1890 / 299 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Dec 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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ggemeine Norm er wirklichen Vertbeilung des Unterrichts ist auf die Frequenz der betreffenden Klassen und die mit Fach und Klasse verbundenen rarbeit gebührend und mehr als bisher Rücksicht zu neh 9 8

Dr. Kropatscheck: LE11¹ 8 1) Die Maximalfrequenz se ünteren Klassen ist auf vierzig

Schüler herabzusetzen. Für die mittleren und oberen Klassen kann die bisherige Maximalzahl vbeac Fen dreißig Schüler unter Aufhebung der Cirkularverfügung vom 28. Februar 1867

bestehen bleiben. 8 8 ““ 2) Eine normale Anstalt muß neun Klassen mit je einjährigem

8 fassen. 1 1 e von 400 Schülern (ohne die etwaigen Vorschul⸗

klassen) sollte keine unter einem Dirigenten stehende Anstalt über⸗ beA durchgängige unterrichtliche Trennung der Jahreskurse der Tertia ist sowohl bei gymnasialen wie realen Anstalten noth⸗ u. für die gge. ist heute die durchgängige Theilung ent⸗

as Normale. G 8

8 —— allgemein gültige Normalzahl der Pflichtstunden läßt

sich im Hinblick auf die Verschiedenheit der Verhältnisse nicht fest·

stellen. Doch dürfen bei mäßig besuchten Anstalten für den Direktor

nicht mehr als 12. für die Lehrer nicht mehr als 22 wöchentliche

Lehrstunden angesetzt werden. Bei größeren Anstalten ist unter

diese Maximalzahlen möglichst herunter zu gehen.

In der Diskussion sprachen Direktor Dr. Frick, Gym⸗ nasial⸗Direktor Dr. Hartwig, Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar, Geheimer Ober⸗Schulrath Dr. Schiller, Geheimer Regierungs Rath Dr. Kruse und Gymnasial Direktor Dr.

Paehler. u“

8 Die Abstimmung über die Frage hatte folgendes Er⸗

gebniß: Die große Mehrheit der Versammlung stimmte, ent⸗

sprechend dem Vorschlage des Dr. Kropatscheck, dafür, daß die

Maximalfrequenz auch für die unteren Klassen auf vierzig

Schüler herabgesetzt werde. Auch dessen Antrag, die Maximal⸗

zahl der Schüler für die Gesammtanstalt auf vierhundert fest⸗

zusetzen, fand die Mehrheit der Stimmen. Parallel⸗Cöten sind nach Ansicht der Versammlung in den oberen Klassen möglichst zu vermeiden. Die Trennung der Jahres⸗ kurse in Tertia und Sekunda wurde der Regel nach für wünschenswerth erachtet. Die Zahl der Pflichtstunden für die

Lehrer (ordentliche Lehrer wie Oberlehrer) soll nach Ansicht

der Mehrheit die Höhe von 22 Stunden vöchentlich nicht

berschreiten dürfen.

Schluß der Sitzung gegen 4 ½ Uhr Nachmittags.

In der heute unter dem Vorsitz des Ministers von Goßler stattfindenden, um 10 ¼ Uhr eröffneten Sitzung stand die Frage zur Berathung: b

Inwieweit ist es auch bei Verminderung der Gesammtzahl der Schulstunden möglich, durch intensiven methodischen Unterricht die

1 in die Schule zu verlegen, namentlich in den unteren

Klassen?

und als im Zusammenhang hiermit stehend die Frage Sr.

Majestät des Kaisers und Königs:

Ist der Ueberbürdung für die Zukunft vorgebeugt? Geheimer Ober⸗Schulrath Dr. Schiller aus Gießen als Berichterstatter erörterte folgende Thesen:

8 1) Die Schularbeit hat ihre Stelle, wo die Anregung und

Leitung des Lehrers zum Kennen und Können erforderlich ist. Die

Hausarbeit soll den Schulunterricht nur ergänzen und seinen Erfolg

sichern, jedoch stets in der Richtung, daß durch die Hausaufgaben die Erziehung des Schülers zur Selbsttnätigkeit gefördert wird.

2) Aus Rücksichten der Gesundheitspflege ist die Hausarbeit

bis IV einschließlich möglichst, und je mehr nach unten, desto stärker

zu beschränken.

3) Auf allen Stufen ist zum Zwecke der Bekämpfung der

Schulmyopie die häusliche Schreibarbeit erheblich zu beschränken. Die

häuslichen fremdsprachlichen schriftlichen Uebungen (Exercitien und

Aufsätze) sind entbehrlich, und die deutschen Auffätze können mit Vor⸗

theil theilweise durch kleine, freie Schularbeiten ersetzt werden.

8 4) Die Hausarbeit im sprachlichen Unterricht wird nur dann

wirksam beschränkt werden können, wenn der Lesestoff in Wirklich⸗

keit wieder der Mittelpunkt des Unterrichts wird. Für die Ge⸗ schichte ist die Gedächtnißarbeit durch Verminderung des Lernstoffes insbesondere in der alten und mittleren Geschichte herabzusetzen; in der Geographie ist das Kartenlesen und Zeichnen zum Mittelpunkt des Unterrichts zu machen; in der Naturbeschreibung sollte das Lernen aus Büchern untersagt werden.

5) Methodistisch ist a. extensiv der Lehrstoff überall auf die Elemente zu beschränken und dadurch zu vereinfachen; b. intensiv unter den einzelnen Lehrgegenständen ein organischer, innerer Zu⸗ sammenhang herzustellen und dadurch der Unterricht einheitlich zu estalten. gef 6) Beides wird durch die allmähliche Umbildung des Fach⸗ lehrerwesens in das Klassenlehrersystem gefördert werden. Damit muß sich eine zweckmäßige pädagogische Vorbildung der Lehrer verbinden.

