Sklavendekret des Sultans unter den Arabern in Sansibar hervorgerufen hatte, veranlaßte viele derselben zu der Aeuße⸗ rung, sie würden nach der Cession der Küste an die Deutschen auf das Festland übersiedeln. Denjenigen, welche ein Interesse hatten, dies zu verhindern, mußte also daran liegen, das Reichskommissariat zur Publikation jenes Sultansdekretes auch innerhalb des deutschen Verwaltungsgebiets zu veran⸗ lassen. Diesen Schritt hoffte man dadurch zu erzwingen, daß man es öffentlich dem Vorwurfe der Begünstigung des Sklaven⸗ handels aussetzte. Hierzu sollte der Entwurf zu der Prokla⸗ mation dienen, der angeblich von dem Stations⸗Chef in Bagamoyo gezeichnet und öffentlich angeschlagen sein sollte. Die Urheber dieser verleumderischen Angaben konnten bisher nicht ermittelt werden, da der englische General⸗Konsul auf das Ersuchen des Kaiserlichen General⸗Konsuls Michahelles, ihm seine Gewährsmänner namhaft zu machen, ablehnend er⸗ widert hat. b . Der über die fragliche Angelegenheit bezügliche Schrift⸗ wechsel zwischen beiden General⸗Konsuln hat nachstehenden
n 2 8 * 9 ” dem 13. September d. J. richtete der englische General⸗Konsul Oberst Euan Smith ein Privatschreiben an den deutschen General⸗Konsul Michahelles, in welchem er ihm eine angeblich in Bagamoyo amtlich publizirte, den Kauf und Verkauf von Sklaven daselbst gestattende Protlamation mit der Bitte übersandte, ihn zu benachrichtigen, ob das erlassene Dekret mit Wissen und Zustimmung der deutschen Verwaltung in Bagamoyo und des stellver⸗ tretenden Reichskommissars veröffentlicht worden, und zu⸗ treffenden Falls, ob es von einem deutschen oder ein⸗ geborenen Verwaltungsbeamten unterzeichnet worden sei. Der General⸗Konsul bemerkte dabei, die Araber in Sansibar seien in Folge dieses Erlasses in großer Aufregung und bereiteten sich vor, Sklaven zum Verkauf nach Bagamoyo zu senden. Es stehe zu befürchten, daß es zu schwerwiegenden Ergebnissen führen würde, wenn die Araber in dem Glauben belassen würden, daß mit deutscher Er⸗ mächtigung der Sklavenverkauf an der Küste erlaubt würde.
Unter dem 18. September hat hierauf General⸗Konsul Michahelles Nachstehendes amtlich erwidert:
„Ew. Hochwohlgeboren hatten die Güte, mir mit dem ge⸗ fälligen Schreiben vom 13. d. M. englische Uebersetzung einer sogenannten Proklamation zu übersenden, nach welcher der Kauf und Verkauf von Sklaven in Bagamoyo amtlich frei⸗ gegeben wäre. Bevor ich in der Lage war, mich über das Schriftstück zu äußern, mußten in Bagamoyo Erkundigungen eingezogen werden, und ist dadurch eine Verzögerung von mehreren Tagen eingetreten. Ew. Hoch⸗ wohlgeboren Anfrage, ob ein solches Dekret in Bagomoyo durch die deutschen Behörden erlassen worden ist, beehre ich mich verneinend zu beantworten, das fragliche Schriftstück ist ein privates Machwerk, es ist weder publizirt oder zum öffent⸗ lichen Anschlag gebracht, noch überhaupt von einem deutschen Beamten ausgegangen und entbehrt also jeden amtlichen Charakters. b
Nach dem gefälligen Schreiben vom 13. d. M. wäre das fragliche Schriftstück Ew. Hochwohlgeboren von Bagamoyo eingesandt mit der Behauptung, dasselbe sei im Original mit einer Unterschrift verseben und in dem Amtslokal der deutschen Behörden degeschiegen gewesen. Da es sich in dem vor⸗ liegenden Falle offenbar um eine böswillige Verbreitung unwahrer Thatsachen handelt, so darf ich Ew. Hochwohlgeboren bitten, mir diejenigen Personen nennen zu wollen, welche die Angaben von Bagamoyo aus an Ew. Hochwohlgeboren haben gelangen lassen, damit das Kaiserliche Reichskommissariat in den Stand gesetzt wird, gegen jene Persönlichkeiten eine straf⸗ rechtliche Verfolgung einzuleiten. .
Es ist ferner dem stellvertretenden Herrn Reichs⸗ Kommissar bekannt geworden, daß die „Times“ in London lügenhafte Depeschen über den Vorfall veröffentlicht hat, und würde Herr Dr. Schmidt Ew. Hochwohlgeboren daher zu fernerem Danke verpflichtet sein, wenn Ew. Hochwohlgeboren die hiesigen „Times“⸗Korrespondenten namhaft machen wollten.
ehmigen ꝛc. 8 (gez.) Michahellee, Kaiserlich deutscher General⸗Konsul.“
Der englische General⸗Konsul hat sodann in Privatschreiben vom 19. September die ersolgte Mittheilung ausgesprochen und merkt, daß dieselbe ihn in den Stand autoritativer Weise den ihm gemachten widersprechen, daß er jedoch n nicht in der Lage sei, die Namen der Personen,
habe, anzugeben. Konsul geschrieben Kenntniß habe, 1 u Proklamation aufrichtig und weit verbreitet gewesen sei.
und ihn von den
nennen, sei er nicht in der Lage.
