestät der Kaiserin saß der Herzog von Ujest, neben Sr. Majestät dem Kaiser die Herzogin von Ratibor. Während des Abends unterhielt sich Se. Majestät längere Zeit mit dem Fürstbischof Dr. Kopp. Während der Tafel erbat sich von Sr. Majestät der des Provinzial⸗Landtages, Herzog von Ratibor, das Wort zu folgender Ansprache:
„Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster, Allergnädigster Kaiser, König und Herr! Alllrdurchlauchtigste, Großmächtigste, Aller⸗ gnädigste Kaiserin, Königin und Frau! 1
Erlauben Ew. Majestäten, daß ich im Namen der Provinzial⸗ vertretung unsern allerunterthänigsten Dank aussprechen darf dafür, daß Ihre Majestäten unser heutiges Fest mit Ihrer Gegen⸗ wart beehrt haben. Besonders freudig bewegt sind wir dadurch, daß Ibre Majestät die Kaiserin auch dem Fest beiwohnten, Ihre Majestät, welche ihre früheste Jugend in unserer Provinz zu⸗ gebracht hat, und die wir mit Stolz zu den Unserigen rechnen. In unserer tiefsten Ehrfurcht sind wir gewiß so groß wie jede andere Provinz, und in dieser Beziehung stehen wir keiner Provinz nach. Ich ersuche daher die verehrten Anwesenden, mit mir einzustimmen in den Ruf: „Se. Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin leben hoch!“ 18
Darauf erhob Sich Se. Majestät der Kaiser und sprach, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Worte:
„Mein lieber Herzog! Ihnen und der gesammten Ver⸗ tretung dieser Provinz spreche Ich Meinen herzlichsten Dank und den Dank der Kaiserin aus für das Fest, das Sie Uns heute geben und für die freundlichen Worte, die Sie zu Uns gesprochen haben. Ein lange ersehnter Herzenswunsch Meiner Frau ist erfüllt, und Sie ist freudig bewegt, endlich einmal in der Provinz Schlesien sein zu können, in der Sie Ihre Kindheit und Jugend voll der schönsten Erinnerungen verlebt hat. Blicken wir in die Geschichte unseres Landes zurück, so giebt es wohl kaum eine Provinz, die so eng und fest mit Unserem Hause verbunden ist, wie gerade die hiesige. Wenn Ich zurückdenke an den Weg von Tilsit und Memel bis Breslau, an die Zeit Meines Hochseligen Herrn Großvaters und Herrn Urgroß⸗ vaters, an jene Zeit der tiefsten Erniedrigung bis zu der Zeit der ersten Erhebung und von der Zeit der ersten Erhebung fort bis jetzt, so ist gerade die Provinz Schlesien ein leuchtendes Beispiel der Tugenden, der Treue, der Hingebung, der Tapferkeit bis zum Tode. Daß diese Gesinnung in der Provinz auch heute waltet, daß sie fortlebt und sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbt, das weiß Ich, und dafür bürgt die Geschichte dieser Provinz, und Ich hege die feste Ueber⸗ zeugung, diese Gesinnung wird stets den Edelstein in der Krone dieser schönen Provinz bilden. Ich erhebe Mein Glas und trinke es auf das Wohl und Gedeihen der Mir so theuren Provinz Schlesien. Sie
lebe hoch! hoch! hoch!“
Heute Vormittag 8 Uhr 30 Minuten führ ö 11“1“”“ öniglichen Schlosse aus. 8 11u“
Die heutige Parade über das VI. Armee⸗Corps wurde befehligt von dem kommandirenden General, General der Artillerie von Lewinski I. und aus zwei Treffen gebildet.
In dem ersten Treffen standen: Die 11. Division (General⸗Lieutenant von Schaumann), bestehend aus der 21. und 22. Infanterie⸗Brigade (General⸗Major von Bogus⸗ lawski und General⸗Major Stieler von Heydekampf); die 12. Division (Königlich württembergischer General⸗Lieutenant von Grävenitz), bestehend aus der 23. und der 24. Infanterie⸗ Brigade (General⸗Major von Legat und General⸗Major Johannes); ferner das 2. Schlesische Jäger⸗Bataillon Nr. 6, das Fuß⸗Artillerie⸗Regiment von Dieskau (Schlesisches) Nr. 6 und das Schlesische Pionier⸗Bataillon Nr. 6.
Im zweiten Treffen standen die 10., 11. und 12. Kaval⸗ lerie⸗Brigade (General⸗Majors von der Decken, von Merckel und von Zastrow), die 6. Feld⸗Artillerie⸗Brigade (General⸗ Major Küper) und das Schlesische Train⸗Bataillon.
Bei der Ankunft auf dem Paradefelde ritt Se. Majestät der Kaiser zunächst die Front der beiden Treffen ab. Ihre Majestät die Kaiserin folgte zu Wagen; später fuhr Allerhöchstdieselbe die Front der aufgestellten Kriegervereine entlang. Des eingetretenen Regens wegen erfolgte nur ein einmaliger Vorbeimarsch der Truppen. Die Infanterie war in Regimentskolonnen formirt, die Kavallerie und Artillerie passirte in Schwadrons⸗ und Batteriefront im Schritt. Se. Majestät der Kaiser führte das Leib⸗Kürassier⸗Regiment Großer Kurfürst Nr. 1, dessen Uniform Allerhöchstderselbe trug, Ihrer Majestät der Kaiserin vor. Nach beendeter Parade trat Ihre Majestät die Kaiserin, von Allerhöchstihrer Leibgarde eskortirt, den Rückweg nach dem Königlichen Palais an. Se. Majestät der Kaiser hielt auf dem Paradefelde die Kritik ab und kehrte sodann an der Spitze der von den Leib⸗Kürassieren gestellten Standarten⸗Schwadron und der Fahnen⸗Compagnie nach der
Stadt zurück.
