1890 / 251 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Oct 1890 18:00:01 GMT) scan diff

geschwindigkeit mit 2500 Atmosphären Druck und die jetzt für die schwedische Armee festgestellte Pulverladung eine Anfangs⸗ geschwindigkeit von 525 m mit einem etwas niedrigeren Druck be⸗ Außer diesem Vortheil haben die Versuche auch ewiesen, daß das Graupulver eine geringe Wärme⸗ entwickelung besitzt. Bei einer Serie von 15 Schuß wurde die Luft in dem Lauf um 2,70 bei jedem Schuß mit Graupulver, um 3,20 bei jedem Schuß mit Schwarzpulver, aber um 4,60 bei 1 Schuß mit Nitro⸗ glycerinpulver erhitzt, und eine Schußserie zeigte, daß 25 Schuß mit Graupulver, 15 Schuß mit Schwarzpulver und 10 Schuß mit Nitroglycerinpulver denselben Wärmegrad entwickeln. Eine Eigenthümlichkeit des verbesserten Graupulvers ist seine vollständige Feuerlosigkeit, sodaß im Finstern keine Spur von Feuer zu sede ist, während andere neue Pulversorten ein intensives weißes, manchmal blauweißes Feuer haben.

In Nr. 247 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 14. Oktober meldeten wir nach „W. T. B.“, daß, einer Depesche des Gou⸗ verneurs von Mozambique vom 11. d. M., zufolge die englischen Kanonenboote, welche sich an der Mündung des Chinda⸗Flusses befanden, den Hemb ne hinaufgefahren seien und daß Seitens der portugiesischen Behörden dagegen Protest erhoben wurde. 1

Gleicher Zeit wurde gemeldet, die zur Besetzung von Maschona abgegangene englische Expedition sei nach einer in Lissabon eingetroffenen Privatdepesche mit etwa 800 Mann in das Gebiet von Manika gelangt. Diese letztere Nachricht ist jedoch von englischer Seite (vgl. Nr. 248 des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“) bestritten und in Abrede gestellt worden mit dem Bemerken, die einzige englische Erpedition, welche in Betracht kommen könne, sei diejenige der

südafrikanischen Gesellschaft, welche sich indeß gegenwärtig in Mount Hampden, mehrere hundert (englische) Meilen von Manika entfernt, aufhalte. 8 Zum geographischen und politischen Verständniß dieser Mittheilungen entnehmen wir der „Nat. Ztg.“ einige Angaben, aus 828 sich ungefähr folgendes Bild von dem Sachverhalt ergiebt: G Durch das englisch⸗portugiesische Abkommen war der Zambesi⸗Fluß zu einem freien Strom erklärt worden. Dieses Abkommen ist jedoch noch nicht in Kraft getreten, vielmehr hat am Mittwoch das neue portugiesische Ministerium erklärt, es könne den Cortes die Annahme des Vertrages nicht empfehlen. Dennoch haben englische Kanonenboote den Zambesi schon jetzt als freie Wasserstraße betrachtet und sind den Fluß hinaufgefahren. Die „Morning Post“ hebt mit Bezug hierauf hervor: Portugal dürfe darum, weil es die Mündungen besitze resp. beanspruche, den Zugang zu dieser Wasserstraße ersten Ranges nicht allen anderen Nationen verschließen. Die „Nat.⸗Ztg.“ hält es für erklärlich, daß England etwas, was ihm die portugiesische Regierung in dem noch schwebenden Vertrage zu⸗ gestanden habe, sich Angesichts der langwierigen Hinzögerung des endgültigen Abschlusses vorwegnehme.

Was die andere, von englischer Seite dementirte Nachricht von dem Eindringen einer englischen Expedition in Manika, wo sich große portugiesische Goldminen befinden, anbetrifft, so liegt letzteres in der Sphäre, welche auch nach dem schwebenden Vertrage Portugal zugedacht war. Jene Expedition, von der hier die Rede ist, kann nur diejenige sein, welche bestehend aus 400 Weißen mit einem entsprechenden Gefolge Farbiger von der Kapkolonie nach dem Maschonalande

egangen ist. Dieses Land steht in einem losen Abhängig⸗ eitsverhältniß zu dem nördlich von der südafrikanischen Republik gelegenen Matabelereich und liegt im Nord⸗ osten von dessen eigentlichem Gebiet. Oestlich an das Maschonaland grenzt das Gebiet an Manika. Unter Umgehung des eigentlichen Matabelelandes, dessen Herrscher über große Massen nach Art der Zulukaffern disziplinirter Krieger verfügt, hat die englische Expedition schon vor einiger Zeit das Maschonaland erreicht, wo sie Ansiedelungen Behufs Viehzucht und Anbaus von allerhand Erzeugnissen der tropi⸗ schen und der gemäßigten Zone gründen und das Land den Engländern unterwerfen soll. Von dieser Expedition nun

es plötzlich, sie sei mit 800 Mann in das Manikagebiet eingedrungen, um Besitz von demselben zu ergreifen. . Die Richtigkeit dieser letzteren Nachricht nun wird von der englischen Presse mit größter Entschiedenheit bestritten und die⸗ selbe für eine Unmöglichkeit erklärt, da die Expedition am Mount Hampden, einem 40 bis 60 deutsche Meilen von der Grenze des Manikagebiets entfernten Punkte, ihr äußerstes Fel erreicht haben werde. An der Richtigkeit dieses Dementis, so bemerkt die „Nat. Ztg.“, zu zweifeln, liege keine Grund vor. .. .. England strebt eine breite und sichere Verbindung der Kapkolonie mit dem Nyassa⸗See und den anderen großen Binnenseen an; hierzu braucht es aber das Manikaland nicht, weßhalb letzteres auch in dem er⸗ wähnten Vertrage Portugal überlassen wurde.

Mit Bezug auf die erwähnte Erklärung des neuen portugiesischen Minister⸗Präsidenten (vgl. auch Nr. 249 d. Bl. unter Portugal) führen „Times“ und „Standard“ aus, daß darin eine Verwerfung des - üe wgiesischen Ab⸗ kommens zu erblicken sei und daß England in . ge dessen nicht länger an seine bisherigen Zugeständnisse gebunden sei. Die „Times“ spricht dabei zugleich unter Bezugnahme auf die Nachricht von dem Ein⸗ dringen der englischen südafrikanischen Expedition in das Manikaland die Erwartung aus, daß der Premier⸗Minister der Kapkolonie Rhodes „die Gelegenheit benutzen“ werde. Falls das Expeditions⸗Corps der Südafrikanischen Gesellschaft die streitigen Distrikte am Zambesi besetze, werde diese Besitz⸗ nahme eine unwiderrufliche sein. 8 b.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Dem für Vermittelung einer Ehe versprochenen Makel⸗ lohn ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Civilsenats, vom 7. Januar 1890, im Geltungsbereich des Rhein. Rechts die Klaabar⸗ keit nur dann abzusprechen, wenn der Lohn nicht für die Bemühungen um das Zustandekommen einer Ehe mit einer bestimmten Person, sondern dafür, daß durch die Vermittelung überhaupt eine Ehe zu Stande kommt, zugesagt ist.

