1890 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Nov 1890 18:00:01 GMT) scan diff

bezirken Oppeln und Ratibor seit längerer Zeit eine auf J6“ gegründete und geradezu bandenmäßig organisirte Gesellschaft besteht, welche darauf abzielt, mit dem verbrecherischen Mittel des Meineids bei eingeleiteten Unter⸗ suchungen namentlich durch den Alibibeweis oder bei schwebenden Prozessen Wahrheit und Recht zu untergraben und die Rechtsordnung und Rechtssicherheit auf das Aeußerste zu gefährden. Wie hätte ich wohl ahnen können, daß es in meiner Diöcese, und namentlich unter meinen oberschlesischen Diöcesanen, deren tiefe Fröm⸗ migkeit und Religiösität ich wiederholt kennen gelernt habe, Personen geben könne, bei denen das Bewußtsein von der Heiligkeit des Eides so tief gesunken, oder vielmehr völlig geschwunden wäre und welche die Warnung der Heiligen Schrift ganz vergessen hätten:. Es soll kommen das Strafgericht in das Haus des falsch in meinem Namen Schwörenden und es soll bleiben mitten in seinem Hause und es verzehren sein Holz sammt seinen Steinen!“ Um so nothwendiger wird es sein, die Heilighaltung des Eides in den Gläubigen wieder zu heben und zu wecken und beauftrage ich deshalb den hochwürdigen Pfarr⸗ klerus, aus diesen traurigen Vorkommnissen einen neuen Anlaß zu wiederholten nachdrücklichen Belehrungen und Mahnungen über den entsetzlichen Frevel des Meineids in Predigt, Christenlehre, Religions⸗ unterricht und allen sonst sich darbietenden Gelegenheiten zu ent⸗ nehmen.“ 8 8 iel, 18. November. Der zur Vornahme von Ver⸗ .“ der ostafrikanischen Küste bestimmte Kreuzer Möwe“ hat nach der ‚„Kiel. Ztg.“ heute den hiesigen Hafen verlassen und ist zunächst nach Plymourh in See gegangen. Bonn. Wie die „Bonner Ztg.“ berichtet, ist das ge⸗ sammte Offiziercors des Husaren⸗Regiments König Wilhelm 1. zu der mehrtägigen des Einzuges Sr. Durchlaucht des Prinzen Adolf zu Schaumburg⸗ Lippe und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria von Preußen in Bückeburg eingeladen.

Bayern.

ürnberg, 18. November. Angesichts der gestrigen uunerwartet starken Niederlage beschlossen die Sozialisten, wie dem „Schw. Merk.“ mitgetheilt wird, für die morgige Ersatzgemeindewahl Wahlenthaltung.

Baden.

Karlsruhe, 18. November. Se. Hoheit der Herzog von Nassau traf, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, gestern in Baden⸗Baden ein und verweilte bis Abends 6 Uhr bei den Höchsten Herrschaften. Von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog zum Bahnhof geleitet, setzte der Herzog dann die Reise nach Frankfurt fort. 8

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 18. November. Nach einer aus Cannes vom 16. d. M. ist, wie die „Meckl. Nachr.“ mittheilen, Se. Königliche 29 der Großherzog an diesem Tage nach guter Ueberfahrt von Neapel dort einge⸗ troffen und hat somit die Seefahrt beendet. Das Allerhöchste Seßinen war leider nicht besser, die Schwäche groß, doch Hoffnung auf baldige Kräftigung vorhanden.

Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin Marie hat sich gestern von hier nach Dresden begeben und wird morgen Abend von dort hierher wieder zurückkehren. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin⸗Mutter hat von heute Mittag an Wohnung in Höchstihrem Palais genommen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Gotha, 18. November. Bei den hiesigen Stadt⸗ verordnetenwahlen wurden der „G. Ztg.“ ufolge die Sozialdemokraten vollständig geschlagen.

Anhalt.

Dessau, 18. November. Die „Gesetzsammlung für das Herzogthum Anhalt“ veröffentlicht eine Verordnung, be⸗ treffen Abänderungen und Ergänzungen der Aus⸗ führungs⸗Verordnung vom 20. Juli 1886 zu dem Gesetz vom 18. April 1886, die Einführung einer Ein⸗ 1.“ und einer festen Grundsteuer be⸗ reffend.

Schwarzburg⸗Rudolstadt.

Rudolstadt, 18. November. In der heutigen Sitzung des Landtages machte, der „Schwarzb.⸗Rud. Lds.⸗Ztg.“ zufolge, zunächst der Staats⸗Minister von. Starck die Mit⸗ theilung, daß dem Landtage noch Gesetzentwürfe über die Ab⸗ änderung einiger Bestimmungen über die Schonzeit des Wildes, über die Ertheilung des weiblichen Unterrichts in den Volks⸗ schulen und über die Pensionirung der Geneinde⸗ beamten zugehen werden. Neben einigen Vorlagen von nur lokalem Interesse genehmigte, alsdann der Landtag die Ueberweisung der Haupt⸗ Landeskassen⸗ rechnung, sowie der Landeskreditkassenrechnung für 1889 zugleich mit den Rechnungen für 1888 und 1890 dem Land⸗ tagsausschusse zur Prüfung, sowie mit einigen Abände⸗ rungen das Gesetz, betreffend die Besoldung der Geist⸗ lichen. Danach wird das Mindesteinkommen eines Geist⸗ lichen auf 1800 normirt, farrstellen, deren Verwal⸗ tung von besonderer Wichtigkeit oder mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, können aber mit einer höheren Anfangsbesoldung, jedoch nicht über 2400 aus⸗ Jeder Geistliche erhält nach Ablauf einer ünfjährigen Dienstzeit eine Fesfcche Besoldungszulage von 300 ℳ, nach 10, 15 und 20 Dienstjahren weitere Zulagen von je 300 jährlich. Eine solche Zulage kann indeß ver⸗ sagt werden, wenn der Geistliche die Versetzung auf eine besser dotirte Stelle ohne ausreichenden Grund ablehnt.

