welche damals mit 117 Millionen, veranschlagt worden seien, jetzt schon 141 Millionen kosten würden. Und bei der Raschheit, mit welcher die Schiffsbauten in Angziff genommen würden, könnten die Pläne nicht mit der nöthigen Gründlichkeit ausgearbeitet werden. Daher ständen in diesem Etat die völlig heuen Positionen für Aende⸗ rungen der Konstruktion während des Banes, nach dem Bau und für Probefahrten. Dazu komme noch der beschleunigte Ersatzbau für die beiden vor Apia zu Grunde gegangenen Schiffe, die kostspielige Kaiseryacht und in diesem Etat eine für Torpedos, an welche damals nicht zu denken gewesen sei. erner sollten jetzt noch . drei Panzerfahrzeuge, ein Kreuzer und ein Aviso neu gebaut werden. .
8 Herr von Caprivi habe dieselben Panzerfahrzeuge in zehn Jahren ℳ. “ Hr. Reichskanzler habe jüngst im preußischen Abgeordnetenhause fest⸗ gebaut wissen wollen, und jetzt sollten sie in fünf Jahren bergest⸗d. vr gestellt, daß die Regierung nicht im Mindesten zweifelhaft darüber sei, sein. Auch für die Frage der Küstenvertheidigung kämen, namentlih— daß sie mit den bestehenden Vollmachten im Stande sei, die Ruhe seit der Erwerbung Helgolands, neue Gesichtspunkte hinzu, Im 12* und Gesetzmäßigkeit aufrecht zu erhalten. Dieser Ausspruch hätte die
durch Eö 1“ U3 Re⸗ t waren, auf welche der beiden Deckungsarten wir eine Aus⸗ gierungen. Jedes an sich unbedeutende Vorkommniß sei durch die
16 1 1 offiziöse Presse aufgebauscht worden, als ob Deutschland an seinen erweisen hätlen, die Ausgabe den Einnahmen des veg⸗ Grenzen von wilden Völkerschaften bewohnt sei. Dies Wir haben aber auch einen Schritt weiter habe den Keim zu weiteren Verwickelungen getragen; in jedem Falle sei die deutsche Geschäftswelt dadurch beunruhigt worden. Das habe inzwischen vollständig aufgehört. Die aus⸗ wärtige Politik sei langweilig geworden und man könne nur wünschen, daß sie so langweilig bleibe, weil dies den Interessen des Volkes am Meisten entspreche. Weit weniger günstig sei der Nachlaß in Bezug auf die innere Politik. Ein altes Inventarstück, das So⸗ zialistengesetz, sei mit dem 1. Oktober ausgeschieden worden. Der
elben Grundsatz gefolgt, wie in früherez Jahren, daß da, wo wir
Weise, daß einzelne Beamte ihren Altersgenossen in anderen Ressorts s gegenüber besonders schlecht gestellt waren, wieder, wie in früheren zweifelhaf Jahren Forderungen eingestellt worden, welche dazu bestimmt sind, gabe zu v derartige Härten durch künftig wegfallende Bewilligungen auszu⸗ Etats zugewiesen ist. uch gleichen. gethan in der Richtung einer solideren Finanzirung unseres Etats. Im Uebrigen wird die weitere Verfolgung der durch die Reso⸗ Die Herren wissen, daß bei der Deckung der einmaligen Ausgaben der lution des Reichstags angeregten Frage in Fühlung mit der Königl. Marine für Schiffsbauten bisher immer 5 Millionen als Zuschuß aus preußischen Regierung zu erfolgen haben, welche, soweit ich orientirt den ordentlichen Einnahmen des Reichs in den Etat eingestellt waren, lchen wir wie früher nach de bin, geneigt ist, dem entsprechenden Verlangen ihres Landtages näher ausgehend von der Annahme, daß unser schwimmendes Material un⸗ “ Cirthschaft des Jahres 1890/91 entsteht aber, wie Gesammtertrag der Zölle für das laufende Jahr 1890/91 zu treten. Soweit die Königl. preußische Regierung etwa bei den gefähr einen Werth von 200 Millionen repräsentirt, wovon heute nicht wesentlich höher wird veranschlagen dürfen, als Unterbeamten oder einem Theil der Subalternbeamten zu dem System 5 Millionen etwa 2 ½ Prozent sein würden. Im vorigen Jahre hat
hatten. Für die W G 8 8
esagt, aus der Preislage der Brotfrüchte und des Hafers eine Mehr⸗ ;
nn. der Ertrag der Zölle im vorigen Etatsjahr gewesen ist, d. h. auf der Dienstalterszulagen übergehen würde, würde für die Reichs⸗Ver⸗ der Reichstag diese Summe erhöht um die ersten Raten des Betrages, waltung ein starker Antrieb dafür geschaffen werden, ebenso bei ihren den die Ersatzbauten für die untergegangenen Schiffe „Adler“ und
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3 8 11“ 8 8 8 . C. 3 gehabt haben. se Mehrausgabe wird für die preußische Hretfse,. Jahres 189091 wesentlich zurückbleiben kann hinter dem Import, verwaltung auf 15 600 000 ℳ veranschlagt. Ich möchte bei dißser⸗ pelcher in den entsprechenden Monaten des vorigen Etatsjahres statt⸗ Gelegenheit indeh nicht unterlassen, gleich darauf hinzuweisen, daß zur gefunden hat. Es wird dies um so mehr zu erwarten sein, als der Zeit die Preise nicht höher sind als im Durchschnitt der letzten Rubelstand den Import von russischem Korn nach Deutschland nicht 10 Jahre. Es hat in diesem Jahre die Berücksichtigung der Oktober⸗ in dem Mazße begünstigt, wie es jeitweise im Vorjahr der Fall war. preise bei der Veranschlagung des Geldbedarfs für die Brot⸗ und Allerdings sind zur Zeit unsere Läger leer, und im Frübjahr wirkt be⸗ Foarageverpflegung pro 1891/92 — bei dem Etat der preußischen reits die Aussicht auf die Ernte des nächsten Sommers auf den Import mit, Militärverwaltung, eine Herabminderung des ersten Ansatzes bewirkt, man kann also hier mit großer Bestimmtheit nicht prophezeien;
m zehnjährigen Durchschnitt bemessen dennoch glaube ich, daß man, um nicht unvorsichtig zu sein, den
Extraordinarium des Militär⸗Etats würden wieder große SUummen
über der Annahme des Etats. Bei den Dislokationen von Truppentheilen—
ausgabe gegenü⸗
Wir haben dann auf eine erhedliche Mehrausgabe zu rechnen bei dem Garnisons⸗ Servis⸗ und Verwaltungswesen, für Preußeu berechnet auf etwa 700 000 ℳ, darunter befinden sich etwa ½ Million Mebrausgaben für Vergütung von Schäden bei den diesmaligen Manövern. Natürlich hat dies in Witterungsverhältnissen seinen Grund. Wir haben zu rechnen auf eine ziemlich erhebliche Mehr⸗· ausgabe bei der Verwaltung des Remontewesens. Es liegt das theilweise daran, daß die für die Remontepferde gezahlten Preise höher waren, als man annahm, zum Theil daran, daß die Verwaltung des Remontedepots im Laufe des Etatsjahres höhere Kosten verur⸗ sachte, als angenommen war, wesentlich deswegen, weil bekanntlich im vorigen Jahre eine sehr geringe Strohernte im Osten stattgefunden hat und der Mangel an Stroh auf andere, kostspielige Baarkosten erfordernde Weise ersetzt werden mußte. Wir haben dann zu rechnen auf eine Mehrausgabe für Vorspann⸗ und Transportkosten, für den preußischen Etat auf 800 000 ℳ zu veranschlagen, infolge des Um⸗ standes, daß die Truppen mehr, als angenommen war, auf der Eisen⸗ bahn befördert wurden, eine Maßregel, welche im Interesse des Landes insofern liegt, als die Einquartierungslast vermindert und es ermög⸗ licht wird, die Reserven früher zu entlassen, als sie entlassen werden könnten, wenn die Truppen ihre Märsche vom Manöver zu Fuß machen. . Wir haben dann eine Mehrausgabe zu erwarten bei den Kosten für artilleristsche Versuche, Kosten für Anlegung von Exerzierplätzen, Schießplätzen u. s. w. Die übrigen 8 Millionen, welche an den 13 Millionen noch fehlen, fallen auf die Marineverwaltung, das Reicksschatzamt, wo es sich wesentlich um den Mürztitel handelt, und auf den Rechnungshof.