Ein beim Eisenbahn⸗, Bergwerks⸗ ꝛc. Betriebe V 811272 welcher einen Anspruch auf Schadensersatz auf Grund des Reichs⸗ Haftpflichtgesetzes hat, kann nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 11. Februar 1890, außer den eigentlichen Heilungskosten auch die Erstattung der nothwendigen Kosten für

vermehrte Aufwartung und Pflege nach der eigentlichen Heilung verlangen. Diese Ersatzverbindlichkeit fällt auch dann nicht weg, wenn die Eltern des Verletzten diesem gegenüber alimentations⸗ pflichtig sind und auch im Stande sind, die erwachsenen Mehrkosten der Alimentation zu tragen.

Die Einrede des Wuchers rücksichtlich eines Darlehns, welches vor dem Inkrafztreten des Reichs⸗Wuchergesetzes vom 24. Mai 1880 (unter der Herrschaft des Bundesgesetzes vom 14. November 1867) aufgenommen worden, ist nach einem in einer gemeinrechtlichen Sache ergangenen Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 14. Februar 1890, statthaft, wenn Zinsen und Provisionen in so exorbitantem Maße und unter so drückenden Bedingungen berechnet und angesonnen werden, daß sie den Charakter einer Vergütung für den Genuß des Kapitals, bezw. für die Bemühungen und das Risiko des Darleihers völlig verlieren.

Rechtshandlungen, welche nach der Zahlungsein⸗ stellung des Konkursifex vorgenommen worden, dem Gläu⸗ biger eine Begünstigung gewährt haben und demnach aus §. 23 Nr. 2 der Konkursordnung anfechtbar sind, Falls der Gläubiger nicht nachweist, daß ihm zur Zeit der Handlung weder die Zahlungsein⸗ stellung und der Eröffnungsantrag, noch eine Absicht des Gemein⸗ schuldners, ihn vor den übrigen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war, können, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 10. März 1890, nicht angefochten werden, wenn sie früher als sechs Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens er⸗ folgt sind (vgl. §. 26 der Konk.⸗Ordn.).

Die vom Konkursverwalter mittels Anfechtung auf Grund der Konkursordnung erstrittene Unwirksamkeitserklärung der vom Gemeinschuldner an einen Dritten erfolgten Cession einer Forde⸗ rung wirkt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Civilsenats vom 11. März 1890, nur zu Gunsten der Kon kursmasse, nicht aber zu Gunsten eines Gläubigers, welcher jene Forderung nach der erwähnten Cession zu seinen Gunsten hatte pfänden lassen und dem⸗ zufolge ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der Forde⸗ rung geltend macht.

Hat der Kommissionär bei der Kommission zum Einkauf von Waaren ꝛc., welche einen Börsen⸗ oder Marktpreis haben, gemäß Art. 376,1 des H.⸗G.⸗B. von seiner Befugniß als Selbst⸗ kontrahent aufzutreten, Gebrauch gemacht, so ist er, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Civilsenats, vom 18. März 1890, dem Kommittenten gegenüber als wirklicher Verkäufer anzusehen; er hat demnach dem mit der Abnahme der Waare bezw. mit der Zahlung des Kaufpreises säumigen Kommittenten gegenüber die in den Art. 343, 354 H.⸗G.⸗B. dem Verkäufer eingeräumten Rechte, und andererseits bildet das Geschäft, durch welches der Kommissionär von einem Dritten die von ihm z2 liefernde Waare gekauft hat, für den Kommittenten ein fremdes Geschäft, um dessen Erledigung er sich nicht zu bekümmern braucht.

Ist einem von einem Betriebsunfall betroffenen Arbeiter eine von der Berufsgenossenschaft zu leistende Unfallrente zugebilligt und wird später der Arbeiter wegen einer mit jenem Unfall nicht im Zusam menhange stehenden Krankheit invalidisirt, so darf, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 19. April 1890, das ihm statutenmäßig aus der Hülfskasse gebührende Invalidengeld nicht ohne Weiteres um den Betrag der Unfallrente verkürzt werden. §. 8 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 („Die Verpflichtung der eingeschriebenen Hülfskassen sowie der sonstigen Kranken⸗ ꝛc. Kassen,

den von Betriebsunfällen betroffenen Arbeitern Unterstützungen zu

ewähren, wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Soweit auf Grund olcher Verpflichtungen Unterstützungen in Fällen gewährt sind, in welchen dem nan Festg ags nach Maßgabe dieses Gesetzes ein Ent⸗ schädigungsanspruch zusteht, geht der letztere bis zum Betrage der eleisteten Unterstützung auf die Kassen über, von welchen die Unter⸗ s gewährt worden ist“) findet auf diesen Fall keine Anwendung.

Der Widerstand gegen einen zum Forstschutz bestellten Privatförster außerhalb des ihm anvertrauten Reviers ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 19. Mai 1890, aus §. 117 des Strafgesetzbuchs (wegen Widerstandes gegen einen Forstaufseher in der rechtmäßigen Ausübung seines Amts oder Rechts) zu bestrafen, wenn derselbe bei einer auf Grund des §. 127 Abs. 1 der Strafprozeßordnung („Wird Jemand auf frischer That betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann, Jeder⸗ mann befugt, ihn auch ohne richterlichen Befehl . fest⸗ zunehmen“*) erfolgten Festnahme wegen eines innerhalb seines Reviers begangenen Forstfrevels geleistet wird.

Die Bestimmung des §. 809 Abs. 2 der Civilprozeßordnung: „Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tage, an welchem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch derselbe erging, zugestellt ist, zwei Wochen ver⸗ strichen sind“, findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civil⸗ senats, vom 3. Juni 1890, auch auf das Arrestverfahren für Im⸗ mobilien Anwendung; diese Frist ist demnach bei dem Arrest in unbewegliches Vermögen nur dann gewahrt, wenn innerhalb derselben der Antrag auf Vollziehung des Arrestes durch Vormerkung im Grundbuche bei der zuständigen Behörde eingereicht und diese Vor⸗ merkung erfolgt ist. Ist die Vormerkung des Arrestes nach Ab⸗ lauf der Frist erfolgt, so ist sie wirkungslos; auch haftet nach der späteren Umschreibung der Vormerkung in eine definitive Hypothek der gleiche Mangel der Hypothek an.

