1890 / 286 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Nov 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Schuhmacherstrike in Erfurt (vergl. Nr. 270, 281 und 284 d. Fsbn wie der „Madb. Ztg.“ unter dem 25. d. M. berichtet wird, als gänzlich beendet anzusehen, nachdem am Dienstag abermals eine weitere Fabrik ihren Betrieb in Folge der freiw illigen Rückkehr der Arbeiter wieder aufnehmen konnte. Die Fabrikanten haben, fügt das Blatt hinzu, einen glänzenden Sieg erfochten und die Arbeiter können sich bei den Sozialdemokraten bedanken, wenn ihre Lage auf geraume Zeit hinaus eine schwere Schädigung erlitten hat. Braunschweig schreibt man demselben Blatt, daß die Zwickert'schen Knopffabrik, welche im Ausstande waren, sich erfreulicher Weise mit der Fabrikleitung ggeeinigt und die Arbeit wieder aufgenommen haben (vgl. Nr. 283 d. Bl.). Mehrere der Strikenden haben die Stadt verlassen; für diese sind neue Kräͤfte angeworben worden. b b In Leipzig fand der „Lpz. Ztg.“ zufolge am Dienstag eine nur schwach besuchte Versammlung der Graveure und Cise⸗ leure statt, welche nach Anhörung eines Vortrags über die wirth⸗ schaftliche Umwälzung und deren Folgen für die Arbeiter die Grün⸗ dung eines Fonds zur Unterstützung der Gewerkschafts⸗ bewegung beschloß. Die Verwaltung und Verwendung des Fonds wurde dem Vertrauensmann und den Delegirten bei dem Gewerk⸗ schaftskartell mit der Einschränkung übertragen, daß ein Theil der eingesammelten Gelder der Agitations kommission in Berlin überwiesen werden müsse.

In Mainz fand am 23. d. M. der Parteitag der hes⸗ sischen Sozialdemokraten statt. Vertreten waren 38 Orte mit 63 Delegirten. Der erste Punkt der Tagesordnung betraf die Landesorganisation für das Großherzogthum Hessen. Es wurde nach dem „M. T.“ folgende Resolution angenommen: Der Parteitag empfiehlt, daß die Genossen in jedem einzelnen Wahlkreis einen Ver⸗ trauensmann ernennen, der alle Partetangelegenheiten zu regeln und

ch auf die Verpflichtung aufmerksam zu machen hat,

inzeinen Genossen der Gesammtpartei schuldig sind. Im

ehlt der Parteitag, wo dies noch nicht geschehen, sozialdemokratische Wahlvereine resp. Arbeitervereine zu gründen,

t aber darauf aufmerksam, daß Vorstände solcher Vereine in keiner Weise mit dem Parteivorstande in direkten Verkehr treten

dürfen. Zum zweiten Punkte der Tagesordnung: Centralisation und

Wahl eines Landescomités wurde beschlossen: 1) ein Landescomités zu wählen, 2) einen Landesfonds zu gründen, zu dem jeder bestehende Verein nach Kräften beizutragen hat.

Das Koch'sche Heilverfahren.

Gestern Vormittag Se. Königliche Hoheit der Herzog Karl Theodor in Bayern und seine Gemahlin in Begleitung des Geheimen Medizinal⸗Raths, Professors Dr. Koch, wie die „N. A. Z.“ mittheilt, Professor Krause's Klinik und verweilten dort, von den Hrrn. Dr. Cornet und Professor Krause geführt, 1 ½ Stunden. Professor Koch selbst demon⸗ strirte das Injektionsverfahren an Patienten und gab ein⸗ ehende wifsenschafkliche Erklärungen, denen die hohen Herr⸗ chaften mit gespanntem Interesse solgten.

Der gestrigen Sitzung der Berliner Medizinischen Gesellschaft, welche von etwa 1000 Aerzten besucht war, wohnte, wie wir demselben Blatt entnehmen, auch das Ehren⸗ mitglied Herzog Karl Theodor in Bayern bei, der von Prof. Virchow ganz besonders begrüßt wurde; es sei das erste Mal so bemerkte der Vorsitzende, daß ein Mann seiner Stellung sich unter die Zahl der praktischen Aerzte begebe;

urch seine Kollegialität habe er bewiesen, daß er auch im erzen ein Arzt geworden sei. Die Gesellschaft erhob ch zu Ehren des Herzoglichen Doktors und des später ein⸗ etretenen General⸗Stabsarztes Dr. von Coler von den Sitzen. Hierauf begründete Virchow den Antrag des Vorstandes und Ausschusses, den Geheimen Rath Professor Robert Koch zum Ehrenmitglied zu ernennen: „Der Gedankke ist nicht erst jetzt an uns herangetreten, sondern war schon zu der Zeit vor⸗ handen, als wir uns mit der Frage der Ehrenmitgliedschaft Anderer beschäftigten; wir haben damals geglaubt, zunächst nicht über eine bescheidene Zahl hinausgehen zu sollen.“ Die Gesellschaft schritt dann zur Abstimmung. Geheimer Rath Robert Koch wurde mit sämmtlichen 238 abgegebenen gültigen Stimmen zum Ehrenmitglied gewählt und als solcher unter allgemeinem Beifall proklamirt. Demonstrationen.

Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin hat, wie die „Meckl. Nachr.“ mittheilen den Großherzoglichen Leibarzt, Geheimen Medizinal⸗Rath Dr. Mettenheimer nach Berlin gesendet, um das Koch'sche Verfahren an Ort und Stelle zu studiren. Dr. Mettenheimer ist von Sr. Königlichen Hoheit gleichzeitig beauftragt gewesen, dem Geheimen Medizinal⸗Rath, Proßessor Dr. Koch seine An⸗ erkennung und Bewunderung für seine Thätigkeit überhaupt, wie 8 sein jetzt veröffentlichtes Heilverfahren offiziell aus⸗ zusprechen.

Namens der Herzoglich sächsischen Regierung ist der Referent beim Ministerium des Innern Medizinal⸗Rath Dr. Frommelt in Altenburg zum Studium des Koch'schen Heil⸗ verfahrens nach Berlin entsendet worden.