Redner legte dar, daß nach den besonderen Einrichtungen

mnasiums eine Ueberbürdung der Schüler an demselben nicht bestehe und auch für die Zukunft als ausge⸗ schlossen gelten könne.

Als Mitberichterstatter erhielten Geheimer Sanitäts⸗Rath

Dr. Graf (Elberfeld) und Dr. Göring das Wort:

Der Erstgenannte befürwortete nachstehende Thesen:

1) Beschränkte Schülerzahl der Klasse.

2) Beschränkte Schülerzahl der ganzen Anstalt.

3) Der Klassenunterricht muß in den Händen weniger Lehrer liegen („nicht Fachlehrer sondern Klassenlehrer“)

4) Bei der intensiven Thätigkeit, welche von dem Lehrer zu fordern ist, bleibt nothwendige Vorbedingung: mäßige Zahl der Unterrichtsstunden, befriedigende Regelung der äußeren Verhältnisse.

5) Wo dies möglich, sollen die Vormittagsstunden dem eigent⸗ lichen Unterricht, die Nachmittage den Turn⸗ und Exerzierübungen, den Spielen, dem Eislauf ꝛc. gewidmet sein.

6) Die Pausen zwischen den Unterrichtsstunden sollen nur dem freien Umhertummeln, Spielen, Laufen ꝛc. dienen.

7) Mit Ausnahme der Kranken und Krüppel ist der Turn⸗ unterricht und der Exerzierunterricht bei jedem Schüler obligatorisch.

8) Den Verhältnissen des Schullokals ist eine erhöhte Auf⸗ merksamkeit zu schenken.

9) Zur Sicherung von 7 und 8 ist an allen höheren Anstalten ein Schularzt anzustellen.

Im Anschluß hieran machten Ober⸗Stabsarzt Dr. Werner

Cn Kommissar des ⸗Ministeriums) und Geheimer

Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Wehrenpfennig (als Kommissar des

Kultus⸗Ministeriums) Mittheilungen über die Zahl der

körperlich Untauglichen unter den zur Aushebung als Ein⸗

jährig⸗Freiwillige gelangenden jungen Leuten.

Im Uebrigen wurde die Diskussion über die zur Er⸗

örterung stehende Frage Behufs Verbindung mit der Dis⸗

kussion über die weitere Frage vorbehalten:

Was hat zur weiteren Hebung des gegenwärtig meist in zwei Wochenstunden und vielfach an große Abtheilungen ertheilten Turn⸗ unterrichts zu geschehen, und welche sonstigen Einrichtungen zur körperlichen Ausbildung der Jugend sind zu pflegen? ,

Im Zusammenhang mit dieser Frage hat zugleich die von Allerhöchster Seite gestellte Frage Beantwortung zu finden:

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Was soll außer dem rationell zu verwendenden Turnen für die Schulhygiene geschehen? Als Berichterstatter zu diesen Fragen sprach Gymnastal⸗

Dirsktor Dr. Eitner, welcher eine Verdoppelung der für

körperliche Uebungen festgesetzten Stundenzahl befürwortete und neben dem Turnen namentlich die Pflege der Jugend⸗ spiele sowie auch anderer Leibesübungen empfahl.

Beim Schluß des Berichts nahm Dr. Güßfeldt als Mit⸗ berichterstatter Wort.

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hat die zweite diesjährige Situng des Landes⸗Eisenbahnraths hierselbst stattgefunden. Den Hauptgegenstand der Verhandlungen bildete eine größere An⸗ zahl der von der ständigen Tarifkommission vorberathenen, für die Beschlußnahme der am 12. d. M. (heute) zu⸗ sammentretenden Generalkonferenz deutscher Eisenbahnen vorbereiteten Anträge zu den allgemeinen Tarif⸗ vorschriften und der Güterklassifikation des allgemeinen deutschen Gütertariss. In der überwiegenden Mehr⸗ zahl der Fälle trat der Landes⸗Eisenbahnrath den Be⸗ schlüssen der Tarifkommission und des Ausschusses der Ver⸗ kehrsinteressenten bei, so u. A. neuen Vorschlägen über die Berechnung der Fracht für lebende Thiere in Wagen⸗ ladungen, über die Tarifirung von feuchter Stärke, deren Versetzung in Spezialtarif III. nicht befürwortet wurde. Ueber einen Antrag der ständigen Tarifkommission, von Aufnahme der sämmtlichen Futterstoffe des Spezialtarifs II in den Spezialtarif III abzusehen, entspann sich eine längere Ver⸗ handlung, in deren Verfolg der Landes⸗Eisenbahnrath die Auf⸗ klärung noch einiger Punkte für erforderlich hielt und daher um Zurückverweisung der Angelegenheit in die ständige Tarif⸗ kommission ersuchte. Ein von mehreren Mitgliedern des Landes⸗Eisenbahnraths gestellter Antrag, betreffend Aus⸗ dehnung des von der Staats⸗Eisenbahnverwaltung am 1. Januar d. J. für verschiedene landwirthschaftliche Roh⸗ und eingeführten Rohproduktentarifs auf Artikel der Montan⸗Industrie wurde in folgender, vom Aus⸗ schuß des Landes⸗Eisenbahnraths vorgeschlagenen Fassung einstimmig angenommen: „Der Landes⸗Eisenbahnrath ist der Ansicht, daß der demnächstigen Einführung allgemeiner Aus⸗ nahmetarife für Steinkohlen, Braunkohlen, Koks, Brennholz, Torf, Erze aller Art und Kalksteine diejenigen wirt hschaftlichen Bedenken nicht mehr entgegenstehen, welche in der Vorlage vom 17. September 1889 geltend gemacht sind, und sieht nach Abschluß der eingeleiteten Ermittelungen der weiteren Mittheilung Seitens der Staats⸗Eisenbahnverwaltung entgegen.“ Bei Berathung dieses Antrags nahm ein Mitglied des Landes⸗Eisenbahnraths aus Rheinland⸗Westfalen Gelegenheit, den rheinisch⸗westfälischen Eisenbahnverwaltungen unter lebhafter Zustimmung aus der Versammlung die volle, uneingeschränkte Anerkennung auszu⸗ sprechen für die Umsicht und Energie, mit welcher die Be⸗ seitigung der durch die plötzlichen Hochfluthen der Ruhr, Wupper, Sieg und ihrer Nebenflüsse herbeigeführten ganz außerordentlichen Verkehrsstörungen in die Hand genommen und von allen betheiligten Behörden Beamt fördert sei.