Oesterreich⸗Ungarn.

19. November. Se. Majestät der Kaiser und wie das „Prag. Abdbl.“ meldet, in den nächsten Tagen von Gödöllb wieder in Wien eintreffen und sich gegen Ende November zur Begrüßung Ihrer Majestät der Kaiserin und nigin anläßlich Ihrer Rückkehr von der gegen⸗ wärtigen Reise nach Triest, beziehungsweise Schloß Mir 8 mar hsbeien. ie österreichisch⸗ungarische Zollkonferenz hat gestern ihre Berathungen beendigt. Wie die „Presse“ vernimmt, wurden alle Fragen, welche sich auf die in Aus⸗ sicht genommenen Verhandlungen mit Deutschland beziehen, eingehend erörtert und hierüber eine Verständigun erzielt. Die Ausgleichkommission des böhmischen Land⸗ tages nahm den von dem Abg. Dr. von Plener neuerdings eingebrachten Antrag an, die Kurienvorlage auf die Tagesordnung der Kommission zu setzen. Dafür stimmte die Deutschen und der Großgkundbeser Ferner

Depesche

hat bis

wurde der Antrag Kucera angenommen, während der Landtagsdebatten über die Landeskulturvorlage und das ’S keine Kommissionssitzungen abzuhalten.

ei der Berathung des Kultusbudgetsim ungarischen Unterhause brachte der Abg. Iranyi (Eäußerste Linke) einen Antrag im Sinne der Religionsfreiheit ein und besprach dabei auch die Frage der Wegtaufen, worauf der Minister⸗Präsident Graf Szapary und der Kultus⸗Minister Graf Czaky Erklärungen über diese Frage abgaben. Der Minister⸗Präsident betonte die Nothwendigkeit der Aufrechterhaltung der diesbezüglichen auf dem Gesetze fußenden Verordnung. Der Kultus⸗Minister stellte, wenn nöthig, eine Vorlage Betreffs der bürgerlichen Matrikelführung in Aussicht und rechtfertigte die Ver⸗ ordnung. Die ganze Angelegenheit sei nur eine bedauerns⸗ werthe Revolution innerhalb der katholischen Kirche, indem die niedere Geistlichkeit durch ihre Agitation in Widerspruch mit der Auffassung des hohen Klerus gerathe. Die Er⸗ klärungen beider Minister wurden von der Majorität mit leb⸗ haftem Beifall aufgenommen. 8

Großbritannien und Irland.

Auch der irische Abgeordnete Parnell hat anläßlich der auf den 25. d. festgesetzten Eröffnung des Parlaments ein Rundschreiben an seine Parteigenossen im Hause der Gemeinen gerichtet, in welchem dieselben zum pünkt⸗ lichen Erscheinen aufgefordert werden, „da es unfraglich sei, daß die kommende Session ein Kampf von Anfang bis zu Ende sein werde und große Fragen von ihrem Verlauf abhingen“. Das Gerücht, Parnell wolle nachdem soeben in einem Ehebruchsprozeß des Kapitäns O'Shea gegen seine Gattin ein Ürtheil gefällt worden, welches Parnell belastet von der Führerschaft der irischen Partei zurücktreten, erhält sich. In solchem Falle würde die Führerschaft einer Kommission übertragen werden, deren Präsident Justin Me Carthy sein wird. In einer gestern in Dublin abgehaltenen Plenarversammlung der Nationalliga erklärte der Deputirte Redmond Namens der nationalistischen Partei: die Idee, daß Parnell von der Leitung zurücktreten müsse, sei lächerlich; Parnell müsse im Gegentheil Führer der Partei bleiben, stark in der Unterstützung der ganzen irischen Nation. Auch die parnellistischen Organe „Star“ (London) und „Freeman’'s Journal“ (Dublin) erklären, daß Parnell seine Stellung als Leiter der nationalistischen Partei beibehalten werde. Die radikale „Pall Mall Gazette“ dagegen ist der Meinung, daß das Urtheil des Gerichtshofs Parnell die Pflicht auferlege, seine Entlassung einzureichen; das irische Volk würde dann seine Meinung aussprechen.

„Die Gerichtsverhandlungen in Tipperaxy gegen die des Komplotts angeklagten Nationalisten wurden am ; gesch!ossen. Das Urtheil sollte heute gefällt werden.

Zum Schiffbruch des britischen Kriegsschiffes „Serpent“ an der spanischen Nordwestküste wird dem ö Bureau“ aus Corusia unter dem 15. November gemeldet:

Die britischen Offiziere begannen heute in Camarinas eine Unter⸗ suchung über die Ursache des Untergangs der „Serpent“. Die drei geretteten Seeleute wurden heute verhört. Sie erklärten, daß die „Serpent“ zur Zeit des Unglücks ungefähr mit einer Fahrgeschwindigkeit von 12 Knoten die Stunde gesegelt sei. Alles an Vord habe eglaubt. daß man weit vom Lande entfernt sei, als ein furchtbarer Cioß das Schiff in allen Fugin erzittern machte. Keiner der wachthabenden Offiziere hätte den Peuchtthurm von Cap Villano, dessen Licht sonst auf 14 Meilen leuchtet, gesehen. Der Kompaß sei wahrscheinlich außer Ordnung gerathen und das Wetter habe astronomische Beob⸗ achtungen verhindert. Das britische Kriegsschiff „Tyne“ wird die drei geretteten Seeleute von Coruna nach Plymouth bringen. Das spanische Kanonenboot „Condor“, welches bei Cap Villano kreuzte, jetzt keine Spur von dem Wrack entdecken können. Das britische Kanonenboot „Lapwing“ segelte heute von Corusa nach Camarinas und das spanische Kanonenboot „Mac Mahon“ fuhr heute von Villa Garcia ebendahin ab. Der Marine⸗Kommandant ist auch unterwegs nach Camarinas. 33 Leichen der Besatzung der „Serpent“ sind bis jetzt begraben worden. Mehrere waren so verstümmelt, daß sie nicht er⸗ kenntlich waren. Unter den beute Beerdigten befanden sich ein Lieutenant, ein Ingenieur, ein Koch und ein Stewart. Der Präfekt von Coruhna hat den Gemeindevorsteher von Camarinas angewiesen, keine Mühe zu scheuen, um die Identifizirung der Leichen vor der Beerdigung zu ermöglichen. Zum Unglück sind aber, wie schon er⸗ wähnt, die meisten Leichen so entstellt, daß selbst die drei geretteten Seeleute mehrere ihrer früheren Kameraden nicht mit Sicherheit er⸗

kennen konnten. Frankreich.