In Bezug auf §. 316 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (Gefängniß von einem Monat bis zu drei Jahren „trifft die zur Leitung der GEisenbahnfahrten und zur Aufficht über die Bahn und den Beförderungsbetrieb angestellten Personen, wenn sie durch Vernach⸗ lässigung der ihnen obliegenden Pflichten einen Transport in Gefahr setzen“.) hat das Reichsgericht, I. Strafsenat, durch Urtheil vom 23. Juni 1890 ausgesprochen, daß unter diese Bestimmung alle Per⸗ sonen fallen, welche vermöge ihrer Anstellung darauf zu achten haben, daß bei einer Eisenbahnfahrt keine Gefahr erwachse, insbesondere auch Bremser und Hülfsbremser.

Vorf ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Straf⸗ senats, vom 27. Juni 1890, kein Bodenerzeugniß im Sinne des Preußischen Feld⸗ und Forstpolizei⸗Gesetzes vom 1. April 1880, die Entwendung ungestochenen Torfes ist demnach in Preußen aus §. 370 Nr. 2 Str.⸗G.⸗B. als Uebertretung und die Entwendung gestochenen Torfes als Diebstahl zu bestrafen.

Kunst und Wissenschaft.

Die historische Kommission bei er Koniglich bayerischen Akademie der Wissenschaften in München hat ihre diesjährige Plenarversammlung vom 25. bis 27. September unter der Leitung ihres Vorstandes, des Wirklichen Geheimen Ober⸗ Regierungs⸗Raths von Sybel abgehalten. Die Eröffnungsrede des Vorstandes war dem Andenken der beiden hervorragenden Mitglieder gewidmet, welche die Kommission seit ihrer letzten Plenarversamm⸗ lung verloren hat. Sie legte den Lebensgang von Giesebrecht’s dar und seine Verdienste um Wissenschaft und Vaterland, sowie ins⸗ besondere um die Kommission, deren Mitglied er von der Zeit ihrer Begründung und deren Sekretär er 27 Jahre lang gewesen ist, und erörterte eingehend und ausführlich den Charakter seines großen Lebenswerkes, der Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Dann ging der Redner auf von Döllinger über, rühmte die Theilnahme, die derselbe den Bestrebungen der Kom⸗ mission viele Jahre hindurch bewährt hat, und vergegen⸗ wärtigte in lebhafter Schilderung die Eindrücke, welche er seit 1856

oft wiederholten Begegnungen von seiner Pers önlichkeit empfangen abe

An den Verhandlungen der V“ nahmen weiter⸗ hin Theil die ordentlichen Mitglieder; Wirklicher Geheimer Rath von Arneth aus Wien, Klosterpropst S von Lilieneron aus Schleswig, die Geheimen Regierungs⸗Räthe Dümmler und Wattenbach aus Berlin, die Professoren Baumgarten aus Straßburg, von Hegel aus Erlangen, von Kluckhohn aus Göttingen, von Wegele aus Würzburg, die Professoren von Druffel, Heigel und Stieve, Ober⸗Bibliothekar Riezler und Prof. Cornelius, Verweser des Sekretariats der Kommission, in München. 5 wohnten die außerordentlichen Mitglieder: Dr. Lossen, Sekretär der Akademie der Wissenschaften, und Dr. Quidde, aus den Sitzungen bei. 9

Seit der letzten Plenarversammlung sind folgende Publikationen durch die Kommission erfolgt: 1) Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Bd. XXI. Geschichte der Kriegswissenschaften von Max Jähns. Abtheilung I und II. 2) Jahrbücher der deutschen Geschichte. Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich IV. und Heinrich V., von Gerold Meyer von Knonau. Bd. I. 1056 1069. 3) Allgemeine deutsche Biographie. Bd. XXX u. Bd. XXXI. Heft 1. Andere Publikationen stehen für die nächste Zeit bevor. Der Druck der Vatikanischen Arkten zur Geschichte Kaiser Ludwig's des Bayern, herausgegeben vom Ober⸗Bibliothekar Dr. Riezler, ist nach Ueberwindung der in den Vorjahren erwähnten Verzögerungen nunmehr fast vollendet. Von der Geschichte der Wissen⸗ schaften in Deutschland ist die Geschichte der Kriegs⸗ wissenschaften von Max Jähns im Erscheinen begriffen. Für die Hanse⸗Rezesse ist Dr. Koppmann, Archivar der Stadt Rostock, fortwährend thätig. Der Schluß der Sammlung, die Jahre 1419 1430, erfordert noch zwei Bände, den 7. und 8. Der Herausgeber, der das Material bis zum Jahr 1428 bereits 20 hat, hofft den Druck im Sommer 1891 beginnen zu können.

Von den Jahrbüchern des Deutschen Reichs ist zunächst die Umarbeitung des Bonnell'schen Buchs über die Anfänge des Karolingischen Hauses zu erwarten, welche Professor Oelsner in Frankfurt übernommen hat, und deren Erscheinen er für 1891 in Aussicht stellen zu dürfen glaubt.

Für die deutschen Städte⸗Chroniken, herausgegeben durch Professor von Hegel, besteht das Hinderniß fort, welches durch die Abberufung des Dr. Hansen als Afsistent an das Königlich preußische historische Institut in Rom erwachsen ist; in Folge dessen können die dem Abschluß nahen Arbeiten für den 3. Band der niederrheinisch⸗westfälischen Chroniken noch nicht wieder aufgenommen werden. Dagegen hat Dr. Friedrich Roth in München die Be⸗ arbeitung der Augsburger Chroniken des 15. Jahrhunderts so weit gefördert, daß der Druck des 3. Bandes derselben demnächst beginnen kann und sein Erscheinen während des nächsten Jahres mit Sicherheit zu erwarten ist. Dieser Band wird die Chronik von Hektor Mülich 1448 87 nebst Zusätzen von Demer, Manlich, Walther und Rem enthalten, außerdem die Chronik des Clemens Sender.

