1890 / 251 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Oct 1890 18:00:01 GMT) scan diff

welcher nach dem „B. Volksbl.“ etwa folgendermaßen lautet: Die gestrige Notiz im Generalanzeiger“ über eine geheime Berathung zwischen Führern der und französischen Delegirten ist als eine verleumderische Lüge hingestellt worden. Dem gegenüber erkläre ich, daß ich fer bs die französischen Delegirten, nachdem ich mit denselben eine halbe Stunde im Saale des Hotels Prinz Carl zugebracht hatte, in das bewußte Hotel ge⸗ führt und dort während mehrerer Stunden in Gesellschaft dieser Herren, des Abg. Liebknecht und anderer Parteimänner verweilt habe. Dieses Zusammensein fand in einem reservirten Zimmer des erwähn⸗ ten Hotels statt. Angesichts des Charakters der geführten Unter⸗ haltung, Angesichts der Fragen, welche die französischen Herren an den Abg. Liebenecht richteten, war ich vollständig berechtigt, diese Zu⸗ sammenkunft, fern der Kommersfeier, mit dem unverfänglichen Aus⸗ druck „geheime Berathung“ zu bezeichnen ꝛc. Hochachtend Friedrich Baumann. Singer verliest dem gegenüber die Notiz des General⸗ Anzeigers. Dieselbe habe keineswegs „unverfänglich“ geklungen, son⸗ dern deutete an, daß, während der Kommers gefeiert wurde, „die meisten Führer“ sich nach dem Centralhotel begeben hätten, wo sich auch die französischen Delegirten eingefunden; „sie tranken Bier und pflegten geheime Berathung“. Er überlasse es dem Parteitag zu ent⸗ scheiden, ob die Bezeichnung „verleumderische Lüge“ berechtigt war Alsdann erstattete Auer für die Organisations⸗Entwurf⸗Kommission Bericht. Der Entwurf ist in einigen wesentlichen Punkten geändert worden und wurde in dieser Gestalt debattelos genehmigt. Nach dem „B. Volksbl“ hat die angenommene „Organisation der sozial⸗ demokratischen Partei Deutschlands“ nunmehr folgenden Wortlaut: 1 §. 1. Zur Partei gehörig wird jede Person betrachtet, die sich zu den Grundsätzen des Parteiprogramms bekennt und die Partei nach Kräften unterstützt. §. 2. Zur Partei kann nicht gehören, wer sich eines groben Verstoßes gegen die Grundsätze des Parteiprogramms oder wer sich ehrloser Handlungen schuldig gemacht hat. Ueber die Augebürieräft zur Partei entscheiden die Parteigenossen der einzelnen rte oder Reichstags⸗Wahlkreise. Gegen diese Entscheidungen steht den Betroffenen die Berufung an die Parteileitung und den Partei⸗ tag zu.

Vertrauensmänner. §. 3. Die Parteigenossen in den ein⸗ zelnen Reichstags⸗Wahlkreisen wählen in öffentlichen Versammlungen zur Wahrnehmung der Parteiinteressen einen oder mehrere Ver⸗ trauensmänner. Die Art der Wahl dieser Vertrauensmänner ist

Sache der in den einzelnen Kreisen wohnenden Genossen. §. 4. Die Wahl der Vertrauensmänner erfolgt alljährlich, und zwar im Anschlu an den voraufgegangenen Parteitag. Die Vertrauensmänner haben ihre Wahl mit Angabe ihrer genauen Adresse sofort der Parteileitung mit⸗ zutheilen. §. 5. Tritt ein Vertrauensmann zurück oder tritt sonstwie eine Vakanz ein, so haben die Parteigenossen umgehend eine Neuwahl vorzunehmen und davon entsprechend §. 4 Abs. 2 der Parteileitung Mittheilung zu machen. §. 6. In einzelnen Staaten, in welchen aus gesetzlichen Gründen die in den vorstehenden Paragraphen gegebenen Vorschriften unausführbar sind, haben die Parteigenossen den örtlichen

Verhältnissen entsprechende Einrichtungen zu treffen.

Parteitag. §. 7. Alljährlich findet ein Parteitag statt, der von der Parteileitung einzuberufen ist. Hat der vorhergehende Partei⸗ tag über den Ort, an welchem der nächste Parteitag stattfinden soll,

eine Bestimmung getroffen, so muß die Parteileitung mit der Reichs⸗ tagsvertretung hierüber sich verständigen. §. 8. Die Einberufung des Fg muß spätestens vier Wochen vor dem Termin der Ab⸗ altung desselben durch das offizielle Parteiorgan mit Angabe der rovisorischen Tagesordnung erfolgen. Die Einladung zur Beschickung des Parteitages ist mindestens dreimal in angemessenen Zwischenräumen zu wiederholen Anträge der Parteigenossen für die Tagesordnung des Partheitages sind bei der Parteileitung einzureichen, die dieselben spätestens 10 Tage vor der Eröffnung des Parteitages durch das offizielle Parteiorgan bekannt zu geben hat. §. 9. Der Parteitag bildet die oberste Vertretung der Partei. Zur Theilnahme an demselben sind berechtigt: 1) die Delegirten der Partei aus den einzelnen Wahlkreisen mit der Einschränkung, daß in der Regel kein Wahlkreis durch mehr als 3 Personen vertreten sein darf. Insoweit nicht unter den gewählten Vertretern des Wahlkreises Frauen sich befinden, können weibliche Vertreter in besonderen Frauenversammlungen gewählt werden; 2) die Mitglieder der Reichstags⸗Fraktion; 3) die Mitglieder der Partei⸗ eitung. Die Mitglieder der Reichstags⸗Fraktion und der Partei⸗ leitung haben in allen die parlamentarische und die ge⸗ schäftliche Leitung der Partei betreffenden Fragen nur be⸗ athende Stimme. Der Parteitag prüft die Legitimation seiner Theilnehmer, wählt seine Leitung und bestimmt seine Geschäftsordnung §. 10. Zu den Aufgaben des Parteitages gehören: 1) Entgegennahme des Berichts über die Geschäftsthätigkeit der Parteileitung und über die parlamentarische Thätigkeit der Ab⸗ geordneten; 8 die Bestimmung des Orts, an welchem die Partei⸗ leitung ihren Sitz zu nehmen hat; 3) die Wahl der Parteileitung; 4) die Beschlußfassung über die Parteiorganisation und alle das arteileben berührenden Fragen; 5) die Beschlußfassung über die eingegangenen Anträge. §. 11. Ein außerordentlicher Parteitag kann einberufen werden: 1) durch die Parteileitung; 9 auf Antrag der Reichstags⸗Fraktion; 3) auf Antrag von mindestens 15 Wahl⸗ kreisen. Falls die Parteileitung sich weigert, einem Antrage auf Ein⸗ erufung eines außerordentlichen Parteitages stattzugeben, so ist der⸗ selbe durch die Reichstags⸗Fraktion einzuberufen. Als Versammlungs⸗ t eines ordentlichen Parteitages ist ein geographisch möglichst günstig gelegener Ort zu bestimmen. §. 12. Die Einberufung des außerordentlichen Parteitages muß spätestens vierzehn Tage vor dem ermin der Abhaltung desselben durch das offizielle Parteiorgan in wenigstens drei aufeinanderfolgenden Nummern mit Angabe der Tages⸗ ordnung erfolgen. Anträge der Parteigenossen sind spätestens 7 Tage vor der Abhaltung des Parteitages im offiziellen Parteiorgan zu veröffentlichen. Im Uebrigen gelten für die außerordentlichen Parteitage dieselben Bestimmungen wie für die ordentlichen Partei⸗ tage (§§. 8 10).