Die voraussichtlichen Minderausgaben, die ich mit 4 ½ Millionen bezifferte, liegen wesentlich darin, daß für die Verzinsung der Reichs⸗ schuld eine geringere Summe in Anspruch genommen wird, als man
ein Mehrbetrag von 64 ½ Millionen. nehmende Steigerung des Ertrags der ½¼ Millionen rechnen, so kommen Sie auf einen Mehrertrag der Zölle und des Tabacks dem Etat gegenüber in Höhe von 65 bis 67 Millionen. verbrauchsabgabe, 6 ½ Millionen mehr bei dem Werthstempel, er⸗ giebt die voraussichtliche Mehreinnahme der Einzelstaaten von 66 bis 68 Millionen für das laufende Jahr.
hei Veranschlagung des Etats annahm; der Grund hierfür — ich komme auf den Punkt später noch zurück — ist wesentlich darin zu suchen, daß, wie den Herren bekannt ist, während des ganzen ver⸗ flossenen Theils dieses Jahres die Marktverhältnisse ungünstig waren, daß man also die Begebung der Reichsanleihe auf das unbedingt Nothwendige zu beschränken genöthigt war.
Die eigenen Einnahmen des Reichs werden, wie ich erwähnt habe, etwa 22 Millionen Mehreinnahme, etwa 2 ⁄ Millionen Minderein⸗ nahme ergeben. Es sind dabei die Einnahmen mit dem Betrage angesetzt, welcher sich an Einnahmen in den Monaten November 1889 bis Oktober 1890 ergeben hat, unter Berücksichtigung der ausstehenden Kredite, welche im Herbst 1890 höher waren als in dem früheren Jahre. Es ist zu rechnen auf eine Mehreinnahme von etwa 11 Millionen Mark aus der Zuckersteuer, von 3 ½ Millionen bei der Brausteuer, von etwa 1 Million bei der Wechselstempelsteuer und von etwa 5 ½ Millionen bei der Post⸗, Telegraphen⸗ und Eisenbahn⸗ verwaltung zusammen. Der Rest der 22 Millionen Mehreinnahme ist zu erwarten bei der Salzsteuer, bei dem Spielkartenstempel, bei der statistischen Gebühr und bei den Einnahmen aus dem Bankwesen.
Dagegen haben wir zu erwarten, daß die Einnahmen hinter dem Etatansatz zurückbleiben bei der Maischbottich- und Branntwein⸗ materialiensteuer um rund 2 Millionen und bei den verschiedenen Ver⸗ waltungs⸗Einnahmen. Hier handelt es sich darum, daß z. B. eine größere Kaserne, deren Verkauf in Aussicht genommen war, nicht zum Verkauf gelangt ist, und um ähnliche Posten. Diese Mindereinnahmen bei den übrigen Einnahmetiteln werden ungefähr ⁄ Millionen er⸗ geben, so daß damit auf 2 ½ Millionen Mindereinnahme für das laufende Jahr zu rechnen sein wird. Aus diesen Zahlen ergiebt sich im Ganzen ein Plus von 10 Millionen für die eigenen Einnahmen des Reiches. Erwähnen möchte ich hierbei, daß in einer Beziehung der Etat des laufenden Jahres erst in der letzten Zeit zur Ausführung gekommen ist, nämlich in Bezug auf die im Sommer v. Js. bewillig⸗ ten Stellenzulagen. Die Ausschüttung dieses Titels hatte sich bisher verzögert, weil es nothwendig war, über die maßgebenden Grundsätze sich mit der Kgl. preußischen Regierung, in deren Etat bekanntlich ein gleicher Titel eingestellt war, zu verständigen. Diese Verständigung hat jetzt stattgefunden. Die Ausschüttung des Fonds ist im Gange, und ich bezweifle nicht, daß bei den Berathungen Ihrer Budgetkom⸗ mission ich in der Lage sein werde, den Herren über die Grundsätze jede gewünschte Auskunft zu geben.
Für die Einzelstaaten wird, wie ich sagte, sich voraussichtlich eine Mehrüberweisung nach Abzug der Matrikularbeiträge in Höhe von etwa 66 bis 68 Millionen ergeben. Dabei nehme ich an, daß etwa 65 bis 67 Millionen mehr aus den Zöllen einkommen, etwa 5 ½ Millionen weniger aus der Branntweinverbrauchabgabe und etwa 6 ½ Millionen mehr aus den Stempelabgaben, welche den Einzel⸗ staaten zufließen. Zu erläutern habe ich den Ansatz bezüglich der Zölle und des Tabacks. An Zöllen sind im Etatsjahr 1889/90 eingekommen annähernd 350 Millionen. In den 12 Monaten vom November 1889 bis Oktober 1890, die wir sonst der Veranschlagung zu Grunde gelegt haben, sind eingekommen 371 ½ Millionen. Dennoch glaube ich nicht, daß man die Einnahmen aus den Zöllen für das Etatsjahr 1890/91 so hoch veranschlagen kann, wie die Einnahme vom November 1889 bis zum Oktober 1890 gewesen ist. Es haben nämlich die Getreidezölle in den 7 Monaten April bis Oktober ergeben im Jahre 1889 etwa 60 Millionen, im Jahre 1890 etwa 64 Millionen; es ist also in den Sommermonaten des Jahres 1890 der Im⸗ port von Getreide stärker gewesen als in den Sommer⸗ monaten des Jahres 1889. Schon aus diesem Grunde würde es geboten sein, sich darauf vorzubereiten, daß der Import des bevorstehenden Winters hinter dem des vorigen Winters zurückbleiben müsse. Es kommt aber hinzu, daß, wie den Herren bekannt, die Ernte des laufenden Jahres in Deutschland wesentlich besser ist, als die Ernten der beiden vorhergehenden Jahre waren. Auch aus diesem Grunde werden wir
auf deren unvermeidlichen Konsequenzen. darauf, den Nachtrag⸗Etats betrag großentheils nur der Betrag für einen Theil des Jahres eingestellt wurde.
