1890 / 242 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Oct 1890 18:00:01 GMT) scan diff

zahl der Vertreter der Versicherungsanstalten war jedoch der

Ansicht, daß sofort die endgültigen Räume und Behälter, in denen die Quittungskarten Aufnahme finden sollen, herzu⸗ stellen seien, weil eine spätere Umräumung der Karten mit Schwierigkeiten verbunden sein würde. 8

Im Anschluß hieran wurde die Frage erörtert, ob es zulässig sei, die von den Versicherungs⸗

anstalten aufbewahrten einzelnen Quittungs⸗ karten vor der Vertheilung der Rente zu vernichten. Von einem Vertreter des Reichs⸗Versicherungsamts wurde hervorgehoben, daß nach §. 107 des Gesetzes der Bundesrath zwar die Voraussetzungen zu bestimmen habe, unter denen die Vernichtung von Quittungskarten zu erfolgen habe, daß aber diese Vernichtung jedenfalls erst erfolgen könne, wenn die Rente endgültig festgestellt und unter die betheiligten Ver⸗ sicherungsanstalten vertheilt sei, weil gemäß §. 87 des Gesetzes die Quittungskarten dem Rechnungsbureau zum Zwecke der Vertheilung überreicht werden müßten. Auch sei es an sich nicht unbedenklich, daß die Versicherungsanstalt als Schuldnerin die Schuldtitel und als solche müßten die Quittungskarten angesehen werden selbst mit rechtlicher Wirksamkeit gegen⸗ über dem Versicherten als Gläubiger und den übrigen mit⸗ belasteten Versicherungsanstalten vernichte. Die Wichtigkeit der Vernichtung der aufbewahrten Quittungskarten wurde indessen von den Vertretern der Versicherungsanstalten mit Rücksicht auf die Verminderung der Verwaltungskosten und die leichtere Auffindbarkeit der Karten bei einer geringeren Anzahl nachdrücklich betont, wobei noch besonders hervorgehoben wurde, daß eine Aufbewahrung der Quittungskarten, welche 50 Jahre und längere Zeit dauern würde, zur Folge haben würde, daß der Inhalt der Karten, insbesondere der hand⸗ schriftliche Theil derselben, laum noch erkennbar sein würde. Auf der anderen Seite wurde nicht verkannt, daß die Vernichtung der Quittungskarten vor Feststellung der Rente Bedenken unter⸗ liege, wobei weniger auf den civilrechtlichen Gesichtspunkt als auf die zwingende Vorschrift des §. 87 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes Gewicht zu legen sei. Bevor An⸗ träge an den Bundesrath, event. wegen Abänderung der ge⸗ setziihen Bestimmungen gestellt würden, werde es sich empfehlen, weitere Erfahrungen abzuwarten. 1 Zur Frage der Führung von Versicherungs⸗ konten wurde von einem Vertreter des Reichs⸗Ver⸗ sicherungͤgamts ein Muster, nach welchem derartige Konten angelegt werden könnten, erläutert. Die Ein⸗ führung von Konten der Versicherten würde, wie derselbe ausführte, einerseits den Versicherungsanstalten das beste und vollständigste Material zur Durchführung der Statistik liefern, andererseits auch für die Versicherten insofern von großem Werthe sein, als bei einer etwaigen Vernichtung der Quittungskarten durch Brand oder dergleichen eine Erneuerung der Karten aus den Konten möglich sein würde. Allein die Einführung von Konten würde den Versicherungsanstalten eine sehr erhebliche Arbeits⸗ last aufbürden; der Umfang derselben ließe sich ermessen, wenn man erwäge, daß bei einzelnen Versicherungsanstalten täglich 3000 bis 4000 Quittungskarten eingehen würden, deren gesamm⸗ ter Inhalt auf andere sogenannte Hülfskarten oder in besondere Register zu übertragen sein würde. Auch die Aufbewah⸗ rung dieser Register oder Hülfskarten würde wiederum einen bedeutenden Raum beanspruchen, so daß die Vor⸗ theile der erwähnten Einrichtung außerordentlich zweifelhaft seien. Eine Beschlußfassung über die angeregte Frage, die noch weiter erwogen werden soll, fand nicht statt.

Bei Punkt 10 der Tagesordnung, welcher den Entwurf der Anleitung, betreffend die Bestimmungen über die nach dem Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ geset versicherten Personen zum Gegenstande hat, gab

esonders die Versicherungspflichtigkeit der Haus⸗ kinder, welche bei den Eltern ohne Lohn oder Gehalt beschäftigt werden, zu umfassenden Erörterungen Anlaß. Es handelt sich hier um etwa anderthalh Millionen