Parteileitung. §. 13. Die Parteileitung besteht aus 12 Per⸗ sonen, und zwar aus 2 Vorsitzenden, 2 Schriftführern, 1 Kassierer und 7 Controleuren. Die Wahl der Parteileitung erfolgt durch den Parteitag mittels Stimmzettel. Nach erfolgter Wahl hat die Parteileitung ihre Konstituirung vorzunehmen und diese ibe im offiziellen Parteiorgan bekannt zu machen. Die Parteileitung verfügt nach eigenem Ermessen über die vorhandenen Gelder. 14. Die Mitglieder der Parteileitung können für ihre

hätigkeit eine Besoldung beziehen. Die Höhe derselben wird durch den Parteitag festgesetzt. § 15. Die Parteileitung besorgt die

arteigeschäfte, kontrolirt die prinzipielle Haltung der Parteiorgane, eruft die Parteitage und erstattet auf denselben über ihre Thätigkeit Bericht. §. 16. Scheidet einer der Vorsitzenden, Schriftführer oder der Kassierer aus, so ist die Vakanz durch eine von den Controleuren vorzunehmende Neuwahl zu ergänzen.

Parteiorgan. §. 17. Zum offiziellen Parteiorgan wird das „Berliner Volksblatt“ bestimmt. Dasselbe erhält vom 1. Januar 1891 ab den Titel: „Vorwärts“, Berliner Volksblatt, Central⸗Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Alle offiziellen Bekanntmachungen sind an hervorragender Stelle des redaktionellen Theiles zu veröffentlichen.

Abänderung der Organisation. §. 18. Aenderungen an der Organisation der Partei können nur durch einen Parteitag vor⸗ werden, doch muß die absolute Mehrheit der anwesenden

ertreter sich dafür erklären. Anträge auf Abänderung der Organi⸗ ation können nur berathen werden, wenn sie innerhalb der Fristen, welche die §§. 7 und 11 vorschreiben, zur öffentlichen Kenntniß der en gelangten. Eine Abweichung von der letzteren Be⸗ timmung ist nur dann zulässig, wenn mindestens ¾ der auf einem Parteitag anwesenden Vertreter sich für die Abweichung entscheiden. 18 Ei EIg8 Parfzisectung einstim mig X“ „den Ort, an dem der nächste Parteitag abgehalten werden soll, der Parteileitung zu sberlefscachste 9

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Alsdann gelangte folgender vom Regierungs⸗Baumeister Keßler

u. Gen. gestellte Antrag zur Verhandlung: 8

1) „In Erwägung, daß unter den Genossen vielfach die Ansicht vorherrscht, es seien manche der früheren Genossen im „Sozialdemokrat“ ganz ungerechtfertigterweise in den Verdacht gebracht worden, der Polizei Dienste zu leisten, beschließt der Partei⸗ tag, eine aus 7 Genossen (Delegirten) bestehende Kommission zu wählen, welcher die Parteileitung das gegen die betreffende Person vorliegende Material zur Prüfung zu übergeben und die dann nach erfolgter Kenntnißnahme dem Parteitage kurz Bericht zu erstatten hätte.“ Reichstags⸗Abg Singer bat, der Behandlung dieses An⸗ trages die ernsteste Aufmerksamkeit zu schenken. Im Namen des Bureaus stellte er den einstimmig gefaßten Antrag, den An⸗ trag Keßler abzulehnen. Von dem Medailleur Krohm und dem Buchdruckereibesitzer Rower in Berlin, dem Maurer Konrad und dem Redacteur Maximilian Schlesinger in Breslau seien Zu⸗ schriften an das Bureau gelangt, in welchen dieselben den Kongreß bitten, die zur Zeit gegen sie im „Sozialdemokrat“ erhobenen Verdächtigungen, daß sie der Polizei Spionendienste geleistet haben ꝛc., zu untersuchen, da dieser Verdacht grundlos, ein Beweis auch nicht erbracht sei. Was Hrn. Schlesinger an⸗ lange, so fuhr Singer fort, habe mit diesem der Kongreß nichts zu thun, da derselbe nicht Parteigenosse sei. Aber auch über die anderen Zuschriften, sowie über den Antrag Keßler beantrage er, zur Tagesordnung überzugehen. Es werde hier etwas vom Kongreß verlangt, wozu er kaum in der Lage sei. Daß, wie die Briefschreiber behaupten, sie die Opfer persönlicher Rachsucht geworden seien, müsse er mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Namens der Parteileitung könne er die Versicherung abgeben, daß ein derartiges Motiv bei Brandmarkung der Spitzel niemals vorhanden gewesen sei. „Es ist immer nur das Interesse der Partei ins Auge gefaßt worden. Sache des Kongresses ist es auch, das Interesse der Partei höher zu stellen als das Interesse einzelner Personen, selbst wenn diese unschuldig sein sollten. Allein wir können die Beantwor⸗ tung der Frage: wer ist die „eiserne Maske“, nicht beschließen, da an dieser Beantwortung lediglich die Polizei ein Interesse hätte. Es steht dem Kongreß umsoweniger an, das Geheimniß der „eisernen Maske zu lüften, wenn erwogen wird, daß es mit Hülfe derselben gelungen ist, das Treiben von Haupt Wund Schröder im Reichstage zur Sprache zu bringen Eund mit Beweisen zu belegen und noch verschiedene andere Enthüllungen zu machen. Ich ersuche Sie nochmals, im Interesse unserer Partei, meinen Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung an⸗ zunehmen.“ Nach kurzer Debatte gelangte dieser Antrag zur An⸗ nahme. Ein Antrag, für Aufhebung der Gesindeordnungen in den deutschen Einzelstaaten zu wirken, wurde der Reichstagsfraktion zur Berücksichtigung überwiesen. Es lagen alsdann noch Anträge vor, wo⸗ nach die Aufhebung der auf Grund des Sozialistengesetzes verhängten Strafen verlangt wird, sowie ein fernerer Antrag: Die Fraktion möge im Reichstage die Aufhebung aller französischen Gesetze in Elsaß⸗Lothringen beantragen. Auf Antrag des Abg. Bebel wurde über beide Anträge zur Tagesordnung übergegangen, da es sich einmal nicht gezieme, eine Amnestie zu erbitten und der zweite Antrag vor⸗ laͤufig unausführbar sei.