Das Privatschreiben des englischen General⸗Konsuls be⸗ antwortete Herr Michahelles unter dem 30. September
mit nachstehendem amtlichen Schreiben:
„Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich den Empfang des ge⸗ zu bestätigen, in welchem
Ew. Hochwohlgeboren ablehnen, diejenigen Personen namhaft welche die unwahren Nachrichten über die angebliche Proklamation bezüglich des Verkaufes von ü abe
den stellvertretenden Herrn Reichskommissar zu unterrichten, und Herr sein Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, daß Ew. Hochwohlgeboren nicht mit ihm in dem Wunsche übereinstimmen, solche Personen, welche wissentlich und in zweifellos böswilliger Absicht unwahre einer Kaiserlichen Behörde ausstreuen, zur Verantwortung zu ziehen und ihrer verdienten Indem ich bemerke, daß Herr Dr. Schmidt von dem Verlaufe der Angeleg nheit seiner vorgesetzten
fälligen Schreibens vom 19. d. M.
machen,
in Bagamovo hierher verbreitet haben. Ich nicht unterlassen, . von dem Inhalt des Schreibens
Dr. Schmidt hat mich ersucht,
Nachrichten über Amtshandlungen Strafe entgegen zu führen.
Behörde dienstliche Meldung erstattet hat, benutze ich ꝛc., 8 (gez.) Michahelles.
Die von Soliman ben Nasr entworfene P roklamat ion
hat folgenden Wortlaut: Uebersetzung.
.„„‚Proklamation. eg Es wird hiermit Auen bekannt gegeben,
den, welcher in Bogamoyo oder in Schenzi
einem seinen Dank für dabei be⸗ setze, in Angaben zu ohne besondere Instruktionen von welchen er über die angebliche Proklamation Mutheilung empfangen Er habe erst dann dem deutschen General⸗ Angaben in gesetzt, als er sich davon überzeugt gehabt daß der Glaube in die Existenz und an die Quelle der Den Namen des Korrespondenten der „Times“ in Sansibar zu
daß wir einem (3 oder
zu behalten,
ertheilen, seine Sklaven wieder in Besitz zu nehmen und und ein jeder Sklavenbesitzer hat Er⸗ laubniß, seine Sklaven an die Leute von Bagamoyo zu verkaufen; doch ist es verboten, Sklaven zur See zu ver⸗ schiffkten. Wir wünschen, daß die Schamba⸗Besitzer ohne Verzug beginnen mögen, ihr Schambas zu bearbeiten, da dies der Bevölkerung und der Stadt zum Vortheil
aber glauben Sie denn wirklich, meine Herren, daß wir all die nöthigen technischen Kräfte besitzen, so viele Bauten gleichzeitig auszuführen 7 daß wir für die Kanalrinne, durch das Haff von Königsberg nach Pillau, daß wir für den Oder⸗Spree⸗Kanal, die großen Bauten an der Weichsel, daß wir für die Kanalisirung der oberen Spree — bezüglich deren die entgegenstehenden Hindernisse erst jetzt beseitigt werden können —, daß wir für alle die Bauten, die wir am Rhein u. s. w. vorzunehmen
gereichen wird. Datum: den 6. September 1890.
(Mohurram 28. 1308).“
Wiederholt auf Grund augenfälliger Thatsachen wider⸗ legt, wird dennoch bis in die neueste Zeit hinein in mitunter recht absprechenden Zeitungsartikeln wie in Versammlungen von Interessenten der Vorwurf gegen die Staatsregierung erhoben, daß sie nicht in genügender Weise der Entwicke⸗ lung der natürlichen und künstlichen Wasserstraßen des Landes 5 Aufmerksamkeit widme und in deren Förde⸗ rung zu langsam vorschreite.
Daß jener Vorwurf thatsächlich unberechtigt, nachstehenden Zahlen:
Im Laufe der letzten 10 Jahre sind zur Regulirung der großen und kleinen Ströme des Landes aufgewendet
worden und zwar: 5 833 000 ℳ
8 6 390 000 „
7 919 000 „
6 971 000 „
7 468 000 „
7 681 000
5 136 000
5 157 000
4 794 000
3 803 000 „
—. 61 152 000 ℳ Hinzutreten.8 ... 74 812 000 ℳ,
welche während des gleichen Zeit⸗ 8 1
raumes für Unterhaltung jener
Ströme
welche für sonstige Regulirungen der Wasserstraßen einschließlich der Auf⸗ wendungen für Kanäle, Brücken ꝛc. verausgabt wurden. Im Ganzen sind daher . 8 105 000 ℳ in dem letzten Dezennium für diese Wasserbauten aufgewendet worden. Aber auch der Herstellung künstlicher Wasser⸗ straßen hat die Staatsregierung in neuerer Zeit in um⸗
ergeben die
zusammen
47 142 000 „
Ems⸗
fassendster Weise ihre Fürsorge zu Theil werden lassen. Denn mit nicht weniger als rund 180 Millionen Mark sind zur Zeit die Finanzen des Staats allein an den Kosten der theils in der Ausführung begriffenen, theils zur Ausführung dem⸗ nächst bestimmten großen Kanalprojekte betheiligt. Von diesen Kostenbeiträgen entfallen auf: 1 den Nord Ostsee⸗ Kanal . . . . . .50 000 000 ℳ den Oder⸗Spree Kanal. . . . . . . 12 600 000 „ die Regulirung der Oder und Spree 26 300 000 „ den Kanal von Dortmund nach den Z1““ 59 825 033 die Weichselbauten .. 20 000 000 die Vertiefung der Haffrinne von Königs⸗ berg nach Pillau . . . . . . . . 7 300 000 „ die Kanalisirung der Fuldaa.. . 3 348 250 „
Wenn in einzelnen von jenen Zeitungsberichten noch ins⸗ besondere dem Minister der öffentlichen Arbeiten Mangel an Interesse für den Kanalbau im Allgemeinen und daraus sich ergebende Abneigung gegen gleichzeitige Inangriffnahme mehrerer der oben genannten großen Kanalbauten zum Vor⸗ wurf gemacht und ihm von Seiten der Interessenten des so⸗ genannten Binnenlandkanals verdacht wird, daß er nicht, wie sie verlangen, schon jetzt Anstalten zur baldigsten Herstellung auch dieses Kanals treffe, ja nicht einmal die Ausführung von Vorarbeiten für dense ben gestatte, so hat er selbst diese viel⸗ fachen Angriffe in der Sitzung des Hauses der Abgeordneten vom 8. März d. J. auf das Bündigste abgewiesen.
