Deutsches Theater. Gestern Abend fand die erste Aufführung von Maria Stuart“ in der würdigen und künstlerisch vollendeten Form statt, durch welche sich diese Bühne bei der Vorführung klas⸗ sischer Dramen von Anbeginn auszeichnete. In allen jenen großen pathetischen Scenen der Tragödie, in welchen das Geschick der unglück⸗ lichen Königin sich entscheidet, war kaum ein Moment, in welchem die volle Kraft der Dichtung durch die Darstellung gestört wurde. Der Höhepunkt des Dichterwerks, jener Wortkampf der beiden Königinnen, von welchen die eine durch den Besitz des Thrones äußerlich, die andere durch ihr gutes Recht und das ihr angethane Unrecht innerlich und sittlich sich gehoben fühlt, bildete auch den Höhepunkt der Vor⸗ stellung. Jede einzelne Scene kam auch im Uebrigen in ihrer Be⸗ sonderheit und in ihrem Zusammenhang mit dem Ganzen voll zur Geltung; aber weder diejenigen, welche in den Prachtgemächern des Königlichen Palastes spielten, noch die andern, die uns die duldende Königin in ihrem Gefängniß zu Fotheringhay zeigen, waren von so mächtiger, hinreißender und in ihrem Beginn wie in ihrem Abschluß tief ergreifender Wirkung, wie die Scene im Park von Fotheringhay. Die große Zahl der bedeutsamen Rollen, welche dies Drama birgt, war fast ausnahmslos in den Händen bedeutender Darsteller. Die Titelrolle, in welcher das Hauptgewicht der Tragödie liegt, und welche von der Darstellerin nicht nur eine eminente schauspielerische Veranlagung, sondern auch ungewöhnliche, äußere Kraftmittel und das Vermögen verlangt, die geheimsten Triebe und edelsten Empfindungen der Seele mit königlichem Anstande zum Aus⸗ bruck zu bringen, dürfte kaum eine eindrucksvollere Vertreterin finden, als das Deutsche Theater sie in Fr. Geßner besitzt. Ein hober Sinn, der in der tiefsten Demüthigung die sittliche Würde nicht verliert, der ein Herz voll Liebe, Hingebung und Opfermuth, im gegebenen Moment auch den königlichen Stolz und das Gott er⸗ gebene Dulderherz offenbart, — das sind die Charakterzüge, die das Wesen von Schiller's Maria ausmachen, und alles das brachte Fr. Geßner in ihrer Gestalt der Königin herrlich zur Anschauung, denn das minder Vollendete der Kunstleistung darf neben dem Unübertrefflichen un⸗ erwähnt bleiben. — Frl. Frauendorferals Elisabeth konnte leider nicht in gleichem Maße unseren Beifall gewinnen. Man konnte in ihrer Leistung wohl in einigen hervorragenden Zügen der Charakteristik die begabte Künstlerin erkennen; aber in der Verkörperung der willens⸗ starken Fürstin von überlegenem Geiste blieb sie hinter berechtigten Erwartungen zurück. Uebrigens schien die scheinbar bis in die gering⸗ fügigsten Einzelheiten historisch treue Kleidung die Darstellerin häufig in der Set ihrer Bewegungen und Willensäußerungen zu hemmen und ku eengen, selbst die Stimme war durch eine übermäßig große alskrause zuwellen in ihrem Ausdruck beeinträchtigt. Frl. rauendorfer legte ein hervorragendes Gewicht auf die unliebens⸗ würdigen Seiten des Charakters der Elisabeth, auf die Heuchelei und Streitsucht. Sie vermochte die Zwiespältigkeit in dem Charakter der Königin, welche die Wiedergabe desselben so schwierig macht, nicht natürlich und wahr zu gestalten. Der starke königliche Wille, die hohe Seele, welchen sich in den Augenblicken gedemüthigten Stolzes oder gekränkter Liebe fast unbewußt ein Zug von Heuchelei und heim⸗ tückischer Grausamkeit beigesellt, kamen fast gar nicht zur Geltung. — Die männlichen Rollen dagegen waren ohne Ausnahme gut besetzt. Unter ihnen müssen wir besonders den Burleigh des Hrn. Pohl als vollendete Leistung hervor⸗ heben, der den für sein Vaterland Alles wagenden und mit eisernem Willen durchführenden Staatsmann besonders betonte und dadurch die Grausamkeit, welche in seinem Eifer gegen Maria zu Tage tritt, milderte und fühnte. Der Mortimer des Hrn. Barthel besiegte die Hörer durch die Leidenschaftlichkeit der Empfindungen, der glühenden Liebe und des fanatischen Hasses, welche in edler künstlerischer Sprache und mit vornehmem Wesen zur Dar⸗ stellung kam. Auch die Hrrn. Pategg (Shrewsbury) und Sommerstorff (Ceicester), ferner Hr. Merten, der den Paulet spielte, und Hr. Herz als Davison fügten sich dem Zusammenspiel
trefflich ein. Die Dekorationen und Kostüme spiegelten in ihrer Pracht und
Wetterbericht vom 19. Dezember,
Morgens 8 Uhr. Wege.
vom Wichert.
zügen. Recitative von Graeb.
Statione Wind
in ° Celsius
SSe[52C. = 402Mℳ
Temperatur
Bar. auf 0 Gr. zu. d. Meeressp red. in Millim
Mullaghmore Aberdeen .. Christiansund Kopenhagen. Stockholm. aparanda. t. Petersb. Moskau . . . Cork, Queens⸗ “ Cherbourg ö“; E11““
Stuart.
Peeneessee
eeeSo'oͤnheit künstlerisches Empfinden, verbund Schiller’s
Schauspielhaus. 272. Vorstellung. Lustspiel in 4 Aufzügen von Ernst Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Opernhaus. 262. Vorstellung. Oberon, König der Elfen. Musik von C. M. F. Wüllner. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 273. Vorstellung. Don Carlos, Infant von Spanien. zügen von Schiller.