Die gestern erschienene Nr. 48 der „Deutschen medizinischen Wochenschrift“ bringt in einer Extrabeilage eine Reihe neuer Beobachtungen über die Heilerfolge des Koch’schen Verfahrens. Zunächst macht Stabsarzt Dr. Hertel aus der Klinik des Professors Gerhardt Mittheilungen über die Einwirkung des Koch'schen Mittels auf Kehlkopf⸗Tuberkulose und äußert sich zum Schluß wie folgt:

Die Behandlung mit der Koch'’schen Injektionsflüssigkeit bringt überall, wo tuberkulöse Herde im Kehlkopfe sich finden, dieselben, so⸗ weit sie überhaupt durch den Kehlkopfspiegel erkannt werden können, zu Gesicht. Meist schon nach wenigen Milligrammen tritt nach kürzerer oder längerer Zeit unter stärkerer oder weniger starker, mitunter auch fehlender allgemeiner Reaktion eine örtliche ein. Die örtliche Reaktion läßt sich genau mit dem Kehlkopfspiegel verfolgen. Sie besteht zunächst in einer Röthung und Schwellung des erkrankten Gewebes. Dasselbe schwillt mehr oder weniger stark an und röthet sich in verschiedener Weise. Nach Ablauf von kaum 24 Stunden nach der Einspritzung verändert das geröthete und ge⸗ schwollene Gewebe seine Farbe. Meistens bedeckt sich dasselbe mit einem grauweißen Belage von der Mitte her, während die Randzone noch roth bleibt, und es beginnt meist ebenfalls von der Mitte her eine Zerklüftung, ein Zerfall. Es bildet sich dann ein trichterfö rmiges Geschwür, dessen Mitte in der Mitte des erkrankten Gewebes liegt. Die Zerklüftung, der Zerfall schreitet von der Mitte nach dem Rande zu fort; auch die Ränder des Geschwürs verfärben sich meist grau⸗ weiß und, ohne daß man ein eigentliches Abstoßen von der Oberfläche bemerken könnte, wird das entstandene Geschwür flacher und flacher. Es sinkt so meist das ganze erkrankte Gewebe scheinbar in sich zu⸗ sammen, wobei je nachdem eine mehr oder weniger starke Absonderung 8- hbee 1s 1g ee und Rachenhöhle bezw. . een stattfindet. Eine i der Beobachtungszeit bisher nicht beövatt tewag ssee hr. 1”-

zunehmende Besserung und Abnahme der Erschei Befindens.“ h r Erscheinungen des örtlichen

Ober⸗Stabsarzt Dr. Köhler theilt in der „D. med. Wochenschr.“ einen Fall von geheiltem Lupus mit, der als

der erste definitiv geheilte zu betrachten ist.

Hierauf folgten noch einige

Der betreffende Passus lautet:

„In dem zweiten Fall von Lupus (Chon), über welchen ich referirt habe, ist ein augenfälliger Beweis dafür gegeben, daß ober⸗ flächlicher Lupus ohne jede chirurgische Nachhülfe allein durch die Injektionen geheilt werden kann. Zahlreiche Inseln früher lupöser Hautpartien zeigen nicht nur die Ausführungsgänge der Hautdrüsen, sondern jetzt sogar Lanugo (Haarwuchs). Es ist dies wohl der Fall von Lupus, welcher von allen bis jetzt am Weitesten in der Heilung vorgeschritten ist.“ .

Der Bürgermeister von Wien hat den dortigen Stadt⸗ Physikus Kammerer und den Primar⸗Arzt Pfleger zum Studium des Heilverfahrens nach Berlin entsandt.

Im Kings⸗College⸗Hospital zu London hat ö Watson Cheyne gestern an vier mit verschiedenartigen tuber⸗ kulösen Krankheiten behafteten Patienten die ersten Impfungen mit Koch'scher Lymphe vorgenommen.

Das gestern erwähnte Dankschreiben Prof. Dr. Koch’'s an Pasteur hat nach der „Voss. Ztg.“ folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Kollege! Sie waren so freundlich, mich telegraphisch zu den Ergebnissen meiner Untersuchungen über die Tuber⸗ kulose zu beglückwünschen. Ich betrachte dies als eine besondere Ehre und erlaube mir, Ihnen und Ihren Herren Mitarbeitern meinen er⸗ gebensten Dank auszudrücken. In der Annahme, daß Sie vielleicht die Wirkung des neuen Mittels auf den Menschen werden beobachten wollen, gestatte ich mir, Ihnen eine Probe davon zu schicken. Empfangen Sie u. s. w.“

Korrespondent der „D. med. Wochenschr.“ in Paris

reibt:

sch Am Montag fand die Wochensitzung der Akademie der Wissen⸗ schaften statt, in der viel von der Veröffentlichung Koch's die Rede war. Pasteur war zugegen und wurde mit Fragen bestürmt. Einige, die mit der Miene des Zweifels an ihn herantraten, wurden von ihm auf das Lebhafteste zurückgewiesen: „Cela y est, cela y est, il n'y a pas à qdiscuter“, rief er und begleitete seine Worte mit einer sehr energischen Geste, die jede weitere Frage abschnitt und den Zweiflern zu verstehen gab, daß sie ihm nicht mit weiteren Einwendungen kommen dürften. Einer unserer ausgezeichnetsten Chemiker sagte mir, indem er auf Pasteur wies: „Cela fait plaisir à voir.“ Sie können es immer wieder⸗ holen, und ich bitte Sie darum, daß die schamlose Haltung, welche gewisse Journalisten niederen Ranges mit Bezug auf Koch an⸗ genommen haben, keineswegs die der Majorität der Nation ist, der Nation, nicht allein der wissenschaftlichen und ärztlichen Welt. Alle⸗ Welt fühlt sehr wohl die humanitäre Bedeutung der Entdeckung Koch's.

Aus St. E1“ meldet die deutsche „St. Pet. Ztg.“: „In der Sitzung der Konferenz der Militär⸗Medi⸗ zinischen Akademie am 10. (22.) November theilte Progfessor Pawlow mit, daß in St. Petersburg demnächst Versuche der Behandlung Schwindsüchtiger mit der Koch'schen Flüssigkeit emacht werden sollen, und zwar werden dieselben im neuen

nstitut für Experimental⸗Medizin des Prinzen von Olden⸗ burg vorgenommen, sobald Professor von Anrep aus Berlin Fenteggr, wo er durch Vermittelung des Bot⸗ chafters Grafen Schuwalow eine Quantität des Koch⸗ schen Geheimmittels erhalten hat. Die Mitt⸗ theilungen Dr. Koch's über das neue Heilverfahren gegen die Tuberkulose sind in russischer Uebersetzung von Dr. Maximow soeben in St. Petersburg herausgegeben worden. Die Kommandirung russischer Aerzte nach Berlin nimmt immer größere Dimensionen an. Am vorigen Dienstag reiste im Auftrage des Obuchow'schen Hospitals Dr. Bruno Kallmeyer nach Berlin; ihm folgt demnächst Dr. W. Gorinewski im Auf⸗ trage des St. Petersburger Baracken⸗Hospitals. Auch aus dem Innern des Reichs machen und machten sich mehrere Aerzte und Gelehrte nach Berlin auf, so aus Warschau mehrere Professoren, aus Helsingfors Prof. Runeberg und Dr. Sivers, aus Kiew Dr. Pawlowski u. a. m.“

Die medizinische Gesellschaft in Charkow (Rußland) hat den Geheimen Rath Dr. Koch in Berlin zum Ehrenmitgliede ernannt.

Die brasilianische Regierung hat, dem „W. T. B.“ zufolge, eine Kommission ernannt, die sich zum Studium der Koch'schen Entdeckung nach Europa begeben soll.

ae-

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

ortugal.