Paris, 18. November. Die Deputirtenkammer berieth in ihrer vorgestrigen Sitzung das Budget für Algerien. Bei Kapitel 7 (allgemeine Sicherheit und öffentliche Gewalt) klagte, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, Boulier über die geringe Sicherheit, die Personen wie Eigen⸗ thum in Algerien fänden, und forderte Maßregeln zur Verfolgung der von Cayenne geflüchteten Ver⸗ brecher, die sich in Algier an die Spitze von Räuberbanden stellten. Der Minister des Innern versprach baldige Ab⸗ stellung dieser Uebelstände. Das Budget wurde alsdann genehmigt. Beim Postbudget befürwortete Le Gavrian eine Aufbesserung der Beamtengehälter. De Lanessan (radikal) beantragte, daß ein Zwanzigstel der Einnahmen zur Verbesserung des Post⸗ und Telegraphendienstes verwandt werde, dessen Unzulänglichkeit er darlegt. Fücin Faure bekämpfte den Antrag. Nachdem auch der

inanz⸗Minister Rouvier und der Genernalberichterstatter

uschlag von 2 ½ Mill. für den gedachten Zweck.

e Lanessan seinen Antrag zurück und der Antra Mir wurde auf Wunsch des Berichtärstatters dem Ausschu überwiesen. Die übrigen Kapitel wurden genehmigt. 8

In der heutigen Sitzung brachte, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, der Abg. Laur eine Interpellation ein, betreffend den Vorschuß der Bank von Frankreich an die Bank von England. Nr. 275 d. „R. u. St.⸗A.“ unter der Rubrik „Handel und Gewerbe“.) Die Berathung der Inter⸗ pellation wurde auf Antrag des Finanz⸗Ministers Rouvier, damit die Berathung des Budgets nicht unterbrochen werde, auf einen Monat vertagt. Laur bestand auf unverzüglicher der Interpellation und wurde zweimal zur Ordnung gerufen.

Die Subkommission des Zollausschusses für die Ackerbauzölle beschloß einen oll von 6 Frs. per Doppelcentner auf ausländisches Brot. Das „Journal des Débats“ tadelt diesen Beschluß sehr scharf. Die Subkommission Für d

ge den Antrag Lanessan gesprochen, beantragte Mir einen

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Erispi nach Rom zurückkehren.

zölle erhöhte den Zoll für eingesalzenes Rindfleisch

Uund andere Fleischgattungen von 22 auf 27 Fres.

per Doppelcentner. Der Contre⸗Admiral Lefèvre ist zum Vice⸗Admiral

ernannt worden. 8 8

Italien.

Das Königspaar ist, als es am Freitag in Begleitun des Prinzen von Neapel nach mehrmonatlicher Abwesenhen in Rom eintraf, von der Bevölkerung mit besonderer Wärme empfangen und in allen Straßen, durch welche Ihre Majestäten vom Bahnhof zum Quirinal fuhren, mit lebhaften Zurufen begrüßt worden. Der Prinz von Neapel, welcher, wie schon gemeldet, anläßlich seines 21. Geburtstages zum Obersten ernannt wurde und das Kommando eines Infanterie⸗Regiments in Neapel übernehmen wird hat einen eigenen militärischen Hofstaat erhalten. Bezüglich der Kundgebungen und Festlichkeiten, welche anläßlich des Großjährigkeitstages des inzen von Neapel stattfanden, berichtet die „P. C.“ folgende Einze heiten: Die öffentlichen, sowie viele private Gebäude Hauptstadt waren beflaggt und Abends prächtig beleuchtet; auf der Piazza Colonna fand in den Abendstunden ein Concert der städtischen Kapelle statt. Einen glänzenden Verlauf nahm das Bankett im militärischen Klub, in dessen großem Saal aus diesem Anlaß eine dem Klub vom Könige ge⸗ spendete Marmorbüste des Monarchen aufgestellt wurde. Den ersten Toast brachte der Kriegs⸗Minister General Bertolé⸗Viale

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auf den König, die Königin und den Thronfolger aus. Sodann

toastete General Cosenz auf den Prinzen von Neapel, die

Hoffnung des italienischen Heeres, und auf die Königliche

Familie. Nach dem Bankett fand ein Empfang statt, z

welchem an 600 Offiziere erschienen. Aus allen großen Städten des Königreichs liefen in Rom Berichte über Festlichkeiten und

Loyalitätskundgebungen ein.

An dem gestern Abend in Turin veranstalteten Bankett zu Ehren des Minister⸗Präsidenten Crispi nahmen alle Der Maire begrüßte zunächst den Minister⸗

Minister Theil. Präsidenten im Namen der Gäste und der Stadt Turin. Wäh. rend des Banketts nahm unter lebhaftem Beifall Her Crispi das Wort zu einer Rede, aus welcher „W. T. B.“ fol

genden Auszug giebt: Nach einem Rückblick auf die während seiner Amtsthätigkeit vollzogenen Reformen, wies Crispi die Anschuldigung zurück, daß er seine Partei verlassen habe und Bei Erwähnung der Kolonialpolitik

eine Diktatur ausübe. bemerkte er, das Land erwarte beruhigt und voll Ver⸗ trauen den Ausgang der Verhandlungen zur Abgrenzung der

italienischen Okkupations⸗ und Interessensphäre, in welchen Italien, von den versöhnlichsten Absichten geleitet, mit 88 este E Die Angriffe gegen die internationale Politik Italiens seien nicht im Stande ge⸗ 1 Die befreundeten Regierungen zeigten sich bestrebt, auch den Anschein zu beseitigen, als ob die Beziehungen zu Italien bei den schwebenden Meinungs⸗ verschiedenheiten untergeordneter Art weniger herzliche wären.