Er sagte damals in Entgegnung auf die Rede des Abg. Tramm wörtlich:
„Hat vielleicht der Herr Abgeordnete vergessen, daß ich es ge⸗ wesen bin, der gerade dieses Kanalprojekt (es ist der Rhein⸗Weser⸗ Elbe⸗Kanal gemeint) unterstützt und hat bearbeiten lassen? Hat er vergessen, daß ich es war, der nach einmaliger Verwerfung des Pro⸗ jekts im Herrenhause trotz mehrfacher Schwierigkeiten die An⸗ gelegenheit noch einmal vor Ihnen zu vertreten unternommen hat? Daß ich es gewesen bin, der nach Kräften dafür ge⸗
Die Konkurrenz gegen die Eisen⸗
gegenstanden, zu beseitigen? — wenn diese
bahnen! — wenn ich die fürchtete, oder gebend sein sollte, 1 1 Stadiun etreten sein. Eine derartige Befürchtung besteht bei mir nicht
gegenseitig ergänzen sollen; sie sind lediglich dazu da, dem a Wohl zu dienen und nicht als Einzelstraßen dem eigenen Nutzen
Nun, meine Herren, wie steht denn die Sache? — spezielle Anfrage komme ich nachher. —
kommene Gesetz sagt Folgendes: Die Staatsregierung wird ermächtigt: 1 1) zur Ausführung eines Schiffahriskanals, welcher bestimmt ist
—
den Rhein mit der Ems und in einer den Interessen
zu verbinden,
vergern und Papenburg nach der unteren Ems, lage eines Seitenkanals aus der Ems von Oldersum nach Emdener Binnenhafen nebst entsprechender Erweiterung des letzteren
zu nehmenden Tbheil soweit gefördert, daß die wirkliche Inangri Kanalkommission
Königliche
Wir haben eine — t, um den Bau zu leiten.
Organen einge Projeit etwa 5 1 dauert; ich will es aber nicht hoffen. — Jahre Ihnen bereits mitgetheilt, daß die diese Linie nach dem Rhein, die für uns 2
Vorarbeiten fü⸗
die Inangriffnahme, vorausgesetzt. vaß die Mittel dafür bewillig
werden, berantreten, ch befindet.
wir können nur einet na
sorgt hat, die Hindernisse, welche der Arsführung des Proi kts ent⸗
für mich maß⸗ würde das in einem anderen Stadium hervor⸗
alte an dem Grundsatz fen, den ich während meiner anzen Amts⸗ thätigkeit bethätigt habe, und der auch nach meiner Ansicht der richtige ist, daß Eisenbahnen und Wasserstraßen Verkehrsstraßen sind, die sich
Ulgem einen auf die Das nach der einmaligen Ver⸗ werfung im anderen Hause demrächst im Jahre 1886 zu Stande ge⸗
der mirtleren und unteren Weser und Elbe entsprechenden Weise mit diesen Strömen und zwar zurächst 1„ 8 dder 2 89 Dortmund beziehungsweise Herne über Henrichenburg, Mlunl er, Be⸗ 8 8 einschließlich der An⸗ nach dem rath
Wir be ie 2 ür den hiern unächst in Angriff 1 Wir baben die Vorarbeiten für den hiernach zun 2 ff. stebenden hohen Vieh⸗ und Fleischpreise zu erachten
nahme desselben nunmehr — ich glaube Recht zu haben — bevorsteht. mit den nöthigen
Der Bau soll nach dem ahre dauern. Es kann sein, daß es etwas länger habe im vorigen - b für nicht so viel Vieh vasbgelchoff werden konnte,
ls die demnächst zuerst in
Ausfübrung zu bringende sich darstellt, fertig sind, und wir werden 2. sobalb der Bau in einem Theil in Angriff ge⸗
nommen ist und in einem entsprechenden Stadium si — 9 22 Proi j ’ das andere; 3 22 8 . dieses Projekt reiht sich dann sinanziellen Schwierigkeiten,
haben, den großen Nord⸗Ostsee⸗Kanal, die nöthigen technischen Kräfte haben? Wir müssen uns innerhalb unserer finanziellen und technischen Leistungsfähigkeit bewegen; und glauben Sie denn nicht, daß, wenn wir alle diese Dinge auf einmal in Angriff nehmen wollten, voraus⸗ gesetzt, daß wir wirklich diese technischen Kräfte und das nöthige Geld haben, wir uns alle diese Anlagen über Gebühr vertheuern würden? Ich glaube, es wäre nicht im Interesse des Staats, wenn wir so wirthschaften wollten. Ich wiederhole, was ich im vorigen Jahre ge⸗ sagt habe, und was auch jetzt noch wahr bleibt: wir werden einen Theil nach dem anderen in die Hand nehmen. 1.““
Ich wiederhole, daß wir nach altpreußischer Sparsamkeit das Richtige thun, wenn wir das eine Projett nicht eher in die Hand nehmen, als bis das andere bis zu einem gewissen Punkte gediehen ist. Man will uns drängen, auf diesem Gebiet rascher vorzugehen, auch als es wirthschaftlich richtig ist: denn wenn wir jetzt an die Vor- arbeiten gehen, so werden dieselben, wenn wir an die Vorlage selbst kommen, kaum noch passen; das ist ja eine alte Erfahrung. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, bloß um — wie soll ich sagen? — das Bedürfniß der Interessenten in jenen Gegenden zu befriedigen, um sich klar darüber zu werden, welche Linie für den Kanal eeingeschlagen werden soll, so zu drängen. — In dem Bescheide der Minister ist gesagt worden, daß die Interessen sowohl nach der mittleren als nach der unteren Elbe hin gewahrt werden müssen. Die Aufgabe ist nicht leicht zu lösen, aber sie wird mit der Zeit in Angriff genommen und gelöst werden, und ich verstehe durchaus nicht, weshalb man so echauffirt ist, daß nicht sofort in die Arbeit eingesprungen wird; sie wird nicht um einen Tag später, aber auch nicht um einen früher in Angriff ge⸗ nommen werden, als bis es Zeit ist. Daran halte ich fest.“ Angesichts dieser Sachlage erscheinen jene Angriffe schwer begreiflich und gewiß nicht geeignet, die nach allen Seiten hin wohlerwogenen Maßnahmen und Entschließungen der Staats⸗ regierung zu beeinflussen.