Die „Schlesische Zeitung“ begrüßt das Herrscherpaar bei seiner Ankunft in Schlesien mit folgenden Worten: „Schlesien gehört nicht zu dem alten Besitz des Hauses Hohen⸗ zollern. Wohl aber bildet die Erwerbung Schlesiens den bedeutungs⸗ vollsten Markstein in der Entwickelungsgeschichte unseres Staates. Mit sicherem Blick erkannte einst Friedrich der Große, daß der Besitz Schlesiens die nothwendige Vorbedingung sei, um dem kleinen Preußen eine Großmachtstellung zu erringen. Die Geschichte hat dem großen König Recht gegeben. Das Blut, welches in dem Kampf gegen eine Welt von Feinden vergossen werden mußte, ehe es ihm gelang, unsere Provinz dauernd für Preußen zu gewinnen, war nicht vergebens eflossen. Der Augenblick, in welchem der preußische Aar seine scütenden Schwingen über die Gefilde Schlesiens breitete, bildet den Ausgangspunkt derjenigen Entwickelung unseres Staatswesens, die mit der Neuerrichtung des Deutschen Reichs ihren glorreichen Abschluß efunden hat. Unserem Kaiserlichen Herrn werden also bei seinem Besuch in unserer Provinz auf Schritt und Tritt historische Erinne⸗ rungen entgegentreten, welche auf die Zeit verweisen, in welcher der Grundstein zur Weltmacht seines Hauses und unseres Staates gelegt worden ist. Schnell und vollständig hat sich Schlesien als ein Glied unseres König⸗
reichs fühlen gelernt. An patriotischer Begeisterung und Hingabe für Preußen und sein Herrscherhaus steht es keiner Provinz nach. Wo es den Kampf für Preußens Macht und Ehre galt, ist das Blut der Söhne Schlesiens stets in vorderster Reihe freudig vergossen worden. So soll es bleiben für alle Zeit. Das geloben wir heute aufs Neue. Die Hingebung an Thron und Vaterland wird sich bei uns forterben von Geschlecht zu Geschlecht, und immer wird in den Hervren der Schlesier der Ruf begeisterten Widerball finden, den wir eute erheben, der Ruf: „Gott schütze, Gott erhalte den Kaiser, unseren König und sein ganzes Haus!“
Von den Begrüßungsartikeln der schlesischen Provinzial⸗ presse heben wir denjenigen der Schweidnitzer „Täglichen Rundschau“ hervor: 11“ 8
„Als vor Monaten die Kunde in unser heimathliches Land drang, Kaiser Wilhelm II. werde demnächst eine Heerschau über das V. und VI. Armee⸗Corps halten und dabei von seiner erlauchten Gemahlin, der Kaiserin Auguste Victoria begleitet sein, da waren alle Herzen mit Jubel erfüllt. Die Liebe und Treue zu unserem Hohenzollern⸗ bause ist allezeit eine der ersten und vornehmsten Tugenden des Schlesiervolks gewesen und der Empfang, der heute unserem Kaiser⸗ paare in Breslau zu Theil werden wird, wird von Neuem bestätigen, daß die Bewohner unserer heimathlichen Provinz nie aufhören werden, jene Tugenden zu bethätigen. Kaiser Wilbelm II., der Enkel des ruhmgekrönten Kaisers Wilhelm I., der Sohn des berrlichen Kaisers Friedrich III., kennt gleich seinen glorreichen Vorfahren keine andere Aufgabe, als sein Volk auf dem Wege des glücklich zu machen; in der Erstrebung dieses großartigen Ziels kennt der in der Vollkraft der Jahre stehende Monarch keine Mühen und Schwierigkeiten; bald an den Fürstenhöfen des Südens, bald an denen des Nordens und des Ostens sucht der im Dienst des Weltfriedens unaufhörlich thätige Herrscher Bande der Freundschaft anzuknüpfen, um dadurch seinem Lande die Seg⸗ nungen einer fortdauernd gedeihlichen inneren Entwickelung zu er⸗ möglichen. In allen diesen Bestrebungen findet der segensreich wirkende Fürst eine treue Stütze an seiner erlauchten Gemahlin. Während der Kaiser bald in der Heimath, bald in der Ferne zum Heile seines Volkes eine große Mission ausführt, sehen wir die Kaiserin in der Stille als eine echte deutsche Frau wirken. Die unbegrenzte Liebe, das unerschütterliche Gottvertrauen, die Hingabe für alles Gute und Schöne haben das deutsche Kaiserpaar unserem Volk so nahe gebracht. Mag es auch manchmal scheinen, als drohe uns ein innerer Feind, wir hegen die feste Zuversicht, daß das deuntsche Volk das Wohlwollen des durch herrliche Tugenden ausgezeichneten Herrscherpaares verstehen und es stets als seine erste Pflicht ansehen wird, unverbrüchlich festzuhalten an dem Gelübde der Liebe und Treue zu Kaiser und Reich. Der vieltausendstimmige Jubel, der heute in Breslau zum Himmel emporsteigt, er kemmt aus der Seele des Volks. Möchten unserem Kaiserpaare, das ist der Wunsch, der uns beseelt, die in Schlesien verlebten Tage einen an⸗ genehmen Eindruck mitgeben, möchten sie begünstigt sein von dem rechten Kaiserwetter, möchten sie nach allen Richtungen hin einen be⸗ friedigenden Verlauf nehmen.“
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ hat der Ober⸗ Präsident von Schleswig⸗Holstein von Steinmann in Kiel heute einen Erlaß Sr. Majestät des Kaisers und Königs veröffentlicht, in welchem Allerhöchstderselbe Seiner und Ihrer Majestät der Kaiserin lebhaften Befriedigung und warmen dankenden An⸗ erkennung für die vielfachen Aufmerksamkeiten und Kund⸗ gebungen treuer Ergebenheit während des Aufenthalts Ihrer Majestäten in Schleswig⸗Holstein Ausdruck gibvbt.