Durch eine unterm 17. November 1890 veröffentlichte Verfügung

des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern werden die unterm 14. August 1890 erlassenen Vorschriften in Bezug auf Briefe,

I und Mustersendungen außer Kraft gesetzt. (Vergl. „Reichs⸗ nzeiger“ Nr. 202 vom 22. August 1890.) Ausgenommen von dieser Befreiung verbleiben Postpackete und Mustersendungen, enthaltend Dungstoffe, in Zersetzung begriffene organische Stoffe, Bettzeug, getragene Kleider, sofern sie nicht zum Gepäck der Reisenden gebhören, sowie aus den verseuchten spanischen Provinzen kommende Früchte und Gemüse, deren Einfuhr nach wie vor verboten bleibt.

Ferner werden die unterm 23. Juni 1890 getroffenen Maßregeln zur Ueberwachung der Küstenschiffahrt auf die Häfen südlich von Setubal beschränkt. (Vergl., Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 160 vom 4. Juli 1890.)

Egypten.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat in seiner Sitzung vom 5. November 1890 beschlossen, daß fortan die Ankünfte aus dem Hedjas zum freien Verkehr in den egyptischen Häfen zu⸗ gelassen werden, mit Ausschluß jedoch der Pilgerschiffe, welche den Bestimmungen des Pilger⸗Quarantäne⸗Reglements unterworfen

bleiben.

8. Handel und Gewerbe.

8☚ Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kok an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 26. November gestellt 9297, nicht recht⸗

zeitig gestellt 195 Wagen.

Wegen der zahlreichen Störungen und Betriebsunterbrechungen und der Unfahrbarkeit wichtiger Zufuhrlinien zum Ruhrbezirk in Folge der Ueberschwemmungen im Ruhrthal und in den Seiten⸗ Fälen 8 Ruhr ist die regelmäßige Wagengestellung be⸗

indert.

In Oberschlesien sind am 25. d. M. gentellt 4188, nicht rechtzeitig geitellt keine Wagen.

Magdeburg, 27. November. (W. T. B.) Die Handels⸗ kammer des Regierungsbezirks mit dem Sitz in Halberstadt, hat aus Anlaß der neuen Zuckersteuervorlage auf den 6. Dezember in den hiesigen großen Rathhaussaal eine Versammlung einberufen, um den Rübenindustrie⸗Vereinen, den landwirthschaftlichen Vereinen und den Mitgliedern des Handels Gelegenheit zu geben, gegen die Zuckersteuer⸗ novelle Stellung zu nehmen.

Leipzig, 26. November. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. pr. Dezember 4,25 ℳ, pr. Januar 4,27 ½ ℳ, pr. Februar 4,27 ½ ℳ, pr. März 4,27 ½ pr. April 4,27 ½ ℳ, pr. Mai 4,27 ½ ℳ, pr. Jun 4,27 ½ ℳ, pr. Juli 4,27 ½ ℳ, pr. August 4,27 ½ ℳ, pr. September 4,25 ℳ, pr. Oktober 4,25 Umsatz 120 000 kg. Ruhig. .

Prag, 26. November. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Dux⸗Bodenbacher Bahn beschloß, von dem ihm vertragsmäßig zustehenden Recht Gebrauch zu machen und die Prag⸗Duxer Bahn mit dem 1. Januar 1892 zu erwerben. Die bezügliche Mittheilung an die Verwaltung der Prag⸗Duxer Bahn und die Ein⸗ berufung einer Generalversammlung soll erfolgen, nachdem das nach⸗ zusuchende Einverständniß der Regierung bezüglich der Modalitäten der Eigenthumsübertragung und Betreffs der Beschaffung der Geld⸗ mittel erfolgt ist.

London, 26. November. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten.

26. November. (W. T. B.) Wollauktion. Bei besserer Tendenz waren die Preise unverändert.

Paris, 27. November. (W. T. B.) Aus Buenos Aires wird hierher gemeldet: Die Lage hat sich gebessert.

Amsterdam, 27. November. (W. T. B.) Bei der heute von der Niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltenen Zinnauktion wurden 27 762 Blöcke Bancazinn zu 54 ¾ à 55 ⅛, durchschnittlich 55, und 1000 Blöcke raffinirtes Bancazinn zu 55 à 55 ½ verkauft.

8 ubmissionen im Auslande.

I. Belgien.

9. Januar 1891, 10 ½ Uhr, Provinzialregierung Brüssel, Bau einer großen Schleuse an Stelle der Schleuse Nr. 54 im Canal de Charleroi zu Brüssel, und Ausführung der damit verknüpften Kunst⸗ bauten, sowie Erweiterung des an der Schleuse liegenden Kanal⸗ theiles. Voranschlag: 993 553 Fr. Sicherheit: 30 000 Fr. Anträge mittelst eingeschriebener Briefe bis zum 5. Januar. Preis des Lasten⸗ heftes: 3,63 Fr.; Preis der Pläne: 89,60 Fr.

II. Niederlande.

1) 4. Dezember, Vormittags 11 Uhr. Ministerie van Marine im Haag: Lieferung von Manufakturen, wie Futterstoffen, Leinewand, Baumwolle ꝛc., wollenen Decken, gestrickten wollenen Handschuhen, eNügen und baumwollenen Socken, u. A. Auskunft an Ort und Stelle.

2) 4. Dezember, De afdeeling Noord-Beveland der Zeeuwsche Msaatschappy van Landbouw zu Cortgene Zeeland): Liefe⸗ rung von etwa 160 000 kg Superphosphat, enthaltend 14 % in Wasser lösbarer Phosphorsäure. Auskunft an Ort und Stelle.

3) 9. Dezember, Mittags 12 Uhr. s Ryks Centraal Magazyn van Militaire Kleeding, Uitrusting enz. zu Amsterdam:

Lieferung von 3 500 Bettbezügen

2 000 Kissenbezügen für einschläfrige Bettstellen, 10 000 Bettlaken 8 1 000 8 für zweischläfrige Bettstellen. s. nft an Ort und Stelle. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen. III. Spanien.

Ohne Datum. Junta de Obrao del puerto de Santander: Aus⸗ schreiben der Lieferung eines Schraubenbagger⸗Dampfers. Näheres in spanischer Sprache beim „Reichs⸗Anzeiger“.

Mannigfaltiges.