ersonen. Keine der von der Konferenz zu behandelnden

ragen steht der vorliegenden an Bedeutung gleich. Für die

ersicherungspflichtigkeit wurde geltend gemacht, daß das In⸗ validitäts⸗ und Altersversicherungsgesetz einen möglichst weit gehenden Kreis von Personen habe umfassen wollen. Hiernach könnten arbeitende Personen von der Versicherungspflicht nur insoweit ausgeschlossen werden, als das Gesetz dies klar und unzweideutig ausgesprochen habe. Der bewußte Ausschluß der zahlreichen in der elterlichen Wirthschaft gegen freien Unter⸗ halt beschäftigten erwerbsfähigen Hauskinder sei aber aus den Materialien zum Gesetz mit Bestimmtheit nicht zu ersehen. Auch wurde darauf hingewiesen, daß die erwach⸗ senen Hauskinder durchgehends gegen Krankheit und, die Versicherungspflichtigkeit des Betriebes der Eltern voraus⸗ gesetzt, auch gegen Unfall versichert seien. Es würde voraus⸗ sichtlich in den Kreisen der Betheiligten als unerfreuliche Un⸗ gleichmäßigkeit in der Durchführung der mehr oder weniger ein einheilliches Ganze bildenden sozialpolitischen Gesetze Krankenversicherungs⸗, Unfallversicherungs⸗ und Invaliditäts⸗ versicherungsgesetz —empfunden werden, wenn die Hauskinder nach dem Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetz nicht versichert sein sollten. Die Ausschließung der Hauskinder von der Versicherung würde den Erfolg haben, daß diejenigen Hauskinder, welche bei ihren Eltern verbleiben, der Wohlthaten des Gesetzes ver⸗ lustig gehen, während diejenigen, welche den Hausstand der Eltern verlassen und bei fremden Personen gegen Entgelt Be⸗ schäftigung annehmen, an der Alters⸗ und Invrvaliditäts⸗ versicherung theilnehmen würden. Wenn das Gesetz in §. 3 Absatz 2 bestimme, daß eine Beschäftigung, für welche als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt werde, nicht als eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung anzu⸗ sehen sei, so könne, um die Versicherungspflicht der Haus⸗ kinder zu ermöglichen, der Begriff des „freien Unterhalts“ auf die Gewährung von Nahrung und Wohnung be⸗ schränkt werden. Auch könne man die „Entgelt“⸗Eigen⸗ schaft des den Kindern gewährten Unterhalts bezweifeln.

Von den Vertretern der entgegengesetzten Auffassung wurde dem gegenüber ausgeführt, daß der Begriff des freien Unter⸗ halts in weiterem Sinne aufzufassen, insbesondere auch die Lieferung der nothwendigen Bekleidung und von Taschengeld darunter zu begreifen sei. Wirthschaftliche Erwägungen könnten dem klaren Wortlaut des Gesetzes gegenüber nicht Platz greifen. Uebrigens habe die Durchführung der Krankenversicherung bei den Hauskindern, besonders unter der ländlichen Bevölkerung, in einzelnen Theilen des südlichen Deutschlands viel böses Blut gemacht, und dieser Unwillen würde sich bei Ein⸗ führung der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung er⸗

eblich steigern. Wollten die Eltern ihre Hauskinder versichern, so wäre ihnen die Möglichkeit gegeben, durch Ge⸗ währung eines, wenn auch geringen baaren Lohnes die Ver⸗

sicherung derselben herbeizuführen.

Für die Auffassun entschied sich zunächst die Mehrheit der Versammlung, un auch die Anregung des Vertreters einer süddeutschen Regierung, die Hauskinder wenigstens dann für versicherungspflichtig zu erklären, wenn ihnen von den Eltern ein nicht gerade minimales Taschengeld gewährt würde, fand nicht die Billigung der Versammlung. Es wurde dieser Auffassung entgegen⸗ gehalten, daß das den 1.“ gewährte Taschengeld lediglich ein Geschenk darstelle, nicht aber als Entgelt für deren Thätigkeit in dem elterlichen Haushalt anzusehen sei. Nachdem die Kommissarien der preußischen Centralbehörden die Erklärung abgegeben hatten, daß preußischerseits die Frage der Versicherungspflichtigkeit der Hauskinder verneint werden müßte, einigte sich die Versammlung dahin, die Ver⸗ sicherungspflichtigkeit der Hauskinder nur dann anzunehmen, wenn denselben ein rechtlicher Anspruch auf baaren Lohn oder Gehalt gegen ihre Eltern zustände, im Uebrigen aber die Versicherung derselben zu verneinen, und zwar auch dann, wenn ihnen ein namhaftes Taschengeld gewährt würde. Auch über die Begriffe des „Betriebsbeamten“ im Sinne des §. 1 Ziffer 2 des Gesetzes und der „Gehülfen“ im Sinne des §. 1 Ziffer 1, deren Auslegung Gegenstand der weiteren Berathung war, waren die Ansichten in der Ver⸗ sammlung anfänglich getheilt. Man einigte sich demnächst aber dahin, daß weder als Gehülfen noch als versicherungs⸗ „nahtige Betriebsbeamte solche Personen anzusehen seien, welche vermöge ihrer sozialen Stellung und durch die geistige und wissenschaftliche Natur ihrer Beschäftigung sich über den Kreis der Personen, für die die Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherung im Allgemeinen bestimmt ist, herausheben, wie Erzieherinnen, Hauslehrer, Hausärzte u. s. w. Auch war man darüber einig, daß die Hauswirthschaft als solche als ein „Betrieb“ im Sinne des Gesetzes nicht gelten könne, und ebenso mit überwiegender Mehrheit, daß die Kommunal⸗ verwaltungen im engeren Sinne einen „Betrieb“ nicht dar⸗ stellen. In letzterer Beziehung verkannte man zwar nicht, daß der Inbegriff gewisser wirthschaftlicher Thätigkeiten des Gemeindeverbandes, wie z. B. Land⸗ und Forstwirthschaft der Kommunen, Kommunalbauten, Kommunal Irrenanstalten ꝛc., als Betrieb zu behandeln sein werde, man lehnte es aber ab, die auf die regiminelle Thätigkeit sich erstreckende Gemeindeverwaltung unter die „Betriebe“ zu rechnen. Daraus folgt indessen nicht, daß alle in dieser eigentlichen Gemeindeverwaltung ohne Pensionsberechtigung beschäftigten Personen unversichert wären; das Gesetz findet vielmehr auf sie zweifellos insoweit Anwendung, als sie ver⸗ möge ihrer mehr mechanischen, auf die Verwendung ihrer körperlichen Kräfte und Fähigkeiten gerichteten Dienstleistungen mit den „Arbeitern“ und „Gehülfen“ auf gleicher oder doch annähernd gleicher Stufe stehen. Es würden dem⸗ nach die als Expedienten oder Registratoren beschäftigten sog. höheren Bureaubeamten nicht als versichert betrachtet werden können; wohl aber würden diejenigen Beamten, die überwiegend mit mechanischen Dienstleistungen betraut sind, wie Kanzlisten, Kassenboten, Kanzleidiener, E1 Nachtwächter u. s. w., der Versicherung zu unterstellen sein. Dieselben Gruppen von Personen würden auch in staatlichen Verwaltungen dann versicherungspflichtig sein, wenn sie nicht als „Beamte“ angestellt sind. Ein Einverständniß wurde auch darüber erzielt, daß die Geschäfte eines Rechtsanwalts, deren Inbegriff ein wirthschaftliches Unternehmen darstellt, als „Betrieb“ im Sinne des Gesetzes anzusehen sind; die im Bureau eines Rechtsanwalts beschäftigten Personen werden daher theils als Betriebsbeamte, theils als Gehülfen oder Arbeiter der Versicherung unterliegen, ausschließlich derjenigen, auf welche infolge ihrer höheren Bildung und sozialen Stellung (Assessoren —c.) dieser letztere Begriff nicht zutrifft. Bei Erörterung von Punkt 11 der Tagesordnung ent⸗ spann sich zunächst eine längere Debatte darüber, ob Per⸗ sonen, welche bei wechselnden Arbeitgebern persönliche Dienst⸗ leistungen verrichten, wie z. B. Hafenarbeiter, Koffer⸗ träger, Führer, Wegearbeiter, Waschfrauen, Aufwartefrauen, Friseusen, Krankenpflegerinnen, Näherinnen ꝛc., als versicherungspflichtige Arbeiter an⸗ zusehen seien und nicht vielmehr als selbständige Gewerbe⸗ treibende zu gelten hätten. Nachdem hierbei auf die frühere Fassung des Gesetzentwurfs (Absatz 2 des §. 1) und die durch die Kommission des Reichstages beschlossene Aende⸗ rung hingewiesen worden und über die Tragweite dieser Aenderung verschiedene Meinungen geäußert worden waren, einigte man sich dahin, daß mindestens die sog. unständigen Arbeiter, wie die freien landwirthschaftlichen Arbeiter, die Hafenarbeiter, Wegearbeiter, Waschfrauen, welche von Haus zu Haus gehen u. s. w., dem Versicherungszwange unterliegen, und daß bei anderen Beschästigungsarten über die Frage, ob Ar⸗