Beutsches Theater. Sonnabend
Sonntag: Die Kinder der Excellenz. Montag: Faunst, I. Theil.
Verliner Theater. Sonnabend: Goldfische. Sonntag: Nachm. 2 ½ Uhr: Kabale und Liebe. Abends 7 ½ Uhr: Goldfische. 9 “
it historischer Stil⸗ treue, wieder. Die Darstellung fand ungethellten reichen Beifall.
Für die Weihnachtsfeiertage sind folgende Aufführungen fest⸗
esetzt: Am Donnerstag, dem ersten Feiertage, wird „Die Kinder der
rcellenz“, am Freitag „Das Wintermärchen“ und am Sonnabend wiederum „Die Kinder der Excellenz“ gegeben. Für den Sylvester⸗ Abend war die Neuaufführung des Lustspiels „Schwiegermama“ (Belle-maman) von Victorien Sardou und Raimond Des⸗ landes mit Fr Hedwig Niemann in der Titelrolle in Aussicht ge⸗ nommen, indessen hat sich der Erfolg der letzten Novität „Die Kinder der Excellenz“ als ein so großer erwiesen, daß dieses Stück vor⸗ aussichtlich noch lange den modernen Theil des Repertoires beherrschen wird. Die Direktion hat sich daher entschlossen, die erste Aufführung von „Schwiegermama“ einstweilen noch aufzuschieben.
Lessing⸗Theater.
In der heutigen Aufführung von Grillparzer's „Der Traum ein Leben“ sind die Hauptrollen wie folgt besetzt: Mirza — Hermine Reichenbach, Rustan — Josef Kainz, Zanga — Adolf Klein und Gülnare — Jenny Groß.
Thomas⸗Theater.
Für die Nachmittags⸗Vorstellungen, die am Donnerstag, Freitag, Sonnabend und Sonntag stattfinden und wobei der bekannte humor⸗ volle Schwank: „Der Raub der Sabinerinnen“ mit Emil Thomas als Striese zu halben Preisen in Scene geht, sind die Billets berei ts von heute an der Tages⸗ und Abendkasse zu haben. Der zugkräftige Schwank: „Der Soldatenfreund“, der am morgigen Abend zum Besten der Sanitätswache im 28. Polizeirevier gespielt wird, bleibt auch am Sonntag auf dem Repertoire.
Concerthaus.
Das Programm des morgigen Abends wird ausschließlich aus
den beliebtesten Walzern der größten Walzer⸗Komponisten zusammen⸗
gesetzt sein. 1 Architektenhaus.
Der norwegische Pianist Hr. Fritz Schousboe, durch seine Leistungen hierselbst bereits bekannt, veranstaltete gestern im Saal des Architektenbauses eine Schüleraufführung, in welcher drei seiner noch in zartem Alter stehenden Elevinnen Zeugniß ablegen sollten von den Studien, die sie bei Hrn. Schousboe gemacht haben. Miß Copeland begans mit einem Präludium und Toccata von Lachner, das sie sehr korrekt vortrug. In den Stücken von Schu⸗ mann ließ jedoch die Tempobewegung und die Schattirungs⸗ weise viel zu wünschen. Frl. Maschke spielte die 32 Variationen von Beethoven nicht sicher genug und brauchte zu viel Pedal. Am Wenigsten genügte das Spiel des Frl. Cerf, da es in der That von zu Kaßer technischer Unsicherheit zeugte. Ein zweimaliges Ansetzen der Anfangstakte eines Stückes ist doch ein zu auffälliger Fehler; dieser muß beseitigt sein, ehe eine junge Dame überhaupt in die Oeffentlichkeit geführt wird. An aufmunternden Beifallsbezeugungen des wenig zahlreich erschienenen Publikums fehlte es nicht.
Heinrich Hofmann's neues Chorwerk „Editha“ hatte bei seine Aufführung in Amsterdam einen glänzenden Erfolg. 8
Mannigfaltiges. 8
.““ Präsident des Senats der Akademie der bildenden Künste
Prof. Karl Becker wurde aus Anlaß seines 70. Geburtstages gestern schon in früher Morgenstunde durch ein Ständchen überrascht, welches Prof. Julius Jacob, Prof. W. Amberg und andere Freunde dem Jubilar brachten. Gleichzeitig erschien die Familie zur Beglück⸗ wünschung. Die erste Jubelgabe, die eintraf, war ein An⸗ gebinde Bswald Achenbach's, welcher aus Düsseldorf eines seiner Werke, eine italienische Landschaft in kostbarem Rahmen, über⸗ sandte. Prof. Dr. Adolf Menzel schenkte eine mächtige Livistona, ein wahres Prachtexemplar der Gärtnerkunst. Die erste offizielle Deputation, welche sich einfand, war der 722 schuß der Studirenden der Hochschule. Dieser überbrachte als Zeichen dankbarer Verehrung einen großen Lorbeer⸗
————V—VVö⸗.⸗—C—’xyjz⸗⸗õͤa⸗m⸗m⸗a⸗a⸗ỹͤ——q˖—.—⸗—·m⸗—·———A..AAnnn—Vm
Zum 2. Male: Die Gon⸗
Abend⸗Vorstellung:
Ein Schritt doliere. Anfang 7 Uhr.
Romantische Oper in 3 Auf⸗ von Weber. Die Ballet von Emil
Trauerspiel in 5 Auf⸗ Eugen Zabel. Anfang 7 ½ Uhr.
Anfang 7 Uhr.
Mamsell Nitouche. 4 Bildern von von Richard Genée. fang 7 ½ Uhr.
bedeutend ermäßigten Preisen. Der gläserne Pantoffel.
Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonnabend: Zum 29. Male: Der Kampf ums Dasein. (La lutte pour la vie.) Sittenbild in 5 Akten von Alphonse Daudet.
Sonntag: Dieselbe Vorstellung.