350 Millionen sind dem Etatsansatz gegenüber Wenn Sie dazu die anzu⸗ Tabacksteuer mit rund
rund 350 Millionen.
Dazu 51 ½ Millionen weniger bei der Branntwein⸗
Was nun den Ihnen vorgelegten Etat für das Jahr 1891/92 anlangt, so sind die Mehrausgaben des Ordinariums auf Seite 46 der dem Etat beigefügten Denkschrift in ähnlicher Weise wie in den früheren Jahren berechnet. Sie sehen daraus, daß eine Mehrausgabe im Ordinarium von 46 bis 47 Millionen von Ihnen gefordert wird. Diese Ziffer würde noch höher erscheinen, wenn bei der Vergleichung der beiden Jahre nicht dem Vorjahr das damals zu deckende Defizit von rund 20 Millionen hätte zur Last gestellt werden müssen; legen Sie diese 20 Millionen dazu, so bekommen Sie statt jener 46 Millionen eine Summe von 66 Millionen. In dieser Summe von 66 Millionen Mehrausgabe des Ordi⸗ nariums (fortdauernde und einmalige Ausgaben zusammengenommen) steckt aber eine Ausgabe von 10 Millionen, auf die ich eben⸗ falls später zurückkommen werde, welche, kurz gesagt, bestimmt ist, den Aprilcoupon vom 1. April auf den 31. März zurückzunehmen, — eine Ausgabe, welche nur in diesem Jahre einmal erscheint und gemacht werden soll aus den Einnahmen des Jahres 1890/91. Ziehen Sie diese 10 Millionen ab, so behalten Sie an wirklichen Mehr⸗ forderungen eine Summe von rund 56 oder genauer 56 ½ Millionen. Das ist eine sehr erhebliche Ziffer, namentlich, wenn Sie berück⸗ sichtigen, daß in den verglichenen Ansätzen des Vorjahres natürlich die Nachtrag⸗Etats mit einbegriffen sind. Aber von diesen 56 Millionen beruht weitaus der größte Theil auf Ihren früheren Beschlüssen oder Dies bezieht sich erstens 1891/92 natürlich für die aus Ausgaben der volle Jahres⸗ während in die Nachträge
Etatsjahr folgenden werden mußte,
daß im eingestellt
Es bezieht sich ferner darauf, daß eine sehr erhebliche Er⸗ höhung der Titel für Beschaffung der Munition sich als nothwendig ergeben hat. Wenn wir das neue Gewehr eingeführt haben, wenn wir das neue Pulver einführten, wenn Sie die dafür bestimmten Ausgaben bewilligt haben, so können wir uns nicht der Nothwendigkeit entziehen, die höheren Kosten des Jahresverbrauchs in Folge der Mehrkosten des neuen Materials aus den laufenden Mitteln zu decken. Ich rechne ferner hierzu unter den einmaligen Ausgaben die Posten für größere Sicherung und Erweiterung der Schießstände, die eben auch in Folge der Einführung der neuen Bewaffnung nothwendig werden. Ich rechne dann hierher die Erhöhung des Schuldtitels, bei dem es sich um die Verzinsung von Ihnen bereits bewilligter Anleihen handelt, und ich rechne endlich hierher eine Ausgabe von 6 229 260 ℳ als erste Jahresrate der Aufwendungen in Folge des Gesetzes für die Invaliditäts⸗ und Altersversicherung. Diese Posten zusammen ergeben bereits eine Summe von rund etwa 38 Millionen Mark. Es gehören ebenfalls hierher, wenigstens zum Theil, die Mehrausgaben der Marineverwaltung; denn auch diese beruhen zum Theil auf früheren Beschlüssen des Reichstags. sie fallen jedoch nicht sämmtlich auf die ordentlichen Mittel, ich habe sie deshalb bei der Zusammenstellung jener 38 Millionen nicht mit gerechnet. Von Forderungen, die Sie früher abgelehnt haben, ist nur eine von finanziell erheblichem Betrage wiederholt worden, nämlich die Forderung der Gewährung von Prämien an ausgediente Unteroffiziere mit einem Geldbedarf von etwa 3 800 000 Mark für Preußen, Sachsen und Württemberg. An Neuforderungen ist, soweit es sich um finanzielle erhebliche Posten handelt, eigentlich nur eine einzige im Etat enthalten; es ist das die Forderung einer anderen Gestaltung der Entschädigung der Offiziere und Aerzte für ihre Pferdehaltung. Diese Forderung ist her vorgerufen durch eine frühere Resolution des Reichstags, und Sie werden bei den weiteren Verhandlungen zu prüfen haben, inwieweit die Ausführung dieses Gedankens Ihre Billigung finden wird oder nicht. Der Reichstag hat im Juni d. Js. eine Resolution zum Nach⸗ trag⸗Etat gefaßt, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, das Ver⸗ hältniß der etatsmäßigen Beamtenstellen zu den diätarisch beschäftigten Beamten allgemein einer Prüfung zu unterziehen, und vorhandenen Mißverhältnissen nöthigenfalls durch Vermehrung der etatsmäßigen Stellen abzuhelfen. In dem Ihnen vorliegenden Etatsentwurf ist die Vermehrung der etatsmäßigen Beamtenstellen nach dem Bedürfnisse bemessen; man hat sich aber nicht gescheut, das Tempo der Ver⸗ mehrung, im Hinblick auf diese Resolution etwas schneller zu nehmen, z. B. bei der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung. Sie finden in dem Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung eine Vermehrung von über 3000 Stellen, bei der Reichs⸗Eisenbahnverwaltung eine solche von 200 Stellen. Die zweite Resolution, welche der Reichstag damals gefaßt hat, lautete dahin, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, Erwägungen dahin eintreten zu lassen, ob nicht eine allgemeine Einführung der Dienstaltersstufen für die Besoldung der etatsmäßigen Beamten sich empfiehlt. Es ist den Herren bekannt, daß zur Zeit in unserem Etat beide Systeme bestehen, das der Durchschnittssätze und das des Avan⸗ cements der Dienstaltersstufen; das letztere im Bereich der Reichs⸗ Eisenbahnverwaltung.