5
der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division,
Der Commandeur 1 hat sich mit
General⸗Lieutenant Edler von der Planitz II. vierzehntägigem Urlaub nach Düsseldorf begeben.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburgische Ober⸗Zolldirektor Oldenburg ist hier an⸗ gekommen.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ wird der Reichs⸗ kommissar Major von Wissmann sich am Donnerstag, 23. Oktober, nach Varzin begeben und nach der Rückkehr dort am 27. d. M. seine Reise nach Ost⸗Afrika antreten.
8
Sigmaringen, 21. Oktober. Die Enthüllung des für den Fürsten Carl Anton von Hohenzollern er⸗ richteten Denkmals wurde, wie „W. T. B.“ meldet, heute in feierlicher Weise vollzogen. Sämmtliche Mitglieder der Ig Hohenzollern’'schen Familie, die Königinvon achsen, die Königin von Rumänien, der Graf und die Gräfin von Flandern mit ihren Kindern, die Herzogin und der Prinz Eduard von Anhalt, zahlreiche Deputationen und die Spitzen der Behörden wohnten der Feier bei. Auf die Rede des Vorsitzenden des Comités, in welcher derselbe die hohen Verdienste des 7 ürsten Carl Anton hervorhob, ant⸗ wortete Se. Hoheit der Fürst mit warmen Worten und brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus. Nach der Feier fand ein großes Frühstück
im Schlosse statt. 8 “ n. ö“
München, 22. Oktober. Der Commandeur I. Bayerischen Armee⸗Corps Prinz Leopold Bayern sowie der Commandeur des II. Armee⸗Corps General⸗ Lieutenant von Parsefal werden sich zur Theilnahme an der Feier des 90. Geburtstages des General⸗Feldmarschalls Grafen von Moltke nach Berlin begeben.
Der in Nr. 249 des „R. u. St.⸗A.“ erwähnte Antrag der bayerischen Regierung bei dem Bundesrath, betreffend die Einfuhr von Rindvieh aus Oesterreich⸗-Ungarn, welcher von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten genehmigt worden ist, hat, wie die Blätter mittheilen, folgen⸗ den Wortlaut:
Der Bundesrath wolle unter theilweiser Abänderung des Be⸗ schlusses vom 27. Juni 1879 — §. 396 der Protokolle — beschließen, daß die Landesregierungen ermächtigt werden, die Einfuhr von leben⸗ dem Rindvieh aus Oesterreich⸗-Ungarn in größere Städte, welche öffentliche Schlachthäuser besitzen, unter der Bedingung zu gestatten, daß die Thiere 3
a an der Grenze mit Ursprungs⸗ und Gesundheitszeugniß ver⸗ sehen sein müssen, 8
b. beim Eintritt in das deutsche Gebiet durch beamtete Thier⸗ arzte untersucht und gesund befunden worden sind, B
e direkt und ohne Umladung bis zu ihrem Bestimmungsort mit der Eisenbahn übergeführt, .
d. daselbst alsbald geschlachtet, bis dahin aber von anderem Vieh getrennt gehalten werden und aus dem Schlachthofe nicht lebend ent⸗ fernt werden dürfen.
Die Begründung des Antrags lautet:
Die hohen Fleischpreise im ganzen Lande, insbesondere in den größeren Städten, haben schon vor einiger Zeit Veranlassung ge⸗ geben, über die für die Volksernährung hochwichtige Frage der Fleischtheuerung und über die eine Ermäßigung der Fleischpreise er⸗ möglichenden Maßnahmen eingehende Erhebungen zu pflegen. jerbei hat sich ergeben, daß namentlich der ungenügende Vor⸗ an Schlachtvieh auf dem platten Lande und der zu ge⸗ ringe Zutrieb von Schlachtwaare zu den Schlachtviehmärkten der größeren Städte als ein hauptsächlicher Grund für die be⸗
sind. Inzwischen ist vielfach eine weitere Steigerung der Fleischpreise eingetreten.