In der Anstalt für volksthümliche Naturkunde „Urania“ hielt gestern Abend Hr. Dr. Keller einen Vortrag über das Thema „Mikroskopische Streiflichter aus der belebten Natur“, welcher in der im Theater der Urania gewohnten Weise durch er⸗ läuternde Bilder belebt wurde. Der Vortragende schränkte sein Thema dahin ein, daß er zeigen wolle, wie die Natur in ihren organischen Bildungen immer ein zweckmäßiges Walten erkennen lasse, wie die organischen Formen bereits Schlüsse auf die Bestimmung derselben zulasse. An der Hand der den Stoff des Vortrages veranschaulichenden Bilder begann der Redner mit dem einfachsten Lebewesen, der Zelle, die er in ihrer Einzelexistenz vorführte und zeigte, wie sie in größerer Zahl, durch feine Fäden verbunden, in der Natur vorkommt. Hieran schlossen sich einige weitere Bemerkungen über den Aufbau aller organischen Wesen aus Zellen und die Vorführung von Bildern aus dem Pflanzen⸗ reich und dem Thierreich; der Redner erklärte an der Hand dieser Bilder die Entwickelung des Pflanzenlebens, zeigte das Zellengewebe von Blattflächen, vom Querschnitt eines Blattes, der Baumrinden, des Holzes in seinen verschiedenen Theilen und Formen; aus dem Thierreich veranschaulichte er eine Reihe kleinster Lebewesen und im Anschluß an dieselben die Gliedmaßen, die Werkzeuge zur Nah⸗ rungsaufnahme von Insekten, und Aehnliches. Den sehr interessanten Beschluß machten Bilder von noch lebenden mikroskopischen Thieren, wie sie in großer Zahl und vielgestaltig in einem Wassertropfen sich mit großer Schnelligkeit hin und her bewegen. Zu der bildlichen Darstelluug der Objekte kam das elektrische Riesenmikroskop des In⸗ stituts zur Verwendung. Dem Vortragenden wurde für seine interessanten Ausführungen reicher Beifall Seitens der zahlreichen Zuhörer zu Theil. 8

Die feierliche Enthüllung des Denkmals Kaiser Wil⸗ helm's I. auf Westend bei Charlottenburg findet laut Meldung der „N. Pr. Ztg.“ Sonntag, den 30. d. M., Nachmittags 2 Uhr, statt. Nach der Enthüllung erfolgt die Uebergabe des Denkmals an die Stadt Charlottenburg. Die Festlichkeit findet ihren Abschluß mit einem großen Festmahl im Klubhause auf Westend.

Im Victoriapark am Kreuzberg ist man, wie die „Nat.⸗Z.“ berichtet, gegenwärtig beschäftigt, dem im Laufe des Sommers in recht fühlbarer Weise hervorgetretenen Mangel an Bänken abzuhelfen, indem man deren Zahl bedeutend vermehrt. Es werden zu diesem Zweck diejenigen Bänke ver⸗ wandt, welche auf dem Dennewitzplatz überflüssig geworden sind, nachdem dort für die neu zu errichtende Luther⸗ kirche der Baugrund geebnet worden ist. Die gärtnerischen Anlagen auf dem bisher noch nicht kultivirten Theile des Victoria⸗ parks werden 68 bei der jetzigen ungünstigen Witterung nach Möglichkeit gefördert. Die Baumpflanzungen sind zum größten Theil schon jetzt vollendet, und auch mit der Anpflanzung von Strauch⸗ werk ist der Anfang gemacht worden. Die Absicht der städtischen Parkdeputation geht dahin, so lange es die Witterung irgendwie ge⸗ stattet, einen möglichst großen Theil zu kultiviren, damit, wenn sich die Stadtverordneten⸗Versammlung endgültig darüber schlüssig gemacht haben wird, ob der geplante Wassersturz nach dem ursprüng⸗ lichen Projekt nur bis zur halben Höhe des Abhanges oder na dem während der Verhandlungen neu angeregten bis zum Fuße des⸗ selben sich ergießen soll, noch im Lauf des kommenden Sommers ein weiterer Theil des Parks dem Publikum zugänglich gemacht werden kann. Da die Lichterfelder Straße als die Auffahrtstraße zum Kreuzberg⸗Denkmal anzusehen ist, also in gewissem Sinne einen Theil des Victoriaparks bildet, werden Seitens der städtischen Parkdepu⸗ tation jetzt auch dort Anpflanzungen von Bäumen, und zwar von jungen Eichen, vorgenommen.

„Helgoland. Hier hat sich ein Comité gebildet, um an der Stätte, wo Se. Majestät der Kaiser am 10. August die Insel feierlich übernahm, ein Denkmal zu errichten. In dem Aufruf heißt es, daß der Beitrag für jeden Einzelnen auf höchstens 3 festgesetzt werde, damit man mit Recht sagen könne, die Insulaner errichteten dieses Denkmal aus eigener Kraft.

Fünfkirchen, 26. November. Von den hiesigen Aerzten ist, wie das „W. T B.“ meldet, das Auftreten einer „Typhus⸗ Epidemie“ festgestellt. Die Zahl der Erkrankten in der inneren Stadt wird auf mehr als 200 beziffert; von der Epidemie sind namentlich die die Schulen Besuchenden heimgesucht. Es ist eine bakteriologische Untersuchung des Wassers angeordnet.

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zum Deuts

286.

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

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1890.

Parlamentarische Nachrichten.

Aus dem Reichshaushalts⸗Etat für 1891/92.

Nachdem wir gestern eine kurze Gesammtübersicht über den neuen Reichshaushalts Etatsentwurf gegeben, gehen wir heute dazu über, Mittheilungen über den hauptsächlichsten In⸗ halt der Spezial⸗Etats zu bringen.

Der Etat für den Reichskanzler und die Reichskanzlei stellt sich in Einnahme wie im Vorjahr auf 1368 ℳ, welche sich aus den Beiträgen der Dienstwohnungsinhaber zu den Beleuchtungs⸗ und Heizungskosten sowie aus den sonstigen Einnahmen von dem Grundstück Wilhelmstraße 77 zusammensetzen. Die fortdauernden Ausgaben stellen sich wie im Vorjahr auf 148 260 In Forttall gekommen ist der Satz von 40 000 zur Instandsetzung des Wil⸗ helmstraße 77 belegenen Dienstgebäudes, welche Summe durch den 1. Nachtrags⸗Etat für 1890/91 unter den einmaligen Ausgaben be⸗ willigt worden war.

In dem Etat für das Auswäͤrtige Amt beträgt die Summe der Einnahmen 938 425 ℳ, 44 945 mehr als im Etat für 1890/91. Unverändert gegen das Vorjahr sind geblieben: die von der preußischen Regierung gezahlte Aversional⸗Entschädiaung für die Besorgung speziell preußischer Angelegenheiten von 80 000 ℳ, der Beitrag der Jaluitgesellschaft für die Besoldung des Kommissars und des Sekretärs im Schutzgebiet der Marschall⸗Inseln, im Be⸗ trage von 25 500 ℳ, der Beitrag der Neu⸗Guinea⸗Kompagnie für die Besoldung des Kommissars, des Kanzlers und des Sekretärs von 52 800 und die Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge in Höhe von 100 ℳ. Eine vermehrte Einnahme von 44 750 gegen das Vorjahr ist bei dem Titel „Gebühren bei den gesandtschaftlichen und besoldeten Kon⸗ sulatsbehörden“, welcher mit 750 340 ℳ, sowie eine solche im Betrage von 305 bei den Miethen, Entschädigungen für die Entnahme von Feuerungs⸗ und Beleuchtungsmaterial u. s. w., welche auf 19 895 angesetzt sind, eingestellt worden: dagegen ist der Ertrag an Gebühren für die von dem Auswärtigen Amt ausgestellten Reisepässe auf nur 90 ℳ, 100 weniger als im Vorjahr, angenommen worden. Die höher angesetzten drei Posten begründen sich auf den Durchschnitt der wirklichen Einnahmen in den Jahren 1887/88, 1888/89 und 1889/90, mit Ausnahme der Ansätze bei den Botschaften in London und Paris, welchen nur der Durchschnitt der wirklichen Einnahmen der Jahre 1888/89 und 1889/90 zu Grunde gelegt ist.