“
Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Ensemble⸗ Gastspiel von Mitgliedern des Wallner⸗Theaters. Vaudeville in 3 Akten und Meilhac und Millaud. Musik von M. Hervé. An⸗
Sonntag und Montag: Mamsell Nitouche.
Sonntag: Nachmittags⸗Kinder⸗Vorstellung bei Aschenbrödel, oder:
Weihnachtsmärchen mit
kranz mit langer weißer Widmungsschleife. Die Unterbeamten
Akademie hatten eine Deputation unter Führung des Kastellang Steinmetz entsandt. Für die Oberbeamten erschien eine Deputation unter Führung des Rechnungs⸗Raths Schwertfeger Behufs Ueber⸗ reichung einer künstlerisch ausgeführten Adresse, welche von Hrn Croner entworfen und mit Initialen vom Kupferstecher Grohmann geschmückt war. Die Adresse lag in einer vom Hof⸗Buchbinder Slaby gefertigten Mappe. Auch die Lebrerschaft der Akade⸗ mischen Hochschule, welche die Hrrn. Professoren Teschendorf Herter, Brausewetter und Woldemar Friedrich entsandt hatte, hatte ihre Glückwünsche in einer Adresse niedergelegt. Diese lag in einer schönen Mappe mit Bronzeschmuck. Der Künstlerverein, welcher zu Ehren des Jubilars heute noch ein großes Fest veranstalten wird, hatte die Hrrn. Hoffacker, Körner und Schweinitz damit betraut, die Glück⸗ wünsche des Vereins auszusprechen. Für die Verwaltung der König⸗ lichen Museen erschien der General⸗Direktor, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr Schöne, aus dem Kultus⸗Ministerium fand sich der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Polenz zur Be⸗ glückwünschung ein. Von dem Senat und den Mitgliedern der Aka⸗ demie der Künste erschienen zur Gratulation der Vize⸗Präsident, Ge⸗ heime Regierungs⸗Rath Ende, der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Jordan, Prof. Knaus, Prof. Adolf Menzel, Prof. Blumner die ständigen Sekretäre Dr. Zöllner und Spitta. Die Akademie Freshse ihrem Präsidenten seine von Professor Moser ausgeführte Büste.
Nach Schluß der Redattion eingegangene Depeschen.
München, 19. Dezember. (W. T. B.) Der Kulltus⸗ Minister von Müller eröffnete gestern die erste Sitzung des obersten Schulraths. Nach den „Münchener Neuesten Nachrichten“ bemerkte der Minister, er wolle seine Anschauungen zu Gunsten der humanistischen Gymnasien Bayerns in ihrem derzeitigen Grundbau nicht verschweigen, müsse aber hervorheben, daß diese Anstalten a s menschliche Einrichtungen, doch Ergänzungen und Abänderungen in einzel⸗ nen organischen Bestimmungen erheischten, wodurch dieselben nicht geschädigt, sondern v elmehr befähigt würden, allen Anforderungen in höherem Maße zu entsprechen. Hierauf sei in vierstündiger Berathung ein Gutachten des Geheimen Medizinal⸗Raths Dr. Kerschensteiner in Betreff der Anforderungen, welche vom hygienischen Standpunkt aus an die Schulen gestellt werden müßten, erledigt worden. Die Versammlung begutachtete ferner Bestimmungen über die in der Regel zulässige höchste Schülerzahl für das Gymnasium und dessen einzelne Klassen und erklärte sich für Einführung des naturgeschichtlichen Unterrichts als obligatorisches Fach in den Lehrplan, aber nur in der Form des Anschauungsunterrichts und in Ver⸗ bindung mit Exkursionen, ohne daß dadurch die wöchentliche Stundenzahl vermehrt würde. Der obligatorische Vormittags⸗ Unterricht sei nicht über drei Stunden auszudehnen. Zwischen den einzelnen Schulstunden hätten Pausen einzutreten und zwar nach der ersten eine Pause von zehn Minuten, nach der zweiten und eventuell dritten solche von fünfzehn Minuten. Die Pausen sollten thunlichst durch körperliche Bewegung und Spiele im Freien ausgefüllt werden; inzwischen sollten die Schulzimmer gelüftet werden. Endlich wird auch eine zweck⸗
mäßige Abtheilung des Turnunterrichts Behufs zahlreicherer
Betheiligung an den Uebungen empfohlen. (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten
Circus Renz. (Carlstraße.) Sonnabend, Abends
7 Uhr: Soirée equestre. Aus dem gewählten Programm wird besonders hervorgehoben: 4 fache Fahrschule, ger. von 4 Herren mit 8 Schulpferden. 6 irländische Jagdpferde (Non plus ultra der Pferde⸗ dressur), dress. und vorgef. von Herrn Fr Renz, Colmar, ger. von Frl. Clotilde Hager. Gigerl⸗ Manöver, ger. von 16 Damen. Auftreten des phänomenalen Reitkünstlers Mr. J. F. Clarke. Auftreten der vorzüglichen Künstlerinnen Frl. Adele, Miß Rosa und Lillie Meers, sowie Miß Zampa und Mr. Burnell Fillis, Jockevreiter I. Ranges. Komische Entrées von sämmtlichen Clowns. Außerdem Die lustigen Heidelberger oder: Ein Studenten⸗ Ausflug mit Hindernissen. Große Original⸗Panto⸗ mime, neu arrang. und inscenirt vom Direktor E. Renz.
Sonntag: 2 Vorstellungen, um 4 Uhr (1 Kind frei) Aschenbrödel. Abends 7 ½ Uhr: Deutsche Turner.
Deutsch von
Deutsch
wolkenlos bedeckt bedeckt bedeckt
bedeckt wolkenlos wolkig bedeckt Nebel Nebel wolkenlos halb bed. EEEE11
amburg..
winemünde Neufahrwasser Memel...