beiter oder. selbständiger Gewerbetreibender, von Fall zu Fall

zu entscheiden sein werde.

Bezüglich der Frage, ob und in welchem Umfange es sich empfehle, daß der Bundesrath von der ihm in §. 3 Absatz 3 des Gesetzes zustehenden Befugniß Ge⸗ brauch mache, neigte die Mehrheit der Versammlung dahin, daß diesbezügliche Bestimmungen des Bundesraths zur ordnungsmäßigen Durchführung des Gesetzes unentbehrlich seien. Dabei wurde mehrfach der Wunsch ausgesprochen, der Bundesrath möge im Allgemeinen mindestens diejenigen Dienstleistungen von der Versicherungspflicht ausnehmen, welche ihrer Natur nach oder durch den Arbeitsvertrag im Voraus auf einen Zeitraum von weniger als einem Tage be⸗ schränkt sind; andererseits verkannte man nicht, daß schon durch eine solche Bestimmung zahlreiche Elemente der Arbeiter⸗ bevölkerung, welche der Segnungen des Gesetzes besonders bedürftig seien, von denselben ausgeschlossen werden würden.

Auf die Anfrage, ob das Reichs⸗Versicherungsamt beab⸗ sichtige, ein Muster einer Geschäftsanweisung für die Vertrauensmänner und die Kontrolbeamten zu erlassen, wurde erwidert, daß das Reichs⸗Versicherungsamt bei der Vielgestaltigkeit der einschlägigen Verhältnisse innerhalb der einzelnen Versicherungsanstalten dies nicht in Aussicht ge⸗ nommen habe. Es müsse zunächst den einzelnen Versicherungs⸗ anstalten überlassen bleiben, soweit ein Bedürfniß hierzu sich fühlbar mache was von verschiedenen Seiten nicht als wahrscheinlich bezeichnet wurde geeignete Instruktionen selbst auszuarbeiten. Der anwesende Vertreter einer Ver⸗ sicherungsanstalt erbot sich, den d1h. en solchen Instruktion dem Reichs⸗Versicherungsamt einzureichen.

Daß der Kapitän eines deutschen Seefahrzeugs der Versicherungspflicht unterliege, auch wenn sein regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 2000 übersteige, wurde im Hinblick auf die Fassung des §. 1 ½ fe 3 des Gesetzes, der eine Beschränkung der Versicherungspflicht, wie sie Ziffer 2

teleg raphirt:

bezüglich der Betriebsb. nten und Handlungsgehülfen festsetzt,

nicht wiederholt, vielmehe die Personen der Schiffsbesatzung

ohne jede Beschränkung für versicherungspflichtig erklärt, ohne

Widerspruch anerkannt. Die Frage, ob eine bezüglich E112“ gung nicht versicherungspflichtige Person, z. B. ein niederer Staatsbeamter, der in den Abendstunden als Loge schließer, Musiker ꝛc. thätig ist, bezüglich dieser Nebe beschäftigung versichert sei, wurde von der Mehrzahl der Versammlung verneint. Auch war man darüber einig, daß ein Handlungsgehülfe, mehreren Firmen mit der Buchführuns ec. betraut ist und von den mehreren Arbeitgebern insgesammt an Lohn

oder Gehalt mehr wie 2000 bezieht, mit Rücksicht auf die

Bestimmung in § 1 Ziffer 2 des Gesetzes nicht versicherungs⸗ pflichtig ist.