„Sowohl die Souveräne wie die leitenden Minister“, sagte der

besten Aussichten auf Erfolg vorgehe.

wesen, das Land zu erregen.

Minister⸗Präsident, „bringen uns mit Höflichkeit ihre aufrichtigen zum Ausdruck. Alle unsere Schritte werden

von jenen Leuten entstellt beurtheilt, welche ver⸗ suchen, die öffentliche Meinung Europas gegen uns ein⸗ zunehmen.“

liebenswürdiger Gefühle als

lichen Verhältnisse verschuldet, die Dringlichkeit derselben nicht anerkennen wollen und keine Abhülfe schaffen können. Das Defizit und das wirthschaftliche Unbehagen seien schon vor seinem Amtsantritt vorhanden gewesen. Die gegen⸗ wärtige Budgetschwierigkeit rühre weder von den Rüstungen noch von der Tripelallianz her; ohne letztere müßte Italien seine Armee verdreifachen und seine Befestigungen ver⸗ mehren. Da Italien nicht die Abrüstung aller Staaten er⸗ reichen könne, so würde es ein Verbrechen begehen, wenn es allein abrüsten wollte. Um das Defizit, welches sich bereits vermindert habe, vollständig zu beseitigen, werde die Regierung eine Vereinfachung des Verwaltungswesens, die Vertheilung der größeren öffentlichen Arbeiten auf mehrere Finanzjahre und eine Verbesserung der Steuererhebung be⸗ antragen. Neue Steuern sei die Regierung fest entschlossen, nicht vorzuschlagen. „Wir haben“, erklärte Crispi, „die Differentialzölle gegenüber Frankreich unterdrückt, und hoffen nun, aber ohne großes Vertrauen, auf irgend ein Zugeständ⸗ niß von französischer Seite. Wenn jedoch Frankreich den neuen Tarif vom 20. Oktober als endgültige Grundlage seines Handelssystems annimmt, so wird jeder Vertrag mit ihm un⸗ möglich sein. Stets geneigt zu billigen Verständigungen, werden wir nichtsdestoweniger die Beständigkeit unseres Zollsystems, ohne welche sich die Landwirthschaft und die Industrie nicht entwickeln könnten, aufrecht erhalten.“ Crispi schloß mit einer Darlegung der Maßregeln, welche bezüglich der des Kreditwesens und bezüglich der Lösung der Arbeiter⸗ frage, bereits getroffen und noch zu treffen seien. Die Rede des Minister⸗Präsidenten wurde oft von leb⸗ haftem Beifall unterbrochen, und auch nach Schluß derselben wurden ihm warme Ovationen dargebracht. Begeisterte Hochs auf den König beschlossen das Fest. Heute früh wollte Schweiz.

Im eidgenössischen Generalstabsbu

kau soll mit

Anfang nächsten Jahres, wie man dem „Aarg. Tagbl.“

meldet, eine ziemlich weitgehende Neuorganisation ins Leben treten. Während das Budget für 1890 für das General⸗ stabsbureau 10 395 Fr. vorsieht, verlangt dasjenige von 1891 44 295 Fr. Neben dem Chef, Sekretär u. s. w. sünd nämlich noch folgende neue Posten vorgesehen: ein anzlei⸗Chef des Generalstabsbureaus 4800 Fr.; ein Chef der Nachrichten⸗ Abtheilung 4800 Fr.; ein Chef der Generalstabs⸗Abtheilung 4800 Fr.; ein Chef der taktischen Abtheilung 4800 Fr.; ein Chef der technischen Abtheilung 5500 Fr.; ein Chef der Eisen⸗ bahn⸗Abtheilung 4800 Fr.

Am nächsten Montag sollen, wie „W. T. B.“ meldet, die im Kanton Tessin stehenden Infanterie⸗Bataillone 28 und 29 nach Bern verlegt werden; zur Ablösung ist das 30. In⸗ fanterie⸗Bataillon (Bern) bestimmt.

Belgien.

In der Repräsentantenkammer brachte gestern der Abg. Janson den von 6 Repräsentanten gezeichneten Antrag auf Revision der Art. 47, 53 und 56 der Verfassung betreffend das Wahlrecht, für die Kammern ein.

mit 89 gegen 10

Verbündete

1 Im ferneren Verlauf der Rede wies Crispi die Anklagen seiner Gegner zurück, als habe er durch seine Politik das finanzielle Defizit und die mißlichen wirthschaft⸗

Serbien. Belgrad, 18. November. Die Skupschtina hat, dem

.T. B.“ zufolge, heute das vorjährige Präsidium „W T zuf timmen wiedergewählt. Rerae findet

die feierliche Eröffnung mit einer Thronrede statt. Bulgarien.

Sofia, 18. November. Die Prinzessin Clementine ist, nach einer Meldung des „W. T. B.“, heute nach Eben⸗ thal abgereist; der Prinz Ferdinand begleitete dieselbe bis Tsaribrod.

Schweden und Norwegen.

(F) Christiania, 16. November. Die Einnahmen der Staatseisenbahnen im ersten Vierteljahr des laufenden Betriebsjahres (Juli —September) betrugen 2 265 969 Kronen

1 Kronen in dem gleichen Zeitraum des Vor⸗

Dänemark.