Pris “ ünster.. Karlsruhe .. Wiesbaden st
München. Chemnitz. 757 SSO 756 —
Berlin .. Wien.. 759 757 SO
Breslau. bedeckt Te h'Aür. . 753 wolkig 7 758 O
e. bedeckt 2 Uebersicht der Witterung Eine Furche niedrigen Luftdruckes erstreckt sich vom Nordwesten der britischen Inseln südostwärts nach Frankreich hin, in Wechselwirkung mit dem baro⸗ metrischen Maximum über dem Innern Rußlands, vgeer. der schwachen südöstlichen Luftströmung ei andauernd strenger Kälte in Central Europa verursachend. Tiefe Minima liegen westlich von Schottland und über dem Kanal, da die Furche, welche bereits in Frankreich eingetreten ist, sich auch über Deutschland ausbreitet. Auch in Westrußland ist es viel wärmer geworden. Münster und Magdeburg melden 16 Grad unter Null. Deutsche Seewarte.
Soe Seo eerSbeSreSebecheeheeohe-o
— 10 — 14
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 261. Vorstellung. Tannhänser und der Sängerkrieg auf der Wartburg. Romantische Oper in 3 Akten von R. Wagner. Ballet von E. Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Te c. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang
18
Montag: Keau.
Tessing-Theater. Sonnabend: Der Traum, ein Leben. Dramatisches Märchen in 4 Aufzügen von J. Grillparzer. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Sodoms Ende. 8
—
Wallner-Theater. Sonnabend: Gastspiel von Felix Schweighofer. Zum 25. Male: In Hemds⸗ ärmeln. Schwank in 1 Akt von A. Günther. Hierauf: Zum 72. Male: Pension Schöller. Posse in 3 Akten nach einer W. Jacoby'schen Idee von Carl Laufs. Anfang 7 Uhr.
Victoria-Theater. Sonnabend: Zum 21. Male:
Mit vollständig neuer Ausstattung. Die sieben Raben. Romantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Musik von G. Lehnhardt. Ballet⸗ compositionen des 3. Aktes von C. A. Raida. Ballets unter Leitung des Balletmeisters C. Severini. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur W. Hock. Anfang 7 ½ U
r.
Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Direktion: Julius Fritzsche. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung. Zum 1. Male: Die Gon⸗ doliere. Burleske Operette in 2 Akten von W. S. Gilbert. Deutsch von F. Zell und R. Genée. Musik von Arthur Sullivan. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Hr. Kapellmeister Federmann.
Sonntag: Nachmittags⸗Vorstellung bei bedeutend ermäßigten Preisen. Die Puppensee. — Sonne und Erde. Anfang 3 Uhr.
“
8
8
Gesang und Tanz in 6 Bildern von C. A. Görner. Musik von Stiegmann. Anfang 3 Uhr.
Dienstag: Zum ersten Male: Schlag auf Schlag. Posse mit Gesang in 4 Akten von L. Herrmann und Franz Wallner. Musik von Julius Stern.
Adolph Ernst-Theater. Sonnabend: Zum 105. Male: Unsere Don Junaus. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Görß. Musik von Franz Roth und Adolph Ferron. Anfang 7 ½ Uhr.
Jeder Besucher der Morgen stattfindenden Vor⸗ sefragis erhält ein Jubiläums⸗Souvenir⸗Exemplar gratis.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. Direktion: E. Thomas. Sonnabend: Wohlthätig⸗ keits⸗Vorstellung. Zum Besten der Sanitätswache im 28. Polizei⸗Revier. Zum 29. Male: Der Soldatenfreund. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: 1 Nachmittags⸗Vorstellung. Zu halben Kassenpreisen. Der Raub der Sabine⸗ riunen. Emanuel Striese: Emil Thomas.
Concert⸗Anzeigen.
Concert-Haus. Sonnabend: Carl Meyder⸗ Concert. Unsere Walzer⸗Könige Josef Lanner, Josef Labitzky, Johann Strauß Vater, Johann Strauß Sohn, Josef Strauß, Eduard Strauß, Josef Gungl.
Arania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof) Geöffnet von 12 — 11 Uhr. Täglich Vorstellung im hsreräaaza ün Theater. Näheres die Anschlag⸗ zettel.
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Michaela Secker mit Hrn. Eugen von Krakau (Hamburg). — Frl. Bertha Boeck⸗ mann mit Hrn. Ger ⸗Assessor Dr. Karl Gelpcke (Berlin). — Frl. Selma Spohr mit Hrn. Herm. Kellermann (Remscheid⸗Hasten —Köln). — Frl. Lilly Brandt mit Hrn Herm. Goverts (Ham⸗ burg). — Frl. Anna Mertens mit Hrn. Hans Stutz (Berlin).
Hrn.
Geboren: Ein Sohn: Hrem.· Sens Erdmann (Münsterberg) — Hrn. Ernst Senst (Magdeburg). — Hrn. Alfr. Wunderlich (Déna⸗ brück)h. — Hrn. Schlüter (Schermcke). — Prn. Otto Langerfeld (Krefeld). — Eine Tochter; Hrn. Hubert Bauer (Köln). — Hrn. v. Bismarck .“ Uebigau). — Hrn. C. Faber (Ader⸗
sedt).
Gestorben: Hr. Fabrikbesitzer Franz Rauch (Scheibe bei Glatz). — Frl. Thusn. Seehagen Gerttg) — Frl. Klara Brunsig Edle von Brun Nordhausen a. H.). — Hr. Ober⸗Stabsarzt Dr. August Blanck (Schwerin). — Frau Sophie Riema, geb. Hürter (Barmen). — rn. Pastor prim Theod. Daechsel Tochter Käthe Militsch) — Frau Marie Heyn, geb. Kemmler (Salz brunn).
Redacteur: Dr. H. Klee.
Berlin: Verlag der Expedition (Scholn).