In der heutigen Sitzung des Parteitages wurde, wie „W. T. B.“ meldet, der Parteivorstand nach den Vorschlägen der Kommission ge⸗ wählt. Als Controleure wurden in die Parteileitung Behrend, Dubbert, Ewald, Herbert, Jacoby, Kaden und Schulz (Berlin) entsendet. L ieb⸗ knecht wurde als Chefredacteur des Centralorgans bestätigt. Die Delegirten von Berlin und Umgebung erklärten schriftlich, auf dem Boden der Partei zu stehen, sich jedoch das Recht der Kritik zu wahren. Der Sozialisten⸗Kongreß beschloß nach der Begrün⸗ dung Liebknecht's mit allen gegen 3 Stimmen, den 1. Mai als dauernden Feiertag festzusetzen. Die Feier solle den Ver⸗ hältnissen der einzelnen Landestheile entsprechend und nach den vom Pariser Kongreß aufgestellten Grundsätzen be⸗ gangen werden. An Orten, wo die Arbeitseinstellung an diesem Tage gehindert würde, sollten Umzüge und Feste im Freien am ersten Sonntag des Monats Mai stattfinden. Der Kongreß lehnte ferner den Antrag auf Stimmenthaltung bei Stichwahlen zwischen den übrigen Parteien ab. Hierauf wurde die Einladung zum nächstjährigen internationalen Arbeiterkongreß in Brüssel angenommen.

In Neunkirchen war, wie die „S.⸗ u. Bl.⸗Ztg.“ mittheilt, für Mittwoch eine allgemeine Bergarbeiter⸗Versammlung einberufen, welche von ungefähr 500 Personen besucht war. Die Versammlung zeichnete sich durch ruhigeres Verhandeln aus und verlief ohne Zwischenfall.

Wie der „Köln. Ztg.“ aus Hirschberg i. Schl. telegraphisch mitgetheilt wird, befanden sich die Arbeiter des Zinkwalzwerks Gertrudenhütte am Mittwoch im Ausstande. Ein Theil der Arbeiter hat Donnerstag die Arbeit wieder aufgenommen, ein anderer den Ort verlassen.

In Wien haben die Bediensteten der Tramwaygesellschaft an die Verwaltungsorgane eine Reihe von sorberungen gestellt, deren Genehmigung die Direktion bis gestern früh nicht zugestanden hatte. In einer Konferenz, welche Abgesandte der Bediensteten gestern Morgen mit dem Direktor Turba hatten, gab dieser, Wiener Zeitungs⸗ meldungen zufolge, ausweichende Antworten. Die Stimmung äußerte

ch unter den Bediensteten dahin, daß sie, wenn ihre Wünsche bis heute nicht erfüllt würden, morgen, Se insgesammt den Dienst verweigern würden. Wie ein Wolff'sches Telegramm vom gestrigen Tage meldete, hätte die Direktion der Tramwaygesellschaft die For⸗ derungen der Bediensteten zum Theil zugestanden, zum Theil aber abgelehnt, sodaß ein Strike noch drohe. In Folge dessen wurden sämmtliche Delegirte der Bediensteten von der Polizeidirektion vor⸗ geladen und aufgefordert, den Strike mit allen Mitteln zu verhüten, da die Regierung bereit sei, wegen der Forderungen der Bediensteten zu interveniren, jedoch nur, wenn dieselben den Dienst nicht einstellen. Nach einem heute vorliegenden Telegramm hat die Tramwaydirektion in der letzten Nacht im Auftrage der Polizeidirektion einen Erlaß des Statthalters andie letztere durch Plakate bekannt gemacht, in welchem gesagt wird, das Handels⸗Ministerium und die Statthalterei stellten wegen des illoyalen Vorgehens der Tramwavybediensteten jede weitere Prüfung der Wünsche derselben ein, bis die Gewähr für das Unterbleiben eines Strikes geboten sei; die Strikenden hätten keinerlei Rücksichtnahme der Behörden zu erwarten; Sicherheitsmaßregeln, welche jede Störung der öffentlichen Ordnung und Ruhe ausschlössen, seien bereits getroffen.

Zum Kampf gegen die Sozialdemokratie liegt die Lelgende Kundgebung vor, welche von dem provisorischen

geschäftsführenden Comits des Gesammt verbandes der evan⸗ gelischen Arbeitervereine an die deutsche evangelische Christen⸗ heit gerichtet ist:

„Am 1. Oktober d. J. ist das Sozialistengesetz außer Kraft getreten. Der Sozialdemokratie sind damit Thür und Thor vollends geöffnet. Keck und immer kecker erhebt diese Partei ihr Haupt und träumt sich schon als Herrin unseres Vaterlandes. Um so entschiedener tritt an alle Männer von wahrhaft evangelischer und vaterländischer Gesinnung die Forderung heran, mit Einsetzung ihrer ganzen Person an der Lösung der unserer Zeit durch das Evangelium gestellten Aufgaben mitzuarbeiten. Dazu gehört ein planmäßiger Zusammenschluß aller Kräfte, namentlich auch im Arbeiterstande. Angeregt durch die großen sozial⸗reformatorischen Gedanken unseres jugendstarken Kaisers haben sich die Anfänge zu solchem Zusammenschlusse schon gebildet. Es gilt nun, diese Anfänge zu stärken. Zu diesem Zwecke haben die Unter⸗ zeichneten die Gründung eines Gesammtverbandes aller deutschen evangelischen Arbeitervereine und ähnlicher, auf ervangelisch⸗ patriotischem Grunde stehender B 2 Volks⸗ und 28 ereine gethätigt. Ein Ausschuß, welcher Männer aus allen Theilen unseres

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Vaterlandes umschließt, wird einmal im Jahre zusammentreten. In der Zwischenzeit wird ein geschäftsführendes und ein Preß⸗Comité alle Vereinsangelegenheiten besorgen. 8

Unsere Bitte an Euch, Ihr deutschen evangelischen Männer, ist nun diese: Schließt Euch zu diesem großen Verbande mit uns zu⸗ sammen, damit wir mit vereinter Kraft den Kampf gegen die Sozial⸗ demokratie auf der ganzen Linse aufnehmen können. Die Zeit ist ernst, der uns aufgezwungene Kampf riesengroß. Wir verzagen aber nicht, denn die gerechte Sache muß siegen. Darum mit entrollter Fahne „Vorwärts!““ B

Der Aufruf zählt 518 Unterschriften, darunter 185 Diener der Kirche, 102 Arbeiter, 56 selbständige Handwerker, 49 Kaufleute und Gewerbetreibende, 44 Beamte, 39 Fabrikbesitzer und Fabrikdirektoren, 32 Lehrer und 11 Großgrundbesitzer und Landwirthe. Schriftführer des gedachten Comités ist Pfarrer Lic. Weber, M.⸗Gladbach.

Ferner hat die Provinzialsynode der Provinz Sachsen im Hinblick auf den sozialdemokratischen Parteitag in Halle folgende Kundgebung beschlossen:

„Das Evangelium von Christo ist der Boden, auf dem allein das Lebensglück des Einzelnen, wie das Wohl des gesammten Volkes erwächst. Ein Volk, welches diesen Felsengrund aller göttlichen und menschlichen Ordnung verläßt und unseren Herrn Jesum Christum verleugnet, wird⸗ ernsten Gefahren und Heimsuchungen nicht ent⸗ ehen. Eine solche Gefahr erblicken wir in dem Umsichgreifen der

ozialdemokratie. Aber daß es dahin gekommen ist, daran tragen alle Stände und Schichten unseres Volkes eine schwere Mitschuld. Die demüthige Erkenntniß dieser Schuld und die bußfertige Umkehr zum Evangelium ist der erste Schritt zur Heilung unserer Schäden. Zugleich danken wir dem Kaiser für sein mannhaft⸗christliches Be⸗ kenntniß, und bitten Gott, daß Er ihm Kraft und Weisheit gebe zu seinem Friedenswerk. Unserem Kaiser durch Wort und That in diesem Werke treu zur Seite zu stehen, ist unser fester Wille.“

Unterstützung der Sozialreform.