Die Herausgabe der älteren Serie der deutschen Reichstags⸗ akten ist seit dem Tode Professor Weizsäcker's von Dr. Quidde übernommen worden. Während des abgelaufenen Jahres waren die Arbeiten im Wesentlichen darauf gerichtet, Lücken in der bisherigen Sammlung des handschriftlichen und des gedruckten Materials für die Jahre 1432 39 auszufüllen und so den nächsten Band, den zehnten der ganzen Reihe, so bald als möglich druckfertig zu machen. Dagegen wurden die geplanten Reisen nach Frankreich, Belgien und England aufgeschoben, als für den nächsten Zweck nicht unentbehrlich. Es wird daran gedacht, den 10. Band in zwei Bände zu theilen, und würde es in diesem Fall vielleicht möglich sein, einen Band im Laufe des Jahres 1891 druckfertig zu machen.

Für die jüngere Serie der deutschen Reichstagsakten hat der Herausgeber Prof. von Kluckhohn außer dem bisherigen ständigen Mitarbeiter Dr. Wrede noch Dr. O. Merx und Dr. Saftien heran⸗ gezogen. Der frühere Mitarbeiter Prof. Friedensburg sandte Beiträge aus Rom, Mantua und Venedig. Die größte Förderung aber, erfuhr das Unternehmen fortdauernd von Seiten des K. K. Hof⸗, Haus⸗ und Staatsarchivs zu Wien, aus welchem namentlich Dr. Gustav Winter Beiträge aus dem alten Reichsertkanzler⸗Archiv lieferte. Anderes Material fand Prof. von Kluckhohn zu Arolsen, Salzburg und Innsbruck, Dr. Merx im Marburger Archiv. So liegt der Stoff für die Jahre 1520 24 nunmehr ziemlich voll⸗ ständig vor, und kann die Hauptarbeit der nächsten Zeit auf die Redak⸗ tion des ersten Bandes gewandt werden, der mit dem Tage der Wahl Karl's V. zum römischen König beginnen und seine Reise nach Deutschland und Krönung, dann den Wormser Reichstag um⸗

fassen soll. ssen) jüngere Serie der deutschen Reichstagsakten wird

An die a sich als „Supplement“ eine Sammlung der Päpstlichen Jahrhundert an⸗

Nuntiaturberichte aus dem 16. schließen; eine Bereicherung unseres Unternehmens, welche die Kommission dem wohlwollenden Entgegenkommen des König⸗ lich preußischen Kultus⸗Ministeriums verdankt, das dem preußischen historischen Institut zu Rom die Mitarbeit für unsere Zwecke verstattet hat. Da zusammenhängende Serien von Nuntiaturberichten erst seit 1533 vorliegen, so will der Herausgeber Professor Friedensburg in Rom mit diesem Zeit⸗ punkt beginnen und in den ersten Supplementband die Berichte des Peter Paul Vergerio von seinen beiden Sendungen nach Deutschland 1533 34 und 1535, weiter Berichte desselben aus Neapel 1536 und seines Stellvertreters Otonello Vida aus Deutschland 1536—38 sowie die seiner Nachfolger Aleander und Mignanelli bis zum Herbst 1539, dazm dann überall die Gegenschreiben der Kurie, soweit solche vor⸗ liegen, aufnehmen. Professor Friedensburg hat außer dem Vati⸗ kanischen Archiv auch die Archive zu Venedig, Parma, Flborenz⸗ und besonders zu Neapel ausgebeutet, wo sich die umfangreichen und hochbedeutenden Farnesinischen Papiere be⸗ finden. So sind für den ersten Band über 550 Nummern gesammelt, darunter mindestens 500 Inedita, und ungefähr ebenso viel weitere, in Anmerkungen zu verwerthende Aktenstücke. Dem Pro⸗ fessor Friedensburg hat sich als freiwilliger Mitarbeiter Dr. FSe heim zur Verfügung gestellt und sammelt zur Zeit Nuntiaturberichte der Jahre 1545—1555..

Für die ältere pfälzische Abtheilung der Wittelsbacher Correspondenzen hat Professor von Bezold Jett die Arbeit wieder aufgenommen und beabsichtigt zunächst, zur Vervollständigung des Materials für den dritten Band der Briefe des Pfalzgrafen Johan Casimir die Staatsarchive zu München und Marburg zu besuchen. Auch wird eine Nachlese im Dresdner Archiv erforderlich sein.

Für die ältere bayerische Abtheilung wird Professor von Druffel jetzt, nach Herstellung dahn Gesundbeit, wieder thäti sein und den Druck des vierten Bandes seiner Beiträge zur Reichs⸗ geschichte beginnen lassen. 8

Was die vereinigte jüngere bayerisch⸗pfälzische Abthei 1 betrifft, so ist zwar Professor Stieve persenlich noch nicht i der Lage gewesen, die Arbeiten für den sechsten Band der Briefe und Akten zur Geschichte des drei igjährigen Krieges energisch wieder auf⸗ zunehmen; dagegen hat sein Ularbegter Dr. Karl Mayr mit großem Eifer die Sammlung des Materials für die Jahre 1618—20 fort⸗ gtseßt⸗ sowohl des gedruckten in den gleichzeitigen politischen Flug chriften und Zeitungen, als auch des archivalischen im Reichsarchiv und Staatsarchiv zu München.

Der Fortgang der allgemeinen 1 en Biographi hat theils durch die Schuld der Druckerei, tbeils durch die groß

Saumseligkeit einzelner Mitarbeiter eine bebauerliche Verzögerung er⸗

litten, sodaß im abgelaufenen Jahr nicht wie Fenebntic ehn, son⸗ dern nur sechs Lieferungen ausgegeben werben konnten; doch hofft die das Versäumte im nächsten Jahr tbellweise wieder einzu⸗ olen.

N,. 251.

zum Deutschen Reichs⸗A

Berlin, Sonnabend, den 18. Oktober

Ae4 ServI

Geographischer Monatsbericht. 1

rund von Dr. A. Petermann's Mittheilungen (Geschlossen am 27. September 1890.)