Beamten kategorien im Reiche, welche mit den entsprechenden Kategorien der Beamten in Preußen derart gleichgeartet sind, daß es fast unmöglich
Dieses System des Avancements nach Dienst⸗ altersstufen im Bereich der Reichs⸗Eisenbahnverwaltung ist im vorlie⸗ genden Etat auf einige weitere Klassen von Beamten ausgedehnt.
zu verfahren. Denn wir haben eine Reihe von Beamten⸗
ist, die Einen anders zu behandeln als die Anderen. Im Etat der Reichsschuld sind, wie ich bereits erwähnt habe, erheblich höhere Ausgaben für Verzinsung angesetzt. Diese Zinsen
sind nun in dem Ihnen vorliegenden Etat, soweit es sich um die
neue Anleihe handelt, als 3prozentige Zinsen berechnet. Mir ist in der Presse eine scharfe Kritik dieser Berechnung begegnet, welche,
glaube ich, auf einer Verkennung der Thatsachen beruht. Die Aus⸗
gaben für Verzinsung, wie sie sich in Kap. 74 Tit. 1 bis 4 unseres Etats finden, weisen auf: Forderungen für Verzinsung 4prozentiger, 3 ½ prozentiger und 3 prozentiger Reichsschuld und zur Verzinsung der Mittel, welche zur Deckung einmaliger Ausgaben durch Ausgabe von Schatzanweisungen aufgenommen werden. Diese sämmtlichen vier Titel aber decken sich gegenseitig. Es ist also der Umstand, daß man den Voranschlag auf Grund einer 3⸗, 3 ½ oder 4prozentigen Verzinsung macht, für das schließliche Verfahren bei Begebung der Anleihe in keiner Weise bindend und hat auch bei der Veranschlagung dieses Etats nicht bindend sein sollen. Die Frage, ob für die später zu begebenden Theile der Reichs⸗Anleihe der 3prozentige Typus beibehalten oder wieder auf den 31⁄ prozentigen zurückgegangen werden soll, oder wie man sonst verfahren wlll, ist zur Zeit eine völlig offene. Ich brauche nicht hervorzuheben, daß die Gestaltungen des Marktes von der Reichs⸗Finanzverwaltung mindestens mit derselben Aufmerksamkeit verfolgt werden, wie von den übrigen betheiligten Kreisen, und daß die Ausgabe des letzten Postens der Reichs⸗Anleihe zu 3 Prozent nur nach sehr langen eingehenden und sorgfältigen Erwägungen erfolgt ist, welche selbstverständlich in be⸗ ständiger Fühlung mit der Königlich. preußischen Finanzverwaltung geführt worden sind; denn auf diesem Gebiete hat das Reich und das Königreich Preußen völlig gleiche Interessen. Ich vermuthe, daß dieser Gegenstand im Laufe der Etatsdebatte oder später während der Reichstagssitzungen wieder angeregt werden wird, kann aber heute bereits sagen, daß wir bei der Ausgabe des letzten Anleihe⸗ postens in dem Augenblick, als wir uns für die 3 prozentige Anleihe entschieden, einer absoluten Zwangslage gegenüberstanden.
Was die Veranschlagung der Einnahmen betrifft, so ist diese nach den bisherigen Grundsätzen erfolgt. Auf Seite 4 der Anlage XIV. des Etats sind Ihnen die Einnahmen aus Zöllen und Gebrauchs⸗ steuern im Vergleich zum Vorjahre mitgetheilt. nehmen, daß die Zölle eine Einnahme von etwa 314—315 Millionen ergeben werden, die Tabackssteuer eine solche von etwa 10 ½ Millionen,
Zuckerverbrauchsabgabe etwa 52 ½ Millionen, die 40 Millionen, die Branntweinsteuer, Maischbottichsteuer 18 Millionen,
abgabe von Bier 22 — 23 Millionen.
Bei der Veranschlagung der Einnahmen aus den Zöllen ist hervorzuheben, daß wir nicht erwarten können, daß im nächsten Etats⸗ jahre eine so hohe Ueberschreitung des Etatsansatzes bei diesen Titeln, wie wir sie in den letzten beiden Jahren erlebt haben, erfolgen wird. Es ist überhaupt zweifelhaft, ob der Etatstitel erreicht werden wird.
zu wiederholten Anregungen aus dem Reichstag, aber unter Zustim⸗ mung der Mehrheit desselben, bisher an dem Grundsatz festgehalten, daß wir uns unter Berücksichtigung der zweifellos abändernden Um⸗ stände des einzelnen Moments an die Ergebnisse der dreijährigen Fraktion gehalten haben.
Bei der dreijährigen Fraktion, die der Veranschlagung für das Etatsjahr 1891/1892 zu Grunde gelegt ist, sind nun bereits die hohen Einnahmen der Etatsjahre 1888/1889 und 1889/1890 mitberücksichtigt. In dem einen dieser Etatsjahre hat die wirkliche Einnahme — und diese ist angesetzt — 47 Millionen mehr ergeben, als die Etats⸗ annahme berechnete, im Jahre 1889/1890 86 Millionen mehr.
Diese beiden Mehreinnahmen dem Etat gegenüber wirken auf die Veranschlagung des nächsten Jahres mit und vermindern die Wahr⸗ scheinlichkeit, daß die Einnahme wesentlich höher werden sollte, als wir im Etat angenommen haben.
noch anführen, daß im vorhergehenden Jahre 1887/1888 der Etat⸗ ansatz bei diesem Titel nur um 5 Millionen überschritten worden ist.
Bei der Zuckerverbrauchsabgabe haben wir mangels eines besseren Materials die Einnahme eingestellt, welche in der Zeit vom Septem⸗ ber 1889 bis August 1890 sich ergeben hat.
liche dauernde Einnahme aus diesem Titel angenommen worden war. Bisher ist bekanntlich diese Höhe der Einnahme noch nicht erreicht worden.
aus der Branntweinverbrauchsabgabe eingehen wird.
gewiesen 98 790 000 und einige Mark.