Die sogenannten alten Lassalleaner, eine seit Jahren in Hamburg bestehende sozialistische Gruppe, welche die Gothaer Ver⸗ einigung nicht mitmachte, wird, wie die Blätter melden, nach dem Kongreß zu Halle mit einem Aufruf an die deutschen Arbeiter her⸗ vortreten, der eine Unterstützung der führung ihrer sozialpolitischen Maßnahmen fordert.

Wohlthätigkeit. Ueber das Vermäͤchtniß des Dr. med. Ephraim an den Vorstand der jüdischen Gemeinde (vergl. Nr, 247 d. Bl.) erhält die „Vofs. Ztg.“ folgende Berichtigung: Die betreffende Notiz ist irri insofern, als zur Zeit überhaupt keine Vertheilung stattfindet, weif die landesherrliche Genehmigung zur Annahme der Zuwendung noch nicht ertheilt ist. Sodann dürfen nur die Zinsen, nicht das Kapital vertheilt werden. Endlich beträgt der Nachlaß nicht 1 ½ Millionen Mark.

Analp habeten unter den Rekruten.

In Mecklenburg⸗Schwerin wurden, wie wir den „Meckl. Nachr.“ entnehmen, im Ersatzjahr 1889/90 2135 Rekruten einge⸗ stellt. Davon waren 2132 mit Schulbildung in der deutschen Sprache, 1 mit Schulbildung nur in einer anderen Sprache und 2 ohne Schul⸗ bildung. In Mecklenburg⸗Strelitz wurden in demselben Jahre 343 Rekruten eingestellt, von denen 2 Analphabeten waren. Seit dem Ersatzjahre 1887/88 hat sich in Mecklenburg⸗Schwerin die Zahl der Eingestellten, welche weder lesen noch ihren Namen schreiben konnten, successive verringert, in Mecklenburg⸗Strelitz dahingegen vermehrt. Im Ersatzjahre 1887/88 waren es nämlich in Mecklenburg⸗Schwerin resp. Mecklen⸗ burg⸗Strelitz 1,27 bezw. 0. 1888/89 0,14 bezw. 0,25 und 1889/90 0,08 bezw. 0,58 % der Gesammtzahl der Eingestellten.

11.6“

Zur Wohnungsfrage.

Auf der Tagesordnung der Stadtverordnetensitzung vom 14. Ok⸗ tober in Gotha 3 wie der „Cob. Ztg.“ mitgetheilt wird, folgende Vorlage: ildung einer Kommission zur Berathung der

Verbesserung der Wohnungsverhältnisse ärmerer Bewohner un

Stadt.

Bewegung der Bevölkerung in Frankreich.

Im Jahre 1889 wurden in Frankreich, nach einem Bericht des „Journal Officiel“, 880 579 Kinder geboren, gegen 966 682 i. J. 1876, durchschnittlich 937 000 von 1881 bis 1884, 900 000 i. J. 1887 und 882 639 i. J. 1888. In 13 Jahren hat sich also die jährliche Geburtsziffer um 86 103, seit 1887 um 18 754 vermindert und seit 1888 um 2060, wovon 712 auf die ehelichen und 1348 auf die unehelichen Geburten kommen. Das Jahr 1889 weist 794 933 Todesfälle auf, gegen 837 867 i. J. 1888, 842 797 i. J. 1887 und 860 222 i. J. 1886. Die Zahl der Todes⸗ fälle hat also gegen 1888 um 49 934 und gegen 1886 um 65 289 abgenommen. Der Ueberschuß der 880 579 Geburten über die 794 933 Todesfälle beträgt 85 646; das Ergebniß dieses Jahres ist also in Folge der Abnahme der Todesfälle sehr günstig. Bei dem Geburtsüberschusse liefert einen nicht unbeträchtlichen Theil das aus⸗ ländische Element, nämlich 8360 Seelen. Die Zunahme der fran⸗ zösischen Bevölkerung schmilzt somit auf 78 286 Seelen zusammen. Von den Ausländern haben die meisten Kinder die Belgier und Italiener geliefert. Die Heirathen beliefen sich im Berichtsjahre auf 272 734, die niedrigste Ziffer seit 1870.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 5. Oktober bis incl. 11. Oktober cr. zur Anmeldung gekommen: 871 Eheschließungen, 940 Lebendgeborene, 27 Todtgeborene, 539 Sterbefälle. 8

Kunst und Wissenschaft.

Auf der diesjährigen Berliner Kunstausstellung sind, der „N. A. Z.“ zufolge, bis zum Schlusse, am 5. Oktober, ins⸗ gesammt 178 Kunst werke (darunter 137 Oelgemälde) im Werthe von 203 000 (63 000 mehr als im Vorjahre) zum Verkauf gelangt. In Unterhandlung schweben noch Verkäufe im Betrage von 35 000 Dazu kommen ferner die Ankäufe des Staats, die bis jetzt noch nicht zur Entscheidung gelangt sind. Die Lotterie hat ein befriedigendes Ergebniß gehabt; die Loose sind auf eine kleine Anzahl abgesetzt.

Die erste Sitzung des, wie in Nr. 248 des „R.⸗ u. St.⸗A.“* gemeldet, am 14. d. in Paris eröffneten Amerikanisten⸗Kon⸗ gresses war, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, geschichtlichen Fragen gewidmet. Die Berathungen begannen mit Erörterungen über den Namen „Amerika“. Daß Columbus den neuen Erdthe 1492 entdeckte, wird heutzutage ebenso wenig bezweifelt, als da dieser Erdtheil auch schon früher von Anderen erreicht wurde. Jimenen de la Espoda (Madrid) trat Denjenigen entgegen, welche den Namen Amerika anstatt von dem Italiener Amerigo Vespucci von geographischen Bezeichnungen der neuen Welt, wie die Sierra Amerricand oder die Lagunen von Maracaibo herleiten Die Frage war schon früher eingehend in diesem Sinne von Professor Gaffarel (Dijon) behandelt worden, welcher an der Hand eines reichhaltigen Materials nachweisen konnte, daß Amerika bereits Amerika hieß, ehe jene Bergkette und jene Lagunen bekannt waren. Lambert de Saint⸗Bris dagegen vertrat die Anschauung, der Name sei einheimischen Ursprungs; er berief sich dabei auf solche Karten, welche nach 1507 erschienen, also nachdem die Cosmographiae introductio des Ptolemäus der neuen Welt ihren Namen bereits gegeben. Dr. Hamy brachte zum Beweise der Thätigkeit Vespucci's den Abklatsch einer Karte von 1490 vor, welche die damals bekannte Welt, also ohne Amerika, wiedergab; auf der Rückseite dieser Karte,