Bezüglich der Frage, wie die Entrichtung der Bei⸗ träge zu erfolgen habe, wenn eine versicherte Person gleichzeitig bei mehreren Arbeitgebern ständig beschäftigt werde, erfolgte zunächst keine Einigung. Einzelne Vertreter wollten diesen Fall nach dem im §. 100 Absatz 2 des Gesetzes aufgestellten Grundsatze entscheiden. Andere hielten die verschiedenen Arbeitgeber solidarisch zur Entrichtung der Beiträge für verpflichtet. Von dritter Seite wurde empfohlen, demjenigen Arbeitgeber die Beitrags⸗ entrichtung aufzuerlegen, dessen Arbeitsverhältniß als das für den Versicherten wichtigste anzusehen sei.

Gelegentlich der Wahlen zum Ausschusse der Versicherungs⸗ anstalten ist es zweifelhaft geworden, ob die sogenannten

Hofgänger als Arbeiter des Instmannes, Kathenmannes,

Freimannes oder aber des Gutsherrn anzusehen seien, und ob hiernach ein Instmann ꝛc., welcher Hofgänger beschäftigt, im

Hinblick auf §. 52 des Gesetzes als Vertreter der Versicherten

wählbar sei oder nicht. Die Frage wurde dahin entschieden,

daß, wenn der Hofgänger im Wesentlichen Arbeiten auf dem

Gute verrichte, derselbe als Arbeiter des Gutsherrn anzusehen sei, im umgekehrten Falle, wenn also die Beschäftigung in der eigenen Wirthschaft des Instmanns ꝛc. die Hauptbeschäftigung des Hofgängers sei, der Instmann ꝛc. als Arbeitgeber des⸗ selben und ersterer deshalb als der Klasse der Arbeitgeber

im Sinne des §. 52 zugehörig zu erachten sei.

Inzwischen hatte die Wahl des Ausschusses zur Be⸗ rathung der Anweisung für die Rechnungsführung der Versicherungsanstalten stattgefunden. Auf den Vorschlag des Landes⸗Direktors von Levetzow wurden gewählt die Ver⸗ sicherungsanstalten von Bayern (gemeinsam vertreten durch den Königlich bayerischen Kommissar Rasp), Baden, Thü⸗ ringen, Rheinprovinz, Hannover, Pommern, Berlin und Brandenburg, welche je einen Vertreter und eventuell geeignete

Kassenbeamte zu der Berathung entsenden werden, die am Donnerstag, den 16. Oktober 1890, im Reichs⸗Versicherungs⸗

amt ihren Anfang nehmen soll. b Abends 5 ½ Uhr schloß der Vorsitzende die Sitzung, welche um 9 ½ ÜUhr angefangen hatte. Für heute stehen Fragen aus dem Gebiet der land⸗ und⸗ forstwirthschaftlichen Unfall⸗Versicherung zur Berathung.

Aus Sansibar vom 5. Oktober wird der „Times“

Nach weiteren von Witu eingegangenen Nachrichten ist der Eigenthumsverlust der Deuts chen daselbst

groß. Hr. Toeppen hat berichtet, daß er Witu einen Tag

nach dem Gemetzel besucht und den Sultan gesprochen

habe. Der Letztere verweigerte die Beerdigung der Todten. Die britischen, französischen und deutschen Missionäre, deren Stationen sich im Bereich der Aufständischen von Witu

befinden, sind wohlbehalten an der Küste angekommen. Einer von ihnen, Mr. Henderstorm, rettete mit knapper Noth sein Leben. eischen

schaft in demselben Augenblick an, als die Mörder ihr Werk verrichten wollten. 8

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Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen Commandeur der 4. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, hat sich mit kurzem Urlaub nach Dresden begeben.

S. M. Schiffsjungen⸗Schulschiff „Nixe“, Korvetten⸗Kapitän Freiherr von Maltzahn, ist am 7. Okt ber in St. Vincent (Kap Verdische Inseln) eingetroffen und beabsichtigt am 21. nach Trinidad (West⸗Indien) in Se

zu gehen.

Kulm, 6. Oktober. Das Hirtenschreiben über di soziale Frage ist, wie die „Germania“ mittheilt, vom Bischof Dr. Redner von Kulm an den Klerus der Diözese mit dem nachstehenden Begleitschreiben versandt worden:

„Vorstehendes Hirrenschreiben bringe Ich dem hochwürdigen Klerus Meiner Diözese mit der Bestimmung und mit dem Wunsche zu Kenntniß, daß dasselbe zum Ausgangspunkt für die Behandlung der sozialen Frage, sei es auf der Kanzel, sei es in kirchlichen Vereinen ꝛc, bei sich darbietender Gelegenheit in geeigneter Weise gemacht werde. Je größer die Uebel sind an, denen die Völker in der Gegenwart kranken, um so eifriger sind die Heilmittel anzuwenden, welche der Kirche gegen diese Krankheiten zu Gebote stehen. Wie der h Vater Leo XIII. in dem an den hochwürdigsten Herrn Erzbischof von Köln unterm 20. April d. J. gerichteten Schreiben hervorhebt, und wie in dem (vorstehenden) Hirtenbriefe des Näheren ausgeführt wird, sind diese Heilmittel folgende: Verbesserung der Sitten und Hebung des religiösen Lebens, Versöhnung und Eintracht, Förderung der Zufriedenheit bei den Armen, der Wohlthätigkeit bei den Reichen; endlich Pflege des christlichen Vereinslebens und wohlthätiger Anstalten.