Gesetz gefordert wird. Bei der Abgrenzung des auf die außerordent
damit rechnen müssen, daß der Import in dem noch übrigen Theil des
Ebenso sind in den übrigen Etats hier und da, wo unter dem jetzigen System der Durchschnittsgehaltssätze Stagnationen eintraten in der
Demnach ist anzu-
die Zuckermaterialsteuer brutto etwa 65, netto 8 Millionen, die Salzsteuer
Verbrauchsabgabe 110 Millionen, die Brausteuer und Uebergangs-
Wir haben bei der Veranschlagung dieser Einnahmen, im Gegensatz
Ich kann Ihnen zur Vergleichung mit diesen beiden Jahren auch
Bei der Branntwein⸗ verbrauchsabgabe haben wir wieder wie im vorigen Jahre die Ein⸗ nahme eingestellt, welche in den Motiven des Gesetzes als wahrschein⸗
Wenn wir dennoch in den letzten Jahren und in dem gegen⸗ wärtigen Jahre die Summe unverändert gelassen haben, ist es jeden-⸗ falls gerechtfertigt, für das nächste Jahr die Summe nicht zu ver⸗ mindern, weil die Erfahrungen der letzten Zeit doch zu der Erwartung berechtigen, daß im nächsten Etatsjahre in der That diese Summe
Was nun die Finanzirung, d. h. die Theilung der Abgaben in Bezug auf ihre Deckung, je nachdem wir sie zu verweisen haben auf außerordentliche Deckungsmittel oder auf die ordentlichen Deckungs⸗ mittel des Jahres, betrifft, so sind dem außerordentlichen Etat zu⸗ Davon sollen durch Anleihen gedeckt werden etwa 86 Millionen, und unter diesen befinden sich etwa 62 ½ Millionen, für welche Anleihebewilligungen noch nicht vorliegen, für welche also eine neue Anleihebewilligung durch ein besonderes
Bezug hierauf eine Verbesserung feststellen. lichen und ordentlichen Mittel gelegten Ausgabebedarfs sind wir dem⸗ 8 R
„Eber“ erforderlich machten. In dem Etat, der Ihnen jetzt vorliegt, haben wir die Summe von 5 Millionen auf 10 Millionen erhöht, also verdoppelt. Ich enthalte mich, auf diesen Punkt weiter einzu⸗ gehen, sollte es gefordert werden, so würde ich diesen Gegenstand jetzt oder in der Kommission weiter erörtern können.
Wir haben aber weiter auch, wie ich bereits vorhin erwähnt habe, eine Forderung in den Etat eingestellt, welche sich auch als ein Schritt zu soliderer Ausgestaltung der Finanzirung des Reichs⸗Etats darstellt, das ist die Forderung von 10 242 500 ℳ einmaliger Ausgaben, um den Aprilcoupon des nächsten Jahres in das laufende Jahr hinüberzubringen. Bisher ist die Verzinsung der Reichsanleihen, soweit sie am 1. April fällig wurde, aus den Mitteln des neuen Etatsjahres gedeckt worden. Das war unbedenklich, so lange die Gesammtsumme unserer Schuld eine unbedeutende war. Es wird bedenklich, wenn es sich um einen Posten von 10 Millionen handelt, es wird um so bedenklicher, als dieser Posten von 10 Millionen, den die Reichs⸗Finanzverwaltung am 1. Tage des neuen Etatsjahres zu zahlen hat, ihr natürlich das Jahr hindurch bei ihrem Betriebsfonds fehlt und als der Betriebsfonds selbst gegenüber den gewachsenen Aufgaben des Reichs sich mehr und mehr als recht knapp bemessen darstellt. Ich halte es für sehr wahr⸗ scheinlich, daß wir im nächsten Jahre vor Sie mit der Forderung treten müssen, uns die Betriebsfonds zu erhöhen. Um so mehr schien es uns geboten, jetzt, wo wir es unserer Meinung nach ohne wesent⸗ liche Uebelstände thun konnten, diesen Coupon in das alte Jahr, dem er wirthschaftlich angehört, in welchem durch das Bestehen des Dar⸗ lehens die Verpflichtung zur Zahlung dieser Summe entstanden war, hinüberzunehmen, dasselbe zu thun, was — lassen Sie mich einmal als alter Landmann sprechen — der Landmann thut, wenn er unter dem Druck der Umstände seine Johanniszinsen früher aus dem Raps be⸗ zahlt hat und nun, wo er sich rühren kann, anfängt, die Zinsen auf die Wolle zurückzulegen. Diese Summe von 10 Millionen schlagen wir Ihnen vor durch einen besonderen Paragraphen des Etatsgesetzes, den §. 7, ausnahmsweise aus derjenigen Summe zu entnehmen, welche für 1890 — 91 den Einzelstaaten nach der Franckenstein'schen Klausel zufließen würde. Ich habe Ihnen vorher vorgerechnet, daß es sich bei diesen Ueberweisungen um 66 bis 68 Millionen mehr gegenüber der Etatsannahme handelt. Wenn Sie diese Summe um 10 Millionen kürzen, bleiben immer noch 56—58 Millionen als Ergebniß des laufenden Jahres mehr für die Einzelstaaten, als Sie nach dem Etat annehmen durften.
Was nun das Gesammtergebniß des Ihnen vorliegenden Etats⸗ entwurfs betrifft, so fordert er von Ihnen eine Matrikularumlage in Höhe von 322 600 000 ℳ. Dieser Matrikularumlage stehen gegen⸗ über Ueberweisungen in Höhe von etwas über 331 Millionen Mark. Es verbleiben danach den Bundesstaaten nach diesem Etat netto etwa 8 700 000 ℳ. Gegenüber den Zahlen des Etats des laufenden Jahres ein⸗ schließlich des Nachtrags⸗Etats würden sie um etwas über 12 Millionen besser stehen. Es verschiebt sich jenes Exempel allerdings wesentlich dadurch, daß, wie ich Ihnen gesagt habe, die Wirthschaft des laufenden Jahres günstiger für die Einzelstaaten abschließen wird als der Etat annahm.
Das heißt also: zur Zeit deckt das Reich vollkommen seine eigenen Bedürfnisse aus seinen eigenen Einnahmen, und es kann den Einzelstaaten noch einen freilich nicht sehr bedeutenden Beitrag für ihre eigenen Zwecke aus seinen Einnahmen zuweisen. Entstehen nun aber neue kostspielige Aufgaben für die Reichsverwaltung, so ist zu befürchten, daß die eigenen Einnahmen des Reichs hierfür nicht mehr ausreichen werden, oder daß mindestens dann eine jede Zuweisung an die Einzelstaaten fortfallen muß. Eine derartige neue Aufgabe finden wir zum ersten Male mit ihrer finanziellen Wirkung in diesem Etats⸗ entwurf berücksichtigt. Es sind das die Ausgaben für die Ausführung des Gesetzes über die Invaliditäts⸗ und Altersversicherung. Wenn diese Ausgaben sich in höheren Beträgen fühlbar machen werden — und, soweit man in die Zukunft sehen kann, wird dies bald geschehen —, dann wird, wie die verbündeten Regierungen glauben, die Nothwendig⸗ keit hervortreten, die eigenen Einnahmen des Reichs zu vermehren. Ueber diesen Punkt werden wir uns ja noch weiter zu unterhalten in den nächsten Tagen Gelegenheit genug haben.