Die Erledigung der Geschäste für die ostafrikanische Schutztruppe, welche bisher von dem Königlichen Premier⸗ Lieutenant d. L. Berthold hier, Wilhelmstraße 98, bearbeitet wurden, wird von jetzt ab der Kolonial⸗Abtheilung des Auswärtigen Amts obliegen. Hr. Berthold ist dieser Abtheilung beigegeben worden. Die nach den bisherigen Bestimmungen an den hiesigen Vertreter des Reichskommissars für Ost⸗Afrika zu richtenden Eingaben sind in Zukunft der Kolonial⸗Abtheilung des Auswärtigen Amts einzureichen.
Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten hat mit Ermächtigung des Reichskanzlers die Einfuhr von
lebenden Schweinen aus Steinbruch und Bielitz⸗ Biala über Oderberg und Dzieditz in den Berliner Schlacht⸗ viehhof widerruflich gestattet, nachdem auf dem letzteren die zur Isolirung der eingeführten Schweine erforderlichen Ein⸗ richtungen getroffen sind. Die Bedingungen der Einlassung ꝛc. werden von dem Regierungs⸗Präsidenten zu Oppeln und dem hiesigen Polizei⸗Präsidenten bekannt gemacht werden.
Der General⸗Lieutenant Jacobi, Inspecteur der Feld⸗ Artillerie, hat sich zur Theilnahme an den Manövern des V. und VI. Armee⸗Corps nach Schlesien begeben.
In der 8 Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird eine Zusammenstellung der versteuerten Rübenmengen sowie der Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im deutschen Zollgebiet im Monat August 1890 veröffentlicht.
8
Bayern.
München, 12. September. Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent wird, der „Allg. Ztg.“ zufolge, Anfangs der nächsten Woche nach München zurückkehren, um sodann den Manövern des II. Armee⸗Corps bei Hartershofen beizuwohnen. Zu diesem Zwecke wird der Prinz⸗Regent am 17. d. M. mittels Sonderzuges nach Hartershofen sich begeben, von dort an demselben Tage Nachmittags hierher zurückkehren und am 18. September Nachmittags zur Fortsetzung der Hochgebirgs⸗ jagden von München nach Hinterstein im Algäu abreisen. Se. Königliche Hoheit der Prinz Ludwig begiebt sich morgen nach Schlesien, um auf Einladung Sr. Majestät des Kaisers der Parade über das V. Armee⸗Corps beizuwohnen.
Sachsen.
Dresden, 12. September. Se. Majestät der König traf, wie wir dem „Chem. Tagbl.“ entnehmen, gestern Abend 8 ½ Uhr in Chemnitz ein und wurde am Bahn⸗ hofe von den Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörden empfangen. Unter dem Läuten sämmtlicher Glocken und den begeisterten Hochrufen des zahlreich versammelten Publikums erfolgte die Einfahrt in die Stadt. Vor dem „Römischen Kaiser“, dem vra- ve. Sr. Majestät, wurde sodann von der städtischen Kapelle dem König eine Serenade dar⸗
gebracht.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg hat sich, wie das „Dr. J.“ meldet, gestern früh nach Breslau begeben, um in seiner Eigenschaft als General⸗Inspecteur den bis zum 20. September dauernden Manövern des zur 2. Armee⸗ gehörenden V. und VI. Armee⸗Corps beizuwohnen.
hre Königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde ist am Mittwoch zum Besuch der Fürstlich Hohenzollern'schen Herrschaften nach der Weinburg abgereist.
Württemberg. 8 Stuttgart, 11. September. Der Geburtstag Ihrer Majestät der Königin wurde nach dem „St.⸗A. f. W.“ überall festlich begangen. Hier waren die She. und Privat⸗ gebäude mit württembergischen „deutschen und russischen Fahnegn geschmückt. In der griechischen Kapelle des Schlosses and Vormittags ein Festgottesdienst statt. 8
Baden.
Karlsruhe, 10. September. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sowie der Erb⸗ großherzog und der Kronprinz von Schweden und Norwegen mit den Prinzen Gustav und Wilhelm von Schweden fuhren, wie die „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, gestern von Schloß Mainau nach Schloß Heiligenberg, wo Höchstdieselben den Abend bei Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin Victoria und den Fürstlich Fürsten⸗ bergischen Herrschaften verbrachten. Die Großherzoglichen Herrschaften und Se. Königliche Hoheit der Erbgroß⸗ herzog verließen Abends Heiligenberg wieder, während Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen mit Höchstseinen Söhnen daselbst ver⸗ blieb. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog verließ die Höchsten Herrschaften in Salem, während Höchstdieselben nach Mainau zurückkehrten. Am 13. und 14. d. M. wird Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen, einem Telegramm des „W. T. B.“ zufolge, an den Manövern der 29. Division Theil nehmen.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 11. September. Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Groß⸗ herzogin sind, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, gestern in Algier eingetroffen. Hiernach berichtigt sich die Meldung des „W. T. B.“ über die Abreise Ihrer Königlichen Hoheiten nach Cannes.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 12. September. Der Herzog von Edin burg ist heute früh nach England abgereist, der Prinz und die Prinzessin Philipp von Coburg begeben sich, dem „W. T. B.“ zufolge, heute Nachmittag nach Wien zurück.
Anhalt.
Dessau, 11. September. Der Staats⸗Minister von Krosigk feierte gestern (10. September) sein 70 Geburts⸗ fest. Aus Anlaß dieser Feier wurde ihm, wie der „Anh. St.⸗A.“ meldet, Seitens der Residenzstadt Dessau das Ehren⸗ bürgerrecht verliehen. 8
Hamburg.