Diese hart empfundenen Verhbältnisse lassen für absehbare Zeit eine Besserung kaum erwarten, da die schlechten Futterernten der Jahre 1687 und 1888 die Landwirthe gezwungen haben, ihren Vieh⸗
stand beträchtlich zu verringern, und da in den letzten Jahren noch . sche um den bestehenden
1
Bevarf an Schlachtvieh decken zu können, 6 it
Hierzu kommt, daß auch schon in den früheren Jahren ven. besseren Futterernten mehrfach über Mangel an Schlachtvieh gerlag⸗ wurde und an die Regierung Wünsche gelangten, daß Schlachtvie aus Oesterreich⸗-Ungarn in die größeren Städte eingeführt werden
1 Wünsche haben sich in neueper Beit so vielfach wiederholt
vem anderen fördern. — Ich sehe ab von den
Tagereisen um Bagamoyo) Land besitzt, die Erlaubniß
die aber der Herr Finanz⸗Minister zu überwinden hat, die nicht geringe sin⸗
; 2 so dringlich geltend ge acht, vaß sich bie bayerische Regierung der
Verpflichtung nicht entschlagen kann, auf baldige Abhülfe Bedacht zu nehmen. Auch mag in Betracht kommen, daß in Folge der allge⸗ meinen Steigerung der Fleischpreise insbesondere in den niederen Volksschichten eine Unzufriedenheit zu Tage tritt, der zu steuern drin⸗ gend de Zufuh 5
m nun eine ausreichende Zufuhr von Schlachtvieh in die größer Städte herbeizuführen, wodurch auch eine günstige hr ndie grös auf die kleineren Städte und Orte erzielt werden dürfte, wird es sich zu⸗ nächst empfehlen, auf den von der bayerischen Regierung schon im
ahre 1879 im Bundesrath eingebrachten und durch vorstehenden An⸗ trag wieder aufgenommenen Vorschlag zurückzukommen. Auf diesem
Wege wird voraussichtlich eine Minderung der Fleischpreise erzielt jedenfalls aber einer weiteren Steigerung der Fleischpreise vorgebeugt ne. WC1“
Was die Zulässigkeit der bean ragten Maßnahmen anlangt, dürfte dieselbe vom seuchenpolizeilichen Senabngs zu vnlängt, so denn durch die im Antrage unter Litt a bis d vorgesehenen Kautelen ist eine Gefahr der Einschleppung von Seuchen aus Oesterreich⸗Ungarn ausgeschlossen. Ueberdies darf noch hervorgehoben werden, daß die Verhältnisse, welche seinerzeit zu dem Bundesrathsbeschlusse vom 27. Juni 1879 geführt haben, in der Zwischenzeit auf Seite Oester⸗ reichs sich unbestrittenermoßen wesentlich gebessert haben. 1
Wie die „Allg. Ztg.“ hört, ist außerdem die bayerische Regierung auf weitere Erleichterungen bei der Vieh⸗ einfuhr im Rahmen des Bundesrathsbeschlusses von 1879 bedacht. So soll in den Grenzdistrikten die Konfinirungszeit von 60 auf 30 Tage vermindert, die Stückzahl des zur Ein⸗ fuhr erlaubten Viehs von 12 auf 18 erhöht und hieran die weitere Erleichterung geknüpft werden, daß ein mit der Kuh eingeführtes Kalb nicht gezählt wird. Im Rahmen und unter Beobachtung der bestehenden veterinärpolizeilichen Vorschriften
11“ Einfuhr in die Grenzdistrikte bis zur Grenze des Möglichen 66 erleichtern, werden die Kontrol⸗Thierärzte neuerdings an⸗ gewiesen werden. Eine Gebühr für Visitation des eingeführten Viehs nach beendeter Konfinirungszeit war und ist nicht zu entrichten, derartige Visitationen haben vielmehr ex officio zu gesch hen und rangiren in das Seuchenjahresaversum des etreffenden Thierarztes. Diese Aversen betragen in den Grenzdistrikten Altötting, Berchtesgaden, Miesbach, Passau ꝛc. durchschnittlich 700 ℳ, während die seit 1887 nöthig ge⸗ wordenen Visitationen den Betrag des Seuchenaversums nicht selten um das Doppelte übersteigen.
Württemberg.
Sttuttgart, 22. Oktober. Bei der Stichwahl zum Landtage wurde, wie telegraphisch gemeldet wird, in Besig⸗ heim der Oekonom Essich (nationalliberal) mit 2332 Stimmen gegen Rechtsanwalt Payer (Demokrat) mit 2031 Stimmen gewählt. 8 8 Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach Weimar, 21. Oktober. Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin werden, C.“ ha in der ersten Hälfte des nächsten Monats hier wieder eintreffen.
Seit gestern ist hier der Ausschuß der Thürin⸗ gischen Versicherungsanstalt für Invaliditäts⸗ und Altersversicherung versammelt. Die erste Sitzung galt der grundlegenden Berathung des Statuts. Außer dem Vorsitzenden des Vorstandes, Großherzoglich sächsischen Regierungs⸗Rath Elle, nahmen an den Verhand⸗
lungen Theil die mit dem 1. Januar 1891 in den Vorstand eintretenden Herren Assessor Oheim aus Gotha, Kreissekretär Sontheimer aus Meiningen sowie 8 Vertreter der Arbeit⸗ geber, die die hauptsächlichsten gewerblichen Unternehmungen in den verschiedenen thüringischen Städten repräsentiren, und 9 Vertreter der Versicherten. Unter diesen befinden sich Hand⸗ arbeiter, Maschinenarbeiter, Werkführer, Maurer, Maler Modelleure u. s. w. 3
Bremen.
Bremen, 21. Oktober. Zur Ausführung des mit dem 1. Januar 1891 in Kraft tretenden Gesetzes über die Alters⸗ und Invaliditätsversicherung hat, der „Wes.⸗Ztg.“ zufolge, der Senat die Bürgerschaft ersucht, in dem Etat die Summe von 18 000 ℳ einzufügen, indem er zugleich die Hoffnung ausspricht, daß sich der erforderliche Zuschuß im Laufe der Betriebszeit durch Verminderung des für den Anfang in Aussicht genommenen Personals mindern werde. Die Finanz⸗ Deputation hat erklärt, daß sie von ihrem Standpunkt bei der beantragten Nachbewilligung nichts zu erinnern habe.