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Vealage- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. 4
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
Berlin, Freitag, den 19. Dezember
8 Fondsbörse, Geld⸗ und Kapitalsmarkt.
Berlin, 15. Dezember. Die deutschen Börsen haben auch in den letzten Wochen unter dem beengenden Einfluß der Lage des Geldmarktes gestanden. Die erfahrungsmäßig großen Anforderungen, welche der Jahresschluß stellt, zwingen die
oßen Geldinstitute zur Schonung ihres Baarbestandes, der Privatdiskont behält daher fortdauernd steigende Tendenz und hat am heutigen Tage den hohen Diskontsatz der Reichsbank von 5 ½ Proz. erreicht. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß unter mancherlei Schwankungen im Ein⸗ zelnen die Gesammttendenz der Börse sich als eine schwache darstellt und der Geschäfteumfang im Allgemeinen nicht be⸗ friedigt. Die Verstimmung der Spekulation, welche in dieser Beziehung zu Tage tritt, wird durch mancherlei ungünstige Erscheinungen auf dem Gebiet des internationalen Handels im Allgemeinen und durch die weitere Entwickelung des inter⸗ nationalen Geldmarktes im Besonderen hinreichend begründet.
Die sogenannte „argentinische Krisis“, von welcher bereits
früher an dieser Stelle die Rede war (vergl. Nr. 289 d. Bl.), ist ihrer Lösung nicht näher gekommen, vielmehr haben die hierauf bezüglichen, in London geführten Verhandlungen, bei welchen auch die deutschen und französischen Gläubiger Argentiniens vertreten waren, mit einem Mißklang geendet. Immerhin ist die Zuversicht auf eine Lösung der finanziellen Schwierigkeiten in Argentinien nicht gewichen und in den letzten Tagen gelangte eine etwas günstigere Meinung, welche für argentinische Werthe herrschte, nicht nur hier, sondern auch in London in steigenden Coursen zum Ausdruck. — Eine recht bedenkliche Gestalt hat die Lage des New⸗Yorker Platzes angenommen; zahlreiche In⸗ solvenzen großer Firmen, die fast täglich aus den Handels⸗ centren Nord⸗Amerika's gemeldet werden, gewinnen natürlich auf allen Märkten eine beunruhigende Nachwirkung um so mehr, als die New⸗Yorker Börse in ihrer Kraft durch die vorher⸗ gegangenen Excesse der Spekulation bereits stark beeinträchtigt wurde. Die finanziellen Schwierigkeiten der New⸗Yorker Börse können aber trotz der Hülfe, welche die Regierung durch Erleichte⸗
rung der Beschaffung von Baarmitteln gewähren will und.
kann, nur sehr allmählich gehoben werden. Wie stark und schnell der europäische Geldmarkt durch dieselben in Mitleiden⸗ schaft gezogen wird, zeigen die großen Goldverschiffungen, be⸗ sonders aus London nach Amerika. Bemerkenswerth ist in diesem Zusammenhange die Bewegung des New⸗Yorker Wechselcourses auf London, der sich seit Wochen erheblich unter der Parität bewegt und Ultimo November mit 4,82, am 11. Dezember mit 4,78 und am 15. Dezember mit 4,78 ½ Doll. für 1 Pfd. Sterl. notirt wurde, während Wechsel auf Berlin in New⸗York seit ult. November von 94 ¾ bis zum 11. d. M. auf 94 Cents für 4 ℳ zurückgegangen waren und am 15. Dezember unverändert mit 94 notirt wurden. Noch günstiger für die Erhaltung des deutschen Goldbestandes zeigt sich die Beziehung Berlin — London; es wurden nämlich an unserer Börse Wechsel auf London notirt ult. November mit 20,345 ℳ für 1 Pfd. Sterl., welcher Cours sich allmählich bis zum 13. d. M. auf 20,305 ℳ 8 und also eine Goldeinfuhr nach Deutschland rentabel machte.
Die Bank von England hatte am 4. d. M. ihre Discont⸗ rate von 6 auf 5 Proz. herabgesetzt auf Grund einer weiteren kleinen Besserung ihres Standes in der vorangegangenen Woche. Der jüngste Ausweis kann gleichfalls nicht als ungünstig betrachtet werden, da sich trotz großer Goldabgaben im Wochenresultat nur eine Abnahme des Baarbestandes um 67000 Pfd. Sterl. ergab, während gleichzeitig der Noten⸗ umlauf um 401 000 Pfd. Sterl. abgenommen, die Total⸗ reserve sich dadurch um 334 000 Pfd. Sterl. vermehrt hat; es wird die weitere Entwickelung des Status namentlich davon abhängen, ob die Englische Bank noch ferner⸗ hin stark, besonders von Amerika und Deutsch⸗ land durch Goldentnahmen in genommen wird; je nachdem wird sich die Diskontrate bewegen und eventuell zum Schutze des Goldbestandes wieder erhöht werden müssen. Am offenen Markt zeigte sich in London Geld in den ersten Tagen dieses Monats recht willig; der Privatdiskont ermäßigte sich bis auf 3 ¾ Proz. am 6. d. M., zog dann aber allmählich wieder bis auf 4 ⅞ Proz. an und ““ vom 11. bis zum 15. d. M. auf 4 Proz. zurück.