Der japanische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Marquis Saxonzi, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der sandtschaft wieder üb nommen.

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Posen, 11. Dezember. Bei der heutigen Stadtverord⸗ neten⸗Stichwahl siegte, wie „W. T. B.“ meldet, in der dritten Abtheilung die Kartellpartei mit großer Mehrheit über die Polen.

Merseburg, 12. Dezember. Der sächsische Provinzial⸗ Landtag hat nach der „Magd. Ztg.“ gestern den ihm von der Staatsregierung zur Begutachtung vorgelegten für andere Landestheile vorbildlich gedachten Entwurf einer Wege⸗ ordnung angenommen. Ferner bewilligte der Landtag außer Mitteln für den Meliorations⸗ und den Wegebaufonds auch 50 000 zur Unterstützung der Ueberschwemmungsgebiete. Der Vorsitzende Fürst zu Stolberg⸗Wernigerode gab sodann am Schluß der Sitzung die übliche Geschäfts⸗ übersicht und dankte seinem Stellvertreter und den Schrift⸗ führern für ihre Hülfe und dem ganzen Landtage für sein liebenswürdiges Entgegenkommen. Der Landtagskommissarius, Ober⸗Präsident von Pommer⸗Esche sprach dem Landtage den Dank der Regierung für die schnelle und sachliche Erledigung der Geschäfte aus, versicherte, daß die gutachtliche Aeußerung des Hauses über die Wege⸗ ordnung, die in der Kenntniß von den Bedürf⸗ nissen des praktischen Lebens wurzele, an maßgebender Stelle mit den vom Hause geäußerten Wünschen eine gebührende Be⸗ rücksichtigung finden würde, gab seiner Genugthuung darüber Ausdruck, daß der Landtag durch seinen Beschluß über das Verbleiben in Merseburg und den Neubau eines Ge⸗ schäftshauses das Inkrafttreten des großen sozialen Werks der Alters⸗ und Invaliditätsversicherung kräftig ge⸗ fördert habe, dankte für die vom Landtage beschlossene Be⸗ thätigung des Mitgefühls für die vom Hochwasser bedrängten Einwohner der Provinz und erklärte alsdann im Allerhöchsten Auftrage den zwölften Landtag der Provinz Sachsen für ge⸗ schlossen. Der Fürst zu Stolberg⸗Werni gerode brachte ein begeistert aufgenommenes dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, worauf die Sitzung geschlossen wurde.

Düsseldorf, 12. Dezember. Der Rheinische Pro⸗ vinzial⸗Landtag beschlo laut Meldung des „W. T. B.“ in seiner heutigen Sitzung, Sr. Majestät dem Kaiser und König die Entscheidung darüber anheimzustellen, wo das Kaiser Wilhelm⸗Denkmal der Rheinprovinz zu errichten sei.

Mecklenburg⸗Schwerin.

z Schwerin, 11. Dezember. Der Landtag hat in seinen letzten Sitzungen beschlossen, bei der Regierung eine Ab⸗ änderung der Verordnung, betreffend den Bau von Neben⸗ Chausseen, dahin zu erbitten, daß auch Theilstrecken von mindestens 1000 m Länge bei kunstmäßigem Ausbau aus Landesmitteln subventionirt werden. Dier Vorlage, betreffend den Bau einer Irrenanstalt zu Gehlstorf bei Rostock, ist abgelehnt worden. Für den Neubau der Thorbrücke zu Dömitz sind 24 000 bewilligt. Der Verordnungs⸗

entwurf, betreffend die Unfallversicherung der Feuerwehrleute

in den Landstädten, ist mit geringen Aenderungen angenommen. In der heutigen Sitzung haben die Stände aus der Landes⸗ Rezeptur⸗Kasse je 2000 zur Verfügung gestellt, um in der chirurgischen, der medizinischen Klinik zu Rostock und im Stifte Bethlehem zu Ludwigslust unbemittelte Kranke nach Koch'schem Verfahren zu behandeln.

Der den Ständen zur Berathung vorliegende Etat der Allgemeinen Landes⸗Rezeptur⸗Kasse pro 1. Juli 1891/92 schließt ab in Einnahme mit 10 795 103 ℳ, in Aus⸗ 888 * 10 675 171 ℳ, sodaß ein Ueberschuß von 119 932 verbleibt.