8 Deutsche Kolonien.
Die Frage, wie groß die deutschen Schutzgebiete in Afrika sind, findet im ersten Heft der neuen Rebitsschrif „Afrikanische Nachrichten“, das in Kurzem vom Geographischen . zu Weimar ausgegeben wird, eingehende Beantwortung. Das Ergebniß der in jenem Heft enthaltenen Untersuchung ist in Kurzem folgendes: Deutsch⸗Ost⸗Afrika 939 1908 qkm, Luͤderitzland (der deutsche in Südwest⸗Afrika) etwa 832 600 qkm, Kamerun⸗ Land etwa 319 000 qkm, Togo⸗Land etwa 61 000 qkm, zusammen in runder Summe etwas über 2 152 000 qkm. Die „Afrikanischen Nachrichten“ stellen bei dieser Ge⸗ legenheit einen Vergleich mit geläufigeren heimi⸗ schen Größenverhältnissen an. Deutsch Ost⸗Afrika ist fast doppelt so groß wie das Deutsche Reich; Kamerun (ohne die Hinterländer) etwas kleiner als das Königreich Preußen; Lüderitzland nur um ein Geringes kleiner als Italien und das Deutsche Reich zusammengenommen; Togo⸗Land erreicht noch immer fast den Flächeninhalt Bayerns.
etwa
Besitz
Oesterreich⸗Ungarn.
Wien, 22. Oktober. Das österreichisch⸗ungarische Ges chwader ist, wie „W. T. B.“ meldet, von seiker Reise ach Kiel gestern wieder in Triest eingetroffen. m„Der General⸗Adjutant des Sultans Kamphoevener⸗ Pascha ist mit seiner Familie aus Konstantinopel hier ein⸗ d n der gestrigen Sitzung des böhmischen Landtages 1 der Abgeordnete Vasaty an den Statthalter Grafen S eine Interpellation wegen der in deutscher
erfolgten Beantwortung einer czechisch . Anfrage. Der Oberst⸗Landmarschall Fürst 1 büwit rief den Interpellanten wegen des mnge ührlichen Tones seiner Anfrage zur Ordnung. 8g Statthalter erklärte in czechischer Sprache, 6 werde die Antwort wegen des ungebührlichen 8 1 der Interpellation verweigern, und weil der Inter⸗ I ant sogar die treue Einhaltung seines Amtseides ange⸗ zweifelt habe. Unter großem Lärm erklärte hierauf der
worauf die Jungczechen heftig protestirten. Die Ab⸗ geordneten verließen in großer Erregung den Saal.
Nach einer Meldung der „Presse“ aus Lemberg sind die ruthenischen Landtags⸗Abgeordneten vorgestern aus dem Agrar⸗Klub, welcher die Interessen der „kleinen Grundbesitzer“ vertreten soll, ausgeschieden.
Ueber das Arbeitsprogramm des am 25. d. M. zusammen⸗ tretenden kroatischen Landtages erfährt die „Agramer Zeitung“ Folgendes: „An wichtigeren Gesetzentwürfen wird der Landtag nur drei, und zwar jene über das Kommassa⸗ tionsverfahren, ferner über das Wasser⸗ und das Fischereirecht, weiter eine Reihe kleinerer Gesetzentwürfe zu erledigen haben. Der in der diesjährigen Frühjahrssession bereits durchberathene Gesetzentwurf über die Disziplinar⸗Ver⸗ antwortlichkeit der Beamten gelangt nochmals vor den Landtag. Ferner wird die Regnikolar⸗Deputation Be⸗ treffs des Grundentlastungssonds gewählt werden und der Bericht derselben nacherfolgter Auseinandersetzung mitder gleichen Deputation des ungarischen Reichstages, wie man hofft, eben⸗ falls noch in dieser Session erledigt werden können. Schließ⸗ lich gelangt das autonome Budget pro 1891 zur Be⸗ rathung. Die Session dürfte jedenfalls bis zu Weihnachten dauern, eventuell in der zweiten Hälfte Januar ihre Fort⸗ setzung finden.“
8 Großbritannien und Irland.
London, 22. Oktober. Gladstone hat vorgestern Morgen begleitet von seiner Gemahlin, die Reise auf der North Western Eisenbahn von Liverpool nach Edinburg angetreten. Auf allen Stationen, wo der Zug hielt, hatten sich zahlreiche Parteifreunde eingefunden, um ihren wie einen Helden ver⸗ ehrten Führer zu begrüßen. Gestern Nachmittag hat er in der Kornbörse zu Edinburg seine erste Rede gehalten. Es waren an 5000 Personen versammelt. Lord Rosebery führte den Vorsitz. Gladstone, dem zahlreiche Adressen überreicht worden waren, wurde mit großem Beifall empfangen. Er erklärte, er werde bei seinem diesmaligen Besuche Schottlands über die Thaten und Fehler des gegenwärtigen Parlaments, auch über die auswärtigen Angelegenheiten und die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit sprechen. Die irische Frage werde aber allem Anderen vorgehen. Hierauf kritisirte Gladstone im Einzelnen die Politik der Regierung in Betreff Irlands.
Frankreich.
Paris, 22. Oktober. Der Präsident Carnot empfing, nach einer Mittheilung des „W. T. B.“, den Gesandten Bra⸗ siliens Piza, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte, in feierlicher Audienz. Die dabei gewechselten Reden trugen einen herzlichen Charakter.
Der Prinz von Wales ist gestern Abend hier ein⸗ getroffen.
Der Unterrichts⸗Minister wird von der Deputirten⸗ kammer einen Kredit von 400 000 Frs. zu den Ausgra⸗ bungen in Delphi verlangen. .
Der neue Gesetzentwurf über die Spionage, welcher bei der Deputirtenkammer am Montag eingebracht wurde, tritt an Stelle des Gesetzes vom Jahre 1886, das nicht für vollständig genug angesehen wurde. Durch den neuen Entwurf werden die Strafen gegen Agenten der Militär⸗ und Civilbehörden, welche für die nationale Vertheidigung wichtige Dokumente ausliefern, verschärft.
Der „Autorité“ zufolge wird die morgige Vollversamm⸗ lung der Rechten die Einführung einer Fremden⸗ steuer berathen.