deren Original George Sand vor der Abnahme des Abklatsches durch

einen Tintenklex unbrauchbar gemacht hatte, befindet sich der Vermerk, 1“

Regierung bei Du ch⸗

daß Amerigo Vespueci die Karte für 120 Golddukaten von dem Verfasser, dem Majorkiner Valesca, erstanden. Hiernach und nach

der Erklärung Hamy’'s, daß der Name Amerigo im Mittelalter ganz geläufig war und dem französischen Aimery entspricht, konnte lqut einer Bemerlung des Vorsitzenden Hellmann der Kongreß sich damit einverstanden erklären, daß die Frage zu Gunsten Vespucci's endgültig gelöst sei und von der Tagesordnung der künftigen Kongresse ver⸗ schwinden müsse. Gabriel Marcel von der Pariser Nationalbibliothek erstattete einen umfassenden Bericht über die alten Weltkarten dieser Anstalt. Professor Gaffarel. welcher sich schon auf den früheren Tagungen, zuletzt in Berlin, durch Arbeiten über die ersten Entdeckungsreisen nach Amerika hervorgethan, behandelte diesmal die ersten Fahrten der Portugiesen nach der neuen Welt, namentlich des Ge⸗ schlechtes der Corte Real. Wenrngleich die Behauptung, ein Joa Vaz de Corte Real habe bereits 1464 das „Stockfischland“, also Canada, erreicht, sich nicht bewährt, da doch die Portugiesen ihre Rechte alsdann bei der berühmten Theilung der Erde durch Papst Alexander VI. geltend gemacht hätten, so waren doch die Corte Real schon kurz nach der Entdeckung Amerikas durch Columbus dorthin ausgefahren. Im Jahre 1500 entdeckte Gaspar de Corte Real die terra verde, also wahrscheinlich Neufundland oder Labrador, was in Portugal ungemeines Aufsehen erregte. Im folgenden Jahre segelten nach einem Bericht eines venetianischen Gesandten am portu⸗ giesischen Hofe und nach den Mittheilungen italienischer Kaufleute an den Herzog von Ferrara drei portugiesische Schiffe unter demselben Gaspar nach Amerika, angeblich nach der heutigen Davisstraße und der Hudsonbai; die Eingeborenen wurden im Besitze venetianischer Glasperlen gefunden wie diejenigen, welche sich im Berliner Museum befinden und auf der dortigen Tagung des Kongresses Anlaß zu einer interessanten Besprechung gaben. Nur eins der Schiffe kam glücklich zurück. Im Jahre 1502 segelte Miguel de Corte Real seinem Bruder nach, kam aber nie wieder zuruͤck; nicht zu Unrecht wird Miguel als das erste Opfer der Nordpolfahrten hingestellt. Als später ein dritter Bruder, Vasquenas, ebenfalls absegeln wollte, untersagte der König die Reise. Noch 1574 unternahm ein anderer Vasquenas de Corte Real Entdeckungsfahrten nach Amerika, allein ohne Glück. Gaffarel besprach auch noch die Fahrten des Al⸗ varez Cabral im Jahre 1500 nach der brasilianischen Küste; drei Jahre nachher fuhr Vespucci im Auftrage des portu⸗ giesischen Königs nach Brasilien aus, um die Entdeckungen Cabral's zu bestätigen. Darum war Brasilien lange Jahre portugiesisches Kronland. 1“

Literatur.

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Die deutsche Schule und das klassische Alter⸗ thum. Eine Untersuchung der Grundlagen des gymnasialen Unter⸗ richts von Arnold Ohlert, Oberlehrer. Verlag von Carl Meyer (Gustav Prior). Der Verfasser will in dem vor⸗ liegenden Werke die durch die brennende Tagesfrage, die Umgestaltung des höheren Unterrichtswesens, in den weitesten Kreisen hervorgerufenen streitenden Empfindungen in ihre höhere Einheit auflösen und den Zwiespalt beseitigen, welcher durch die Forderungen der Neuzeit im Gegensatze zu dem althergebrachten Ideenkreise des Humanismus her⸗ vorgerufen worden ist. Daß das ihm vorschwebende Ziel nicht ohne eine gründliche Umgestaltung des gesammten höheren Schulwesens zu erreichen sein wird, ist selbstverständlich; in welcher Weise eine solche aber erfolgen könnte, läßt sich nur ermitteln, wenn die Prinzipien des humanistischen Unterrichts einer genauen Prüfung unterworfen werden und zugleich die Frage erörtert wird, ob sie noch heute als gültig angesehen werden können. Um hierauf eine befriedi⸗ gende Antwort geben zu können, untersucht der Verfasser zunächst, ob das Ideal des Humanitätszeitalters, die Vertiefung in die griechische Kultur, noch unserer heutigen geistigen Auffassung entspricht, und prüft sodann die Gründe, durch welche die Nothwendig⸗ keit des grammatischen Unterrichts in den klassischen Sprachen bewiesen wird, an der Hand der weiteren Pfychologie und der historischen Sprachwissenschaft. Er gelangt dabei zu dem Ergebnisse, daß das humanistische Bildungsideal, welches in der antiken Kulturwelt die ewig gültigen Vorbilder in sittlicher und ästhetischer Beziehung findet, in der Gegenwart nicht mehr aufrecht zu erhalten 8 daß die scholastische Ansicht, die Sprache sei das Abbild der ogik und deshalb entwickele der abstrakt logische Unterricht in der Grammatik die Fähigkeit, logisch zu denken, den Ergebnissen der neueren Psychologie und Sprachwissenschaft widerspreche und endlich, daß die schwierigen Aufgaben des modernen Kulturlebens und das nationale Empfinden verlangten, der Unterricht müsse in dem modernen Geistesleben und in der Entwickelungsgeschichte des deutschen Volkes seinen Mittelpunkt suchen. Von diesen Ergeb⸗ nissen ausgehend, kommt der Verfasser dahin, daß das huma⸗ nistische Gymnasium nicht durch eine Spaltung der Schulen gerettet werden dürfe, die deutsche höhere Schule vielmehr eine Einheitsschule sein müsse. Daher sei es nothwendig, da eine allgemeine Bildung, welche voll und ganz den Bedürfnissen der Gegenwart genügt, außer dem Wichtigsten, der Erziehung zu wahrer Religiosität und Gottesfurcht, dem modernen Leben, dem Nationalitätsgedanken und dem Gesichtspunkte der historischen Entwickelung in gleicher Weise Rechnung zu tragen habe, den Unterricht so einzurichten, daß die heranwachsende Ingend zu modernen Menschen im besten Sinne des Wortes erzogen werde und der ins Leben tretende Jüngling das moderne Leben wenigstens in seinen typischen Erscheinungen verstehe. Deutsche Sprache, deutsche Literatur und deutsche Geschichte müßten in der künftigen Schule den Mittelpunkt der gesammten geistigen Erziehung bilden. Daneben sollten der mathematische und natur⸗ wissenschaftliche Unterricht die Gesetze des Naturerkennens zur An⸗ schauung bringen und die Geographie lehren, daß die Entwickelung der menschlichen Kultur an physische und geographische Be⸗ dingungen geknüpft sei. r müsse der Unterricht aber auch die historische Entwickelung berücksichtigen. Dies babe in der Art zu geschehen, daß der Grenzpunkt des historischen Studiums in die Zeit gelegt werde, in welcher mit dem Eintritt der Germanen in die Kulturgeschichte die Grundlage einer neuen welt⸗ geschichtlichen Staats⸗ und Gesellschaftsordnung gelegt worden ist. Nur wo die antike Kultur die geistige Entwickelung der deutschen Nation wesentlich beeinflußt habe, müsse eine genauere Erörterung derselben eintreten, daher auch im Interesse der zweiten klassischen Periode unserer Literatur die Einführung in die Meisterwerke des griechischen Volks gefordert werden, und werde deshalb das Studium der griechischen Sprache beizubehalten sein. Das Ziel, welchem die Ent⸗ wickelung der höheren Schule zuzuführen sei, bestehe sonach in der vollen Ausgestaltung aller nationalen und modernen Bildungsbestand⸗ theile mit Beibehaltung des griechischen, aber Beseitigung des lateinischen Unterrichts. b 1