C“ September. Se. Majestät der Kaiser hat, „W. T. B.“ zufolge, Allerhöchstsich bei den Zeichnungen für den Wissmann⸗Dampfer Nyanza mit dem Betrage von 3000 ℳ betheiligt.
Elsaß⸗Lothringen.
Straßburg, 12. September. Das gestern zur Veraus⸗ gabung gelangte „Gesetzblatt für Elsaß⸗Lothringen“ (Nr. 16) enthält eine Verordnung des Kaiserlichen Statt⸗ halters vom 1. d. M., nach welcher die Bezirkstage zum 17. November wieder einberufen werden und ihre Sitzungen spätestens am 29. November wieder zu schließen haben. Die erste Sitzungsperiode der Kreistage beginnt am 13. Oktober, die zweite am 15. Dezember d. J. Die Dauer einer jeden dieser Sitzungsperioden ist auf höchstens 5 Tage festgesetzt worden.
Durch Verfügung des Unter⸗Staatssekretärs von Schraut ist die Einfuhr von italienischen Schweinen in das Schlachthaus von Mülhausen bis auf Weiteres gestattet worden. 1“
8. 2
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 12. September. Bei dem gestern von Sr. Majestät dem Kaiser und König in Szekelyhid gegebenen Diner, zu welchem auch die fremdländischen Militär⸗Attachés Einladungen erhalten hatten, brachte Allerhöchstderselbe aus Veranlassung des Namensfestes des Kaisers von Rußland folgenden Toast aus: „Auf das Wohl Sr. Maäjestät des Kaisers Alexander! Gott erhalte, Gott schütze Se. Majestät!“ 3
Der „Polit. Corresp.“ zufolge hat sich die öster⸗ reichisch⸗ungarische Regierung bereit erklärt, an der von der italienischen Regierung vorgeschlagenen, in Rom abzuhaltenden internationalen Sanitäts⸗ Konferenz Theil zu nehmen. 6
Großbritannien und Irland.
London, 12. September. Die Staatseinnahmen Großbritanniens in der Zeit vom 1. April bis zum 6. Sep⸗ tember beliefen sich auf 34 740 270 Pfd. Sterl. gegen 33 516 718 Pfd. Sterl. im entsprechenden Zeitraum des vorher⸗ gehenden Finanzjahres. Die Ausgaben in v„ Zeit betrugen 35 571 970 Pfd. Sterl. gegen 35 607. Pfd. Sterl.
Nach einer Meldung des „Reut. B.“ aus Gibraltar von gestern haben die spanischen Behörden vier an dem jüngsten Angriff auf englische Offiziere betheiligte Spanier in Haft genommen.
Frankreich. b Paris, 12. September. Die Handelskammer von
Bordeaux hat, dem „W. T. B.“ zufolge, beschlossen, die
Regierung durch eine Deputation zu ersuchen, das Verbot in Betreff der Einführung von amerikanischem gesalzenen Fleisch aufzuheben. 1
Wie die hiesigen Morgenblätter melden, sprach eine boulangistische Wählerversammlung dem Verfasser der boulangistischen Enthüllungen Mermeix ihr Miß⸗
trauen aus und forderte denselben auf, sein Mandat als
Deputirter niederzulegen.
auf dem Victoria
des Kaisers von
diesen Wünschen in Einklang zu bringen.“
Rußland und Polen.
t. Petersburg, 12. September. Der gestrige Namenstag des Kaisers wurde, wie „W. T. B.“ meldet, in Kowno durch einen Gottesdienst in der Kapelle des Hauses, in welchem die Kaiserliche Familie wohnt, festlich be⸗ gangen. Die Majestäten empfingen Deputationen des Wol⸗ hynischen Adels und der Bauernschaft. Später fand Empfang der Damen und dann Diner statt. Die Stadt war festlich geschmückt und besonders reich dekorirt. Abends war Illumina⸗ lion und Feuerwerk veranstaltet worden.
Italien.
Rom, 12. September. Das britische Geschwader hat,
ach einer Mittheilung des „W. T. B.“, La Spezia gestern erlassen und ist nach Neapel in See gegangen.
Wie die „Tribuna“ meldet, wurde gestern eine in einer
Straße der Stadt aufgehißte rothe Flagge, welche mit der Inschrift: „Es lebe die Revolution! Es lebe die Republik!“ versehen war, von der Polizei weggenommen. Schweiz.
ern, 12. September. Nach gestern dem Bundes⸗ rath zugegangenen Depeschen ist es in Bellinzona (Tessin) in Folge der Weigerung der konservativen Regierung, die Abstimmung über die vom Volke verlangte Verfassungs⸗ revision anzuordnen, gestern Mittag zu einem Aufstande der Liberalen gekommen, bei welchem das Zeughaus und das Regierungsgebäude von Letzteren besetzt worden sind. Die Konservativen leisteten keinen erheblichen Widerstand, die Staatsräthe Respini, Casella und Gianella wurden verhaftet. Der Staatsrath Rossi soll durch einen Revolverschuß getödtet worden sein. Es wurde alsbald zur Ernennung einer provisorischen Regierung geschritten, welche aus den Liberalen Simmen, Bruni, Lepori, Bataglini und Perrucchi besteht. Die Liberalen in Lugano, Mendrisio, Chiasso, Locarno und Brissago schlossen sich der aufständischen Bewegung an. Der Bundesrath trat, wie „W. T. B.“ meldet, sofort zu einer Sitzung zusammen und beschloß eine bewaffnete Intervention. Der Nationalrath und Oberst⸗Divisionär Kuenzli in Ryken ist zum eidgenössischen Kommissar ernannt worden. Die hier im Dienst befindlichen Bataillone Nr. 38 und Nr. 39 haben den Befehl, heute nach dem Tessin abzugehen, wohin heute ebenfalls der Oberst⸗Divisionär Kuenzli abreist. Die An⸗ klagekammer des Bundesgerichts ist von der Bundes⸗ anwaltschaft ersucht worden, den Untersuchungsrichter
einzuberufen. 8 Belgien.