Gestern Morgen fand zwischen den Abgg. Déroulode
und J. Reinach in Folge der Zwischenfälle während der vorgestrigen Kammersitzung ein Zweikampf statt. Keiner der Beiden wurde verletzt. Die 8 Dérouléède's versagte. Die Zeugen Reinach's boten die Fortsetzung des Kampfes an, doch lehnte Dérouléède sie ab. Die Stärke der Landmacht Frankreichs, wie solche in Zukunft aus der Anwendung des Gesetzes vom 15. Juli 1889 hervorgehen wird, beziffert „La France militaire“ vom 24. September in nachstehender Höhe: Stehendes Heer 577 319 Mann, nämlich 190 103, welche nach Vollendung des ersten, 119 748, welche nach Vollendung des zweiten, 116 156, welche nach Vollendung des dritten Dienstjahres von den durch die Ersatzbehörden Eingestellten verbleiben, dazu Frei⸗ willige und Rengagirte 98 583, Offiziere 26 934, Gendarmerie 25 795. Reserve, aus sieben Jahrgängen bestehend, von denen jeder auf 178 246 Mann geschätzt wird, 1 247 722 Mann, darunter 800 709, welche drei, und 447 013, welche ein Jahr gedient haben. Von jener Ziffer (1 247 722) einen jährlichen Abgang von 3 Proz. in Abzug gebracht, bleiben 985 702 Mann, sodaß, Offiziere und Gendarmerie ungerechnet, als Gesammt⸗ summe des bei einer Mobilmachung zur Einreihung in das Heer verfügbaren Bestandes die Ziffer 1 510 292 erscheint. Das Territorialheer, welchem alljährlich 165 769 Mann überwiesen werden, zählt in seinen sechs Jahrgängen, wenn man den jährlichen Abgang zu 7 Proz. an⸗ nimmt, 994614 Mann. Zu den obigen 1510 292 ge⸗ rechnet, ergiebt sich eine Summe von 2504 906, immer ohne die Offiziere des aktiven Friedensstandes und die Gendarmerie. Dazu kommt schließlich noch die Reserve des Territorialheeres, welche in ihren neun Jahrgängen, den jährlichen Ausfall zu 9 Proz. gerechnet, 1 266 192 Mann zählt, sodaß die gesammte Landmacht, ohne jene Offiziere und die Gendarmerie, eine Stärke von 3 771 098, mit diesen von 3 823 827 Mann aufweist.
Das französische Mittelmeer⸗Geschwader ist gestern in Alexandria eingetroffen.
Rußland und Polen. Die russische Regierung beschloß, wie man der „Mgdb. Ztg.“ meldet, die Verordnungen bezüglich der Rechte der Ausländer, Grundbesitz in Rußland zu erwerben, zu ändern.
8
Italien.
Rom, 22. Oktober. Die „Tribuna“ glaubt, im heutigen Ministerrath würden sämmtliche Minister den Motiven⸗ bericht zu dem Kammerauflösungs⸗Dekret genehmigen und unterzeichnen. b
Die im letzten Ministerrath für den nächstjährigen Etat fixirten Ersparnisse werden sich, der „Pol. Corr.“ zufolge, auf eine Summe von 30 Millionen belaufen. Im Kriegs⸗Ministerium will man durch Verlangsamung von
Oberst⸗Landmarschall die Sitzung für geschlossen,
“
10 Millionen festgesetzt waren, um 2—3 Millionen herab⸗ gesetzt werden. Die größten Ersparnisse sollen jedoch im Etat des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten gemacht werden; man spricht von ca. 16 Millionen, welche hauptsächlich durch Verzögerung von Sekundär⸗Eisenbahnbauten erreicht werden würden. Man versichert sodann, daß der Schatz⸗ Minister beabsichtige, die Alkoholsteuer zu reformiren, nicht im Sinne einer allgemeinen Erhöhung, sondern einer gerechteren Vertheilung derselben.
Am 1. Oktober hat eine Verminderung bezw. andere Organisation der in der Kolonie Eritrea stehenden Truppen stattgefunden. Dem „Esercito ital.“ zufolge sind in Fortfall gekommen:
Der Stab des Jäger⸗Regiments, ein Jäger⸗Bataillon, eine Ge⸗ birgs⸗Batterie, eine Compagnie Festungs⸗Artillerie, sodaß an italie⸗ nischen Truppen übrig bleiben: 2 Bataillone Jäger, 1 Batatllon Bersaglieri, 1 Gebirgs⸗Batterie zu 6 Geschützen, 1 Compagnie Festungs⸗Artillerie, 1 Compagnie Arbeiter der Artillerie, 1 Compagnie Sappeure, 1 Compagnie Spezialisten (Genie), 1 Sanitäts⸗Compagnie, 1 Subsistenz⸗Compagnie, 1 Train⸗Compagnie: in Summa 109 Offiziere, 3096 Mann, 371 Pferde. Bei den eingeborenen Truppen ist der Stab des Infanterie⸗Regiments ebenfalls eingegangen und aus den 4 Bataillonen zu 8 Compagnien, die dasselbe zählte, 6 selbständige Bataillone zu 4 Compagnien gebildet worden. Die bisherige einzige Escadron (Esploratori) zu 4 Zügen ist auf 2 zu je 3 Zügen ver⸗ mehrt worden; die Gebirgs⸗Batterie ist geblieben. Die eingeborenen Truppen sind in Summa stark: 104 italienische Offiziere, 108 ita⸗ lienische Unteroffiziere, 48 eingeborene Unteroffiziere (bei der Infan⸗ terie, 5287 eingeborene Mannschaften, 547 Pferde, 109 Reit⸗, 145 Zug⸗Maulthiere, 10 Kameese. An Stelle der beiden eingegangenen Regiments⸗Kommandos treten zwei „Zonen⸗Kommandos“ in Asmara und Keren.
Portugal.
Das neue Ministerium hält, der „N. Pr. Ztg.“ zufolge, häufige Konferenzen ab, in welchen hauptsächlich über die inneren Fragen der öffentlichen Ordnung, über die Lage in den Kolonien und über die Finanzfrage diskutirt wird. Die Ernennung Sr. Fernando Palhas zum Civil⸗Gouverneur von Lissabon scheint gesichert. 8
Schweiz.