Wir sind auf die Ideen des Verfassers näher eingegangen, weil hier zum ersten Male positive Vorschläge vorgetragen und zugleich tiefer begründet werden. Sache der Pädagogen wird es sein, ein fachmännisches Urtheil über deren Ausführbarkeit abzugeben, sowie darüber, ob die auf diese Weise erlangte Bildung eine allen An⸗ forderungen des Staates und der Gesellschaft entsprechende sein würde.

Ras Anlaß des historisch wichtigen Ereignisses der Einver⸗ leibung von Helgoland in den deutschen Reichsverband ist jetzt in der Festealfenbengtung von C. A. Klemm in Chemnitz ein kerniges ied erschienen, durch welches die bereits im Jahre 1867 von Karl Tannen (geboren 1827 zu Leer in Ostfriesland) geschaffene Dichtung „Das deutsche Helgoland' eine treffende musikalische Illustration erhalten hat. Die Komposition ist markig und und besitzt die Eigenschaften in vollstem Maße, die einem Musikwerk

innewohnen müssen, soll es Eingang in alle Schichten der Bevölkerung

finden. Das „Helgoland“⸗Lied ist in drei Bearbeitungen zu haben: se 2v ännerchor, für gemischten Chor und für zwei⸗ stimmigen Kinderchor. Der Bezugspreis beträgt für die beiden ersteren Arrangements je 1 (Partitur 40 ₰, 4 Stimmen 60 ₰), bei dem Arrangement für Kinderchor 15 ₰, bei Abnahme größerer Partien 10 ₰.

D. Friedrich Lücke, Abt zu Bursfelde und Pro⸗ fessor der Theologie zu Göttingen (1791 1855). Lebens⸗ und Zeitbild aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Von F. Sander, Regierungs⸗ und Schulrath. Mit Lücke's Bildniß nach dem Gemälde des Professors Karl Oesterley. Hannover⸗ Linden. Verlags⸗Anstalt von Manz. Schon der bedeutende Rang, den Friedrich Lücke in einer Reihe von Biographien seiner Freunde einnimmt, zeigt ihn würdig, auch seinerseits in den Mittelpunkt eines besondern Gemäldes zu treten. Es sei nur an die Werke von Dilthey über Schleiermacher, Herz über Lachmann, Nippold über Bunsen und Rothe, Beyschlag über Nitzsch, Oldenberg über Wichern, Witte über Tholuck, Hansen über Hey erinnert. Auch der Grimm⸗Dahlmann'sche Briefwechsel, heraus⸗ gegeben von Ippel, ist in dieser Hinsicht zu nennen. Außer dem dort schon Veröffentlichten wie neben den Arbeiten des Abtes D Ehren⸗ feuchter und des Konsistorial⸗Raths D. Wagenmann in der Herzog⸗ Plitt. Hauck'schen Encyklopädie und in der Allgemeinen deutschen Biographie bietet das vorliegende licht⸗ und pietätvoll entworfene Lebensbild noch Vieles des werthvollen Neuen, das der Verfasser vor Allem der Freundschaft der Nachkommen Lücke's verdankt, sodaß man nur mit herzlichem Dank auf das in dem an Anregungen reichen Buche Gebotene hinblicken kann.

„— „Geschichte der deutschen Reiterei“ in Einzel⸗ bildern von Herrmann Vogt, Oberst Lieutenant a. D. Nach dem Tode desselben fortgesetzt von Hans von Trützschler. Illustratio⸗ nen von Richard Knötel. Rathenow, Verlag von Max Babenzien. Der Verfasser des Werkes „Die europäischen Heere der Gegenwart“ hat es unternommen, in vorliegendem Werk einen umfassenden Ueber⸗ blick über die Entwickelung der deutschen Reiterei darzubieten. Nach wohlveranlagtem Plane tritt es in die Oeffentlichkeit in Form einzelner Hefte, deren jedes eine reiterliche Kriegsthat veranschaulicht. Zu den einzelnen lebensvoll bewegten Bildern müssen die wichtigsten Kriegsvorgänge der neueren und neuesten Geschichte des ganzen deutschen Volks den Stoff liefern, sodaß nach und nach den Reiterthaten der Söhne aller deutschen Stämme billige Rücksicht und ge⸗ bührender Raum zu Theil wird. Von den zwanglos erscheinenden Heften, welche einzeln für 1 käuflich sind, liegen uns die ersten vier vor. Heft 1 zeichnet die englisch⸗deutsche Legion, schildert das 1. Husaren⸗Regiment der Legion in der Schlacht bei Salamanka und das Gefecht von Garzia Hernandez. Heft 2 beschreibt das branden⸗ burgische Heer z. Z. des großen Kurfürsten, skizzirt die politische und militärische Lage des Jahres 1675 und entrollt das Bild der Einnahme von Rathenow und namentlich das der Schlacht bei Fehrbellin. Heft 3 führt die sächsische Armee zu Beginn des Jahres 1812, namentlich die Brigade Thielemann in der Schlacht an der Moskwa, vor, dieselbe von Moskau auf dem vernichtenden Zuge über die Beresina in die Heimath geleitend. Heft 4 zeigt des großen Reitergarde, veranschaulicht die Waffenthaten der tapfern Gardes du Corps im siebenjährigen Kriege und behandelt in großen Zügen die Schicksale der Gardes du Corps in den Befreiungskriegen. Diese Hefte bethätigen überall das Bestreben, Bekanntes in historischer Treue in ruhigem, klaren Soldatenton einem möglichst weiten Leserkreise zuzuführen, und die gebotenen Einzelbilder sind darum so fesselnd und wirkungsvoll, weil das schlichte Soldatenwort durch die treff⸗ lichen Illustrationen des Malers Richard Knötel belebt und veran⸗ schaulicht wird.

Handel und Gewerbe.