Von den fortdauernden Ausgaben kommen auf die Be⸗ soldungen bei dem Auswärtigen Amt 918 400 ℳ, 7500 mehr als in 1890/91, und auf Wohnungsgeldzuschüsse 144 060 ℳ, 11 040 mehr als im Vorjahr. Diese Mehrausgaben sind bedingt durch die Vermehrung der Kolonialabtheilung um einen vortragenden Rath und einen ständigen Hülfsarbeiter, nachdem es sich herausgestellt hat, daß die stete Zunahme der Geschäfte in dieser Abtheilung die ständige Mitarbeit zweier, bis jetzt kommissarisch daselbst beschäftigten Beamten nicht zu entbehren ist. Außerdem sind zur Beseitigung des im Aus⸗ wärtigen Amt vorhandenen Mißverhältnisses zwischen der Zahl der etatsmäßig angestellten unteren Beamten und den Dätarien eine Anzahl neuer Stellen in den Etat eingestellt worden. Die anderen persönlichen Ausgaben sind auf 201 130 ℳ, wie im Vorjahr, die sächlichen Ausgaben auf 440 000 ℳ, 19 6000 höher als im Vorjahr, eingesetzt worden. Letztgenannte Mehrausgabe betrifft allein die Ausgaben für Postgeld, Frachtkosten und für telegraphische Depeschen. Bei den Ausgaben für die Gesandtschaften, Kon⸗ sulate und Schutzgebiete hat sich bei den Besoldungen des Ge⸗ sandtschaftspersonals eine Gehaltserhöhung des Gesandten in Buenos⸗ Aires um 3000 und eine solche für den Gesandten in Lissabon um 6000 ℳ, deren bisheriges Gehalt den Verhältnissen nicht mehr entsprach, als nöthig berausgestellt, ebenso in Folge der großen Zunahme der Geschäfte die Kreirung einer zweiten Legations⸗Sekretär⸗ stelle in Washington mit einem Diensteinkommen von 8000 ℳ, so daß sich dieser Titel von 2 536 300 im Vorjahr auf 2 553 300 erhöht hat. Für Remunerationen und Diäten an nicht fest angestellte Beamte der gesandtschaftlichen Behörden, sowie für Stellvertretungs⸗ kosten sind wie im Vorjahr 120 000 eingestellt. Die Gesammt⸗ ausgaben für die Konsulatsbeamten belaufen sich auf 2 383 250 gegen 2 323 40 im Vorjahr. Von den Mehrforderungen in Höhe von 108 800 ℳ, denen andererseits ein Abgang von 48 700 gegenübersteht, entfallen auf die Zulage für den Konsul in Buenos⸗Aires in Folge der anhaltenden Preis⸗ und Miethssteigerung daselbst 6000 ℳ, auf eine Zulage für den Konsul in Mailand aus den nänmlichen Ursachen 2800 ℳ, auf die Dotationen für neu zu errichtende Konsulate in Nagasaki, Neapel, im Piräus, in Rotterdam bez. 23 000, 19 000, 16 600 und 16 500 ℳ, ferner auf eine Zulage für den Konsul in Prätoria 5500 ℳ. In Abgang dagegen kommen die Dotation für das Konsulat in Messina mit 18 600 ℳ, die Dotation für das bis⸗ herige Vize⸗Konsulat im Piräus 13 600 und für das bisherige Vize⸗Konsulat in Rotterdam 16 500 Bei den etatsmäßigen Kanzlerstellen der Wahlkonsulate ist eine neue mit 9000 für Wien, wegen des stets wachsenden Umfangs der dortigen konsularischen Geschäfte hinzugetreten. Die Be⸗ soldungen der Beamten in den Schutzgebieten betragen für Kamerun 57 250 gegen 56 580 in 1890/91, für Togo 29 500 gegen 29 100 im Vorjahr, für das südwestafrikanische Schutzgebiet 29 500 gegen 29 100 ℳ, für das Schutzgebiet der Marschall⸗ Inseln 29 100 und für das Schutzgebiet der Neu⸗Guinea⸗ Kompagnie 52 800 Für die beiden letztgenannten Schutzgebiete hat sich der Ansatz gegen das Vorjahr nicht verändert, bei den drei ersten ist er um je 400 Zulage für den dortigen Amtsdiener ge⸗ stiegen. Zu Remunerationen und Diäten an nicht festangestellte Be⸗ amte bei den Konsulaten sowie zu Stellvertretungskosten sind 500 000 ℳ, 96 000 mehr als im Vorjahr eingestellt worden, nachdem sich die Nothwendigkeit herausgestellt hat, in größerem Umfange als bis⸗ her bedeutenderen Berufskonsulaten Attachés zu überweisen, nicht nur zur Hülfeleistung, sondern namentlich auch im Interesse einer wirk⸗ samen Ausbildung der Konsulats⸗Aspiranten. Der Gesammtbetrag der sächlichen und vermischten Ausgaben, welchem der Durchschnittsbetrag der Etatsjahre von 1887/88 bis 1889/90 zu Grunde liegt, beläuft sich auf 1 018 000 gegen 929 000 in 1890/91. Für allgemeine Fonds sind 689 025 eingestellt, 5000 mehr als im Vorjahr, da der zu außerordentlichen Remu⸗ nerationen und Unterstützungen bestimmte Fonds auch für die Reichs⸗ beamten in den Schutzgebieten bestimmt ist, und in Folge dessen um obige Summe erhöht wurde. Die Summe der fortdauernden Aus⸗ gaben stellt sich somit auf 9 161 415 gegen 8 852 325 in 1890/91.