P) Kopenhagen, 17. November. Im Folkething kam 1n Sonnabend der Gesetzentwurf, betreffend die An⸗ weisung von Gartenland an Häusler und land⸗

wirthschaftliche Arbeiter, zur ersten Lesung. Der Vor⸗

nde Abg. Claussen erinnerte daran, daß das Gesetz, be⸗ füsen die Anweisung von Land für die Armenhäuser, nicht die Frucht für die Arbeiterbevölkerung getragen habe, die man erwartet hatte. Der vorliegende Gesetzentwurf wolle die beständige Zuströmung von Arbeiterfamilien nach den Städten hindern und den Frauen der Arbeiter einen passenden und lohnenden Erwerb bieten. Der Minister des Innern, der alsdann das Wort ergriff, machte darauf aufmerksam, daß nicht alle Gegenden des Lan⸗ des sich zum intensiven Gartenbau eigneten; aber es gebe Gegenden, wo der Vorschlag Nutzen stiften könne und wo der Gartenbau für eine Familie eine sehr große Stütze sein würde. Wenn das Gesetz ein wirkliches Bedürfniß sei und wenn durch dasselbe der Zuzug von Arbeitern nach den Städten verhindert werden könnte, dann könnte es von großem Nutzen sein. Man könne nicht sagen, daß von den Gemeinden zu große Opfer verlangt würden, aber es müßten vielleicht strengere Bestimmungen getroffen werden, damit die Gemeinden nicht unbenutztes Land behielten. Es werde wohl nicht schwierig sein, das nöthige Land zu er⸗ , wenn auch in einzelnen Fällen das Enteignungs⸗ verfahren zur Anwendung kommen müsse. Wem das Gesetz Nutzen gewähren solle, darüber müsse wohl nach den allge⸗ meinen Regeln der Gesetzgebung, also von den Amtsräthen K(vreisvertretungen), entschieden werden. Auch in der heutigen Sitzung, in welcher die Verhandlungen fortgesetzt wurden, fand der Grundgedanke des Gesetzentwurfes allseitige Zu⸗ stimmung. Amerika.

Vereinigte Staaten. Das Distrikts gericht Boston sprach dem „W. T. B.“ zufolge einem Kläger gegen den Fiskus 104 Dollars Entschädigung für zu viel erhobenen Zoll auf aus Deutschland eingeführte Stahl⸗ und Eisenwaaren zu. Es ist dies der erste mit den neuen

ollgesetzen in Verbindung stehende gerichtlich verhandelte all; viele ähnliche sind bei anderen Gerichtshöfen schwe⸗ end; in New York belaufen sich die geforderten Entschädi⸗ gungen auf 25 Dollars.

Brasilien. Die in Rio de Janeiro tagende konsti⸗ uirende Versammlung hat, wie „W. T. B.“ meldet, liinen Antrag angenommen, wonach die Machtbefugnisse er Regierung bis zur definitiven Beschlußfassung über die Konstitution verlängert werden.

Afrika.

Zwischen dem Mahdi und dem Emir Gallabat hat, inem Telegramm der „Mgdb. Ztg.“ aus Kairo vom 18. d. zufolge, ein Treffen stattgefunden, in dem der Erstere völlig besiegt worden sein soll. 8 Aus Loanda ist, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, in Brüssel die Nachricht eingetroffen, eine portugiesische Expedition unter Arthur Parva sei von Humpata auf⸗ ebrochen, um den Häuptling von Bihé zu züchtigen. Die ;pedition bestehe aus 5 Bfftzieren, 6 Unteroffizieren, 254 ägern, 15 Artilleristen mit 6 Krupp'schen und anderen schützen sowie einer Schwadron von 460 Buren und amara⸗Negern.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Arbeiterschutz⸗Kommission des Reichstages trat gestern in die des Artikels III a. (Verhältnisse der Be⸗ riebsbeamten, Werkmeister, Techniker, §§. 133 a.— e). §. 133 a. lautet: „Auf die von Gewerbeunternehmern gegen feste, mindestens monatweise bemessene Bezüge beschäftigten Personen, welche nicht lediglich vorübergehend mit der Leitung oder Beaufsich⸗ tigung des Betriebes oder einer Abtheilung desselben beauf⸗ tragt (Betriebsbeamte, Werkmeister und ahnliche Angestellte) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinen⸗ techniker, Chemiker, Zeichner und dergleichen), findet der §. 125 An⸗ wendung.“ Der Paragraph wurde mit einigen von den Abgg. Hitze, Freiherrn von Stumm und Schmidt beantragten Aenderungen an⸗ genommen. Die §§. 133 b, 133 c, 133 d und 133 e fanden leichfalls Annahme. Dasselbe geschah auch bezüglich des Artikels IV. Strafbestimmungen) (§§. 146 und ff.) mit unerheblichen Aenderungen. Zifler 11, welche lautet: „Sind bei der Ausübung des Gewerbes polizeiliche Vorschriften von Personen übertreten worden, welche der Gewerbetreibende zur Leitung des Betriebes oder eines Theiles desselben oder zur Beaussichtigung bestellt hatte, so trifft die Strafe diese Letzteren. Der Gewerbetreibende ist nur strafbar, wenn die Uebertretung mit seinem Vorwissen begangen ist, oder wenn er bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Be⸗ triebsleiter oder Aufsichtspersonen es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen“, veranlaßte eine längere Diskussion. Die Re⸗ gierungsvorlage wurde insbesondere von dem Abg. Dr. Hartmann und von dem Geheimen Regierungs⸗Rath Königs vertheidigt, fiel aber mit 13 gegen 12 Stimmen, nachdem auf Antrag des Abg. von Putt⸗ kamer das Wort „nur“ im zweiten Satz vor „strafbar“ einstimmig gestrichen worden war.