Lüttich, 11. September. Ueber den, wie bereits gemeldet, gestern geschlossenen katholischen Sozialkongreß ent⸗ nehmen wir der „Köln. Ztg.“ Folgendes:
Jnu der zweiten Abtheilung kamen am Montag auch Gegenstände wie die Sonntagsruhe zur Verhandlung. Der Reichstags⸗ Abgeordnete Winterer, der in dem Kongreß eine leitende Rolle spielt, hatte die Berichterstattung übernommen über die Frage einer inter⸗ nationalen Vereinbarung über Frauen⸗ und Kinderarbeit. Fol⸗ gende Beschlüsse brachte er, ohne auf erheblichen Widerstand zu stoßen, zur Annahme: „Kinderarbeit ist in nördlichen Ländern erst vom 14., in südlichen vom 12. Lebensjahre an in Fabriken zuzulassen und auf höchstens zehn Stunden bis zum 18. Jahre zu beschränken, mit Ausschluß der Nacht⸗ und Sonntagsarbeit; Frauenarbeit soll in Fabriken weder Nachts noch Sonntags gestattet, in gefährlichen Be⸗ trieben überhaupt untersagt sein; Wöchnerinnen sollen sechs Wochen nach der Entbindung nicht in der Fabrik arbeiten. Diese Grundsätze sollen durch internationale Vereinbarung zur Geltung kommen.“ Die Franzosen hatten ihren Ansturm gegen die Anträge über die Arbeit der Erwachsenen gerichtet. Die Bischöfe von Lüttich, Trier, Nottingham und Montpellier, welche in dem Verkehr mit den Be⸗ hörden ihrer Länder und einer ausgedehnten Bevölkerung praktische Erfahrungen gesammelt haben, traten in beredter Weise gegen die Pfarrgeistlichen, Jesuiten und Advokaten ein, welche theilweise mit Hülfe der Theologie das staatliche Einschreiten entweder ganz ver⸗ warfen oder doch so lange aufschieben wollten, bis sich der Staat ge⸗ bessert haben werde Man müsse den Staat nehmen, wie ihn die Gesellschaft geschaffen, meinten dagegen die Prälaten; zumal er von Gott eingesetzt sei, sagte der Bischof Salford von Nottingham; eine weitere Berücksichtigung der Theologen, die in früheren Jahr⸗ hunderten über vergangene Verhältnisse geschrieben hatten, sei nicht statthaft, erwiderte Bischof Korum einem Advokaten aus Lille. — Eine Einigung über die Frage der Lohnsätze war nicht zu erzielen, und es mußte von einer weiteren Besprechung derselben Ab⸗ stand genommen werden, zumal mon den Sozialisten keine Waffe in die Hand spielen wollte. Die Anhänger des staatlichen Eingreifens beschränkten sich darauf eine Nothwendigkeit desselben zu Gunsten der Bedrängten und den Lehrsatz darzulegen, daß der Arbeiter bei der Eingehung des Lohnvertrages nicht frei genug sei. Es kam schließlich zur Annahme des folgenden Antrages Winterer: „Dem Staat liegt es nicht ob, die Bedingungen der freien menschlichen Thätigkeit zu ordnen, wohl aber die Mißbräuche abzu⸗ stellen, welche die öffentliche Gesundheit und das Familienleben schädigen. Der Kongreß erklärt daher die Festsetzung einer Höchst⸗ grenze der Dauer des Arbeitstages in der „Fabrik“ für wünschenswerth; diese Grenze soll nicht überschritten werden dürfen, jedoch nach den Ländern und den Betrieben wechseln.“
Weiter wird berichtet:
Am Schluß der Abtheilung vom Dienstag brachte der Abg. Bachem in der zweiten Sektion mit Unterstützung von Angehörigen der ver⸗ schiedenen auf dem sozialen Kongreß vertretenen Ländern folgende Re⸗ solution ein: „Der soziale Kongreß in Lüttich schließt sich den von der Berliner Konferenz geäußerten Wünschen an. Obwohl die Wünsche der genannten Konferenz nur einen ersten Schritt auf dem Wege des internationalen Arbeiterschutzes darstellen, ersucht der Kon⸗ greß die Regierungen und die Parlamente, die Gesetzgebung mit Dieser Antrag veranlaßte in der Mittwoch⸗Morgensitzung eine stürmische Verhandlung, da eine kleine französische Gruppe leidenschaftlich und in einer für den Antrag⸗ steller beleidigenden Weise dagegen protestirte, worauf Advokat Collinet
und Professor Kurth die französischen Redner scharf zurückwiesen.
—
Gegen die Stimmen der Franzosen wurde sodann an Stelle des An⸗ trages Bachem folgender Antrag Collinet angenommen: „Der Kongreß erkennt die Berliner Konferenz als ein glückliches Ereigniß für den sozialen Frieden an.“
Rumänien.
Bukarest, 12. September. Dem „W. T. B.“ zufolge wurde der Jahrestag der Einnahme von Grivitza überall feierlich begangen. Anläßlich des Namenstages Rußland fanden Gottesdienste und Empfang beim russischen Geschäftsträger statt.
Serbien.
Belgrad, 12. September. Aus Anlaß des Namens⸗ tages des Kaisers von Rußland fand, wie „W. T. B.“ berichtet, hier ein Festgottes dienst statt, welchem mehrere Mitglieder der Regierung und der Behörden beiwohnten. Nach dem Gottesdienst begab sich der Minister⸗Präsident mit mehreren Mitgliedern der Regierung nach der russischen Ge⸗ sandtschaft zur Gratulation.