8

Asien. 3

Die Reise, welche Staatsrath Dr. G. Radde als Begleiter der Großfürsten Alexander und Sergei Michailowitsch in wenigen Tagen antritt, geht nach brieflicher Mittheilung an Prof. A. Kirchhoff in Hell⸗ zuerst nach Ceylon. Eine Durchquerung der Insel ist beab⸗

chtigt. Die großen Sunda⸗Inseln sollen alle besucht und später vom indischen Festlande eine Tour zum Himalaya gemacht werden. Auf dem Rückwege wird Palästina und Egypten besucht. b Central⸗Asien. Sehr wichtige Aufschlüsse über den Pamir und Hindukusch verspricht die zweite Reise, welche der in Kasch⸗ mir ansässige Franzose Dauvergne in die indisch⸗russischen Grenz⸗ länder 1889/90 unternommen. Von Kaschmir aus gelangte er längs des Serafschan⸗daria, des Oberlaufes des Jarkandflusses, welcher seit⸗ dem durch Grombtschewski genauer durchforscht worden ist, über Toong Mariom, Sarikol, Tasch⸗Kurgan, Karatschunkar nach dem Daghdum⸗ basch⸗Pamir. In Wachan wurde er von den Afghanen zurückgehalten, entwich aber nach mehrtägiger Gefangenschaft auf einem bisher un⸗ bekannten, gletscherreichen Paß Karambar über den Hindukusch nach Gilgit. Dieser Paß, östlich von dem nach Tachitral führenden Passe Barughil und dem nach Jassin führenden Passe Darkot gelegen, ist der kürzeste Weg von Kaschmir nach Kashan (C. R. Soc. géogr.

aris 1890, S. 293).

Ein ausführlicher Bericht an die K. Russ. Gesellschaft (Isw. 1889, S. 427) giebt Auskunft über den ersten Theil der Expedition der Gebrüder Grum⸗Grshimailo nach dem Tian⸗Schan. Diese Expedition verließ Kuldsha am 3. Juli, gelangte über den Paß Atschal nach dem kleinen, von Tarantschen und Chinesen bewohnten Städtchen Dshin⸗cho und von da ins Gebirge und auf Gebirgswegen zum Flusse Chutuk⸗bai. Hinabsteigend erreichte sie die Kaiserstraße und auf dieser Urumtschi. emerkt wird hier, daß die besten Karten auf dem ganzen von der Erxpedition zurück⸗ gelegten Wege den Nordabhang des Gebirges ganz un⸗ richtig darstellen: der Paß Kiityka ist nicht vorhanden; der Paß Mengete führt aus dem Bassin des Kasch in das des Chusta, von wo der Weg sich nicht nach Norden, sondern nach Südosten wendet, sich mit dem vom Winterpaß Ulan⸗ussu kom⸗ menden Wege vereinigt, zum Passe des Keldyn und dann zum Jullus oder Sullus führt. Im Norden dieser Straße erhebt sich der von der Expedition entdeckte grandiose Gebirgsknoten Dös⸗Mögen⸗ora. Den davon sich abzweigenden Gebirgen entströmen die Flüsse Chorgos, Ulan⸗-ussu (Gindsha⸗chö), Chusta sein ungeheurer Strom, der im mittleren Laufe Manas heißt), Schindsho, Jullus, Kasch und andere kleinere. Der Blick auf das System der sechs Piks des Dös⸗Mögen⸗ora von einem der Gipfel des Manas⸗Gebirges ist prachtvoll. Die Höhe des Dös⸗Mögenora ist vielleicht bedeutender als die des Bogdo⸗ola und übersteigt 6000 m. Die Schneemassen sind erstaunlich, die Gletscher jedoch wegen der Steilheit der Wände des Dös⸗Mögen⸗-ora selbst und seiner Ausläufer nicht bedeutend. Auf der Strecke Atschal⸗Urumtschi bildet der Tian⸗Schan eine unzulängliche Mauer, die von fast ununterbrochenen Schneemassen gekrönt ist. Die Expedition besuchte einige Kohlengruben, Schluchten, die aus Spalten und Löchern Dampf oder Rauch mit dem eigenthümlichen Stein⸗ kohlengeruch entströmen lassen und überall Inkrustationen und Schwefelkrystalle zeigen. Fast alle Flüsse des Tian⸗Schan führen Gold, das auch aus allen Ablagerungen der Flüsse, aber nicht aus anderen Goldsandlagern oder Quarzadern gewonnen wird. Der Tian⸗Schan ist ungewöhnlich reich an großen Wirbelthieren, aber viel ärmer als der Pamir an Vögeln und Insekten in Folge des Mangels an Kontrasten und der Gleichförmigkeit der Flora. Astronomisch sind .“ bestimmt, und 40 photographische Aufnahmen sind aus⸗

eführt. 8 Korea. Der durch seine Reisen im Gebiet des obern Nil be⸗ kannte amerikanische Oberst Chaills⸗Long, damals amerikanischer General⸗Konsul in Korea, konnte vom 28. September bis 2. Oktober 1888 auf der Insel Quelpaert seinen Aufenthalt nehmen: er landete im Hafen von Pelto und reiste nach der Hauptstadt Tschu⸗ Song, konnte aber trotz seiner Pässe ein weiteres Vordringen landein⸗ wärts nicht unternehmen. So ist die genannte Insel seit der Gefangen⸗ schaft des niederländischen Seemanns du Hamel in der Mitte des 17. Jahr⸗ hunderts zum ersten Mal von einem Weißen besucht worden, ob⸗ wohl Koreg seit acht Jahren dem internationalen Verkehr erschlossen ist. Die Schilderung Chaillé⸗Long's beschränkt sich natürlich nur auf Mittheilung seiner Erlebnisse, Beschreibung der beiden Städte, sowie auf Erkundigungen über das Innere der Insel. (Bull. Soc. gséogr. Paris 1890, S. 425 bis 445, mit Reproduktion einer korea⸗ nischen Karte. Bull. Amer. Geogr. Soc. New⸗York, 1890, S. 219

bis 267. 11“ Zum zweiten Mal hat der bekannte

Erforscher des Gebietes zwischen Tongking und dem nördlichen Siam, Frlarschen. A. Pavie, den direkten Weg von der Küste nach dem oberen Mekong zurückgelegt: er ging am 2. Februar von Cho⸗ho, dem Endpunkt der Schiffahrt auf dem Schwarzen Flusse, aus und gelangte über Lai⸗Chau und Dien⸗Bien⸗Phu nach seinem Bestimmungs⸗ orte Luang⸗Prabang, wo er sich mit den übrigen Mitgliedern der Kommission zur Absteckung zwischen Siam und Tongling⸗Annam ver⸗ einigte. Der geographische Gewinn dieser Reise ist die vollständige Erforschung des S Flusses, des wichtigsten Tributärs des Song⸗ka oder Rothen Flusses; die beiden Quellflüsse sind der Luma und der Papien, welch letzterer also nicht, wie lange angenommen war, Zufluß des Namehu und damit Tributär des Mekong ist.