An unserem Geldmarkt herrschen Befürchtungen, es würde zum Ultimo die Geldbeschaffung für die Spekulation Schwierigkeiten bereiten. Der fällige Ausweis der Reichsbank wird in dieser Richtung bereits klärend wirken“), während dem günstigen ersten Status dieses Monats noch keine maßgebende Bedeutung für die Lage am Ende des Monats beigemessen werden konnte. Wie die Steigerung des Diskonts am offenen Markt so deuten auch andere Symptome auf die Spannung, die auf dem Geldmarkt herrscht, hin. Die 4proz. Reichsanleihe ist seit Ende November nach einer Steigerung bis auf 105,25 wieder bis auf 104,90 Proz. gewichen, 4 proz. Preußische Kon⸗ sols standen am 15. d. M. 104,70, nachdem sie sich zuvor bis auf 105 Proz. gehoben hatten; 31 ½ proz. Reichsanleihe hat sich seit Ende vorigen Monats mehr gefragt gezeigt und
1 *) Der gestern veröffentlichte Ausweis der Reichsbank vom b. d. M. ist als ein verhältnißmäßig günstiger anzusehen. Der ge⸗ sammte Kassenbestand hat sich um 9 429 000 ℳ vermehrt, der Metall⸗ bestand für sich um 8 884 000 ℳ, währ nd die Anlagen in Wechseln und Lombard nur eine ganz unbedeutende Veränderung erfahren haben, da der Abnahme des Portefeuilles um 2,2 Millionen eine Zunahme er Lombardforderungen um rot. 2 Millionen Mark gegenüber⸗ steht. „Der Notenumlauf ist um 9,6 Millionen zurückgegangen öad die sonstigen täglich fällig:n Verbindlichkeiten haben sich um 0,4 Millionen Mark vermehrt. Im Jahre 1889 hat in der zweiten ezemberwoche der gesammte Baarbestand um 1,16 Millionen ab⸗ genommen, 1888 um 10,16, 1887 um 4,4 Millionen Mark sich ver⸗ Aühet; die Anlagen in Wechseln und Lombard wuchsen im vorigen hre um 1,9 Millionen, 1888 verminderten sie sich um 0,7 und vermehrten sie sich um 5,7 Millionen Mark; der Notenumlauf
29 in 1889 um 4,5 Millionen Mark vermehrt, 1888 um „9 Millionen Mark vermindert und ist in 1887 in der zweiten De⸗
emberwoche um 2,1 Millionen Mark angewachsen.
notirte am 15. d. M. 97,70 gegen 97,50 ult. November, 3 ½ proz Preußischen Consols blieben behauptet und die neuen 3 proz. An⸗ leihen des Reichs und Staats sind letztlich ungefähr auf den Stand von Ultimo November zurückgekehrt, nachdem sie zu Anfang des Monats unter lebhafterer Nachfrage etwas ange⸗ zogen hatten. Im Ganzen bleibt die Neigung offenbar vor⸗ herrschend, dringenden Geldbedarf durch Realisation niedrig verzinslicher Anlagen vorläufig zu befriedigen. Für den Be⸗ ginn des neuen Jahres darf man alsbald die entgegengesetzte Strömung erwarten.
Unter der Gesammtlage des Handels und der Ungunst der Börsentendenz leidet am nachtheiligsten der Verkehr in Bankaktien. Die Banken als Vermittler des internationalen Handels⸗, Geld⸗ und Kapitalverkehrs werden ihrem Wesen nach am empfindlichsten von den ungünstigen Strömungen be⸗ troffen. Nicht allein, daß der Umfang ihrer Trans⸗ aktionen durch kritische Vorgänge auf dem Welt⸗ markt beschränkt wird, sind die Banken als Kredit⸗ institute auch von Verlusten am meisten bedroht. Der Handel in Bankaktien, namentlich soweit das internationale Ge⸗ schäft in dem Bereich der Institute liegt, deren Grundkapital sie bilden, unterliegt daher verhältnißmäßig großen Schwankungen. In kritischen Zeitläufen verliert der Termin⸗ handel erfahrungsmäßig einen Theil seiner die Preisbewegung mildernden und regulirenden Kraft, weil der Umfang der speku⸗ lativen Käufe und Verkäufesich plötzlich stark vermehrt oder ver⸗ mindert, während das Effektivgeschäft, der „ernste“ Handel, sich nicht in demselben Umfange verändert. Die Course hängen dann in erster Linie von der „Position“ der Spekulation ab. Das Zeitgeschäft in Bankaktien beschränkt sich fast aus⸗ schließlich auf die Aktien solcher Institute, die am inter⸗ nationalen Handel hervorragend betheiligt sind; die Preis⸗ ö sind aber auch hier nicht nur in längeren Zeit⸗ räumen, sondern oft von einem Tage zum andern oder selbst innerhalb einer Börsenversammlung fortdauernd recht beträcht⸗ liche. Wir führen folgende Zahlen an:
Antheile der ult. Oktbr. 20 Nobr. ult Nobr. 15. Dzbr. Disconto⸗Gesellschaft . 217,50 205,10 207,950 206,10
Berliner Handels Ge⸗ 162,00 151,00 154,00 153,20
sellschaft. Aktien der Deutschen Bank 164,00 150,10 155,25 155,50 Darmstädter Bank. 156,50 150,40 153,75 153,80 Verhältnißmäßig fest zeigte sich fortgesetzt die Stimmung für fremde Staatsanleihen und Renten, von welchen nur die russischen Werthe zuweilen eine schwächere Haltung erkennen lassen; hierbei mag auch auf die stark weichende Bewegung der russischen Valuta, welche gegenwärtig noch fortdauert, hingewiesen werden. An der hiesigen Börse notirte man: ult. Okt. ult. Nov. 15. Dez. Oesterr. Silberrente. 8, I1 78,40 Ungar. 4 proz. Goldrente . 89,80 9,90 90,50 Ital. 5 proz. Rente . . 92,75 92,30 92,25 Russ. 4 proz. Anl. v. 1880 97,10 96,90 96,80 Russ. Notei . . .777,5 286,00 231,00 In Eisenbahnaktien hat sich der Verkehr an der hiesigen Börse in den letzten Wochen ruhiger gestaltet; nur an einzelnen Tagen fanden große Abschlüsse in einzelnen österreichischen und schweizerischen Bahnen unter wiederholten Tendenzschwankungen statt. Das Gebiet der Industriepapiere führt schon seit längerer Zeit ein sehr ruhiges Dasein; daher bewegen sich auch im Allgemeinen die Werthveränderungen in mäßigen Grenzen. Größere Bewegungen finden dem gegenüber in den Montan⸗ werthen statt, welche auch, namentlich in den dem Termin⸗ handel unterworfenen Papieren, zumeist lebhafter gehandelt
werden. 8
8
Rekursentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts.