Nun, meine Herren, den größten Theil der Ausgaben, welche der Reichskasse obliegen, machen die Ausgaben für Zwecke der Landesver⸗ theidigung aus. Diese finanziell erhebliche Ausgabe, die zum ersten Male an uns herantritt, entspringt aus der sozialen Gesetzgebung. Es ist also die Erhaltung, die Wehrhafterhaltung des Reichs zum
18 Zwecke der Erhaltung des Friedens und die Fortführung der sozialen
Gesetzgebung zum Zweck der Erhaltung des inneren Friedens, welche die Ausgaben fordern, für die wir Einnahmen haben müssen.
Solche Einnahmen werden Sie bewilligen, dessen bin ich gewiß; denn die Ziele, zu deren Erreichung alle Einnahmen und Ausgaben des Reichs bestimmt sind, sind dieselben, welche schon vor Jahr⸗ hunderten diejenigen Männer, welche damals Deutschlands Namen zur Geltung brachten, die alten Hanseaten, als den Zweck ihres poli⸗ tischen Gemeinwesens hingestellt haben, wenn sie an das Thor ihres Vororts Lübeck die Worte schrieben: Concordia domi, foris pax, Eintracht daheim, nach außen Friede! (Bravo.)
„Abg. Richter: Zum ersten Mal seit dem Kanzlerwechsel werde hier ein Reichshaushaltsetat festgestellt. Acht Monate seien seitdem verflossen und man habe allgemein den Eindruck gehabt, es gehe auch so im Deutschen Reich, es gehe auch ohne den Fürsten Bismarck, auch in der auswärtigen Politik. Allerdings die auswärtige Politik sei als Nachlaß aus der früheren Regierung weit günstiger daran als die innere Politik. Der Dreibund sei mehr als eine diplomatische Abmachnng, er sei als Friedensbund der ungetheilten Zustimmung der Völker Mitteleuropas sicher. Die auswärtigen Verhaͤltnisse lägen in Folge dessen in der That sehr einfach, so daß sie auch ohne eine besondere Aktion verlaufen könnnten. Indessen müsse er doch auch in Namentlich die letzte
egierungsperiode des Fürsten Bismarck sei gekennzeichnet worden
Volksvertreter mit um so größerer Befriedigung erfüllen müssen, als sie selbst diese Ansicht zu jeder Zeit, auch im vorigen Jahre an dieser Stelle, betont hätten. Wenn der Hr. Reichskanzler im vorigen Jahre hier Abgeordneter gewesen wäre und diese Ansicht ausgesprochen hätte, so würde er Gefahr gelaufen haben, gleich uns zu den „Begünstigern der internationalen sozialen Revolution“ gezählt zu werden, oder zu Denjenigen, die „in Parteifanatismus als Fraktionspolitiker ver⸗ knöchert“ seien. Seine (des Redners) Partei hätte sehr gewünscht, daß noch ein anderes Inventarstück aus der inneren Politik des früheren Reichskanzlers ausgeschieden wäre. Aber im Gegen⸗ theil, die Invaliditätsversicherung trete mit dem 1. Januar 1891 in Kraft. Ihm sei noch niemals ein Reichsgesetz vorgekommen, dem vor seinem Inkrafttreten die Bevpölkerung des Reichs innerlich so fremd gegenüber gestanden habe wie diesem Gesetz. In eisiger Theilnahmlosigkeit verharrten insbesondere die Millionen der Nächstbetheiligten, für welche dieses Gesetz bestimmt sei. Ja selbst Diejenigen, die unmittelbar nach dem Inkrafttreten ohne nennenswerthe Gegenleistung sofort in den Genuß einer Alterspension träten, seien schwer zu bewegen, sich auch nur die Bescheinigung über ein bie heriges Arbeitsverhältniß zu beschaffen. Seines Erachtens stellten diese Erscheinungen ein gutes Zeugniß aus für den noch im Volk herrschenden gesunden Sinn. Es beweise, daß das Gefühl für die Selbstverantwortlichkeit in hohem Grade lebendig sei. Die Vor⸗ stellung, daß auch Leute, die nicht im öffentlichen Dienst ständen, Anspruch haben sollten auf eine Rente zum großen Theil auf Kosten der gesammten Steuerzahler, sei dem Volk noch vollständig fremd, sie müsse erst künstlich durch das Invaliditätsgesetz eingeimpft werden. Fänden diese Vorstellungen aber mehr und mehr Eingang, dann würden sie allerdings einen neuen Nährboden bilden für die Sozialdemokratie. Diese Vorstellungen würden nicht die Zu⸗ friedenheit im Volke fördern. Die großgezogenen Ansprüche auf Staatshülfe würden im Gegentheil die Unzufriedenheit steigern Man sehe dem Inkrafttreten der Alters⸗ und Invalidenversicherung als einem wahrhaft verhängnißvollen Schritt entgegen. (Sehr richtig! links.) Gäbe es irgend eine Möglichkeit, durch einen Antrag mittels Gesetz den Termin dafür um ein Jahr hinauszuschieben, um erneuten Erwägungen Raum zu geben, seine Partei würde einen solchen Antrag sofort einbringen. Leider sei keine Aussicht, dabei die Unterstützung der Mehrheit und der Regierung zu finden, und so bleibe ihr nichts übrig, als vor der Oeffentlichkeit jede Verantwortlichkeit abzulehnen für den Sprung ins Dunkle oder, wie Konservative es bezeichneten, für den Sprung in den hell erleuchteten Abgrund, der mit der In⸗ kraftsetzung der Invaliditäts⸗ und Altersversicherung gethan werde. (Sehr wahr! links.) Was den vorliegenden Etat betreffe, so frage er zunächst, ob dieser Etat wirklich die Gesammtheit der Forderungen enthalte, die man für das kommende Etatsjahr an den Reichstag richten wolle. Es werde allerlei gemunkelt, als ob von der Militär⸗Verwal⸗ tung noch weitere Forderungen beabsichtigt seien. Er hoffe das nicht, denn die Forderungen für Heer und Marine bedürften eher einer Kürzung. Auch formell könne man den Reichshaushalt sachgemäß nur prüfen, wenn man alle Forderungen vor sich sehe. Auch die Rücksicht auf die Einzelstaaten verbiete es, deren Finanzen durch Nachtrags⸗Etats und Erhöhung der Matrikularbeiträge zu verwirren. Das Extraordina⸗ rium von 190 Millionen Mark sei allerdings erheblich geringer, als das vorjährige von 409 Millionen; in letzterem seien aber große Mehrforderungen gewesen für Artillerie, Waffen und Befestigung, die noch nicht vollständig benutzt worden seien, und aus denen noch große Restbeträge in das neue Jahr übernommen würden. Seit März 1887 bis 1892, also in fünf Jahren, seien für Heer und Marine im Extraordinarium 949 Millionen Mark bewilligt (Hört! hört! links), während in den fünf Jahren von 1884 bis 1889 für Eisenbahnbau in