Die Siam tributäre Landschaft Laos hat auf einer bisher aufgenommenen Route J. Taupin durchkreuzt, von Angkor bis zum Flusse Mun. Nach siebenmonatlichem Aufenthalt in Ubone machte Taupin eine Reihe von Ausflügen nach Norden und kehrte über Mekong zurück. Seine Aufnahmen, welchen er eine eingehende Be⸗ schreibung des untern Laos beifügt, sind eine wesentliche Erweiterung unserer Kenntniß von Hinter⸗Indien. (Bull. Soc. géogr. commerc. Paris, 1890. S. 448 bis 461 mit Karte in 1: 900 000.)

Eine treffliche Darstellung des gegenwärtigen Standpunktes der Kenntniß über einen greßen Theil von Hinter⸗Indien bietet die von der indischen Landesvermessung im März 1890 h. - Karte Burma and adjacent countries in 2 Bl. und im Maßstab von 1: 2 027 520. Sie schließt die Grenzgebiete gegen Indien, China und Siam, sowie den größten Theil des letztern Staates ein. Eine bisher noch fehlende zusammenhängende Darstellung der wich⸗ tigsten Forschungen, welche den Engländern mit der Besitz⸗ ergreifung von Birma zu verdanken sind, hat Emil Schlag⸗ intweit auf Grund von amtlichen, wenig zugänglichen Akten⸗ stücken bearbeitet (Globus LVIII., S. 145 —150); er bespricht namentlich die Expeditionen nach den Schan⸗Staaten, die Expedition nach Mogaung, die Assam⸗Hukong⸗Expedition und endlich die Unternehmungen gegen die Tschin⸗Luschai⸗Stämme. Den Irawadi stromauf haben von Rhame aus Kapt. Barwick, Major Fenton und Kommissar Shaw im Mai 1890 befahren bis zur Grenze der Schiffbarkeit. Bereits oberhalb Maingna waren zahlreiche Stromschnellen zu überwinden. Ungefähr 150 Miles von Rhamo entfernt, vereinigt sich der Fluß aus dem von NoO. kommen⸗ den Mali⸗Kha und dem aus 0. kommenden Nmaika

(Mek Kha); ersterer konnte noch 6 Miles, letzterer nur 3 Miles verfolgt werden bis 250 56 N. und 970 387 H. v. Gr. g englisch⸗indische Expedition gegen die Tschin⸗Luschai⸗ Stämme hat im Grenzgebiet von Bengalen und Birma einen Distrikt von gegen 500 englische Quadratmeilen = 1300 qkm ver⸗ messen. Besonders wichtig ist dabei die Vermessung des oberen Laufes des Kaladan⸗Flusses. Außerordentlich umfangreiches Material wurde von Lieutenant Rainey über die verschiedenen Stämme gesammelt, mit denen die Expedition in Berührung kam.

Indischer Archipel. Eine Reise nach Sumatra hat der durch seine eingehende Erforschung der Insel Nias bekannte italienische Zoolog E. Modigliani im Juli d. J. angetreten in der Absicht, besonders die Umgegend des Toba⸗Sees zu untersuchen. Jedenfalls sind von derselben wichtige Aufschlüsse zu erwarten, zumal das Gebiet dieses Sees trotz der niederländischen Station und der rheinischen Mission bis auf die wenigen von Europäern besuchten Punkte auch in topographischer Beziehung fast gänzlich unbekannt ist.

Ueber die erste Durchquerung der unabhängigen Battah⸗Länder, ausgeführt von Joachim Frhrn. von Brenner⸗ 2 und von Mechel, wird erst jetzt ein ausführlicher Bericht ekannt. (Mitth. K. K. 8 Eer ien 1890, S. 276.)

rika.

West⸗Afrika. Von bedeutendem Gewinn war die For⸗ schungs⸗Campagne 1887/‚88 nach dem französischen Sudan begleitet: Ausdehnung der französischen Schutberrschaft übck die Landschaften zwischen Gambia, oberem Niger und den südlichen Küstenflüssen; Herstellung einer zweiten, kürzern Verbindung nach dem obern Niger und zwar von dem Distrikt Rividres du Sud quer durch Futa Djallon. Die Aufnahmen dieses Feldzuges lieferten für die Karte den großen Gewinn einer sichern Lage der Landschaft Futa Djallon, einerseits durch astronomische Ortsbestimmung, andererseits durch kontrolirende Itineraraufnahme nach dem Senegal, dem obern Niger und der Küste. Die erste genauere Karte 1: 1 500 000 über die Ergebnisse dieses Zuges haben Lieutenant Plat, welcher die Kolonnen von Bafulabé vom oberen Senegal über Timbo nach Benty an der Küste führte, und Lieutenant Huillard bearbeitet. Ersterer fügt einen ausführlichen Reisebericht hinzu, welcher sowohl den Ver⸗ lauf der Expedition, als auch die Ergebnisse in allgemein geographischer, topographischer und ethnographischer Beziehung betont. Am 15. April wurde die Quelle des Senegal in 789 m Höhe, südwestlich von Timbo, erreicht. Die französische Regierung beeilt sich, die Ergebnisse der Reise von Kapitän Binger weiter auszunutzen und ihren Einfluß in den Landschaften füdlich vom Niger zu befestigen. Kapitän Monteil, der Bearbeiter der großen Karte von Senegal und dem französischen Sudan, soll von Kap Palmas nach der Hauptstadt Samorys und der Landschaft Wassulu vordringen und wird auf diesem Wege das Hinterland von Liberia bis zum Niger erforschen; Kapitän Mäneh geht von Grand Bassam aus nach Kond, um die vom Kapitän Binger erschlossene Verbindung zu fördern. Sowohl in geographischer als auch in politischer Be⸗ ziehung wird den vorbezeichneten Arbeiten Binger's mit Recht großer Werth beigemessen. Am besten beweist das die ausführliche karto⸗ graphische Darstellung, welche ihnen gewidmet worden. Im Auftrage des Kolonial⸗Ministeriums sind B.’s Aufnahmen und Erkundigungen in vier großen Blättern in 1:1 000 000 veröffentlicht worden: „Carto du Haut-Niger au golfe de Guinée par le pays de Kong et de Mossi.“

Eine Reihe von Breitenbestimmungen, sowie zahlreiche Höhen⸗ messungen wurden demnächst von Hauptmann Klings ausgeführt. Föshst beachtenswerth sind seine Aufschlüsse über den topographischen

ufbau des deutschen Schutzgebietes und seinen wirthschaft⸗ 1 (Mittheilungen aus deutschen Schutzgebieten III., S. 37 164. Nach Kamerun ist Dr. E. Zintgraff am 1. September in Be⸗ leitung von Lt. Spangenberg wieder zurückgereist, um sich nach der Bali⸗Station zurückzubegeben und seine Forschungen im Innern wieder aufzunehmen. Nahe bevorstehend ist die Veröffentlichung der Aufnahme von seiner letzten Reise nach dem Benue. Nach kurzem Aufenthalt in Kamerun hat auch Lieutenant Morgen im Mai seinen Rückmarsch nach der Jaunde⸗Station angetreten und wird von dort baldigst landeinwärts aufbrechen.