Der Mörder des serbischen Vize⸗Konsuls Marin⸗ kovics in Peischtina wurde, wie der Wiener „Presse“ be⸗ richtet wird, zum Tode, andere Theilnehmer zu fünf Jahren Kerkers verurtheilt. Die Pforte verweigert Serbien jede weitere Satisfaktion. v1“
Cettinje, 12. September. Der Namenstag de Kaisers von Rußland wurde hier allgemein gefeiert. —
Der montenegrinische Konsul in Triest hat das Exequatur erhaiten. .
Schweden und Norwegen.
(F) Stockholm, 9. September. Um so weit als möglich eine größere Gleichmäßigkeit zwischen den offiziellen statistischen Publikationen der drei nordischen Reiche zu erzielen, sind die Chefs der statistischen Bureaus in
chweden, Norwegen und Dänemark überein⸗ gekommen, unter der Voraussetzung der Zustimmung der respektiven Regierungen, in der Regel einmal jähr⸗ lich sich zu gemeinschaftlichen Berathungen und Ver⸗ handlungen zu versammeln. Diese Versammlungen, die ab⸗ wechselnd in Christiania, Stockholm und Kopenhagen abge⸗ halten werden und im Allgemeinen nicht länger als drei oder vier Tage dauern sollen, werden durch ein Programm vor⸗ bereitet, von welchem das statistische Bureau jedes Landes seinen Antheil bearbeitet. Die Absicht ist, auf diese Weise nach und nach die meisten oder wenn möglich sämmtliche Zweige der offiziellen Statistik durchzugehen. In Uebereinstimmung hiermit traten im vergangenen Jahre Ober⸗ Direktor Sidenbladh (Schweden), Direktor Kiaer (Norwegen) und Bureau⸗Chef von Gad (Dänemark) in Christiania zu⸗ sammen und heute sind sie hier in Stockholm zusammen⸗ “ Der König empfing die drei Chefs heute in
uüdienz.
ö
Amerika.
Vereinigte Staaten. Washington, 9. September. Im Senat ist der „A. C.“ zufolge eine Bill eingebracht worden, um eine Berufung in See⸗und Zollfällen vom Distriktsgericht von Alaska an das Vereinigte Staaten⸗Distriktsgericht und d ersten Gerichts⸗ hof zu ermöglichen.
Sanitäts⸗, Veterinär⸗ und Quarantänewesen.
8 Oesterreich⸗Ungarn.
Das durch Verordnung der K. K. Ministerien des Innern, des Handels und der Finanzen gegen Spanien und Klein⸗Asien erlassene Verbot der Ein⸗ und Durchfuhr von Hadern, gebrauchten Kleidern, altem Tauwerk, gebrauchter Wäsche und Bettwäsche ist auf ganz Asien und Egypten ausgedehnt worden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 173 und 212 vom 19. Juli bezw. 3. September 1890.)
Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) Die Pro⸗ venienzen aus Nikolajew und Taganrog werden ärztlich untersucht.
Die Quarantäne für Provenienzen aus Ober⸗Mesopotamien wird auf
eine fünftägige herabgesetzt. 8 “ 8
Theater und Musik.
8 Berliner Theater.
Hr. Rudolf Fuchs vom Königlichen Hoftheater in München spielte gestern Abend als erste Gastrolle den Othello, welche den Künstler hoffentlich nicht von seiner besten Seite zeigte, denn an dieser Othellogestalt war Vieles verfehlt. Das Maß von Temperament, welches der Darsteller besitzt, reicht nicht aus, den edlen, von einem Uebermaß von Leidenschaft durchbebten Mohren überzeugend wiederzugeben; rein äußerliche Mittel sollen die Wallungen des leidenschaftlich erregten heißen Blutes zum Ausdruck bringen, aber mit Augenrollen, Zähne⸗ knirschen und unartikulirten Lauten charakterisirt man keine Shakespeare'schen Helden, namentlich keinen „Othello“, dessen von aufrichtiger reiner Liebe erfüllte glühende Seele dem Ränkeschmied Jago zum Opfer fällt. Freilich soll im Othello das von Leidenschaft bethärte Herz, welches den eifersüchtigen Afrikaner des normalen Gebrauchs seiner Sinne beraubt, auch in der äußeren Erscheinung und in der Gewalt der Stimme hervortreten; hier aber trug das etwas rauhe Organ des Darstellers dazu bei, den Eindruck einer unmenschlichen Wildheit hbervorzurufen, und die glühende Wuth der Sinnlichkeit verlor völlig den Adel, der dem Mohren königlichen Geblüts, dem „edlen, tugendhaften Mohren“, als welchen ihn der Dichter selbst bezeichnet, immer eigen bleiben muß. Nur Künstlern ersten Ranges pflegt jenes Maßhalten in den Extremen zu gelingen, denn es gehört zu den schwierigsten schauspielerischen Aufgaben, in den Momenten höchster Leidenschaft noch Adel der Seele erkennen zu lassen, welcher dann allein noch das Menschliche vom Thierischen deutlich trennt.
Als recht tüchtige Leistung erwarb sich die Wiedergabe des „Jago“ durch Hrn. Stahl aufs Neue warme Anerkennung; auch die übrigen Rollen befanden sich in denselben Händen wie früher und gaben zu Ausstellungen keine Veranlassung. Frl. Hock war am Besten in der Auskleidescene am Schluß des vierten Akts; der Vor⸗ trag des Liedes von der Weide war von wahrer, tiefer Empfindung durchhaucht; ebenso erfreute Frl. Butze wieder durch die ungekünstelte, frische und gewandte Verkörperung der Emilia. — Dem Darsteller nee; c. jeder Scene reicher Beifall Seitens der Zuschauer zu Theil.