Die Einnahme besteht aus nachstehenden Ansätzen: Landessteuern und zwar ½¼ der ediktmäßigen Kontribution, Wanderscheinsteuer, Rückstände, Papierstempelsteuer und Colla⸗ teral⸗Erbsteuer zusammen 1 693 000 ℳ, Reichssteuern und zwar Ueberschüsse aus den Zöllen und der Tabacksteuer, Reichs⸗ stempelabgabe für Wertrhpapiere ꝛc., Branntwein⸗Verbrauchs⸗ abgabe ꝛc. nach Abzug der Matrikularbeiträge von 3 850 172 217 288 ℳ, landesherrliche Zuschüsse 791 500 ℳ, Gesammt⸗ einnahme der Eisenbahnverwaltung pro 1. April 1891/92 6 838 000 ℳ, Zinsen 160 000 ℳ, Rückerstattungen aus dem bE““ Rechnungsjahre 1 094 550 ℳ, Verschiedenes

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Die Ausgabe setzt sich folgendermaßen zusammen: Ver⸗ waltungskosten der Allgemeinen Landes Rezeptur⸗Direktion und Kasse 52 200 ℳ, feststehende Zahlungen an die landesherrliche Kasse, die Seestädte Rostock und Wismar, den Landkasten (die ausschließlich ständische Kasse) 629 709 ℳ, Jahresrate auf die Scheldezoll⸗Ablösung 23 150 ℳ, weiter an den Land⸗ kasten 350 000 und für Rückzahlungen auf Steuern 6000 ℳ, zur Verzinsung und Amortisation der Landesschulden 706 541 ℳ, wobei jedoch die Veränderungen, welche diese Summe schon jetzt durch einzelne sländische Beschlüsse erfahren hat, nicht berücksichtigt worden sind, Polizeiverwaltung 200 517 ℳ, Handel, Gewerbe vund Industrie 47 045 ℳ, Landwirthschaft 33 950 ℳ, Militär⸗Ersatzwesen, Standesämter, Landesvermessung 41 488 ℳ, Verkehrswege 7 772 000 ℳ, einschließlich 6 838 000 für die Großherzoglichen Eisenbahnen, Zuschuß zu den landesherrlichen Kosten der Justizverwaltung 773 211 ℳ, Medizinalverwaltung 50 700 ℳ, Verwaltung für 1“ und Unterrichts⸗Ange⸗ legenheiten 36 160 ℳ, für das Rettungshaus Gehlstorf 4500

In der Polizeiverwaltung trägt die Landes⸗Rezeptur⸗Kasse die Kosten des Landarbeitshauses zu Güstrow, in welchem die auf Grund des §. 362 des Strafgesetzbuchs erkannte Nachhaft und längere Haftstrafen vollstreckt werden, und dessen Kasse die Kosten des Landarmenwesens trägt, sowie einen Beitrag zur Unterhaltung der Gendarmerie.

In Bezug auf Handel, Gewerbe und Industrie leistet sie u. A. Zuschüsse zu den Kosten der städtischen Gewerbe⸗ schulen und zu den Kosten der Großherzoglichen Gewerbe⸗ kommission. ,

Die Landwirthschaft wird aus der Landes⸗Rezeptur⸗Kasse unterstützt durch eine Beihülfe von 18 000 zur Hebung der Pferdezucht sowie weitere Beihülfen an die landwirthschaftliche Versuchsstation, den Rennverein zu Wittenburg, an den Mecklenburgischen Fischereiverein und für die Prüfungs⸗ kommission für Hufschmiede.

Die Zahlung für das Rekrutirungswesen beträgt 41 000 Für die Erweiterung der trigonometrischen Netz⸗ punkte der Landesvermessung sind 7000 etatisirt.

Die Hauptausgaben der Kasse beziehen sich auf Verkehrs⸗ wege. Zur Unterhaltung der 1579 km Chausseen, welche in landesherrlicher Verwaltung stehen, sind 692 090 aus⸗ geworfen, und leistet die Kasse daneben einen Zuschuß von 2400 zu der Pensions⸗ und Wittwenkasse der Chaussee⸗ wärter. Die Unterhaltung der Wasserwerke an der Elde, Stör und Havel erfordert zum Schwerinschen Antheil 66 243

Für die Großherzoglichen Friedrich⸗Franz⸗Eisenbahnen ist ein besonderer Etat vorgelegt und sind hier nur die in Ein⸗ nahme gestellten 6 838 000 wieder in Ausgabe gebracht. Nach den Vereinbarungen zwischen Regierung und Ständen soll die Eisenbahnverwaltung thunlichst keinerlei Einwirkung auf die Einnahmen und Ausgaben der Landes⸗Rezeptur⸗ Kasse haben. 1

Für die im Bau begriffene Chaussee von Grevesmühlen zur Wismar-Klütz'er Chaussee ist die Landeshülfe mit 95 247 und zur Erneuerung der Thorbrücke bei Dömitz die Summe von 24 000 in Ansatz gebracht.

Die Medizinalverwaltung erfordert einen Aufwand von 50 700 ℳ, wie oben erwähnt, darin sind enthalten Zahlungen für die Hebammen⸗Lehranstalt, die Idioten⸗Anstalt, das Impf⸗ wesen, das Hebammenwesen ꝛc. An Unterrichtsanstalten, die aus der Kasse subventionirt werden, sind zu nennen das Taubstummen⸗Institut und das Blinden⸗Jastitut mit 13 000 bezw. 22 000 Die nach Obigem aus dieser Kasse zu verzinsenden An⸗ leihen betragen Ende Juni bezw. Anfang August 1891: a. Salomon Heine'sche Anleihe von 1843 noch 2 981 250 ℳ, b. Chausseebauschulden 297 018 ℳ, c. Eisenbahnbauschulden 5 290 956 ℳ, d. garantirte Anleihe der aufgelösten Elde⸗ Schiffbarmachungs⸗Sozietät 394 100 ℳ, e. Anleihe für die Flußbaukasse 348 000 ℳ, f. Anleihe für die Elbüberschwemmten von 1888 300 000 ℳ, g. Anleihe für Erweiterung des Rostocker Stadt⸗Krankenhauses 120 000 ℳ, h. An⸗ leihe zum Bau eines Ständehauses 640 000 ℳ, Summa 10 371 324 Dazu kommen die zum Ankauf der Privatbahnen ausgefertigten Konsols zum Nominalwerthe von 38 500 000 ℳ, sodaß die Totalsumme 48 871 324 beträgt, wobei die als erste Zahlung für den Bau einer Irrenanstalt zu Gehlstorf etatisirten 450 000 wegen der inzwischen er⸗ folgten Ablehnung dieser Proposition Seitens der Stände außer Ansatz gelassen sind. 8

Bei den sub e, f, g, h ausgeführten Anleihen ist der

bis zum Ende Juni 1891 amortisirte Betrag nicht in Abzug

83 Elsaß⸗Lothringen.

Metz, 11. Dezember. hinsichtlich der diesjährigen Kavallerie⸗Manöver und Herbst⸗ übungen bekannt, nach Mittheilungen des kommandirenden Generals Grafen von Häseler seien die Truppen überall gut aufgenommen worden, insbesondere da, wo die

Einquartierungsanlage erst unmittelbar vor Eintreffen der

Truppen möglich gewesen sei.