(908.) In einer Fabrik wird ein Fahrstuhl verwendet. Derselbe ist ausschließlich zur Beförderung der Waaren bestimmt. nutzung zum Personentransport ist bei Strafe der Entlassung ver⸗ boten, und dieses Verbot nicht nur allen Arbeitern bekannt, sondern auch dadurch zu einem thatsächlich wirksamen gemacht, daß der mit den erforderlichen Schutz⸗ und Hemmvorrichtungen versehene Fahrstuhl nur nach Beseitigung derselben betreten und in Gang gesetzt werden kann. Dieser Fahrstuhl wurde aus Spielerei von einem in der Fabrik beschäftigten Lehrling zu einer Fahrt benutzt, indem mit seinem Wissen ein anderer Lehrling denselben in Bewegung setzte, nachdem er selbst ihn nach Beseitigung der den Zugang versperrenden Kette betreten hatte. Auf dieser Fahrt erlitt der Lehrling beim Abspringen eine Verletzung. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat den Entschädigungs⸗ anspruch in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht in der Rekurs⸗ entscheidung vom 20. Januar 1890 abgewiesen, weil der Verletzte sich eigenmächtig der zwar an sich in der Betriebseinrichtung des Fahr⸗ stuhls ruhenden, nach den getroffenen Anordnungen aber für die Arbeiter des Betriebes nicht bestehenden Gefahr für Leib und Leben zu betriebsfremden Zwecken ausgesetzt und daher keinen mit dem Be⸗ triebe und seiner Beschäftigung in demselben in ursächlichem Zusammen⸗ hang stehenden Unfall erlitten habe (zu vergleichen dagegen die Ent⸗ scheidungen 563 und 734, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 289 und 1889 Seite 351; vergl. auch Entscheidung 695, a. a. O.
1889 Seite 192).
(909.) Zwei Klempnergesellen hatten an einem Neubau zu arbeiten und nächtigten, obwohl sie in einem eine halbe Meile von der Bau⸗ stätte entfernten Orte Nachtquartier finden konnten, in dem Neubau, dessen Räume noch nicht bewohnbar, insbesondere noch nicht mit Oefen versehen waren und mit offenen Kokesöfen erwärmt wurden. Durch Kohlenoxydgasvergiftung fanden sie dort den Tod. In diesem That⸗ bestande hat das Reichs⸗Versicherungsamt mit den Vorinstanzen einen Betriebsunfall nicht zu erblicken vermocht. Wenn die Arbeiter — so heißt es in den Grunden des Urtheils vom 16. Dezember 1889 — von der ihnen gebotenen Gelegenheit, in bewohnbaren Räumen zu nächtigen, keinen Gebrauch machten, obgleich die in Frage kommende Entfernung vom nächsten Dorfe keine übermäßig große gewesen war — man denke an die Verhältnisse in größeren Städten, wo viele Arbeiter täglich derartige Wege zurücklegen müssen, um zur Arbeits⸗ stelle zu gelangen —, sondern in dem Neubau nächtigten, so thaten si sei es aus Bequemlichkeit, sei es aus Ersparnißrücksichten,
Seine Be⸗
immer nur auf ihre Gefabr, ohne hierzu durch die Lage der Baustätte oder gar den Betrieb selbst gezwungen gewesen zu sein (zu vergleichen Entscheidung 890, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1890 Seite 509).
(910.) Ein Arbeiter, welcher bei einem Glasermeister in Arbeit
stand, hatte neben häuslichen Verrichtungen, der Leistung von Gesinde⸗ diensten, auch Arbeiten in dem bei der zuständigen Baugewerks⸗Beruft⸗ genossenschaft versicherten Glasereibetriebe zu besorgen. Er zog
eine Verletzung zu, als er ein Paar Stiefel des Sohnes seines Dienst⸗ herrn holen wollte, um sie zu putzen. Den von ihm erhobenen Ent⸗ schädigungsanspruch hat das Reichs⸗Versicherungsamt unter dem 16. Dezember 1889 in Uebereinstimmung mit den Vorinstanzen zurück⸗ gewiesen, da der Unfall sich im häuslichen Gesindedienst ereignet hat, und dieser zur Zeit noch nicht gegen Unfallgefahren versichert ist. (Zu⸗ vergleichen Entscheidungen 488, 524, 559, 622 und 742, „Amtliche S. ; des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 188, 228, 287, 343 und 1889
eite 353).
. (911.) Ein Arbeiter erlitt im Betriebe eine Verbrennung des rechten Auges, welche neben völligem Verlust der Sehkraft auf diesem
Auge eine narbige Schrumpfung des Bindehautsackes und eine Ver⸗ wachsung der Lider unter sich und mit der Hornhaut zur Folge hatte, sodaß die Einsetzung eines künstlichen Auges unmöglich, Verletzte auch äußerlich erheblich entstellt wurde. Zudem blieb in dem erblindeten Auge ein Reizzustand zurück, der die Gefahr einer Mit⸗ erkrankung des unverletzten Auges nahe legte. sicherungsamt hat unter diesen Umständen in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht durch Rekursentscheidung vom 24. Februar 1890 eine Verminderung der Erwerbsfähigkeit des Verletzten um 40 Proz nt angenommen, da derselbe zur Vermeidung der Miterkrankung des
und der
Das Reichs⸗Ber..
linken Auges einer besonderen Schonung desselben bedarf und in Folge
der besonders augenfälligen äußeren Verunstaltung voraussichtlich bei einer ganzen Reihe von Verrichtungen, namentlich solchen, welche an
sich für seinen Zustand besonders geeignet sein würden, wie als Portier, Austräger und dergleichen, schwerer oder unter ungünstigeren Bese.
dingungen, als ohne dieselbe, Stellung finden wird. (Zu vergleichen Entscheidung 569, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“* 1888 Seite 291).