In der heutigen Sitzung berieth die Arbeiterschutz⸗ kommission Artikel 4 §. 153. Derselbe lautet nach dem bestehen⸗ den Gesetze: „Wer Andere durch Anwendung körperlichen Zwangs, durch Drohungen, durch Ehrverletzung oder durch erklärung bestimmt oder zu bestimmen versucht, an solchen Ver⸗ abredungen (§. 152) Theilzunehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder Andere durch gleiche Mittel hindert oder zu hindern versucht, von solchen Verabredungen zurückzutreten, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz nicht eine härtere Strafe eintritt.“ Die Novelle schlägt folgende Fassung vor:

Verrufs⸗-

Wer es etterniez ut durch Anwendung körperlichen Zwangs, durch

Drohungen, durch Ehrverletzungen oder durch Verrufserklärung 1) Arbeiter oder Arbeitgeber zur Theilnahme an Verabredungen der im §. 152 bezeichneten Art zu bestimmen oder am Rücktritt von solchen Verabredungen zu hindern; 2) Arbeiter zur Ein⸗ stellung der Arbeit zu bestimmen oder an der Fortsetzung oder Annahme der. Arbeit zu hindern; 3) Arbeitgeber zur Ent⸗ lassung von Arbeitern zu bestimmen oder an der Annahme von Arbeitern zu bindern, wird mit Gefängnißßnicht unter einem Monat bestraft. Ist die Handlung gewohnheitsmäßig begangen, so tritt Gefängniß nicht unter einem Jahre ein. Die gleichen Strafvorschriften finden auf Denjenigen Anwendung, welcher Arbeiter zur widerrechtlichen Einstellung der Arbeit oder Arbeitgeber zur widerrechtlichen Entlassung von Arbeitern öffent⸗ lich auffordert“. Die Sozialdemokraten beantragen, den

153 der Vorlage zu streichen und ihm folgende Fassung zu geben: „Wer Andere durch Anwendung körperlichen Fwangs, durch Drohung oder Verrufserklärung bestimmt oder zu estimmen versucht, an solchen Verabredungen oder Vereinen nicht theilzunehmen oder ihnen nicht Folge zu leisten, sowie Derjenige, welcher mit Anderen vereinbart, Arbeikern deshalb, weil sie an solchen Verabredungen oder Vereinigungen theilnehmen oder theilgenommen haben, die Arbeitsgelegenheit zu erschweren, sie nicht in Arbeit zu nehmen oder sie aus der Arbeit zu entlassen, wird mit Gefängniß⸗ strafe bis zu drei Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetze nicht eine härtere Strafe eintritt.“

Dr Hirsch und Dr. Gutfleisch beantragen nachstehende Fassung: „Wer durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverletzungen oder durch Verrufserklärung 1) Arbeitgeber oder Arbeiter bestimmt oder zu bestimmen versucht, an Verabredungen der in §. 152 bezeichneten Art theilzunehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder sie hindert oder zu hindern versucht, von solchen Verabredungen zurückzutreten; 2) Arbeitgeber oder Arbeiter hindert oder zu hindern versucht, an solchen Verabredungen theil⸗ zunehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder sie bestimmt oder zu bestimmen versucht, von solchen Verabredungen zurückzutreten, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz nicht eine härtere Strafe eintritt.“

Die Centrumsmitglieder brachten folgende Resolution ein: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage thunlichst bald einen Gesetzentwurf, betreffend die gegeslice Anerkennung beruf⸗ licher Organisationen der Arbeiter unter Festsetzung von Normativ⸗ bestimmungen vorzulegen.“

Nachdem der Referent Dr. Hartmann und Korreferent Dr. Gutfleisch gesprochen hatten, betonte Bebel, daß die Vor⸗ lage ein Klassenrecht herstellen wolle. Nach kurzer Zeit der Hoffnung mache sich schon wieder starke Reaktion geltend. Seine Partei werde

sich der Bestimmung mit allen Kräften entgegenstellen. Sein Antrag

sei eine Kriegserklärung gegen die Vorlage.

Geheimer Rath Hoffmann meinte, vom Nachweise des Dolus solle nicht abgesehen werden, nur der Begriff des Vergehens werde erweitert. Es solle die Absicht genügen, einen bestimmten Vertrag zu verletzen. Der Kampf um die 1“ solle von beiden Theilen freiwillig geführt werden. Die desfallsigen Handlungen gegen die Arbeitgeber seien bisher so gut wie straflos gewesen. Die Hehütte wurde, nachdem noch Hirsch gesprochen, bismorgen ver⸗ tagt.

Dem Herrenhause ist die Uebersicht der von der Staatsregierung gefaßten Entschließungen auf Anträge und Resolutionen des Herrenhauses aus der ersten Session des Jahres 1890 zugegangen. Ferner ist im Herrenhause der Entwurf eines Gesetzes, hest die Abänderung des §. 79 des Ausführungsgesetzes vom 24. April 1878 zum Deutschen Gerichtsver⸗ fassungsgesetz, eingebracht worden.

Der Entwurf lautet:

Der § 79 des Ausführungsgesetzes vom 24. April 1878 zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz (Gesetz⸗Samml. S. 230) erhält die nachstehende Fassung:

Bei den nur mit einem Richter besetzten Amtsgerichten steht dem Amtsrichter die Aufsicht über die bei dem Amtsgericht angestellten oder beschäftigten Beamten zu. 1

Bei den mit mehreren Richtern besetzten Amtsgerichten ist die Aufsicht über die bei denselben angestellten oder deseeh nicht richterlichen Beamten durch den Justiz⸗Minister einem der Richter zu übertragen. Der Justiz⸗Minister ist ermächtigt, bei Amtsgerichten, welche mit zehn oder mehr als zehn Richtern besetzt sind, dem mit der allgemeinen Dienstaufsicht beauftragten Amtsrichter auch die Auf⸗ sicht über die bei dem Amtsgericht angestellten oder beschäftigten richterlichen Beamten zu übertragen.

Begründung.

Nach §. 79 Absatz 2 des Ausführungsgesetzes vom 24. April 1878 zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz steht bei den mit mehreren Richtern besetzten Amtsgerichten dem mit der allgemeinen Dienstaufsicht beauftragten Richter das Recht der Aufsicht nur über die bei dem Amtsgericht angestellten oder beschäftigten nicht richter⸗ lichen Beamten zu, während die richterlichen Beamten nach §. 78 een 91 a. O. der Dienstaufsicht des Landgerichts⸗Präsidenten unter⸗ stellt sind.