Berlin, 17. Oktober. (Amtliche Preisfeststellung für Butrer, Käse und Schmalz.) Butter: Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter Ia. 113 115 ℳ, IIa. 108 112 ℳ, IIIa. —, do. abfallende 100 105 ℳ, Land⸗, Preußische 85 90 ℳ, Netzbrücher 83 90 ℳ, Pommersche 80 88 ℳ, Polnische 78 85 ℳ, Bayerische Sennbutter —X,— ℳ, do. Landbutter —,— ℳ, Schles. 85 90 ℳ, Galizische —,— Margarine 40 70 Käse: Schweizer, Emmenthaler 93 98 ℳ, Bayerischer 75 80 ℳ, do. Ost⸗ und West⸗ preußischer, 1Ia. 75 80 ℳ, do. II a. 65 70 ℳ, Holländer 80 90 ℳ, Limburger 42 48 ℳ, 112* 25 30 Schmalz: Prima Western 17 % Ta. 40,00 ℳ, reines, in Deutsch⸗ land raffinirt 43,50 46,50 ℳ, Berliner Bratenschmalz 47,00 50,00 Fett, in Amerika raffinirt 38,50 ℳ, in Deutschland raffinirt 41,50 43,50 Tendenz: Butter: Bei knappen Einlieferungen und guter Nachfrage blieben Preise unverändert. Schmalz fest, zum Schluß der Woche wesentlich höher.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt be⸗ richtet die „Schles. Ztg.“: Der Betrieb der oberschlesischen Hohofen⸗ werke ist unverändert geblieben, ebenso die Zufuhr von in⸗ und aus⸗ ländischen Erzen. Auch in der Marktlage für Roheisen sind beach⸗ tenswerthe Momente nicht zu verzeichnen. Die Produktion derjenigen Hohöfen, welche ausschließlich zum Verkauf arbeiten, findet auf Grund der gemachten Abschlüsse schlanken Absatz, während diejenigen Hohöfen, welche zugleich Walzwerke betreiben, den Verbrauch in Altmaterial sehr einschränken, um hierfür das eigne Roheisen zu verarbeiten. In Folge dessen ist der Alteisenmarkt sehr gedrückt und wenig Aussicht auf Besserung der Lage desselben vorhanden, welcher Einsicht die Händler in Alteisenmarkt sich nicht verschließen und trotz der höheren Einkaufspreise den bestehenden Verhältnissen durch Preiskonzessionen Rechnung zu tragen beginnen. Die hohen Kohlenpreise und die damit verbundenen hohen Herstellungskosten für Roheisen haben den Export in oberschlesischem Eisen sehr eingeschränkt, und ist eine Herabsetzung der Kohlenpreise für die gesammte oberschlesische Eisenindustrie eine unabweisbare Nothwendigkeit. Eine billigere Produktion würde dann auch dem oberschlesischen Roheisen den Wettbewerb mit englischem, womit bei⸗ spielsweise die Gießereien Niederschlesiens zum Theil noch sehr stark versehen sind, wieder ermöglichen. Was den Markt in Walz⸗ eisen und Blechen anbetrifft, so haben die herabgesetzten Preise den Werken mehr Beschäftigung zugeführt, und suchen diese den Konsum, welcher im Inlande seit einigen Monaten etwas nachgelassen hat, durch Export zu ersetzen. Die Preise stellen sich für Walzeisen auf 145 ℳ, für Grob⸗ und Feinbleche auf 180 bezw. 190 Der Export nach Rußland ist weiterhin ein ziemlich bedeutender geblieben, besonders in 1s aller Sorten und in Feinblechen. Die Walzwerke sind daher immer noch ziemlich gut, einzelne recht 9. beschäftigt. Der Stahlmarkt ist nach wie vor flau bei mangelhafter Beschäftigung der Werke. Die Lage des Zinkmarktes sowohl, wie die Preise für Roh⸗ und Walzzink sind am hiesigen Platze un⸗ verändert geblieben. Dagegen trat in London vorgestern ein stäaͤrkeres Angebot von zweiter Hand hervor, was eine Preisherabsetzung um fast 1 per 100 kg zur Folge hatte. Bei der allgemeinen Lage des Rohzinkmarktes glaubt man jedoch nicht an einen nennenswerthen Rückgang der Preise. 1

Dem Aufsichtsrath der Berliner Maschinenbau⸗ Aktiengesellschaft vormals L. Schwartzkopff wurde vom Vorstande der Abschluß des mit dem 30. Juni abgelaufenen Ge⸗ schäftsjahres vorgelegt. Vorbehaltlich der Revision der Bücher und der Zustimmung der öö“ genehmigte der Aufsichts⸗ rath die Bilanz und die Gewinn⸗ und Verlustrechnung, setzte nach reichlichen Abschreibungen und Reserpestellungen die Dividende auf 16 % fest und beschloß, die ordentliche Generalversammlung auf den 25. November cr. einzuberufen. 8

Die gestrige Generalversammlung des Westdeutschen

einblech⸗Verbandes beschloß, der „Köln. Volkszeitung“ zu⸗ söite den Verband mit dem heutigen Tage aufzulösen.

Die Betriebseinnahmen der Gotthardbahn betrugen im September 1890 für den 495 000 (im September 1889 515 000) Fr., für den Güterverkehr 665 000 (im September 1889 700 000) Fr., verschiedene Einnahmen im September 40 000 (im September 1889 30 000) Fr., zusammen 1 200 000 (im September 1889 1 245 000) Fr. Die Betriebs⸗ ausgaben betrugen im September 1890 525 000 (im Sevptember 1889 510 000) Fr. Demnach Ueberschuß im September 1890 675 000 (im September 1889 735 000) Fr. 8

Leipzig, 17. Oktober. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Oktober 4,82 ½ ℳ, pr.

November 4,80 ℳ, per Dezember 4,80 ℳ, per Januar 4,72 ½ ℳ, 1 per Februar 4,62 ½ ℳ, per März 4,60 ℳ, pr. April 4,60 ℳ, pr. Mai 4,60 ℳ, pr. Juni 4,60 ℳ, pr. Juli 4,60 Uisatz 20 000 kg. Schwach. 18

London, 17. Oktober. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen⸗ ladungen angeboten.

Manchester, 17. Oktober. (W. T. B.) 12r Water Taylor 7 ¼, 30r Water Taylor 9 ⅛, 20 Water Leigh 8 ½, 30r Water Clayton 9. 32r Mock Brooke 9, 40r Mayoll 9 ½, 40er Medio Wilkinson 10 ¾, 32r Warpcops Lees 8 ⅛, 36r Warpscops Rowland 9 ¼, 40r Double Weston 10, 60r Double Courante Qualität 12 ⅞%, 32“ 116 yds 16 %✕ 16 grey Printers aus 321/46r 176. Fest.

Glasgow, 17. Oktober. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 635 002 Tons gegen 990 731 Tons im vorigen Jahre. 1

Die Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen beträgt 6 gegen 85 im vorigen Jahre.

Zürich, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Nordostbahn beschloß, eine außerordentliche Generalversammlung auf den 7. November einzuberufen behufs Revision der Statuten im Sinne der Erhöhung des Aktienkapitgls um. 7 Millionen durch Aus⸗ gabe von 14 000 neuer Stamm⸗Aktien.

Amsterdam, 17. Oktober. (W. T. B.) Die Niederlän⸗ dische Bank hat den Diskont von 2 ½ auf 3 % erhöht.