Deutschland nur 615 Millionen verwandt seien. Extraordinäre Mittel seien zwar nöthig gewesen, um in der militärischen Technik mit anderen Völkern Schritt zu halten, aber es werde jetzt viel zu viel auf einmal erneuert ohne Rücksicht auf die Finanzlage, und nicht einmal was nothwendig, sondern was nur wünschenswerth und bequem sei. Daß 86 Millionen durch Anleihe gedeckt werden sollten, tröste ihn nicht gegenüber den Gesammtaufwen⸗ dungen, denn vom März 1887 bis Oktober 1890 sei die verzinsliche Reichsschuld von 486 auf 1275 Millionen gestiegen (hört! hört! links), und die Regierung habe noch Vollmachten zur Inanspruchnahme des öffentlichen Kredits von 352 Millionen; das gebe ebenso zu denken, wie die Vorgänge bei der Auflegung der letzten Reichsanleihe. Das Konsortium, welches die Anleihe im Februar aufgelegt habe, habe nur für die Hälfte der aufgelegten Summe Zeichner gefunden und sei auf der übrigen “ sitzen geblieben. Im Oktober sei allerdings die ausgebotene Anleihe von 170 Millionen mit 422 Millionen über⸗ zeichnet worden, aber schon am zweiten Tage nach der Auflegung sei der Kurs der neuen Anleihe, was man nie erlebt habe, unter den Begebungskurs gesunken und habe diesen seitdem nicht mehr erreicht. Man habe also nicht aus Ersparnissen verfügbare Mittel zur dauern⸗ den Anlage gezeichnet, sondern zur Spekulation, um die gezeichneten Beträge bald wieder los zu werden. Und am Tage nach dem Zeich⸗ nungstage habe die Reichsbank, um den Privatansprüchen zu genügen, den Diskontosatz von 5 auf 5 ½ % erhöhen müssen. Man sage zwar, jene Tage des Oktober seien besonders ungünstig für die Auflegung einer Anleihe gewesen, weil maßgebende Persönlichkeiten zu spät von ihrem Sommerurlaub gekommen seien. Für ihn sei aber maßgebend, daß bei dieser Anleihe überhaupt verfügbares Kapital aus gesparten Mitteln nicht in dem Umfange vorhanden gewesen sei, wie das Reich beansprucht habe. Da sei es erklärlich, wenn sich die Finanzverwal⸗ tung von dem Bankkonsortium die Anleihebedingungen habe vorschrei⸗ ben lassen müssen. Das sei ein unerwünschter Kreditzustand. Der Reichstag habe daher alle Ursache, das Extraordinarium so streng zu beurtheilen wie nie zuvor, und wo man kürzen könne, müsse man die Kürzungen anwenden, um den Anleihebedarf zu vermindern. Größere Forderungen des Extraordinariums aus ordentlichen Mitteln za decken, sei richtiger als die Begründung eines Tilgungsfonds. Ein solcher habe keine Bedeutung, wenn man jährlich doch neue Ankeihen brauche. Wenn man aber auch das ganze Extraordinarium aus eordentlichen Mitteln decken wollte, so würde ein so großes Extraordi⸗ narium doch für die Volkswirthschaft unzuträgli sein. Plötzliche einmalige große Lieferungsausschreibungen für Heer Wund Marine würden plötzliche große Nachfrage nach Ar⸗ beitern, Steigen der Preise der Arbeit und der Materia⸗ lien, Vernachlaͤssigung des Absatzes nach dem Auslande wegen Ueberladung mit Arbeiten für die Behörden des Inlandes bedingen, und dann, wenn die großen Aufträge für Heer und Marine ausgeführt seien, wuͤrde der Rückschlag kommen, die Arbeiter würden entlassen werden, die Preise würden zurückgehen, die Kundschaft des Auslandes würde nicht so rasch wiedergewonnen werden, wie sie verloren sei. Wie falsch es gewesen sei 1888/89 einen so umfassenden Flottenbauplan so ploͤtzlich in Angriff zu nehmen, werde aus dem vorliegenden Etat klar. Vor zwei Jahren habe der jetzige Reichskanzler und damalige Chef der Marine noch gesagt, daß, um die Marine auf der Höhe ihrer Aufgabe zu erhalten. lährlich 8 Millionen für Schiffsbauten genügten, und im Etat für 1891/92 seien allein 45 Millionen für Schiffsbauten vorgesehen. Und 1 Materialien seien so gestiegen, daß die Schiffsbauten.
für Kasernen verlangt. früher. f ü für welche verlegt. jetzt leer ständen. Kasernenbauten allein für das preußische Kontingent.
sie bestimmt gewesen, wieder nach anderen Orten
In diesem Etat ständen insgesammt 90.
Die Uebungen mit der neuen Munition kosteten doppelt so viel mie mit dem früheren Pulbver. x 1 egenüber anderen militärischen Ausgaben skeptischer gewesen. Des⸗ alb müsse alles nicht absolut Nothwendige zurückgestellt werden, wie z. B. die Unteroffizierprämien, die auch durchaus nicht aus der Heeres⸗ offiziere nur um 4 % gestiegen. In diesem Sommer seien übrigens Im Reiche seien fünf, in Preußen zwölf Millionen bewilligt
ließen. zur Verbesserung der Gehälter der Unterbeamten; biese
worden
Das französische Vor⸗
in Baar ausgezahlten 1000 ℳ Prämie. kenne
bild, auf das man sich berufe, passe nicht, denn in Frankreich
beamte im Civildienst sich zurecht zu finden. Wende sich aber in Folge dieser Prämien ein Theil der Unteroffiziere dem bürgerlichen Erwerb zu, so würden die Civilbehörden in der Auswahl beschränkt sein. Man könne hier also keine Grundprinzipien ändern, ohne zugleich das gesammte Civilversorgungs⸗System ins Auge zu fassen. Es sei hier zugleich die Rede vom Ersatz von Offizieren durch ältere Unteroffiziere. Der Gedanke sei ihm sehr sympathisch, aber warum