9 einmaligen Ausgaben im ordentlichen Etat sind 4 275 197 ℳ, 910 603 weniger als im Vorjahre eingestellt. Hier⸗ von entfallen an Subvention für die zoologische Station des Dr. Dohrn in Neapel wie im Vorjahre 40 000 ℳ, an Beihülfe zur För⸗ derung der auf die Erschließung Central⸗Afrikas und anderer Länder⸗ gebiete gerichteten wissenschaftlichen Bestrebungen 200 000 ℳ, 50 000 mehr als in 1890/91, an Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungskosten im südwestafrikanischen Schutzgebiet 292 300 ℳ, 23 500 mehr als 1890/91, an Beitrag zu den Kosten des Ankaufs und der baulichen ö des Jüngken’schen Hauses Behufs ander⸗ weitiger Unterbringung des Seminars für orientalische Sprachen in Berlin nka d Ausbau 8 Konsulats⸗

Berlin, Donnerstag, den 27. November

gebäudes in Jerusalem 55 000 ℳ, und für Maßregeln zur Unter⸗ drückung des Sklavenhandels und zum Schutze der deutschen Inter⸗ essen in Ost⸗Afrika 3 500 000 ℳ, 1 000 000 wenigerfals im Vor⸗ jahre.

Hinsichtlich des letzten Postens ist zu bemerken, daß es in der Absicht liegt, die von dem Reichskommissar auf eigenen Namen ange⸗ worbene Schutztruppe in eine Kaiserliche Truppe umzuwandeln, sowie die von ihm beschaffte Flottille beizubehalten und der Kaiserlichen Marine anzuschließen. Für die Civilverwaltung ist ein Gouverneur mit dem erforderlichen Beamtenpersonal in Aussicht genommen. Die Ausgaben dürften sich belaufen: für die Schutztruppe auf 2 200 000 ℳ, für die Flottille auf 800 000 und für die Civilverwaltung auf 500 000 Diese Summe verringert sich aber um den Ertrag aus den Zoll⸗ einkünften, welcher, gbschläglich der an die Deutsch⸗ostafrikanische Gesell⸗ schaft zu zahlenden Summe von 600 000 jährlich, für die Ver⸗ waltung des Gebiets verwendet werden kann. Nach den bisherigen Erfahrungen dürften für diesen Zweck 1 000 000 jährlich zur Ver⸗ fügung stehen. Eine weitere Verminderung in Höhe von etwa ½ Million Mark jährlich ist aus dem Erträgniß der lokalen Ein⸗ nahmen zu erwarten, und bleibt demgemäß eine entsprechende Er⸗ mäßigung der eingestellten Summe von 3 500 000 vorbehalten.

In einer dem Etat beigegebenen Denkschrift über die finanzielle Verwaltung der drei westafrikanischen Schutzgebiete wird bemerkt, daß für die Schutzgebiete von Kamerun ein Reichszuschuß zur Bestreitung der lokalen Ausgaben nicht mehr beansprucht werde, da nach dem aufgestellten Lokal⸗Etat, welcher mit 270 000 in Einnahme und Ausgabe schließe, ein Zu⸗ schuß nicht mehr erforderlich sei. Auch die Verwaltung des Togo⸗ gebiets werde ausweislich des entworfenen Lokal⸗Etats, welcher in Einnahme und Ausgabe mit 142 000 balancire, im Etatsjahre 1891/92 ohne Reichszuschuß auskommen. Was das südwestafrikanische Schutzgebiet betreffe, so erfordere die Verwaltung desselben, so weit es sich um das Kommissariat, die Schutztruppe und die Bergbehörde handele, für das Etatsjahr 1891/92 einen Reichszuschuß von 267 000 ℳ, 1500 weniger als im laufenden Etatsjahr. Ueber den Rahmen des laufenden Etats hinaus empfehle sich eine Verwendung von Reichsmitteln zu dem Zweck, der Ansiedelung deutscher Landwirthe daselbst den Boden zu ebnen. Ein Erfolg sei bei dem dortigen gesunden Klima und den einer ausgedehnten Viehzucht nicht ungünstigen Verhältnissen nicht ausgeschlossen. In dem Entwurf eines Lokal⸗ Etats für das südwestafrikanische Schutzgebiet sei deshalb ein Betrag von 25 000 vorgesehen worden, um die Errichtung einer landwirthschaftlichen Versuchsstation und einer Auskunftstelle für deutsche Ansiedler zu ermöglichen. Dies Schutzgebiet bedürfe demnach überhaupt eines Reichszuschusses von 292 300

Der Etat der Reichs⸗Justizverwaltung führt an Ein⸗ nahmen aus dem Grundstück Voßstraße 513 ℳ, an Gerichtskosten vom Reichsgericht nach dem dreijährigen Durchschnitt berechnet 444 800 ℳ, 1500 mehr als im Vorjahr, aus den vom Reichs⸗ gericht benutzten Räumen in Leipzig 211 und an Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträgen 270 ℳ, zusammen 445 794 gegen 444 294 in 1890/91 auf. Von den fortdauernden Ausgaben entfallen auf das Reichs⸗Justizamt an Besoldungen 173 850 ℳ, 3600 mehr als in 1890/91, in Folge der Umwandlung einer Assistentenstelle in eine Bureaubeamtenstelle I. Klasse und der Gründung einer neuen Stelle für einen seit langer Zeit beschäftigten ständigen Hülfsarbeiter. Aus dem gleichen Grunde haben sich die Wohnungsgeldzuschüsse um 900 ℳ, von 22 920 in 1890/91 auf 23 820 ℳ, und die anderen persönlichen Ausgaben bei dem Titel extraordinäre Remunerationen und Unterstützungen um 100 ℳ, von 28 000 auf 28 100 erhöht. Die sächlichen und vermischten Ausgaben betragen, wie im Vorjahr, 41 000 ℳ, die sonstigen Ausgaben sind Behufs Fortführung der Arbeiten für das bürgerliche Gesetzbuch um 80 000 höher angesetzt worden und belaufen sich auf 204 000 gegen 124 000 in 1890/91. Die gesammten Ausgaben für das Reichs⸗Justizamt sind somit um 84 600 ℳ, von 386 170 im Vorjahr auf 470 770 gestiegen. Bei dem Reichsgericht betragen die Besoldungen in Folge einer Gehaltserhöhung des Bibliothekars von 1000 ℳ, des Bibliothek⸗ assistenten von 500 und der Gründung einer neuen Ober⸗Sekretär⸗ stelle mit einem Gehalt von 4200 ℳ, 5700 ℳ, der Wohnungsgeld⸗ zuschüsse 660 mehr als im Vorjahr, mithin bezahlt 1 222 250 und 101 556 Die anderen persönlichen Ausgaben betragen 45 200 ℳ, in Folge der Stellenvermehrung 100 mehr als 1890/91, die sächlichen und vermischten Ausgaben nach dem dreijährigen Durch⸗ schnitt berechnet 116 380 ℳ, 900 weniger als im Vorjahr. Die gesammten Ausgaben bei dem Reichsgericht betragen somit 1 485 386 ℳ, 5560 mehr als im Vorjahr, die der Reichs⸗Justizverwaltung 1 956 156 ℳ, oder 90 160 mehr als in 1890/91. An einmaligen Ausgaben sind als fünfte Rate für die Errichtung des Dienst⸗ gebäudes des Reichsgerichts 650 000 gegen 150 000 im Etats⸗ jahr 1890/91 eingestellt worden.