Die Verbindung des Benue mit dem System des Schari vermittelst des Tuburi⸗Sumpfes, welche von Barth nach Erkundigungen vermuthete, scheint nach den Erfahrungen einer kürzlich von der R. Niger⸗Company entsendeten Dampfer⸗Expedition nicht vorhanden zu sein. Der Dampfer gelangte auf dem bei Ribago in den Benue von O. her einmündenden Mayo⸗Rebbi soweit stromaufwärts, bis der Fluß sich so verengerte, daß das kleine Schiff nicht mehr wenden konnte und man annehmen mußte, von der Quelle nicht weit entfernt zu sein. Sicher ist aber dieser Punkt noch weit entfernt von dem Tuburi⸗Sumpfe. Leider fehlen in dem bez. Berichte genauere Angaben. (Mail, 22./9. 90.)

Die Bedeutung und Ausdehnung des von G. de Brazza ent⸗ deckten Sanga⸗Flusses, welcher von Norden her zwischen dem Likuala und Ubangi in den Congo einmündet, ist von dem französischen Kolonialbeamten Cholet, welcher auf demselben bis ca. 40 n. Br. und 15° 20“ ö. L. v. Gr. gelangte, bestätigt worden, ganz nach Ver⸗ muthung G. de Brazza's. Wahrscheinlich ist es, daß dieser Fluß die meisten der von Flegel im südlichen Adamaua erkundeten Gewässer aufnimmt und sein Ursprung in der Nähe der Benue⸗Quellen liegt.

Ost⸗Afrika. Glücklich beendet ist eine größere Forschungs⸗ reise durch die Somali⸗Halbinsel durch den Italiener L. Bricchetti⸗Robecchi. Er ging von Obia an der Ostküste aus und er⸗ reichte die Nordküste bei Fee nahe am Kap Garda fui. Noch nicht bekannt ist es, ob Robecchi weit landeinwärts gelangte oder in der Nähe der Küste die Reise frch⸗ te. Kann nun auch von einer Durchquerung der Halbinsel nicht wohl die Rede sein, so ist nichts⸗ destoweniger die Bedeutung der Reise doch eine sehr große: zum ersten Mal ist ein ausgedehnter Theil des bislang unbekannten Somali⸗ Landes durchzogen worden. 1

Dr. Osk. Baumann's Reise in Deutsch⸗Ost⸗Afrika hat eine größere Ausdehnung erhalten; seine Aufnahmen schob er einer⸗ seits von Usambara weit ins Hinterland bis an den Fuß des Kili⸗ mandscharo vor, andererseits im Süden über den Pangani⸗Fluß, und verband seine Triangulation mit den Routen im nördlichen Nguru und Usaguha, wodurch die Aufnahmen von Last, Fischer, Stuhlmann, Pfeil eine sicherere Grundlage erlangen ein bedeutender Gewinn für die Karte von Ost⸗Afrika. Dr. Baumann'’s Bericht über den Verlauf seiner Reiseroute (Brief an Dr. B. H sseasteln Juli 1890 —) ist zu entnehmen, daß er vorwiegend der Erforschung des Gebiets der Wadigo und Wabondei gewidmet, die Aufnahme des südlichen Usambara glücklich vollendet, eine sehr interessante Reise im centralen und dem noch ganz un⸗ erforschten nordwestlichen Theile des Landes gemacht, eingehend die Natur und Sitten der studirt, die Erforschung des Para⸗ Gebirges bewirkt, einen Kampf mit Wasegua siegreich bestanden, darauf einen Zug nach Pangai und Kilwa unternommen und die Absicht habe, nach Vollendung seiner Aufnahme des Vorlandes eine brauchbare Karte des nördlichen Deutsch⸗Ost⸗Afrika zusammenzustellen.

Süd⸗Afrika. Sehr schätzbar sind F. C. Selous' Aufnahmen im Mashonalande. Eine werthvolle Ergänzung derselben bietet der Bericht vom Bischof von Bloemfontein, C. W. H. Knight Bruce,

über eine Reise, welche er 1889 ö

Zum Theil fällt sein

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1890.

Weg mit älteren Routen von Selous zusammen. Aber selbst auf diesen gemeinsamen Partien bieten seine Aufnahmen neue und auch zuverlässigere Angaben. Erklärt wird das durch den Umstand, daß Selous auf seinen Jagdausflügen nicht mit der nöthigen Muße topo⸗ graphische Aufnahmen, Kompaßpeilungen u. s. w. vornehmen konnte. Der Weg des Bischofs fällt theilweis auf unbekanntes Terrain, so namentlich am rechten Ufer des Hanyani bis Zambo. (Proc. R Geogr. Soc. London 1890. S. 346 mit Karten.) Amerika. 1

Alaska. Als der beste Ausdruck der gegenwärtigen Kenntniß über das Territorium von Alaska darf eine von A. und H. Li kohl bearbeitete Karte „Alaska“ im Maßstab 1:3 600 000 bezeichne werden. Die Ergebnisse sämmtlicher neuerer Forschungen, auch di

in größerem Maßstab noch nicht veröffentlichten, z. B. diejenigen von

Lieutenant Cantwell und Stoney, sind dazu verwerthet worden, ebens⸗ die neueren Küstenvermessungen und Tiefseemessungen, welche auch vo: dem Relief des Meeresbodens ein völlig verändertes Bild geben. Eine Streitfrage hat in schneller Reise Lieutenant Seton⸗Kerr gelöst: er legte eine gefährliche Fahrt auf dem an Stromschnelle reichen Altsehk⸗Fluß stromabwärts bis zu dessen Mündung in die Dry Bay zurück und lieferte somit den Nachweis, daß derselbe nicht, wi W. H. Dull annahm, in den Tukon sich ergieße.

b. Australien

(New⸗Herald,

Süd⸗Australien. Mr. Brown's Reise in die Musgrave

Ranges ist in diesem Gebiet Ereigniß. Durch das Vorrücken der transkontinentalen Eisenbahn in Central⸗Australien ist eine genaue Erforschung nicht nur des von dieser Bahn bestrichenen, sondern auch des seitlichen Gebietes geboten. Die Regierung der Kolonie Süd⸗