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Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 12. Dezember. Der Budgetausschuß willigte das Budget⸗Provisorium. 1

Der Bezirks⸗Präsident macht

der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses hena der Fikanz⸗Minister dem „W. T. B.“ zufolge auf eine Interpellation, Betreffs der Regelung der Valuta, sein edauern darüber aus, daß er bestimmte Mittheilungen noch nicht machen könne, da einige Fragen noch zu erledigen seien. Eine bezügliche Enquste stehe in Aussicht. In Betreff einer Resorm der direkten Steuern erklärte der Finanz⸗Minister, die hierauf bezüglichen Gesetzentwürfe würden voraussichtlich bei dem Wiederzusammentritt des Reichsraths vorgelegt werden. In der heutigen Sitzung wurde Seitens der Regie⸗ rung ein Gesetzentwurf vorgelegt, in welchem die Ermächtigung nachgesucht wird, die Meistbegünstigungderbulgarischen Waaren über den 31. d. M. fortdauern zu lassen und ferner das gegenwärtige handelspolitische Provisorium mit der Türkei noch auf ein Jahr zu verlängern. In den Motiven wird hervorgehoben, daß der Zeitpunkt des Aöschlusses der mit der Türkei schwebenden Verhandlungen sich schwer im Voraus bestimmen lasse. 1 1

Die gestrige Fortsetzung der Debatte im ungarischen Unterhause Betreffs der Ungarischen Waffenfabrik war stellenweise sehr erregt. Die längeren Ausführungen des Landesvertheidigungs⸗Ministers Fejervary, in denen derselbe die Beschuldigungen der Opposition punktweise widerlegte, wurden von der Rechten mit lebhaftem Beifall, von der Opposition mit häufigen Zwischenrufen begleitet. Hierauf wurde die Debatte auf heute vertagt.

Die Führer der altruthenischen Partei erschienen, wie der „Allg. Ztg.“ mitgetheilt wird, bei dem Lemberger Erzbischof, um gegen den zwischen Polen und Jungruthenen abgeschlossenen Vergleich Verwahrung einzulegen. Auf die Einwendung des Erzbischofs, daß die Ruthenen künftig zehn Reichsrathsmandate erhalten würden, erwiderten die Alt⸗ ruthenen, „ein unabhängiger Ruthene vertrete die Rechte seines Volkes besser als zehn von der Gnade der Polen

te Abgeordnete.“

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broßbritannien und Irland.

Parnell ist am Donnerstag Mittag von Dublin nach Cork weitergereist. An mehreren Orten hielt er während der Unterbrechung der Fahrt Ansprachen, wobei es verschiedene Male zu tumultuarischen Scenen kam. In Mallow griff die Volksmenge den Wagen Parnell's mit Stöcken und Schirmen an, doch gelang es Parnell, die Fahrt fortzusetzen. Bei seiner Ankunft in Cork wurde Parnell mit enthu⸗ siastiscchen Kundgebungen empfangen und hielt Abends in einer äußerst zahlreich besuchten Versammlung eine Rede, in der er wiederholt versicherte, daß er entschlossen sei, seine Stellung als Führer der irischen Partei beizubehalten.

In Betreff der gewaltsamen Besitznahme der Bureaus des Blattes „United Ireland“ durch Anti⸗Parnelliten scheint sich, wie „W. T. B.“ meldet, trotz dem aus Dublin inzwischen erfolgten Dementi (s. die gestern nach Schluß d. Bl. eingegangene Londoner Depesche) nachstehende Version zu bestätigen. Bodkin, der von Parnell vertriebene Redacteur der Zeitung, drang in der Nacht zum Donnerstag plötzlich mit zwanzig Mann in die Bureaus ein und ergriff davon Besitz. Donnerstag Mittag forderten Anhänger Parnell's unter Zu⸗ ziehung eines Gerichtsvollziehers Bodkin auf, die Bureaux zu und Bodkin that dies, ohne Widerstand zu leisten.

illiam O'Brien hat es für nöthig befunden, seinem an Parnell von New⸗York aus geschickten versöhnlichen Telegramm ein weiteres folgen zu lassen, in welchem er meint, Parnell's Antwort lasse wenig Hoffnung übrig, daß die Einig⸗ keit der Partei wieder hergestellt werde. Dennoch wünsche er aus Rücksicht auf die furchtbaren Folgen einer längeren Parteifehde für Irland eine Besprechung. Nach dem Telegramm zu schließen, will O'Brien, unbekümmert um die Fosgen, nach seiner Ankunft in Havre direkt nach Irland reisen.

Die in Amerika weilenden irischen Deputirten, mit Ausnahme von Harrington, haben ein Manifest erlassen, in welchem sie das neulich erwähnte, von anderen Depu⸗ veröffentlichte Manifest vollständig zu dem ihrigen machen. 1““ 1b

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Frankreich.

Paris, 12. Dezember. Der luxemburgische Minister⸗ Präsident Dr. Eyschen ist, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Abend hier eingetroffen und wird heute Nachmittag als außer⸗ ordentlicher Abgesandter des Großherzogs von Luxemburg dessen Thronbesteigung in feierlicher Audienz dem Präsidenten Carnot notifiziren.