Friedrich⸗Wilbelmstädtisches Theater⸗
Morgen wird die „Leichte Kavallerie“ der „Schwätzerin von Saragossa“ Platz machen, die von Morgen ab der „Puppenfee“ als Begleiterin zugesellt bleibt. In dieser Vorstellung fritt Jenny Stubel zum ersten Male nach ihrem Urlaube wieder auf.
Residenz⸗Theater.
Morgen gelangt Sardou's „Ferréol“ (Pariser Sittenbild in
4 Aufzügen), von Direktor Lautenburg persönlich in Scene gesetzt, zur
Aufführung. Kroll's Theater. 1
Die gestrige Aufführung des „Troubadour“ war eine in den
Ee recht erfreuliche. Die Oper siegt auch bei minderer
Zesetzung einer oder der anderen Rolle durch die Kraft und Leiden⸗ schaft der Musik; kaum in einer anderen Oper Verdi's kommt die Eigenart des Meisters und die Zusammenstimmung des Stoffes mit der Musik in so hohem Grade zum Ausdruck wie im „Troubadour“. Wenn man also auch minder befähigte Sangeskräfte hier ertragen kann, so empfindet man es doch schmerzlich, wenn neben ganz un⸗ gewöhnlich von der Natur und durch Schulung ausgestatteten Solisten ganz unzulängliche Kräfte beschäftigt werden.
Den Manrico sang gestern Abend Hr. Ravelli, welcher als ein ganz ausgezeichneter Tenorist längst bekannt und der gerade in der Rolle des Troubadour sowohl durch den Wohllaut wie durch die Ausdrucksfähigkeit seines Organs für Freud und Leid, für tiefsten Schmerz und höchste Leidenschaft, ganz besonders an seinem Platz ist; es kommt dem Sänger dabei zur Sicherung des Erfolges seine schöne Gestalt, sein vornehmes Wesen und edles Spiel aufs Beste zu statten.
Sehr erfreulich war wieder die Leistung des Hrn. Demuth als Graf Luna. Der Künstler hat bekanntermaßen eine starke, ausdrucks⸗ fähige und sympathische Stimme, welche er in Verbindung mit dar⸗ stellerischem Geschick uneingeschränkt der Lösung seiner Aufgabe widmet. Neb diesen Beiden stand Hr. Lurgenstein (Ferrando)
mit seiner weniger bedeutsamen Partie nicht unwürdig da. Von den gestern beschäftigten Damen genügte nur Frl. Rothe (Azucena) einigermaßen den Anforderungen, welche man an eine Vertreterin dieser Rolle stellen muß, wenn sie neben den Hrrn. Ravelli und Demuth zur Geltung kommen soll. Frl. Rothe hat eine für diesen Raum ausreichende, angenehme Stimme, welche technisch und in Bezug auf den Vortrag aufs Beste geschult ist; auch bemerkenswerthes schauspielerisches Geschick ist der Dame nicht abzusprechen, sodaß sie in den Solostellen wirklich schöne Wirkungen hervorbrachte und lebhaft an Fr. Heink erinnerte. — Die Leonore des Frl. Schütky konnte trotz der sichtbaren Bemühung der Dame in diesem Zusammen⸗ spiel nicht ausreichen; es fehlt der Stimme wahre Leidenschaft und in der Tiefe und Mittellage klingt das Organ hart und ermangelt der nöthigen Kraft, während in der Höhenlage allerdings manche an⸗ genehme Töne unser Ohr berührten. Die Zuhörer spendeten nach jeder Scene reichen Beifall, besonders wurden Hr. Ravelli und Hr. Düee wiederholt bei offener Scene dusch laute Anerkennung aus⸗ gezeichnet.
Morgen und übermorgen finden die Schlußabende der Kroll'schen Oper statt; morgen mit Ravelli als Lvanel in „Martha“, übermorgen, am Sonntag, mit der dritten und letzten Wiederholung der Oper „Johann von Paris“, in welcher das glänzende Künstlertrio Götze, Mayer und Johanna Richter sich vom Publikum verabschiedet.
Belle⸗Alliance⸗Theater.
Im Belle⸗Alliance⸗Theater hält Dienstag, 16. d. M., das Ensemble⸗ gastspiel des Wallner⸗Theaters seinen Einzug und zwar mit dem erfolgreichen Bisson’schen Schwank „Madame Bonivard“, der in der bekannten glänzenden Besetzung (Madame Bonivard: Fr. Schramm, Henry Duval: Hr. Gimnig ꝛc.) daselbst in Scene gehen wird. Hierauf wird, neu einstudirt, das einaktige Liederspiel „Guten Morgen, Herr Fischer!“ gegeben werden.
Adolph⸗Ernst⸗Theater.
Die bisherigen Wiederholungen von „Unsere Don Juans“ fanden vor stets ausverkauften Häusern statt. Mit Rücksicht auf die vorge⸗ rückte Jabreszeit ist der Anfang der Sonntagsaufführungen vom nächsten Sonntag ab auf 7 Uhr festgesetzt, während die Wochentags⸗ Vorstellungen nach wie vor um 7 ½ Uhr beginnen.
Mannigfaltiges.
Die Leichen der in dem Wannsee verunglückten Künstler Kaffsack und Weimar sind gestern Nachmittag mittelst zweier Leichenwagen nach Berlin geschafft worden. Die Beerdigung, welche auf nächsten Sonntag Mittag 1 Uhr festgesetzt ist, findet, der „N. A. Ztg.“ zufolge, von der Leichenballe des Friedhofes der Werder'schen Gemeinde in der Bergmannstraße statt, wohin die Leichen gestern Nachmittag überführt wurden. Als Todesursache wird Herzschlag angegeben; die Stelle des Sees, wo Beide ertrunken, ist etwa 3 m tief, und das Segelboot Kaffsack's wird, weil es völlig wrack ist, nicht wieder gehoben werden.