Diese Gestaltung der Dienstaufsicht hat sich bei den größeren Amtsgerichten nicht überall als ausreichend erwiesen, um einen ordnungsmäßigen H.e. zu erhalten. Die Land⸗ gerichts⸗Präsidenten sind mit Rücksicht auf den Umfang der ihnen obliegenden sonstigen Geschäfte nicht immer in der Lage, auf den Ge⸗ schäftsgang der ihnen unterstellten größeren Amtsgerichte und auf die amtliche Thätigkeit der bei denselben angestellten oder beschäftigten Richter mit der eerforderlichen Unmittelbarkeit einzuwirken. Anderseits sind die aufsichtführenden Richter, soweit die Thätigkeit der richterlichen Beamten in Betracht kommt, bei Verzögerungen oder sonstiger ordnungswidriger Erledigung von Amtsgeschäften zum selbst⸗ ständigen Einschreiten nicht befugt, sondern auf eine zu Miß⸗ deutungen und Reibungen Anlaß gebende Anzeige bei dem Landgerichts⸗Präsidenten beschränkt. Es erscheint deshalb zweck⸗ mäßig, dem Vorgange anderer deutscher Staaten entsprechend, bei den Amtsgerichten mit einem erheblichen Geschäftsumfange die Aufsicht des mit der allgemeinen Dienstaufsicht beauftragten Richters auch auf die richterlichen Beamten zu erstrecken. Die Be⸗ fürchtung, daß die Unterordnung der letzteren unter den aufsicht⸗ führenden Richter zu Unzuträglichkeiten führen könne, erscheint um so weniger begründet, als den Justiz⸗Aufsichtsbehörden das Recht zur Ver⸗ hängung von Ordnungsstrafen gegen richterliche Beamte nach §. 80 a. a. O. und §. 23 des ge betreffend die Abänderung von Be⸗ stimmungen der Disziplinargesetze, vom 9. April 1879 (Gesetz⸗Samml. S. 350) nicht zusteht. 1

Als größere Amtsgerichte im vorstehenden Sinne sind diejenigen anzusehen, welche mit zehn und mehr Richtern besetzt sind. Solche Amtsgerichte sind zur Zeit sechszehn vorhanden, nämlich Berlin I, Breslau, Frankfurt a M, Magdeburg, Hannover, Danzig, Königs⸗ berg i. Pr. Stettin, Berlin II, Posen, Bochum, Köln, Halle a. S, Kassel, Dortmund, Ratibor.

Die Schaffung von Amtsgerichts⸗Direktoren bei den vorstehend bezeichneten Amtsgerichten wird nicht beabsichtigt. Dagegen bleibt es vorbehalten, den aufsichtführenden Richtern bei denselben angemessene

Stellenzulagen zu gewähren.

Auf der Tagesordnung für die am Donnerstag, den 20. November, Vormittags 11 Uhr, stattfindende 3. Plenarsitzung des Hauses der Abgeordneten stehen folgende Gegenstände: 1) Erste Berathung des Entwurfs eines Einkommensteuergesetzes. 2) Erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend Abänderung des Erbschaftssteueresetzes.

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Kunst und Wissenschaft.

Zu dem Artikel über „Die Wandgemälde von Friedrich Geselschap in der Ruhmeshalle des Zeughauses“ im „Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger“ vom 13. November d. J. Nr. 274 erklärt die Redaktion hierdurch daß die dort veröffentlichten Mittheilungen der Schrift von Professor Dr. Lionel von Donop über „Friedrich Geselschap und seine Wandgemälde in der Ruhmeshalle. ö8 882 IIIö u Fr eaee Buch⸗ und Verlagsbandlung * entnommen worden sind. 1 bemerken mit Se deabr ausdrücklich, daß der Herr Verfasser sich alle Rechte vorbehalten hat.

Im Verein für Geschichte der Mark Brandenburg sprach Hr. Dr. Hintze in der Sitzung vom 12. Rovember über da von c. Hbein dem Großen begründete V. Departement des General Direktoriums, welches als das erste Realdepartement den vier be⸗ stehenden Provinzialdepartements zur Seite trat und als das Handels⸗ und Gewerbe⸗Ministerium des altpreußischen Staates bezeichne werden kann. Er wies darauf hin, wie dasselbe gleich den ent sprechenden Behörden anderer europäischer Staaten z. B. Frank reichs sich aus den Organen der Finanzverwaltung heraus entwickel habe, und wie für seine Pildung und die Begrenzung seiner Kompetenz, in deren Mittelpunkt die Sorge für das Manufakturwesen steht, de Geist des Merkantilismus maßgebend gewesen sei. Es folgten dan Erörterungen über die Organisation der Behörde, ihre Stellung im General⸗Direktorium, ihren Geschäftsgang, ferner speziellere Aus führungen über die Wirksamkeit derselben in den ersten Jahrzehnte ihres Bestehens, über die Thätigkeit der einzelnen Beamten, unte denen namentlich die Minister von Marschall, der Geheime Finanz Rath Fäsch und der Minister von der Horst hervorgehoben wurden, endlich eine kurze Besprechung der Veränderungen in den für di wirthschaftliche Verwaltung hochbedeutenden Jahren 1766 und 1767 Hiermit schloß der Vortragende, indem er sich vorbehielt, die weitere Entwickelung der Behörde bis 1806 in späteren Mittheilungen darzulegen. Hr. Dr. Tschirch aus Brandenburg a. d. Have behandelte die Stellung Klopstock's zu Friedrich dem Großen und seine fortgesetzte Polemik gegen denselben. Insbesondere wies er nach, daß des Dichters Gelehrtenrepublik nicht nur im Allge⸗- meinen gegen die Anbeter und Nachahmer des Auslandes, die Frei⸗ geister und die Großen stolzen Unmuth athme, sondern daß sie auch einen scharfen direkten Angriff gegen Friedrich enthalte, der freilich bisher seit Löbell bis in die neueste Zeit fälschlich auf Wieland be⸗ zogen worden ist. Am ersten Morgen des letzten Landtages der Ge⸗ lehrtenrepublik wird von dem Anwalt der Weltweisen eine Anklage gegen einen Ungenannten erhoben, der Deutscher ist, ohne seinem Volke angehören zu wollen, und eine gefährliche Macht besitzt. Sowohl die nähern Umstände der Anklageverhandlung als auch besonders direkte Anspielungen auf Friedrich's Ode an Gottsched, wie auf den Fechah seiner Mémoires de Brandebourg erheben die Annahme zur Gewißheit, daß an der betreffenden Stelle der Philosoph von Sanssouci gemeint ist. An der sich daranschließenden Diskussion betheiligten sich Hr. Pro⸗ fessor Koser und Hr. Dr. Landwehr.