In dem Etat für das Reichs⸗Eisenbahnamt sind die Einnahmen aus den Feuerungsvergütungen (103 ℳ), dem Erlös aus dem Verkauf von Drucksachen des Reichs⸗Eisenbahnamts (4000 ℳ) und den Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträgen (411 ℳ) zusammen auf 4514 wie im Vorjahr angesetzt. Die Ausgaben haben sich um 3000 bei den Besoldungen und 360 bei den Wohnungsgeld⸗ zuschüssen in Folge der Umwandlung einer Assistentenstelle in eine Stelle für expedirende Sekretäre gegen das Vorjahr erhöht und sind für das kommende Etatsjahr angesetzt worden: für Besoldungen 195 600 ℳ, für Wohnungsgeldzuschüsse 33 060 ℳ, für andere persön⸗ liche Ausgaben 15 630 ℳ, 4000 mehr als im Vorjahr, welche Behufs Herbeiführung einer Uebereinstimmung mit den Etats der übrigen Reichsverwaltungen aus den unter sächlichen Ausgaben bisher verrechneten Ausgaben für Geschäftsbedürfnisse u. s. w. entnommen und hierher übertragen sind, für sächliche Ausgaben 59 800 Die gesammten Ausgaben betragen 304 090 gegen 300 730 im laufenden Etatsjahr.

Im Etat für den Rechnungshof des Deutschen Reichs sind die Einnahmen auf 374 ℳ, 55 weniger, als im Vorjahr, angenommen Die fortdauernden Ausgaben erhöhen sich in Folge des Mehransatzes des Durchschnittsgehalts für einen vor⸗ tragenden Rath in Höhe von 8700 ℳ, für 7 Revisoren mit je 4200 und für Erhöhung des Durchschnittsgehalts des Jouraalisten und der 5 Registratoren um je 360 ℳ, bei dem Kap. Besoldungen um 39 900 Motivirt wird diese Mehrausgabe durch den ge⸗ steigerten Umfang und das fortdauernde Wachsen der Geschäfte, ins⸗ besondere in Ansehung der Prüfung und Feststellung der an Zahl und Umfang stetig zunehmenden Rechnungen aus dem Bereich der Verwaltung des Reichsheeres, der Marineverwaltung und der Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung, sowie durch die Gleichstellung des Durchschnittsgehalts des Journalisten und der Registratoren des Rechnungshofes mit den gleichen Beamten bei den übrigen Reichs⸗Centralbehörden. Ent⸗ sprechend den neu errichteten etatsmäßigen Stellen erhöht sich der Wohnungsgeldzuschuß gegen das Vorjahr um 5520 Bei dem Kapitel der anderen persönlichen Ausgaben erhöht sich der Titel 8. „zu außerordentlichen Remunerationen und Unterstützungen für Bu⸗ reau⸗ und Unterbeamte“ der neukreirten Stellen gemäß um 525 Bei Tit. 10 der sächlichen Ausgaben sind 3600 als einmaliges Mehrerforderniß angesetzt zu Versetzungskosten in Folge der neu⸗ begründeten Stellen, bei Tit. 11 werden in Folge des Anwachsens der Geschäfte für die miethsweise Beschaffung der erforderlichen Ge⸗

schäftslokale 2000 mehr verlangt. Im Ganzen erhöht sich mit⸗ hin die Summe der Ausgaben um 51 545 und stellt sich auf 607 583 gegen 556 038 im Etatsjahr 1890/91.

Bei dem Etat über den allgemeinen Pensionsfonds sind die fortdauernden Ausgaben der Verwaltung des Reichsheeres für Preußen im Ganzen auf 30 808 000 ℳ, 2,114 000 mehr als im Etat für 1890/91 angesetzt. Hiervon entfallen auf Pensionen und Pensionszulagen für Soldaten vom Oberfeuerwerker, Feldwebel und Wachtmeister abwärts 6 522 000 (+ 456 000 ℳ); auf Pensionen für Offiziere, Aerzte und Beamte 20 500 000 (+ 1 658 000 ℳ); auf Inaktivitätsgehälter und Wartegelder 60 000 ℳ; auf Be⸗ willigungen für Hinterbliebene 2 274 300 ℳ; auf Allerböchste Be⸗ willigungen von Gnadenpensionen 720 000 ℳ; auf Allerhöchste Be⸗ willigungen für Offiziere und Aerzte, welche nicht unter den Art. III des Gesetzes vom 21. April 1886 fallen, 300 000 ℳ; auf anderweitige Unterstützungen 312 000 Für Sachsen betrugen dieselben zusammen 1 835 080 (+ 176 000 ℳ), und zwar die Invalidenpensionen für Soldaten 390 000 (+ 45 000 ℳ); die Penstonen für Offiziere u. s. w. 1 240 000 (+ 110 000 ℳ); die Inaktivitätsgehälter 840 ℳ, die Bewilligungen für Hinterbliebene 126 000 (+ 21 000 ℳ); die Allerhöchsten Bewilligungen von Gnadenpensionen für Wittwen 33 818 ℳ; die Allerhöchsten Bewilligungen für Offiziere, welche nicht unter Art. III des Gesetzes vom 10. Juni 1886 fallen, 19 000 ℳ, und die anderweitigen Unterstützungen 25 422 Für Württemberg sind im Ganzen 1 478 480 (+ 75 000 ℳ) angesetzt, und zwar für In⸗ validenpensionen von Soldaten 335 000 (+ 15 000 ℳ); für Pensionen von Offizieren u. s. w. 940 000 (+ 60 000 ℳ); für Inaktivitätsgehälter 4550 ℳ; für Bewilligungen an Hinterbliebene 140 000 ℳ; für Allerhöchste Bewilligungen von Gnadenpensionen an Wittwen 37 000 ℳ; für Allerhöchste Bewilligungen an Offiziere, welche nicht unter Art. III des Gesetzes vom 10. Juni 1886 fallen, 11 000 ℳ, und für anderweitige Unterstützungen 10 930 Bei der Marine belaufen sie sich im Ganzen auf 1 380 808 (+ 170 600 ℳ), nämlich Pensionen für Soldaten 185 500 (+ 19 200 ℳ); Pensionen für Offiziere u. s. w. 960 000 (+. 116 600 ℳ); Pensionen an Hinterbliebene von Offizieren der früheren dänischen Magazinverwaltung 68 ℳ; Bewilligungen für Hinterbliebene auf Grund der Gesetze vom 17. Juni 1884 und 15. März 1886, sowie für Hinterbliebene der durch Schiffbruch verunglückten Militärpersonen und Beamten 175 300 (+ 24 800 ℳ); für Unterstützungen 40 000 (+ 10 000 ℳ) und zu Allerhöchsten Bewilligungen für ausgeschiedene Offiziere u. s. w. 20 000 Bei der Civilverwaltung sind eingestellt für Pensionen 540 000 (+ 50 000 ℳ); für Warte⸗ gelder 229 368 (+ 27 075 ℳ); für Wittwen⸗ und Waisengelder 140 000 (+ 20 000 ℳ) und für Unterstützungen an pensionirte Beamte 30 000 (+ 5000 ℳ). Die Gesammtausgaben betragen daher 36 442 096 ℳ, 2 637 675 mehr als im Etatsjahr 1890/91.