8 863 borf zu dem ehrwürdigen Klerus Meiner Diözese das Vex⸗ trauen haben, daß derselbe mit Eifer und Hingebung bemüht sein wird, diese Mittel bei der Pastoration der ihm anvertrauten Gläu⸗ bigen nach besten Kräften zur Anwendung zu bringen und so die heiligen Güter christlichen Glaubens und christlicher Sitte unter den⸗

selben zu erhalten. 8 11

in, den 30. September 1890. Der Bischof von Kulm. Leo.“

Die „Germania“ fügt hinzu: Aehnliche Begleitschreiben sind auch von anderen Bischöfen ergangen. Nirgends wird, soweit wir sehen, die Verlesung des Hirtenschreibens über die soziale Frage von der Se allgemein vorgeschrieben, son⸗ dern dieselbe entweder in das Ermessen der Herren Pfarrer gelegt oder überhaupt von derselben Abstand genommen, wäh⸗ rend allgemein das Hirtenschreiben als Grundlage und Aus⸗

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der gleichzeitig bei

aaus ganz Deutschland eingetroffen.

Zum Gluͤück kam eine Karawane der britischen Gesell⸗

überreicht hatte.

gangspunkt für Predigten, Katechesen, Vereinsvorträge u. dgl. bezeichnet und empfohlen wird. In einigen Begleitschreiben ndet sich auch eine Vorschrist über Einsendung von Berichten ezüglich der in der Diözese bestehenden oder geplanten katho⸗ lischen Arbeitervereine u. s. w.

Pos en, 8. Oktober. Der „Dziennik Poznanski“ meldet, dem „W. T. B.“ zufolge: In der gestrigen Versammlung der Domtapitel von Posen und Gnesen sei beschlossen worden, von der Einreichung einer neuen Kandidatenliste für den erzbischöflichen Stuhl abzusehen und die Angelegen⸗ heit in die Hände des Papstes zu legen.

Erfurt, 5. Oktober. Auf dem VI. evangelischen Schul⸗ kongreß tagte auch die Generalvers ammlung des evan⸗ gelischen Lehrerbundes, der 30 Zweigvereine umfaßt. Nach geschäftlichen Mittheilungen hielt Lehrer Peters⸗ Hamburg einen Vortrag über „Die Schule und die soziale Frage“. Den Hauptinhalt seiner Ausführungen hatte der Redner der „Weim. Ztg.“ zufolge in folgenden Leitsätzen zu⸗ sammengefaßt.

1) Um die gottesfeindlichen und vaterlandslosen Bestrebungen der Sozialdemokratie bekämpfen zu helfen, hat die Schule mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln des Unterrichts und der Zucht dahin zu streben, daß sie aufrichtige Gottesfurcht und Nächstenliebe, sewie herzliche Vaterlandsliebe in die Herzen der ihr anvertrauten Jugend pflanze. 2) Zur Erreichung dieses Zweckes sind die zahlreichen ethischen Momente, die auch die sogenannten weltlichen Lehrfächer, insonderheit Naturkunde, Geschichte, Muttersprache und Gesang, darbieten, wohl zu beachten und sorgfältig zu beautzen 3) Der Religionsunterricht vermeide alle abstrakten Theorien, halte sich besonders an die Thatsachen des Heils und suche die Kinder stets recht persönlich zu fassen. In⸗ sonderheit lege er ihnen ans Herz, daß sie durch die heilige Taufe Kinder und Erben des Himmels sind. 4) Die Schulzucht hat vornehmlich die Aufgabe, die Kinder dahin zu führen, daß sie sich aller von Gott geordneten menschlichen Autorität un) Ordnung in freiem Gehorsam gern und willig fügen und die Arbeit ihres irdischen Berufes nicht als ein bloßes Mittel zum Erwerb, ss. dern als einen ihnen befohlenen Gottesdienst ansehen, den sie mit aller Gewissenhaftigkeit und Treue, Gott zur Ehre und dem Nächsten zum Trutz, ausrichten sollen. 5) Diesem Beruf kann die Schule aber nur dann nachkommen, wenn sie ganz und gar auf christlichem Boden steht, in christlichem Sinne geleitet wird, und wenn vor Allem die an ihr wirkenden Lehrer von christlichem Geist und von warmer Vaterlandsliebe erfüllte Persönlichkeiten sind. 6) Zur Gewinnung und Bewahrung eines solchen Lehrerstandes ist erforder⸗ lich, daß die Vorbildung der angehenden Lehrer eine dur chaus christ⸗ liche sei und daß den Lehrern durch eine anständige Besoldung, sowie durch eine der hohen Bedeutung ihrer Aufgabe entsprechende würdige Stellung und Behandlung ihr mühevoller Beruf thunlichst erleichtert werde.

Die Besprechung dieser Leitsätze war eine sehr lebhafte. Schließlich wurden dieselben in der vom Redner gegebenen Fassung angenommen.

Kiel, 8. Oktober. Die amerikanische Kreuzer⸗

Korvette „Baltimore“, Kapitän Schley, ist, dem „W.

T. B.“ zufolge, heute 10 ½ Uhr Vormittags nach Kopenhagen in See gegangen.

Hannover, 8. Oktober. Die sechste allgemeine lutherische Konferenz ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute hier eröffnet worden. Zu derselben sind ca. 800 Theilnehmer Besonders stark sind

Sachsen, die thüringischen Staaten, Württemberg, Mecklenburg und Schleswig⸗Holstein vertreten. Vom Auslande sind Ver⸗ treter aus Dänemark, Norwegen und Schweden anwesend.

Sachsen.

Dresden, 7. Oktober. Se. Majestät der König wird, wie das „Dresd. Journ.“ mittheilt, nach den hier eingegangenen Nachrichten Freitag, den 10. d. M. früh, von Wien zurück⸗ kehrend, in der Königlichen Villa zu Strehlen eintreffen.

Baden.