(912.) Einem Schneider wurde ein Theil des durch einen Betriebs⸗
unfall verletzten ersten Gliedes des rechten Daumens abgenommen. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat durch Entscheidung vom 16. Juni 1890 in Uebereinstimmung mit dem Schiedsgericht anerkannt, daß der Verletzte in Folge dessen eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent erlitten hat. Wenngleich die Verstümmelung an sich nicht erheblich ist und einen gewöhnlichen, nur mit groben Arbeiten befaßten Tagelöhner vielleicht nicht in nennenswerther Weise in seiner Erwerbs⸗ fähigkeit beeinträchtigen würde, so mußte doch hier berücksichtigt werden,
daß der Verletzte als Schneider in besonderem Grade auf die Geschick⸗ 8
lichkeit und Unversehrtheit aller Finger angewiesen ist. (Zu vergleichen Entscheidung 211, 249, 458, 570, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“* 1886 Seite 251, 1887 Seite 9, 1888 Seite 70 und 291).
(913.) Einem Ackergehülfen wurde beim Ginsterschneiden der kleine Finger der linken Hand abgeschnitten. Das Reichs⸗Versicherungs⸗ amt hat in der Entscheidung vom 27. Juni 1890 unter Aufhebung des schiedsgerichtlichen Urtheils 10 Prozent der Rente für völlige Erwerbsunfähigkeit gewährt, indem es mit dem Arzt und dem Ver⸗ trauensmann davon ausgegangen ist, daß der Kläger bei seinen land⸗ wirthschaftlichen Arbeiten durch den Verlust des kleinen Fingers der linken Hand eine, wenngleich geringe, Beeinträchtigung der Arbeits⸗ kraft erlitten hat, indem seine Fähigkeit, it der verstümmelten Hand Hacke, Schaufel und die schwereren Ackergeräthe zu greifen, festzuhalten und sicher zu handhaben, einigermaßen als vermindert zu erachten ist. Auch erscheint die Verstümmelung geeignet, den Verletzten, selbst wenn er durch Uebung und Gewöhnung die frühere Geschicklichkeit der linken Hand wiedergewinnen sollte, dem Verdachte auszusetzen, daß seine Arbeitsfähigkeit beschränkt sei, sodaß er bei starkem Angebot von Gefahr läuft, hinter unverletzten Arbeitern zurück⸗ zustehen.
(914.) Einem Weinbergarbeiter wurde in Folge Unfalls bei dem Betriebe seines Vaters, eines Winzers, der rechte Arm amputirt. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat in der Entscheidung vom 27. Juni 1890 ausgesprochen, daß der auf dem Gebiete der gewerblichen Unfall⸗ versicherung zur Geltung gebrachte Grundsatz: es könne bei der Be⸗ urtheilung der Erwerbsfähigkeit eines Verletzten nicht lediglich das bisherige Arbeitsfeld desselben in Rücksicht gezogen werden (vergleiche Entscheidung 457, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1888 Seite 70), auf dem Gebiete der Unfallversicherung der in land⸗ und forst⸗ wirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen nicht mit gleicher Schärfe zur Anwendung zu bringen ist. Denn der land⸗ und forst⸗ wirthschaftliche Arbeiter haftet mehr als der gewerbliche an der Scholle, auf welcher er geboren ist; es ist für ihn daher schwerer, wie für diesen, sich auf anderen Gebieten des wirthschaftlichen Lebens einen seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten entsprechenden Erwerb zu verschaffen. Diese in der Natur der Dinge begründete größere Seß⸗ haftigkeit muß bei Bemessung der einem verletzten landwirthschaftlichen Arbeiter verbliebenen Erwerbsfähigkeit ins Gewicht fallen. Es war daher dem Kläger unter den obwaltenden Umständen nicht anzusinnen, außerhalb der nächsten Umgebung seines Heimathsortes andere Arbeiten, als die eines Winzers, Landmannes oder ähnlichen Arbeiters, überhaupt aufzusuchen.
(915.) In einem Betriebe, in welchem es üblich war, daß neu eintretende Arbeiter, auch wenn sie in dem betreffenden Fache völlig ausgebildet und geübt waren, zuerst auf kurze Zeit — gewissermaßen zur Probe — einen geringeren, als den sonst im Betriebe üblichen Lohn bezogen, erlitt ein Arbeiter dieser Art einen Betriebsunfall, während er noch zu dem geringeren Lohnsatze arbeitete. Die ent⸗ schädigungspflichtige Berufsgenossenschaft legte der Berechnung seiner Rente den Jahresarbeitsverdienst eines im Uebrigen gleichartigen Arbeiters desselben Betriebes — welcher aber wegen besonderer Ver⸗ hältnisse, Kränklichkeit u. s. w. den geringsten Lohnbezug unter den Arbeitern derselben Art hatte — zu Grunde, weil dessen durchschnitt⸗ licher Verdienst dem von dem Verletzten zur Zeit des Unfalls be⸗ zogenen am nächsten kam. Das Reichs⸗Versicherungsamt hat dem⸗ gegenüber durch Entscheidung vom 21. April 1889 die Rente nach dem Durchschnittslohn bemessen, welchen Arbeiter derselben Art über⸗ haupt in dem Betriebe innerhalb des dem Unfalle vorangehenden Jahres bezogen hatten. Der Gesetzgeber hat solche Besonderheiten der Lohnzahlung, wie sie hier bei dem Verletzten vorlagen, bei Erlaß der generellen Bestimmung des §. 5 Absatz 4 des Unfallversicherungs⸗ gesetzes unberücksichtigt lassen wollen, um die sonst im Einzelfalle nöthigen, bis ins Kleinste gehenden Ermittelungen, sowie eine Besser⸗ oder Schlechterstellung der verletzten Arbeiter auf Grund vorüber⸗ gehender, mehr oder minder zufälliger Lohnverhältnisse thunlichst zu e.gs EFerlac 1 Cwentlic⸗ Nachrichten es R.⸗V.⸗A.“ eite 397; auch zu vergleichen Entschei den .. A. 9 1885 Seite 364, 35b5) G eis