Australien erkannte dies und schickte Mr. Brown auf eine Forschungs⸗

reise in die noch nicht näher bekannten Musgrave Ranges im 260

15“ S. Br. und 131 ° 40 östlich v. Gr. essante Aufschlüsse über Bau, Natur und Erzeugnisse des Musgrave⸗

Gebirges und seiner Umgebung und v. 8- 72 wirthschaft⸗

lichen Werth dieses Gebietes dürfen als Erf bezeichnet werden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung. Am gestrigen fünften Verhandlungstage des sozialdemokra⸗ tischen Parteitages in Halle stand der siebente Punkt der Tages⸗ ordnung Die Parteipresse“ zur Berathung. Der Berichterstatter Auer äußerte sich nach dem „Berl. Vollsbl.“ wie folgt: Als die Partei⸗ presse auf die Tagesordnung gesetzt wurde, waren die Angelegenheiten der Lokalpresse noch etwas verworren. Der Gubener Antrag, daß die gesammte Parteipresse Eigenthum der Partei werde, sei einfach unan⸗ nehmbar. Zum Unterschied von den Centralorganen, die für die Ge⸗ sammtpartei vorhanden sind, diene die Lokalpresse den Interessen der Parteigenossen der einzelnen Orte. Man erhebe gar zu leicht den An⸗ spruch, daß die Mittel der Gesammtpartei verwendet werden zu Gunsten eines Lokalblattes. Die Lokalorgane müßten aber getragen werden von dem Kreise, in dem sie erscheinen. Unmöglich wäre es, sie zu uniformiren. Die Lokalpresse 2 den Verschiedenartigkeiten der Gegend Rechnung tragen. Die Parteigenossen der einzelnen Orte bestimmen auch die Haltung der Presse, nur darf der allgemeine Rahmen des Prinzips und der Taktik der Partei nicht überschritten werden. Der Redner beantragte folgende Resolution: „In Er⸗ wägung, daß die Presse das beste und wirksamste Agi⸗ tations⸗ und Kampfmittel ist, in weiterer Erwägung, daß die sozialdemokratische Parteipresse dieser ihrer Aufgabe nur entsprechen kann, wenn ihre Existenz genügend gesichert ist und jeder maßgebende nicht parteigenössische Einfluß von ihr fern gehalten wird , spricht der Parteitag die Erwartung aus, daß die Genossen überall neben der Agitation für die Verbreitung des Centralorgans und der nicht⸗ periodischen Parteiliteratur sich vor Allem die Unterstützung und Ver⸗ breitung der bereits existirenden Lokalpresse angelegen sein lassen; daß sie ferner überall streng darauf achten, daß die Parteipresse nicht Gegenstand von Privatspekulationen werde, die mit dem Parteizwecke nichts gemein haben; daß die erste und oberste deab⸗ dieser Presse: die Arbeiter aufzuklären und zum Klassenbewußtsein zu erziehen, nicht unter Rücksichten auf irgend welche Privatinteressen leide. Insbesondere empfiehlt der Parteitag den Genossen, bei der Gründung von neuen Parteiblättern möglichst Vorsicht walten zu lassen und solche Unternehmungen unter keinen Umständen zu gründen, bevor sie nicht genau erwogen und sich überzeugt haben, daß die Möglichkeit für die Existenz des Unternehmens aus eigenen Mitteln gegeben, und daß vor Allem auch die nothwendigen geistigen, technischen und administrativen Kräfte zur Leitung eines Blattes vorhanden sind. Schließlich machte Auer besonders auf die Gründe aufmerksam, die im letzten Theile der Resolution enthalten sind. Der Leichtsinn der Blättergründung müsse aufhören. Geeigneten ce;s müssen die Redaktion und Verwaltung übertragen erhalten. Auch die materielle Grundlage müsse bei den Blattgründungen gesichert sein, sonst sei die Presse kein Nutzen, sondern ein Krebsschaden für die Partei. In der Diskussion beklagte Frau Steinbach be. daß die Berichte über Frauenversammlungen von dem Blatte ihres Ortes zum Schaden der Bewegung gekürzt oder garnicht gebracht werden. DOertel (Nürnberg) warnte vor der Epidemie der Blatt⸗ gründungen. Tüchtige Leute müssen an der Spitze der Blätter stehen. Ein Zuschuß von der allgemeinen Kasse dürfe an die Lokalpresse nicht geleistet werden. Heinrich (Altona) gab einen Rückblick auf die Presse unter dem Sozialistengesetz. Manches Tadelnswerthe sei vor⸗ gekommen. So habe Genosse Keßler im Vereinsblatt“ gegen Frohme, der das Vertrauen der Wähler genieße, Verleumdungen ausgesprochen. Es seien Leute aufgetaucht, die bei allen anderen Parteien abgewirthschaftet haben und nun bei den Sozial⸗ demokraten eine Rolle spielen wollten. Der Vorsitzende Singer ersuchte den Redner, persönliche Angriffe zu unter⸗ lassen. Heinrich bemerkt dann fortfahrend: Hat Keßler mit seinen Behauptungen Recht, so kann Frohme nicht mehr unser Abge⸗ ordneter sein. Eine große Anzahl Delegirter hat mich beauftragt, folgende Resolution zu stellen: „Der Parteitag spricht seine entschiedene Mißbilligung des vom Regierungs⸗Baumeister a D. Keßler in seinem Organ „Vereinzblatt“ gegenüber Hamburger Genossen, insbesondere gegenüber dem Genossen Karl Frohme, beobachteten unwürdigen Ver⸗ haltens aus.“ Es wird beschlossen, daß in der Angelegenheit rohme⸗Keßler der Parteivorstand ein Schiedsgericht 5 8 Die Resolution Auer wurde nach dem Schlußwort des Be⸗ richterstatters einstimmig angenommen; der Antrag der Gubener Ge⸗ nossen, die gesammte Parteipresse in das Eigenthum der Partei über gehen zu lassen, wurde gögelehaf. Ein weiterer Antrag: d i Parteipresse Inserate über Lotterien und andere Dinge unsittlicher Art nicht aufnehmen dürfe, wurde einstimmig angenommen. Folge des gestern bereits telegraphisch mitgetheilten plötzlich einge⸗ tretenen Todes des Delegirten Baumgarten wurde die Sitzung ge⸗ lossen. 8 5 der gestrigen Nachmittagssitzung des Parteitages theilte Reichstags⸗Abgeordneter Singer mit, er habe von dem Chef⸗ Redacteur des „Generalan eigers⸗ zu Halle a 8. einen Brief erhalten

Reiche und sehr inter⸗

8 8 8