Karlsruhe, 6. Oktober. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin begaben sich, der „Karlsr. Ztg.“ zufolge, gestern Nachmittag um 1 ½ Uhr mit Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen zu dem Armee⸗Jagdrennen nach Iffezheim, verweilten daselbst bis zum Schluß und trafen um 5 ½ Uhr wieder auf Schloß Baden ein. Um 4 ½ Uhr traf (wie schon telegraphisch gemeldet), von Konstanz kommend, der Reichskanzler, General der Infanterie von Caprivi in Baden ein und wurde am Bahnhof von dem Großherzoglichen Hofmarschall Grafen von Andlaw empfangen und zum Großherzoglichen Schlosse geleitet, wo der Reichskanzler die ihm vom Groß⸗ herzog angebotene Wosnnng bezog. Alsbald nach der Rück⸗ kehr der Höchsten Herrschaften von dem Armee⸗Jagd⸗ rennen empfing Se. Königliche Hoheit der Großherzog den Reichskanzler, welcher nachher auch von Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Großherzogin empfangen wurde. Abends 7 ½ Uhr fand eine größere Hoftafel von 30 Gedecken

stcatt, zu welcher die obersten Hofchargen, die Mitglieder des Staats⸗Ministeriums, der Königlich preußische Gesandte von Eisendecher und einige höhere Offiziere eingeladen waren.

Heute Vormittag verkehrte Se. Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog längere Zeit mit dem Reichskanzler, welcher sich bei Höchstdemselben und nach 1 Uhr auch bei Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Großherzogin verabschiedete, um zu⸗ nächst nach Karlsruhe und von da nach Darmstadt zu reisen. Der Reichskanzler traf gegen 2 ½ Uhr in Karlsruhe ein, begab sich sofort zu dem Staats⸗ Minister Dr. Turban und verweilte längere Zeit bei demselben. Später stattete er auch den übrigen Mitgliedern des Staats⸗ Ministeriums Besuche ab und setzte des Abends die Reise nach Darmstadt fort, nachdem Staats⸗Minister Dr. Turban ihm im Höchsten Auftrage Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs die Insignien des Haus⸗Ordens der Treue noch persönlich

Waldeck.

Arolsen. Das Befinden des Erbprinzen Friedrich ist, wie man dem „Hann. Cour.“ schreibt, ein anhaltend zufriedenstellendes und die vollständige Wiederherstellung des hohen Patienten in nicht zu ferner Zeit mit Sicherheit zu erwarten.

Detmold, 7. Oktober. In der htthen Sitzung des Landtages erklärte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Kabinets⸗ Minister von Wolffgramm den 1“p der Linken, welcher dahin geht, die im vorliegenden Regentschafts⸗ gesetz vorgesehene Befugniß des Fürsten Woldemar, den Regenten allein zu ernennen, durch einen berathenden und

mitbeschließenden Regentschaftsrath zu beschränken, als für die

Regierung unannehmbar

Deutsch⸗Ostafrika wurde neuerdings im Geographischen Institut zu Weimar auf der neuesten (3.) Auflage von Kett⸗ ler's „Handkarte von Deutsch⸗Ostafrika“ einer planimetrischen Arealberechnung unterzogen; dieselbe ergab, wie die „Post“ mittheilt, einen Flächeninhalt von 934 000 qkm. Das Deutsche Reich mißt 540 600 qkm. 8

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 8. Oktober. Se, Majestät der Koͤnig von Griechenland stattete, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern dem Minister des Aeußern, Grafen Kalnoky, einen längeren Besuch ab. Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Sh eden ist gestern Abend von hier nach Neuwied ab⸗ gereist.

Die „Presse“ und das „Fremdenblatt“ bestätigen überein⸗ stimmend, daß bei der am Montag stattgehabten Konferenz des österreichischen Finanz⸗Ministers mit dem unga⸗ rischen in der Angelegenheit der Valutaregulirung eine

Erörterung über die Hauptpunkte als Vorbereitung für eine dem⸗

nächst einzuberufende Enquete stattgefunden habe. Beide Blätter bezeichnen dagegen die Nachricht, daß über die Frage der Werthrelation irgend ein Beschluß gefaßt worden sei, für vollkommen unbegründet.

Bei der Landtagswahl für den Großgrundbesitz in Nieder⸗Oesterreich sind insgesammt liberale Kandi⸗ daten gewählt worden.

Im Finanzausschuß des ungarischen Abgeord⸗ netenhauses erwiderte gestern der Finanz⸗Minister Dr. Weckerle auf eine Anfrage des Abg. Horanszki, be⸗ treffend die Valuta⸗Regulirung, er könne sich über diesen Gegenstand noch nicht eingehend äußern, weil er selbst wohl dazu Stellung genommen habe, nicht aber das Gesammtkabinet, und weil mit der öster⸗ reichischen Regierung noch keine Einigung erzielt sei. Die Regierung habe übrigens, sobald nur einigermaßen Aussichten für die Möglichkeit der Herstellung der Valuta vorhanden waren, sofort das Nöthige gethan und sich keinerlei Versäumniß zu Schulden kommen lassen.

Das auf der Heimfahrt von der Ostsee begriffene österreichische Geschwader ist gestern von Lissab nach Palermo in See gegangen. 6

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Großbritannien und Irland.