Der erste Akt der zur Ausübung der Regierungsgewalt zurückgekehrten Tessiner Regierung bestand, der „N. Zürch. Ztg. zufolge, in der Feststellung und Absendung eines Kon dolenzschreibens an die Mutter des ermordeten Regierungs Raths Rossi. Da Bonzanigo dem Regierungsrath konsequent fernbleibt, hat sein Stellvertreter im Finanzdepartement, Re⸗ gierungs⸗Rath Gianella die Leitung dieses Departements übernommen.
Unter dem Vorsitz des Oberst⸗Lieutenants Lenz aus Bern
tagten (wie schon in Nr. 252 d. Bl. telegraphisch gemeldet), am 19. d. in Olten die Delegirten der freisinnigen Partei zur Besprechung der Tessiner Angelegenheit und der Organisationsfrace der freisinnigen Partei. Die Versammlung war vorzugsweise von Vertretern der Kantone Bern, Aargau, Luzern und Solothurn besucht, auch die Innerschweiz und der Kanton Tessin sandten ihre Abgeordneten. Nach einer im Allgemeinen würdigen Diskussion wurde, der „N. Zürch. Ztg.“ zufolge, einstimmig nachstehende von Oberst Frei gestellte Resolution angenommen: „1) Die Versammlung bekundet den politischen Freunden im Tessin ihre vollen Sympathien. 2) Sie spricht die Ueberzeugung aus, daß der Bundesrath solche Maßnahmen treffe, daß bei den bevor⸗ stehenden Verfassungsrathswahlen der Volkswille unverfälscht zum Ausdruck komme. 3) Sie ersucht die liberalen Tessiner, das Ver⸗ trauen zu den Bundesbehörden und zu den politischen Freunden der übrigen Schweiz nicht fallen zu lassen. 4) Die Versammlung spricht den Wunsch aus, es möge die Bundesversammlung in Ausübung der ihr in Art. 85 Ziffer 5 zustehenden Befugniß den Männern, welche in Folge der tessinischen Volkserhebung vom 11. September wegen politischer Delikte in Strafuntersuchung gezogen wurden, die Amnestie gewähren. 5) Es soll ferner die Bundesbehörde eingeladen werden, der der Bundesversammlung unterbreiteten Petition, betreffend die Freiburgische Verfassung, im Sinne einer demokratischen Gestaltung der Volksrechte zu entsprechen⸗ 6) Die Versammlung verlangt die Organisation der freisinnigen Volkspartei und beauftragt den Central⸗ vorstand der vereinigten Freisinnigen Berns, in Verbindung mit den freisinnigen Abgeordneten der Bundesversammlung die erforderlichen Schritte einzuleiten. Der Centralvorstand ist beauftragt, einen schweizerischen Volkstag einzuberufen, sofern die politischen Ver⸗ hältnisse dies nöthig machen sollten.
1 Niederlande.
Der Ministerrath ist, wie „W. T. B.“ aus dem Haag meldet, zu der Ueberzeugung gelangt, daß der Zu⸗ stand des Königs demselben nicht gestatte, die Regierung weiter zu führen; der Ministerrath hat daher in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, eine vereinigte Versammlung beider Kammern auf Dienstag, den 28. Oktober, 2 Uhr Nachmittags, inzuberufen.
Belgien.
Nach dem bisher bekannten Ergebniß der Gemeinde⸗ rathswahlen in den kleinen Kommunen gewannen die Liberalen Sitze in 11, die Katholiken Sitze in 45 solcher Ge⸗ meinden; jerner sind 16 Stichwahlen erforderlich, von denen 5 den Katholiken, 11 den Liberalen zufallen dürften. Eine Correspondenz der „Weser⸗Ztg.“ bezeichnet das Resultat der Gemeindewahlen als einen Sieg des freihei⸗ lich gesinnten, für seine kommunalen Freiheiten de⸗ dachten Bürgerthums und als eine Abweisung des klerikalen Regiments. Es heißt darin weiter⸗ Die Klerikalen haben zwar ihren Besitzstand in Mecheln, Brügge, Nevelles und Courtrai behauptet, alle ihre Versuche, in größeren Städten festen Fuß zu fassen, sind gescheitert. So haben die Liberalen in heißem Wahlkampf Lüttich mit 1600 St Mehrheit, Tournai mit 1000 Stimmen, Mons, Charleroi, Löwen, Ostende und Namur mit mehr oder minder großen Mehrheiten behauptet. Am erbitteristen wurde in Am⸗ werpen und Gent gestritten. In Antwerpen wählten von 18 000 Wählern 16 000, und die Liberalen ftegten mit 2178 Stimmen Mehrheit. In Gent, wo von 12 000 Wählern nur 1000 ausblieben, siegten die Liberalen gegen Klerikale und Sozialisten mit 1815 Stimmen Mehrheu. Brüssel selbst wurden die von den vereinigten Liberalen auf⸗ gestellten 16 Kandidaten ohne Anstand gewählt; dagegen wird über die sozialistischen Arbeiterkandidaten, denen die gemäßi Liberalen Doktrinäre entgegenstellen, die Stichwahl erst ent scheiden. In den Brüsseler Vorstädten siegten die vereinigten Liberalen und Sozialisten, sodaß die letzteren in allen Ge⸗ meinderäthen Sitze erlangen. Rings um Brüssel segt, meist die Liberalen, gewannen auch Waterlod Die Tirlemont, Vilvorde, Forest; aber auch dee Sbrikaten
1““ und Kasernenbauten den außerordentlichen Etat um 12 Millionen verringern. Auch im Marine⸗
Refsort werden die außerordentliche Ausgaben, welche auf 8
haben Wahlerfolge zu verzeichnen, desondere in Bin Alost, Lierre, Couillet und Marcince. Die —
listen erzielten im Hennegau ansednliche