Der Minister⸗Präsident de Freyeinet ist zum Mitgliede der Akademie S worden. Dem „Echo de Paris“ zu⸗ folge hat der Kriegs⸗Minister angeordnet, den Bau der Befestigungswerke des verschanzten Lagers von Toul zu beschleunigen. Die betreffenden Arbeiten sollen bis zum Frühjahr beendigt sein.

Die Zollkommission nahm gestern die Vorschläge der

Regierung Betreffs der Zölle auf Eisenbarren, Weißblech und Schwarzblech sowie diejenigen auf Edelmetallwaaren gemäß dem Minimaltarif an. Im Maximaltarif wurde der Zoll von 600 auf 1000 Fr. erhöht. Für falsche Bijouteriewaaren mnrde im Maximaltarif der Zoll auf 250 und 200 Fr. rhöht. Das Mittelmeer⸗Geschwader verläßt Toulon, um in offener See Schießübungen und Manöverbewegungen vor⸗ zunehmen; dasselbe fährt sodann dem russischen Ge⸗ schwader entgegen, welches gegen den 20. d. M. nach Villafranca kommt. Dasselbe wird, wie es heißt, eingeladen werden, nach Toulon zu kommen.

Den Blättern ist ein offiziöses Communiqus zu⸗ gegangen, wonach die SGööö bezüglich der Einfuhr⸗ zölle in den Congo⸗Staat eine günstige Wendung ge⸗ nommen hätten. Frankreich, welches bisher die Annahme eines gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dem Congo⸗Staate ablehnte und vorbehaltlich einer Verständi ung mit dem Congo⸗Staate und Portugal seinen eigenen Tarif innerhalb der mit zehn Prozent von der Brüsseler Konferenz fixirten Grenze aufrecht erhielt, ist nunmehr den Anschauungen des Congo⸗Staates und Englands beigetreten. Der Congo⸗Staat wird su einer Revision der Patentsteuer und der Ausfuhr⸗ ölle schreiten. Da die holländische Regierung sich den

rüsseler Vereinbarungen angeschlossen habe, sei Frankreich ebenfalls der Konferenz⸗Akte beigetreten.

Wie die „France“ meldet, wird eine Expeditions⸗ kolonne vom oberen Senegal demnächst unter dem Oberst Archinard gegen den König von Segu marschiren. Archinard beabsichtigt nach der Einnahme von Nioro, wo

Asmadu sich besindet, bis Timbuktu vorzurücken.

Rußland und Polen. Sx

Dem Reichsrath ist ein Gesetzentwurf, betreffend Einführung einer staatlichen Saaten⸗ und Viehversicherung, ugegangen. Wie die „Nowoje Wremija“ vernimmt, wird sich der

eichsrath ferner demnächst mit Maßnahmen beschäftigen, welche gegen die in Südwest⸗Rußland um sich greifende Be⸗ wegung der von der orthodoxen Kirche abgefallenen Sekte der Stundisten geplant find.

Aus der Zahl der von den Ritterschaften und Konsistorien zu Mitgliedern des evangelisch⸗lutherischen General⸗ Konsistoriums für das Triennium 1890 —1893 vor⸗ geschlagenen Kandidaten sind, wie die „St. Pet. Ztg.“ erfährt, Allerhöchst bestätigt worden: Graf Sievers und der Wirkliche Staatsrath von Schwanebach als weltliche, Ober⸗Konsistorial⸗ Rath Pastor Freifeldt und Konsistorial⸗Assessor Pastor von Everth als geistliche Mitglieder genannter geistlichen Behörde.

Eine am 11. d. M. in Helsingfors veröffentlichte Ver⸗ ordnung bestimmt dem „W. T. B.“ zufolge die Verabfolgung von Staatsstipendien an Beamte des Großfürstenthums Finland, welche in das Innere des Reichs entsendet werden, um sich in der russischen Sprache zu vervollkommnen. Die betreffenden Beamten erhalten für einen neunmonatlichen Auf⸗

ür einen einjährigen 3000

Italien.

rinz zu Schaumburg⸗Lippe ist mit seiner

Gemahlin dem „W. T. B.“ zufolge in voriger Nacht aus Florenz in Rom eingetroffen.

„Der „Köln. Ztg.“ wird aus Rom telegraphirt: „Die Ministerkrisis hat mit einem glänzenden Siege für Crispi geendet. An der Abendversammlung der ministeriellen Mehrheit des Parlaments nahmen 280 Deputirte Theil, darunter Rudini und Luzzati. Crispi bestätigte die schon gemeldete Nachricht, daß Giolitti wegen nicht erfolgten Nachlasses von drei Millionen im Etat der öffentlichen Arbeiten seine Ent⸗ lassung nachgesucht und erhalten habe. Crispi wiederholte und Grimaldi bestätigte, daß der Personalwechsel keinerlei Aenderung des Programms bedeute. Der Sieg des Minister⸗ Präsidenten wird vervollständigt durch das geschlossene Auf⸗ treten der Piemontesen, für welche Villa das völlige Vertrauen zu Crispi ausdrückte.“ Der neue Finanz⸗ Minister ist inzwischen schon mit der Prüfung des Budgets eifrig beschäftigt und wird seinen Be⸗ richt der Kammer noch vor Weihnachten unterbreiten. Wie verlautet, schließt die Aufstellung für 1891/92 mit einem Fehlbetrage von 16 Millionen, wobei jedoch sämmtliche Forde⸗ rungen des Bauten⸗Ministers voll berücksichtigt sind. Der Abschluß für 1889/90 und der Voranschlag für 1890/91, welcher einen Fehlbetrag von 25 Millionen aufweist, sollen der Kammer schon heute zugehen. Das Ministerium hofft, diesen Fehlbetrag im nächsten Rechnungsjahre auf 7 Millionen zu vermindern.