London, 7. Oktober. Der in Tipperary schwebende Verschwörungsprozeß gegen Dillon und Genossen will durchaus keine Fortschritte machen. Am Sonnabend und Montag bildete die Ursache der Verschleppung die Abwesenheit eines der Angeklagten, Mr. O'Mahony, Redacteurs des Blattes „New Tipperary“. Mr. Dillon, der Anwalt des An⸗ geklagten, legte zwei ärztliche Zeugnisse vor, welche besagten, daß O'Mahony gefährlich krank sei. Der Kronanwalt Ronan lehnte die Anerkennung dieser Zeug⸗ nisse ab, und der Gerichtshof beschloß, O'Mahony von drei Aerzten untersuchen zu lassen, zu welchem Behuf die Verhand⸗ lung um einige Stunden ausgesetzt wurde. Nach Wieder⸗ eröffnung derselben bekundeten zwei Aerzte, von denen einer von den Angeklagten, der andere von der Krone produzirt wurde, daß O'Mahony krank sei und daß seine Anwesenheit im Gerichtshofe gefährliche Folgen für ihn haben dürfte. Der Kronarzt fügte hinzu, daß O'Mahony in einigen Tagen im Stande sein dürfte, den Verhandlungen wieder beizuwohnen. Der Gerichtshof vertagte sich infolgedessen bis nächsten Freitag.

Im Mansion House zu Dublin wurde gestern die von Parnell einberufene Versammlung der Mitglieder der irischen parlamentarischen Partei Behufs Er⸗ örterung der gegenwärtigen Lage in Irland gegenüber dem drohenden Nothstand und der jüngst von der trischen Regierung ergriffenen Schritte zur Unterdrückung des „Feldzugsplanes“ in Tipperary abgehalten. Etwa 64 Mitglieder hatten sich eingefunden. Mr. Justin M'Carthy, der Vize⸗Vorsitzende der Partei, präsidirte an Stelle Parnell's, der sein Ausbleiben brieflich entschuldigte, ohne indeß dafür Gründe anzugeben. Dillon, William O'Brien und die übrigen in Anklagestand versetzten Mitglieder der Partei sandten ein Telegramm, worin sie „die Ekel erregende Gerichtsposse in Tipperary“ als Grund ihres Ausbleibens be⸗ zeichneten. Nach einer geheimen Berathung wurden, wie die „Allg. Corr.“ berichtet, vier Resolutionen angenommen. Die erste verpflichtet die Partei, mit allen ihren Hülfsquellen die ausgetrie⸗ benen Pächter in ihrem Kampfe zu unterstützen. Die zweite leitet die Aufmerksamkeit auf die Unthätigkeit der Regierung gegenüber dem drohenden Nothstand, verlangt die Einstellung von Pächteraustreibungen in gewissen Distrikten im Süden und Westen Irlands und betont die Nothwendigkeit der un⸗ verzüglichen Inangriffnahme von Nothbauten zur Linderung des Nothstandes. Die dritte Resolution mißbilligt die gericht⸗ liche Verfolgung von Dillon und Genossen in dem Augen⸗ blick, wo so ernste Besorgnisse herrschen. Die vierte endlich appellirt an die Großmuth des irischen Volkes im In⸗ und Auslande, namentlich in den Vereinigten Staaten, die Bei⸗ träge zum irischen Pächterschutzsond zu erneuern. Um diesem Appell Nachdruck zu geben, wurde ferner beschlossen, eine Ab⸗ ordnung der Partei, bestehend aus John Dillon, W. O' Brien, T. D. Sullivan, T. P. O'Connor, T. Harrington, W. Abra⸗ pam und T. P. Gill, nach den Vereinigten Staaten zu ent⸗ enden.

Die Admiralität hat beschlossen, 200 000 Pfd. Sterl. für die Reparatur und Modernisirung des seiner Zeit bei Comino gestrandeten Panzerschiffes „Sultan“ auszugeben. Zugleich sollen auf Verbesserungen des Panzerschiffes „Thunderer“ 114 370 Pfd. Sterl. und auf den „Hercules“ 60 000 Pfd. Sterl. verwandt werden.

Der Oberbefehlshaber der indischen Armee, General Sir Frederick Roberts, hat die Vorbereitungen zur Ab⸗ haltung umfangreicher Heeresübungen in der kalten Jahreszeit von 1890 91 vollendet. Sowohl europäische wie einheimische Regimenter werden an denselben theilnehmen. Das Gros der Truppen soll in der Gegend von Attock am Indus, nahe der afghanischen Grenze, concentrirt werden. Dort werden am 15. November 17 000 Mann, in zwei Heerlager geschieden, versammelt sein. Der den Uebungen zu Grunde liegende Gedanke ist, daß eine aus 9000 Mann unter dem Befehl des Brigade⸗Generals Keen bestehende Heeresmacht von Afghanistan in Indien einbricht und den Indus mit Gewalt vösgnistan Ihr stellt sich General⸗Major Sir W. Lockhart mit 8000 Mann

entgegen.

Mit der

Frankreich.

Paris, 8. Oktober. In dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde der n des Marine⸗ Ministers auf Aufhebung des Admiralitätsraths und Uebertragung der Geschäste desselben auf den wieder⸗ eingesetzten höheren Marinerath und die General⸗ Inspektion angenommen. Der Marine⸗Minister bestätigte serner den Abschluß des Friedensvertrages mit Ausführung des Vertrages durch Zurückziehung der europäischen Truppen sei bereits begonnen. Des Weiteren nahm der Ministerrath die Dar⸗ legungen Jules Roche’s über den Allgemeinen Zoll⸗ tarif entgegen und entschied sich für das System der An⸗ nahme eines Maximaltarifs, welcher je nach Bedürfniß herabgesetzt wer den könne. Jules Roche wurde mit der Aus⸗ arbeitung einer entsprechenden Vorlage beauftragt.

Im Hinblick auf die Ueberschwemmungen im Süden beabsichtigt der Minister der öffentlichen Arbeiten, längs der Wildbäche ein telegraphisches Warnungs⸗ system einzurichten.

Das Mittelmeergeschwader ist in Smyrna ein⸗ getroffen.