Der Etat für den Reichs⸗Invalidenfonds normirt die Ausgaben für die Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds auf die⸗ selbe Höhe wie im laufenden Etatsjahr, nämlich 73 580 Der Zuschuß zu den Kosten der Verwaltung des Reichsheeres für die Be⸗ arbeitung der Invalidensachen in Folge des Krieges von 1870/71 ist auf 60 226 ℳ, 1305 höher als für 1890/91, angesetzt. Dieser Mehrbetrag von 1305 vertheilt sich auf Preußen und Bayern; und zwar entfallen auf ersteres 555, auf letzteres 750 An Invaliden⸗ pensionen in Folge des Krieges von 1870/71 sind zu zahlen in Preußen: 1) an Soldaten vom Feldwebel, Wachtmeister und Ober⸗Feuerwerker abwärts 8 490 000 (— 110 000 ℳ), 2) an Offiziere, Aerzte und Beamte aller Grade 5 800 000 (— 20 000 ℳ), 3) an Bewilligungen für Hinterbliebene von Offizieren u. s. w. 444 000 (— 2000 ℳ) und 4) an Bewiliigungen für Hinterbliebene von Soldaten 1 020 000 ℳ; in Sachsen: zu 1) 512 000 (— 4000 ℳ), zu 2) 378 000 (— 15 000 ℳ), zu 3) 20 000 und zu 4) 51 000 ℳ; in Württemberg: zu 1) 284 000 (+ 5000 ℳ), zu 2) 200 000 (— 10 000 ℳ), zu 3) 14 400 und zu 4) 13 500 (— 1000 ℳ); in Bayern: zu 1) 1780 000 (— 25 000 ℳ), zu 2) 1677 000 (— 93 000 ℳ), zu 3) 57 750 (— 150 ℳ) und zu 4) 83 000 (— 2000 ℳ); in der Kaiserlichen Marine: zu 1) 3096 ℳ, zu 2) 11 359 ℳ, zu 3) 900 und zu 4) 1602 ℳ, alles von dem Jahre 1890/91. Die Gesammtsumme der in Folge des Krieges von 1870/71 noch zu zahlenden Pensionen u. s. w. beläuft sich somit auf 20 841 607 An Invalidenpensionen in Folge des Krieges von 1870 sind zu zahlen: In Preußen: an Soldaten 1 255 000 (— 23 000 ℳ), an Offi⸗ ziere u. s. w. 1 030 000 (— 10 000 ℳ), an Hinterbliebene von Offizieren 85 000 (— 2000 ℳ), und an solche von Soldaten 189 000 (— 1000 ℳ); in Sachsen: zu 1) 107 000 (— 2000 ℳ), zu 2) 12 000 ℳ, zu 3) 7800 und zu 4) 3990 (— 576 ℳ); in Württemberg: zu 1) 29 000 (— 500 ℳ) und zu 3) 1130 ℳ; in Bavern sind zu zahlen 355 798 ℳ; bei der Kaiserlichen Marine zu 1) 1043 ℳ, zu 3) 600 und zu 4) 150 ℳ; an Pensionen und Unterstützungen für Angehörige der vormaligen schleswig⸗holsteinischen Armee 326 000 (— 18 000 ℳ). Im Ganzen also 3 403 511 oder 62 185 weniger als im Etatsjahre 1890/91. Die Ehrenzulagen an die Inhaber des Eisernen Kreuzes belaufen sich insgesammt auf 36 612 ℳ, 432 weniger als im laufenden Etatsjahre; die Pensionen für ehemalige französische Militairpersonen auf 350 552 ℳ, 22 616 weniger als in 1890/91. Die Ausgaben für die aus dem Dispositions⸗ fonds des Kaisers zu Gnadenbewilligungen aller Art bisher bewilligten und ferner zu bewilligenden Unterstützungen und Erziehungsbeihülfen betragen 350 000 Die Kosten der Invalideninstitute stellen sich in Preußen auf 286 462 (— 22 222 ℳ), in Württemberg auf 11 735 (+ 9 ℳ) und in Bayern auf 39 008 (— 2769 ℳ), zusammen also auf 337 205 (— 24 982 ℳ). Die Gesammtsumme der Ausgaben beläuft sich mithin auf 25 453 293 ℳ, 386 060 weniger als im Vorjahre. Die Einnahmen betragen an Zinsen 19 104 000 ℳ, 531 000 weniger als in 1890/91. Zur Deckung der Ausgaben ist daher ein Kapitalzuschuß von 6 349 293 ℳ, 146 400 mehr als im Vorjahre erforderlich.

Die Einnahmen an Stempelabgaben für das Etatsjahr 1891/92 sind wie folgt angenommen worden: Spielkartenstempel, nach Abzug der Kosten 1 185 000 gegen 1 143 000 im Vorjahr; Wechselstempelsteuer, nach Abzug der gemäß §. 27 des Gesetzes über die Wechselstempelsteuer vom 10. Juni 1869 von 2 % oder 140 760 und der dem Reich erwachsenden Erhebungs⸗ und Verwaltungskosten von 193 240 ℳ, 6 704 000 gegen 6 413 000 in 1890/91; Stempel⸗ abgaben für Werthpapiere, Kaufgeschäfte und Lotterieloose 26 000 000 gegen 22 130 000 im laufenden Etatsjahr. Statistische Gebühr, nach Abzug der Zurückzahlungen in Höhe von 3000 ℳ, der Kosten der Anfertigung der Stempel und Stempelmarken in Höhe von 22 900 ℳ, der Entschädigung der Postverwaltungen für den Verkauf der Stempelmaterialien im Betrage von 16 300 und der den Bundesstaaten zu vergütenden Verwaltungskosten von 16 500 ℳ, dagegen zuzüglich der Herauszahlungen von Luxemburg, abzüglich der Herauszahlungen an Bavyern für die österreichische Gemeinde Jungholz in Höhe von 23 700 ℳ, 34 506 000 gegen 30 279 000 im Etatsjahre 1890/91. Sämmtliche Bruttoerträge entsprechen dadet dem Durchschnitt aus den Einnahmen der drei Etatsjahre 1887,88, 1888/89 und 1889/90, wobei zu bemerken ist, daß bei den Lotterte⸗ loosen die in das letztgenannte Etatsjahr fallende Stempeleinnahme für die Schloßfreiheitlotterie in Höhe von 653 000 als eine ein-⸗ malige außer Betracht gelassen worden isisisit.