Die Deputirtenkammer wählte mit 364 von 410 Stimmen Biancheri wieder zum Präsidenten und die Abgeordneten Bacelli, Villa, Rudini und Tenani zu Vize⸗ Präsidenten. v“

8 Portugal

Wie die Lissaboner Zeitungen berichten, hat der Kriegs⸗ Minister mittels Cirkulars an Sergeanten und gemeine Soldaten, welche geneigt sind, in Afrika Dienst zu thun, eine Aufforderung ergehen lassen, sich zu meldden.

Schweiz.

Wie bereits telegraphisch mitgetheilt, hat das eidgenössische Finanz⸗Departement dem Bundesrath den Entwurf zu einer öu des Art. 39 der Bundesverfassung nebst Bot⸗ schaftsentwurf vorgelegt. Das Departement schlägt eine Revision dieses Verfassungsartikels in dem Sinne vor, daß das Banknotenmonopol mit einer Bundesbank oder einer Aktienbank eingeführt und der Bundesversammlung in dieser Richtung vollständig freie Hand gelassen werde. Es wird bereits auch eine sachbezügliche Redaktion des neuen Artikels dem Bundesrath unterbreitet. Die Vorlage wird vom Bundes⸗ rath in einer der nächsten Sitzungen behandelt, jedoch erst in der Frühjahrssession von den eidgenössischen Räthen in Be⸗ rathung gezogen werden können.

Das Programm für die nächstjährige Bundes⸗Jubel⸗ feier ist nunmehr festgesetzt. Der 1. und 2. August sind als Festtage in Aussicht genommen. Festort ist Schwyz. Am ersten Festtaze findet Vormittags Gottesdienst, offizielle atriotische Feier, Festspiel und Bankett statt. Für den zweiten

esttag sind in Aussicht genommen: Wiederholung des Fest⸗ piels, Bankett, Rütlifahrt und Feier in der Bundesschlucht. n beiden Abenden sollen der Vierwaldstädter See und die Berge beleuchtet werden.

Luxemburg.

Ein sechsgliedriger Kammer⸗Ausschuß überreichte am 9. d. M. dem Großherzog die votirte Adresse der Kammer. Der Großherzog antwortete darauf, der „Frkf. Ztg.“ zufolge: Er sei glücklich, nochmals konstatiren zu können, daß er sich im Einverständniß mit dem Lande und dessen Vertretern be⸗ nde. Er äußere seinen Dank darüber, daß die Kammer ihre Wünsche auch auf die Großherzogin und den Erbgroßherzog ausgedehnt habe. Seine Familie habe immer seine Freude und seinen Trost gebildet. Fortan sei dieselbe vergrößert. „Gestern schwur ich,“ fuhr der fort, „wie ein guter Fürst zu regieren; man hätte sagen können: wie ein guter Familienvater; denn in dem Sinne verstehe ich meinen Eid.“ Die Ausschußmitglieder wurden darauf zum Diner ge⸗ laden, dem auch die Regierungsmitglieder beiwohnten. Belgien. b Die Deputation des Kurmärkischen Dragoner⸗ Regiments Nr. 14 aus Colmar i. E., dessen Chef König Leopold II. ist, wurde gestern Nachmittag von Sr. Majestät empfangen. Die Deputation besteht aus dem Regiments⸗Komman⸗ deur Oberst⸗Lieutenant von Bachmayer, dem Rittmeister Rau, dem Premier⸗Lieutenant Lagatz und dem Second⸗Lieutenant von Fritsche. Nachdem Oberst⸗Lieutenant von Bachmeyer, den der König von seiner letzten Anwesenheit in Potsdam aus dem Ehrendien kannte, die Deputation vorgestellt hatte, gratulirte er dem König im Namen des Regiments, welches den Tag in Colmar festlich beging. Während der halbstündigen Audienz erkundigte sich der König dem „W. T. B.“ zufolge eingehend nach seinem Regiment und dankte für die dargebrachten Glück⸗ wünsche. Am Abend war Galadiner zu 80 Gedecken, zu welchem alle höheren Offiziere der Brüsseler Garnison geladen waren. Die gleichfalls zur Beglückwün⸗

in Brüssel eingetroffene österreichische Offizier⸗Depu⸗ tation war Vormittags pom Könige empfangen und durch den österreichischen Milikär⸗Attachs Obersten Bach von Hans⸗ berg vorgestellt worden. Nach dem Empfang machte d 2 putation auch dem Grafen von landern einen Besuch.

Montenegro. Cettinje, 11. Dezember. Bei einem neuerlichen An⸗

griff der Malissoren wurde nach einer Meldung des

„W. T. B.“ an der Grenze ein Montenegriner schwer ver⸗ nahmen

wundet. Bei der hierauf eingeleiteten Verfolgung die Montenegriner sieben Malissoren gefangen.

Amerika.

Neuere in New⸗York eingetroffene Meldungen der „A. C.“ aus Pine Ridge bestätigen, daß die Indianer nach Ab⸗ haltung einer Berathung sich dem Rath der Militärbehörden zuwider weiter in die Bad lands (pschlechten Ländereien“) hinein zurückgezogen haben. Die westlich von der Grenze von Oklahoma angesiedelten Blanket⸗Indianerstämme drohen sich zu erheben. Diese Stämme umfassen Cheyenne⸗, Arapachoe⸗ und Comanche⸗Indianer. Alle Bürger von Oklahoma be⸗ waffnen sich und bilden Miliz⸗Corps. Abgesandte der Sioux⸗ Indianer sind von Dakota angekommen und organisiren „Geistertänze“.

Fischsendungen.