Die Jury der Charlottenburger Jubiläums⸗Garten⸗ bau⸗Ausstellung, die unter Vorsitz des Garten⸗Direktors Gärdt zusammengetreten ist hat die große silberne Staats⸗Medaille dem verdienten Vorsitzenden des Vereins, dem Gärtnereibesitzer Brandt, für die auf der Schau gezeigte Gesammtleistung verliehen. Kleine silberne Staats⸗Medaillen erhielten J. C. Schmidt (Unter den Linden) für die Gesammtleistung und der bekannte Pots⸗ damer Rosenzüchter Görms. Bronzene Medaillen er⸗ hielten die Verwaltung des Rieselgutes Blankenburg, für Obstbäume, Obergärtner Schulz (Geheimer Regierungs⸗Rath von Siemens) für Gemüse und Obst und die vom Verein „Frauenwobl“
in Charlottenburg unterhaltene Gartenbauschule für Damen. Der erste Preis der Stadt Charlottenburg wurde dem Aussteller der großartigen Kaisergruppe A. Janicki⸗Schöneberg zuerkannt, die zweiten Preise der Stadt erbhielten Obergärtner Lindemann von der Flora für sein das Wappen Charlottenburg darstellendes Teprichbeet, und F. W. Birckel⸗Charlottenburg für die große dekorative Handelspflanzengruppe. Die goldene Medaille des Vereins zur Beförderung des Garten⸗ baues in den preußischen Staaten holte sich Vetterlein⸗ Charlottenburg, die Vermeilmedaille der Gartenbau⸗Ge⸗ stellschaft Buntzel⸗Niederschönweide, die Preise des land⸗ wirthschafstlichen Provinzialvereins errangen Mathieu und Buntzel für Obst und Weber⸗Lichtenberg für Gemüse und die silbernen Provinzial⸗Medaillen endlich Lorberg⸗ Berlin für Allee⸗Obstbäume und Kähler⸗Tempelhof für Coniferen.
Ueberschwemmungen.
Aus Magdeburg, 11. September, schreibt die „Magd. Ztg.“ Das Wasser ist heute hierselbst um 2 m gefallen; es steht jetzt 5 m. Von der gefährdeten Stelle des Elbdeichs in der Kreuzhorst sind auch heute Morgen keine weiteren Nachrichten hier eingegangen. Es ist daher wohl mit Bestimmtheit anzunehmen, daß dort wieder Alles in bester Ordnung ist. Bei Wittenberg und an der Mündung der Elster sind die Dörfer Görsdorf und Hemsendorf und etwas weiter hinauf Naundorf in Wassersnoth gerathen. Nach den ersteren beiden Orten und deren Umgegend sind schon vorgestern durch die Königliche Elbstrombauverwaltung Kähne hingeschafft worden. Die Bewohner der Ortschaften waren schon vorher gewarnt; sie hatten des⸗ halb schon vor Eintreffen des Wassers das Vieh und sonstige Habselig⸗ keiten in Sicherheit bringen können. Die Ueberschwemmten werden aber dennoch vielen Schaden haben. Es ist anzunehmen, daß das Wasser in den nächsten vaße noch nicht viel fallen wird, da es aus den über⸗ schwemmten Gebieten und aus den alten Elbarmen nur langsam ab⸗ zieht. Die Schließung des Wehrs bei Pretzien ist daher voraussicht⸗ lich erst in drei bis vier Tagen zu erwarten.
Eine spätere Mittheilung desselben Blattes aus Magdeburg vom gleichen Tage lautet: Der Wasserstand war heute Nachmittag 4 Uhr bis auf 4 92 m gefallen. Mit dem Eintreten des Falls kommt jetzt das „Drängwasser“ hervor, das überall in den Kellern der in der Nähe der Elbe gelegenen Häuser erscheint. Der Weg am Thor innerhalb der Festungswerke steht wohl ¾ Fuß unter
asser.
Derselben Zeitung schreibt man aus Torgau, 10. September. Noch immer laßt sich das Unglück, welches durch die Wasserfluth über viele Dörfer der rechten Elbaue des Torgauer Kreises herein⸗ gebrochen ist, nicht voll übersehen. Daß dasselbe aber weit die ge⸗ hegten Befürchtungen übersteigt, das zeigt sich mehr und mehr. Es ist wohl kaum jemals dagewesen, daß sich durch so viel Damm⸗ brüche so große Wassermassen über so weite Strecken ergossen haben. Durch die Dammbrüche bei Köttlitz und Seidelwitz, bei Werdau, sodann bei Plotha und Dautzschen sind wohl in nächster Nähe gegen 20 und mehr Ortschaften unter Wasser gesetzt, deren Bewohner sich vielfach bis unter das Dach des Hauses flüchten mußten, um nur das nackte Leben zu retten. Oftmals war aber auch diese Flucht vergebens, wenn das Haus den heranbrausenden Wellen nicht Stand hielt und zusammenstürzte. Wunderbar ist es daher zu nennen, daß man bis jetzt von einem Verlust an Menschenleben noch nichts vernommen hat.
Aus Prag, 10 September, meldet die „Wien. Ztg.“: Beim Landes⸗Hülfscomité sind bis heute 114 102 Fl. eingelaufen. — Der Wasserstand betrug um 8 Uhr Abends 127 cm über dem Normale.
Spandau. Der Bau der evangelischen Garnisonkirche zu Spandau, welcher sich zur schönsten architektonischen Zierde dieser Stadt gestaltet, soll, wie das „Berl. Fremdenbl.“ erfährt, mit dem Jahre 1891 in allen seinen Theilen gänzliche Vollendung finden. Der Bau ist begonnen worden im Jahre 1887. Am 18. Oktober 1887, am Geburtstage des Kaisers Friedrich, damaligen Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen, erfolgte die ee. Im Jahre 1888 konnte der Bau unter Dach gebracht werden, während
das darauffolgende Jahr 1889 dem Ausbau gehörte.