gebe man diesem Gedanken nicht dieselbe für das Friedensheer, warum verbessere man nicht die Aussichten für diese Leute schon im Frieden, indem man eine Reihe von etatsmäßigen Second⸗Lieutenantsstellen in solche von Feldwebel⸗ Lieutenants verwandele? Man werde schließlich doch zu diesem System übergehen müssen. Gegen die neuen Pferdegelder für Offiziere könne man sich insoweit nicht ablehnend verhalten, als es sich um die Second⸗ und Premier⸗Lieutenants und die Hauptleute zweiter Klasse handle; andererseits aber müsse die Beschränkung der Rationen der höheren Offiziere viel weiter ausgedehnt werden. Nun wolle man aber auch für höhere Offiziere Pferdegelder bewilligt erhalten. Dadurch werde einfach eine Einkommensverbesserung dieser Offiziere bewirkt, während man bisher und noch beim Nachtrags⸗Etat uns gerade die untersten Offizierchargen als einer solchen am meisten bedürftig hin⸗ gestellt habe. Gegen 200 Hauptleute erster Klasse der Infanterie und Artillerie sollten Stabsoffiziere werden; es handle sich hier um den sogenannten dreizehnten Hauptmann. Dazu liege seines Er⸗ achtens keine Veranlassung vor; der Vorschlag bewirke ein⸗ fach eine Erhöhung der Dotation. In den letzten Jahren seien die Avancementsverhältnisse so außerordentliche gewesen, daß man in dieser Richtung nichts mehr zu thun brauche. Der Reichstag habe s. Z. diesen neuen Stellen ohne bestimmtes Kommando eines Truppentheils widerstrebt; schon damals seien sie für Stabsoffiziere gefordert worden; der Reichstag habe indeß im Wege des Kompromisses nur die dreizehnten Hauptleute bewilligt. Jetzt, wo ohnehin schon so erhöhte Anforderungen an den Reichstag gestellt würden, wolle man dies Kompromiß wieder rückgängig machen! Die Forderungen für erweiterte Kriegsschulen werde seine Partei nicht ablehnen, aber für Unteroffizier⸗Vorschulen und Kadetten könne sie grundsätzlich nicht stimmen, weil sie diese Art der abgeschlossenen Er⸗ ziehung, die eine Einseitigkeit der Lebensauffassung und einen Kasten⸗ geist erzeugen müsse, ür falsch halte, mit der Natur des deutschen Heeres als eines Volksheeres für nicht verträglich erachte. Er habe die Wahrnehmung gemacht, daß die Reisekosten überall anschwellten. Das seit 1848 unveränderte Reglement für die Vergütung der Eisenbahnreise⸗ kosten für Offiziere und Beamten der ersten fünf Rangklassen normire Sätze, welche über die wirklichen Kosten der Fahrt weit hinausgingen. (Hört! hört! links.) Es würden, abgesehen von den reichlichen Tagegeldern und von der Vergütung für Ab⸗ und Zugang 13 ₰ pro Kilometer gezahlt, während ein Schnellzugsbillet zweiter Klasse nur 6,65 ₰ pro Kilometer koste und der Preis bei Benutzung eines Retourbillets sich noch erheblich billiger stelle. Er habe sich amtlich konstatiren lassen, daß die Vergütung für eine Fahrt zweiter Klasse von Berlin nach Köln für einen Offizier oder einen Beamten der vierten Rangklasse hin und zurück 144 ℳ 50 ₰ betrage, während ein Retourbillet zweiter Klasse nur 60 ℳ koste, sodaß ein Ueberschuß von 85 ℳ über die Reisekosten hinaus sich ergebe. Des⸗ halb sei er der Sache näher getreten, und werde an der ge⸗ eigneten Stelle beantragen, die Vergütung auf die den Be⸗ treffenden wirklich erwachsenden Selbstkosten zurückzuführen. Man werde dabei ganz Beträchtliches ersparen, nicht bloß Hunderttausende, sondern in den verschiedenen Fonds für Reise⸗ kosten läppere es sich bis in die Millionen zusammen. Wenn man hier Beträchtliches erübrigte, würde er es um so mehr für angezeigt halten. die Verhältnisse der Diätarien etwas gründlicher als im Sommer in Angriff zu nehmen. Vielleicht sei es auch zu ermöglichen, aus beson⸗ deren Mitteln des Invalidenfonds für einzelne Unterklassen der Kriegs⸗ invaliden eine den Verhältnissen entsprechende Aufbesserung herbei⸗ zuführen. Jedenfalls stände dem Volke jede dieser Klassen näher als die neuen schwarzen Landsleute in West⸗ und Ost⸗Afrika zusammengenommen.
Mit denen sei nun einmal nicht viel anzufangen, und gleichwohl
würden auch in diesem Etat. formell im Extraordinartum, aber
faktisch sei die Ausgabe schon zu einer dauernden geworden,
3 ½˖ Millionen dafür gefordert. Alles Pulver und Blei, welches
dort verschossen sei, habe die neuen Bundesbrüder der
neuen Civilisation und Gesittung nicht genähert. Das beweise auch
das neueste Weißbuch. Nachdem mit Aufwand von Millionen im
Norden des Schutzgebiets der Herrschaft Buschtri’s ein Ende gemacht
sei, habe sich im Süden ein neuer Buschiri, ein noch mächtigerer
Häuptling Machembe, erhoben, gegen den schon im Oktober eine
Expedition vergeblich unternommen worden sei und gegen den eine
stärkere im November habe ausgerüstet werden müssen. Auch im
Norden sehe es nichts weniger als beruhigt aus. Es werde fortgesetzt
versichert, daß unter dem Druck der Erfolge Wissmann’8 die deutsche
Autorität gefestigt erscheine. Aber diese Versicherungen hätten auf
einer starken Selbsttäuschung der Herren beruht. Im November⸗
bericht heiße es ganz nebenbei, in Uganda wurde eine Karawane über⸗ fallen und vollständig niedergemetzelt. Es scheine danach, daß augen⸗ blicklich dort sehr verworrene und kriegerische Zustände herrschten. Auch bei Mpwapwa und Bagamoyo selbst seien Räudercien. Er⸗ pressungen und Frevelthaten aller Art an der Tages ordnung. Diese Zustände legten wiederholt die Ermwägung nahe, sich auf die Küsten⸗ stationen zu beschränken. Deutschland sei nicht veich genug.
Gebiet, größer als Deutschland, mit einem derartigen Natz von milt-
Hätte man das vorausgesehen, wäre man
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werde jetzt weit mehr ohne Rücksicht auf die Finanzen verfabren als Noch ehe die Kasernen fertig seien, würden die Truppentheile, 8
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Bewilligungen erfolgt, welche diese Prämien noch entbehrlicher erscheinen
Gehaltsverbesserungen seien zugleich Verbesserungen der Zukunft der Unteroffiziere, denn alle diese Stellen seien ja den Unteroffizieren in Folge des Civilversorgungs⸗Systems vorbehalten, und diese Erhöhung
falle für die Zukunft der Betreffenden schwerer ins Gewicht, als die
verstärkung folgten, denn durch diese sei das Kontingent der Unter⸗
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Man habe gar keine Uebersicht mehr, wie viele Kasernen uer Dazu kämen noch neue Dienstgebäude, Kommandanturgebäude, Kirchen. Das DPrdi- narium des Militär⸗Etats erfahre eine Erhöhung von 26 Millsonen,
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man kein Civilversorgungs⸗System. Je länger man die Unteröffiziere im Militärdienst behalte, was doch bezweckt werde, desto schwiekkiger werde es ihnen, in vorgerückten Jahren als Unter⸗ und Subaftern⸗
Konsequenz
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