Für den Kurfürsten Friedrich L von Brandenburg wird, wie schon früher mitgetheilt, bei der Stadt Friesack die Er⸗ richtung eines Denkmals geplant. Die Anregung ging von Be⸗ hörden und Bürgern der Stadt Friesack aus und wurde, der „Voss. Ztg.“ zufolge, vom Verein für die Geschichte Berlins in der letzten Sitzung weiter verfolgt, dergestalt, daß der Vorstand in Ver⸗ bindung mit dem Bürgermeister von Friesack und dem Kaufmann Kahle als engerer Ausschuß die Bildung eines Denkmal⸗Comités in die Hand nehmen werden. Dieser Ausschuß hat zunächst die Direktion des Märlischen Museums angegangen, die Sache auch ihrerseits zu fördern, namentlich die städtischen Behörden von Berlin für die Sache zu G interessiren. Es wird dabei ausgeführt, daß die Städte Berlin und Cölln, deren Bürger bei der Bezwingung der Quitzow'schen Feste Friesack betheiligt waren, von diesem, das schwerbedrängte Land end⸗ lich beruhigenden Siege einen großen Nutzen für ihren Wohlstand gehabt, daß namentlich jener Hohenzollernfürst die Stadt Berlin zum Vorort der Mark gemacht hat, aus welchem Verhältniß allein die weitere Entwickelung als Hauptstadt Preußens und jetzt des Reichs möglich war. Zugleich wird der Ausschuß Aufforderungen zur An⸗ nahme der Comités⸗Mitgliedschaft an geeignete Persönlichkeiten in Stadt und Provinz versenden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln. 8

Der Gesundheitszustand in Berlin blieb in der Woche vom 2. bis 8.

18,0), wenn sie auch etwas größer als in den vorangegangenen Wochen war. Unter den Todesursachen zeigten sich akute Darm⸗ krankheiten seltener und führten auch in einer kleineren Zahl als in der Vorwoche zum Tode. Die Theilnahme des Sänuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine geringe. Von je 10 000 lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 55 el „Dagegen traten akute Entzündungen der Athmungsorgane wieder häufiger zu Tage und endeten auch in gesteigerter Zahl tödtlic. Das Vorkommen der Infektionskrankheiten blieb auch in dieser Woche meist ein beschränktes. Erkrankungen an Unterleibstyphus, an Masern und Scharlach wurden nur in kleiner und aus keinem Stadttheil in nennenswerther Zahl zur Anzeige gebracht. Auch Erkrankungen an Diphtherie blieben in mäßiger Zahl und kamen am häufigsten aus der Tempelhofer Vor⸗ stadt, der diesseitigen Luisenstadt und dem Wedding zur Anzeige. Eine Erkrankung an Flecktyphus gelangte zur Aufnahme in die Krankenhäuser. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut waren nicht selten, auch Erkrankungen am Wochenbettfieber kamen in gleicher Zahl wie in der Vorwoche zur Kenatniß. Erkrankungen an Keuchhusten waren zahlreich, die Zahl der Opfer stieg auf 7. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung.

Submissionen im Auslande.

Niederlande. 8— 1) 26. November, Mittags 12 Uhr. Ministerie van Kolonien, Technisch Bureau, im Haag: a. Loos XXX. Metallener Oberbau für 11 Brücken, b. Loos XXIII. Galvanisirt⸗eisernes Wellb achspitzen Nägel, Haken ꝛc., 8 c. Loos XXVI. Eisendraht 1 1. für den Eisenbahndienst buf Me““ Bedingungen käuflich für Loos XXX 8 Fl. 1,—, und für die übrigen zu je Fl. 0,25 beim Buchhändler Mart. Nyhoff im Haag. heegee biu muß durch in den Niederlanden wohnhafte Personen erfolgen. 8 n Mittags 12 Uhr. echnisch Bureau, im Haag: 8 Lieferung des b Paog, nebst Zubehör für die Ueberdachung eines Lokomotiv⸗Schuppens für den Eisenbahndienst auf Java. Bedingungen käuflich für 1,50 Fl. beim Buchhändler Mart. yhoff im Haag. Nybef im 08, muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen. 3) 9. Dezember, Vormittags 11 Uhr. Roomsch-Cath. Kerk- bestuur der H. Agatha und Barbara zu Oudenbosch (Noordbrabant): Lieferung von etwa 217 cbm Bollendorfer Sandstein in recht⸗ winkligen Blöcken. Auskunft beim Ingenieur van Swaay zu Delft, Bedingungen zu 2 Fl. käuflich sind.

Theater und Mufik. Königliche Theater. 8

Schiller's „Wilhelm Tell“ Ebt am Donnerstag im Schau⸗ spielhause zum 200. Mal in Scene. Der Theaterzettel der ersten

Vorstellung des Werks, welche im „Königlichen National⸗Theater“

Ministerie van Kolonien,

November ein günstiger und die Sterblichkeit ene wenig hohe (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 1