Die Einnahmen an indirekten Steuern und Monopolen im Monat September ergaben 4 500 000 Fr. mehr als im Budget veranschlagt war und 9 Millionen mehr als in demselben Monat des Vorjahres. Die Registrirungs⸗ gebühren haben um 1 200 000 Fr., die indirekten Steuern um 4 000 000 Fr. und die Zuckersteuer um 1 ½ Millionen Francs mehr ergeben, als im Budget veranschlagt war. Gegenüber den Erträgnissen im gleichen Monat des Vorjahres beträgt der Ueberschuß bei den Registrirungen 3 200 000 Fr., bei den Zöllen 1 700 000 Fr. und bei der Zuckersteuer 2 600 000 Fr. 1

Das von der Commune seiner Zeit zerstörte Palais des Rechnungshofes wird auf Antrag des Arbeits⸗ um den Mindestbetrag von 4 300 000 Fr. verkauft werden.

Das „Journal Officiel“ vom 6. d. M. veröffentlicht ein Dekret des Präsidenten, durch welches die Kammern auf den 20. Oktober einberufen werden.

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Rußland und Polen.

St. Petersburg, 7. Oktober. In der heute aus⸗ gegebenen Gesetzsammlung wird eine Novelle veröffent⸗ licht, nach welcher Vorschußkredite für Rechnung der Budgets kommender Jahre, vom Jahre 1891 ab, nicht mehr bewilligt werden dürfen. Ferner werden die Ver⸗ ordnungen, betreffend die Vereinigung der Eisenbahn⸗ linien Tambow —Koslow mit Tambow Ssaratow und Ssamara Ufa mit Ufa-—Slatoust, publizirt.

Der Kriegs⸗Minister hat durch Tagesbefehl bekannt gegeben, daß einer vom Kaiser bestätigten Resolution des Mi⸗ litärconseils zufolge bis spätestens zum 1. Dezember 1891 die Neuformirung eines 7. Ostsibirischen Linien⸗Bataillons in der Stadt Wladiwostok angeordnet und dasselbe den Mannschaften der Truppenbestände des Süd⸗Ussuribezirks zu entnehmen ist. -

Der Stapellauf des neuen Panzerschiffs „Han⸗ göudd“ ist nach der „Now. Wr.“ definitiv auf den 16. Ok⸗ tober festgesetzt und es sind bereits 150 Mann der künftigen Besatzung des Schiffs aus Kronstadt nach St. Petersburg beordert, um mit den Vorarbeiten für den Stapellauf in der Neuen Admiralität zu beginnen. Wie die „St. Pet. Ztg.“ vernimmt, ist die von den Blättern angekündigte Uebergabe des Kreuzers „Jarosslaw“ der Freiwilligen Flotte an den Fürsten von Montenegro definitiv be⸗ schlossen und dürfte bald erfolgen. Die Gesellschaft der Frei⸗ willigen Flotte erhält von der Regierung eine Entschädigung von 300 000 Rubel. Der Kreuzer liegt in einem der Hafen des Schwarzen Meeres und war eine lange Zeit nicht in Gebrauch. .

Die Gesammtzahl der Klöster in Rußland im Jahre 1887 belief sich, wie die „St. Petersb. Ztg.“ dem Bericht des Ober⸗Prokurators des Hl. Synods entnimmt, auf 673, von denen 469 Mönchs⸗ und 202 Nonnenklöster waren. Zu den Mönchsklöstern gehören 60 bischöfliche Häuser, 4 Kathedralen und 230 etatmäßige und 175 außeretatmäßige, von denen die etatmäßigen wieder in 7 unmittelbar dem Hl. Synod unter⸗ stehende, 45 Klöster erster Klasse, 63 zweiter und 115 dritter Klasse zerfallen. Die Zahl der Mönche betrug 6950 Per⸗ sonen, die der Nonnen 6289, die der männlichen d 4711, die der weiblichen 16 685. Die Gesammtzahl aller zum Klosterstande Gehörenden sowie der sich zum Eintritt in den⸗ selben Vorbereitenden belief sich auf 11 661 Personen männ⸗ Tchen und 22 974 weiblichen Geschlechts, zusammen 34 635

ersonen.

Italien.

Rom, 7. Oktober. Der Minister⸗Präsident Crispi i ist heute Nachmittag nach Florenz Die Unterhandlungen, welche in Neapel zwi den italienischen und englischen Delegirten zur grenzung der beiderseitigen afrikanischen Macht⸗ sphäre gepflogen werden, begegnen tro Willens von beiden Seiten nicht geringen Schwierigkeiten. Italien hHean⸗

sprucht, wie man dem „St.⸗A. f. W.“ schreibt, ein Hinterland, welches es in die Lage setzen würde, nicht n von Massovah dem Handel mit dem „Sudan zu sondern auch einen strategischen Punkt zu gewinnen, von wo das nördliche Abyssinien und das iet voc den Einfällen der Derwische wirksam gef werden kdemte mit einem Worte, Kas ves Dieses mwird he gegen von der englischen Regierung als ein Stützpunkt 8 Vertheidigung des oberen Nils Khartums welchen sie nicht zu verzichten gewillt ist, da dier, me lischerseits hervorgehoben wird, die Prei sorge anvertrauten Interessen Egyptens dedeutem würde.

Wie man dem „H. C.“ aus dat daie nebernücdr Kriegsverwaltung die erythräische Kolonie in zure

militärische Zonen, jene von Asmara und ems vnn Keren, getheilt und mit den Kommandos daseldst daer Ord des in Afrika stehenden Bersaglier⸗Regiments und der

geborenen⸗Regiments betraut.

Madrid, 6. Oktober. „Hann. Cour.“:

Die Vorbereitungen zu kanntlich zum ersten Male auf

stattfinden werden, sind jetzt schen im