Nach Berathung in einer Unterkommission, welche am 20./21. August d. J. in Bremen zusammengetreten war und die in Geestemünde und Bremen zum Fischversandt dienenden Einrichtungen in Augenschein genommen hatte, wurden von der ständigen Tarifkommission der deutschen Eisenbahnen unter Mitwirkung des Ausschusses der Verkehrs⸗ Interessenten in der am 4. Oktober d. J. zu Wiesbaden abge⸗ haltenen Sitzung die nachfolgenden Vorschriften beschlossen:

I. Die Zusatzbestimmung III d. zum §. 47 des Betriebs⸗ Reglements, welche gegenwärtig lautet:

„Frische Fische in Eis werden nur in solcher Verpackung zur Beförderung angenommen, welche nach dem Ermessen der Güter⸗ expedition andere in denselben Wagen mitverladene Waaren gegen Beschädigung durch Nässe sicherstellt.“

erhält folgende Fassung:

„Die zur Aufnahme von frischen Fischen in Eisverpackung dienenden Körbe und sonstigen Verpackungsmittel sind zum Schutze der mitverladenen Güter innen (an Böden und Seitenwänden) durch Stroh, Sägemehl, Torfmoos oder dergleichen zu dichten.“

II. Die Tarifvorschriften des deutschen Eisenbahn⸗Güter⸗ tar ifs Theil I erhalten unter BI 4 folgende Fassung:

h. Fische.

Lebende Fische in Kübeln und Fässern, kleine Fluß⸗ und Seethiere, welche für Aquarien bestimmt sind, und Fischbrut, sowie frische Fische werden bei Aufgabe mit weißem Frachtbriefe zu den einfachen Stückgutsätzen bezw. bei Wagenladungen zu den einfachen Sätzen der Allgemeinen Wagenladungsklassen mit den zu diesem Zweck von der Verwaltung bestimmten und bekannt gemachten Personenzügen oder Eilgüterzügen befördert. Bei Aufgabe mit rothem Frachtbriefe findet die Beförderung mit Schnellzügen zu den

einfachen Frachtsätzen für Eilqut statt, soweit nicht etwa die Be⸗ nutzung dieser Züge aus Betriebsrücksichten von den Verwaltungen ausgeschlossen wird.

Die Gewährung dieser Begünstigungen ist bei lebenden Fischen von der Erfüllung folgender Bedingungen abhängig:

a. Die Fische müssen in geaichten oder aichamtlich gestempelten Gefäßen verladen sein. Der durch den Aichstempel nachgewiesene Raumgehalt des Gefäßes wird der Frachtberechnung derart zu Grunde gelegt, daß für jedes angefangene Liter dieses Fassungs⸗ gehaltes, gleichviel ob der betreffende Raum ausgenutzt ist oder nicht, 1 kg in Rechnung zu ziehen ist. Ausnahmsweise werden jedoch auch Fische in nicht geaichten oder aichamtlich gestempelten Blechgefäßen zum Transport unter Berechnung der Fracht nach dem wirklichen Bruttogewicht zugelassen, sofern das letztere für jedes Gefäß nicht mehr als 25 kg beträgt.

b. Bei mit weißem Frachtbriefe aufgegebenen Sendungen darf der Raumgehalt der einzelnen Kübel und Fässer nicht mehr als 350 1, bei mit rothem Frachtbriefe aufgegebenen Sendungen nicht mehr als 150 l betragen; im letzteren Falle müssen die Faßböden mit umlegbaren Handhaben versehen sein.

„e. Die Kübel oder Fässer müssen Behufs thunlichster Ver⸗ hütung des Ausspritzens von Wasser einen passenden, durch Schloß oder Plombe gegen unbefugtes Oeffnen gesicherten Verschluß be⸗ sitzen. Letzterer ist entweder durch einen durchlochten Deckel oder durch einen in das Füllloch eingesetzten und im mittleren Theile mit einem durchlochten Deckel versehenen Trichter herzustellen

d. Auf Frachtbriefsendungen im Gewicht von mindestens 1500 kg oder bei Frachtzahlung für dieses Gewicht finden die Be⸗ schränkungen unter b und c keine Anwendung.

Diese Beschlüsse der ständigen Tarifkommission sind in der heute abgehaltenen Generalkonferenz der deutschen Eisenbahnen angenommen und werden bindend, wenn nicht binnen vier Wochen von einer Anzahl von Verwaltungen widersprochen wird, welche zusammen mehr als ein Fünftel sämmtlicher Stimmen führen. 4

Die neuen Vorschriften gewähren für Fischsendungen wesentliche Erleichterungen. Sie tragen auch der vor einiger Zeit vom Reichs⸗Eisenbahnamte gegebenen Anregung (vergl. Nr. 275, Erste Beilage) insofern Rechnung, als darin die Bekanntmachung der für die Fischbeförderung bestimmten Personen⸗ und Eilgutzüge ausdrücklich vorgeschrieben bezw. zugesichert ist.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (40.) Sitzung des Reichstages, welcher am Tische des Bundesraths der Reichskanzler von Caprivi und die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn beiwohnten, stand auf der Tagesordnung zunächst die erste Berathung des am 26. August d. J. wischen dem Reich und der Türkei abgeschlossenen

Freundschafts⸗, Handels⸗ und Schiffahrtsver⸗ trages. Ider Abg. Dr. Siemens führte aus, es sei ein großer Vortheil dieses Vertrages, daß er mit dem System der türkischen Durchgangsabgaben breche. Die finanzielle Leistungs⸗ fähigkeit und damit auch die politische Machtstellung der Türkei werde aber doch durch den Vertrag erhöht werden. Damit werde auch das deutsche Kapital, das in der letzten Zeit in organisirter Form sich nach der Türkei begeben habe, dort eine vermehrte Sicherheit erlangen.

schung des Königs aus Anlaß seines Regierungs⸗Jubiläums

Damit schloß die Generaldiskussio⸗