New⸗York, 77. Oktober. (W T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 317 000 Ballen, Ausfuhr nach Großbritannien 117 000 Ballen. Ausfuhr nach dem Kontinent 110 000 Ballen. Vorrath 470 000 Ballen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Nachdem der Betrieb des unterirdischen Stadt⸗Fernsprech⸗ netzes in Berlin sehr befriedigende Ergebnisse ergeben hatte, sind vom Reichs⸗Postamt weitergehende Versuche dahin angestellt worden, auf welche Längen unterirdisch bezw. unterseeisch geführte Leitungen, sowie solche Leitungen, welche aus längeren unterirdischen und oberirdischen Theilstrecken bestehen, für den Fernsprechverkehr verwendbar sind. Zunächst wurde eine Kabelleitung zwischen Berlin und Küstrin 93 km be⸗ nutzt. Im Anschluß hieran fand eine Leitung zwischen Berlin und Hamburg Verwendung, welche auf einer Strecke von 97 km oberirdisch, sodann auf 40 km unterirdisch und demnächst in einer Länge von 160 km wieder unterirdisch geführt war. Sodann wurden die Versuche auf eine Leitung mit einer Gesammtlänge von 297 km ausgedehnt, welche durch Verbindung der theils oberirdisch, theils unterirdisch geführten Berlin—Hamburger Leitung mit der oberirdischen Leitung Hamburg Kiel gebildet war. 1

Die Ergebnisse der Versuche, welche noch nicht als abgeschlossen gelten, waren in allen Fällen durchaus zufriedenstellende und haben außer Zweifel gestellt, daß ein gesicherter Sprachverkehr mittels unterirdischer Kabel und mittels gemischter Leitungen innerhalb der bezeichneten Entfernungsgrenzen sich erreichen läßt Auch die Fern⸗ sprechversuche auf dem 75 km langen Nordseekabel zwischen Helgoland und Cuxhaven ergaben sehr günstige Re⸗ sultate; es wurde auf beiden Seiten eine klare und deutliche Verständigung zwischen Cuxhaven und Helgoland erreicht. Diese Thatsache dürfte gegenwärtig insofern von be⸗ sonderem Interesse sein, als in einer Anzahl Fachblätter und Tageszeitungen anläßlich der Nachricht von der bevorstehenden Aus⸗ ü hrung einer Fernsprechverbindung zwischen Paris und London die Möglichkeit einer ausreichenden Verständigung durch jene Anlage in Frage gezogen worden ist. Für die in Aussicht genommene Ver⸗ bindung, welche auf dem Lande oberirdisch und durch den Kanal mittels Seekabel geführt werden soll, würden annähernd dieselben Längenverhältnisse und die gleiche Art der Zusammensetzung in Bezug auf Kabel⸗ und Luftleitungen in Betracht kommen, wie bei dem in der Reichs⸗Telegraphen⸗Verwaltung zwischen Berlin und Kiel bezw. Cuxhaven und Helgoland stattgehabten Versuch. Nach dem Ausfall des Letzteren können daher die in Betreff der Fernsprech⸗ verbindung London— Paris geltend gemachten Bedenken, sofern die Verwendung eines Kabels von entsprechender Beschaffenheit statt⸗ findet, sich kaum noch begründen lassen.

Hamburg, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Columbia“ der amburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Nachmittag auf der Elbe und der Schnelldampfer „Normannia“ derselben Gesellschaft, von Hamburg kommend, heute Morgen in New⸗York eingetroffen.

18. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Cheruskia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesell⸗ s 98 ft ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas ein⸗ getroffen.

London, 17. Oktober. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Roman“ ist gestern auf der Heimreise von den Canarischen Inseln und der Union⸗Dampfer „Mexican“ heute auf der Ausreise von Southampton abgegangen.

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Mannigfaltiges.

Das Mausoleum für weiland Se. Majestät den Kaiser Friedrich bei der Friedenskirche zu Potsdam, welches heute Vormittag 11 Uhr im Beisein der Königlichen Familie feierlich eingeweiht wurde, ist, dem „D. Tabl.“ zufolge, ein in schlesischem Sand⸗ stein nach Entwürfen des Professors Raschdorff ausgeführter Rundbau mit kupferner Bedachung. Durch die zu einem Eingang umgebaute Nische des Atriums der Friedenskirche, in welcher früher Rietschel's egs gestanden, tritt man in die Grabkapelle ein. Zu dieser st auf Kaiser oft geäußerten Wunsch ein uraltes Kirchlein in süddeutschen Landen als Vorbild enommen, und zwar ist dies die kleine Grabkirche zu Innichen in irol, welche von einem Bürger dieses Städtchens, Georg von Paprion, 1653 erbaut wurde. Im Innern zeigt die Kapelle unter einem von sechs Säulen getragenen Baldachin eine Nachbildung des heiligen Grabes von Jerusalem. Der zehntheilige Rundbau, dessen Weite acht Meter beträgt, ruht auf neun Svyenitsäulen, deren Sockel und Kapitäle in Sandstein gearbeitet sind. Von der Wand stehen die durch Rundbogen verbundenen Säulen etwas über einen Meter ab, wodurch ein schmaler Umgang hergestellt ist. Im oberen Abschnitt wiederholen sich Umgang und Säulen⸗ stellung, welche letztere den mit Figuren geschmückten und von Fenstern durchbrochenen Tambour tragen. Ueber diesem wölbt sich die Kuppel bis zur Laterne, durch welche das helle Licht in den Raum hineinfällt. Der Altarraum, zu dem man auf drei Stufen emporsteigt, wird durch das Rundfenster erleuchtet. Ueber dem Altarraum ist eine Luft heizung zur Erwärmung der Kapelle angebracht. Die Au schmückung ist italienische Renaissance, die Kuppel hat einen kostbaren Schmuck von Glasmosaik erhalten, in dem das Himmelblau vorherrscht. Den Triumphbogen schmückt ein großes Wappenschild mit dem preußischen Adler, der Szepter und Reichsapfel in den Klauen hält. Zwei prächtige Engelsgestalten fügen sich rechts und links an, deren eine das Lamm Christi, die andere das Kreuz an die Brust drückt. Bei dem Blick durch den . in den Altar⸗ raum sieht man den Altar aus weißem Marmor, über welchem sich die Pietà erhebt, während an der linken Seitenwand der Sarkophag des Prinzen Waldemar und an der rechten Seitenwand jener des Prinzen Sigismund, zwei Meisterwerke von Begas, eingelassen sind. Von oben fällt durch die mit Glasgemälden geschmückten Rundfenster farbiges Licht auf den schimmernden Marmor. Im Rundbau fesseln besonders die wundervollen Seraphimköpfe. Die schmale Gruft für den Sarg Kaiser Friedrich’'s befindet sich in der Mitte des Raumes links von dem am 18. Oktober 1888 gelegten Grundstein, etwa ein

Meter unter dem Fußboden.

Der achtzehnte Oktober, der Jahrestag der Geburt weiland des Hochseligen Kaisers riedrich III., ist, wie die „Voss. Ztg.“ in Erinnerung bringt, zugleich ein besonders bemerkens⸗ werther Gedenktag in der Geschichte der Reichs⸗Hauptstadt. Am